Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
120 kB
Datum
19.02.2015
Erstellt
09.02.15, 12:01
Aktualisiert
09.02.15, 12:01
Stichworte
Inhalt der Datei
Kreis Euskirchen
Der Landrat
X Öffentliche Sitzung
Datum:
Info 49/2015
02.02.2015
Nichtöffentliche Sitzung
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales und Gesundheit
19.02.2015
GEPA NRW
Örtliche Planung und Option der verbindlichen Bedarfsplanung nach dem Alten- und Pflegegesetz NRW und deren Auswirkungen
I. Sach- und Rechtslage:
Am 02.10.2014 hat der Landtag NRW das Gesetz zur Entwicklung und Stärkung einer demographiefesten, teilhabeorientierten Infrastruktur und zur Weiterentwicklung und Sicherung der Qualität von Wohn- und Betreuungsangeboten für ältere Menschen, Menschen mit Behinderungen
und ihre Angehörigen (GEPA NRW) beschlossen.
Es handelt sich um ein Artikelgesetz, das sich aus Artikel 1, Alten- und Pflegegesetz NordrheinWestfalen (APG NRW) und Artikel 2, Wohn- und Teilhabegesetz (WTG), zusammensetzt und am
16.10.2014 in Kraft getreten ist.
Durch das APG NRW wird das bisherige Landespflegegesetz NRW ersetzt.
Das neue WTG ersetzt das Heimgesetz vom 07.08.1974 i.d.F. vom 05.11.2001 und das WTG
vom 18.11.2008.
Im APG NRW ist nun in § 7 vorgesehen, dass die Kreise und kreisfreien Städte eine örtliche
Pflegeplanung vorzunehmen haben.
Diese Planung umfasst:
1. die Bestandsaufnahme der Angebote,
2. die Feststellung, ob qualitativ und quantitativ ausreichend Angebote zur Verfügung stehen
und
3. die Klärung der Frage, ob und gegebenenfalls welche Maßnahmen zur Herstellung, Sicherung oder Weiterentwicklung von Angeboten erforderlich sind.
Sie umfasst insbesondere komplementäre Hilfen, Wohn- und Pflegeformen sowie zielgruppenspezifische Angebotsformen wie persönliche Assistenz und die Weiterentwicklung der örtlichen
Infrastruktur. Die Planung hat übergreifende Aspekte der Teilhabe einer altengerechten Quartiersentwicklung zur Sicherung eines würdevollen, inklusiven und selbstbestimmten Lebens, bürgerschaftliches Engagement und das Gesundheitswesen einzubeziehen.
-2Die Kreise beziehen die kreisangehörigen Gemeinden in den Planungsprozess ein und berüc ksichtigen die Planungen angrenzender Gebietskörperschaften.
Zur Umsetzung der Planung teilen die Kreise und kreisfreien Städte anderen Behörden, die über
Entscheidungsbefugnisse der kommunalen Infrastruktur verfügen, die Ergebnisse des Planungsprozesses mit und stimmen sich mit diesen ab. Dies gilt insbesondere für die die Bauleitplanung
verantwortenden Trägerinnen und Träger.
Beginnend mit dem Jahr 2015 stellen die Kreise die Ergebnisse der örtlichen Planung sowie die
Umsetzung der Maßnahmen zum Stichtag 31.12. jedes zweite Jahr zusammen und veröffentlichen diese im Internet und in anderer geeigneter Form.
Neben der Veröffentlichung im Internet ist sie dem zuständigen Ministerium zur Verfügung zu
stellen. Das für die Pflegeversicherung zuständige Ministerium wird ermächtigt, im Einvernehmen
mit dem Landtag durch Rechtsverordnung konkrete Vorgaben, insbesondere zum Aufbau und
Mindestinhalten der Planungsprozesse, festzulegen.
§ 11 Abs. 7 APG NRW räumt dem Träger der Sozialhilfe die Option ein zu bestimmen, die Förderung für teil- und vollstationäre Pflegeeinrichtungen, die innerhalb seines örtlichen Zuständigkeitsbereichs neu entstehen und zusätzliche Plätze schaffen sollen, davon abhängig zu machen,
dass für die Einrichtungen auf der Grundlage der örtlichen verbindlichen Bedarfsplanung nach §
7 Abs. 6 ein Bedarf bestätigt wird (Bedarfsbestätigung). Eine solche Fördervoraussetzung ist vom
Kreistag mit Wirkung für alle zusätzlich entstehenden Plätze innerhalb seines örtlichen Zuständigkeitsbereiches zu beschließen und öffentlich bekannt zu machen.
Die Entscheidung für eine verbindliche Bedarfsplanung bedeutet, dass die Investitionskostenförderung (Pflegewohngeld) von neu entstehenden und zusätzlich geschaffenen teil- und vollstationären Pflegeplätzen von einer entsprechenden Bedarfsbestätigung abhängig gemacht wird.
Wenn die Planung nach § 7 Abs. 6 APG NRW Grundlage für eine verbindliche Entscheidung
über eine bedarfsabhängige Förderung zusätzlicher teil- oder vollstationärer Pflegeeinrichtungen
sein soll, so
•
•
•
ist sie jährlich nach Beratung in der kommunalen Konferenz Alter und Pflege durch förmlichen Beschluss der Vertretungskörperschaft festzustellen und öffentlich bekannt zu m achen,
muss die Bedarfsplanung zukunftsorientiert einen Zeitraum von drei Jahren ab Beschlus sfassung umfassen und
auf Grundlage nachvollziehbarer Parameter darstellen, ob das Angebot an Pflegeeinrichtungen den örtlichen Bedarf abdeckt oder in welcher Höhe zur Bedarfdeckung zusätzliche
Kapazitäten erforderlich sind.
Die Aussagen können auf das gesamte Kreisgebiet oder auf verschiedene Sozialräume innerhalb
des Kreises bezogen sein.
Ferner ist in dieser Bestimmung geregelt, dass eine Bedarfsdeckung angenommen werden kann,
wenn einer zu erwartenden Nachfrage nach den jeweiligen Pflege- und Betreuungsangeboten
ein mindestens deckungsgleiches Angebot gegenübersteht und Wahlmöglichkeiten in angemessenem Umfang gesichert sind.
Nach § 11 Abs. 8 APG NRW wird das zuständige Ministerium ermächtigt, im Einvernehmen mit
dem Landtag durch Rechtsverordnung das nähere zu den Anforderungen und zum Verfahren der
Bedarfsbestätigung zu regeln. Zu regeln sind insbesondere ein diskriminierungsfreies Auswahlverfahren und objektive Entscheidungskriterien für den Fall, dass mehr Trägerinnen und Träger
-3Interesse an der Schaffung zusätzlicher Angebote bekunden, als dies zur Bedarfsdeckung erforderlich ist.
Das zuständige Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter (MGEPA) hat signalisiert, dass es von der Verordnungserm ächtigung Gebrauch machen möchte, Standards zur Erstellung einer verbindlichen Bedarfplanung zu setzen. Ein entsprechender Verordnungsentwurf
liegt bisher nicht vor.
II. Bewertung der Verwaltung und aktuelle Auswirkungen für den Kreis
a) Eine örtliche Pflegeplanung nach § 7 APG NRW muss künftig durchgeführt werden. In Ansätzen ist eine solche bereits vorhanden, sie wird allerdings den neuen gesetzlichen Anforderungen nicht vollumfänglich gerecht. Hierzu wird voraussichtlich externe Hilfe erforderlich
sein.
b) Generell ist die Angebotssteuerung insbesondere im vollstationären Bereich durch eine Bedarfsaussage (Bedarfsbestätigung) zu begrüßen. Die Entscheidung für die Erstellung einer
verbindlichen Bedarfsaussage und die damit verbundene Versagung oder Zusage einer Förderung durch Pflegewohngeld bedarf der Entwicklung transparenter und nachvollziehbarer
Indikatoren und Parameter.
c) Grundsätzlich stellt sich die Frage, inwieweit die Bedarfsbestätigung überhaupt für den Kreis
von Nutzen ist.
Dies wird nach aktuellem Kenntnisstand von der Verwaltung wie folgt erläutert:
Erhält die neu geplante Einrichtung auf Grundlage der verbindlichen Pflegeplanung nach
§ 7 APG NRW keine Bedarfsbestätigung nach § 11 Abs. 7 APG und wird sie dennoch
über Bedarf errichtet (was nicht verhindert werden kann), hat sie keinen Anspruch auf Refinanzierung der Investitionskosten über das Pflegewohngeld.
Die Einrichtung könnte dann zunächst Selbstzahlerinnen und Selbstzahler aufnehmen, die
das Gesamtheimentgelt aus Eigenmitteln selbst zahlen.
Werden diese Selbstzahlerinnen und Selbstzahler allerdings im Laufe der Zeit hilfebedürftig im Sinne des SGB XII oder erfolgen unmittelbar Heimaufnahmen von Menschen, die
nicht zur Kostentragung in der Lage sind, so hat dies hat zur Folge, dass die Bewohnerinnen und Bewohner zwar kein Pflegewohngeld zur Deckung der Investitionskosten erhalten,
aber der ungedeckte Gesamtbedarf an entstehenden Heimkosten zu decken ist. Bei Vorliegen von Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB XII wäre der örtliche Sozialhilfeträger verpflichtet, den ungedeckten finanziellen Bedarf im Heim aus Mitteln der Hilfe zur Pflege zu
decken.
Somit wäre es für den Sozialhilfeträger unerheblich, ob die Kostenübernahme aus Mitteln
des Pflegewohngeldes oder der Hilfe zur Pflege erfolgt.
Der Beschluss einer verbindlichen Bedarfsplanung bewirkt für den Kreis Euskirchen keine
finanziellen Verbesserungen, weil sich die Ausgaben der Hilfe zu Pflege entsprechend erhöhen werden. Daher ist aktuell die politische Entscheidung für eine verbindliche Bedarfsplanung aus Sicht der Verwaltung zeitnah nicht zwingend erforderlich.
-4
Ist nach der verbindlichen Bedarfsplanung und dieser daraus folgenden Bedarfsaussage
ein zusätzlicher Bedarf gegeben und liegen mehrere Anträge verschiedener Träger, die
zusammen den Bedarf übersteigen, vor, ist ein diskriminierungsfreies Auswahlverfahren
durchzuführen. Das bedeutet, dass dem Kreis Euskirchen ein großer Einschätzungsspielraum eingeräumt wird, ob der Bedarf an neuen Pflegeeinrichtungen vorliegt oder nicht.
Ergehen auf dieser Grundlage ablehnende Bescheide, birgt dies das Risiko von Rechtsstreitigkeiten.
Wie bereits zuvor ausgeführt liegt eine Verordnung des MGEPA zur Regelung des Verfahrens bei Bedarfsbestätigungen bisher nicht vor.
d) Der Landkreistag NRW rät davon ab, sich übereilt für den Weg der verbindlichen Bedarfsplanung auszusprechen. Er führt aus, dass das Risiko einer erfolgreichen gerichtlichen Anfechtung im Einzelfall entscheidend von der Qualität der Planung abhängt. Das Risiko, bei lückenhaften Planungsgrundlagen eine Bedarfsbestätigung für neue stationäre Einrichtungen
abzulehnen, die einer etwaigen gerichtlichen Überprüfung nicht standhalten, wäre zu hoch.
Weiterhin hat der Landkreistag NRW mit Rundschreiben vom 05.01.2015 das Ergebnis der
bei den Kreisen durchgeführten Abfrage zum Stand der Bedarfsplanung mitgeteilt. Danach
verfügen aktuell lediglich zwei Kreise über eine verbindliche Bedarfsplanung. Viele Kreise befinden sich noch im internen Abstimmungsverfahren, ob eine verbindliche Pflegeplanung eingeführt werden soll oder nicht.
Aufgrund der vorstehenden Ausführung zur Bewertung schlägt die Verwaltung vor, zunächst von
einer verbindlichen Bedarfsplanung abzusehen und die angekündigte Verordnung des MGEPA
zur Regelung des Bedarfsplanungsverfahrens abzuwarten.
Parallel sollte ein Konzept für eine örtliche Pflegeplanung erstellt und die Vergabe an einen externen Dienstleister vorbereitet werden.
Nach Vorliegen dieser Unterlagen sowie der Verordnung und evtl. weiterer näherer rechtlicher
Erkenntnisse wird die Verwaltung das Thema erneut zur politischen Beratung vorlegen.
gez.
i.V.
Poth
Landrat
Geschäftsbereichsleiter/in:
Abteilungsleiter/in:
Sachbearbeiter/in:
Kreistagsbüro:
___________________
(Unterschrift)
___________________
(Unterschrift)
___________________
(Unterschrift)
___________________
(Unterschrift)