Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
13 kB
Datum
20.03.2013
Erstellt
08.02.13, 12:03
Aktualisiert
08.02.13, 12:03
Stichworte
Inhalt der Datei
Kreis Euskirchen
Der Landrat
Z 1 / A 97/2012
Datum: 19.10.2012
Antrag des Caritasverbandes für das Kreisdekanat Euskirchen e. V. vom 12.10.2012 auf Übernahme
der Kosten für eine Fachkraft (50 % Beschäftigungsumfang) im Bereich Psychosoziale Betreuung von
substituierten Drogenabhängigen im Kreis Euskirchen
Zu einer Substitutionsbehandlung (i.d.R. mit Methadon) von drogenabhängigen Menschen gehört
auch eine psychosoziale Betreuung (PSB). Diese wird von einer anerkannten Suchtberatungsstelle
durchgeführt und muss auf der Basis eines Behandlungsplanes erfolgen. Die PSB ist gemäß der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) gesetzlich vorgeschrieben. Sie ist auch seitens
der Ärztekammer als obligatorischer Bestandteil der Behandlung definiert (Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung (RMvV) vom 24.02.2012), fällt aber nicht unter die Leistungspflicht der
gesetzlichen Krankenversicherung.
Im Rahmen des Qualitätsdialoges zwischen der Suchthilfe des Caritasverbandes für das Kreisdekanat Euskirchen e.V. (CV) und der Abteilung Gesundheit der Kreisverwaltung, hat der Anbieter in den
letzten beiden Jahren darauf hingewiesen, dass es einen personellen Engpass bei der PSB und entsprechend lange Wartelisten gibt. Dies wurde auch in den entsprechenden Gremien der Psychosozialen Arbeitsgemeinschaft (PSAG) erörtert. In diesem Jahr hat sich die Situation zugespitzt (siehe
Schreiben von Praxis Dr. Buchmann). Zudem hat die Ärztekammer im Rahmen der Qualitätssicherung Mahnungen hinsichtlich fehlender PSB ausgesprochen.
Im Jahr 2011 wurden von der Abteilung Suchthilfe des CV ca. 80 Klienten im Rahmen der PSB betreut. Der Anbieter gibt an, dass die vorhandenen personellen Kapazitäten damit ausgeschöpft seien.
Von Seiten der substituierenden Ärzte im Kreis Euskirchen werden ca. 140 Patienten in Substitutionsbehandlung gemeldet. Etwa 60 Patienten seien davon ohne Psychosoziale Betreuung.
Mit den Führungskräften der regionalen Suchthilfe (CV) und den substituierenden Ärztinnen Dr.
Buchmann und Dr. Haaf aus Euskirchen-Flamersheim haben Gespräche seitens der Abteilung Gesundheit stattgefunden. Die Akteure schildern übereinstimmend einen gestiegenen Betreuungs- und
Behandlungsbedarf. Zum einen konnten die Betreuungsprozesse mehrheitlich stabilisiert werden
(weniger Abbrüche, längere Verweildauer). Diese Verbesserung der Kontinuität entspricht einem der
Hauptziele der Behandlung. Bei einem Teil der Klientel sind tagesstrukturierende Angebote weggefallen (siehe auch Antrag der Caritas). Dieser Wegfall an sozialer Unterstützung muss bei einigen Klienten bzw. Patienten kompensiert werden. Bei einer Gruppe des Personenkreises wurde eine Zunahme
von psychiatrischen Begleiterscheinungen festgestellt. Die hierdurch notwendig gewordenen Kooperationen mit anderen Hilfen (Krankenhaus, Fachärzte etc.) sowie auftretende Krisen erfordern mehr
Zeit.
Diese Erfahrungsberichte sind fachlich nachvollziehbar. Die Phänomene finden sich auch in der landesweiten Entwicklung der Substitution (z.B. Premos-Studie, Drogen und Suchtbericht 2012) wieder
und sind teilweise auch Ausdruck des demographischen Wandels.
Es ist zudem eine leichte Zunahme von Substitutionsbehandlungen im Kreis Euskirchen feststellbar.
Während die Gesamtzahl in den Jahren 2005 – 2010 recht konstant bei ca. 120 lag, gibt es einen
Zuwachs in den letzten zwei Jahren. Bei der Stichtagerhebung der Bundesopiumstelle waren in 2012
(146) 17 % mehr Patienten registriert als 2008 (124).
Hintergrund:
Am 27.08.2003 hat der Caritasverband für das Kreisdekanat Euskirchen (CV) im Kreistag einen Antrag auf anteilige Übernahme der Restkosten für eine Fachkraft im Bereich Psychosozialer Betreuung
von substituierten Drogenabhängigen gestellt. Laut Beschluss des Kreistages vom 08.10.2002 (53/
2003) wurde dem Antrag zugestimmt. Bestandteil des Beschlusses ist die Richtlinie über die Durchführung der ambulanten Methadonsubstitution als Integrationshilfe. Hier wird festgelegt, dass der CV
-2mit der Schaffung einer Stelle 50 - 100 Personen betreut. Die Zuwendung des Landes beträgt 25.600
€ und wird über den Kreis ausgezahlt. Der CV trägt einen Eigenanteil in Höhe der Hälfte der vom
Land nicht geförderten Restkosten. Die anteilige Übernahme der Restkosten durch den Kreis beträgt
ca. 13.365 €.
Nach der Schaffung einer Stelle im CV bietet der Sozialpsychiatrische Dienst (SpsD) der Abteilung
Gesundheit aus Kapazitätsgründen nur noch PSB in Einzelfällen an (fortlaufende Betreuungen und
Krisensituationen). Pro Jahr werden dort aktuell ca. 10 Klienten betreut. Die Klientel des SpsD hat
sich auf psychisch kranke Menschen in Krisensituationen verlagert. Dazu gehören auch Suchtkranke
mit zusätzlichen schweren psychiatrischen Erkrankungen (Doppeldiagnosen).
Bedarfseinschätzung:
Grundsätzlich ist es derzeit nicht möglich eine genaue Zahl zu ermitteln, die den personellen Bedarf
für Psychosoziale Betreuung im Rahmen der Suchthilfe objektiv und generalisiert beschreibt. Dies
liegt vor allem daran, dass die Situation der Patienten sehr heterogen ist und von verschiedenen Faktoren abhängt (z.B. soziale Stabilität, Grad der psychischen und körperlichen Erkrankungen). Der
Umfang der Beratung und Betreuung richtet sich nach dem individuellen Hilfebedarf der KlientInnen.
Dies ist auch mit dem CV in der Vereinbarung über Leistungen, Qualitätsentwicklung und Ziele so
definiert.
Ein überregionales Benchmarking ist gegenwärtig nicht möglich. Auch der Landeskoordinationsstelle
Sucht in Köln liegen keine gesicherten Daten oder offizielle Empfehlungen vor. Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) empfiehlt einen Personalschlüssel von 1:20. Diesen sehen wir als hoch
an, da er sich auf eine Personengruppe mit akutem bzw. großem Behandlungs- und Betreuungsbedarf bezieht. Die Städte Bonn und Köln legen bei der PSB einen Personalschlüssel von 1: 25 und 1:
30 zu Grunde. Auch hier sind Konzepte integriert, die eine intensivere Behandlung vorsehen (Methadonambulanzen). In der Verfügung des Ministeriums für Frauen, Jugend, Familie und Gesundheit
NRW vom 23.04.2002 wurde bei der Personalförderung vor der Kommunalisierung folgende Bemessungsgrundlage festgelegt: 1 Stelle für mind. 50 Substituierte, 2 Stellen bei mind. 150 Substituierten,
3 Stellen bei mind. 250 Substituierten. Die Vereinbarung zwischen der Kreisverwaltung und dem CV,
mit einer Stelle PSB 50 – 100 Klienten zu betreuen, halten wir weiterhin für angemessen.
Die Substitutionspraxis im Kreis Euskirchen ist qualitativ gut sowie pragmatisch und effektiv ausgerichtet. Die Kapazitäten an PSB reichen zurzeit nicht aus, um alle opiatabhängigen Kreisbürger zu
versorgen. Im Zuge der Qualitätskontrolle durch die Ärztekammer wurde wiederholt angemahnt, dass
die vorgeschriebene PSB bei mehreren Patienten nicht durchgeführt wird. Im Regelfall kann eine Behandlung dann mittelfristig nicht mehr abgerechnet werden. Konkret würde dies auch bedeuten, dass
neue Patienten von der Warteliste nicht mehr angenommen werden.
Um eine bedarfsgerechte und eine entsprechend den allgemeinen Richtlinien angepasste Substitution von Opiatabhängigen mit Methadon im Kreis Euskirchen zu gewährleisten ist eine Personalaufstockung in der Suchtberatungsstelle von 0,5 Stellen erforderlich.
Die Verwaltung empfiehlt deshalb, dem Antrag des Caritasverbandes für das Kreisdekanat Euskirchen e. V. zuzustimmen und den Kreiszuschuss für die Betreuung Substituierter von 13.600 € um
41.000 € auf insgesamt 54.600 € zu erhöhen.
gez. I. V. Poth
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