Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
18 kB
Datum
18.12.2013
Erstellt
22.11.13, 04:05
Aktualisiert
22.11.13, 04:05
Stichworte
Inhalt der Datei
Kreis Euskirchen
Der Landrat
Z 1/A 21/2013
Datum: 21.11.2013
Verwendung von in Biogasanlagen vergorener Gülle als Dünger
Hier: Antrag der SPD-Fraktion
Die nachfolgende Beantwortung der Fragen der SPD-Fraktion im A 21/2013 wurde unter Beteiligung
der Landwirtschaftskammer Düren und der Abt. 53 – Gesundheit – erarbeitet.
1. Welche wissenschaftlichen Erkenntnisse bestehen, hinsichtlich der Frage, ob sich multiresistente Keime in Biogasanlagen vermehren oder während der Behandlung von Gülle in der Biogasanlage vernichtet werden?
Nach derzeitigem wissenschaftlichem Kenntnisstand findet eine Vermehrung von multiresistenten
Keimen in Biogasanlagen nicht statt.
Diese Stellungnahme der Abt. 53 - Gesundheit stützt sich auf ein Telefonat mit Univ.- Prof. Wolfgang
Dott, Institut für Hygiene und Umweltmedizin Universitätsklinikum der RWTH Aachen am 30. Oktober
2013 und die von Herrn Prof. Dott zur Verfügung gestellten Daten. Professor Dott ist eingebunden in
ein Verbundprojekt gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung RiSKWa (Risikomanagement von neuen Schadstoffen und Krankheitserregern im Wasserkreislauf). Das Projekt wird
gefördert mit rd. 700.000 €, verteilt auf eine Laufzeit von 2012 - 2015. In diesem Zusammenhang
wurden Belastungen von Boden, Grund-Oberflächenwasser durch Veterinärpharmaka (Antibiotika,
metallhaltige Desinfektionsmittel), potenziell pathogene Bakterien deren Antibiotika-Resistenzen und
Resistenzgene in festen und wässrigen Abfällen aus Viehmast sowie Milchwirtschaft untersucht wie
auch in Gärresten aus Biogasanlagen.
Zitat: Insgesamt wurde eine Verringerung kultivierter Bakterien im Gärresten im Vergleich zum Substrat beobachtet. Einhergehend trat eine Populationsverschiebung auf: anaerobe und/oder sporenbildende Gram-positive Bakterien wurden über den Schritt der Fermentation angereichert und traten im
Gärrest häufiger auf."
In einem Vortrag von Herrn Professor Dott am 24. September 2013 steht im Resümee:
Reduzierung der Mikroorganismen aus der Gülle um zwei Größenordnungen
Populationsverschiebung zu methanogenen Bakterien, aerobe und anaerobe Sporenbildner
Keine Anreicherung von Clostridium botulinum und Cloristidum difficile
Keine spezifische Elimination von resistenz-tragenden Mikroorganismen
Zur Frage von Clostridien in Biogasanlagen gibt es umfangreiche Untersuchungen von der Tierärztlichen Hochschule in Hannover, die aus der Diskussion um eine mögliche Vermehrung motiviert waren. Im Fazit kommt auch diese Untersuchung zu der Feststellung, dass die hygienische Qualität der
eingebrachten Materialien die hygienische Qualität des auszubringenden Materials bestimmt.
Weitere wissenschaftliche Ausführungen zu diesem Thema sind der Abteilung Gesundheit derzeit
nicht bekannt. Weitere Auswertungen erfolgen durch das Institut für Hygiene und Umweltmedizin der
RWTH Aachen.
-22. Welche Gesetze, Rechtsverordnungen oder Richtlinien sind hinsichtlich des Ausbringens von in Biogasanlagen vergorener Gülle zuständig und aktuell, und welche Vorschriften und Bestimmungen enthalten diese?
Bei der Ausbringung von Biogasgüllen sind die Düngemittelverordnung (DüngMV),
die Düngeverordnung (DüV), die Verordnung über das Inverkehrbringen und Befördern von Wirtschaftsdünger (WDüngV), die Verordnung über den Nachweis des Verbleibs von Wirtschaftsdünger
(WDüngNachwV) und bei Kofermentanlagen auch die Bioabfallverordnung (BioAbfV) zu beachten.
Durch die Düngemittelverordnung wird geregelt, welche Stoffe in welcher Menge in einem Dünger
enthalten sein dürfen. Hierbei werden die maximal zulässigen Schadstoffgehalte sowie die zulässigen
Nebenbestandteile festgelegt. Weiterhin werden die erforderlichen Deklarationspflichten bei überbetrieblicher Verwertung definiert. Zuständig ist das LANUV NRW.
Die Düngeverordnung regelt den Einsatz aller Düngemittel im Landbau. Die wichtigsten Vorschriften, die Biogasgüllen betreffen, sind:
Es dürfen maximal 170 kg N/ha und Jahr aus tierischem Ursprung im Betriebsdurchschnitt ausgebracht werden.
Die Ausbringung darf nur auf aufnahmefähigen Böden erfolgen.
Auf unbestelltem Ackerland ist Biogasgülle unverzüglich einzuarbeiten.
Während der winterlichen Vegetationsruhe (Ackerland 01.11. - 31.01., Grünland 15.11. - 31.01.)
ist die Ausbringung unzulässig (Sperrfristverschiebung möglich).
Die Ausbringung nach der Hauptfruchternte ist beschränkt auf Kulturen mit N-Bedarf im Herbst.
Anfall und Verwertung der Güllen sind in einem jährlich zu erstellenden Nährstoffvergleich zu dokumentieren.
Festgestellte Verstöße gegen die Düngeverordnung werden durch den Direktor der Landwirtschaftskammer NRW als Landesbeauftragten mit Bußgeldern und bei Betrieben, die Fördergelder erhalten,
mit Prämienkürzungen geahndet.
Die WDüngV schreibt vor, dass bei der Abgabe von Wirtschaftsdüngern an Dritte Lieferscheine zu
erstellen sind, aus denen die abgegebene Menge, die aufnehmenden Betriebe sowie die Nährstofffrachten hervorgehen. Weiterhin muss jeder Wirtschaftsdünger abgebende Betrieb dem Direktor der
Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragten einmalig mitteilen, dass er Wirtschaftsdünger an andere Betriebe abgibt.
Festgestellte Verstöße gegen die WDüngV werden mit Bußgeldern geahndet.
Die WDüngNachwV fordert, dass jedes Inverkehrbringen von Wirtschaftsdünger dem Direktor der
Landwirtschaftskammer als Landesbeauftragten zu melden ist. Biogasanlagenbetreiber sind bei der
Abgabe von Biogasgüllen an andere Betriebe verpflichtet, dem Direktor der Landwirtschaftskammer
als Landesbeauftragten mitzuteilen an welche Betriebe sie Biogasgüllen abgeben und wie groß die
Nährstofffracht ist. Die Meldungen sind via Internet in eine dafür bereitgestellte Datenbank einzugeben. Sie können als einmalige Jahresmeldung oder durch die regelmäßige elektronische Erstellung der erforderlichen Lieferscheine erledigt werden.
Festgestellte Verstöße gegen die WDüngNachV werden mit Bußgeldern geahndet.
Werden Biogasgüllen aus Kofermentanlagen verwertet, sind auch die Vorschriften der Bioabfallverordnung zu beachten. Die BioAbfV regelt abfallrechtliche Vorgaben für die landbauliche Verwertung
von behandelten pflanzlichen Reststoffen (Ausnahme Wirtschaftsdünger tierischer und pflanzlicher
Herkunft, unter anderem auch die NawaRo-Wirtschaftsdünger-Gärreste). Zu den Vorgaben zählen
unter anderem Vorschriften zur Behandlung der Abfälle, zu Schadstoffhöchstwerten und zu Hygienemaßnahmen. Zuständige Behörden für die Verordnung sind die unteren Abfallbehörden bei den Kreisen.
-33. Welche Mechanismen und behördlichen Stellen sind vorhanden, die im Rahmen der
bestehenden Gesetze, Rechtsverordnungen oder Richtlinien, eine mögliche Gesundheitsgefährdung der Bevölkerung (Anwohner; gesundheitliche labile Menschen, Konsumenten) durch die Gärprodukte prüft?
Düngerecht
Die Beantwortung dieser Fragestellung ergibt sich im wesentlichen aus den Ausführungen zur Frage
2. Im Rahmen der Ausbringung von Gärreste greifen die Mechanismen und Vorgaben des Düngerechtes, insbesondere die der Düngeverordnung, für dessen Vollzug in NRW die Landwirtschaftskammer zuständig ist.
Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe unter Federführung des Thünen-Institutes hat im Auftrag des
BMELV in der Zeit vom Mai 2011 bis 2012 die Düngeverordnung evaluiert und Vorschläge zur Weiterentwicklung erarbeitet. Die Vorschläge beziehen sich im wesentlichen auf die Düngebedarfsermittlung, die Standort- und bodenzustandsspezifischen Restriktionen, Sperrfristen, Lagerdauer und Ausbringung nach Ernte der Hauptkultur, die Ausbringungstechnik und Einarbeitung, den Nährstoffvergleich und die Ausbringungsobergrenze. Der Gesamtbericht steht im Internet zur Verfügung:
www.ti.bund.de/de/startseite/aktuelles/downdoads.html.
Darüber hinaus bestehen noch wesentlich weitergehende Forderungen der EU-Kommission zur Anpassung der Düngeverordnung.
Die Bundesregierung wir die Vorschläge in ihre Arbeiten zur Novellierung der Düngeverordnung einbeziehen.
Gesundheit
Beim Vorliegen gehäufter Krankheitsbilder im ursächlichen Zusammenhang mit landwirtschaftlichen
Düngemaßnahmen ist im Kreis Euskirchen die Abt. 53 - Gesundheit in Abstimmung mit der Landwirtschaftskammer, Aussenstelle Düren, der zuständigen Ansprechpartner. Derartige Erkenntnisse liegen
im Kreis Euskirchen bislang noch nicht vor. Aus Sicht der Abt. 53 - Gesundheit ist ein relevanter
Übertragungsweg durch ausgebrachte Gülle oder Gärresten mit den dort vorhandenen Mikroorganismen auf Ackerböden auf Menschen nicht vorhanden.
Genehmigung von Biogasanlagen
Biogasanlagen unterliegen entweder der Genehmigungspflicht nach dem BundesImmissionsschutzgesetz oder bedürfen einer Baugenehmigung. Welche dieser Vorgaben greift, hängt
im Wesentlichen von der Herkunft, Menge und Art der Substrate ab, die in der Biogasanlage fermentiert werden sollen. Das gilt grundsätzlich auch für die Änderung einer genehmigten Betriebsweise.
Die Verwendung des Gärrestes ist nicht Gegenstand des jeweiligen Genehmigungsverfahrens.
gez. i. V. Poth