Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
90 kB
Datum
27.05.2015
Erstellt
13.05.15, 12:01
Aktualisiert
13.05.15, 12:01
Stichworte
Inhalt der Datei
Kreis Euskirchen
Der Landrat
Z 1/F 14/2015
Datum: 11.05.2015
Anfrage zu den Gefahren durch Windenergieanlagen (WEA)
Vorbemerkung
Windenergieanlagen (WEA) bedürfen in der Regel einer Genehmigung. Für jede WEA mit mehr als
50 m Gesamthöhe ist ein Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz
(BImSchG) erforderlich. Für kleinere Windenergieanlagen (Kleinwindanlagen) bis 50 Meter
Gesamthöhe ist ein Baugenehmigungsverfahren durchzuführen, soweit sie nicht verfahrensfrei
gestellt sind. Sollen mehrere Windenergieanlagen an einem Standort betrieben werden (Windpark),
kann zusätzlich eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich sein.
Zuständige Behörden für die Durchführung der Genehmigungsverfahren sind in Nordrhein-Westfalen
die unteren Verwaltungsbehörden.
Die Errichtung und der Betrieb von WEA haben Auswirkungen auf die Umwelt. Der Zweck des
BImSchG ist es, im konkreten Einzelfall Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die
Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen
und dem Entstehen schädlicher Umwelteinwirkungen vorzubeugen. Im Genehmigungsverfahren wird
geprüft, ob der Bau und Betrieb der beantragten WEA mit den öffentlichen Belangen und den
Belangen der betroffenen Bürger vereinbar ist. Dabei werden insbesondere auch die rechtlich
verbindlichen Regelungen des Immissionsschutzes geprüft (Lärm und Infraschall, Schattenwurf). Die
für die Erteilung der Genehmigung zuständige Behörde holt die Stellungnahmen sämtlicher Behörden
ein, deren Aufgabenbereich durch das Vorhaben berührt wird (z. B. Naturschutz). Diese
Stellungnahmen sind bei der Erstellung der Genehmigung zu berücksichtigen. Die
immissionsschutzrechtliche Genehmigung entfaltet die sogenannte Konzentrationswirkung, d. h. sie
schließt andere (notwendige) Genehmigungen (wie z. B. die Baugenehmigung) mit ein. Die
Genehmigungsbehörde hat daher eine Koordinierung der Zulassungsverfahren sowie der Inhalts - und
Nebenbestimmungen sicherzustellen.
Im Rahmen der Errichtung neuer Anlagen sind die Grundsätze für Planung und Genehmigung von
Windenergieanlagen (Windenergie-Erlass, WEAErl.) vom 11.07.2011 zu beachten.
Zu Ziffer 1.: "Gefahren durch Infraschall, Umweltschäden durch Betonfundamente"
"Wie bewertet die Verwaltung diese Gefahren hinsichtlich der bestehenden WEAs und der
geplanten Errichtung weiterer WEAs im Kreisgebiet?"
Als Infraschall wird Schall im Frequenzbereich unterhalb von 20 Hz bezeichnet. In diesem Bereich ist
eine differenzierte Tonhöhenwahrnehmung für das menschliche Ohr nicht mehr möglich, Infraschall
wird deshalb oft als „Druck auf den Ohren“ oder pulsierende Empfindung wahrgenommen. Die
Wahrnehmungsschwelle liegt frequenzabhängig zwischen 70 und 120 dB und somit bei sehr hohen
Pegelwerten. Messungen verschiedener Landesumweltämter sowie von anerkannten Messinstituten
haben vielfach belegt, dass von WEA zwar Infraschall ausgeht, dieser jedoch deutlich unterhalb der
Wahrnehmungsschwelle des Menschen liegt. Nach dem derzeitigen Stand der Wirkungsforschung
löst Infraschall unterhalb der Wahrnehmungsschwelle keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen
-2aus. Es gibt keine wissenschaftlich validen Studien, in denen eine Wirkung unterhalb der
Wahrnehmungsschwelle nachgewiesen werden konnte.
Bei WEA ist zusätzlich zu berücksichtigten, dass der Wind selbst ebenfalls eine bedeutende
Infraschallquelle darstellt, wobei mitunter die windinduzierten Infraschallpegel fälschlicherweise der
WEA zugeordnet werden.
Infraschall wird im Übrigen oft mit tieffrequenten Geräuschen verwechselt. Im Gegensatz zum nicht
hörbaren Infraschall gehören tieffrequente Geräusche zum Hörschall und haben eine im Vergleich zu
Infraschall höhere Frequenz.
WEA sind nicht die einzigen Quellen von Infraschall. Neben anderen technischen Aggregaten wie
LKW und PKW, Lüftern, Spül- und Waschmaschinen gibt es mit dem Wind und dem Meeresrauschen
auch natürliche Infraschallquellen.
"Wie bewertet die Verwaltung die Umweltschäden durch massive Stahlbetonfundamente
sowohl der bestehenden WEAs als auch der geplanten Errichtung weiterer WEAs?"
Durchmesser der Stahlbetonfundamente für moderne Windkraftanlagen betragen zur Zeit bis zu 28 m
bei einer Gründungstiefe von bis zu 4,5 m bis Geländeoberkante. Risiken insbesondere für die
Schutzgüter Boden und Wasser werden während der Bauphase aber auch im Betrieb über Auflagen
und Nebenbestimmungen zum Genehmigungsbescheid ausgeschlossen. Der Flächenverbrauch
durch den Eingriff selbst wird kompensiert.
" Was passiert mit den Fundamenten, wenn die Betreiberfirma nach Ablauf der
Subventionierung insolvent wird und die Rückstellungen für den Rückbau unzureichend
sind?"
Die Rückbauverpflichtung wird ausführlich in Ziffer 5.2.2.4 des (Windenergie-Erlass, WEAErl.) vom
11.07.2011 unter Anlehnung an § 35 Abs. 5 Satz 2 BauGB geregelt. Im Grundsatz muss die
Sicherheitsleistung den Rückbau der Windenergieanlage einschließlich des den Boden versiegelnden
Fundaments am Ende der voraussichtlichen Lebensdauer der Anlage vollständig abdecken. Die
Rückbauverpflichtung ist durch Baulast oder beschränkt
persönliche Dienstleistbarkeit (wenn der Grundstückseigentümer selbst Bauherr ist) oder in anderer
Weise (i.d.R. Sicherheitsleistung durch Bankbürgschaft) sicherstellen. Dabei soll von einer Höhe von
zumindest rund 6,5 Prozent der Gesamtinvestitionskosten ausgegangen werden. Im Einzelfall kann
sich aus der Konstruktion der Windenergieanlage auch eine höhere Sicherheitsleistung ergeben.
Im Einzelfall kann sich aus der Konstruktion der Windenergieanlage auch eine höhere
Sicherheitsleistung ergeben.
Der Kreis Euskirchen setzt die gesetzlichen Rahmenbedingungen in seinen
Genehmigungsbescheiden um.
Zu Ziffer 2.: "Neodym"
"Wie beurteilt die Verwaltung diese Umweltschäden in Bezug auf den angeblichen
Umweltschutzbeitrag der Windkraftanlagen im Kreisgebiet?"
Die Problematik der Verwendung der sogenannten "Seltenen Erden" ist nicht Bestandteil des
Genehmigungsverfahrens.
Zu Ziffer 3.: "Abstandsreglungen"
"Welche Abstandregelungen empfiehlt die Verwaltung, um eine Haftung von Gemeinderats-,
Stadtrats- und Kreistagsmitgliedern auszuschließen?"
Es gibt in NRW keine gesetzlich festgelegten Mindestabstände zu Wohnhäusern oder
Siedlungsbereichen. Indirekt ergibt sich ein erforderlicher Abstand durch die gesetzlich festgelegten
Schallrichtwerte (TA-Lärm), da diese in Abhängigkeit der konkreten Fallgestaltung erst in gewissen
-3Abständen eingehalten werden können.
In bestimmten Bereichen um Straßen und Flugplätze ist die Zustimmung der jeweiligen Fachbehörde
erforderlich, dies ist jedoch kein absolutes Bauverbot innerhalb dieses Bereiches. Ähnliches gilt für
Strom- und Gasleitung sowie Richtfunkstrecken, bei denen ein geringerer Abstand durch technische
Maßnahmen ggf. kompensiert werden kann. Der Windenergie-Erlass gibt zu verschiedenen Gebieten
oder Nutzungen wie z.B. Naturschutzgebieten oder Siedlungsrandbereichen, Abstände vor. Dies wird
jedoch bereits im Erlass selbst als Empfehlung bezeichnet, verbunden mit der Möglichkeit, durch eine
detaillierte Prüfung des konkreten Falls auch kürzere Abstände zu akzeptieren. Weitere
Abstandserfordernisse ergeben sich aus der optisch bedrängenden Wirkung von Windkraftanlagen.
Diese liegt vor, wenn der Abstand zwischen Anlage und Wohnbebauung die zweifache bis dreifache
Gesamthöhe der Anlage unterschreitet. Auch diese Werte sollen jedoch ausdrücklich nicht als feste
Abstandsgrenzwerte verstanden werden. Im Bereich dazwischen ist eine intensive
Einzelfallbetrachtung erforderlich.
Vor diesem Hintergrund ist eine Empfehlung von allgemeinen Abstandsregeln aus Sicht der
Genehmigungsbehörde weder möglich noch würde sie dem Grundsatz der kommunalen
Planungshoheit entsprechen.
gez. Rosenke