Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
111 kB
Datum
25.03.2015
Erstellt
10.02.15, 12:04
Aktualisiert
24.02.15, 12:02
Stichworte
Inhalt der Datei
SPD - Fraktion
im Kreistag Euskirchen
Datum:
X Öffentliche Sitzung
A 56/2015
05.02.2015
Nichtöffentliche Sitzung
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales und Gesundheit
19.02.2015
Kreisausschuss
04.03.2015
Kreistag
25.03.2015
Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen und Asylsuchenden im Kreis Euskirchen
hier: Antrag der SPD-Fraktion
Sehr geehrter Herr Landrat,
die SPD-Fraktion im Kreistag Euskirchen beantragt die Aufnahme des Punktes
Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen und Asylsuchenden im Kreis Euskirchen
in die Tagesordnung der kommenden Sitzung des Ausschusses für Soziales und Gesundheit, des
Kreisausschusses und des Kreistages.
In diesem Zusammenhang beantragt die SPD-Fraktion folgenden Konzeptentwurf zur Abstimmung zu
stellen:
1. Die Kreisverwaltung tritt mit den kreisangehörigen Kommunen sowie den entsprechenden
Akteuren aus Gesundheitshilfe und Flüchtlingsarbeit in Gespräche und informiert sich, und
anschließend die Politik, über
a) die derzeitige Handhabung, und
b) das Interesse der Kommunen an einer einheitlichen Regelung unter Federführung
des Kreises Euskirchen
hinsichtlich der Gesundheitsversorgung von Flüchtlingen und Asylsuchenden in den
Kommunen des Kreises Euskirchen.
Ziel ist es, die medizinische Regelversorgung für Flüchtlinge und AsylbewerberInnen zu
verbessern und deren Krankenbehandlung in Anlehnung an das sog. „Bremer Modell“ 1 auf
eine
gesetzliche
Krankenversicherung
zu
übertragen.
Hierbei
erhalten
Leistungsberechtigte nach §§ 4 und 6 AsylbLG eine Krankenversicherten-Chipkarte der
1
Bremen und Bremerhaven waren die ersten Kommunen, in denen 1993 ein umfassendes Konzept zur
Gesundheitsversorgung für Flüchtlinge („Bremer Gesundheitsprogramm“) auf den Weg gebracht wurde. Damit sollten die
Zugangschancen zum Gesundheitssystem und die Wohn- und Lebensbedingungen verbessert werden. Mit diesem „Bremer
Modell“ wird neben einer Absicherung der Gesundheitsleistungen über die GKV auch auf eine Vernetzung der an der
Versorgung von Flüchtlingen beteiligten Organisationen gesetzt. Im Zentrum des Gesundheitsprogramms steht die
angemessene Gesundheitsversorgung von Asylsuchenden und Flüchtlingen
-2gesetzlichen Krankenversicherung, was nicht nur die Zugangschancen der genannten
Personengruppe zum Gesundheitssystem verbessert, sondern auch eine erhebliche
Entlastung der Sozialämter vor Ort bedeutet.
2. Im Zuge eines positive Bescheids der Kreiskommunen wird die Kreisverwaltung beauftragt,
a) in Kooperation mit den entsprechenden Akteuren aus Gesundheitshilfe und
Flüchtlingsarbeit ein entsprechendes Gesundheitsprogramm zu erarbeiten, und
b) Verhandlungen mit den gesetzlichen Krankenkassen aufzunehmen, um eine
entsprechende Vereinbarung auf Grundlage des § 264 Absatz 1 SGB V zu treffen.
3. Zudem wird die kommunale Gesundheitskonferenz gebeten, über die bislang vereinbarten
Themenschwerpunkte hinaus das Thema gesundheitliche Versorgung von Flüchtlingen
und Asylsuchenden im Kreis Euskirchen mit zu bearbeiten und hierbei auch die hieran
beteiligten
Akteure
aus
dem
Gesundheitswesen
und
die
örtlichen
Flüchtlingsorganisationen mit einzubinden.
Begründung:
Die Gesundheitsversorgung von AsylbewerberInnen im Krankheitsfall basiert im Kreis Euskirchen
nach unseren Informationen auf dem Vorstellig-werden der/des Betroffenen beim zuständigen
örtlichen Amt, welches einen entsprechenden Krankenschein ausstellt oder dies verweigert. Erst im
Anschluss kann sich der/die Betroffene in ärztliche Behandlung begeben.
Grundsätzlich hält die SPD-Fraktion diese Verfahrensweise aufgrund verschiedener Punkte für
fragwürdig: sei dies mit Blick auf die Möglichkeit eines akuten Krankheitsfalles oder dem zusätzlichem
Aufwand für die/den Betroffenen (z.B. Kosten für den Weg zum Amt) ebenso wie für die Verwaltung
(Begutachtung und Ausstellung eines Scheines). Bezüglich Letzterem ist es zudem schwer
vorstellbar, wie MitarbeiterInnen von kommunalen Ämtern, die nicht über eine medizinische
Ausbildung verfügen, über die Berechtigung zur Krankenbehandlung entscheiden sollen.
Der Zugang zum Gesundheitssystem ist für AsylbewerberInnen durch die Beantragung der
medizinischen Leistungen beim Sozialamt folglich erschwert. Zum anderen ist der Leistungsumfang
nach §§ 4 und 6 AsylbLG erheblich eingeschränkt 2, was in der Praxis oft umstritten ist, und aufgrund
des Klärungsbedarfs nicht selten zu zeitlichen Verzögerungen der Behandlung zu Lasten der
Patienten führt.
Gemäß § 264 Abs. 1 SGB V (Übernahme der Krankenbehandlung für nicht Versicherungspflichtige
gegen Kostenerstattung) kann die Krankenbehandlung für Flüchtlinge, AsylbewerberInnen und
Geduldete auf die Krankenkassen übertragen werden.
Durch die Ausstattung mit Krankenversicherten-Karten könnten Flüchtlinge und Asylsuchende ihre
Versorgung mit Gesundheitsleistungen in Anspruch nehmen, ohne in jedem Fall zuvor erst eine
Bewilligung der zuständigen Dienststellen einholen zu müssen. Dies bedeutet nicht nur einen
gleichberechtigten Zugang zu gesundheitlichen Leistungen, wie ihn andere Versicherte der
gesetzlichen Krankenversicherung auch haben, sondern würde darüber hinaus zur „Normalität“ im
Alltag der Betroffenen bei der Inanspruchnahme der Leistungen im Gesundheitswesen beitragen. Der
zusätzliche Weg über das Sozialamt entfällt, was wiederum einen Abbau bürokratischer
Verwaltungsarbeit als positive Folge mit sich bringt3.
2
<http://www.gesetze-im-internet.de/asylblg/__4.html>, Stand: 30.01.2015.
So zeigen die Erfahrungen aus Bremen, dass sich durch das Projekt in erheblichen Umfang administrative Kosten
einsparen lassen (z.B. bei der Abrechnungsstelle, der Administration der Krankenhilfe nach AsylbLG, oder entsprechende
Amtsarztkosten). Nach den Erfahrungen der AOK in Bremen und Hamburg (die dort die Versicherung dieses
Personenkreises übernommen hat), hat die Ablösung der speziellen Genehmigungspflicht von Leistungen der
Krankenbehandlung durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst (ÖGD) weder zur Beeinträchtigung der Versorgungsqualität
noch zu Kostensteigerungen geführt. (<http://www.welt.de/regionales/hamburg/article136077740/Wenn -Fluechtlingeeinfach-mit-Karte-zum-Arzt-koennen.html>, Stand: 30.01.2015).
3
-3Der nach §§ 4 und 6 AsylbLG eingeschränkte Behandlungsanspruch könnte ähnlich wie im Fall der in
Bremen ausgegeben Chip-Karten gelockert werden4 und lediglich einige besondere Leistungen
(Psychotherapien, DMP (Disease-Management-Programm), Zahnersatz,...) weiterhin unter Vorbehalt
stehen, über die das Sozialamt oder besser das Gesundheitsamt nach Begutachtung entscheidet.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Andreas Schulte
Fraktionsvorsitzender
4
f.d.R.
gez. Florian Sauer
Fraktionsgeschäftsführer
Der Personenkreis ist nur an der Code-Nr. auf der Karte zu erkennen ebenso wie auch die Versicherten nach § 264 II SGB
V.