Daten
Kommune
Wesseling
Größe
121 kB
Datum
24.01.2017
Erstellt
09.01.17, 17:06
Aktualisiert
09.01.17, 17:06
Stichworte
Inhalt der Datei
Sitzungsvorlage Nr.:
241/2016
Federführender Bereich
Beteiligte Bereiche
Stadtplanung
- 50 -
- 60 -
Vorlage für
Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz
Betrifft:
(ggf. Anlagen bezeichnen)
Bebauungsplan Nr. 2/16, 1. Änderung "Sechtemer Straße/ Friedhofsweg"
hier: Aufstellungsbeschluss
Namenszeichen des federführenden Bereichs
Sachbearbeiter/in
Leiter/in
Datum
Namenszeichen Beteiligte Bereiche
- 50 -
- 60 -
21.12.2016
Namenszeichen
I/10
Bearbeitungsvermerk
Fachdezernent
Kämmerer
Bürgermeister
STADT WESSELING
Vorlagen-Nr.: 241/2016
Der Bürgermeister
Sachbearbeiter/in:
Datum:
Judith Hawig
21.12.2016
X
öffentlich
nichtöffentlich
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz
Betreff:
Bebauungsplan Nr. 2/16, 1. Änderung "Sechtemer Straße/ Friedhofsweg"
hier: Aufstellungsbeschluss
Beschlussentwurf:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz beschließt, das Verfahren zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2/16 für den Bereich „Sechtemer Straße/ Friedhofsweg“ gemäß den §§ 1 Abs. 3, 2 Abs. 1
BauGB einzuleiten. Das Aufstellungsverfahren wird entsprechend § 13a BauGB im beschleunigten Verfahren durchgeführt.
Sachdarstellung:
1. Problem
Die Eheleute Marianne und Hubert Boddenberg beabsichtigen zusammen mit ihrer Tochter Ute Meissner die
Errichtung von drei großen Mehrfamilienhäusern als geförderter Wohnungsbau mit insgesamt 42 Wohneinheiten auf einer unbebauten Fläche nördlich des Friedhofswegs.
Gemäß dem „Gutachten zur Verträglichkeit von Störfall-Betriebsbereichen im Stadtgebiet Wesseling unter
dem Gesichtspunkt des § 50 BImSchG bzw. der Seveso-III-Richtlinie (Artikel 13)“ des TÜV Nord aus Dezember 2015 liegt das Baugrundstück innerhalb der angemessenen Abstände einer Störfallanlage. Bei der
Anlage handelt es sich um ein Acrolein-Tanklager der Evonik Degussa GmbH deren angemessener Abstand
in dem angeführten Gutachten auf 2.750 m festgelegt worden ist. Der tatsächliche Abstand des Baugrundstücks zum Acrolein-Tanklager beträgt ca. 2.400 m.
Die Prämisse der Wahrung angemessener Abstände resultiert aus der Seveso-III-Richtlinie und dem sogenannten „Trennungsgrundsatz“ des § 50 Bundesimmissionsschutzgesetz. Artikel 13 der europäischen Seveso-III-Richtlinie fordert, dass zwischen Betrieben mit Störfallanlagen einerseits und Wohngebieten oder
öffentlich genutzten Gebäuden und Gebieten andererseits ein „angemessener Abstand“ zu wahren ist, um
die Folgen von schweren Industrieunfällen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt zu begrenzen. In
§ 50 BImSchG heißt es, dass „bei raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen (…) die für eine bestimmte Nutzung vorgesehenen Flächen einander so zuzuordnen [sind], dass schädliche Umwelteinwirkungen und
von schweren Unfällen im Sinne des Artikels 3 Nummer 5 der Richtlinie 96/82/EG in Betriebsbereichen hervorgerufene Auswirkungen auf (…) dem Wohnen dienenden Gebiete sowie auf sonstige schutzbedürftige
Gebiete, insbesondere öffentlich genutzte Gebiete (…) und öffentlich genutzte Gebäude, so weit wie möglich
vermieden werden.“
Zwar fehlt es bisher an einer rechtlichen oder richterlichen Klarstellung, ob auch einzelne Wohnbauvorhaben
das Merkmal der „Schutzbedürftigkeit“ erfüllen und somit unter den Anwendungsbereich der Seveso-IIIRichtlinie und des Trennungsgrundsatzes fallen. Bei einer Größenordnung von 42 auf 3 Wohngebäude verteilten Wohneinheiten jedoch ist die Schwelle der „wohngebietsähnlichen Größe“ nach Einschätzung der
Verwaltung klar erreicht.
Das Baugrundstück, auf dem das Vorhaben realisiert werden soll, liegt im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 2/16. Der Plan hat im Jahre 1965 und somit deutlich vor Inkrafttreten der störfallrechtlichen Regelungen Rechtskraft erlangt. Eine Berücksichtigung dieses wichtigen Belanges im Bebauungsplanverfahren
hat folglich nicht stattgefunden.
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, die Störfallthematik für Vorhaben im Baugenehmigungsverfahren im
Rahmen einer „nachvollziehenden Abwägung“ nachzuholen, welche an das sogenannte „Gebot der Rücksichtnahme“ in § 15 Baunutzungsverordnung geknüpft ist.
Der § 15 der BauNVO ist vom Verordnungsgeber als Generalklausel für die Einzelfallentscheidung ausgekleidet worden. Fehlende oder nicht hinreichend begründete Entscheidungen bei der Aufstellung eines Bebauungsplans können hiermit nicht nachträglich geheilt und reguliert werden (vgl. Fickert/Fieseler „Baunutzungsverordnung“, Kommentar, 2014 S. 1037). Auch die ARBEITSHILFE der Fachkommission Städtebau
der Bauministerkonferenz verweist explizit auf die Grenzen des § 15 BauNVO bei der Berücksichtigung der
Seveso-Thematik im Genehmigungsverfahren: „Eine Problemlösung über § 15 BauNVO ist nur möglich,
soweit der Bebauungsplan eine Frage bewusst oder unbewusst offen gelassen hat und eine Entscheidung
im Rahmen des bauaufsichtlichen Vollzugs nicht auf eine Korrektur der planerischen Entscheidung hinausläuft, der Plan für eine Problemlösung also noch ‚offen‘ ist“ (Fachkommission Städtebau der Bauministerkonferenz: „ARBEITSHILFE - Berücksichtigung des Art. 12 Seveso-II-Richtlinie im baurechtlichen Genehmigungsverfahren in der Umgebung von unter die Richtlinie fallenden Betrieben“, 11.03.2015, S. 15).
Auch im vorliegenden Fall sind die Grenzen des in § 15 BauNVO verankerten Gebots der Rücksichtnahme
überschritten. Das Bauvorhaben weist mit seinen 42 geplanten Wohneinheiten eine „wohngebietsähnliche
Größe“ auf und überschreitet somit den Rahmen einer möglichen „Einzelfallentscheidung“. Es ist einer
„nachvollziehenden Abwägung“ über ein Baugenehmigungsverfahren nach geltendem Planungsrecht nicht
zugänglich, sondern löst ein Planerfordernis gemäß § 1 Abs. 3 BauGB aus.
2. Lösung
Änderung des Bebauungsplans Nr. 2/16
Zur rechtskonformen Berücksichtigung der Anforderungen der Seveso-III-Richtlinie muss der Bebauungsplan Nr. 2/16 für den Teilbereich des Bauvorhabens Boddenhaus/Meissner geändert werden. Die Bauherren
wurden über das Planerfordernis informiert und legen dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz mit dieser Vorlage einen Antrag zur Einleitung des Bebauungsplanverfahrens vor. Die Verwaltung
empfiehlt, dem Antrag zu entsprechen und das Verfahren zur 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2/16
einzuleiten. Der Geltungsbereich des Änderungsbebauungsplans erstreckt sich über die Grundstücksflächen
des Ehepaars Boddenberg nördlich des Friedhofswegs zwischen der Sechtemer Straße und der Schulstraße. Bei den betroffenen Grundstücken handelt es sich um Gemarkung Keldenich, Flur 11, Flurstücke Nr.
605, 606 und 610 (s. Geltungsbereich).
Neben der Würdigung der Seveso-Thematik kann mit der Aufstellung des Bebauungsplans eine rechtssichere Grundlage für das Bauvorhaben geschaffen werden. Eine überschlägige Inaugenscheinnahme des derzeit geltenden Bebauungsplans förderte Bedenken hinsichtlich der Gültigkeit bzw. Anwendbarkeit einzelner
Festsetzungen zu Tage.
Die Bebauungsplanänderung kann aufgrund der geringen Größe des Plangebiets (ca. 3.900 qm) im beschleunigten Verfahren nach § 13 a BauGB durchgeführt werden. Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen gemäß § 13 a Abs. 1 BauGB sind erfüllt, da kein Baurecht für ein Vorhaben begründet wird, das der
Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) unterliegt. Ferner befindet sich im näheren Umfeld des Plangebietes kein FFH-Gebiet („Flora-Fauna-Habitat-Gebiet“), so dass keine Anhaltspunkte
für eine Beeinträchtigung der Erhaltungsziele oder Schutzzwecke eines solchen Gebietes erkennbar sind.
Die Belange des Umweltschutzes (§ 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB) werden auch im beschleunigten Verfahren nach
§ 13a BauGB als abwägungsrelevante Belange in die Planung eingestellt. Die Durchführung einer umfangreichen Umweltprüfung nebst Umweltbericht jedoch ist nicht erforderlich.
Da beabsichtigt ist, das Bauprojekt nachfrageorientiert in zwei Bauabschnitten zu realisieren, bitten die Bauherren um eine Durchführung der Bebauungsplanänderung als Angebotsbebauungsplan statt eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans. Vorhabenbezogene Bebauungspläne werden durch einen Vertrag ergänzt,
in dem die Durchführung des Vorhabens innerhalb einer festzulegenden Frist geregelt wird. Ein Angebotsbebauungsplan enthält derartige Regelungen nicht und ermöglicht daher eine zeitlich flexiblere Realisierung.
Durch die Verwendung konkreter, auf das Vorhaben bezogener Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche, Gebäudehöhe etc. kann jedoch auch über einen Angebotsbebauungsplan eine planungsrechtliche Grundlage geschaffen werden, die den Bauherren vergleichsweise eng bindet. Die Verwaltung hat
daher keine Bedenken gegenüber der gewünschten Angebotsbebauungsplanung.
Geplante Bebauung
Wie bereits angeführt, gliedert sich das Bauprojekt in 3 Gebäudekörper auf. Die Gebäude sollen 3geschossig mit Staffelgeschoss und Flachdach errichtet werden. Die Erschließung der Gebäude erfolgt vom
Friedhofsweg. Während die Stellplätze der beiden westlich gelegenen Gebäude überirdisch angeordnet
werden sollen, ist für den östlichen Gebäudekörper eine Tiefgarage mit 14 Stellplätzen vorgesehen.
Weitere Details zu dem Bauvorhaben sind den beigefügten Plänen des Büros NEUNWERK Architekten zu
entnehmen.
3. Alternativen
Bei einem Verzicht auf die Änderung des Bebauungsplans könnte das beabsichtigte Wohnbauvorhaben
nicht in der anvisierten Größenordnung realisiert werden.
4. Finanzielle Auswirkungen
Die Bauherren haben sich zur Tragung der Planungskosten bereit erklärt. Für die Verwaltung fallen keine
weiteren Kosten an.
Anlagen
Geltungsbereich der 1. Änderung des Bebauungsplans Nr. 2/16
Projektbeschreibung
Plan: Lageplan (verkleinert)
Plan: Ansichten Süd-West/ Grundriss Erdgeschoss (verkleinert)
Plan: Grundrisse (verkleinert)
Plan: Schnitte/ Ansichten (verkleinert)
Antrag auf Einleitung eines Bebauungsplanverfahrens
Die Fraktionen erhalten jeweils ein Exemplar der oben angeführten Pläne im Originalmaßstab.