Daten
Kommune
Bedburg
Größe
134 kB
Datum
04.04.2017
Erstellt
21.03.17, 18:01
Aktualisiert
13.11.17, 18:02
Stichworte
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Drucksache: WP9-4/2017
Fachdienst 3 - Ordnung und Soziales
Sitzungsteil
Az.: 50
öffentlich
Beratungsfolge:
Familien-, Kultur- und Sozialausschuss
Sitzungstermin:
04.04.2017
Abstimmungsergebnis:
Zur Kenntnis genommen
Betreff:
Umsetzung der Wohnsitzauflage für anerkannte Flüchtlinge und Inhaberinnen und
Inhaber bestimmter humanitärer Aufenthaltstitel nach dem Aufenthaltsgesetz
Beschlussvorschlag:
Der Familien-, Kultur- und Sozialausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur
Kenntnis.
STADT BEDBURG
Sitzungsvorlage
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Inhalt der Mitteilung:
Ein Bestandteil des Integrationsgesetzes vom 31.07.2016 ist die Wohnsitzregelung in § 12a des
Aufenthaltsgesetzes (AufenthG). Sie begründet eine Verpflichtung zur Wohnsitznahme im Land
der Erstzuweisung im Asylverfahren bzw. im Aufnahmeverfahren nach den §§ 22, 23 oder 25 Abs.
1 – 3 AufenthG.
Wesentlicher Zweck einer Wohnsitzregelung ist es, den Integrationsprozess anerkannter
Schutzberechtigter unter Berücksichtigung der individuellen Integrationsfähigkeit zu erleichtern,
integrationshemmenden sozialräumlichen Konzentrationen entgegenzuwirken und den für den
Integrationsprozess verantwortlichen Einrichtungen und Institutionen auf kommunaler Ebene
Planungssicherheit zu gewährleisten.
Die Zuweisung des Wohnsitzes wird landesweit für jede Kommune individuell vorgenommen und
erfolgt damit `gemeindescharf´. Sie wird zentral über einen Integrationsschlüssel gesteuert.
Hierdurch sollen die innerhalb Nordrhein-Westfalens regional unterschiedlich verteilten und
ausgelasteten Integrationsangebote und –ressourcen besser als bislang ´genutzt werden.
Rechtliche Grundlage
Um die Integrationshindernisse (z. B. die sog. Ghettoisierung) zu vermeiden, wurde durch das seit
dem 06.08.2016 geltende Integrationsgesetz sowie die am 29.11.2016 in Kraft getretene
Ausländer-Wohnsitzregelungs-verordnung des Landes Nordrhein-Westfalen (AWoV) geregelt,
dass Flüchtlinge mit einem Bleiberecht in Deutschland ihren Wohnsitz für die Dauer von drei
Jahren dort zu nehmen hat, wo die Wahrscheinlichkeit groß ist, dass Integration gelingt. Die
Wohnsitzauflage ist ein Instrument der nachhaltigen Förderung der Integration. Die anerkannten
Schutzberechtigten bleiben für maximal drei Jahre an einem Ort, können sich dadurch in die
Lebensverhältnisse einleben, Kontakte und Freundschaften knüpfen und ihren Integrationsprozess
kontinuierlich und ohne Brüche gestalten. Zudem wird durch die Wohnsitzauflage den für den
Integrationsprozess verantwortlichen Einrichtungen und Institutionen in den Kommunen mehr
Planungssicherheit für integrationspolitische Maßnahmen ermöglicht.
Die Bezirksregierung Arnsberg ist mit Inkrafttreten der AWoV für die kommunale Zuweisung
anerkannter Flüchtlinge gem. § 12a Aufenthaltsgesetz (AufenthG) in NRW zuständig.
Zuweisungsverfahren
Die Menschen, die bereits vom BAMF als Asylsuchende anerkannt worden sind, werden künftig
unmittelbar nach § 12a AufenthG und damit nach dem neuen Integrationsschlüssel direkt aus den
Landeseinrichtungen in die Kommunen zugewiesen. Asylsuchende, die während des Aufenthaltes
in den Landeseinrichtungen einen ablehnenden Bescheid erhalten, sollen – sofern vor Ablauf von
sechs Monaten eine realistische Perspektive für eine Rückführung besteht – aus den
Landeseinrichtungen zurückgeführt werden.
Alle Menschen, bei denen die Prüfung des Asylgesuchs mehr Zeit in Anspruch nimmt, werden
weiterhin gem. § 50 AsylG in Verbindung mit § 3 FlüAG NRW auf die Kommunen verteilt. Sobald
die Asylsuchenden vom BAMF anerkannt werden, erhalten sie in der Regel für die Kommunen,
der sie bereits nach § 50 AsylG zugewiesen wurden, eine Wohnsitzzuweisung. Es erfolgt eine
Anrechnung auf die Aufnahmequote der Kommune im Verteilsystem gem. § 12a AufenthG.
Vor einer Zuweisung erhalten die betroffenen Personen die Gelegenheit zur Stellungnahme
(Anhörung nach § 28 Verwaltungsverfahrensgesetzt NRW), um mögliche Aspekte, die eine
Wohnsitzauflage entfallen lassen wie z. B. Ausbildungs-, Beschäftigungs- oder
Studienverhältnisse, darzulegen. Ebenfalls können im Rahmen der Anhörung Umstände
angegeben werden, die eine Zuweisung in eine bestimmte Kommune erfordern.
Sofern eine anerkannte Person erst nach der Zuweisung gem. § 12a AufenthG Gründe vorträgt,
die eine Individualzuweisung in eine bestimmte Kommune rechtfertigen oder die Freizügigkeit bei
der Wohnsitzwahl erlauben, kann die Aufhebung der bestehenden Wohnsitzzuweisung jederzeit
bei der Bezirksregierung Arnsberg beantragt werden.
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Sitzungsvorlage
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Unterschiede zum bisherigen Zuweisungsverfahren nach § 50 Asylgesetz
Die Zuweisung nach § 12a AufenthG unterscheidet sich im Wesentlichen von der Zuweisung nach
§ 50 AsylG durch das Anhörungserfordernis sowie durch die Kopplung an den positiven BAMFBescheid.
Neben dem Erfordernis der Anhörung erfolgt im Gegensatz zum Zuweisungsverfahren nach § 50
AsylG keine Anrechnung von Aufnahmeeinrichtungen des Landes.
Verfahren zur Wohnsitzauflage
Verfahren nach FlüAG
Asylbewerber
positiver BAMF-Bescheid
Zuweisung nach § 12a AufenthG
längere Verfahrensdauer
Zuweisung nach § 50 AsylG
Integrationsschlüssel
Der Integrationsschlüssel setzt auf dem allgemeinen Verteilungsschlüssel des Gesetzes über die
Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge (Flüchtlingsaufnahmegesetz – FlüAG) auf.
Dieser enthält mit der Bevölkerungszahl und der Fläche die für eine Verteilung wesentlichen und
auch für eine Integration relevanten Grundparameter. Der Schlüssel ist um weitere spezifisch
integrationsrelevante Parameter ergänzt, die einerseits die Möglichkeit zur Versorgung mit
angemessenem Wohnraum und die Situation auf dem Ausbildungs- und Arbeitsmarkt abbilden.
Darüber hinaus wird in dem Integrationsschlüssel berücksichtigt, ob die bestehenden
Integrationsstrukturen bestimmter Gemeinden bereits stärker in Anspruch genommen sind durch
den zeitlich und regional konzentrierten Zuzug von Personen aus EU-Mitgliedsstaaten, für die seit
2004 die Arbeitsnehmerfreizügigkeit schrittweise eingeführt worden ist. Hierbei handelt es sich um
Bulgarien, Estland, Kroatien, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, Tschechische Republik,
Slowakei, Slowenien und Ungarn.
Ein ebenfalls integrationsrelevantes Kriterium ist die Versorgung mit angemessenem Wohnraum.
Die Berücksichtigung im Integrationsschlüssel erfolgt in der Art und Weise, dass die 22
Kommunen, die in der Mietpreisbegrenzungsverordnung mit einer besonders angespannten Lage
auf dem Wohnungsmarkt identifiziert worden sind, zusätzlich um 10% bei der Zuweisung entlastet
werden.
Integrationsschlüssel =
Einwohneranteil der Gemeinden an der Gesamtbevölkerung des Landes mit einem Anteil
von 80%,
Flächenanteil der Gemeinde an der Gesamtfläche des Landes mit einem Anteil von 10%
und
Anteil der als arbeitslos gemeldeten erwerbsfähigen Personen an der Bevölkerung der
Gemeinden mit einem Anteil von 10%
Die Belastung durch die Wohnsitzauflage wird für einige Kommunen verringert, wenn
sie von § 1 der Mietpreisbegrenzungsverordnung des Landes erfasst,
einen mindestens über 50% über dem Landesdurchschnitt liegenden Anteil von Personen
aus im wesentlichen osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten haben und die Leistungen nach
dem SGB II erhalten.
Diese Entlastungsmöglichkeiten treffen auf Bedburg nicht zu, auch wenn auf den Rhein-Erft-Kreis
als Ganzes die Kriterien hinsichtlich des Zuzugs aus den osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten
zutreffend sind.
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Sitzungsvorlage
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Die Erfüllungsquote wird berechnet, indem die Anzahl der Asylberechtigten, die bereits in einer
Kommune wohnen, in Relation zu der Anzahl der Asylberechtigten gesetzt wird, die eine
Kommune nach dem Integrationsschlüssel insgesamt aufnehmen muss. Die Anzahl der
Asylberechtigten, zu deren Aufnahme eine Kommune aktuell verpflichtet ist, ergibt sich aus der
Summe aller aktuellen Bestandszahlen der Kommunen in NRW, die mit dem Wert des
Integrationsschlüssels der jeweiligen Kommune multipliziert wird. Berücksichtigt wird ebenfalls die
aktuelle Bestandzahl der jeweiligen Kommune. Landeseinrichtungen zur Unterbringung von
Flüchtlingen werden hingegen nicht mehr angerechnet.
Zuweisungen aufgrund von Zielvereinbarungen
Die Verteilung anhand des Verteilschlüssels soll in einem ersten Schritt ähnlich dem
Zuweisungsverfahren nach § 50 AsylG im Wege von sich bereits bewährten Zielvereinbarungen
mit den Kommunen erfolgen. Danach werden orientiert an der jeweiligen Aufnahmeverpflichtung
der Kommune Vereinbarungen über die Höhe der Zuweisungen zu einem bestimmten Zeitraum
getroffen.
Um die Aufnahmekapazitäten der Kommunen nicht zu überfordern, ist beabsichtigt, nur mit
solchen Kommunen Zielvereinbarungen zu treffen, die derzeit keine Zuweisungen nach § 50
AsylG erhalten.
Beide Zuweisungsverfahren, die grundsätzlich parallel laufen und jeweils für sich
unterschiedlichen rechtlichen Regeln folgen, werden insoweit mit Blick auf die Kommunen
miteinander koordiniert.
Genauso wie beim Zuweisungsverfahren nach § 50 AsylG erfolgen die Zuweisungen mit einem
Vorlauf von 5 Werktagen. Hierdurch erhalten die Kommunen die Möglichkeit, entsprechende
Vorbereitungen für die Aufnahme der Menschen vorzunehmen. Wünsche zu bestimmten
persönlichen Merkmalen können - wie bisher auch - nicht berücksichtigt werden.
Im Dezember 2016 hat die Bezirksregierung Arnsberg als die zentral für die Zuweisung nach der
AWoV zuständigen Stelle eine Informationsveranstaltung in Zusammenarbeit mit dem Ministerium
für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen (MIK) und der Bezirksregierung
Köln durchgeführt. Zu diesem Zeitpunkt wurde ein Integrationsschlüssel von 0,153389273719 für
Bedburg veröffentlicht.
Die derzeitige vorläufige Erfüllungsquote – der Bezirksregierung Arnsberg fehlen noch die
Meldungen von zwei Kreisen – beträgt 58,13%, was einer Aufnahmeverpflichtung von 52
Personen auf Basis der Bestandserhebung zum 01.01.2017 entspricht.
Auch wenn der Hintergrund der Wohnsitzauflage – bessere Integration – seitens der Kommunen
positiv bewertet wird, stellt das Verfahren die Kommunen jedoch vor erhebliche Probleme.
Hinsichtlich der Zahlen der aktuell in Bedburg lebenden Flüchtlinge verweise ich auf die Vorlage
WP9-31/2017.
Der überwiegende Teil der Bedburg aufgrund des § 12a AufenthG zugewiesenen Personen,
haben bereits in Bedburg in Flüchtlingsunterkünften gelebt. Da derzeit keine Zuweisungen nach §
50 FlüAG erfolgen und auch der Wohnungsmarkt in Bedburg so gut wie keinen angemessenen
Wohnraum für kleinere Einzelpersonen oder Paare anbietet, verbleiben die Flüchtlinge in den
Unterkünften.
Dies ist jedoch nach Auskunft des MIK und der Bezirksregierung Arnsberg ausdrücklich nicht
gewünscht und soll nur in Ausnahmefällen erfolgen.
Diese Situation stellt sich in der überwiegenden Zahl der Kommunen, die durch die
Wohnsitzauflage mehr anerkannte Personen aufnehmen müssen, ähnlich dar. Nach § 3 ist die
Kommune zur Aufnahme der im Rahmen von § 12a AufenthG zugewiesenen Personen
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verpflichtet. Die Verpflichtung zur Aufnahme umfasst auch die Verpflichtung, im Rahmen der
allgemeinen Daseinsvorsorge ggf. Maßnahmen zur Vermeidung von Obdachlosigkeit zu treffen.
Wenn sich für die anerkannten zugewiesenen Personen keine Möglichkeiten auf dem freien
Wohnungsmarkt ergeben, ist ihnen daher zur Vermeidung der Obdachlosigkeit eine
Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft anzubieten. Hierzu wäre eine Einweisung
vorzunehmen.
Davon rät jedoch das Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes NordrheinWestfalen (MAIS) ab – dies entspreche nicht dem Gedanken der besseren Integration. Die
Vertreter des MAIS regten auf der Informationsveranstaltung an, in jedem Fall auch bei der
Unterbringung in einer Obdachlosenunterkunft, einen Mietvertrag abzuschließen.
Weiterhin weist das MAIS darauf hin, dass die einer Wohnsitzauflage unterliegenden Personen
auch unangemessenen Wohnraum anmieten könnten, der gerichtlich anerkannt werden würde,
wenn tatsächlich kein angemessener Wohnraum zur Verfügung steht. Eine schriftliche Zusage
wollte man trotz mehrfacher Nachfrage bei der Informationsveranstaltung nicht geben.
Mögliche Auswirkungen im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel:
Finanzielle Auswirkungen:
Nein
Ja
Bei gesamthaushaltsrechtlicher Relevanz im laufenden oder in späteren Haushaltsjahren
Mitzeichnung oder Stellungnahme des Kämmerers:
----------------------------------Gömpel
stellv. Fachdienstleiterin
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----------------------------------Claßen
----------------------------------Solbach
Fachdienstleiterin
Bürgermeister
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