Daten
Kommune
Wesseling
Größe
144 kB
Datum
18.08.2015
Erstellt
03.08.15, 13:01
Aktualisiert
03.08.15, 13:01
Stichworte
Inhalt der Datei
Sitzungsvorlage Nr.:
130/2015
Federführender Bereich
Beteiligte Bereiche
Stadtplanung
- 30 -
- 60 -
- 80 -
Vorlage für
Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz
Betrifft:
(ggf. Anlagen bezeichnen)
Antrag auf Nutzungsänderung eines Ladenlokals in ein Wettbüro, Forum Wesseling,
Flach-Fengler-Straße
hier: Zurückstellung des Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 BauGB
Namenszeichen des federführenden Bereichs
Sachbearbeiter/in
Leiter/in
Datum
Namenszeichen Beteiligte Bereiche
- 30 -
- 60 -
- 80 -
15.07.2015
Namenszeichen
I/10
Bearbeitungsvermerk
Fachdezernent
Kämmerer
Bürgermeister
STADT WESSELING
Vorlagen-Nr.: 130/2015
Der Bürgermeister
Sachbearbeiter/in:
Datum:
Judith Hawig
15.07.2015
X
öffentlich
nichtöffentlich
Beratungsfolge:
Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz
Betreff:
Antrag auf Nutzungsänderung eines Ladenlokals in ein Wettbüro, Forum Wesseling, Flach-Fengler-Straße
hier: Zurückstellung des Baugesuchs nach § 15 Abs. 1 BauGB
Beschlussentwurf:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz beschließt, den am 03.06.2015 bei der Stadt Wesseling eingegangenen Antrag auf Nutzungsänderung eines Ladenlokals in der Flach-Fengler-Straße 48-56 in
ein Wettbüro nach § 15 Abs. 1 BauGB für die Dauer von bis zu 12 Monaten zurückzustellen.
Sachdarstellung:
Der Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz hat in seiner Sitzung am 01.10.2014 die Einleitung
des Bauleitplanverfahrens zur 64. Änderung des Wesselinger Flächennutzungsplans und zur Aufstellung
des Bebauungsplans Nr. 1/121 „Flach-Fengler-Straße Nord“ beschlossen. Der Aufstellungsbeschluss ist im
Amtsblatt vom 22.10.2014 ortsüblich bekannt gemacht worden.
Durch die Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 1/121 werden mehrere Altbebauungspläne überplant, deren
großmaßstäbliche Gebäudeplanungen der 1970er und 1980er Jahre nicht mehr mit den heutigen Vorstellungen von einer mittelstädtischen Fußgängerzone vereinbar sind. Der Bebauungsplan Nr. 1/121 soll den
vorhandenen Gebäudebestand unter Berücksichtigung angemessener baulicher Entwicklungsmöglichkeiten
aufnehmen. Weiteres Ziel des Bebauungsplans ist die Gewährleistung der zentralen Versorgungsfunktion
der Fußgängerzone als Hauptgeschäftszentrum der Stadt Wesseling. Regelungen zur Sicherung der vorhandenen Wohnnutzungen sollen zu einer Belebung der Innenstadt – auch außerhalb der Geschäftszeiten –
beitragen. Um Trading-Down-Tendenzen zu vermeiden, sieht der Bebauungsplan Nr. 1/121 ferner Regelungen zur räumlichen Steuerung von Vergnügungsstätten vor.
Der Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 1/121 liegt innerhalb des förmlich festgesetzten Sanierungsgebietes (§ 142 BauGB) der Wesselinger Innenstadt. Das Gebiet ist im Jahre 2006 vom Rat der Stadt Wesseling als Satzung beschlossen worden und hat die Behebung städtebaulicher Missstände durch Sanierungsmaßnahmen zum Ziel. Als städtebaulicher Missstand wurden insbesondere funktionale Defizite wie die
Zerschneidung der Fußgängerzone durch die Verkehrstrassen der Stadtbahnlinie 16 und die L 300 sowie
das für ein Mittelzentrum unzureichende Einzelhandelsangebot identifiziert. Darüber hinaus treten städtebauliche Missstände in Form gestalterischer Mängel wie einer „in die Jahre“ gekommenen Gestaltung der
öffentlichen Plätze und Straßen und durch geringe Aufenthalts- und Verweilqualität des öffentlichen Raumes
in Erscheinung.
Mit der im Jahre 2007 gestarteten „Gesamtperspektive Wesseling“ hat die Stadt Wesseling einen Prozess
initiiert, der den beschriebenen Missständen entgegenwirken und zu einer Aufwertung und Belebung der
Innenstadt beitragen soll. Das neu gestaltete Rheinufer stellt den ersten, bereits baulich realisierten Projektbaustein der Gesamtperspektive dar. Gegenwärtig erfolgt der Umbau der Fußgängerzone welcher durch die
Gründung eines Innenstadtvereins (11/2014) die Einführung eines City-Managements (05/2015) sowie einen
für 2016 geplanten Verfügungsfonds flankiert wird. Die Realisierung des Projekts erfolgt unter finanzieller
Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland und des Landes NRW im Rahmen des Städtebauförderungsprogramms „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“. Weitere Maßnahmen, wie der Umbau des Fußgängertunnels
sowie die Attraktivierung des Bahnhofsumfelds, befinden sich in der Planung.
Es wird deutlich, dass die Stadt Wesseling bereits seit einigen Jahren erhebliche Anstrengungen unternimmt, um die augenscheinlichen funktionalen und gestalterischen Defizite der Innenstadt zu beheben und
das Stadtzentrum (wieder) in einen attraktiven Ort des städtischen Lebens zu verwandeln.
1. Problem
Mit Datum vom 03.06.2015 ist bei der Stadt Wesseling ein Antrag zur Nutzungsänderung eines innerstädtischen Ladenlokals in ein Wettbüro eingegangen (AZ 243-15-04). Das ca. 200 qm große Ladenlokal befindet
sich im Forum Wesseling (Flach-Fengler-Straße 48-56) und steht seit dem Umbau der ehemaligen HertieImmobilie leer. Die Erschließung des Ladenlokals erfolgt über die Flach-Fengler-Straße. Auch die Fensterfront ist direkt zur Fußgängerzone ausgerichtet. Durch die Nutzungsänderung sollen 38 Sitzplätze für Wetten
aller Art angeboten werden. Die Betriebszeit ist im Bauantrag mit 10 bis 22 Uhr angegeben.
Wettbüros sind aus planungsrechtlicher Sicht der Nutzungsart „Vergnügungsstätten“ zuzuordnen. „Unter
Vergnügungsstätten (…) sind gewerbliche Nutzungsarten zu verstehen, die sich in unterschiedlicher Ausprägung (wie Amüsierbetriebe, Diskotheken, Spielhallen) unter Ansprache (oder Ausnutzung) des Sexual-,
Spiel- und/oder Geselligkeitstriebs einer bestimmten gewinnbringenden ‚Freizeit‘-Unterhaltung widmen.“
(Fickert/Fieseler „Baunutzungsverordnung“ 2014: S. 568)
Vergnügungsstätten können, insbesondere in ihrer Häufung, Störpotenziale hervorrufen, die eine städtebauliche Steuerung dieser Anlagen erforderlich machen. Negative Wirkungen von Vergnügungsstätten können
insbesondere sein:
Verdrängung (z. B. von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben in Innenstädten und von Gewerbebetrieben in Gewerbegebieten),
Trading-Down-Effekte (Einschränkung der Angebotsvielfalt, Abwertung des Umfelds),
Verzerrung des Boden- und Mietpreisgefüges,
Störung des Ortsbildes durch auffällige Werbung und ortsuntypische Gestaltung,
Imageverlust eines Gebietes,
Mangelhafte Integration ins Stadtbild (geschlossene Fensterfront, begrenzte Zugängigkeit),
Lärmbelästigung durch An- und Abfahrverkehr und lange Öffnungszeiten.
Um eine gesamtstädtische Leitlinie für eine städtebaulich vertretbare Ansiedlung von Vergnügungsstätten zu
entwickeln, erarbeitet die Stadt derzeit ein gesamtstädtisches Vergnügungsstättenkonzept. Das im Entwurfsstatus befindliche Konzept legt einen inhaltlichen Schwerpunkt auf die Steuerung von Spielhallen und Wettbüros als eine Unterart der Vergnügungsstätten. Es umfasst eine umfangreiche Strukturanalyse, in der zum
Einen der vorhandene Bestand an Vergnügungsstätten im Stadtgebiet flächendeckend erhoben wird und
zum Anderen eine Bewertung und „Gefährdungsabschätzung“ aller potenziell geeigneten bzw. im Fokus der
Ansiedlungswünsche von Spielhallen- und Wettbüro-Betreibern stehenden Gebiete erfolgt. Darauf aufbauend entwickelt das Konzept eine gesamtstädtische Strategie zur räumlichen Steuerung von Spielhallen und
Wettbüros. Städtebauliche Ziele und Planungen, wie z.B. die oben angeführte Gesamtperspektive Wesseling
oder der „Masterplan Einzelhandel“ finden als wesentliche Bausteine der Wesselinger Stadtentwicklung Berücksichtigung in dem Konzept.
Auch die nördliche Flach-Fengler-Straße wurde im Vergnügungsstättenkonzept einer genaueren Analyse
unterzogen. Mit der „Spielkiste“ in der Flach-Fengler-Straße 70 sowie der „Let‘s Play“-Spielhalle in der FlachFengler-Straße 83 sind bereits zwei Vergnügungsstätten im Geltungsbereich des in Aufstellung befindlichen
Bebauungsplans Nr. 1/121 vorhanden. Beide Anlagen befinden sich im Erdgeschoss und sind gestalterisch
durch verklebte (blickdichte) Schaufenster und zum Teil beleuchtete Werbetafeln geprägt. Städtebauliche
Störpotenziale, die von den Spielhallenstandorten auf die Hauptgeschäftslage in der Flach-Fengler-Straße
ausgehen können, sind insbesondere die Verdrängung von Einzelhandelsbetrieben, eine Unterbrechung der
Schaufensterfronten sowie eine Störung des Stadtbilds durch Werbemaßnahmen. In der Summe können die
genannten Störungen Trading-Down-Prozesse auslösen.
Wie einleitend beschrieben wurde, hat die Stadt bereits vor mehreren Jahren Maßnahmen eingeleitet, welche die Aufwertung und funktionale Stärkung der Innenstadt zum Ziel haben. Die nördliche Flach-FenglerStraße soll als Haupteinzelhandelsadresse gesichert und weiterentwickelt werden. Gestalterische und funktionale Brüche, die durch eine nur eingeschränkte Zugängigkeit (ab 18 Jahre) und verklebte Schaufensterfronten hervorgerufen werden können, sollen dabei vermieden werden.
Zur Sicherstellung dieses Ziels legt das Vergnügungsstättenkonzept fest, dass Vergnügungsstätten in diesem Teil der Fußgängerzone lediglich in den Obergeschossen zulässig sein sollen. Da die Obergeschosse
außerhalb des Betrachtungsfeldes der Passanten liegen, können Unterbrechungen der Schaufensterfronten
mit ihren typischen für die Kunden sichtbaren Auslagen ausgeschlossen werden. Ausnahmsweise können
Vergnügungsstätten des Freizeitsektors in den Erdgeschosszonen zugelassen werden, wenn sie gestalterischen Ansprüchen genügen und keine Konflikte mit den bestehenden Nutzungen auslösen.
Im Forum Wesseling ist ein vollständiger Ausschluss von Vergnügungsstätten vorgesehen. Das Forum soll
insbesondere zur Ansiedlung von Einzelhandels- und Dienstleistungsbetrieben genutzt werden und als neuer Anziehungspunkt der Innenstadt fungieren. Die Inanspruchnahme von Nutzflächen durch Vergnügungsstätten wie Spielhallen oder Wettbüros wäre hier kontraproduktiv. Auch die begrenzte Zugängigkeit von Vergnügungsstätten ab 18 Jahren, wie für Wettbüros und Spielhallen vorgeschrieben, steht dem Ziel, Kundenströme zu binden und für eine Belebung der Fußgängerzone und der Forum-Passage zu sorgen, entgegen.
Um die mit dem Bebauungsplan Nr. 1/121 „Flach-Fengler-Straße Nord“ beabsichtigte Sicherung der innerstädtischen Versorgungsfunktion einerseits und die Vermeidung von Trading-Down-Tendenzen andererseits
zu realisieren, wird die weitere Erarbeitung des Plans sich eng an den Festlegungen des Vergnügungsstättenkonzeptes orientieren.
Das für das Forum Wesseling beantragte Wettbüro ist mit den oben geschilderten städtebaulichen Zielen
des in Aufstellung befindlichen Bebauungsplans Nr. 1/121 „Flach-Fengler-Straße Nord“ nicht vereinbar.
Gleichwohl widerspricht das Vorhaben nicht den Festsetzungen des derzeit einschlägigen Bebauungsplans
Nr. 1/43 A aus dem Jahre 1972, der ein nicht weiter eingeschränktes Kerngebiet ausweist.
2.
Lösung
Da das Bauleitplanverfahren zur 64. Änderung des Flächennutzungsplans und zur Aufstellung des Bebauungsplans Nr. 1/121 nicht bis zum Ablauf der Bearbeitungsfrist für den eingereichten Bauantrag abgeschlossen sein wird, muss das Baugesuch nach § 15 Abs.1 BauGB für die Dauer von bis zu 12 Monaten zurückgestellt werden. Gemäß der Zuständigkeitsordnung der Stadt Wesseling obliegt die Entscheidung über eine
Zurückstellung dem Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz.
3. Alternativen
Ohne die Zurückstellung wäre das Vorhaben zulässig und müsste – obwohl es den mit der Bebauungsplanaufstellung Nr. 1/121 „Flach-Fengler-Straße Nord“ verfolgten Zielen der Stadtentwicklung zuwiderläuft genehmigt werden.
4. Finanzielle Auswirkungen
Es ist nicht auszuschließen, dass der Bauherr gegen den Zurückstellungsbescheid klagt. Je nach Ausgang
eines Prozesses können für die Stadt Wesseling Entschädigungskosten für die (temporäre) NichtAusübbarkeit der Wettbüronutzung entstehen.
Anlagen
Auszug aus der Liegenschaftskarte (verkleinert)
Antrag Nutzungsänderung in ein Wettbüro: Ausschnitt Grundriss EG (verkleinert)
Antrag Nutzungsänderung in ein Wettbüro: Ausschnitt Grundriss 1. OG (verkleinert)