Daten
Kommune
Merzenich
Größe
1,8 MB
Datum
13.05.2015
Erstellt
20.04.15, 18:10
Aktualisiert
20.04.15, 18:10
Stichworte
Inhalt der Datei
KREIS
DÜREN
Projekt
Potenziale von Flüchtlingen erkennen und nutzen
Arbeitsvermittlung für Asylbewerber und Flüchtlinge im Kreis Düren
Situationsanalyse
Im Kreis Düren befanden sich am 31.12.2014 nach Ausländerzentralregister 530 Ausländer zwischen 18 und 55 Jahren in einem laufenden Asylverfahren. Hinzu kommen im gleichen Alter noch 354 Menschen mit einer Duldung, das heißt das Asylverfahren ist zwar
beendet, sie wurden aber aus verschiedenen Gründen trotzdem nicht abgeschoben. Duldungen sind zwar kein regulärer Aufenthaltstitel, nicht selten leben die Menschen aber
viele Jahre in dieser rechtlich sehr unsicheren Situation. Eine Arbeitsstelle kann dazu bei
tragen, den Aufenthalt in Deutschland endlich zu verfestigen.
Betrachtet man die Statistik etwas genauer, ist dieser Personenkreis sehr jung, denn von
den oben genannten Asylbewerbern sind 419, das heißt, fast 80% im Alter zwischen 18
und 35 Jahren. Bei den geduldeten Flüchtlingen sind mit 212 Personen noch immer 60%
im Alter zwischen 18 und 35 Jahren.
Zwar ist zu berücksichtigen, dass einige Personen bereits einer Arbeit nachgehen oder
einem Arbeitsverbot aus ausländerrechtlichen Gründen unterliegen, es bleibt aber ein beträchtliches Potential von bisher nicht genutzten Ressourcen für den Arbeitsmarkt im Kreis
Düren bestehen. Angesichts steigender Asylbewerberzahlen auch im Jahr 2015 ist davon
auszugehen, dass die o.g. Zahlen ebenfalls steigende Tendenz aufweisen.
Rechtliche Situation
Die rechtliche Situation in Bezug auf die Arbeitsaufnahme beider Personengruppen differiert. Nur noch in den ersten drei Monaten Aufenthalt in Deutschland besteht ein Arbeitsverbot. Diejenigen, die mehr als drei Monate und weniger 15 Monate in Deutschland leben, haben eingeschränkten Zugang zum Arbeitsmarkt, das heißt, die Agentur für Arbeit
überprüft, ob ein Arbeitsplatz mit einem Deutschen, einem EU-Ausländer oder einem Ausländer mit gesichertem Aufenthaltsstatus besetzt werden kann.
Weitere rechtliche Einschränkungen sind folgende:
• Einschränkung der freien Wohnungswahl, sie müssen in der Kommune wohnen der
sie zugewiesen wurden, solange sie ihren Lebensunterhalt nicht vollständig selbst
verdienen können.
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• Sozialrechtlich unterliegen Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge dem Asylbewerberleistungsgesetz mit der Konsequenz, dass die monetären Leistungen im ersten Aufenthaltsjahr unterhalb der Sätze des SGB XII liegen. Ab dem 13. Aufenthaltsmonat dem SGB XII angeglichen sind, aber von der Kommune gezahlt werden.
• Medizinische Leistungen sind auf das unabwendbar Notwendige reduziert, die Kosten hierfür liegen bei den aufnehmenden Kommunen.
• Die Teilnahme an einem Integrationskurs ist nicht möglich, bzw. nur wenn die Asylbewerber/innen selbst die Kosten tragen.
• Die Teilnahme an Arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen ist ebenfalls nicht vorgesehen, so dass es hierfür keinen Kostenträger gibt.
Die Agentur für Arbeit ist grundsätzlich für diese Personengruppe mit zuständig. Da Asylbewerber und geduldete Flüchtlinge aber keine Leistungsbezieher sind, werden in der Regel keine aktiven arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen finanziert. Eine Unterstützung bei
der Suche nach einem Arbeitsplatz wird von der BA nur in dem Umfang gewährt, wie sie
auch anderen Arbeitssuchenden zu steht. Das heißt, den besonderen Vermittlungshemmnissen von Asylbewerbern (geringere Deutschkenntnisse, befristete Aufenthaltsgenehmigungen, geringe Kenntnisse über Struktur von Arbeitsmarkt und Stellenprofilen, teilweise
Langzeitarbeitslosigkeit etc.) wird durch die BA nicht durch eigene Maßnahmen Rechnung
getragen. Beispielsweise werden weder das Anerkennungsverfahren der ausländischen
Bildungsabschlüsse finanziert noch eine Anpassungsqualifikation oder ein Deutschkurs.
Soziale Situation
In Bezug auf Bildungsstand, Herkunftsland und familiäre Situation ist die Gruppe der Asylbewerber/innen und geduldeten Flüchtlinge sehr heterogen. Die Erfahrungen der letzten
Jahrzehnte haben aber gezeigt, dass Menschen, die es geschafft haben, auf ihrem Weg
nach Deutschland sehr viele Hindernisse und Grenzen zu überwinden, häufig besonders
leistungsbereit und flexibel sind. Darüber hinaus entstammen viele Flüchtlinge eher der
gebildeteren Mittelschicht des Herkunftslandes und bringen daher auch erhebliche Bildungspotentiale mit.
Die Lebenssituation in sehr beengten Übergangswohnheimen, oftmals in abgelegenen
Randlagen der Kommunen, die kaum überwindbaren Hürden für eine Arbeitsaufnahme,
mangelnde Unterstützung und Orientierungslosigkeit in einem fremden Land führen häufig
dazu, dass die mitgebrachten Potentiale in Deutschland nicht erkannt werden und nicht in
die Gesellschaft eingebracht werden können. In Jahren der Untätigkeit gehen die mitgebrachten Potentiale verloren. Frustration, Depression und Krankheit sind häufig die Folge.
An diesem Problem möchte der Kreis Düren ansetzen.
Vorhandene Ressourcen
Im Kreis Düren besteht ein sehr gut eingespieltes Netzwerk von Migrationsfachdiensten,
Behörden, Einrichtungen der Erwachsenenbildung und arbeitsmarktpolitischen Akteuren,
die bereit sind, im Rahmen ihrer Zuständigkeit und mit den vorhandenen Ressourcen mit
dem Projekt zu kooperieren.
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In jeder Kreisangehörigen Kommune sind Sachbearbeiter/innen im Bereich
Asyl/Flüchtlinge tätig, die neben den Pflichtaufgaben, Unterbringung und Leistungsgewährung oftmals auch als soziale Ansprechpartner/innen zur Verfügung stehen. Einige Kommunen haben sogar Sozialarbeiter/innen für die soziale Betreuung eingestellt. Auch sie
sind potentielle Projektpartner, insbesondere in Bezug auf die persönliche Ansprache geeigneter Teilnehmer/innen.
Ziele
Durch gezielte Ermittlung der mitgebrachten Potentiale, durch Beratung, Qualifizierung
und Vermittlung sollen die Teilhabemöglichkeiten vom Asylbewerbern und Flüchtlingen
frühzeitig erhöht werden, damit die mitgebrachten Qualifikationen nicht verloren gehen.
Damit soll dem Teufelskreis von Arbeitslosigkeit, Armut, Frustration und Dequalifikation
entgegen getreten werden.
Das Projekt soll die Teilhabechancen für Asylbewerber von Anfang an erhöhen und so
einen Beitrag zu mehr Chancengerechtigkeit leisten.
Die Kosten der Kommunen aufgrund des Asylbewerberleistungsgesetzes sollen gesenkt
und der gesellschaftliche Nutzen durch die Neuzuwanderung von Flüchtlingen so schnell
wie möglich realisiert werden.
Maßnahmen
• Aufbau einer Beratungsstruktur, die sich auf die Arbeitsvermittlung von Asylbewerbern und geduldeten Flüchtlingen spezialisiert,
• Einrichtung von Bildungsmaßnahmen, insbesondere Deutschkursen,
• Beratung und Einleitung von Maßnahmen zur Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse,
• Vermittlung von Praktikumstellen und Freiwilligenarbeit,
• Finanzierung von Anpassungsqualifikationen bzw. arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen,
• Vermittlung in Arbeit,
• Vernetzung mit vorhandenen Akteuren und Nutzung vorhandener Ressourcen für
die Zielgruppe der Asylbewerber und Flüchtlinge.
Umsetzung
• Beauftragung eines geeigneten Arbeitsmarktpolitischen Trägers für die Projektumsetzung,
• Einrichtung einer Stelle, die in Anlehnung an die Erfahrungen der Jobcenter im
Rahmen eines Fallmanagements, Kompetenzprofile erstellt, Orientierungsberatung
durchführt und individuelle Eingliederungspläne vereinbart,
• Aufbau eines unterstützenden Netzwerkes mit den Migrationsfachdiensten, Einrichtungen der Erwachsenenbildung und der anderen arbeitsmarktpolitischen Träger
um die soziale Begleitung und ganzheitliche Unterstützung zu gewährleisten,
• Unterstützung bei Bewerbungen und bei der Selbstpräsentation,
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• Erschließung der vorhandenen Ressourcen für Qualifizierung und soziale Beratung
bei Bedarf,
• Öffentlichkeitsarbeit, Kontaktaufnahme mit potentiellen Arbeitgebern,
• Vermittlung in Arbeit Dabei ist es auch möglich, dass der Träger des Projektes
selbst Teilnehmer einstellt und mit ihnen Arbeiten in öffentlichem Auftrag und entsprechend den Wettbewerbsbedingungen durchführt,
• Begleitung während der Einarbeitungsphase nach Vermittlung in den Arbeitsmarkt.
Ressourceneinsatz
Obwohl die Arbeitsvermittlung eine bundespolitische Aufgabe ist, stehen bis heute keine
Mittel für einen derartigen Projektansatz zur Verfügung. Gleichzeitig werden die Kommunen durch den verstärkten Zuzug von Asylbewerbern in ihren finanziellen Spielräumen
immer weiter eingeschränkt. Auch die Folgekosten durch Krankheit, Langzeitarbeitslosigkeit etc. müssen überwiegend von den Kommunen getragen werden. Daher ist es eine
Frage der Selbsthilfe, mit kommunalen Mitteln und Sponsoren hier Abhilfe zu schaffen.
Kalkulation
25.000 € Projektkoordinator (Netzwerkaufbau und -koordination, Ansprache von
Betrieben etc.)
48.000 € Job Coach (1,0 Stelle, Vermittlung und Betreuung der Teilnehmenden)
20.000 € Qualifizierungsmaßnahmen (Deutsch, Gabelstapler etc.)
15.000€ Sachmittel (Verwaltung, Lernmaterialien, Bewerbungen etc.)
15.000€ Kosten Arbeitsplatz und Bereitstellung Räume
123.000 € Gesamtkosten pro Jahr
Projektstart
Damit das Projekt starten kann, muss ein Träger beauftragt und eine Fachkraft beauftragt
werden, die erste Vermittlungsergebnisse erzielen kann. Dafür ist eine Anschubfinanzierung erforderlich.
Die Kreisverwaltung, der Träger und die teilnehmende(n) Kommune(n) legen die jeweiligen Leistungen durch eine vertragliche Vereinbarung fest.
Refinanzierung:
Die Vermittlungsgebühr für jede vermittelte Person in Höhe der tatsächlich eingesparten
Kosten im ersten Jahr im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes durch die jeweils
begünstigte Kommune. — Entsprechende Verträge mit teilnehmenden Kommunen werden
abgeschlossen. Im ersten Schritt wäre die Stadt Düren anzusprechen, ob sie als Pilotkommune zur Verfügung steht.
Bei Einbringung von durchschnittlich 5000 € Vermittlungsprovision pro Fall wäre eine Refinanzierung mit 25 vermittelten Personen pro Jahr gesichert. Jede weitere vermittelte Person würde den Spielraum für Qualifizierungsmaßnahmen oder Ausweitung des Personalpools der Vermittler/innen ermöglichen.
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Die Asylbewerber, die nicht sofort in den ersten Arbeitsmarkt vermittelbar sind, erhalten
die Möglichkeit beim durchführenden Träger beschäftigt und qualifiziert zu werden. Damit
würde die Kommune nur die Kosten der Krankenversorgung einsparen. Der Träger erhält
in diesem Fall nur einen noch zu bestimmenden Pauschalbetrag in Höhe der durchschnittlich eingesparten Krankenversorgungskosten von der Kommune. Hierfür ist besonders die
Zielgruppe von gering qualifizierten Familienvätern bzw. —müttern im Focus, bei denen die
Kosten für die Krankenversorgung der gesamten Familie durch die Kommune getragen
werden.
Zielerreichungsindikatoren
• Vermittlung von mindestens 25 Asylbewerber/innen im ersten Jahr,
• Vermittlung von mindestens 45 Asylbewerber/innen pro Jahr in den Folgejahren in
versicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse.
Qualitätssicherung
• Berichterstattung gegenüber den politischen Gremien,
• Enge Kooperation mit dem Kommunalen Integrationszentrum,
• Vernetzung in den fachlich zuständigen Gremien,
• Teilnahme an gemeinsamen Fortbildungen mit Fachkräften der job-com, der Agentur für Arbeit und der Maßnahmeträger.
Nachhaltigkeitsstrategie
Durch die Finanzierung auf Provisionsbasis ist die Nachhaltigkeit bei entsprechenden
Vermittlungszahlen gesichert. Sofern die Vermittlungsquoten nicht erreicht werden oder
durch gesetzliche oder gesellschaftspolitisch veränderte Rahmenbedingungen die Aufgabe nicht mehr in dieser Form umgesetzt werden muss, ist die Arbeit zu beenden.
Die Risikoabsicherung in den Folgejahren bei einer geringeren Vermittlungsquote bzw. bei
ausbleibenden Sponsoren- oder Projektmitteln liegt bei der Kreisverwaltung Düren. Entsprechende politische Beschlüsse werden gefasst.
Entwurf - Stand: 31. März 2015
gez. Sybille Haußmann
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