Daten
Kommune
Merzenich
Größe
99 kB
Datum
17.12.2015
Erstellt
18.12.15, 09:44
Aktualisiert
18.12.15, 09:44
Stichworte
Inhalt der Datei
26. Sitzung AK Informationstechnologie
beim Städte- und Gemeindebund NRW
05.11.2015
Öffentliches WLAN - Fakten und Optionen
erstellt von HRef. M. Lehrer
Für den Aufbau eines öffentlichen WLAN-Netzes in einer Kommune gibt es mehrere
Modelle. Diese unterscheiden sich in den Kosten, dem Betreibermodell, der technischen
Infrastruktur sowie dem Grad des kommunalen Engagements. Ziel ist in jedem Fall die
Versorgung von innerörtlichen Bereichen oder Gebäuden mit hohem
Besucher/innenaufkommen (innen und davor) mit schnellem drahtlosem Internetzugang
über Mobilgeräte.
Begriffsklärung: Meist ist pauschal von „freiem WLAN“ die Rede. Dabei werden jedoch
unterschiedliche Dinge durcheinandergebracht:
-
frei von Kosten
frei von Anmelde- und Einwahlprozeduren
frei von Nutzungsbegrenzungen (Zeit / Datenvolumen / Personenkreis)
frei von Werbung
frei von Verschlüsselung
Im Folgenden wird unter „freies WLAN“ lediglich „für den Benutzer/die Benutzerin
kostenfreies WLAN“ verstanden. Denn in allen anderen Parametern unterscheiden sich die
WLAN-Konzepte, die für Kommunen gleichberechtigt infrage kommen.
Grundlegende Modelle öffentlicher WLAN-Versorgung
1) Kommune als alleiniger Betreiber
Technischer Aufbau: Sämtliche Komponenten - WLAN-Router, ggf. Signalverstärker,
Internetzugang, Internetfilterdienste - werden von der Kommune bereitgestellt und
installiert.
Vorteile:
Einheitliche Netzqualität mit hoher Leistungsfähigkeit
Möglichkeit des Sperrens unerwünschter Internetseiten oder -portale im
Sinne des Jugendschutzes
positives Argument im Standortmarketing
keine kommerzielle Werbung begleitend zur WLAN-Nutzung
Die Kommune kann mit ihrer Initiative zum WLAN-Ausbau werben (positives
Marketing-Merkmal) und konkret im Stadtbild auf das WLAN-Angebot
hinweisen (Schild => „Hotspot“)
Nachteile:
Anmeldeprozedur nötig, um sog. Störerhaftung zu vermeiden / könnte sich
ändern durch Novellierung Telemediengesetz
Mangels Verschlüsselung leichter (Hack)-Zugriff eines im WLAN
angemeldeten Mobilgeräts auf ein anderes, Problem aber durch hohen
technischen Aufwand lösbar
2
Kosten für Geräte (einmalig Kauf u. Installation) sowie laufenden Betrieb
(Strom u. Internetzugang)
2) Externe Betreiber mit kommunaler Beteiligung
Technischer Aufbau:
Die Kommune und ein örtliches TK-Unternehmen (ggf. kommunale
Tochtergesellschaft oder Ges. mit kommunaler Beteiligung) oder eine örtliche
Initiative (Interessengemeinschaft Innenstadt, Verein Wirtschaftsförderung, Verein
oder Gesellschaft Tourismus/Marketing etc.) bauen gemeinsam eine Infrastruktur
aus WLAN-Routern, ggf. Signalverstärkern und Internetzugängen auf. Dabei können
vorhandene Bausteine (Internetzugang Rathaus / Bibliothek) integriert werden
Vorteile:
vorhandene Komponenten können weiter genutzt werden
die Kosten verteilen sich auf mehrere Partner
eine überschaubare Anzahl von Partnern ermöglicht einheitliche Qualitätsund Sicherheitsstandards
Möglichkeit des Sperrens unerwünschter Internetseiten oder -portale im
Sinne des Jugendschutzes
Die Kommune kann mit ihrer Beteiligung am WLAN-Ausbau werben
(positives Marketing-Merkmal) und konkret im Stadtbild auf das WLANAngebot hinweisen (Schild => „Hotspot“)
Nachteile:
Kostenanteil der Kommune je nach Breite des Engagements
Anmeldeprozedur nötig wegen Störerhaftung / könnte sich ändern durch
Novellierung Telemediengesetz
3) kommerzieller Betreiber
Technischer Aufbau: Sämtliche Komponenten - WLAN-Router, ggf. Signalverstärker,
Internetzugang - werden vom Betreiber installiert.
Vorteile: Einheitliche Netzqualität mit hoher Leistungsfähigkeit
Nachteile:
Anmeldeprozedur nötig wegen Abrechnung
Die Nutzung ist kostenpflichtig. Nutzende müssen entweder direkt beim
Einbuchen bezahlen (Paypal, Kreditkarte etc.) oder müssen bereits eine
Nutzungsberechtigung besitzen (InhaberInnen eines TelekomMobilfunkvertrags - z.B. in ICE-Zügen der Bahn)
Die Kommune ist dabei außen vor. Sie kann das Vorhandensein eines
innerörtlichen WLAN nicht als positives Argument im Standortmarketing
verwenden
4) Freifunk mit kommunaler Beteiligung
Technischer Aufbau:
3
Bei Freifunk handelt es sich um die Vernetzung privater WLAN-Installationen sowohl
auf der Funkebene als auch über das Internet. Dabei entsteht eine egalitäre
Kommunikationsstruktur, die innerhalb regionaler Grenzen einen
Informationsaustausch ohne Internet erlaubt.
Der Grundgedanke ist egalitär-idealistisch. Zu den Prinzipien des Freifunks gehören
Gebührenfreiheit für die Nutzenden, freier Zugang für alle ohne Anmeldeprozedur
sowie Freiheit von Beschränkungen des Internetzugangs (Seiten/Portale sperren).
Zur Integration in ein Freifunknetz (mesh) muss einem vorhandenen WLAN-Router
(privat/kommunal) ein zweiter Router vorgeschaltet werden, der mit der speziellen
Freifunk-Software ausgestattet ist. Dieser Router kann Funksignale vom
öffentlichen Raum empfangen und speist diese über den privaten WLAN-Router in
das Internet ein. Allerdings wird hierzu ein verschlüsselter sog. VPN-Tunnel erzeugt,
der die Internet-Daten über ein Netzwerk regionaler Vermittlungsknoten
(Supernodes) an einen Backbone-Server weiterleitet. Erst dort geschieht die
Einspeisung in das weltweite Internet.
Der private/kommunale Router und der Freifunk-Router nutzen somit die Kapazität
des Internetzugangs gemeinsam. Das maximale Volumen des FreifunkDatenverkehrs kann der Betreibende des privaten Routers selbst festlegen. So ist
sichergestellt, dass er oder sie in jedem Fall auch privat Internetabfragen tätigen
kann.
Die Anbindung der einzelnen Routerpaare (Freifunk und privat) mittels VPN an die
regionalen Supernodes und den dahinter liegenden Backbone ist technisch nötig,
damit allen WLAN-Routern eines örtlichen Freifunk-Netzwerks und den dort
angemeldeten Mobilgeräten dieselbe IP-Adresse zugewiesen werden kann. Dies ist
unter anderem Voraussetzung für die Möglichkeit, dass Freifunk-Nutzende sich auf
der Straße aus einem WLAN-Funknetz in das benachbarte Funknetz bewegen
können und dabei automatisch abgemeldet respektive angemeldet werden (sog.
Roaming).
Die Infrastruktur aus Supernodes und Backbone wird vom bundesweit tätigen
Verein Freifunk Rheinland aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden finanziert. Durch
den Betrieb des Backbones als Datenübergabepunkt ins Internet hat der Verein
Freifunk Rheinland e.V. Providerstatus erlangt. Er ist somit von der Störerhaftung
befreit und muss den Datenverkehr, der über die Freifunk-WLAN-Router abgewickelt
wird, nicht protokollieren. Daher ist auch nicht nachzuhalten, wann über welchen
Freifunk-Router - und den gekoppelten kommunalen Router - ggf. problematische
Daten abgerufen worden sind.
Wenn der Datenverkehr der Mobilgeräte, die an einem einzelnen Freifunk-Router
angemeldet sind, dessen Kapazität überschreitet, können Kommunikationsanfragen
an benachbarte Freifunk-WLAN-Router weitergereicht werden. Auf diese Weise
werden punktuelle Lastspitzen gleichmäßig im Freifunknetz verteilt.
Vorteile:
geringe einmalige Kosten für Freifunk-Router mit Software / keine
Mitgliedschaft im Verein Freifunk Rheinland e.V. nötig
Option auf ein - ohne kommunale Aktivitäten - wachsendes WLAN-Netz
Störerhaftung wird von Freifunk abgedeckt - wegen Providerstatus fällt diese
nicht an
Nachteile:
keine Möglichkeit des Sperrens unerwünschter Internetseiten oder -portale
4
im Sinne des Jugendschutzes
Mangels Verschlüsselung leichter (Hack)-Zugriff eines im WLAN
angemeldeten Mobilgeräts auf ein anderes
Minimales Restrisiko bezüglich der Störerhaftung (unklare Rechtslage)
Risiko desRückzugs von Freifunk bei ungünstiger rechtlicher Entwicklung in
Sachen
- Vorratsdatenspeicherung
- Reform Telemediengesetz: mögl. Anforderung einer Vorschaltseite zum
Anmelden an einem WLAN-Netz - ggf zu lösen durch „Jux-Anmeldung“ der
Art >Name des Netzes< ‚Ich mache keinen Unsinn!‘ und >Passwort<
‚einverstanden‘
In manchen Kommunen gibt es bereits ein kommerzielles öffentliches WLAN-Netz. Dann
stellt sich in der Tat die Frage, ob die Kommune daneben ein kostenfreies WLAN-Netz
aufbauen sollte gemäß den drei oben beschriebenen Modellen. Möglicherweise ist aber der
kommerzielle Betreiber zu einer Kooperation mit der Kommune bereit, wenn er dies zur
Imageförderung nutzen kann oder ihm dadurch an anderer Stelle neue Geschäftsfelder
eröffnet werden.
Vereinzelt mögen Bedenken aufkommen, ob es einer Kommune
gemeindewirtschaftsrechtlich erlaubt ist, die Dienstleistung „Internetzugang per WLAN“
anzubieten, wenn kommerzielle Unternehmen dies bereits tun. Dabei sollte man zwei
Dinge berücksichtigen:
-
-
Es gibt starke Argumente, die Ausstattung zentraler innerörtlicher Punkte mit
WLAN-Internetzugang als Teil kommunaler Daseinsvorsorge anzusehen. Denn
Internetnutzung - auch mit Mobilgeräten - gehört heute zur Lebenswirklichkeit
praktisch aller Bevölkerungsschichten
Ein kommunales öffentliches WLAN ist durchgängig kostenfrei und tritt daher nicht
in Konkurrenz zu kommerziellen kostenpflichtigen Angeboten. Diese sind unter
Umständen leistungsfähiger (höherer Datendurchsatz, stabilere Verbindung),
wodurch sich die Gebühren rechtfertigen.
Als Quintessenz ergibt sich, dass öffentliches WLAN unter den aktuellen technischen,
wirtschaftlichen und rechtlichen Bedingungen mit überschaubarem Aufwand machbar ist
sowie für Tourismus, Stadtmarketing und örtliche Wirtschaft einen deutlichen Gewinn
verspricht.
Welches Modell für die einzelne Kommune am besten geeignet ist, muss anhand der
individuellen Gegebenheiten vor Ort entschieden werden. Der StGB NRW gibt dazu explizit
keine Empfehlung - weder in positiver noch in negativer Hinsicht.