Daten
Kommune
Wesseling
Größe
281 kB
Datum
14.09.2017
Erstellt
04.09.17, 17:07
Aktualisiert
24.10.17, 13:01
Stichworte
Inhalt der Datei
Sitzungsvorlage Nr.:
166/2017
Federführender Bereich
Beteiligte Bereiche
Soziale Hilfen und Wohnungswesen
Vorlage für
Ausschuss für Familie, Soziales, Gesundheit und
Senioren
Betrifft:
(ggf. Anlagen bezeichnen)
Ausrichtung der Seniorenarbeit, Konzept "Prävention vor stationärer Hilfe"
Namenszeichen des federführenden Bereichs
Sachbearbeiter/in
Leiter/in
Namenszeichen Beteiligte Bereiche
Datum
26.07.2017
Namenszeichen
I/10
Bearbeitungsvermerk
Fachdezernent
Kämmerer
Bürgermeister
STADT WESSELING
Vorlagen-Nr.: 166/2017
Der Bürgermeister
Sachbearbeiter/in:
Datum:
Birgit Rudolf
26.07.2017
X
öffentlich
nichtöffentlich
Beratungsfolge:
Ausschuss für Familie, Soziales, Gesundheit und Senioren
@GRM2@
@GRM3@
@GRM4@
Betreff:
Ausrichtung der Seniorenarbeit, Konzept "Prävention vor stationärer Hilfe"
Beschlussentwurf:
Das in der Vorlage 166/2017 beschriebene Konzept „Prävention vor stationärer Hilfe“ wird zustimmend zur
Kenntnis genommen. Die Verwaltung wird beauftragt, das Projekt zur Einrichtung eines Besuchs- und Begleitdienstes weiter zu verfolgen und die Seniorenarbeit zu intensivieren. Die dafür erforderlichen Ressourcen sollen ermittelt und Möglichkeiten der Förderung des Projekts geprüft werden.
Sachdarstellung:
1. Problem
Konzeptioneller Ansatz „Prävention vor stationärer Hilfe“:
In der 9. Sitzung des AfFSGuS vom 15.03.2017 (P. 5 Beratung des Haushaltsentwurfes für das Hhj. 2017)
wurde die Bereitstellung von 10.000 € für vorbeugende Seniorenbetreuung, verbunden mit dem Auftrag einer Konzeptentwicklung, empfohlen.
Den Kommunen obliegt die zentrale Aufgabe der Schaffung von wohnortnaher Infrastruktur sowie der Anpassung der Hilfen im Alltag einer alternden Gesellschaft. Die nachweislich steigende Lebenserwartung
unserer Bevölkerung bedarf frühzeitiger Planung von geeigneten Maßnahmen im Lebensumfeld der Menschen. Es mangelt bereits jetzt an ausreichenden Angeboten, die darauf abzielen, Eigen- und Selbständigkeit zu fördern und den Einsatz von Pflege so lange wie möglich zu vermeiden.
Die große Mehrheit älterer Menschen wünscht sich, möglichst lange in den eigenen
Wänden und der ihnen vertrauten Umgebung wohnen zu bleiben. Das ergab auch die
Fragebogenaktion des Seniorenbeirates in Wesseling 2014.
943 Fragebögen wurden von den angeschriebenen über 70 Jährigen ausgefüllt. 736 Senioren äußerten sich
zu ihrem Wohnraum zufrieden. Ein Großteil der Befragten benannte bereits körperliche Einschränkungen.
626 Senioren wollten bei altersgerechtem Umbau in ihrem eigenen Wohnraum bleiben. Ein Umzug in ein
Pflegeheim war für die Meisten nur aus krankheitsbedingten Gründen und hohem Pflegebedarf vorstellbar.
Bevölkerungsanteil und Beratungsanfragen bei der Fachstelle für Senioren:
Von 37.718 Wesselinger Einwohnern sind bereits 9.456 Menschen über 60 Jahre. Das entspricht einem
guten Viertel der Bevölkerung (SummaSummarum Stadt Wesseling, Stand 31.12.2016).
Es besteht nach § 4 Landespflegegesetz der gesetzliche Auftrag trägerunabhängige Pflegeberatung vor Ort
anzubieten. Aufgrund von Erkrankungen, Schicksalsschlägen, Altersarmut, etc. bedürfen zunehmend ältere
Menschen fremder Hilfe. In die Beratung der Fachstelle für Senioren kommen zusätzlich zu den Betroffenen
zahlreiche Angehörige, die mit der Vorsorge, Unterstützung und Pflege ihrer Familienmitglieder überfordert
sind, bzw. diese Aufgaben nicht übernehmen können oder wollen. Neben der Beratung im Kontext der Pflegeversicherung wird bei der Suche nach konkreten ambulanten und stationären Angeboten unterstützt.
Zu Vorsorgemöglichkeiten, zum Betreuungsrecht, zum Wohnen im Alter und zu Service- und Freizeitangeboten wird zudem informiert.
Auch bei Eingang von Mitteilungen zu hilflosen älteren Menschen muss im Spannungsfeld des Selbstbestimmungsrechtes und einer möglichen Eigen- oder Fremdgefährdung eine Hilfeplanung durch die Seniorenbeauftragte erfolgen.
Fallzahlentwicklung der Fachstelle für Senioren - Beratung und Hilfe:
-
Im Jahr 2015
Im Jahr 2016
Am 30.06.2017 bereits
79 Neufälle
160 Neufälle
97 Neufälle
Aus den geschilderten Problemlagen werden folgende Bedarfe deutlich:
-
Fachberatung bei Pflegebedarf
Fachberatung zur wirtschaftlichen Absicherung bei minimalem Einkommen
Fachberatung in besonderen Notlagen, bei psychischen Problemen und in Krisen
Unterstützung bei der Suche nach anerkannten Dienstleistern für Betreuungs- und Entlastungsleistungen bei erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf ( Pflegegrad 1 )
Nachfragen zur persönlichen Begleitung und regelmäßigen Kontakt für alleinstehende Senioren
Hilfskräfte zur regelmäßigen Unterstützung im Alltag
Vermittlung von Hilfe im Haushalt
-
Nachfragen zu bezahlbarem Wohnraum
Nachfragen zu barrierefreiem Wohnraum
Nachfrage zwecks spezialisierter Beratung bei Umgestaltung, Wohnraumanpassung und altersgerechtem Umbau
Haltung und Ziele:
Insbesondere für ältere und hilfebedürftige Menschen besteht ein gesamtgesellschaftlicher
Schutzauftrag.
Die Vernetzung sozialer und kommunaler Dienstleistung mit Strukturen des freiwilligen Engagement und der Nachbarschaftshilfe sollen gefördert werden.
Maßnahmen zur guten Nahversorgung sind zu initiieren.
Ziele eines altersgerechten Gesamtkonzeptes:
-
Selbstbestimmtes Leben im Alter
Förderung von sozialem Miteinander
Ein solidarisches Miteinander der Generationen
Befriedigende und erfüllte Lebenszeit
Nutzung von Fähigkeiten, Potentialen und Ressourcen
Gesellschaftliche Teilhabe und Partizipation älterer Menschen
Bedarfe und Notlagen von isoliert lebenden und hilflosen Menschen erkennen
Versorgungslücken entgegen wirken
Ambulante Hilfe vor stationären Maßnahmen
2. Lösung
Die Verwaltung sollte die geeigneten Hilfen und Strukturen vor Ort frühzeitig gestalten. Dazu werden alle
Bereiche angehalten, aktiv zusammen zu wirken und die Seniorenbeauftragte sowie den Seniorenbeirat in
ihrer Aufgabenstellung zu unterstützen.
Die demographische Bevölkerungsentwicklung mit einer zunehmenden Lebenserwartung bedeutet Chance
und Herausforderung. Viele „Ältere“ praktizieren Solidarität im gesellschaftlichen Miteinander, leisten ehrenamtliche Hilfe in Nachbarschaft und Projekten und können für die Nachkommenden damit vorbildlich wirken.
Es bedarf stabiler und verlässlicher Strukturen, die durch engagierte, ehrenamtlich tätige Bürger und Bürgerinnen ergänzt werden.
Ein Besuchs – und Begleitdienst für Senioren
Analog zum Projekt „Gemeinsam statt einsam“, ehrenamtliche Seniorenbegleitung in Erftstadt, wird ein
Team von sozial engagierten Menschen gesucht und durch eine/n Koordinator/in zusammengestellt.
Nach der Auswahl geeigneter Personen werden diese für die Aufgaben im Privatraum der Senioren umfassend geschult. Mit psychologischen, sozialen und gesundheitlichen Aspekten des Alterns sowie der persönlichen Motivation zur Übernahme dieses kontinuierlichen Ehrenamtes wird sich im Vorfeld auseinander gesetzt.
In Form von regelmäßigen Besuchen werden Zeit, Aufmerksamkeit, Unterstützung durch Handreichungen,
kleine Dienstleistungen und Begleitung zu Außenterminen geboten. Der persönliche Kontakt soll allein lebende Menschen stärken und auch als tagesstrukturierende Hilfe dienen.
Die Seniorenbegleiter bieten keine professionelle Hilfe bei pflegerischem und hauswirtschaftlichem Bedarf.
Vielmehr geht es um Begegnung und Stärkung der Selbsthilfe.
Durch Öffentlichkeitsarbeit und in einem jährlichen Ausschreibungs- und Auswahlverfahren wird der Kreis
der Ehrenamtlichen aktualisiert und ausgebaut.
Die Grenzen des Ehrenamtes sind zu bedenken. Es wird eine Rückentwicklung zur allgemeinen Bereitschaft beobachtet. Eine kontinuierliche Betreuungsleistung als Ehrenamt, erleben Viele zu verpflichtend. Die heute aktiven Senioren werden perspektivisch selber hilfebedürftig, sodass Nachwuchs dementsprechend gefördert werden müsste.
Darüber hinaus müssen Ansätze für regelmäßige Alltags- / Haushaltshilfen entwickelt werden. Hier
könnte z.B. quer gedacht werden; über den Ausbau von Tagespflegeplätzen in Einrichtungen bis hin
zu Tagespflegepersonen, vergleichbar mit dem Einsatz der Tagesmütter für Kinder.
Ergebnis:
Im Kontext eines seniorenpolitischen Gesamtkonzeptes „Prävention vor stationärer Hilfe“ bedarf es zur Weiterentwicklung und zur Umsetzung von Maßnahmen zusätzlicher personeller Ressourcen.
Begründung:
1. Das beispielgebende Projekt „Gemeinsam statt einsam“ gibt es in Erftstadt seit 2008. Jährlich wurden 7
– 15 neue Ehrenamtliche geschult. Aktuell stehen etwa 60 Seniorenbegleiter zur Verfügung.
Durchgängig begleitet wird das Projekt von einer bei der Stadt angestellten „Case-Managerin“ (Teilzeit /
50 % Stelle), welche dem städtischen Beratungsbüro für Senioren (aktuell 1,5 Stellen) zusätzlich zugeordnet ist.
Die Schulung der Seniorenbegleiter erfolgt hier in Kooperation mit der VHS.
Die Umsetzung und Begleitung des Projektes „Prävention vor stationärer Hilfe / Seniorenbegleitung in Wesseling“ erfordert zusätzliche Stellenanteile:
-
Zur Koordination der Gesamtaufgabe,
Akquise und Auswahl von ehrenamtlichen Seniorenbegleitern,
Klärung von Details, z. B. Versicherungsschutz der Ehrenamtlichen,
Organisation von Austausch und Förderung der ehrenamtlichen Seniorenbegleiter,
zur individuellen Bedarfsermittlung und zur passgenauen Vermittlung.
Die Ausbildung, Zertifizierung und kontinuierliche Fortbildung sind weiterer Bestandteil.
2. Auch der Aufwand für die nachweislich steigenden Beratungs- und Betreuungsfälle, die Netzwerkarbeit und die Durchführung von Veranstaltungen ist perspektivisch mit der derzeitigen Personalausstattung nicht mehr leistbar:
-
Die Fachstelle für Senioren erfreut sich hoher Akzeptanz und zunehmender Bekanntheit in Wesseling. Die Hilfebedarfe werden - wie beschrieben - immer mehr. Viele Einzelpersonen/Paare haben
zu lange mit notwendigen Veränderungen gewartet oder haben aus einem gesundheitlichen Zusammenbruch heraus einen hohen Hilfebedarf, sodass sie längerfristig unterstützt werden müssen.
Auch müssen Betreuungsverfahren über das Amtsgericht über Monate eingeleitet und organisiert
werden. Die Seniorenbeauftragte steht für Beratung und Betreuung aktuell alleine zur Verfügung.
-
Die Gesamtkoordination der 52 ehrenamtlichen Helfenden Hände, Neuaufnahmen, Statistik, Öffentlichkeitsarbeit, Planung und Organisation der Treffen gehört ebenfalls zu ihren Aufgaben.
-
Die Seniorenbeauftragte führt ca. 12 Veranstaltungen (Kino, Tanz, Mobilität, Gesundheit, Generationendialog) im Jahr komplett mit allen Aufgaben durch.
-
Zusätzlich arbeitet sie dem Seniorenbeirat für die 4 jährlichen Sitzungen intensiv zu.
-
Sie koordiniert die Netzwerktreffen und kooperiert mit zahlreichen Netzwerkpartnern in Einzelfällen
und in der Organisation gemeinsamer Veranstaltungen.
-
Sie koordiniert weiterhin die Maßnahmen für Menschen mit Demenz.
-
Sie entwickelt Konzepte, Vorlagen, neue Projekte und nimmt an zahlreichen Gremien in Wesseling
und im Rhein-Erft-Kreis teil.
-
Sie übernimmt die Außenvertretung und Öffentlichkeitsarbeit der Stadt zu allen Senioren relevanten
Themen.
-
Sie bildet sich kontinuierlich fort, um der Vielfalt der Aufgaben und Themen gerecht zu werden.
Die zusätzliche Fachkraft sollte grundsätzlich in der Lage sein, die erfahrene Fachkraft zu vertreten sowie
bei Bedarf gemeinsam zu handeln.
3. Alternativen
werden nicht vorgeschlagen.
4. Finanzielle Auswirkungen
Die Umsetzung und Begleitung des Projekts sowie die Intensivierung der Seniorenarbeit erfordert - wie dargestellt - die Ausweitung der Personalausstattung. Die insgesamt erforderlichen Ressourcen werden von der
Verwaltung ermittelt. Zur Mitfinanzierung der zusätzlichen Personalaufwendungen können die mit dem
Haushalt 2017 bereitgestellten Haushaltsmittel in Höhe von 10.000 € eingesetzt werden. Zudem wird die
Verwaltung prüfen, ob für das Projekt Fördermittel eingesetzt werden können. Der Rhein-Erft-Kreis hat für
die Seniorenarbeit in den Kommunen Haushaltsmittel in den Doppelhaushalt 2017/2018 eingestellt. Zügig
sollen Gespräche mit der Kreisverwaltung über Möglichkeiten der Förderung des Projekts geführt werden.