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Info GB (Anlage zur Info GB Info 162/2012)

Daten

Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
7,2 MB
Datum
13.11.2012
Erstellt
07.11.12, 12:02
Aktualisiert
07.11.12, 12:02

Inhalt der Datei

Europa wiederentdecken Bidbook 26. Oktober 2012 2 Unsere Bewerbung in Kurzfassung 1992 wurde der Maastrichter Vertrag unterzeichnet. Fünfundzwanzig Jahre danach machen wir uns auf die Suche nach dem vergessenen Kulturkapitel des Vertrages. Wir, das sind die Einwohner Maastrichts und der Euregio. Unser Anliegen ist: „Europa wiederentdecken“. Pagina 7 Z IEL UND P R OZESS Mit Kultur beginnen Gerade hier notwendig Neue Generation Intensiver Prozess Kultur verbindet Menschen. Im Zuge des zu durchlaufenden Prozesses wollen wir Europa in der Kommunikation mit den Bürgern besser vermitteln, eine dringende Notwendigkeit. Seite 8 In unserer Euregio ist die Konfrontation von Kulturen Tatsache und Quelle der Dynamik. Die Kulturhauptstadt 2018 wird zu notwendigen Verbesserungen im kulturellen Alltag, in der Wirtschaft und bei der Mobilität führen. Seite 11 Maastricht wird als Europäische Kulturhauptstadt der „Génération Maastricht“ (der 1992 und danach Geborenen) die Chance bieten, ihre Talente und ihre Energie produktiv zu machen. Seite 14 Nach einem intensiven Prozess mit vielen Beteiligten aus der ganzen Euregio und einer transparenten politischen Entscheidungsfindung wird die Jury einen gut vorbereiteten und fest entschlossenen Partnerverbund antreffen. Seite 17 DA S PRO G R A M M Speaking in Tongues Remembering the Future Mirroring Europe Living Europe Die Programmlinie „Sprechen in vielen Sprachen“ macht sichtbar, wie wir in vielen Sprachen kommunizieren, auch mit Körper- und Bildsprache. Seite 31 Mit der Programmlinie „Erinnerung an das, was sein wird“ zeigen wir, wie wir die Vergangenheit erleben und diese mit der Gegenwart und Zukunft verbinden. Mit „Europa spiegeln“ machen wir deutlich, wie wir unseren Horizont erweitern und mit Europa und der übrigen Welt verbinden. Seite 49 Die obigen drei Programmlinien münden alle in „Europa leben“, wo wir unsere Träume und Visionen, wo wir das, was wir erreichen möchten, darstellen. Seite 59 Seite 41 Das Thema „Europa wiederentdecken“ setzen wir in vier Programmlinien um. 3 M AA S T RI C HT U ND PA R TNER Niederlande Malta Schmelztiegel Transformation Großes Netzwerk Die Niederlande und Malta Maastricht & Euregio ist ein internationaler Schmelztiegel mit lebendigen Städten, kreativen Einwohnern und mit vielen Laien- und Berufskünstlern. Seite 65 Das kulturelle und industrielle Erbe der Euregio wird auf mehreren Ebenen nachhaltig transformiert, von einem Bergbaurevier zu einem Standort der Wissenswirtschaft. Die jüngste Geschichte der Region erhält eine neue Zukunft. Seite 80 Kennzeichnend für das euregionale kulturelle Feld ist das engmaschige Netz von Kultureinrichtungen, Produktionsplattformen, Aufführungsstätten, Ensembles, Museen usw. Seite 83 Als die beiden Länder, die 2018 die Kulturhauptstadt Europas stellen dürfen, wurden die Niederlande und Malta nominiert. Mit der Kulturhauptstadtorganisation in Malta wurde eine Absichtserklärung über die Zusammenarbeit bei bestimmten Themen unterzeichnet. Seite 84 Maastricht bewirbt sich gemeinsam mit den Partnerstädten Lüttich, Hasselt, Aachen, Heerlen, Sittard-Geleen, Genk und Tongeren. Auf regionaler Ebene beteiligen sich die niederländische Provinz Limburg, die belgischen Provinzen Limburg und Lüttich, die Regio Aachen und die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens. Immer mehr Städte aus der Euregio wollen als Programmpartner mitmachen. Kerkrade ist dafür ein Beispiel. Zudem unterstützen viele kleinere Gemeinden unsere Kandidatur. Seiten 17 und 23 VORG EHE NSW EISE Economic Impact Study External Networks Visitor Economy VVV, cities, Limburg, Contractor e.g. PRC Cities Institute, London Network Member / Node Hasselt University SEIN ATLAS Events Special Interest Group Regional Studies Association Mega-Events Research Network University of Maastricht CUES VUB Brussels COSMOPOLIS RWTH Aachen Council of Europe / EU Culture & Heritage Directorate Zuyd Hogescholen CCTE; CSERT; Centre for Arts European Capitals of Culture Policy Group University of Liège CEDEM University of Malta 2018 Organisation und Etat In den Herzen der Menschen Infrastruktur und Tourismus Evaluation und Monitoring Im Februar 2011 hat eine unabhängige Stiftung niederländischen Rechts ihre Tätigkeit aufgenommen. Maastricht & Euregio 2018 arbeitet mit einem Etat von 80 Millionen Euro. 60 Millionen wurden von den Partnern mit breiter Zustimmung bewilligt. Für den Rest kommen der niederländische Staat, Europa und die Wirtschaft auf. Für die Kommunikation ist das Kulturhauptstadtjahr die Chance, die zwischenmenschliche Seite Europas darzustellen. Das Projekt ist eine ideale Gelegenheit, auf der Infrastrukturebene neue und notwendige Verbindungen zu verwirklichen, und es ist eine großartige Chance, den Tourismus anzukurbeln. Seite 113 Das Untersuchungsprogramm mit permanenter Evaluation und Monitoring gewährleistet nachhaltige Ergebnisse und sorgt für Ansatzflächen für eine dauerhafte Zusammenarbeit. Seite 120 Seite 102 Seite 108 4 I N HALT I Z I E L U N D P ROZE SS 1 U N SE R ZIE L Europa wiederentdecken - - - 7 Ein Angebot an die Niederlande und Europa - - - 8 2 D E R P R O ZE SS VIA2018 und die Initiative - - - 17 Erste Fassung der Bewerbungsschrift - - - 19 Nach der Präsentation der Bewerbungsschrift - - - 23 I I DA S P R O G RAMM 4 P RO G R AMM Europa wiederentdecken – auf Expedition - - - 27 Umsetzung des Themas in Programmlinien - - - 29 Sprechen in vielen Sprachen - - - 31 Erinnerung an das, was sein wird - - - 41 Europa spiegeln - - - 49 Europa leben - - - 59 Talentförderung - - - 62 I I I M A A S T R I CHT U N D SE IN E PAR T NER 5 MAAST RICHT U N D SEI NE PAR TNER Verbundenheit über Grenzen hinweg - - - 64 Migranten in der Euregio - - - 68 Laien- und Berufskünstler - - - 69 Kreativwirtschaft - - - 70 Die Zukunft ist nicht mehr das, was sie mal war - - - 72 Euregio Maas-Rhein: mehr Stadt, mehr Landschaft, mehr Kultur - - - 77 Nachhaltige Transformationen auf mehreren Ebenen - - - 80 ‚Kulturelle Akteure‘ in der Euregio - - - 82 Netzwerkkarte und Überblick über die kulturelle Infrastruktur - - - 85 I V VO R G E HE N SWE ISE 6 OR GAN ISAT IO N , FI NANZI ER UNG UND ER GEB NI SSE Organisationsstruktur - - - 102 Finanzierung und Kostenverteilung - - - 103 Struktureffekte - - - 104 Engagement der Wirtschaft - - - 106 Was bringt es uns? - - - 107 7 KO MMU N IKAT ION Eine Bewegung initiieren - - - 108 Geteilter digitaler Raum - - - 110 Mehrschichtige Kommunikationsstrategie - - - 111 Stakeholder und Zielgruppen - - - 112 8 IN F RAST R U KT U R Verkehrsverbindungen und Erreichbarkeit - - - 113 Verbesserung des öffentlichen Personenverkehrs - - - 116 Parken: garantiert erreichbar, Beispiel Maastricht - - - 117 Chance und Notwendigkeit des Tourismus - - - 118 9 Was ist eine Kulturhauptstadt? HE R AU SFO RD E R UNGEN UND NOTWENDI GK EI TEN Weshalb hier? - - - 11 Herausforderungen und Zwänge - - - 12 Génération Maastricht - - - 14 Namens der Niederlande - - - 15 3 --- E VALU AT ION U N D MONI TO R I NG Zielsetzungen - - - 120 Die Partner und Malta-Maastricht - - - 120 Impressum - - - 121 Nachwort des Maastrichter Bürgermeisters und des Kommissars der Königin - - - 122 Nachwort des Vorstandsvorsitzenden der Stiftung - - - 123 Nachwort des Aufsichtsratsvorsitzenden - - - 123 Der Titel “Kulturhauptstadt Europas” geht auf Melina Mercouri zurück, der ersten Frau, die in Griechenland Kulturminister wurde. Sie wollte die Menschen vom Wert der Kunst und Kultur für die Gesellschaft überzeugen. 1985 wurde Athen erste Kulturhauptstadt Europas. Die Veranstaltung war ein großer Erfolg. Seit 2009 stehen jeweils zwei Städte der Europäischen Union im Rampenlicht – jeweils eine Stadt aus einem alten und eine aus einem neuen Mitgliedstaat. Ziel ist es, den Reichtum des Kulturerbes in seiner ganzen Vielfalt in den Blickpunkt zu rücken. Die Bürger Europas sollen sich so besser kennen lernen, mehr Verständnis füreinander entwickeln und sich der großen Gemeinschaft bewusst werden, der sie angehören. 2018 sind die Niederlande und Malta an der Reihe, die europäischen Kulturhauptstädte zu stellen. Maastricht ist eine von fünf niederländischen Bewerberstädten. Maastricht will das Projekt nutzen, um einem viel größeren Gebiet neue Impulse zu verleihen: der ganzen Euregio Maas-Rhein. Eine Jury aus 13 Personen (sechs aus den Niederlanden, sieben aus anderen europäischen Mitgliedstaaten) wird nach einem Auswahlverfahren (in zwei Runden) im September 2013 die gewählte Stadt verkünden, gefolgt von einer formalen Bestätigung durch die Regierung der Niederlande und den Rat der Europäischen Union. --Stiftung Maastricht Kulturhauptstadt Europas 2018 Gründungsmitglieder der im Februar 2011 errichteten Stiftung Maastricht Kulturhauptstadt Europas 2018 (einer Stiftung niederländischen Rechts) sind die Städte Maastricht, Aachen, Lüttich, Heerlen, Sittard-Geleen, Hasselt, die Provinzen Niederländisch-Limburg, Belgisch-Limburg und Lüttich sowie die Regio Aachen und die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens. Nach der Gründung der Stiftung stieg das Interesse, sich der Bewerbung anzuschließen. Es kam zu Gesprächen mit den Städten Genk und Tongeren, die ebenfalls der Stiftung beitraten. 5 I Z I EL UN D PR OZ E SS Neue Chance für ein vergessenes Kapitel des Maastrichter Vertrags von 1992 WENN ICH EUROPA NOCH EINMAL VON VORNE GESTALTE N DÜRFTE, ICH WÜRDE MIT DER KULTUR BEGINNE N! Jean Monnet Gründervater der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), der Vorläuferorganisation der Europäischen Union 7 KAPITEL 1 : ZIEL Europa wiederentdecken Neue Chance für ein vergessenes Kapitel des Maastrichter Vertrags Die Stadt Maastricht bewirbt sich 2018 im Namen der Niederlande um den Titel Kulturhauptstadt Europas. Sie kooperiert dabei mit der Euregio Maas-Rhein. Maastricht will die gewachsene Kraft der niederländischen Kultur, die einem Klima der Offenheit und Toleranz zu verdanken ist, in den Blickpunkt rücken und ihr neue Impulse geben. Die Lage inmitten der Euregio MaasRhein bietet Maastricht, der europäischsten Stadt der Niederlande, die einmalige Chance, einen Beitrag zur Wiederentdeckung Europas zu leisten. Als Grenzregion orientieren wir uns stark auf Europa und auf einen Prozess, bei dem die kulturelle Vielfalt Europas für die Bürger direkter erlebbar werden soll. Dabei steht die Kraft der Kultur und ihr breites Spektrum im Mittelpunkt. Die Akzente liegen auf Musik, bildender Kunst, Theater, modernem Tanz, Talentförderung, den Verbindungen zwischen Berufs- und Laienkunst und dem innovativen Umgang mit dem kulturellen Erbe. Ein Europa der Bürger Gegenwärtig drehen sich die Debatten um die allgegenwärtige europäische Krise. In der öffentlichen Wahrnehmung werden Rolle und Bedeutung des Qualitätslabels „Europa“ immer kontroverser gesehen. Wir wollen 2018 mit unserer Bewerbung das (vergessene) Kulturkapitel des Maastrichter Vertrags von 1992 wiederbeleben und zur Grundlage einer neuen europäischen Identität machen, einer Identität, die paradoxerweise auf unserer einzigartigen kulturellen Vielfalt beruht. Die Erkenntnis, dass eine dauerhafte europäische Einheit nur Einheit in Vielfalt sein kann, setzt sich durch. Die Kulturen erteilen Europa einen wichtigen Auftrag. Europa muss die Diversität seiner Kulturen als Chance nutzen, wenn seine Zukunft von seinen Bürgern getragen werden soll. Kultur ist ein wichtiger Faktor zur Ermöglichung dieses Prozesses. Die Kultur verbindet Menschen, führt sie im Alltag zusammen, sorgt dafür, dass sich zwischen ihnen Geschichten entwickeln, dass sich neue Auffassungen herausbilden und dass Raum für Talentförderung, Kreativität und kritisches Denken entsteht. Deshalb ist „Europa wiederentdecken“ das Hauptthema des Kulturhauptstadtprojekts Maastricht und Euregio 2018. 3,9 Millionen Einwohner Maastricht und die Euregio haben eine Fläche von etwa 10.000 Quadratkilometern. Insgesamt zählt das Gebiet 3,9 Millionen Einwohner. Die Euregio erstreckt sich über Teile dreier Länder (Niederlande, Belgien und Deutschland) und umfasst fünf Regionen (Niederländisch-Limburg, BelgischLimburg (Flandern), die Provinz Lüttich (Wallonien), die Regio Aachen und die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens), in denen neben den vielen Sprachen der Migranten drei plus eine Sprache (Niederländisch/Flämisch, Französisch, Deutsch und Englisch als Lingua franca) gesprochen werden. Gelegen an der Schnittstelle des germanischen und des romanischen Kulturkreises, ist dieses Gebiet ausgezeichnet geeignet, als Versuchslabor für Europas Zukunft zu dienen. Notwendiges Experiment In der Euregio Maas-Rhein wird in besonderem Maße die Notwendigkeit empfunden, mit kultureller Verschiedenheit, transnationalen Verbindungen, dem Selbstbewusstsein und der Interaktion zwischen den Bürgern sowie mit der besonderen Beziehung zwischen Stadt und Landschaft zu experimentieren. Der Akzent liegt auf einer auf Europa ausgerichteten Partizipation. Es geht darum, voneinander zu lernen und offen zu bleiben gegenüber allen, die zu uns kommen, um hier zeitweilig oder ständig zu leben. Vor allem die Partizipation junger Menschen (der seit 1992 geborenen „Génération Maastricht“) wollen wir ins Zentrum des Prozesses rücken. Dauerhafter Impuls Maastricht und Euregio werden 2018 mehr als nur ein großartiges Kulturfest bieten, sondern wollen ab 2015 und weit bis ins Jahr 2019 hinein die strukturellen Entwicklungen spürbar voranbringen, sowohl im kulturellen Bereich als auch auf den Gebieten des urbanen und euregionalen Wandels, der Infrastruktur und der Wirtschaft. Für dies alles haben wir die Unterstützung der Städte und der Menschen in der gesamten Euregio Maas-Rhein. 8 Z I EL --das europäische haus mein nachbar hat einen kontinent erdacht ein strahlendes reich mit wenig eigenschaften kein wind, kein echo: einstiegsbereite flächen machen das leben lang und satt die bürger haben kultur und keine kanten vollkommen rund und gleichgemacht ähneln sie ihren münzen, sprachen und tomaten friedlich rollen sie auf dem asphalt auch in mir gedeiht dies unendliche verlangen nach ordnung, häuslichkeit nachbar und ich, wir akzeptieren uns wir sind der schaum auf unsren idealen doch manchmal, wenn die welt in flammen steht kurz vor dem schlafengehen manchmal denk ich ganz leis an meine herkunft dann riech ich sie von weitem dort, unter glatter jünglingshaut erwacht viel hunderttausendfach ein all dem widersprechendes loch eine Höhle voller kelten und katharer etruskern, mauren, magyaren dort stinkt es nach milch und männerfell nach visigoten, protoslawen lappen ziehen zur jagd auf den scheitel vandalen bevölkern meinen unterleib mein fleisch quillt auf, beginnt zu schmelzen baske! sachse! merowinger haken sich fest an zarten rippen ich zerfall, versammle mich zu horden ich werd’ ein guter barbapappa für all meine reisenden ahnen hier kommt der mischmasch von europa mein nachbar hatte einen kontinent erdacht doch ich such ein zimmer für meine gäste ein häuschen für gemischte herkunft oder einfach eine tonne zum drin schlafen ich suche einen ort voll ungemütlichkeit am besten so verwinkelt wie früher: schlecht geführt zugig und im rohbau noch, doch echt – gib mir halt zwischen keller und dach bau für mich ein verrostetes haus gegen ein amselfeld voll schöner mythen gegen die mohnblumen von poperinge und die goldzähne von auschwitz gegen eine aussicht auf nebel und reinheit bau mir ein schwieriges, schmerzliches haus Ramsey Nasr Dichter des Vaterlands Geschrieben anlässlich der Eröffnung des Europäischen Hauses in Den Haag am 16. Mai 2011, siehe www.europeesparlement.nl und www.ramseynasr.nl. Aus dem Niederländischen von Gregor Seferens Europa wiederentdecken: ein Angebot an die Niederlande und Europa Als Karl der Große (auch „Pater Europae“, Vater Europas, genannt) Ende des 8. Jahrhunderts seinen kaiserlichen Hof nach Aachen verlegte, blickte alle Welt auf das Gebiet, das heute die Euregio Maas-Rhein bildet. Viele Jahrhunderte nach der Karolingerzeit stand das Gebiet 1992 zum zweiten Mal im Mittelpunkt, als mit dem Vertrag von Maastricht das Fundament für die europäische Währungsunion gelegt wurde. Wenn es mit der Kulturhauptstadt klappt, kann es ein drittes Mal so sein. Das Leben in der Euregio Maas-Rhein war immer transnational geprägt. Im dritten Jahrzehnt nach dem Vertrag von Maastricht werden dann die Menschen in Maastricht und der Euregio endlich „Europa leben“. Sie überqueren jeden Tag Staatsgrenzen, ohne diese als Begrenzungen zu empfinden. Grenzüberschreitungen sind Teil einer gelebten vielfältigen kulturellen und mehrsprachigen Identität, sind eine Bestätigung der europäischen Vielfalt. Hier, in dieser selbst für europäische Verhältnisse ungewöhnlichen Dreiländerregion, wird die vielfältige europäische kulturelle Identität als Alltagserfahrung wirklich praktiziert. Auch in anderen Euregios, die sich dem von Maastricht und der Euregio Maas-Rhein vorgezeichneten Prozess angeschlossen haben, ist dieser inzwischen in Gang gesetzt worden. qualität und guten Bedingungen für eine florierende Kreativwirtschaft. „Visionen“ wie die oben skizzierte sind für uns Leitlinien, die unsere Ziele sichtbarer und greifbarer machen. Europa „leben“ Die wachsende Distanz zwischen dem Europa der Institutionen und dem europäischen Bürger kann Kultur nicht allein überbrücken. Das ist auch nicht die primäre Aufgabe von Kunst und Kultur. Aber Maastricht will Kultur als Bindemittel nutzen, um Verbindungen zwischen den europäischen Bürgern herzustellen und um Europa in ihr tägliches Leben zu integrieren. Wenn die Menschen die inspirierende Kraft entdecken, die eine vielfältige kulturelle Identität bietet, können sie dem, was ihnen fremd ist, offen begegnen, neue Erfahrungen sammeln und sich austauschen, ohne die eigene Identität zu verlieren. Europas Stärke liegt gerade in der Spannung zwischen den Fragmenten, den vielfältigen Formen, den lokalen, regionalen und nationalen Identitäten. Nur wenn es uns gelingt, die Chancen zu erkennen, die Europas Fragmentierung und Europas Gegensätze bieten und wir diese nicht als Hindernisse für die Einheit sehen, kann Europa für seine Bewohner zu einem gemeinsamen Bezugsrahmen werden, nur dann wird Europa „leben“. Vergessenes Kulturkapitel Die Wiederbelebung des Kulturkapitels aus dem Maastrichter Vertrag, primär durch die Einwohner der Euregio, wird ein großartiges Beispiel für den Austausch zwischen Menschen unterschiedlicher Nationalität in Europa sein. Der Austausch zwischen Niederländern, Belgiern und Deutschen, zwischen den Flamen, Wallonen, Limburgern und deutschsprachigen Belgiern, zwischen französisch-, niederländisch- und deutschsprachigen Belgiern, der niederländischsprachigen Bevölkerung Maastrichts, der deutschsprachigen Bevölkerung Aachens und den Studenten und Migranten aus aller Welt, die die Euregio als zeitweiligen oder festen Aufenthalt gewählt haben, sorgt für die notwendige Aufgeschlossenheit. Zusammenarbeit ist zwischen allen Kultureinrichtungen der Euregio eine Selbstverständlichkeit, seit man entdeckt hat, dass dies sowohl in künstlerischer als auch finanzieller Hinsicht Vorteile bringt. In der ganzen Region herrscht eine Atmosphäre, durch die gut ausgebildete ausländische Fachkräfte angezogen werden und die die Euregio zu einem Ort macht, wo sich junge, arrivierte und ältere Menschen mischen, ein Ort mit überdurchschnittlicher Lebens- Nachhaltige Perspektive Die Euregio hat das Potenzial, ein Vorbild dafür zu werden, wie Europa in das Leben und das Bewusstsein der Europäer integriert und wie eine mehrschichtige europäische kulturelle Identität gewinnbringend zu einer Selbstverständlichkeit werden kann. Wir präsentieren ein Programm, das den Bürgern die Chance zur Herausbildung besonderer Kompetenzen bietet, Kompetenzen, die es ihnen ermöglichen, die Vielfalt der Kulturen zu nutzen. Ein Programm, das sie befähigt, die mentalen Grenzen zwischen den Kulturen zu überwinden. Ein Programm, das die Vielfalt der Kulturen zu einem Teil des täglichen Lebens werden lässt. Maastricht und die Euregio MaasRhein wollen gemeinsam als Europäische Kulturhauptstadt 2018 ihre Zukunft entwerfen und das Ergebnis dieses Prozesses als Angebot an die Niederlande und Europa verstanden wissen. Und nicht nur für 2018, sondern dauerhaft, auch für 2023 oder 2028, um schließlich 2033 den Staffelstab an die nächste niederländische Kulturhauptstadt Europas weiterzugeben. 9 11 KAPITEL 2 : HERA U S FO RD E RU N G E N U N D N OT W E N D I G K E I T E N Weshalb hier? Wenn der Name „Maastricht“ Menschen außerhalb der Euregio Maas-Rhein etwas sagt, dann am ehesten im Zusammenhang mit dem Maastrichter Vertrag von 1992. Außerdem ist Maastricht als Sprungbrett der Niederlande nach Europa bekannt. „De Queeste“ gastierte in Moresnet, einst ein europäischer Kleinststaat. In Jan van Eycks „Madonna des Kanzlers Nicolas Rolin“ ist eine wunderbare Wiedergabe der Pont des Arches in Lüttich zu finden, schrieb Pierre Lavedan in seinem Artikel La Vie Urbaine (in: Organe de L’institut d’Urbanisme de l’Université de Paris, 1957). 2018 stellen die Niederlande und Malta jeweils eine der Kulturhauptstädte Europas. Es ist das dritte Mal, dass nach Amsterdam (1987) und Rotterdam (2001) eine niederländische Stadt diese Möglichkeit erhält: eine große Chance für die Stadt, die Region und das Land insgesamt. Maastricht liegt auf der Bruchlinie zwischen Nord- und Südeuropa, an einem Schnittpunkt von Grenzen. Deshalb war diese Stadt im Herzen der Euregio MaasRhein immer aufgeschlossen gegenüber ihren Nachbarländern. Maastricht und die Euregio Maas-Rhein haben diesbezüglich eine lange Geschichte. Einst stand in der Region die Wiege Europas. Nach dem Tode Karls des Großen im Jahre 814 in Aachen drohte sein Reich zu zerfallen. 870 schlossen seine Erben nach langen Auseinandersetzungen in Meerssen nahe Maastricht einen Vertrag über die Aufteilung eines wichtigen Teils von Europa. Dieser sollte der Grundstein für die Aufteilung in das heutige Frankreich und Deutschland werden. Der Vertrag skizzierte gewissermaßen die späteren europäischen Grenzen. Insbesondere der internationale Karlspreis der Stadt Aachen erinnert jedes Jahr wieder an dieses Phänomen. Und mit der Unterzeichnung des Maastrichter Vertrags 1992 wurden hier die Konturen des heutigen Europa festgelegt. Maastricht versinnbildlicht die internationale Orientierung der Niederlande. Verantwortung 2018 ist es 25 Jahre her, dass der Vertrag von Maastricht in Kraft trat. Sowohl Europa als auch die Euregio stehen an einem Wendepunkt ihrer Entwicklung. Was kann und muss getan werden, um Europa im Spannungsfeld globalisierter Ökonomien und technologischer Innovationen, zwischen kultureller Tradition und Erfahrung, zukunfts- und wettbewerbsfähig zu halten? Dies ist nicht nur eine politische, wirtschaftliche und gesellschaftliche Aufgabe, sondern auch eine Herausforderung, die sich im unmittelbaren Lebensraum der Menschen – den Städten – niederschlägt und die neue Ansätze erfordert. Die heutige institutionelle Krise Europas ist für die emotionale Bindung der Menschen an die Europäische Gemeinschaft nicht hilfreich. Das Misstrauen zwischen Nord- und Südeuropa wächst. Die europäische Identität wird immer mehr als Bedrohung dargestellt. Maastricht fühlt sich verantwortlich, auf diese Situation zu reagieren. Schließlich wurden in der Stadt durch Unterzeichnung des Maastrichter Vertrags – der später im Vertrag von Lissabon eine Fortschreibung fand – die entscheidenden Weichen für die Europäische Union gestellt. Die Maastrichter Antwort auf das zunehmende Misstrauen ist, Kultur nicht nur als Ausdruck regionaler und nationaler Eigenheiten zu sehen, sondern als Teil eines breiteren euregionalen/europäischen Rahmens. Wir wissen, dass die Krise nicht durch Kultur allein gelöst werden kann. Aber im europäischen Alltag, im Europa der Bürger, wo jeder von uns italienisches Essen, französische Bücher, Urlaub auf Malta oder schwedische Möbel ganz selbstverständlich findet, kann die nichtinstitutionalisierte, informelle europäische Kultur einen großen Unterschied ausmachen. Ihre Beziehung zum täglichen Leben muss ernst genommen werden. Europa Bedeutung geben Wir laufen Gefahr, einen der zentralen Werte aufzugeben, der Europas Bedeutung im globalen Kontext ausmacht. Auch wenn die Wirtschaftskraft Europas schwächelt und das Bevölkerungswachstum dem anderer Kontinente nicht annähernd nachkommt, ist Europa durch seine kulturelle Vielfalt und seine Geschichte für viele in der Welt noch immer ein wichtiger Bezugspunkt. Das gilt mit Sicherheit für Kunst und Kultur, für Maler, Denker und Schriftsteller, also für Kulturschaffende im weitesten Sinne des Wortes. Dem entsprechen auch die strategischen Ansätze der Europäischen Kommission, die im November 2011 ein neues Förderprogramm für den Kultur- und Kreativsektor (2014-2020) unter dem Titel „Kreatives Europa“ mit einem Budget von 1,8 Milliarden Euro vorstellte. Die Kommission will die kulturelle Vielfalt in Europa stärken, indem sie für 300.000 Künstler und Kulturschaffende die Voraussetzungen schafft, ein neues Publikum außerhalb ihrer Heimatländer zu erreichen. In diesen Zeiten, in denen uns der Wunsch nach Einheit verleiten kann, eine einheitliche europäische Identität anzustreben, ist es wichtig zu betonen, dass Europas Stärke in der großen Vielfalt seiner Wahrheiten liegt. Genau das hat Europas Wachstum jahrhundertelang vorangetrieben. Dies ist unsere gemeinsame europäische „Geschichte“. 12 HER AU SFO R DER U N GEN U N D N OTW EN DI GKEI TEN Herausforderungen Der Maastrichter Stadtrat hat im Dezember 2008 bereits eine Antwort auf die Frage gegeben, weshalb eine Kulturhauptstadt gerade hier am rechten Platz ist: „Maastricht und die Euregio unterscheiden sich von den anderen niederländischen Bewerbern dadurch, dass die Dynamik der Region auf einer Konfrontation und Kontextualisierung von Kulturen und kulturellen Dimensionen beruht. Dass sich hier Kulturen aneinander reiben, ist in den Genen der Region verankert und lässt sich anhand der Begriffspaare germanisch/romanisch, industriell/agrarisch, Wohnviertel/Welt, Hoch-/Volkskultur, modern/klassisch, Tradition/Erneuerung, fremd/einheimisch begründen.“ Die kulturelle Vielfalt nutzen Europas Säule: der europäische Kulturgedanke Unser Kontinent gleicht einem Kaleidoskop. Das war noch nie anders. Grundpfeiler der europäischen Kultur sind Christentum und Judentum, die Aufklärung, die Französische Revolution, die Erklärung der Grund- und Menschenrechte, die Erfahrung der neuen Demokratie nach dem Zweiten Weltkrieg und der Einfluss der Migration. All diese Aspekte flossen in Europa und in der Euregio in unterschiedlicher Form in Sprachen, regionale Bräuche und Mentalitäten ein. So entstanden der europäische Kulturgedanke und seine Werte. Europe. A Beautiful Idea? 2004 bot der niederländische Vorsitz in der Europäischen Union der niederländischen Regierung die einzigartige Chance, die Bedeutung des „europäischen Gedankens“ auf die internationale Agenda zu setzen. Der europäische Gedanke ist, wie sich damals zeigte, im Kern eine kulturellethische Modellvorstellung, weniger ein politisch-wirtschaftlicher Begriff. Unter dem Titel „Europe. A Beautiful Idea?“ fanden mehrere Kongresse mit namhaften Referenten statt. Das Ergebnis war vielsagend: Anno 2004 ging immerhin ein europäischer Traum in Erfüllung. Es gelang nicht weniger als die Wiedervereinigung von West- und Osteuropa. Bereits 27 Staaten sind Mitglied der Union. Es gibt eine europäische Verfassung, eine europäische Währung und Kriege zwischen den europäischen Nationalstaaten sind undenkbar geworden. Aber rechte Freude kommt nicht auf. Das stolze Europa, das Churchill, Schumann und Monnet vor Augen hatten – Europa als moralisches und kulturelles Vorbild für die Welt –, dieses Europa gibt es nicht. Das geeinte Europa ist verwirrt, ist Opfer von Argwohn und Zwietracht. Und auf Fragen, die eigentlich keine Fragen mehr sein dürften, werden pausenlos Antworten gesucht, die verschwunden zu sein scheinen. Europa, was ist das? Was ist ein Europäer? Wo liegt Europa? Der europäische Gedanke hat sich verflüchtigt und damit die Begeisterung für Europa. Eines ist jedoch sicher: Ebenso wenig wie sich das Kulturideal des Erasmus von Rotterdam in einer Welt ohne Frieden, Wohlstand und ohne unsere Rechte verbürgende demokratische Institutionen verwirklichen lässt, ebenso wenig wird es in der europäischen Gesellschaft Frieden und Wohlstand ohne Festhalten am europäischen Kulturgedanken und seinen Werten geben. Maastricht will 2012 in seiner gemeinsamen Bewerbung mit der Euregio Maas-Rhein für 2018 einen innovativen Beitrag zum europäischen Kulturgedanken leisten. Auf kultureller Ebene verliert die niederländische, wallonische, flämische, deutsche und frankophone Kunst und Kultur – nicht allein in der Euregio Maas-Rhein, sondern in Europa insgesamt – im Vergleich zur angelsächsischen Kultur in verschiedenerlei Beziehung an Bedeutung. Das ist erklärlich aufgrund des Gebrauchs des Englischen als Lingua franca. Für Film, Literatur, bildende Kunst, Mode und Design, Theater und Musik will Maastricht & Euregio 2018 Plattformen schaffen und die Arbeit von Künstlern unterstützen, die in ihrem authentischen regionalen Kontext arbeiten, auf diese Weise die europäische kulturelle Vielfalt stärken und sich trotzdem international orientieren. Barrieren überwinden Auf menschlicher Ebene bietet die Euregio den Menschen die Chance, hier Transnationalität und somit mehrere Identitäten wirklich zu leben. Das kostet jedoch mehr Mühe, als einfach an der nationalen Identität festzuhalten. Dazu muss man physische und psychologische Grenzen überwinden. Das gilt sowohl für Menschen mit einer akademischen Ausbildung als auch für sozial schwächere Gruppierungen. Wir betrachten es als unsere Aufgabe, für alle Zielgruppen ein anspruchsvolles Programm zu entwickeln. Internationale Ausrichtung Die staatlichen Maßnahmen orientierten sich in dieser Region in den vergangenen Jahren vor allem an den jeweiligen Zentren der Nationalstaaten. Dadurch ging der Zusammenhang verloren und erodierte die kulturelle Identität der Regionen. Die internationale und euregionale Ausrichtung geriet ins Hintertreffen. Da die Nachbarländer im Alltag an Bedeutung verloren, besteht weniger Bedarf, mehrere Sprachen zu lernen. Das liegt teils an den wirtschaftlichen und technologischen Verschiebungen in diesem Gebiet wie etwa dem Wegfall bzw. der Transformation des Bergbaus. Neue Generationen Gesellschaftliche Entwicklungen: wachsende Entfremdung der Generationen. In Europa nimmt die Distanz zwischen den Generationen zu, das heißt zwischen der schnell wachsenden Gruppe der Senioren und den Jugendlichen. Mitte 2012 lebten in den Niederlanden erstmals drei Millionen Rentner. In Südlimburg ist ihr Anteil überdurchschnittlich hoch. Dass Jugendliche bei der Einstellung weniger Chancen haben, ist bezeichnend für die Gegensätze zwischen Jung und Alt in Europa. 13 H E R A U S FO R D E R U N G E N UN D N OTW EN DI GKEI TEN Notwendigkeiten --Zusammenhang Kultur – Wirtschaft Aus: „Een koers voor Limburg, Actieprogramma Zuid-Limburg“ (Mai 2012) Kultur in der Region schwer getroffen Bessere Verbindungen Durch die staatlichen Einsparungen im Kulturbereich in den Niederlanden, Belgien und in geringerem Maße in Deutschland ist die Gefahr groß, dass in den Regionen im Vergleich zu den nationalen Zentren unverhältnismäßig viele Einrichtungen schließen müssen. Davon ist in den Niederlanden auch der Kultursektor in Südlimburg stark betroffen. Bittere Notwendigkeit ist es, ein Gegengewicht als grenzüberschreitend kooperierende Europäische Kulturhauptstadt zu bieten, gekoppelt auch an grenzüberschreitende „kulturelle Unternehmerschaft“, und die Gewinnung neuer Zielgruppen. In der niederländischen Zeitung „Volkskrant“ stand am 2.8.2012: „Kunst in der Region schwer getroffen. Von den Einsparungen wird die darstellende Kunst in den Regionen im Verhältnis viel stärker berührt als die in den vier Großstädten.” Eine andere große Aufgabe ist die Verbesserung der schlechten öffentlichen Verkehrsverbindungen in der Euregio. Es ist nahezu unmöglich, in angemessener beziehungsweise mit dem Pkw vergleichbarer Zeit durch die Euregio zu reisen. Das beeinträchtigt die Arbeitsmobilität und erschwert es vor allem jungen Menschen, von Angeboten Gebrauch zu machen, die in der eigenen Stadt fehlen, aber in nur wenigen Autokilometern Entfernung zu haben sind. Mit der Einführung des sogenannten Euregiotickets wurde ein guter Beginn gemacht, aber das reicht bei Weitem noch nicht. Das Problem ließe sich durch neue öffentliche Verkehrsverbindungen (einschließlich der SpartacusLinie Hasselt-Maastricht, der AvantisLinie Heerlen-Aachen und einer IntercityAnbindung Lüttichs und Aachens) befriedigend lösen. Dadurch würde die Mobilität der Bürger stark verbessert, könnten sie sich bequemer einen Job jenseits der Grenze suchen und leichter an regionalen (Kultur-)Veranstaltungen teilnehmen. Höhere Arbeitslosigkeit Wirtschaftliche Zwänge sind für die Euregio wirksame Mittel, die Weichen neu zu stellen. Einerseits bieten sich neue und chancenreiche Initiativen an wie die Entwicklung der sogenannten „Brainports“. Andererseits ist in der Euregio MaasRhein noch immer von einer wirtschaftlichen Krisenlage zu sprechen. Das Sterben der Fertigungsindustrie, die höhere Arbeitslosigkeit im Vergleich zu den nationalen Durchschnittswerten, der überlebensnotwendige Ausbau der Freizeitwirtschaft und das zunehmende Missverhältnis auf dem (europäischen) Arbeitsmarkt, der Mehrsprachigkeit, Multikulturalität und grenzüberschreitende Mobilität verlangt, sind Beispiele dafür. Gläserne Mauern zwischen den Ländern Nationale Bildungssysteme, die auf den nationalen Arbeitsmarkt zugeschnitten sind und daran gemessen werden, stimulieren wenig zum Austausch von Studenten und Personal. Aus diesen Gründen ist es unverzichtbar, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit voranzutreiben und die Menschen zu motivieren, den Wert einer kulturell vielschichtigen Identität zu nutzen. Derzeit wählen die meisten Menschen den bequemeren Weg einer nationalen Orientierung. Während am Wochenende die grenzübergreifenden Qualitäten der Landschaften und Städte gefragt sind, konzentriert man sich während Woche lieber auf das eigene Land. Es scheint dann beinahe, als wären die einzelnen Länder durch gläserne Mauern getrennt. Die Herausforderung besteht darin, gerade in Zeiten der Krise ein besseres Gleichgewicht zwischen nationalem und transnationalem Zusammenhalt zu finden. Die niederländische Tageszeitung „Volkskrant“ am 2. August 2012 Für den wirtschaftlichen Erfolg ist Verflochtenheit Voraussetzung. Die Nutzung der in der Gesellschaft vorhandenen Kreativität führt zu unternehmerischer Initiative, wirtschaftlicher Aktivität und kultureller Innovation, ist aber von adäquat ausgebildeten und verfügbaren Arbeitskräften abhängig. Wenn eine solche Verflochtenheit besteht, ist die Grundlage für Wohlfahrt, Wohlstand und Zukunftsvertrauen gegeben. Deshalb sind Initiativen wie Kulturhauptstadt Maastricht & Euregio 2018 wichtig, um integrale Vitalität auszustrahlen. Maastricht & Euregio 2018 macht die Erneuerung Europas, die sich in Südlimburg schon seit Jahrhunderten durch oft buchstäbliche Grenzverlegung vollzieht, in einem attraktiven Kulturprogramm greifbar. Die Kräftebündelung bei Maastricht & Euregio 2018, in Verbindung mit den strukturellen kulturellen Innovationen von Brainport 2020, trägt zu den wirtschaftlichen Perspektiven von Südlimburg bei. Die Durchführung von Maastricht & Euregio Kulturhauptstadt 2018 bietet unzählige Chancen, die Verflechtungen in Südlimburg zu intensivieren und führt konkret zu: – Zunahme der Unternehmen und jungen Menschen, die sich für Südlimburg entscheiden und die für neue Arbeitsplätze, Erträge und Innovation sorgen – Vergrößerung der Anzahl kultureller Produktionen, größeres öffentliches Interesse und Erneuerung des Kulturangebots – Verbesserung des Rufes von Südlimburg als Gebiet mit idealer Ausgewogenheit zwischen Arbeit und Leben und mit Einwohnern, die auf die Region stolz sind – intelligenterer Einsatz von staatlichen Mitteln, indem das Kulturprogramm für die Bevölkerung im Mittelpunkt steht und nicht die organisierenden Institutionen – mehr Kulturinvestitionen privater Partner – Verbesserung des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs – Förderung von Handel und Wirtschaft in der Euregio durch Verblassen der Staatsgrenzen und durch engere kulturelle Verbindungen – Beiträge zur Lösung des Problems der Jugendarbeitslosigkeit im Europa von morgen. 14 HER AU SFO R DER U N GEN U N D N OTW EN DI GKEI TEN La Génération Maastricht: das Gesicht von Maastricht & Euregio 2018 „Elles sont étudiantes, ont 19 ans et des envies d’ailleurs“, war im Artikel einer französischen Zeitung zu lesen (Sommer 2011). Fünf junge Frauen aus Lyon: „entendent parler d’Europe depuis qu’elles sont petites. Lorsque l’on entend parler d’Europe à l’école, on associe toujours cette notion aux accords commerciaux. Rien qui ne vous concerne directement. Alors on a voulu mettre en pratique notre citoyenneté européenne.“ Und somit reisten die fünf Frauen quer durch Europa, durch das Europa, das 1992 durch den Maastrichter Vertrag zu ihrem Europa geworden war. Sie entdeckten ein anderes Europa als das krisengeschüttelte. Sie wurden 1992 geboren und nennen sich deshalb „Génération Maastricht“. Sie sind das Symbol, das Gesicht von Maastricht & Euregio 2018. Die Génération Maastricht, die in das heutige Europa hineingeboren wurde und es nicht anders kennt, stellt sich lediglich die Frage, wie sie dieses Europa entdecken kann. „On a une grande soif de découverte.“ mit denen ich an den Universitäten spreche, wo ich lehre oder Vorträge halte. Bei allen spüre ich großen Stolz darauf, Europäer zu sein, und den Wunsch, sich an Aktivitäten zu beteiligen, bei denen es um Nachhaltigkeit, Respekt für die Umwelt, das künstlerische und historische Erbe geht. Sie glauben an Europa als Motor der modernen Zivilisation und sie debattieren engagiert und äußerst kompetent über die Vor- und Nachteile der Lebensstile, religiösen Überzeugungen und Esskulturen jedes einzelnen Volkes.“ Génération Maastricht unter Druck Aber die Génération Maastricht steht unter Druck und fragt sich immer verzweifelter, welche Zukunft sie in Europa hat. Das finanzielle und politische Misstrauen in Europa wächst. Es entwickelt sich ein Generationenkonflikt zwischen der schnell wachsenden Gruppe der Pensionäre und der ebenfalls schnell wachsenden Gruppe arbeitsloser Jugendlicher. Die wirtschaftlichen und demokratischen Folgen der Überalterung mit gegensätzlichen Interessen der älteren und jüngeren Generation, die beide aber aufeinander angewiesen sind und gemeinsam neue Zukunftsperspektiven entwickeln müssen. Talentförderung Marianne, Annouck, Maria, Bérangère und Emilie wurden Anfang 2012 nach Maastricht eingeladen. Sie symbolisieren den bedeutenden Beitrag von Jugendlichen zum Programm, die von ihnen vorgeschlagene Kulturprojekte selbst umsetzen werden. Jugendliche um 1992 geboren Die Génération Maastricht wird von Michele de Lucchi [1] wie folgt definiert: „Die Génération Maastricht ist für mich leicht zu erkennen: eine Generation Jugendlicher, geboren um 1992, dem Jahr, in dem Europa‚ ‚entstand’... [Sie] haben nie ein Europa ohne den Begriff ‚Europa’ gekannt und ich glaube, sie können es sich nicht einmal vorstellen, ein Europa ohne gemeinsame Währung... Ich habe viele europäische Jugendliche interviewt..., wodurch ich entdeckte, wie real und konkret all diese internationalen Communities von Jugendlichen sind, die überhaupt keine Schwierigkeiten mit den sprachlichen oder kulturellen Barrieren zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union haben... Sie reisen frei zwischen Frankreich, den Niederlanden, Portugal, Griechenland und allen anderen Ländern der Union hin und her ohne jegliches Gefühl des Unbehagens oder ‚nicht dazu Gehörens’. Gleiches gilt für ihre Freunde und die vielen anderen Jugendlichen, Es sind gerade die jungen Europäer, die Europa eine innovative Wettbewerbsposition innerhalb der neuen Weltwirtschaft verschaffen müssen. Wir dürfen nicht zulassen, dass die Talente dieser Jugendlichen, ihre Kreativität, Energie und Begeisterungsfähigkeit in der gegenwärtigen kritischen Phase der EU verloren gehen. Der Prozess, für den sich unsere Bewerbung stark macht, bietet der Génération Maastricht Chancen und Möglichkeiten, ihre Talente und ihre Energie produktiv zu machen. Maastricht & Euregio 2018 schafft den mentalen Raum mit internationaler Dimension, in dem sich Génération Maastricht und Talententwicklung verbinden können – ein multikulturelles Versuchslabor. Empowering der Génération Maastricht Die Stadt Maastricht, die so oft mit dem Euro und dem EMU-Vertrag assoziiert wird, fühlt sich in gewissem Sinne verpflichtet, für die junge Generation Europas einen Beitrag zu einem „neuen Generationenvertrag“ und zur Vermittlung von Kompetenzen zu leisen, die die Chancen auf dem Arbeitsmarkt erhöhen. Bei der Entwicklung neuer Ideen muss der Eigenbeitrag der Jugendlichen im Mittelpunkt stehen. Wir können die Génération Maastricht erneut von einem utopischen Zukunftsentwurf überzeugen, einer Zukunft, in der „Maastricht“ nicht länger Synonym für die finanzielle und politische Krise, für weniger Wohlstand und weniger Kultur ist, sondern für das Ergreifen neuer Chancen, für die Konkretisierung von Möglichkeiten. Dabei sind wir uns der Kluft bewusst, die auch innerhalb der Génération Maastricht entstanden ist. Die einen haben Zugang zu den Errungenschaften der globalisierten Welt, sie müssen ihre Fähigkeiten pflegen und weiter ausbauen. Die anderen haben keinen Zugang zu diesen Errungenschaften. Für sie müssen Möglichkeiten geschaffen werden, sich Kompetenzen anzueignen. In der Konfrontation mit dem „Anderen“, mit dem, was sich außerhalb der eigenen physischen und mentalen Grenzen abspielt, besteht die Chance, die eigene Welt aufzubrechen. Das ist ein erster Schritt auf dem Weg zum Erwerb der erforderlichen Befähigungen. Das Wesen des Projekts Maastricht & Euregio 2018 besteht darin, die Konfrontati- --Die Jugendarbeitslosigkeit in Europa steigt dramatisch Mit einem EU-Durchschnitt von 22,8 Prozent ist der Anteil der Arbeitslosen unter 25 Jahren mehr als das Doppelte des Anteils älterer Arbeitsloser. 18 der 27 Mitgliedstaaten kämpfen mit einer Arbeitslosigkeit über 20 Prozent. Gegenwärtig gibt es in Europa 5,5 Millionen arbeitslose Jugendliche. Inzwischen steigt die Anzahl der langzeitarbeitslosen Jugendlichen. Die nördlichen Mitgliedstaaten stehen deutlich besser da als die Staaten Süd- und Osteuropas, aber auch in Nordeuropa steigt die Jugendarbeitslosigkeit allmählich. In den Niederlanden ist der Anteil junger Arbeitsloser auf gut 12 Prozent gestiegen. In der Euregio ist das Bild differenzierter, wobei Südlimburg deutlich vom europäischen und vom landesweiten niederländischen Trend abweicht. Hier ist nur ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Die Jugendarbeitslosigkeit ist noch immer niedriger als vor einigen Jahren (Ende 2010, Rückgang um 15 Prozent). Der Aktionsplan „Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit” mit Projekten zur Verbesserung des Ausbildungsniveaus, zur Reduzierung des Missverhältnisses zwischen Nachfrage und Angebot, zur Bindung von Hochschulkadern in der Region bei sich veränderndem Arbeits- on mit dem „Anderen“ zu suchen. Maastricht heißt, neue Chancen nutzen, Konkretisierung der Möglichkeiten Europas, nicht aufgrund von Kosten, sondern wegen der besseren Chancen auf einen Arbeitsplatz. In de Lucchis Worten: „Die Génération Maastricht lebt momentan in besonders schwierigen Zeiten. Gerade jetzt, wenn Jugendliche ihre Ausbildung abschließen oder ihren Mastergrad erwerben, fragen sie sich, was aus ihrem Leben, ihrem Beruf, ihren Interessen und Leidenschaften werden wird ... Unsere (europäische) Gesellschaft hat einen großen Vorteil, der auch ein großer Nachteil ist: sehr vielfältig zu sein und über einen großen Katalog an Sprachen, Lebensstilen und Kulturen zu verfügen... Durch die Finanzkrise sind wir paradoxerweise in der Lage, uns an der realeren physischen Welt unserer Ahnen zu orientieren, nämlich am handwerklichen Können markt (Transformation einer Industriein eine Wissensregion), zur Schaffung von Lehrstellen und zur persönlichen Begleitung aller Jugendlichen unter 23 Jahren wirft Früchte ab und kann als „good practice“ gelten. Gruppe wird immer größer Neben den arbeitslosen Jugendlichen gibt es 7,5 Millionen junge Europäer, die weder arbeiten noch eine Ausbildung erhalten. Auch in der Alterskategorie der 20- bis 34-Jährigen weist Europa Arbeits- und Ausbildungslosenraten zwischen 8,3 Prozent und sogar 27 Prozent auf. Aber auch für Jugendliche mit einer Stelle sind die Aussichten nicht rosig. Unterhalb von 25 Jahren arbeitet 42 Prozent auf der Basis von Zeitarbeitsverträgen, in den höheren Alterskategorien liegt dieser Anteil bei nur 13,9 Prozent. Darüber hinaus ist 30 Prozent teilzeitbeschäftigt gegenüber 18,5 Prozent in den höheren Alterskategorien. Sie haben bei ihrer Entscheidung für Zeitarbeitsverträge und Teilzeitarbeit mit wenig Rechtsansprüchen auf beispielsweise Schulung, Pensionsaufbau oder das soziale Netz oft keine andere Wahl. Gleichzeitig mit der wachsenden Anzahl jugendlicher Arbeitsloser ist zu beobachten, dass die europäische Rezession die Investitionen in den primären, sekundären und tertiären Bildungsbereich bedroht. Auch die Niederlande kürzen den Bildungsetat. Denkt man auch noch an die 12 Prozent europäischen Jugendlichen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, sieht der Blick in die Zukunft nicht gerade rosig aus. 15 --Maastricht als niederländische Kulturhauptstadt Europas der Klein- und Familienunternehmen und an der bei vielen Jugendlichen sichtbaren persönlichen Kreativität, an ihren Talenten. Es sind Jugendliche, die mit Leichtigkeit mit neuen Technologien und sozialen Netzen umgehen können. Das handwerkliche Können befindet sich in einem Transformationsprozess: von typischer Handarbeit zu einer mentalen Haltung ...“ Woraus könnte das ‚Empowerment‘ der Génération Maastricht bestehen, wie könnte der Beitrag zur Bekämpfung der Jungendarbeitslosigkeit aussehen? Was sind die Herausforderungen? [2,3] Herausforderungen – Notwendig ist die Mobilität der Jugendlichen; Abwanderung jugendlicher Talente dorthin, wo Nachfrage besteht. Die Herausforderung besteht darin, den Ausgleich zwischen Nachfrage und Kompetenzen in Angriff zu nehmen. Einerseits geht es darum, was Jugendliche lernen, und um die Abstimmung der Lerninhalte auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts. Andererseits geht es um Mehrsprachigkeit, multikulturelles Interesse und Wissen. Maastricht & Euregio 2018 betrachtet die in der Region vorhandene Mehrsprachigkeit und Multikulturalität als Chance für ein radikales, grenzüberschreitendes Experiment zur Reduzierung der Jugendarbeitslosigkeit. – Förderung der Kreativität Jugendlicher und Entwicklung der Fähigkeit, Ideen in Handlungen umzusetzen (unternehmerische Initiativen). Maastricht & Euregio 2018 nutzt dafür u.a. das UNU-RCENetzwerk, um die damit gesammelten Erfahrungen auszuweiten und zu vertiefen.Damit verbunden ist vor allem auch die Chance, einen neuen „Generationenvertrag“ auszugestalten. – Maastricht steht als Stadt für Multi Governance und Multikulturalismus und erlebte in den letzen zehn bis 20 Jahren den radikalen Wandel zu einer internationalen Studentenstadt. Maastricht & Euregio 2018 verfügt mit seinen Universitäten und Hochschulen über neue Bausteine für die weitere Internationalisierung. Maastricht und die Euregio wollen für Jugendliche aus ganz Europa (und anderen Kontinenten) ein Versuchslabor sein und ihnen durch ein mehrsprachiges und multikulturelles Umfeld größere Chancen auf sichere Arbeitsplätze bieten, so dass sie schneller ihren Weg durch Europa finden. – Maastricht war einst die „Stadt der Handwerker“. Qualitätserzeugnisse aus Leder und Silber, Waffen und Keramik wurden hier hergestellt. Ähnliches gilt für andere Städte der Euregio, insbesondere für Lüttich. In niederländischen Unternehmen besteht großer Fachkräftemangel. Unter dem Motto, „Fachleute gefragt” vollzieht sich eine Entwicklung hin zu einer Ausbildung in betriebseigenen Berufsschulen. Wir wollen die Chancen für eine Neubewertung des Handwerks prüfen und, wenn realisierbar, neue Möglichkeiten speziell für die Beteiligung Jugendlicher offerieren. Außerdem sollen folgende Ideen ausgearbeitet werden: – Zusammenarbeit zwischen den Hochschulen dieser und anderer Euregios – Zusammenarbeit zwischen Hochschulwesen und Berufsbildung; Kultur als Pilotprojekt – grenzüberschreitende unternehmerische Initiativen – Mobilität des Personals in Organisationen, auch über Grenzen hinweg – Verflechtung der Forschungszentren in der Euregio Maas-Rhein mit dem Ziel einer grenzüberschreitenden „intelligenten Spezialisierung“ und von Forschungsexzellenz – Verbesserung der Beziehungen Bildungswesen-Wirtschaft; duale Ausbildung vor allem durch mehr Praktikumsplätze in den Betrieben der Euregio – Projekte zur Kultursprache und zum Spracherwerb – Film- und Bildkultur: Bild, Film, Video und Games sind ausgezeichnet geeignet, die eigene Welt mit dem zu konfrontieren, was „außerhalb der eigenen physischen und mentalen Grenzen“ liegt – Fashion: Verbinden von Ideengehalt und Konkretisierung des im Rahmen von Maastricht & Euregio 2018 vorgestellten Modeprojekts mit der mentalen Einstellung der Jugendlichen (ihrem grundsätzlich globalen Denken) sowie stärkere Akzentuierung handwerklicher Fähigkeiten. – Entwicklungen, die an der MAD-faculty in Genk, bei Design Liège, an der RWTH Aachen, in den Kunstfachhochschulen Maastrichts und der Euregio (wie I-arts) im Gange sind, sind Beispiele, die Chancen für die Aneignung der notwendigen Kompetenzen schaffen. [1] Michele de Lucchi ist ein führender europäischer Designer und Architekt, ist Professor für Architektur und Städtebau und war in den 80er Jahren einer der Begründer der MemphisBewegung in Mailand. [2] Towards a job-rich recovery, Strassburg, 18.4.2012. Deliver youth opportunities. The European youth suffers most from the economic crisis and the structural labour market problems, as set out in the recent Youth Opportunities Initiative. The commission reconfirms its commitments to tackle the dramatic levels of youth unemployment, including by mobilizing available EU fundin. Echoing a call by the European Council, the support for transition to work, e.g. trough youth guarantees, activation measures targeting young people, the quality of traineeships, and youth mobility should be prioritized. [3] Mit Dank an Prof. Luc Soete. Maastricht & Euregio 2018 – ein Beitrag zur Entwicklung der niederländischen Kultur. Die niederländische Bühnenkunst, vor allem Theater und Tanz, waren in den vergangenen Jahrzehnten in Europa führend. Der offene Charakter der niederländischen Kultur, in der auch nicht-niederländische kulturelle Einflüsse willkommen waren, sowie die freizügigen Einrichtungen mit ihrem ausgeprägten Individualismus und ihrer Kreativität bildeten den Nährboden, auf dem sich diese Entwicklung vollziehen konnte. Das feinmaschige Netz von Kunsteinrichtungen, das das Ergebnis eines einfallsreich ausgebauten Subventionssystems war, schuf die Voraussetzungen für diese fruchtbare Entwicklung. Die Sparmaßnahmen im Kulturbereich haben für dieses feinmaschige Netz große Folgen. Die Zeit der offenen und toleranten Produktionen, für die die Niederlande so bewundert werden, scheint vorbei. Die Niederlande richten den Blick immer stärker nach innen. Unübersehbar ist, dass niederländische Künstler, die in diesem besonderen Kontext groß geworden sind, sich im Ausland einen Namen machen konnten. Ein Regisseur wie Johan Simons (gegenwärtig Intendant der Münchener Kammerspiele) versteht es, die fachtechnische Expertise der deutschen Theatertradition mit der kreativen und freizügigen niederländischen Herangehensweise zu verbinden. Er baut in München an einem europäischen Theater. Maastricht & Euregio 2018 will mit seinem Programm an die Niederlande appellieren, diese offene und tolerante Gesellschaft zu erhalten, in sie zu investieren und sich nicht hinter den Grenzen zu verschanzen. Maastricht & Euregio 2018 ruft mit seinem Programm die Niederlande auf, die Vielfalt der Kulturen zu nutzen, und lädt die Künstler und Kultureinrichtungen des Landes ein, sich an dem Programm zu beteiligen. Maastricht & Euregio 2018 will in seinem Programm keine ausgetretenen Pfade begehen. 2009 präsentierte Linz ein großartiges Programm, in dem ein Schiff die Donau hinabfuhr. Es liegt auf der Hand, per Schiff über die Maas und danach über den Rhein mit dem Gedankengut von Maastricht & Euregio 2018 in die Niederlande zu schippern. Symbolischer ginge es nicht. 16 17 HOOFDSTU K 3 : D E R P RO Z E SS VIA2018 auf dem Weg ins Jahr 2018 Nach einem intensiven Prozess mit vielen Beteiligten und einer klaren politischen Beschlussfassung liegt nun die endgültige Fassung der Bewerbungsschrift („Bidbook“) vor. Wenn die Jury nach einer ersten Auswahl 2013 die Bewerber besucht, wird sie in Maastricht und in der Euregio einen entschlossenen, gut vorbereiteten und professionell organisierten Partnerverbund antreffen. Die ehrgeizige Kandidatur wird von der Bevölkerung, den Kultureinrichtungen, der Wirtschaft und den Netzwerken unterstützt und ruht auf einem soliden und breit verankerten politischen und demokratischen Fundament. Das Beschlussfassungs verfahren Der Aufsichtsrat nimmt die erste Fassung der Bewer- Die Initiative zur Bewerbung ging von der Stadt Maastricht aus. Das Ziel, Kulturhauptstadt Europas zu werden, hatte bereits im Koalitionsvertrag für die Jahre 2006-2010 höchste Priorität. Das Vorhaben wurde 2008 in eine langfristige Strategie umgesetzt: in die Stadtperspektive 2030. Grundlage für den Profilierung Maastrichts als attraktive Kulturstadt sollte einerseits die Förderung kultureller „Werdegänge“ werden (Professionals, Maastrichter, die Stadt insgesamt) und andererseits die Chance, Stadt und Region als Kulturhauptstadt Europas international zu positionieren. Dafür wollte Maastricht die besondere geografische Lage der Stadt nutzen und eine nachhaltige euregionale Zusammenarbeit im Bereich Kunst und Kulturangebot sowie bei der Wirtschaftsentwicklung eingehen. Die Bewerbung der Stadt, die bereits die beiden zum Maastrichter Vertrag 1992 führenden europäischen Gipfelkonferenzen organisiert hatte, ist ein logischer Schritt, um den Ruf Maastrichts als europäischste Stadt der Niederlande weiter zu festigen. bungsschrift entgegen. Die Veranstaltung führte die Absichtserklärung 7. März 2012: Theater aan het Vrijthof, Maastricht. rund 900 Besucher auf eine Reise nach dem Was, Warum und Wie von Maastricht & Euregio 2018. Maastricht formulierte im Magistratsbeschluss vom 16. Dezember 2008 das Ziel, sich als Kulturhauptstadt Europas für 2018 zu bewerben, wie folgt: „Ein innovatives und euregionales Projekt, das für die Bürger, die Europa im Alltag gestalten, leben und erleben, einen Gewinn darstellt. Ein Projekt mit direkten positiven Auswirkungen auf die kulturelle Identität der Stadt und auf ihre soziale und wirtschaftliche Lebenskraft. Und eine Kulturhauptstadt als Teilchenbeschleuniger für die strukturelle Entwicklung von Stadt und Euregio. Symbol für diese Entscheidung – genau 25 Jahre nach Ratifizierung des Maastrichter Vertrags – ist unser Bestreben, dem ‚vergessenen Kapitel des Vertrags’ neuen Inhalt zu geben.“ Beschluss des Stadtrats Die ersten Sondierungen der Chancen fanden 2009 in einer Absichtserklärung ihren Niederschlag, die am 25. November 2009 von Maastricht und allen euregionalen Partnern unterzeichnet wurde. In einem zweiten Magistratsbeschluss vom 15. Dezember 2009 wurden die Konturen der Organisation (unabhängiger Verein bzw. „Stichting“ niederländischen Rechts) und die Ausgangspunkte für das Programm, die institutionelle Zusammenarbeit mit den euregionalen Partnern und die Finanzierung skizziert. Abschließend führte 2010 das Büro Berenschot eine SWOT-Analyse zur Kandidatur durch und prüfte der Rechnungshof Maastricht die Risiken. Founding Fathers Insbesondere die Aktivierung der Beziehun- gen mit den euregionalen Partnern hat Ergebnisse gezeitigt: Die Städte SittardGeleen, Heerlen, Hasselt, Aachen und Lüttich, die Provinzen Niederländisch- und Belgisch-Limburg und Lüttich, die Regio Aachen und die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens schlossen sich dem Projekt begeistert als „Founding Fathers“ an. Diese Partner haben gemeinsam mit Maastricht für den Zeitraum 2010 bis 2014 InterregMittel in Höhe von 1,4 Millionen Euro erhalten. In der Phase nach Erstellung der Erstfassung der Bewerbungsschrift traten dem Vorhaben zudem die Städte Genk und Tongeren als neue Partner bei. Die insgesamt 13 Partner der Stichting vertreten eine Euregio mit 3,9 Millionen Einwohnern. Seit Unterzeichnung der Absichtserklärung haben sich die Beziehungen zwischen den Partner zunehmend enger gestaltet. Endlich wurde und wird die euregionale Zusammenarbeit bis hin zu den örtlichen Laienvereinen und Museen konkret, fühlbar und greifbar. Von da an konnte das Projekt mit ständig wachsender politischer Unterstützung rechnen. Es wurde eine Resonanzgruppe gebildet. Und ein Künstlerisches Team [1] unter der Leitung von Wegbereiter Guido Wevers machte sich an die Arbeit, die kulturelle DNA von Stadt und Euregio freizulegen. Von Anfang an war dabei die Provinz Limburg ein wichtiger und sehr geschätzter Partner. Dank der substanziellen Anschubfinanzierung in Höhe von 2,4 Millionen Euro 18 DER P R O Z ESS Die Initiative VIA-Schulprojekt Virga Jesse College in Hasselt Dezember 2008 – Februar 2011 Mehrnoush Rahmani Präsentation der Erstfassung der Bewerbungsschrift, Übertragung im Fernsehsender L1 Guus Beumer über die Bedeutung der Kulturhauptstadt Europas 2018 für Maastricht und die Euregio konnten 2010 und 2011 Studienprojekte durchgeführt werden, die die Hauptthemen des Bidbook auf ihre Relevanz und auf ihr Potenzial prüften, bei den Beteiligten und in der Bevölkerung Energien freisetzen zu können. Der kulturelle Prozess Im Juli 2009 wurde das „Künstlerische Konzept VIA2018“ vorgestellt. Es umriss die Konturen dessen, was eine Europäische Kulturhauptstadt Maastricht 2018 beinhalten könnte. Damit wurde ein inhaltlich starkes, kulturelles und künstlerisches Fundament für den Prozess hin zum Ziel Kulturhauptstadt 2018 geschaffen. Das kulturelle Feld wurde positioniert, um Teil dieses Prozesses auszumachen. Bedingungen formulieren Auf der Grundlage des „Künstlerischen Konzepts VIA2018“ und nach dessen ersten Konkretisierungen durch das Künstlerische Team erhielt die Universität Maastricht den Auftrag für ein Studienprojekt unter dem Titel „VIA2018 University“. Ergebnis war die Formulierung der Bedingungen für die Verwirklichung des anvisierten Ziels: – Eingehen neuer Verbindungen: Wenn wir ein Grenzgebiet wie die Euregio Maas-Rhein als Ausgangspunkt nehmen, müssen im Mittelpunkt des Programms sowohl die physischen als auch die mentalen Verbindungen stehen. – Neue Formen der Urbanität: Weil uns bewusst ist, dass der Ort für Innovationen beinahe selbstverständlich von jeher der großstädtische Kontext war, werden wir für unser Gebiet mit seinen kleinen bis mittelgroßen Städten andere Herangehensweisen entdecken müssen, um Maastricht Bells Europe, this is your wake-up call! auch hier innovative Kräfte freisetzen zu können. – Neue Strategien der Repräsentation: Die Entwicklung solcher Strategien ist notwendig, weil sich viele Bürger vom heutigen Europa nicht vertreten fühlen. Dabei müssen auch diejenigen gesellschaftlichen Gruppen berücksichtigt werden, an denen die Errungenschaften der Globalisierung vorbeigehen. – Spiegel Europas: Wenn wir die Euregio Maas-Rhein zu einem europäischen Versuchslabor machen wollen, müssen wir uns an Europa und der Welt spiegeln. Rick Tavorian über die Bedeutung der Bewerbung Versuchslabor schaffen Es wurde eine Reihe von parallel durchzuführenden Maßnahmen vorbereitet. Ziel war es, die Beteiligung von Laien und Professionals aus dem kulturellen Feld in Gang zu bringen, die grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu stimulieren und ein Versuchslabor zu schaffen, in dem die formulierten Herausforderungen praktisch, kulturell und künstlerisch untersucht werden konnten. Damit wurde der Prozess in die kulturelle Praxis der Euregio integriert. Er bot gleichzeitig die Chance, aktuelle Entwicklungen aufzugreifen und gemeinsam Zukunftserwartungen zu formulieren. Romy und Gable Roelofsen sind von der Bewerbung begeistert. [1] Dem Künstlerischen Team gehören Persönlichkeiten an, die einen Überblick über das kulturelle und künstlerische Feld der Euregio Maas-Rhein haben, sowie kulturelle Akteure, die mit der internationalen Welt von Kunst und Kultur vertraut sind. 19 D E R PR O Z E SS Gründung der Stichting und 1. Fassung des Bidbook Februar 2011 – März 2012 Gründung der Stichting Maastricht Culturele Hoofdstad 2018 (gemeinsam mit den euregionalen Partnern) und Erstellung der Erstfassung des Bidbook Das Beschlussfassungsverfahren Die formelle Gründung der Stichting Maastricht Culturele Hoofdstad 2018 (MCH2018) war der nächste logische Schritt. Damit waren die politischen Partner in der Lage, innerhalb des Systems von „Cultural Governance“ die professionelle Vorbereitung der Kandidatur und die Ausarbeitung der Bewerbungsunterlagen zu beaufsichtigen. Dafür war zum einen der Vorstandsvorsitzende Huub Smeets verantwortlich, zum anderen Guido Wevers, der in seiner Funktion als Künstlerischer Direktor bestätigt wurde. Gründung der Stiftung MCH2018 Am 22. Februar 2011 wurde die Stichting MCH2018 gegründet und das mit sechs Mitarbeitern besetzte Arbeitsbüro VIA2018 eingerichtet. Der Etat der Stichting beläuft sich bis 1. Januar 2014 auf 6.950.000 Euro. Im März 2011 wurde für die Ausarbeitung der Bewerbungsschrift ein Handlungskonzept vorgelegt und mit dessen Umsetzung begonnen. unabhängig von den politischen Gremien agieren. Letzteres entspricht den Richtlinien der Europäischen Kommission. Ferner amtiert ein Präsidium, bestehend aus dem Aufsichtsratsvorsitzenden, dem Beigeordneten für Kultur der Stadt Maastricht und dem Aufsichtsratsvertreter der Provinz Niederländisch-Limburg. Auf amtlicher Ebene ist zudem eine sog. Resonanzgruppe tätig. Darüber hinaus wurde eine Gruppe von Verbindungspersonen gewonnen, die aus den Partnerregionen bzw. den Partnerstädten stammen und buchstäblich die Verbindungsglieder zu den lokalen kulturellen und sozialen Netzen und den einzelnen Akteuren bilden. Wegen seiner großen Expertise in Bezug auf das Vergabeverfahren für den Titel Kulturhauptstadt Europas wurde bis 2013 das Büro ACULTOS hinzugezogen, das von Oliver Scheytt (dem ehemaligen Geschäftsführer von Essen-Ruhr 2010) geleitet wird. Die Führungsstruktur – einschließlich des klar geregelten Berichterstattungszyklus anhand von Quartalsberichten – wurde umgesetzt. Es folgte eine transparente Abgrenzung der Verantwortlichkeiten und Rollen von Aufsichtsrat, Präsidium, Vorstand und Direktion. Die Maßnahmen, mit denen gemäß Handlungskonzept inhaltliche Beiträge zum Bidbook generiert werden sollten, haben dazu geführt, dass dem Aufsichtsrat am 2. Februar 2012 der erste Entwurf der Texte für die BidbookFassung „0“ in drei Sprachen vorlag. Verhaltenskodex Der Aufsichtsrat der Stichting unter der Leitung des ehemaligen Aachener Oberbürgermeisters Jürgen Linden besteht überwiegend aus Vertretern der Partner. Der Rat hat inzwischen einen Verhaltenskodex verabschiedet, der seine Aufsichtsfunktion besser abgrenzt. Bei der Vorbereitung und Umsetzung des Programms kann die Stichting Bewerbungsschrift, Fassungen 0 und 1 Die Präsentation der Erstfassung des Bidbook am 7. März 2012 im Theater aan het Vrijthof war ein erster öffentlicher Fixpunkt. Gleichzeitig wurde daran gearbeitet, breite Zustimmung zu dem Vorhaben zu erzeugen. Mithilfe einer Organisation wie „Tout Maastricht“ und von Projekten wie „Maastricht Bells“ wurden viele Bürger, insbesondere Jungendliche, aktiviert. Die begeisterte Aufnahme des Bidbook und die vielen Vorschläge zu dessen Vertiefung wurden bei der Erstellung der definitiven Fassung genutzt. In ihr werden die Trümpfe unserer Bewerbung ausgespielt und wird die Notwendigkeit des Projekts weiter präzisiert. Zuhause vor ihren Fernsehgeräten verfolgten Tausende Zuschauer die Präsentation des Bidbook im Regionalsender L1. Ramsey Nasr trägt sein Gedicht „Das europäische Haus“ vor. --Aktuelles Während der Vorbereitung des Bidbook geriet der europäische Gedanke schwer unter Druck. Die komplizierten politischen und ökonomischen Bedingungen, unter denen Europa gegenwärtig gestaltet wird, bieten dem Bürger – und vor allem der Generation, die seit dem Maastrichter Vertrag geboren wurde – keine ausreichende Orientierung für eine nachhaltige Zukunft. Unser Kulturprojekt offeriert die einmalige Chance, einen „dritten Weg“ zu einem stärkeren und vor allem vertrauenerweckenderen Europa zu erschließen. Kunst, Kultur und Kreativität sind keine Wundermittel gegen alle Leiden. Aber sie weisen die Richtung, in die sich das Europa des 21. Jahrhunderts entwickeln kann – aus der eigenen Vergangenheit lernend und das materielle und immaterielle Erbe respektierend. Dafür möchte die Stadt Maastricht gemeinsam mit der Euregio Maas-Rhein ein dynamisches kulturelles Versuchslabor schaffen, das im Zuge eines keineswegs beliebigen Prozesses neue Chancen und Möglichkeiten für das Europa von morgen und für die Euregio aufzeigt und von dem kräftige Impulse ausgehen. 20 DER P R O Z ESS In dem von Prof. Graeme Evans (Universität Maastricht) und anderen verfassten Essay unter dem Titel „VIA2018 – knowledge, learning and creative region“ wird die Transformation der Industrie- in eine Wissensregion zukunftsorientiert dargestellt. Wissenschaftliche Forschung Die dreijährige Gastprofessur (2010-2013) von Prof. Graeme Evans soll zur Entwicklung lokaler Forschungsexpertise beitragen, sodass künftig Fragen zur urbanen und regionalen Entwicklung und zur Rolle der Kultur in Innovationsprozessen autonom untersucht werden können. Analyse der wirtschaftlichen Auswirkungen Ein Beispiel: Schulprojekt VIA2018 Europäische und euregionale Künstler waren acht Wochen gemeinsam mit Schülern und Lehrern an 22 Schulen der Euregio tätig (Gymnasien, Förderschulen, technischen Berufsschulen und in Jugendstrafanstalten). Es handelte sich nicht um ein Kunstprojekt, sondern Kunst war ein Mittel, die Kraft und die Potenziale der eigenen Kreativität zu entdecken, diese zu nutzen und damit die persönliche Entwicklung zu stimulieren. Jedes Kind hat Talente und Zukunftsträume, deren Entdeckung den Weg zu einem nächsten Schritt öffnet. Zu den in der Euregio vertretenen kulturellen Disziplinen, die Bestandteil der Sondierungen waren, gehörten: Volkskultur, Kreativindustrie, kulturelles Erbe, industrielles Erbe, Bildung, Popmusik, Film, Städtebau und Landschaft, Tourismus, Tanz, bildende Kunst, Sammeltätigkeit. Der kulturelle Prozess Umsetzung einer Reihe von Parallelmaßnahmen: Sechsundzwanzig Studienprojekte Es wurden 26 Studienprojekte vergeben, die sich ausgewogen auf die kulturellen Akteure der Euregio verteilen. Ausgangspunkt war dabei die Konkretisierung der formulierten Herausforderungen, um so in der Praxis testen zu können, ob das Kulturprogramm in der Lage ist, einen Beitrag zu den gewünschten Entwicklungen zu liefern. Außerdem wurde nach einer möglichst breiten Streuung über die verschiedenen kulturellen Disziplinen und nach interdisziplinärer Zusammenarbeit gestrebt, um auf diese Weise deren jeweiliges Potenzial zu prüfen. Ein Beispiel: Schulprojekt VIA2018 Europäische und euregionale Künstler waren acht Wochen gemeinsam mit Schülern und Lehrern an 22 Schulen der Euregio tätig (Gymnasien, Förderschulen, technischen Berufsschulen und in Jugendstrafanstalten). Es handelte sich nicht um ein Kunstprojekt, sondern Kunst war ein Mittel, die Kraft und die Potenziale der eigenen Kreativität zu entdecken, diese zu nutzen und damit die persönliche Entwicklung zu stimulieren. Jedes Kind hat Talente und Zukunftsträume, deren Entdeckung den Weg zu einem nächsten Schritt öffnet. Sondierungen durch 100 Persönlichkeiten An den Sondierungen beteiligten sich rund 100 Akteure aus vielen der in der Euregio vertretenen kulturellen Disziplinen. Es ging um die Entdeckung und Formulierung zukunftsorientierter kultureller Potenziale in der Euregio und um deren Übertragung in erste Ansätze für das Programm. Austausch mit Malta Mit Vertretern aus Malta gab es in den Niederlanden und auf Malta sowohl auf politischer als auch auf künstlerischer Ebene einen kurzen Austausch über Konzept und Ideen. Ergebnis war eine Vereinbarung über konkrete Projekten und Disziplinen, mit denen in den Jahren 2017 bis 2019 die Zusammenarbeit gestaltet werden kann. Daneben wurde ein Austauschprogramm durchgeführt, das die Einbeziehung der Kreativindustrie über FashionClash bezweckte. Leitbild 2018 Drei Wissenschaftler und ein Journalist wurden gebeten, ihre Vorstellungen von der Zukunft „2018“ zu formulieren. Unter dem Titel „Maastricht – Euregion as European Capital of Culture in 2018“ schrieb der Wirtschaftswissenschaftler Prof. Luc Soete (Universität Maastricht) einen Essay über mögliche Zukunftsszenarien für Europa und über die Notwendigkeit einer größeren Rolle der Kultur in der europäischen Debatte, einem Europa, das durch die sich schnell verändernde öffentliche Bewertung der Rolle und Bedeutung Europas als Qualitätslabel für seine Bürger – insbesondere auch für die niederländischen Bürger – unter großem inneren Druck steht. Prof. Hans Mommaas (Universität Tilburg) untersuchte die Bedeutung des Alltags als Quelle der Innovation und als Thema des Kultur- und Kunstprogramms. Sein Essay unter dem Titel „Art & Culture as Transnational Antidote“ erkundet den Alltag und umreißt den Rahmen, auf den sich das zu entwickelnde Programm beziehen muss. Der Schriftsteller und Journalist Alain Delaunois (Lüttich) stellte in „L’enlèvement de l’Europe“auf inspirierende Weise seine Zukunftsvision Europas vor. Die Agentur Policy Research führte eine umfassende Analyse zu früheren europäischen Kulturhauptstädten durch. Daraus kristallisierten sich Lille, Liverpool und Essen als Vorbilder für die auch mit unserer Kandidatur angestrebte Strukturenwicklung heraus. Deren Konzepte können als solide Business-Szenarien dienen. Im Anschluss wurden eine Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen und eine Analyse von Infrastruktur und touristischen Kapazitäten durchgeführt. Hauptthema Die inhaltlichen Beiträge all dieser Projekte, Sondierungen und Studien wurden – gekoppelt an die immer enger werdende institutionelle Kooperation – vom Büro VIA2018 und dem Künstlerischen Team in die Bewerbungsschrift eingearbeitet. Die Überzeugung, dass die Erschließung, Neuwürdigung und Nutzung der kulturellen Vielfalt und deren Verankerung im Alltag eine neue Zukunftsperspektive für die Euregio und Europa aufzuzeigen vermögen, führte nahezu automatisch zu unserem Hauptthema Europa wiederentdecken. Daraus resultierte dessen Umsetzung in die vier Programmlinien „In vielen Sprachen sprechen“, „Erinnerung an morgen“, „Spiegel Europas“ und „Gelebtes Europa“. Die Ergebnisse wurden dem kulturellen und sozialen Feld der Euregio vorgelegt und dort diskutiert. Sieben städtische Arbeitsgruppen, rekrutiert aus kulturellen Akteuren der ganzen Euregio, machten sich an die Arbeit. Das im europäischen Kontext entwickelte und darin verortete Thema – die Euregio als Versuchslabor für Europa bzw. als Versuchslabor für die Bürger, damit sie ihren Platz in der multikulturellen Wirklichkeit finden – erfordert ein Programm, in dem die Beziehung zwischen der Kultur und dem Alltag der Bürger ernst genommen wird. In diesem Zusammenhang wurde das kulturelle Feld aufgefordert, wegweisende Programmvor- 21 25. Januar 2012 Das Freiluftkonzert “Maastricht Bells” mit 1.700 Schulkindern war ein emotionsgeladener Start des Projekts Maastricht Kandidat Europäische Kulturhauptstadt 2018. 22 DER P R O Z ESS Immer mehr Menschen begeistert vom Projekt 2018 schläge einzubringen. An den mehr als 28 Arbeitssitzungen beteiligten sich über 250 Personen, die rund 160 Vorschläge für das Programm vorlegten. Januar 2012 statt. Nicht weniger als 1.700 Schulkinder nahmen teil. Das Konzert war der emotionale Auftakt des Projekts „Maastricht kandidiert als Kulturhauptstadt Europas 2018“. „Génération Maastricht“ „Tout Maastricht“ singt, tanzt, schafft, spielt, schreibt ... und staunt. Einer von ihnen ist Erwin. Er spielt Gitarre. Partizipation und Interaktion mit der Bevölkerung der Euregio und Europas Neben der Partizipation des kulturellen und sozialen Feldes ist eine umfassende Einbeziehung der Bevölkerung vorgesehen. Ziel ist, die Bürger begreifen zu lassen, welche Rolle die Kultur in ihrem täglichen Leben spielt, ihnen diese wieder näherzubringen und neue Energie freizusetzen. Eine Energie, die notwendig ist, um den Blick über die eigenen Grenzen hinweg zu wagen. Kultur als Instrument zur Schaffung eines neuen mentalen Raumes. Tout Maastricht Der Kurzfilm VIA2018 von Stijn Meuris macht ausführlich mit der Euregio MaasRhein bekannt. Mit Unterstützung der Elisabeth-StrouvenStiftung begann 2011 in Maastricht ein dreijähriges Kunst- und Kulturpartizipationsprojekt. Vierzigtausend Maastrichter Kunstschaffende wurden aufgefordert, sich an einer der zahllosen kulturellen Aktivitäten zu beteiligen. Unter dem Titel „Singe, tanze, schaffe, spiele, schreibe und bewundere“ werden in Schulen, in Wohnvierteln und im großen Feld der Laienkunst Kurse, Gesangsund Kompositionswettbewerbe, Poetry Slams, Parkkonzerte und vieles andere veranstaltet. Stand September 2012: Es konnten 25.000 Menschen erreicht werden. Das Projekt „Tout Maastricht“ wurde den anderen Partnerstädten als inspirierendes Beispiel zur Umsetzung einer breiten Partizipationsbewegung angeboten, natürlich unter Berücksichtigung der jeweiligen speziellen Konzepte und Möglichkeiten . Maastricht Bells Studierende des Maastrichter Konservatoriums schrieben eine Komposition für Carillon und Handglocken. Zur Vorbereitung der Aufführung besuchten Schulkinder Workshops, in denen sie den Umgang mit den Handglocken erlernten. In jeder Schule wurde geprobt, um schließlich gemeinsam die Aufführung auf dem zentralen Platz Maastrichts, dem Vrijthof, durchführen zu können. Dieses Freiluftkonzert fand am 25. Im Rahmen eines Projekts unternahmen fünf Studentinnen aus der Gegend von Lyon im August 2011 eine Kulturreise entlang der vielen europäischen Kulturstädte („en quête d’Europe“). Sie wollten ihre europäische Unionsbürgerschaft und die kulturelle Vielfalt Europas am eigenen Leibe erfahren. Als im Jahr 1992 Geborene nannten sie sich „Génération Maastricht“. Wir haben sie nach Maastricht eingeladen und sie wollen sich für unsere Kandidatur und unser Hauptthema «Europa wiederentdecken“ einsetzen. Sie versinnbildlichen die Positionierung Jugendlicher durch Maastricht & Euregio 2018. Jugendliche sollen animiert werden, neue Formen des transnationalen Lebens zu erkunden. Im Hinblick auf Kulturveranstaltungen und durchlaufende Lernprozesse werden viele Aktivitäten für Jugendliche aller Bildungsniveaus organisiert. Die junge Generation wird ab 2014 innerhalb der Organisation der Kulturhauptstadt 2018 einen festen Platz erhalten. Investieren in ehrenamtliche Helfer Bei der Verwirklichung unserer Ziele sind ehrenamtliche Helfer unverzichtbar. Sie sind nicht nur eine mehr als willkommene Ergänzung der professionellen Organisation, sondern erhöhen auch deren Belastbarkeit. Je mehr Menschen sich mit dem Ziel Kulturhauptstadt Maastricht & Euregio 2018 verbunden fühlen und je mehr die Begeisterung wächst, desto mehr Menschen werden in diese Dynamik einbezogen und desto mehr werden sich für das Projekt einsetzen. Entsprechend dem Mehrjahresprogramm und dem von uns eingeleiteten Prozess unterscheiden wir mehrere Phasen, in denen auch die Rolle der ehrenamtlichen Helfer zunimmt. In der ersten Phase sehen wir die Freiwilligen hauptsächlich als Botschafter. Sie unterstützen das formulierte Ziel und wollen es aktiv propagieren. In Schulen, auf Veranstaltungen, mithilfe von Infoständen und sozialen Medien ist es uns gelungen, viele ehrenamtliche Helfer zu gewinnen. In dieser Phase hat auch das Büro VIA2018 mit einer kleinen, aber festen Gruppe Freiwilliger gute Erfahrungen gemacht. Und noch vieles mehr… Sonntagvormittags findet monatlich im Centre Ceramique in Maastricht, der Heimstätte von VIA2018, eine kulturelle Talkshow unter Leitung des Künstlerischen Direktors statt. Die Gäste und das Publikum werden Schritt für Schritt in die Suche ein- bezogen, auf die sich die Projektorganisation von Maastricht & Euregio 2018 begeben hat. Der Erfolg des „Kulturfrühschoppens“ fand in den anderen Städten der Euregio Nachahmung. Uns gelingt es immer besser und nachhaltiger, dem Projekt über unsere Kommunikationskanäle zu noch größerer Bekanntheit zu verhelfen. Dabei wirkt sich die Nutzung der sozialen Medien beschleunigend aus. Projekte wie „Botschafter des Geschmacks“, bei dem die unterschiedlichen Geschmäcker und Vorlieben, die in den verschiedenen Kulturen der Euregio zu finden sind, demonstriert werden, helfen, die Vielfältigkeit der Kulturen und die Entdeckung der damit verbundenen Möglichkeiten immer genauer in den Blick zu bekommen. Langsam beginnt sich das Bewusstsein durchzusetzen, dass Bürger keine Zuschauer, sondern selbst Akteure in diesem Prozess sind. 23 D E R PR O Z E SS Nach der Präsentation der Erstfassung der Bewerbungsschrift März 2012 – Anfang 2014 Von der Präsentation der ersten Bidbook-Fassung bis zur Bekanntgabe der endgültigen Entscheidung der Jury und zur Formalisierung der Entscheidung Das Beschlussfassungsverfahren Jeder Jugendliche kann sein Talent in einem der Kulturpartizipationsprojekte zeigen.. Nach der Präsentation der ersten Bidbook-Fassung am 7. März 2012 wurde von den Partnermagistraten und regierungen das Beschlussfassungsverfahren mit großer Entschiedenheit vorangetrieben, damit Ende August 2012 die Bewerbungsschrift in ihrer definitiven Form dem Stadtrat von Maastricht vorgelegt werden konnte. Starkes, demokratisch bewilligtes Angebot von 80 Millionen Euro Auf der Aufsichtsratssitzung vom 10. Juli 2012 wurde festgestellt, dass die elf ursprünglichen Partner und die beiden neuen Partner Genk und Tongeren gemeinsam für die Erstellung der Bewerbungsschrift gesorgt haben. Das Bidbook wird von der großen Mehrheit der beschließenden Volksvertreter getragen und ist mit einer Finanzierungsregelung verbunden, zu der die EuregioPartner 20 Millionen Euro und die Provinz Niederländisch-Limburg 20 Millionen Euro beisteuern. Zusammen mit den bereits im Mehrjahreshaushalt der Stadt Maastricht ausgewiesenen 20 Millionen Euro und den von Wirtschaft, niederländischem Staat und Europäischer Kommission in Aussicht gestellten 20 Millionen Euro kann somit ein mehrheitlich und demokratisch verabschiedetes Angebot in Höhe von 80 Millionen Euro unterbreitet werden. Beteiligung von Nicht-Partnern Wichtig ist auch, dass weitere Partner an dem Projekt interessiert sind, beispielsweise die Stadt Kerkrade, die Mittel freigemacht hat, um das Programm 2018 zu unterstützen. Außerdem wurden Besuche bei allen kleineren Gemeinden Südlimburgs organisiert („Girlande Südlimburg“). Die Gemeinden unterstützen ebenfalls auf erkennbare Weise die Kandidatur. Am 18. September 2012 nahm der Stadtrat von Maastricht den formellen Beschluss, die Stadt definitiv als Kandidat für 2018 anzumelden und die Partner aus der Euregio in diesen ambitionierten Prozess einzubeziehen. Ein Schwerpunkt war ferner die Initiierung einer intensiven Partizipationsbewegung, mit der die Öffentlichkeit für das Projekt begeistert wurde. Die Vorbereitung und die Abstimmung mit den Organisationen der Manifesta 9, der Designbiennale Lüttich und des Festivals „Across the Borders“ (drei wichtigen Interreg-Projekten) wurde in Angriff genommen, damit eine erfolgreiche Gestaltung der Parallelprogramme möglich wird. Seit März 2012 wurde die Kommunikationsstrategie intensiviert – mit stärkterer Betonung der sozialen Medien und der Webseite, mit regelmäßigen Newslettern, Kulturfrühschoppen und Präsentationen vor der breiten politischen, kulturellen und gesellschaftlichen Öffentlichkeit sowie der Wirtschaft. Im Sommer 2012 schrieben der international renommierte Designer und Professor Michele De Lucchi und Luc Soete, inzwischen Rektor der Maastricht Unversity, tiefgründige und inspirierende Essays. Ihr Thema ist die Zukunft Europas, das Verhältnis zwischen den heutigen Senioren und der Generation Maastricht sowie die Stellung, die Maastricht und die Euregio 2018 einnehmen können Vertiefung und Verbesserung der 1. Fassung der Bewerbungsschrift zwecks Erstellung des definitiven Bidbooks, das bis zum 1. November 2012 eingereicht werden muss. Dabei zeigte sich, dass sich die Anstrengungen gelohnt haben, als einziger niederländischer Kandidat schon so früh durch Präsentation einer ersten Bidbook-Fassung für alle Seiten Transparenz herzustellen (25.000 Exemplare in vier Sprachen). In der Phase nach Einreichen der definitiven Bewerbungsschrift trifft die Jury am 29. und 30. November 2012 eine erste Auswahl. Nach dem erhofften positiven Ergebnis für Maastricht und die Euregio MaasRhein wird die kritische Befragung durch die Jury zu einem inhaltlichen Angebot führen, in dem die Akzente u.a. auf der weiteren Zusammenarbeit mit anderen wichtigen Euregios liegen werden. Letztere wurde Mitte 2012 bereits durch das Büro VIA2018 eingeleitet. In der finalen Bewerbungsschrift sind auch wichtige Partner aus der Wirtschaft präsent, die ihre Unterstützung von Maastricht & Euregio Maas-Rhein bekräftigen. In Zusammenarbeit mit der Wirtschaft nimmt im November 2012 zudem der Thinktank „Wirtschaft und Kultur“ seine Arbeit auf, der Schrittmacher auf der Suche nach WinWin-Situationen für sowohl Kultur als auch Wirtschaft sein will. Die Universität Maastricht fungiert in Verbindung mit anderen Universitäten und Hochschulen aus der Euregio als fester Partner. Gleichzeitige Verwirklichung einer breiten euregionalen Kultur- und Partizipationsbewegung Partizipationsprojekte Ab der zweiten Jahreshälfte 2012 werden bis Ende 2013 – auch dank der finanziellen Unterstützung durch die Provinz Niederländisch-Limburg – fünf euregionale Partizipationsprojekte entwickelt und umgesetzt. Die Projekte unter den Namen „Tag der Wohnviertel“, „Girlande Südlimburg“, „Euregionale Woche des Laien“, „Euregioportal“ und «Tefaf New Generation“ bieten die Chance, in der Euregio eine breite Partizipationsbewegung anzukurbeln. Ausbau der Freiwilligenorganisation Es wurde ein Koordinator eingestellt, der die Freiwilligenorganisation besser strukturiert und begleitet, wobei die ehrenamtlichen Helfer vor allem anlässlich bestimmter Aktivitäten aufgerufen und eingesetzt werden. Über Studierende/Praktikanten wurde unter anderem Kontakt zu Studentenverbänden aufgenommen, um mit ihnen gemeinsam zu prüfen, wie Studenten in den Prozess einbezogen werden können und wie dies praktisch zu regeln ist. Dasselbe wurde mit Nachbarschaftsorganisationen und Laienkunstvereinen geprüft. 24 DER P R O Z ESS Engagierte Studenten, beispielsweise bei EuroMun Maastricht 2012 Fünfhundert internationale Studierende trafen sich eine Woche lang in Maastricht zum Thema „Peace, Progress, Prosperity: Forging New Paths in Uncertain Times“, wobei sie unter anderem die Ausarbeitung eines eigenen Maastrichter Vertrages simulierten. Präsentation des Bidbook 1.0 im März 2012 Am 7. März 2012, acht Monate vor dem Einreichen der finalen Bewerbungsschrift, wurde der Öffentlichkeit unsere BidbookFassung 1.0, im Rahmen einer groß aufgezogenen Veranstaltung im Theater aan het Vrijthof in Maastricht präsentiert. Dem Ereignis wohnten mehr als 900 Gäste bei, während viele tausend andere das Ereignis live im Fernsehsender der Provinz Limburg (L1) verfolgen konnten. Die Präsentation hatte enormen Einfluss – nicht nur, weil der Öffentlichkeit gezeigt wurde, worum es bei der Europäischen Kulturhauptstadt Maastricht 2018 geht. Es war zu spüren, was mit diesem Projekt alles erreicht werden kann, sollten Maastricht und die Euregio den Titel bekommen. Dieser bewegende Abend verdeutlichte, wie stark das Projekt von breiten Schichten der Bevölkerung getragen wird und wie dringend wir als Stadt und Region das Projekt brauchen, wenn wir einen Schritt in eine neue Zukunft machen wollen. Durch dieses emotionale Erlebnis begann das Projekt in der Bevölkerung zu leben. Dass dabei Europa in anderer Weise (kulturelle Vielfalt, verwoben mit der alltäglichen Lebenspraxis) als sinnvoll präsentiert wurde, war für viele eine Überraschung. In Nachfolge dieser öffentlichen Präsentation wurden auch in anderen Städten und Regios auf das jeweilige lokale Umfeld und dessen Einwohner zugeschnittene Veranstaltungen organisiert. Es fanden Veranstaltungen in Aachen, Düren, Raeren und Eupen statt. Frühstück und stellten stolz die wichtigsten kulturellen Aktivitäten ihres Viertels zur Schau. Es gab eine Modenschau mit für diesen Anlass entworfenen MCH2018-Kostümen. Chöre sangen für Maastricht & Euregio 2018 komponierte Lieder. Breakdancer zeigten auf ihre Weise ihr Können. Gedichte, die die Seele der Stadt zu erfassen suchten, wurden vorgetragen. Alle feierten miteinander, wie schön es wäre, wenn Maastricht und die Euregio den heißbegehrten Titel Kulturhauptstadt Europas 2018 erhalten würden. Auf Stadtteilebene wurde erlebt, dass Stadt und Region möglicherweise vor einem mentalen Wandel stehen, dass die Stadt ihre Fenster weit aufsperren und eine Zusammenarbeit über Grenzen hinweg auf Bürgerebene verwirklichen muss. Es ist eine Bewegung, die in Maastricht von Viertel zu Viertel bereits realisiert wurde und die nun von Stadt zu Stadt quer durch die Euregio Gestalt erhält. Die Woche des Laienkünstlers Laienschauspieler, Filmemacher, Musiker, Tänzer und Maler sind aufgefordert, im Rahmen von Projekten zu untersuchen, was kulturelle Vielfalt für die alltägliche Praxis bedeutet. Auf welche Widerstände stößt man dabei und welche psychologischen und emotionalen Chancen sind damit verbunden? Dazu werden grenzüberschreitende Projekte gestartet, die Ende Mai 2013 in einer euregionalen „Week van de Amateur“ (Woche des Laien) gipfeln und feierlich im Maastrichter Fußballstadion abgeschlossen werden. Wohnviertel machen 2018 bunt Unter dem Titel „De buurt kleurt 2018“ (Stadtteile machen 2018 bunt) wurde am 4. Juni 2012 von den Maastrichter Stadtteilvertretungen ein erster Tag der Wohnviertel durchgeführt: 300 Einwohner Maastrichts trafen sich an einem Samstag zu einem Über u.a. Frühstücke in Wohnvierteln, Stadtparkkonzerte und Kampagnen beziehen wir möglichst viele Menschen in die Bewerbung mit ein. 25 II DAS PR OG R A M M Das Thema „Europa wiederentdecken“, umgesetzt in Programmlinien 26 27 KAPITEL 4 : DAS P RO G RA M M Europa wiederentdecken – Die Expedition In Anbetracht der Tatsache, dass in der Euregio Maas-Rhein Nord- und Südeuropa, die germanische und die romanische Kultur aufeinander treffen, wurde der Titel „Europa wiederentdecken“ als Kernthema für Maastricht & Euregio 2018 gewählt und wurde die Euregio als Versuchslabor definiert. Diese Wahl war das Ergebnis einer umfassenden Befragung der Bevölkerung und des Kultursektors.. Um ein Kulturprogramm, das gerade „die kulturelle Vielfalt“ nutzen möchte, umsetzen zu können, muss man die Möglichkeiten der verschiedenen Kulturen entdecken, erforschen und nutzen. Zu diesem Zweck haben wir vier Programmlinien erarbeitet, die den Rahmen abstecken, in dem ein konkretes Kulturprogramm entwickelt werden kann. Im Vordergrund steht dabei der Kontakt mit der Wirklichkeit des Alltags (in einer mehrsprachigen Region müssen die Menschen, die dort leben, die Sprache, die Bilder, die „Kultur“ der anderen kennen lernen und sich zu eigen machen, um miteinander kommunizieren zu können). Die Projekte, die wir vorstellen, sind Beispiele für kulturelle Aktivitäten, mit denen wir glauben, unser ehrgeiziges Ziel in die alltägliche Wirklichkeit umsetzen zu können. Freie Bahn für Experimente Gemälde von Fons Haagmans OLS, 200 x130 cm Gleichzeitig wissen wir, dass, wenn Maastricht & Euregio 2018 den „Prozess“ in den Mittelpunkt rücken möchte, dieser „Prozess“ auch integraler Bestandteil des Programms sein muss. Dem Experiment, der Kraft des Erforschens von Kultur, muss viel Raum gegeben werden. Wir sind offen für das, was wir noch nicht wissen. Wir begrüßen die Ungewissheit. Wir sehen Maastricht & Euregio 2018 als Expedition. Das Ziel liegt ganz klar vor unseren Augen, doch der Weg dorthin steht noch nicht fest. Wir wollen jedoch keine Unverbindlichkeiten eingehen. Deshalb legen wir einen Rahmen fest. Deshalb geben wir mit unseren Programmlinien eine Richtung vor. Voraussetzungen schaffen Wir schaffen Voraussetzungen und Raum für Experimente, sodass der Prozess beziehungsweise die Expedition ihre eigenen Wege einschlagen können. Wenn wir den Titel Maastricht & Euregio 2018 bekommen haben, wird das Büro Via 2018 für eine kurze Zeit seine Türen schließen. In dieser Phase wird eine feste, langfristige Projektorganisation etabliert, durch die die inhaltlichen, organisatorischen, produktionellen, finanziellen und kommunikativen Aspekte des Projekts Maastricht & Euregio 2018 umgesetzt werden können. Die Projektorganisation entwickelt für die Jahre 2015, 2016 und 2017 jene Studienprojekte, die später als Maßgabe für die Zusammenstellung des Programms für 2018 und 2019 dienen werden. Der „Génération Maastricht“ wird eine wichtige Rolle im VIA2018-Team zukommen. Die „Génération Maastricht“ wird, ganz nach ihren Vorstellungen, auch das endgültige Programm mitentwickeln. Talentförderung im Mittelpunkt Talentförderung ist einer der Schwerpunkte bei der Entwicklung des Programms für Maastricht & Euregio 2018. Dabei soll die Expertise der Ausbildungseinrichtungen für künstlerische Berufe in der Euregio als „Best Practice“-Beispiel, als leuchtendes Vorbild dienen. Die Richtung vorgeben Die Projekte, die wir heute vorstellen, betrachten wir, nach heutigem Wissensstand, als richtungsweisend. Selbstverständlich ist die Umsetzung dieser Projekte unser erklärtes Ziel. Vorerst aber sollen die Projekte unser Programm vorzeichnen und die kulturelle Anziehungskraft unserer Euregio aufzeigen. Europa wiederentdecken Die Kandidatur Maastrichts und der Euregio Maas-Rhein bietet die Chance, jene Kompetenzen zu entwickeln, die für den täglichen Umgang mit einer Vielfalt an Kulturen notwendig sind. Die Stärke Europas liegt in seiner kulturellen Vielfalt, die, so paradox es klingt, sowohl Gegengewicht als auch Voraussetzung für ein zentralisierteres Europa ist. Durch Nutzung dieser Vielfalt kann Europa sich selbst und der ganzen Welt viel bieten. Europa muss sich selbst wiederentdecken. 28 DA S P R O GR AMM Drei Jahre haben die Vorbereitungen für Maastricht & Euregio 2018 gedauert. Drei Jahre der Gespräche, Sitzungen, Forschungsarbeit und Präsentationen mit und vor Vertretern aus Kultur und Politik. Euregioweit. Am Anfang stand die aufregende Vorstellung: Wenn Maastricht und die Euregio Kulturhauptstadt Europas werden würden, dann könnten vielleicht, wer weiß, Kunst und Kultur „ins Rampenlicht“ gerückt werden. Wir waren schon lange der Überzeugung, dass Maastricht und die Euregio sich nach außen öffnen sollten. Dann erwachte der Ehrgeiz. Das künstlerische Team formulierte die ersten Ansätze. Die ersten Träume. Was würde dieses Projekt nicht alles in Gang bringen können? Dann wurde der Kultursektor mit ins Boot geholt. Es entstand eine breite Bewegung. Irgendwann kam das Bewusstsein, dass Maastricht und die Euregio Maas-Rhein buchstäblich „Gold in Händen halten“. Wo Kulturen aufeinander treffen, wird Energie frei. Dort entstehen möglicherweise ganz neue Perspektiven. Wenn wir den Mut haben, wenn wir es wagen, unsere eigenen „Grenzen“ zu überschreiten, dann gelingt es uns vielleicht, die Stadt Maastricht und die umliegende Region nach außen zu öffnen. Kunst und Kultur haben das Potenzial, diesen Gedanken für uns zu visualisieren. Das erfordert den bedingungslosen Einsatz dafür, dass gerade die kulturelle Vielfalt als Ansatzpunkt dienen kann. Keine leichte Aufgabe. Viele Hindernisse gilt es zu überwinden, doch die neue Perspektive zeichnet sich bereits am Horizont ab. Die einzigartige Chance, durch Kunst und Kultur für uns selbst und für diese gesamte Region eine neue Zukunft zu schreiben. Und damit Europa neu zu entdecken. Guido Wevers, Künstlerischer Leiter 29 DA S PR O G R A MM Europa wiederentdecken: das Thema in Programmlinien Speaking in Tongues Mit dieser Programmlinie wird sichtbar, wie wir in vielen Sprachen sprechen und kommunizieren. Dies nicht nur auf Französisch, Deutsch, Niederländisch und in den vielen Sprachen der Einwanderer, sondern auch in den Sprachen der Bilder, der Geräusche, des Geschmacks und des Körpers. Remembering the Future Mit dieser Programmlinie wird sichtbar, wie die Vergangenheit visualisiert und mit der Gegenwart und der Zukunft verbunden werden kann. Mirroring Europe Mit dieser Programmlinie wird sichtbar, wie wir unseren Horizont öffnen und eine Verbindung mit Europa und der ganzen Welt schaffen können. Living Europe Mit dieser Programmlinie werden unsere Träume und Visionen in die Wirklichkeit unseres täglichen Lebens umgesetzt. Den Kern der Programmgestaltung bildet die Programmlinie Speaking in Tongues (Sprechen in vielen Sprachen). Es geht darum, all das, was wir in unserer Vorstellung klar vor Augen haben, verständlich zu machen und dafür zu sorgen, dass diese Vorstellungen integraler Bestandteil unseres täglichen Lebens werden. Den Kontext für diesen Prozess entwickeln wir, indem wir die Vergangenheit zur Gegenwart machen und mit Remembering the Future (Erinnerung an das, was sein wird) die Grundlage entwickeln, auf der der Innovationsprozess beginnen kann. Wir sind uns bewusst, dass wir unseren Blick für Europa und die Welt öffnen müssen, und dass Voraussetzungen geschaffen werden müssen, damit die Welt einen Platz in unserer Region erhält. Darum geht es in Mirroring Europe (Europa spiegeln). Dies sind die Programmlinien, mit denen der Prozess, der uns vor Augen schwebt, initiiert werden soll. Als Ergebnis dieses Prozesses betrachten wir die Programmlinie Living Europe (Europa leben), in der die ihr vorausgehenden Programmlinien gebündelt werden. Im Jahr 2018 schließlich muss sichtbar werden, inwieweit unsere Ziele umgesetzt wurden. Den Prozess beginnen wir in den Jahren 2015, 2016 und 2017. In dieser Phase setzen wir vorbereitende Projekte um, die den Weg für die Programmlinien Speaking in Tongues, Remembering the Future und Mirroring Europe ebnen. Die Phase der Programmgestaltung erstreckt sich über die Jahre 2017 bis Ende 2019. Einen Schwerpunkt setzen wir im Jahr 2018 mit der Programmlinie Living Europe. Wir verwenden das Bild des Vogels, um den Zusammenhang zwischen den Programmlinien zu verdeutlichen. 30 DAS PR O G R A MM Speaking in Tongues Wir sprechen viele Sprachen und doch verstehen wir einander. In der Programmlinie Speaking in Tongues entdecken und nutzen wir die Vielfalt an „Sprachen“ der europäischen Kultur. Nicht nur die vielen verschiedenen Sprachen, die tatsächlich in der Euregio und in Europa gesprochen werden, sondern auch die vielen verschiedenen Sprachen der Künste: Die Malerei und die Medien sprechen eine visuelle Sprache, die Bildhauerei artikuliert sich in der Sprache der Formen, die Musik spricht die Sprache der Klänge und so weiter. In drei Abschnitten – Sprache und Sprachen, Bildersprache und Sprache und Musik – beschreiben wir, wie diese Programmlinien aussehen könnten. 31 32 DA S P R O GR AMM – SP EAKI N G I N TO N GU ES Sprache und Sprachen Ein kulturelles Sprachenprojekt: die Geschichte der Sprache und Literatur Europas Heinrich von Veldeke ist der erste namentlich erwähnte Schriftsteller, der in der zu seiner Zeit in der Euregio gesprochenen Volkssprache schrieb. Einer Sprache, in der germanische und romanische Einflüsse aufeinandertrafen. Sein Werk, unter anderen, war die Grundlage für sowohl die deutsche als auch die niederländische Literatur. Im Rahmen des Themas „Europa wiederentdecken“ stellt Maastricht & Euregio 2018 ein Projekt vor, mit dem „die Geschichte der Sprache und Literatur Europas“ erzählt werden soll. Das Projekt besteht aus zwei Teilen: a) einer Studie über die Bedeutung Van Veldekes für die Literatur Europas und b) einer Aufforderung an europäische Schriftsteller, die Zukunft Europas darzustellen. Die Wiederentdeckung der frühen europäischen Lyrik Henrik van Veldeke Mit diesem Projektteil wurde im Jahr 2010 begonnen, als Maastricht & Euregio 2018 in Zusammenarbeit mit dem Musikzentrum Dommelhof Neerpelt ein Forschungsprojekt mit dem Titel „Das lyrische Werk des Heinrich von Veldeke“ in Auftrag gab. Die Katholische Universität Löwen hat gemeinsam mit der Pariser Sorbonne die Musik erforscht, die in Verbindung mit dem lyrischen Werk Van Veldekes steht. Zu diesem Zweck wurden alte Partituren ausfindig gemacht und, soweit notwendig und möglich, neu aufgeschrieben. Die früheste „europäische“ lyrische Musik ist dadurch heute (teilweise) wieder zugänglich. Ein Schatz an verloren gewähntem europäischem (literarischem und musikalischem) Kulturerbe wurde wiederentdeckt. Dieser Schatz soll nun der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Maastricht & Euregio 2018 lässt diese wiederentdeckten Lieder und Gedichte Van Veldekes aufführen und bringt sie damit für jedermann spür- und sichtbar in das kulturelle Leben zurück. In Zusammenhang damit vergeben wir, wieder in Zusammenarbeit mit dem Musikzentrum Dommelhof Neerpelt, internationale Kompositionsaufträge. Wir beauftragen Komponisten zeitge- nössischer Musik damit, das Werk Van Veldekes neu zu interpretieren. Wir schaffen eine Neuinterpretation der (frühsten) europäischen lyrischen Musik. Diese Modernisierung des Werks Van Veldekes ist der Beginn eines ehrgeizigen Sprachen- und Literaturprojekts. Die Euregio Karls des Großen lag nach Van Veldekes Lebens- und Schaffenszeit nicht länger im Zentrum der Macht. Das Europa, wie wir es heute kennen, breitete sich immer weiter aus. Durch politische und wirtschaftliche Entwicklungen verlagerten sich Macht- und (wirtschaftliche) Wirkungszentren fortwährend. Gleichzeitig und in gleichem Maße verschoben sich die Zentren künstlerischen Schaffens. „The story of a European language and literature“ erzählt diese Geschichte Europas mit Blick auf seine Sprache und Literatur. Neben der Modernisierung des Werks Van Veldekes beauftragt Maastricht & Euregio 2018, wieder auf der Grundlage wissenschaftlicher Forschungsarbeit vergleichbar mit dem vorgenannten Forschungsprojekt, Literaturexperten wie Professor Wiel Kusters mit einem groß angelegten (historischen) Literaturforschungsprojekt. Die Forschungsarbeit dazu wird in den Jahren 2014 bis 2016 durchgeführt. Die Ergebnisse werden in den Jahren 2017 bis Ende 2019 im Rahmen von Ausstellungen präsentiert, in Seminaren diskutiert und in verschiedenen Präsentationen zum Thema „Die Geschichte Europas“ vorgestellt. „The Story of a European language and literature“ bietet uns die Möglichkeit, Teilprojekte zum Thema Sprache und Literatur zu entwickeln. So möchten wir etwa ausgehend vom Werk des Maastrichter Dichters Pierre Kemp (der sich in seinem Werk Jahrhunderte nach Van Veldekes Schaffenszeit wieder auf diesen bezog) ein europäisches Lyrikprojekt mit dem Thema „Dichter in Europa“ entwickeln. Gleichzeitig stellt sich die Frage, wie das moderne Europa seine kulturelle Vielfalt nutzen möchte. Wir möchten „Europa wiederentdecken“, indem wir die Zukunft Europas als eine der Einheit in der Vielfalt beschreiben. In diesem Sinne entsteht im Themenfeld Sprache und Literatur ein zweites Teilprojekt. Einladung an europäische Schriftsteller, die Zukunft Europas darzustellen Die Modernisierung des Werks Van Veldekes dient als Ausgangspunkt für eine Befragung europäischer Schriftsteller zur Zukunft Europas. Testweise haben wir den Lütticher Autor/Journalist Alain Delanoie gebeten, in Form eines Forschungsprojekts eine erste Skizze zur Zukunft Europas zu erstellen. Im Jahr 2011 schrieb er für uns „L’enlèvement de l’Europe“ („Die Entführung Europas“). Wir haben ihn gebeten, mit der Euregio Maas-Rhein als Vorbild für einen Ort, an dem Kulturen aufeinander treffen, das Bild eines neuen Europas zu entwerfen. Ferner haben wir anlässlich der Präsentation der ersten Version der Bewerbungsschrift am 7. März dieses Jahres Ramsey Nasr (niederländischer Dichter des Vaterlands) gebeten, sein Gedicht „Het Huis van Europa“ („Das Haus von Europa“) zu rezitieren. Mit diesem Gedicht hat er den Finger auf einen wunden Punkt des modernen Europas gelegt und hat das Thema „Europa wiederentdecken“ uns allen zum Auftrag gemacht. Maastricht & Euregio 2018 beabsichtigt, bestärkt von den Ergebnissen dieser Testaufträge, ganz im Sinne des Schneeballprinzips europäische Schriftsteller dazu einzuladen, die Geschichte Europas zu visualisieren. Wir denken an Autoren wie Ton Lanoye, Marente de Moor, Stefan Buijs und Jean Claude Pirotte. Autoren, die alle auf die eine oder andere Art mit der Euregio Maas-Rhein als der Region, in der Van Veldeke ursprünglich schrieb, verbunden sind, und die, jeder auf seine ganz eigene Weise, kulturelle Vielfalt in ihren Werken thematisiert haben. Der Staffelstab wird an die Schriftsteller Europas weitergereicht. Das könnten Autoren wie Peter Handke sein, der in dem Wirrwarr der Kulturen Osteuropas einen Nerv traf. Aber auch die „neuen Niederländer, die neuen Belgier, die neuen Deutschen, kurzum: die neuen Europäer“, also Autoren mit Migrationshintergrund, die in Europa leben und arbeiten, bitten wir um ihr Bild von der Zukunft Europas. Ein Sprachlernprojekt: Tongues tight together In der Euregio Maas-Rhein werden seit jeher drei Sprachen gesprochen (Niederländisch, Französisch und Deutsch), daneben viele Dialekte und die Sprachen der Einwanderer (der ersten und zweiten Einwanderungswelle). Dazu kommt heute die „moderne“ Sprache der sozialen Medien und die lingua franca Englisch. Ungewöhnliche Sprachen entstanden in den ehemaligen Bergbaurevieren (das sogenannte „CitéDeutsch“ mit Einflüssen aus dem Deutschen und später dem Türkischen und Marokkanischen). Das Motto „Wir sprechen viele Sprachen und doch verstehen wir einander“ zwingt uns der Tatsache, dass die Sprachen unserer „Nachbarn“ immer weniger aktiv gesprochen werden, ins Auge zu blicken. Darin liegt eine Aufgabe. Ein Unterthema der Programmlinie Speaking in Tongues ist daher auf das Wiedererlernen der Sprachen unserer „Nachbarn“ ausgerichtet. Tongues tight together (Verbundene Sprachen) ist eine linguistische Expedition. Wenn man mit einer 33 DAS PR O G R A MM – S PE A KI N G I N TO N GU ES Fremdsprache in Berührung kommt, scheut man sich zunächst, die Sprache des anderen zu sprechen. Dann ist man „tongue tied“, man hat einen Knoten in der Zunge. Spürt man aber eine Verbindung zu dem anderen (ist man „tight together“), dann macht man sich auf, die andere Sprache und Kultur zu entdecken. „Tongues Tight together“ schlägt neue Wege ein, um die Menschen in der Euregio und ihre Sprachen und Kulturen miteinander zu verbinden. Tongues Tight Together ermutigt Einwohner und Besucher, auf Entdeckungsreise durch die Euregio zu gehen. Über eine App wandern Besucher auf Sprach- und Kulturrouten. Auf diesen Sprach- und Kulturrouten werden „Sprachmobile“ zur Verfügung gestellt, mit denen Besucher durch die Euregio reisen können. An verschiedenen Orten in der Euregio können Besucher an 15 Rastplätzen, den sogenannten „Parks of inspirations“ („Parks der Inspiration“) Halt machen. In jedem der 15 Parks gibt es ein „Sprachencafé“, das seine Besucher zur Teilnahme an verschiedenen Sprach- und Kulturaktivitäten einlädt. App Die Aktivitäten werden in einer SoftwareAnwendung gebündelt. Diese App wird in Form einer virtuellen Landkarte der Euregio, auf der die kulturellen und sprachlichen Entdeckungstouren zu sehen sein werden, zur Verfügung gestellt. Die App bietet Besuchern Informationen über interessante Orte und führt die Bewohner der Euregio durch die Kultur- und Sprachenlandschaft. Gefüllt mit Geschichten aus der Region („Story telling“), erzählt die App sowohl alte Sagen als auch moderne „urban legends“, also städtische Legenden, die in den verschiedenen Kulturen und Sprachen entstehen. Diese Geschichten werden mit Sehenswürdigkeiten und Orten auf den Rad- und Wanderrouten verbunden. tongue zunge tong langue tongue zunge tong langue Sprachmobile Sprachmobile sind spezielle Busse, mit denen die Einwohner und Besucher der Euregio im wahrsten Sinne des Wortes miteinander verbunden werden sollen. Die Sprachmobile fahren entlang sprachlich und kulturell interessanter Routen quer durch die Euregio. Die Passagiere kommen nicht nur miteinander, sondern auch mit (jungen) Talenten aus der Euregio in Kontakt. Auf verschiedenen Strecken werden die Mobile unter anderem von lokalen Dichtern, Geschichtenerzählern, Singersongwritern begleitet, die die Reisenden mit Darbietungen in ihrer jeweiligen Sprache, ihrem Dialekt unterhalten. Wie leben nicht in einem Land, sondern in einer Sprache. E.Corian 34 DA S P R O GR AMM – SP EAKI N G I N TO N GU ES Sprachen-/Kulturcafé --City Books Gemeinsam mit dem „Huis De Buren“ (einer flämisch-niederländischen Kultureinrichtung in Brüssel) entwickelt Maastricht & Euregio 2018 ein sogenanntes „City Book“. Fünf internationale und regionale Schriftsteller, Fotografen und Videokünstler werden dazu gebeten, als Gastkünstler in Maastricht und der Euregio ihre Erlebnisse in Form von Geschichten, Fotografien und Videos zu verarbeiten. Maastricht und die Euregio reiht sich 2014 ein in den Kreis der Städte Graz, Breslau, Valletta und Oostende In den „Parks der Inspiration“ entstehen Sprachen- und Kulturcafés. Dort haben Besucher die Möglichkeit, andere Besucher zu treffen und mit deren Sprachen und Kulturen in Kontakt zu kommen. Die Besucher können die eigenen Fremdsprachenkenntnisse auffrischen, ihre eigenen Eindrücke von Orten und Veranstaltungen aufschreiben oder Eindrücke von anderen beziehungsweise früheren Besuchern kommentieren. Auf diese Weise entsteht Interaktion zwischen den Einwohnern und Besuchern der Euregio. Umsetzung Wissen teilen mit Europa, ein Beispiel aus der Praxis: Angenommen ein Besucher von Maastricht & Euregio 2018 möchte den Wochenmarkt La Batte in Lüttich kennen lernen. Dieser Besucher kann sich über die App auf eine spezielle Route zu diesem Wochenmarkt einwählen und wird damit automatisch mit dem Strecken- und Aktivitätenprogramm der Wochenmärkte verbunden. Mit dem Sprachmobil kommt der Besucher von Maastricht zum Wochenmarkt in Lüttich. Mit der App hat der Besucher auch Zugang zu einem Programm, das Schüler und Studierende berufsbildender (Fachhoch-)Schulen speziell für den Besuch von Wochenmärkten entwickelt haben. Die Schüler der Klassen 7 und 8 der Euregio-Schulen haben eine Anleitung erstellt, wie man am besten auf Französisch verhandelt. In einem grenzüberschreitenden Projekt haben die Schüler niederländisch- und französischsprachige Sprachhilfen geschrieben, die man bei Preisverhandlungen auf den Wochenmärkten in der Region zu Rate ziehen kann. Um das erarbeitete Wissen mit anderen Euregios in Europa teilen zu können, wird ein Drehbuch von allen Veranstaltungen und Sprachaktivitäten sowie von der Entwicklung der virtuellen App geschrieben. Dieses Drehbuch wird den anderen mehrsprachigen Euregios zur Verfügung gestellt. Die Euregios können die Aktivitäten entweder übernehmen oder an ihre eigenen Bedürfnisse anpassen. Unser Partner bei diesem Projekt ist die Association of European Border Regions (Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen). Lost in Translation Der Film „Lost in Translation“ von Sofia Coppola zeigt zwei Menschen, die durch eine chaotische Stadt irren, deren Sprache sie nicht sprechen und deren Kultur sie nicht verstehen. Es ist ein Film über Einsamkeit. Über zwei Menschen, die zueinan- der finden, weil sie dieselbe Sprache sprechen. Über Sprache lernen Menschen einander kennen, verstehen einander, kommen einander näher. Gleichzeitig ist Sprache auch eine Waffe, ein Instrument, das Menschen voneinander entfernt. In der Liebe treten die (Un-) Möglichkeit und das Verlangen nach gegenseitiger Annäherung am deutlichsten zum Vorschein. Die Theater- und Filmgeschichte bietet unzählige Beispiele dafür: angefangen bei „Romeo und Julia“ von William Shakespeare über Strindbergs „Fräulein Julie“ bis hin zum Werk von Sarah Kane, das wie der Schrei einer jungen Frau anmutet, die ihre Einsamkeit nicht in den Griff bekommt. Mit ihrer Sprache versucht Sarah Kane, ihre Einsamkeit zu überwinden. Unter dem Titel „Lost in Translation“ wird ein kulturelles Sprachen- und Theaterprogramm entwickelt, dessen Thema die Barrieren sind, die zwischen Liebenden mit verschiedenen kulturellen und sozialen Hintergründen entstehen. Verschiedene kulturelle Hintergründe äußern sich immer in Sprachbarrieren. Zum einen sollen Autoren mit dem Schreiben neuer Theaterskripte beauftragt werden, zum anderen sollen Produktionen im Rahmen von Gruppenprojekten entstehen, etwa als Gemeinschaftsprojekt verschiedener Theaterensembles aus der Euregio, u.a. der Toneelgroep Maastricht, De Queeste Hasselt, dem Theater Aachen, dem Théâtre de la Place aus Lüttich, Het Laagland aus Sittard, dem Agoratheater St. Vith und Het Geluid Maastricht. Eröffnungsvorstellung 2013 Den Auftakt bilden wird 2013 die Eröffnungsproduktion im (dann) frisch renovierten Theatergebäude des Théâtre de la Place im Stadtzentrum von Lüttich. Zu diesem Anlass wird „Romeo und Julia“ von William Shakespeare in französischer/niederländischer Sprache aufgeführt. Die sozialen Unterschiede, die Unterschiede innerhalb der Schauspielergruppe, das heißt vor allem die verschiedenen Sprachen, die die Darsteller sprechen, werden Grundlage dieser Inszenierung sein. Ein deutliches Statement im Belgien von heute und ein Teilprojekt unter dem Titel „Lost in Translation“. In Verbindung mit diesem professionellen Euregio-Theaterprojekt beginnt ein Teilprojekt, das die Welt des Laienschauspielers in Szene setzt. Euregioweit werden Workshops zum Thema „Lost in Translation“ entwickelt. Laienensembles von St. Vith bis Neerpelt und von Heerlen bis Lüttich werden unter diesem Titelthema zusammenarbeiten und ihre Ergebnisse im Rahmen des jährlich stattfindenden Euregio-Amateurtags vorstellen. Sie erzählen davon, wie Sprache Menschen miteinander verbindet und voneinander trennt. Die Aufführungen finden in verschiedenen Sprachen statt. Die Zusammenarbeit mit Einwanderern soll gezielt gefördert werden. 35 DAS PR O G R A MM – S PE A KI N G I N TO N GU ES Sieben Pforten Durch sieben Pforten drang die Welt in in die Stadt. Selbst durch ihre Mauern wenn es sein musste: Dann schoss man einfach etwa wie ein Sonnenkönig ein Loch, sehr europäisch, si, oui, jawohl. Die Zeiten sind vorbei, jetzt wird alles anders: Fremder, geh heim! Neue Mauern, neu Pforten am Horizont. Den Auftakt bilden wird 2013 die Eröffnungsproduktion im (dann) frisch renovierten Theatergebäude des Théâtre de la Place im Stadtzentrum von Lüttich. Zu diesem Anlass wird „Romeo und Julia“ von William Shakespeare in französischer/niederländi- Wer von seiner Mutter erbt, dass er drüben nicht stirbt sondern hier, is einer von uns. scher Sprache aufgeführt. Yes. Oui.Si. Jèh, mer wat meins diech?* Wiel Kusters, 2004 * Tja, doch was meinst du? 36 DA S P R O GR AMM – SP EAKI N G I N TO N GU ES Bildersprache Mit der Programmlinie Speaking in Tongues nehmen wir die Bildersprache der Euregio unter die Lupe und betrachten, in welcher Verbindung sie zur Bildersprache Europas steht. Sprache als Bildelement seiner Bildersprache auch andere Einflüsse zu erkennen? Warum war die Maaskunst in dieser Zeit etwas so Besonderes? Welche anderen europäischen Einflüsse lassen sich in der bildenden Kunst und der Architektur der Euregio entdecken? Ein Ausstellungsprojekt im Rahmen der Expo 2017 in Lüttich. Jan van Eyck Wir laden Künstler ein, die mit Sprache als Bildelement arbeiten. Es werden Ausstellungen organisiert, in denen neue und ältere Textwerke, die Wortbilder enthalten, gezeigt werden. Eine visuelle Gedankenübung zur Rolle des Phänomens Sprache in der Euregio und in Europa, aber auch zu Themen wie Identität und kulturelle Vielfalt. Denkbar sind Ausstellungen in Museen sowie Projekte an öffentlichen Orten (physisch und digital über die sozialen Medien). Wir denken an Textprojekte durch die ein Spannungsfeld zwischen der Welt kommerzieller und städtischer Kommunikation (Plakatwände, Wartehäuschen, digitale Infokanäle) und der Welt der Künste geschaffen wird. Die (verborgenen) Bilderschätze in der Euregio und in Europa Rineke Dijkstra (Sittard), Brighton 21. August 1992, Sammlung Het Domein, Sittard Wie Texte können auch Werke aus bildender Kunst, Design und Architektur erkennbare Signaturen tragen. Gibt es oder hat es jemals visuelle Signaturen gegeben, die charakteristisch für diese Region sind? Die Metropole Karls des Großen „Die Metropole Karls des Großen“ ist ein ehrgeiziges Ausstellungsprojekt, das zeigt, wie Karl der Große seinen Dom in Aachen nach dem Vorbild der byzantinischen Kirche San Vitale in Ravenna baute und das auf diese Weise den byzantinischen Einfluss auf die Kunst und Kultur der Region Maas-Rhein deutlich macht. Anlässlich der Feierlichkeiten zum 1200. Todestag Karls des Großen (814) organisiert die Stadt Aachen im Jahr 2014 drei große Ausstellungen. Teil des Programms sind darüber hinaus Ausstellungen von Werken zeitgenössischer Künstler aus der Euregio und zu alternativen Kunstformen wie der Straßenkunst und anderen Ausdrucksformen städtischer Kunst. Ferner soll regelmäßig ein Euregio-Salon stattfinden, auf dem junge Künstler ausgezeichnet werden. Das Rätsel von Renier van Huy Inwiefern unterscheidet sich die Bildersprache von Renier van Huy, zu sehen in seinem berühmten Taufbecken von Lüttich, von der Bildersprache anderer europäischer Bildhauer des 12. Jahrhunderts? Oder sind in Eine Ausstellung von Werken Jan van Eycks, der in der Malerei des 15. Jahrhunderts tonangebend war, ist als Programmpunkt für die Euregio selbstverständlich. Als einer der ersten Maler arbeitete van Eyck (1390-1441), geboren in Maaseik, mit der Technik der Ölmalerei und perfektionierte sie. Der Sizilianer Antonello da Messina (1430-1479) verband als einer der ersten den euregionalen Naturalismus van Eycks mit dem italienischen Sinn für Perspektive. Das besondere Interesses des Bonnefantenmuseums an der Beziehung zwischen südniederländischer und südeuropäischer Malerei ist Ausgangspunkt für ein ganz besonderes Experiment: eine gemeinsame Ausstellung des Bonnefantenmuseums Maastricht, der Timmerfabriek in Maastricht und anderen Museen der Euregio, darunter das Ludwig Forum in Aachen. Eurovisionen Reflexionen von Europa in den visuellen Künsten Mit dieser Programmlinie soll visionären Herangehensweisen und Reflexionen über Fragen zum Thema Europa in den visuellen Künsten eine Plattform gegeben werden. Ausstellungen und Interventionen, die historische und zeitgenössische Kunsttraditionen zeigen, sollen eine provokative Reihe von „Eurovisionen“ bilden und auf diese Weise die Bewohner der Euregio anregen, „über den Tellerrand hinaus“ nach Europa zu blicken. Die Begegnung, die nie stattgefunden hat – Kunstgeschichte neu schreiben Unter diesem Titel zeigen wir eine fiktive Begegnung zwischen dem sizilianischen Maler Antonello da Messina und dem flämischen Maler Jan van Eyck. Das Bonnenfantenmuseum in Maastricht entwickelt eine Programmlinie, in deren Rahmen die bedeutendsten Museen der Euregio gebeten werden, Ausstellungen zum Thema Neuschreibung von Kunstgeschichte mit Erläuterungen zum europäischen Hintergrund der jeweiligen Kunstgeschichte und der kulturellen Identität der Euregio zu organisieren. In Bezug auf Antonello da Messina wird der Akzent darauf liegen, inwieweit sich frühe nord- und südeuropäische Künstler gegenseitig beeinflusst haben. Diese Pro- 37 grammlinie bietet eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Entdeckung überraschender kunsthistorischer Fakten, die in Verbindung mit der Euregio als einem Teil Gesamteuropas stehen. Reihe kleiner und mittelgroßer Ausstellungen von internationaler zeitgenössischer Kunst Wie bereits auf der dOCUMENTA (13) 2012 in Kassel deutlich zum Ausdruck kam, weckt das moderne Europa bei vielen bildenden Künstlern inner- und außerhalb Europas das dringende Bedürfnis, Europa in ihren Werken zu thematisieren. Dies wird der Ausgangspunkt für eine Reihe kleinerer und mittelgroßer Ausstellungen und Interventionen in der Euregio sein. Geplant ist, dass Kuratoren und Gastkuratoren in Museen, in Kunstzentren und an öffentlichen Plätzen an verschiedenen Orten in der gesamten Euregio mit internationalen zeitgenössischen Künstlern zusammenarbeiten, die in ihren Werken kritische Reflexionen zu und Szenarios für Europas entwerfen. Denkbar sind Ausstellungen, aber auch vorübergehende und langfristige Interventionen an öffentlichen Orten. Jan van Eyck, Selbstporträt 1433, The National Gallery, London Antonello da Messina, Annunciazone 1475, Nationalmuseum Palermo Verbindung zu Malta: Umgekehrte Kreuzzüge Da Malta im Jahr 2018 gemeinsam mit den Niederlanden eine Kulturhauptstadt Europas stellen wird, sind wir besonders an Möglichkeiten interessiert, an die kulturellen Besonderheiten dieser faszinierenden historischen Mittelmeerinsel anzuknüpfen beziehungsweise auf diese hinzuweisen. Die Kreuzzüge formierten sich in vielen Regionen Europas (bekannter Vertreter aus der Euregio ist Gottfried von Bouillon), aber auch auf der Insel Malta, die für die Kreuzfahrer einst einer der wichtigsten Häfen in Richtung Heiliges Land war. Berühmte Künstler wie Caravaggio besuchten Malta und hinterließen ihre künstlerischen Spuren, die als Anknüpfungspunkt für Geschichtsprojekte dienen können. Indem wir Ausstellungen und Interventionen (sowohl in Malta als auch der Euregio) mit Akzent auf der Artikulation von Echos und der kritischen Reflexion zur Geschichte der Kreuz- züge fördern, werden wir eine Plattform für zeitgenössische Künstler schaffen. Diese Plattform ermöglicht es, Probleme kultureller Identität in ihrem Verhältnis zu religiösen Konflikten zu untersuchen. Dies sind Probleme, die auch heute noch die internationalen Beziehungen in Europa und darüber hinaus beeinflussen. Indem die beteiligten Künstler diese Konflikte künstlerisch hinterfragen und dekonstruieren, können sie eine Welt der „umgekehrten Kreuzzüge“ zum Leben erwecken. Anlässlich des Kulturaustauschs zwischen Russland und den Niederlanden im Jahr 2013 organisiert das Bonnefantenmuseum in Maastricht eine große Ausstellung rund um die Russische Avantgarde. Dies ist eine einzigartige Gelegenheit, russische Meisterwerke in die Niederlande zu holen und eine langjährige Zusammenarbeit mit Russland im Bereich der bildenden Kunst aufzubauen. 38 DA S P R O GR AMM – SP EAKI N G I N TO N GU ES Sprache und Musik Audiofeel Wie die bildende Kunst und der Tanz ist die Musik eine universelle Sprache, die der Mensch ganz natürlich zu Kommunikationszwecken einsetzt. So neugierig wir bezüglich der Unterschiede in der Bildersprache sind, so gerne möchten wir etwas über die Unterschiede in der Musikkultur in der Euregio erfahren. Die Euregio verfügt über ein lebendiges Popklima. Man denke nur an die Vielfalt der verschiedenen Popfestivals: Pinkpop (das 2012 zum 43. Mal stattfand), Pukkelpop und das Festival Les Ardentes sind große europäische Popfestivals. Sie holen schon seit Jahrzehnten ein breites Angebot an internationaler Popmusik in die Region und inspirieren viele junge Menschen, die bereits im Musikgeschäft tätig sind oder sich noch auf dem Weg in eine Musikkarriere befinden. Mit den Veranstaltern von Pinkpop wurde vereinbart, ein Programm zu erarbeiten, das über Top Acts hinausgeht. Gespräche über eine Zusammenarbeit mit dem berühmten Theaterregisseur Tjeu Boermans im Rahmen eines Popmusikprojekts mit dem Titel „The Wall“ laufen gerade. The Sound of the Euregio Welche Lieder sind charakteristisch für diese Region? Was singen die Menschen hier, wenn sie fröhlich Feste feiern? Was singen sie, wenn sie traurig sind? Welche Überschneidungen gibt es zwischen traditioneller analoger Musik und den innovativen neuen Medien? Wir eröffnen ein OnlineForum, in dem Songwriter Ideen austauschen und im öffentlichen Raum des Internets die Kunst des Liederschreibens in all ihrer euregionalen Vielfalt präsentieren können. Auf diese Weise entsteht eine Kooperation zwischen etablierten Künstlern und aufstrebenden Talenten und treffen regionale Akzente in Text und Musik aufeinander. Am Ende soll sich diese Musik in einer mehrstimmigen regionalen Musikkomposition verbinden. Als Beispiel kann das Studienprojekt „Die Glocken der Euregio“ dienen, das im Auftrag von Maastricht & Euregio 2018 im Juni 2011 in Eupen durchgeführt wurde. Dabei handelt es sich um eine Komposition von Christian Klinkenberg, geschrieben für eine Popband, ein Symphonieorchester, fünf Chöre und eine Bigband. Inspiriert wurde diese Komposi- tion vom Klang der Glockendes Aachener Doms, der Sint Servaes-Kirche in Maastricht und der Kirchen von Hasselt und Eupen. The Pulse of the Region In diesem Projekt wird der Herzschlag der Euregio sichtbar: verschiedene PercussionExperimente, die, gleich einem Arzt, der den Herzschlag eines Patienten messen will, den Finger auf den Puls der Rhythmen der Euregio legt. Dass so viele Einwanderer von verschiedenen Kontinenten in der Region leben, bietet die Möglichkeit, das Projekt auf afrikanische, asiatische, lateinamerikanische und mitteleuropäische Rhythmen auszuweiten. Aber auch die ursprünglichen europäischen Rhythmen der Euregio, die in den Karnevaltraditionen fortleben, sollen betrachtet werden. Der VIA2018-Sound CoMa Maastricht (Zeitgenössische Musik für Laien) hat im Auftrag von Maastricht & Euregio 2018 im Jahr 2011 einen Kompositionswettbewerb ausgeschrieben. Komponisten sollten den Sound der Bewerbung VIA2018 komponieren. Die Komposition „Reflections in a breaking glass … a yearn towards Europe“ des Komponisten Rick van Veldhuizen (1994) wurde ausgewählt. Das Werk wurde vor allem wegen seiner jugendlichen Energie und der guten Orchestrierung gelobt. Vorgesehen ist, dass Harmonien, Ensembles und Chöre in unterschiedlicher Besetzung das Stück in ihr Repertoire aufnehmen, ob in neuem Arrangement oder original, um es in der ganzen Euregio erklingen zu lassen. Jazz: the art of connecting. „Open yourself – Open your mind“ lautet in den kommenden Jahren das Leitmotiv für die Weiterentwicklung der Jazzszene in der Euregio. Jazz IST Improvisation und Kommunikation. Wer gut improvisieren kann, dem fällt es leichter, mit anderen zusammenzuarbeiten und zeigt größere Bereitschaft, (musikalische) Grenzen zu überschreiten. Das Eintauchen in die eigene Jazztradition bietet Möglichkeiten, einen Beitrag dazu zu leisten. Die Herausforderungen in einer sich schnell verändernden Musikwelt sind aber noch größer: offene Visionen, (Co-)Kreationen und Erneuerung. Mit der internationalen Kooperation der Jazz-Zentren in der Euregio ist ein Netzwerk entstanden, aus dem heraus interdisziplinäre Projekte umgesetzt werden können. Drei Pfeiler bilden die Basis dieses Projekts: Präsentation (Konzerte und Festivals), Talentförderung im Laien-, Nachwuchs- und professionellen Bereich sowie euregionale Produktion und Präsentation. Maastricht & Euregio 2018 beabsichtigt, die Zusammenarbeit zwischen den Jazz-Szenen der Städte Maastricht, Lüttich, Verviers, Genk, Hasselt, Heerlen, Sittard-Geleen, Aachen und Eupen, die alle über eine etablierte Jazz-Szene mit Clubs und Festivalstrukturen verfügen, weiterzuentwickeln und ihnen eine europäische Dimension zu geben Religiöse Musik Das Festival Musica Sacra: Dieses Festival blickt auf eine mittlerweile 20-jährige Geschichte außergewöhnlicher, erstklassiger Darbietungen religiöser Musik zurück. Immer wenn die Veranstalter renommierte Musikensembles mit der Neuinterpretation „alter“ Sakralmusik beauftragen, entstehen besonders gelungene Aufführungen. Für Maastricht & Euregio 2018 sucht Musica Sacra nach der Verbindung der sakralen Tradition der Euregio mit dem europäischen Kontext. Zum einen sollen Aufträge zur Neuinterpretation an Europas Spitzenensembles, mit denen das Festival schon seit vielen Jahren zusammenarbeitet, vergeben werden. Zum anderen sollen insbesondere Neukompositionen in Auftrag gegeben werden. Das gemeinsame Gedächtnis dieser Region und ganz Europas wird vertont. Musica Sacra stellt auch Verbindungen zu den bildenden Künsten her. So wird im Jahr 2013, in einem Gemeinschaftsprojekt mit dem Kruisherenhotel Maastricht, das Werk des belgischen Künstlers Kamagurka vorgestellt: eine eigenwillige Interpretation der Kreuzwegstationen, verbunden mit einer zeitgenössischen Prozession. 39 DAS PR O G R A MM – S PE A KI N G I N TO N GU ES --- Europa wiederentdecken: Die Oper! The Sound of the Underground In der Euregio Maas-Rhein gibt es drei Opernhäuser: die Opéra de la Wallonie in Lüttich, die Opera Zuid in Maastricht und die Opernabteilung des Theater Aachen. Daneben finden sich hier einige kleinere Opern- und Musiktheaterensembles, die neue Wege einschlagen. Die Opéra de la Wallonie aus Lüttich macht als Repertoireoper immer wieder auf sich aufmersam. Die Opernabteilung des Theater Aachen bietet ein klassisches und zeitgenössisches Repertoire. Die Opera Zuid aus Maastricht unterscheidet sich von den vorgenannten Häusern, weil man sich dort auf die Talentförderung konzentriert. Ein eigenes Talentscouting-und Talentcoachingprogramm bietet jungen Sängern die Möglichkeit, Opernluft zu schnuppern. Innerhalb Europas ist die Opera Zuid die einzige Oper mit einem Programm dieser Art. Junge Ensembles wie „Het Geluid“ entwickeln neue Formen der Oper/des Musiktheaters und sind damit bekannt geworden. In Alden Biesen findet jedes Jahr ein Opernfestival statt. Eine neue Oper mit einem neu zu schreibenden Libretto und einer neuen Komposition zum Thema „Europa wiederentdecken“. Ein Gemeinschaftsprojekt der Opéra de la Wallonie, der Opera Zuid und des Theater Aachen. Das Popmusikprojekt „The Sound of the Underground“ erkundet die Musikszene der Euregio auf künstlerischer, produktioneller und programmatischer Ebene. Auf künstlerischer Ebene Die Entdeckung, Erkundung und Nutzung künstlerischer Besonderheiten der Musikkulturen in der Euregio. „The Youngeuropeans“ („Die jungen Europäer“) ist ein im Auftrag von Maastricht & Euregio 2018 im Frühjahr 2011 durchgeführtes Studienprojekt. Dabei handelte es sich um ein Testprojekt, in dessen Rahmen junge Popmusikbands aus der Euregio Maas-Rhein unter Leitung von Musikcoaches aus Popmusikzentren der verschiedenen Nachbarländer arbeiteten. Ziel des Projekts war es, das Wagnis einzugehen, das ganze Spektrum an Klangfarben auszunutzen, einmal auf andere Weise mit dem eigenen Instrument zu arbeiten und fremde Repertoires und die Musikstile der Einwanderer auszuprobieren. So arbeitete etwa die junge Band Lilly Grace aus Hasselt (B) im Musikzentrum Nieuwe Nor in Heerlen und in der Muziekgieterij in Maastricht. Die Balladen, die Lilly Grace bis dahin vor allem gespielt hatte und die Markenzeichen der Band waren, erhielten eine ganz neue Dynamik und Klangfarbe. Programmmacher von Musikclubs aus der Euregio wurden so auf Lilly Grace aufmerksam und verhalfen der jungen Band nicht nur zu einem breiteren Publikum, sondern auch zu diversen Engagements. Lili Grace Rakim Auf produktioneller und programmatischer Ebene Programmmacher und Mitarbeiter von Musikpodien schauen einander in die Töpfe und arbeiten zusammen. Sie tauschen sich aus, erhalten neue Einblicke und entwickeln ein gemeinsames Arbeitsprogramm. Ziel ist es, ein euregioweites Programm zu erarbeiten, ein breiteres Publikum zu erreichen und junge Talente aus der Euregio besser auf dem Musikmarkt zu positionieren. The Sound of the Underground wird in Zusammenarbeit mit den Popmusikzentren in der Phase 2015-2018 zu einem groß angelegten euregionalen Popmusikprojekt ausgebaut. Opera Zuid 40 41 DAS PR O G R A MM Remembering the Future Sich an morgen erinnern, heißt zurückblicken, um in die Zukunft zu schauen Die Euregio Maas-Rhein, einst die Wiege Europas, wurde durch politische Eingriffe und wirtschaftliche Veränderungen unterschiedlichen Nationalstaaten zugeschlagen. Dennoch blieben die einzelnen Teile der Region weiterhin, über die nationalen, sprachlichen und kulturellen Grenzen hinweg, miteinander verbunden. Manchmal nicht sehr aktiv, dann wieder verstärkt, so wie in Zeiten gemeinsamer industrieller und wirtschaftlicher Aktivität, einige Male im Krieg gegeneinander und nun seit mehr als 70 Jahren im friedlichen Zusammenleben. Die Spuren der Vergangenheit zeichnen die Gegenwart und die Zukunft dieser Region. In der Programmlinie Remembering the Future (Erinnerung an das, was sein wird) geht es um Erinnerungen und Perspektiven, um Tradition und Innovation, um religiöses und industrielles Erbe, um Migration und Flower Power, um Liebe und Krieg, um Kohle, Wissen und Kreativität. In der Geschichte der Euregio MaasRhein gab es Momente, in denen die Teile der Region eng miteinander verbunden waren. Im kulturellen Bereich herrschte auf verschiedensten Ebenen reger Austausch. Es wurde ganz selbstverständlich damit umgegangen, dass sich die Kulturangebote in der Region gut ergänzten. So gab es etwa in Lüttich vor 200 Jahren ein Symphonieorchester und ein Opernhaus. Musiker des Lütticher Symphonieorchesters leiteten Kammermusikensembles im Bergbaurevier im Osten der Niederlande. Es ist geradezu erstaun- lich, wie in einem Bergbaugebiet Kammermusik florieren konnte. Das heute bekannte Orlando-Festival geht auf diese Tradition zurück. Ebenfalls erstaunlich ist, wie rege die grenzüberschreitenden Besucherströme zu Opernvorstellungen einst gewesen sind. Die Nutzung kultureller Vielfalt auf der Basis physischer und gedanklicher Verbindungen war in der Euregio Maas-Rhein früher einmal eine Selbstverständlichkeit. Diese Selbstverständlichkeit ist verloren gegangen. Wir blicken auf die Vergangenheit dieser Region, nicht um die Vergangenheit wiederzuerwecken, sondern in der Überzeugung, dass uns die Vergangenheit als Inspirationsquelle dienen kann. Wir blicken zurück auf eine Geschichte, die uns zeigt, wie wir die tägliche Wirklichkeit dieser Region nutzen können. Anhand von drei thematischen Perspektiven: – Erinnerung an die industrielle Vergan genheit – Erinnerung an Glaube, Krieg und Liebe – Erinnerung an alte Netzwerke soll diese Geschichte sichtbar werden. 42 DAS P R O GR AMM – R EMEMBER I N G THE F U TU R E Erinnerung an die industrielle Vergangenheit Aachen bereits geschehen), und Bewegungen, die aus der Neuinterpretation der industriellen Vergangenheit entstehen (solche wie in den Städten Hasselt, Genk, Heerlen, Lüttich und Sittard-Geleen), müssen euregioweit aufeinander abgestimmt werden. Maastricht & Euregio 2018 möchte „Katalysator“ dafür sein. Maastricht & Euregio 2018 beabsichtigt, die Ausstellung „The Machine“, eine interaktive Designausstellung in der C-Mine Genk (Sommer 2012), die die Möglichkeiten computergesteuerter Designkonzepte zeigt und Manifesta 9 Nach dem rasanten Abbau der Fertigungsindustrie und nachdem die Schließung der Zechen das Ende des Industriezeitalters in der Euregio Maas-Rhein eingeläutet hatte, hat sich die Region wieder erholt. Der Wandel von der Industrieregion zur Wissensregion mit einem Akzent auf der Kreativindustrie ist in vollem Gange. Maastricht & Euregio 2018 beabsichtigt, diesem Wandel mit der Programmlinie Remembering the Future ein „Gesicht“ zu geben. The faces of a new age Eine künstlerische Rückbesinnung auf das Industrieerbe der Euregio Maas-Rhein Manifesta 9 (die alle zwei Jahre an wechselnden Orten stattfindende europäische Messe für zeitgenössische Kunst, im Sommer 2012 in Genk-Waterschei), unterstützt unter anderem durch Maastricht & Euregio 2018, zeigt die radikale Wiederbelebung der industriellen Vergangenheit in der Provinz Belgisch-Limburg und der umliegenden Region. Die Kulturerbe-Zelle der Manifesta 9 zeigte auf überraschende Art und Weise, welche Spuren die industrielle Vergangenheit im täglichen Leben hinterlassen hat (die Besucher der Manifesta 9 sahen sich zunächst das Erbe in Lüttich an, um dann zur Ausstellung „The Deep of the Modern“, in der internationale Künstler ihre Sicht auf die industrielle Vergangenheit zeigten, „durchzusteigen“). Maastricht & Euregio 2018 erweitert diese Befragung auf die gesamte Euregio Maas-Rhein und zeigt die Ergebnisse in einer euregionalen Ausstellung in allen Städten der Region. hinterfragt, weiterzuentwickeln. Eine Ausstellung wie „Nie wieder störungsfrei“ im Ludwig Forum Aachen (2011-2012) über die Aachener Avantgarde kann die Ansatzfläche für eine große Ausstellung mit Fokus auf dem Zusammenhang zwischen Kunst und Wissenschaft sein. Fashion Across the Borders Maastricht & Euregio 2018 hat 2010/2011 in Das Formulieren einer neuen Zukunft Die Stadt und die Region Aachen widmen sich den Themen Geschichte, Europa und Wissenschaft.Die Kooperation zwischen der RWTH- und der FH-Aachen sowie dem Kunst- und Kultursektor in der Stadt und der Region bringt neue Dynamik. Genk hat die Nutzung der Kreativindustrie stark vorangetrieben. Städte wie Hasselt, Heerlen, Lüttich, Sittard-Geleen zeigen mit Einrichtungen wie dem Modemuseum, Z33, IBeta, Schunck, HetDomein und Design Liège, dass durch die Nutzung der Kreativindustrie neue Perspektiven und neuer Elan gewonnen werden können. Jede der genannten Städte hat ihr europäisches und internationales Netzwerk ausgebaut. Die in den verschiedenen Städten bereits vorhandenen, sich oft ergänzenden Wettbewerbsstrukturen werden zu wenig genutzt und sind zu wenig aufeinander abgestimmt. Maastricht & Euregio 2018 beabsichtigt, eine Verbindung zwischen den Städten zu schaffen und langfristig zu etablieren. Das Potenzial, das aus der Verknüpfung von Wissenschaft, Kunst und Kultur entsteht (wie in Zusammenarbeit mit dem Modemuseum Hasselt ein Studienprojekt mit dem Titel „Mode Mapping“ ausgeschrieben. Designer aus der Euregio wurden vorrangig berücksichtigt. In Abstimmung mit verschiedenen Ebenen wurde Ende 2011 ein Pop-up Store eröffnet. Arbeitsgemeinschaften bestehend aus Vertretern des Modemuseums Hasselt, des Fashionclash Maastricht, der Designmetropole Aachen und Designern aus der Euregio Maas-Rhein entwickeln ein groß angelegtes Modeprojekt: Fashion Across the Borders (FAB). Dabei handelt es sich um ein Fashionevent mit Fokus auf der Förderung junger Talente. Das Modemuseum Hasselt 43 präsentiert die Arbeiten der Nachwuchsdesigner aus der Euregio u.a. im Rahmen von Ausstellungen, die Arbeiten international erfolgreicher Designer aus der Region zeigen. Fashionclash verbindet Modedesigner und Theatermacher unter dem Motto „theatrische Begegnungen“. Daneben organisiert Fashionclash Maastricht jedes Jahr einen FashionClash - ein international und interdisziplinär ausgerichtetes Modeevent. Junge europäische und internationale Designer erarbeiten und präsentieren ihre Entwürfe im Fashionclash-Store. Unter dem Titel „FashionClash meets Runway Malta“ läuft zudem ein Kooperationsprojekt mit Designern aus Malta. Ideation: Von der Kohle zum Wissen, von der Zeche Maurits nach Chemelot In den Jahren nach 1968, dem Ende des Industriezeitalters, wurde auch die Euregio von der Krise im Bergbau und der Keramikindustrie getroffen. So liegt in der Geschichte der Dutch State Mines (DSM) die Wiege für die Brainport Agenda Süd-Limburgs und die Zechen stehen als Symbol für die noch andauernde Transformation in der Region. Die Universitäten in Aachen, Lüttich und Maastricht fungieren als Wissensmotoren in diesem Transformationsprozess. Das neue Paradigma, das sich nach 1968 herausbildete, war das der Wissensgesellschaften, die in Anbetracht der Tatsache, dass immer mehr Menschen ihr Geld mit kreativer Arbeit und Knowhow verdienen, heute zunehmend als das Modell für die Zukunft anerkannt werden. Die Euregio Maas-Rhein befindet sich daher aktuell in der Übergangsphase von der Bergbauregion zu einer Wissensregion. Ziel des Projekts „Ideation“ ist die Entwicklung einer Kooperation zwischen dem Kultursektor und der Wirtschaft. Im Herbst 2012 wird ein mehrjähriges Projekt mit einer ersten Zukunftsskizze für Teilnehmer aus dem Kultur- und dem Wirtschaftssektor gestartet. Der Wiederbelebung der industriellen Vergangenheit eine Stimme verleihen Theaterproduktionen wie „Petrus Regout“, aufgeführt vom Theaterensemble HetVervolg Maastricht, visualisieren, wie die Vergangenheit (in diesem Fall die Keramikindustrie) fortlebt und die Menschen bis heute bewegt. Das Theaterensemble De Queeste nahm die soziale Problematik rund um den Abbau der Autoindustrie (Ford Genk/Nedcar Born) unter die Lupe. Theaterprojekte dieser Art sind richtungsweisend für die Programmgestaltung insgesamt. Maastricht & Euregio 2018 vergibt Aufträge für Theaterprojekte in der Euregio, die die industrielle Vergangenheit erlebbar machen. Oral history 2015 organisiert Heerlen zusammen mit Maastricht & Euregio 2018 sowie der RegioParkstad und Sittard-Geleen das Jahr der Zechen. Dann wird es etwa 50 Jahre her sein, dass die Schließung der Zechen in der niederländischen Provinz Limburg im Theater in Heerlen angekündigt wurde. Im Jahr der Zechen sollen „Oral history“-Projekte von Schülern, Aufführungen von professionellen und Laienspielgruppen aus der ganzen Euregio sowie Ausstellungen im Bergbaumuseum stattfinden. Sjtub Das Projekt „Sjtub“ in Parkstad bringt zum Ausdruck, wie sich die Kulturen in den ehemaligen Industrieregionen veränderten. Zu diesem Zweck werden Relikte aus der Bergbaugeschichte mit alten Ritualen verbunden. Die Wiederbelebung der St. Barbara-Prozessionen etwa oder das Wiederauftauchen alter Bergbausymbole im Alltag – etwa in Form der Tattoos, die die Fans des lokalen Fußballvereins Roda JC tragen – zeigen, wie wir gemeinsam versuchen, der Vergangenheit Platz in der Gegenwart einzuräumen. Dies artikuliert sich in den Gegenständen, Umgangsformen, Festen, Traditionen, Ritualen und Symbolen, die der industriellen Vergangenheit eine Stimme und ein Gesicht verleihen. Maast- richt & Euregio 2018 entwickelt das Projekt „Sjtub“ auf euregionaler Ebene weiter. Migranten Der Aufbau der Industrie in der Euregio erfolgte mit Arbeitskräften von außerhalb. In jedem Bergbaurevier gab es mehrere Einwanderungsschübe. Die Arbeiter kamen aus allen Teilen Europas und aus Nordafrika. Dadurch wurde die Region zu einem Schmelztiegel von Nationalitäten und Kulturen, zu einem Europa im Kleinen. Als etwa ab Ende der sechziger, Anfang der siebziger Jahre viele niederländische Zechen in Folge des kontinuierlichen Niedergangs der Kohleindustrie in der Euregio seit den 1950er Jahren geschlossen wurden, verließen viele zugewanderte Arbeiter fluchtartig die Bergbaureviere. Über internationale Arbeiterrekrutierungsmaßnahmen gelang es schließlich, insbesondere im Kempener Becken und in Lüttich, viele neue ausländische Bergbauarbeiter anzuwerben. In Aachen und Süd-Limburg war, allerdings in weniger starkem Ausmaß, dasselbe Phänomen zu beobachten. Das Thema des Projekts „Migranten“ ist heute wichtiger denn je. Das Thema schließt sich der Frage an, inwieweit der künftige europäische Integrationsprozess mit einem stärkeren Bewusstsein für kulturelle Vielfalt und für mehrfache kulturelle Wirklichkeiten zusammenpasst. Angesichts der Tatsache, dass Kulturprogramme heutzutage stark vom „westeuropäischen“ Kulturangebot geprägt sind, plant Maastricht & Euregio 2018 in der Programmgestaltung eine Kulturexpedition, aus der sich sozial-kulturelle Projekte ergeben sollen. Erarbeitet werden diese Projekte inmitten der Migrantengemeinschaften (das heißt aus ihnen heraus und in Zusammenarbeit mit ihnen), die ein „Schmelztiegel der Nationalitäten und Kulturen“ sind. Die Erarbeitung eines Angebots, das nicht ausschließlich westeuropäisch geprägt ist, das „das komplexe Thema Migration in der modernen Gesellschaft visualisiert, vertont und ihm eine Stimme gibt“, steht in direkter Verbindung zum Thema „Europa wiederentdecken“. Obwohl noch keine konkreten Methoden und/oder Konzepte feststehen, beabsichtigt Maastricht & Euregio 2018 dieses Kulturexperiment umzusetzen. Städte wie Lüttich und Aachen, in denen viele Einwanderer leben, könnten voranschreiten und mit ehemaligen Bergbaustädten in Belgisch- und Niederländisch-Limburg zusammenarbeiten. Die Wiederbelebung der industriellen Vergangenheit vertonen Ein eigenes Pop-Klimat In den ehemaligen Industriegebieten der Euregio ist vor dem Hintergrund einer städtischen Kultur und genährt von der einzigartigen Umgebung der einstigen Bergbauund Industrielandschaft ein ganz eigenes Popklima entstanden. Der Popmusiker Mauro Pawlowski (Gitarrist der Gruppe Deus) aus den Belgisch-Limburgischen Kempen wurde gebeten, an der Entwicklung und Betreuung eines euregioweiten Popmusikprojekts mitzuarbeiten. Wie die Popmusik, teilweise aber auch als Gegenpol zu ihr, funktioniert die HafabraMusik (Harmonie-Fanfare-Brassband). Auch sie ist eng mit der Bergbauvergangenheit verbunden. Der WMC (World Music Contest) in Kerkrade ist in diesem Musikgenre tonangebend. Songs of Migration In den meisten Länder, aus denen Menschen in die Euregio kamen, gibt es Lieder, die vom Abschied und der Suche nach Glück in einem anderen Land handeln. Wir planen daher ein Projekt zum Thema „Songs of Migration“ als eine Plattform, auf der Menschen von den nostalgischen Momenten singen, die sie mit ihren Heimatländern oder mit der alten Welt des Bergbaus verbinden. Parallel dazu wird ein Workshop zum Thema Komposition und Songwriting stattfinden. Dabei sollen neue Lieder über die Ankunft im neuen Land, das neue Leben dort und über die Kinder und Enkel dieser ersten Einwanderer entstehen. Geplant ist ein generationenübergreifendes Projekt, in dessen Rahmen Großeltern, Eltern, junge Erwachsene und Kinder ihre Migrationserfahrungen in verschiedenen Kunstformen ausdrücken können. 44 DAS P R O GR AMM – R EMEMBER I N G THE FU TU R E Erinnerung an Glaube, Krieg und Liebe Erinnerungen an religiöse Rituale und Zeremonien Prozessionsstädte Prozession St. Rosa, Sittard Marie Bott Miserere Ruth Bianco (Malta) Mortal Chains Obwohl die Kirchen nur noch wenige Gläubige anziehen, ist das christliche Erbe, ob im Jahreskalender oder bei Begräbnissen und großen Prozessionen, im täglichen Leben der Menschen auch heute noch allgegenwärtig. Die alten religiösen Traditionen sind lebendig wie eh und je. Bräuche wie die Marienverehrung im Rahmen der alle sieben Jahre stattfindenden Aachener Heiligtumsfahrt, die Feierlichkeiten zu Mariä Himmelfahrt am 15. August in Lüttich, die Stella-Maris-/ Unsere-Liebe-Frau-Prozession in Maastricht sowie die Virga-Jesse-Prozession in Hasselt, die Krönungsfeste in Tongeren und die St. Rosa-Prozession in Sittard-Geleen ziehen bis heute tausende Teilnehmer und Besucher an. Und obwohl die Teilnahme an diesen Ritualen bei vielen nicht mehr durch den Glauben motiviert ist, sind sie nach wie vor doch Teil der Volkskultur. In der Euregio Maas-Rhein, wo sich Nord- und Südeuropa, die germanische und die romanische Kultur berühren, laufen die Traditionen der nord- und der südeuropäischen Prozessionskultur zusammen. Im Jahr 2018 wird es mit der 55. Heiligtumsfahrt zu Ehren des Heiligen Servatius (im 4. Jahrhundert Gründer des Bistums Maastricht), die seit 1398 alle sieben Jahre stattfindet und zu der 2018 über 150.000 Besucher in Maastricht erwartet werden, wieder eine Möglichkeit zur Begegnung mit diesem Erbe geben. Selbiges gilt für die Virga-Jesse-Feste in Hasselt und für die vielen anderen Prozessionen in der Euregio MaasRhein. Jede Stadt in der Euregio hat ihre eigenen jährlich beziehungsweise alle sieben Jahre stattfindenden Prozessionen. Sie alle sind Teil einer langen Tradition. Wir nehmen die Heiligtumsfahrt Maastricht 2018 und die Virga-Jesse-Feste in Hasselt 2017 zum Anlass für unser Projekt „Prozessionsstädte“. Dieses Projekt soll die Tradition der europäischen Prozessionskultur veranschaulichen, die Aktualität der Traditionen Prozession und Buße zeigen und das dringende Bedürfnis nach Sinngebung in unserer modernen Gesellschaft thematisieren. Das Projekt „Prozessionsstädte“ beschränkt sich nicht auf die Heiligtumsfahrt in Maastricht und die Virga-Jesse-Feste. Alle Städte der Euregio sollen in das Projekt integriert werden. Bedeutung zeigen soll. Inspirationsquelle für das Projekt ist das Fotobuch „Miserere“ von Marie Bot aus dem Jahr 1985. Semana Santa Ein Videokunstprojekt, für das junge Künstler die Bedeutung der Rituale in der Karwoche europaweit aus ihrer Sicht und Erfahrungswelt erkunden und sie festhalten sollen, um sie sodann neu zu visualisieren. De Pijnders Unter dem Titel „De Pijnders“ (Die Träger) planen wir ein Folgeprojekt zur gleichnamigen Theaterproduktion. Das 2011 uraufgeführte Theaterstück „De Pijnders“ (über die Träger der Heiligenbildnisse in Prozessionen und Umgängen) wurde im Auftrag von u.a. Maastricht & Euregio 2018 produziert. Das Stück, gespielt von der Compagnie Cecilia aus Gent und dem Theaterensemble Antigone aus Kortrijk, geschrieben und unter Regie von Arne Sierens, zeigt wie tief verwurzelt alte Rituale sind und dass diese alten Rituale Bedeutung für die Gegenwart haben. Maastricht & Euregio 2018 beabsichtigt die Ausschreibung eines Folgeprojekts, in dem es um die Suche nach neuer Sinngebung gehen soll. Miserere Heiligtumsfahrt Unter dem Titel „Miserere“ planen wir ein Fotoprojekt, das die traditionellen europäischen Prozessionskulturen in ihrer Vielfalt, ihren Gemeinsamkeiten und ihrer aktuellen Maastricht 2011 Compagnie Cecilia De Pijnders (Die Träger) 45 46 Erinnerungen an Krieg Wenn man davon spricht, eine vielfältige kulturelle Identität in der Euregio zu leben, fällt auf, dass hier Konflikte bei der Identitätsbildung eine große Rolle gespielt haben. Maastricht war zum Beispiel Ende des 17. und Anfang des 18. Jahrhunderts ein bedeutender Militärstützpunkt. Bewaffnete Konflikte und wechselnde Herrscher machten die Stadt mehr zu einer Festung als zu einem offenen Netzwerk. Im Mittelalter stand Maastricht unter dem Herzog von Brabant und dem Prinz-Bischof von Lüttich sogar unter einer Doppelherrschaft. Das Ausstellungsprojekt „Die Zeit der zwei Herren“ zeigt Maastricht und die Euregio als Region unter Doppelherrschaft. Der Erste Weltkrieg wirkte sich auf das nationale Gedächtnis der Niederlande nicht so stark aus wie auf das Deutschlands und Belgiens. 2018 wird der 100. Jahrestag des Endes des Ersten Weltkriegs gefeiert. Inspiriert vom französischen Fluxus-Künstler Robert Filliou, der in den 1960er Jahren vorschlug, dass Länder ihre Kriegsdenkmäler lieber vor und anstelle eines Krieges austauschen sollten, planen wir ein Projekt mit dem Titel „Denkmal für einen zukünftigen Krieg“. Dabei sollen alle Kriegsdenkmäler aus der ganzen Euregio an einem Ort gesammelt werden und soll eine Art Stonehenge aus Kriegsdenkmälern entstehen. Das Projekt wird nicht nur die Absurdität von Krieg zeigen, sondern auch an die größte Errungenschaft der EU und Europas erinnern: ein Zusammenleben ohne Krieg und das seit über 60 Jahren. Im Fokus der weiteren Überlegungen wird auch die Frage stehen, was mit den Orten, von denen Denkmäler entfernt wurden, geschehen soll. Was macht man ein Jahr lang mit den leeren Orten? Die Fakultät für Kultur- und Sozialwissenschaft der Universität Maastricht hat ein Studienprojekt gestartet, mit dem die Echos der beiden Weltkriege im täglichen Leben in der Euregio Maas-Rhein erkundet werden sollen. Ein Erzähl-, Musik- und Ausstellungsprojekt mit Lesungen und Seminaren unter dem Titel „War memories“ ist in Vorbereitung. Im Rahmen des Projekts „Paroles d’homme“ aus Lüttich singen 200 Kinder aus Maastricht, Lüttich, Eupen, Aachen und Hasselt ein Repertoire an Liedern, die in Zusammenhang mit revolutionären Bewegungen, sozialen Revolten und Widerstandsbewegungen in Kriegszeiten stehen. Diese Lieder sind im kollektiven Gedächtnis der älteren Generation tief verwurzelt und tragen die Erinnerungen der Euregio in die Zukunft. Gleichzeitig machen sie den Kindern bewusst, dass die Welt, in der sie leben, Siegfriedlinie von Mut und dem Willen zur Veränderung geprägt wurde. Erinnerungen an Liebe und Protest 2018: 50 Jahre nach dem Mai 1968 Ausgehend von der Studentenrevolte in Paris, deren Echo überall in Europa erklang, erinnern wir uns daran, wie der Ruf „Die Phantasie an die Macht“ durch Europa schallte und eine neue Demokratisierungswelle durch Europa rollte. Das Lied „If you’re going to San Francisco be sure to wear some flowers in your hair“ war überall zu hören. Die Flower-Power-Bewegung überrollte Europa und Amerika. Die Niederlande hatten in dieser Zeit eine besondere Position inne. Amsterdam wurde zum „magischen Zentrum“ Europas, die Protestbewegung „Provo“ war europaweit bekannt. Die europäische Jugendkultur schien im Amsterdamer Vondelpark, am Standbild Lieverdje am Spui und dem Nationalmonument auf dem Dam einen zentralen Versammlungsort gefunden zu haben. Aktion Tomate --Die Niederlande in Bewegung: 2018-1968 Das Projekt „Niederlande in Bewegung“ beschäftigt sich mit der Entwicklung der darstellenden Künste und den Entwicklungen im Bildungsbereich in den Niederlanden der 1970/80er Jahre. In dieser Zeit wurden die Niederlande im Bereich der darstellenden Künste zum tonangebenden Land in Europa. Am Anfang dieser Bewegung stand die „Aktie Tomaat“, die mit zur Gründung des „Werktheater Amsterdam“ beitrug. Es entstanden neue Methoden in der Theaterproduktion. Wir beabsichtigen eine Rekonstruktion dieser Zeit durch Neuaufführungen von Theaterstücken von damals und wollen die Position, die das niederländische Theater heute in der europäischen Theaterwelt einnimmt mit seiner damaligen Position vergleichen. Im Bereich Tanz soll die Entstehung des niederländischen Tanztheaters Thema sein und sollen Choreographien von Hans van Manen und Toer van Schaaik vom Staatsballett neu aufgeführt werden. Im Bereich Lyrik denken wir an eine Neuauflage der legendären „Nacht der Lyrik“, die am 28. Februar 1996 im Carré Amsterdam unter Moderation von Simon Vinkenoog und unter Mitwirkung von u.a. Willem van Doorn, K. Schippers, A. Roland Holst, Cees Nooteboom, Hans Verhagen, Jules Deelder, Gerrit Kouwenaar, Jan Hanlo und Remco Campert stattfand. Wir organisieren eine neue Nacht der Lyrik unter Beteiligung von Dichtern, die zurückblicken und mit der Erinnerung an früher Neues vorstellen. Wir blicken zurück auf den „Nederbeat“, auf die Erfolgswelle des niederländischen Films. Wie ist es den Niederlanden, dem am Ende des letzten Jahrhunderts in den darstellenden Künsten tonangebenden Land, ergangen? Diese Frage stellt das Projekt „Niederlande in Bewegung 2018 - 1968“, indem es die Entwicklungen in den darstellenden Künsten nachzeichnet. Auf diese Weise soll die aktuelle Situation ermittelt werden und eine Perspektive für die Zukunft entworfen werden. 47 DA S PR O G R A MM – R E ME M BER I N G THE F U TU R E Erinnerung an alte Netzwerke Het Spoorproject (Das Schienenprojekt) Erinnerung an das frühe Mittelalter Die Wiedernutzung vergessener Infrastrukturverbindungen wie der High Line in New York hat erwiesenermaßen einen Impuls für die Raumentwicklung in Regionen und Städten gegeben. Im Auftrag von Maastricht & Euregio 2018 wurde im Zeitraum 2010-2011 im Rahmen eines Studienprojekts eine Studie zu alten, teilweise vergessenen Straßen- und Eisenbahnnetzen in der Euregio durchgeführt. Ziel der Studie war es, das Potenzial diese alten Netze als strukturierende Elemente innerhalb einer infrastrukturell wenig verbundenen grenzüberschreitenden Region wie der Euregio Maas-Rhein zu ermitteln. Zu diesem Zweck wurden die alten Schienennetze sowie deren Umgebung kartographiert. Hintergrund der Studie ist, dass es in der Euregio Maas-Rhein kein über die Landesgrenzen hinaus verbindendes öffentliches Nahverkehrsangebot gibt, mit dem die Region als Ganzes erfahrbar wäre. Es ging darum, die abstrakte Euregio „erfahrbar“ zu machen. Die vergessenen Straßen- und Eisenbahnnetze wurden eingehend betrachtet. Geprüft wurde, inwieweit es möglich ist, diese Netze im Sinne einer enger verbundenen Region zu nutzen. Die Ergebnisse dieser Studie wurden in drei Trassen zusammengefasst: einer Städtetrasse, einer Sammeltrasse und einer Freizeittrasse. Mit dem genannten Projekt, dessen Laufzeit auf fünf Jahre (2015 bis 2019) angesetzt ist, sollen aus der Studie hervorgegangene Vorschläge entwickelt und umgesetzt werden. Zusammen mit dem Gallo-Römischen Museum in Tongeren erarbeitet Maastricht & Euregio 2018 eine Ausstellung zur Bedeutung der Euregio Maas-Rhein im frühen Mittelalter. Schwerpunkt der Ausstellung im GalloRömischen Museum wird „der europäische Raum“ sein. Die Ausstellung geht über die Grenzen der Euregio hinaus. Die Geschehnisse in der frühmittelalterlichen Euregio werden im Zusammenhang mit den gleichzeitig stattfindenden Ereignissen auf europäischer Ebene dargestellt. Damit sollen die im frühen Mittelalter existierenden Beziehungen zwischen der regionalen, der überregionalen und der europäischen Ebene verdeutlicht werden. Die Besucher sollen erkennen, dass die Region ein Faden in einem großen Gewebe ist. Einem Gewebe, dessen Qualität von den Eigenschaften seiner Fäden abhängt. Gallo-Romeins Museum Die Bedeutung der Euregio Maas-Rhein 48 DA S PR O G R A MM Mirroring Europe Im Spiegel Europas öffnen wir uns nach Europa Die Programmlinie Mirroring Europe verläuft in zwei Linien. In der ersten Linie beschäftigen wir uns mit Fragen in Bezug auf die Entdeckung, Erkundung und Nutzung der kulturellen Vielfalt und teilen unsere Erkenntnisse mit Europa. In einer zweiten Linie lassen wir uns von den Ansätzen anderer inspirieren und laden Europa ein, in die Euregio Maas-Rhein zu kommen – um zu schauen, zu studieren und zu arbeiten. Anhand von Beispielen aus unterschiedlichen Disziplinen zeigen wir, wie wir spiegeln und gespiegelt werden. 49 50 DAS P R O GR AMM – MI R R O R I N G EU R O P E Spiegeln an de bildenden Künsten Den Blick Europas auf die Euregio lenken Die meisten öffentlichen Museen in Europa sind aus Privatsammlungen hervorgegangen. Und Privatsammler spielen noch immer eine wichtige Rolle. Die Auswirkungen ihrer Aktivitäten auf den Kunstmarkt, auf den Diskurs über bildende Kunst sowie auf die Rezeption und die Produktion von Kunst ist klar. Bisher gibt es aber keinen Ort, an dem die Perspektive des Sammlers über die Wünsche der Museen gestellt wird. Mit der Ausstellung „Out of Storage“ (2011/2012) als Auftaktveranstaltung will die Timmerfabriek Maastricht zu einer Basis für Sammler werden. Diese Ausstellung war ein gelungenes Beispiel für die Zusammenarbeit auf europäischer Ebene zwischen dem FRAC Nord Pas de Calais und dem Maastrichter Zentrum für zeitgenössische Kunst Marres. In Dünkirchen entsteht derzeit ein neues Gebäude für das FRAC (Eröffnung am 28. Juni 2013). Im Rahmen einer großen Wanderausstellung waren ein großer Teil der Exponate des FRAC, zu diesem Zweck großzügig vom FRAC zur Verfügung gestellt, zwei Mal in Maastricht zu sehen. Enge Zusammenarbeit mit der TEFAF Die Kunstmesse TEFAF (die 2012 ihr 25-jähriges Jubiläum feiert) hat nach und nach zwischen Maastricht und den Sammlern enge Verbindungen hergestellt. Mit der Ausstellung Out of Storage als Auftaktveranstaltung will die Timmerfabriek in Maastricht zu einer Heimstätte für Sammler werden. Russland aan der Maas im Bonnefantenmuseum Ziel ist es, private und öffentliche Sammlungen zugänglich zu machen und die grenzüberschreitende Mobilität von Sammlungen zu steigern. Die Timmerfabriek entwickelt sich zur Schnittstelle zwischen Sammlern und öffentlicher Infrastruktur der Region, wobei das Bonnefantenmuseum und das Zentrum für zeitgenössische Kunst Marres Maastricht als Kuratoren fungieren – unterstützt von der Fakultät für Kunst- und Sozialwissenschaft der Universität Maastricht, von der Jan van Eyck Akademie und der Stiftung Restauratie Atelier Limburg (SRAL). Nach Abschluss der Umbauarbeiten sollen in der Timmerfabriek von 2014 bis Ende 2017 fortlaufend Ausstellungen stattfinden, die überwiegend Objekte aus europäischen Sammlungen zeigen. Als Rückblick darauf soll 2018 eine große Ausstellung zum Thema Stellung und Macht „des Sammlers“ organisiert werden. Den Blick aus der Euregio nach Europa richten Ziel dieses Projekts ist es, die – teils verborgenen – Bilderschätze der Euregio zum Vorschein zu bringen und zueinander in Bezug zu setzen. Gastkuratoren aus verschiedenen Ländern Europas werden gebeten, aus den Sammlungen der Euregio Ausstellungen zusammenzustellen. Zu sehen sein werden insbesondere die Aachener Sammlung Ludwig, die Sammlung „Entartete Kunst“ in Lüttich, die Vandehove-Sammlung, die Sammlung aus dem Hedge House in Wijlre als Teil des Bonnefantenmuseums und des ersten niederländischen Schunck* Collectors House in Heerlen. Die Ausstellungen sollen nach Möglichkeit eine „Spiegelung“ bedeutender europäischer Sammlungen/Sammler sein, darunter zum Beispiel die Deste Foundation (Athen), die Ellipse Foundation (Cascais/Lissabon), die Fondazione Sandretto Re Rebaudengo (Turin), das Maison Rouge (Paris) und das Magasin 3 (Stockholm). Der Schwerpunkt der Ausstellungen wird auf moderner und zeitgenössischer Kunst, einschließlich Kunst im öffentlichen Raum, liegen. Die Sammelausstellung aus der Euregio wird dann in mehreren der genannten europäischen Kunsthäuser zu sehen sein. Anlässlich des Kulturaustauschs Russland-Niederlande 2013 organisiert das Bonnefantenmuseum in Maastricht eine große Ausstellung mit dem Thema „Russische Avantgarde“. Eine seltene Gelegenheit, russische Spitzenkunst in die Niederlande zu holen, durch die sich die Möglichkeit eröffnet, mit Russland langfristige Kooperationsbeziehungen auf dem Gebiet der bildenden Kunst aufzubauen. DA S PR O G R A MM – MI R R O R I N G EU R O P E Supermarket Lady, 1970 Duane Hanson, Ludwig Forum Aachen 51 52 DAS P R O GR AMM – MI R R O R I N G EU R O P E Spiegeln am europäischen Tanz Die Nederlandse Dansdagen (NDD) ist ein tonangebendes Tanzfestival, das jedes Jahr in Maastricht die neuesten Entwicklungen aus der Welt des niederländischen Tanztheaters präsentiert. Der sehr internationale Charakter des Tanztheaters hierzulande hat zu einem großen Teil die Entwicklung des niederländischen Tanzes bestimmt. Damit der Tanz in den Niederlanden sich weiterentwickeln kann, sind der Austausch und die Zusammenarbeit mit ganz Europa von großer Bedeutung. Mit dem Ziel, sich in Europa breit zu vernetzen, initiieren die Nederlandse Dansdagen in den kommenden Jahren mehrere europäische Austauschprojekte. Nederlandse Dansdagen Maastricht 1. Act your age Der Körper als Inspirationsquelle. In der globalisierten Welt ist unser Körper ein wichtiger Ankerpunkt. Unser Körper, der Speicher unserer Erfahrungen, erinnert uns daran, wer wir sind. Er ist eine wesentliche Konstante – wo wir auch sind und was wir auch erleben mögen. Er ist ein sicherer Hafen, von dem aus wir auf die Suche nach der Umsetzung von Transnationalität gehen. Viele zeitgenössische Kunstschaffende – Choreografen, bildende Künstler, Regisseure und Komponisten – halten den Körper für eine wichtige Inspirationsquelle. Unter Federführung der Nederlandse Dansdagen und in Zusammenarbeit mit Maastricht & Euregio 2018 werden Tanzschaffende aus sieben europäischen Ländern in die Euregio eingeladen, um in den Jahren 2012/13 die Beziehung zwischen Tanz und dem alternden Körper zu erforschen. Der alternde Körper kann auch als Metapher für das Abendland Europa stehen. Auch Wissenschaftler und Praktiker aus dem Pflege- und Gesundheitsbereich sind an „Act your Age“ beteiligt. Bekannte und noch unbekannte Tanzschaffende werden einem Publikum aus mehreren Generationen ihre Arbeiten vorstellen, abseits von normalen Theaterbühnen, zum Beispiel in Wohnzimmern und Seniorenheimen. Ein europäisches Pilotprojekt. 2013 wird es ein Folgeprojekt mit einer Laufzeit von fünf Jahren (bis 2018) geben. Tanzschaffende, die heute noch als kommende Talente gelten, könnten 2018 bereits zur europäischen Spitze gehören. 2. Performing Gender Performing Gender ist ein Kooperationsprojekt verschiedener europäischer Festivals und Museen, darunter das Gender Bender Festival in Bologna, die Nederlandse Dansdagen in Maastricht und Pasa a 2 / das Reina Sofia Museum in Madrid. Themen dieses Projekts sind die menschliche Sexualität, sexuelle Vorlieben und die Frage, inwieweit Sexualität unsere Identität bestimmt – als Individuum, in einer Partnerschaft, mit oder ohne Familie, gleich ob homo- oder heterosexuell, ob jung oder alt. Vorstellungen und Bilder rund um Mann und Frau und die Art und Weise, wie sie Beziehungen eingehen, sind Ausgangspunkt und Inspirationsquelle für das Projekt. Es geht um die Vielfalt der Identitäten. Bildende Künstler, Singersongwriter, Cineasten, Dichter, Regisseure und Choreografen aus ganz Europa werden in Maastricht/ in der Euregio Maas-Rhein alleine, miteinander oder mit der Bevölkerung arbeiten. Tanz ist der Initiator. Von einer Galerie mit Porträts von Männern in Pflegeberufen bis hin zu einem Sammelband höchst unterschiedlicher Liebesgedichte für Männer und Frauen; von einer Fassadenzeichnung bis hin zu einem intimen Duett für zwei Tänzerinnen. Anschließend geht das Projekt auf Europatournee und wird auf den Festivals und in den Museen unserer Partner zu sehen sein. Die verschiedenen Entstehungsprozesse werden dokumentiert und begleiten das Projekt in Form einer Ausstellung. 3. De Parade Brunssum: Volkstanz De Parade ist ein alle zwei Jahre stattfindendes internationales Folkloretanzfestival in Brunssum. In Brunssum kommen alle zwei Jahre traditionelle Tanz- und Musikgruppen aus der ganzen Welt zusammen, um die Volkstänze und -musik ihrer Herkunftsregion vorzustellen. Musik und Tanz sind ein Echo unserer Weltgeschichte und insbesondere auch der Geschichte Europas. Bewegungen, Klangfarben und Rhythmen von Reisenden, Einwanderern und Nachbarn zeigen sich in der Musik und den Tänzen der verschiedenen Länder. Die Vielfalt des Festivalprogramms spiegelt die Vielfalt in der Volkskunst wider und verdeutlicht, dass die Volkskunst stets für neue Einflüsse offen gewesen ist. So sind beispielsweise in den traditionellen Trachten oft Modeelemente erkennbar, die neugierige Reisende aus weit entfernt gelegenen Stadtgebieten in die Region brachten. Zudem ist die Volkskunst für viele Künstler schon seit Jahrhunderten und auch heute noch eine wichtige Inspirationsquelle. Dies sind genug Gründe, um Choreografen, Komponisten und Modedesigner aufzufordern, etwas Neues auf der Grundlage der traditionellen Kunstformen ihrer Heimat zu schaffen. Die Kunstschaffenden aus verschiedenen Ländern und Regionen Europas werden im Laufe des Entstehungsprozesses ihrer Arbeiten mehrmals in Maastricht und der Euregio Maas-Rhein zusammenkommen, um gemeinsam mit Experten auf dem Gebiet der Volkskunst ihre Fragen und Erfahrungen auszutauschen. Welche Quellen werden zum Zweck künstlerischen Forschens verwendet? Können auch Gemälde und beispielsweise Polizeiberichte die Vergangenheit in all ihren Nuancen eröffnen? Wie kommen wir auf Augenhöhe mit der Vielschichtigkeit unseres Erbes? Die Werke werden in De Parade Brunssum erstmals präsentiert und werden danach auf ähnlichen Festivals in ganz Europa zu sehen sein. Maastricht & Euregio 2018 wird junge Choreografen beauftragen, neue Choreografien auf der Grundlage europäischer Volkstänze zu erarbeiten. 53 DA S PR O G R A MM – MI R R O R I N G EU R O P E Spiegeln an Spiegeln an europäeuropäischer Musik ischer Fotografie World Music Contest (WMC) Kerkrade Der WMC Kerkrade bringt die internationale Blasmusikwelt in einem Wettbewerb zusammen. Gleichzeitig soll der Contest ganz allgemein dazu anregen, die besten Musiker aus der ganzen Welt einem großen Publikum vorzustellen. Auf dem WMC 2013 wird die europäische Musikkultur am mitreißenden Enthusiasmus erstklassiger Jugendorchester aus Südamerika gespiegelt. Diese Orchester entstanden aus speziellen didaktischen Musikprojekten, die Jugendliche aus den ärmsten und am stärksten gefährdeten sozialen Schichten die Chance bieten, der Kriminalität und sozialen Ausgrenzung zu entfliehen. Auf dem WMC werden zwei Jugendharmonieorchester aus Südamerika (Simon Bolivar aus Venezuela und RedMedillin aus Columbia) mit vier Jugendorchestern mit Musikern aus verschiedenen Regionen und Ländern Europas auf der Bühne stehen. Indem die Orchester Register austauschen, lernen die jungen Musiker, wie Musikkultur in anderen Ländern und Regionen erlebt wird. Beim gemeinsamen Musizieren in kleinen Ensembles lernen sie aufeinander zu reagieren. Beim gemeinsamen Konzertspiel lernen sie einander zu schätzen. Aufbauend auf den Erfahrungen aus dem Jahr 2013 wird der WMC 2017 die euregionalen und nationalen Orchester nicht nur mit Musikern aus Südamerika, sondern auch mit Musikern aus Asien zusammenbringen. Über das verbindende Element der Blasmusik werden die Musikkulturen von drei Kontinenten im Rahmen eines intensiven Programms voneinander lernen und einander kennen lernen. Parallel zu dieser praktischen Musikerfahrung wird ein Symposium organisiert, auf dem die gesellschaftlichen und politischen Faktoren analysiert werden, die diese praktischen Formen zu einem gelungenen Beispiel des „Spiegelns“ gemacht haben. Family of Man Spiegeln wir uns an Projekten wie „The Family of Man“ (1951-1955) des in Luxemburg geborenen amerikanischen Fotografen Edward Steichen. Seit 1966 ist dieses Projekt als ständige Ausstellung in Clervaux zu sehen. Es wurde im Jahr 2003 in das Memory of the World International Register der UNESCO aufgenommen. In der Ausstellung geht es um Menschen und grundlegende Menschheitsthemen wie Liebe, Arbeit, Geburt, Kinder, Alter, Krieg, Feiern und Tod, dargestellt auf über 500 Fotografien von bekannten und unbekannten Fotografen aus 68 verschiedenen Ländern. Mit diesem Projekt als Inspirationsquelle werden junge Fotografen aus anderen Euregios und aus der Euregio Maas-Rhein aufgefordert, das Leben der Menschen im Europa von heute fotografisch festzuhalten. chen. Diese Ausstellung hat die Wirkung eines Gegengifts und ist Inspiration, den gescholtenen Kontinent mit neuen Augen zu sehen.“ Wir laden Fotografen dazu ein, die euregionale Landschaft von heute fotografisch festzuhalten. Wener Mantz Der deutsche Fotograf Werner Mantz, der seit den 1930er Jahren in Maastricht lebt und arbeitet, hat mit seinen charakteristischen Aufnahmen von städtischen Landschaften (Brücken, öffentliche Gebäude, Wohnhäuser), Naturlandschaften und Verkehrswegen internationale Berühmtheit erlangt. Bis heute sind seine Aufnahmen eine Inspirationsquelle für junge Fotografen. In der Jan van Eyck Akademie in Maastricht wurde ein Fotolabor nach ihm benannt. Sence of Place Die Ausstellung „Sense of Place“ zu zeitgenössischer Landschaftsfotografie im Palais der Schönen Künste in Brüssel zeigt, wie die Kunst Fragen der Gegenwart einsichtig und erlebbar machen kann. Die niederländische Tageszeitung De Volkskrant schrieb am 28.6.2012: „Wer beim Begriff Europa an Krise denkt, (….) tut gut daran, „Sense of Place“ zu besu- The Family of Man Edward Steichen Famielie auf dem kleinen Berg, Cadier en Keer, 1950 Werner Mantz 55 DAS PR O G R A MM – MI R R O R I N G EU R O P E Spiegeln am europäischem Film Rundskop (Rindskopf) Michaël R. Roskam Anatole Elbe Stevens Kooperationen mit europäischen Euregios, die eine Filmindustrie haben, sind Maastricht & Euregio 2018 sowohl auf künstlerischer als auch auf wirtschaftlicher Ebene wichtig. In der Filmindustrie ist insgesamt ein Trend zu mehr Zusammenarbeit in Europa erkennbar. Man kann behaupten, dass die europäische Filmindustrie ihre Existenz der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit verdankt. Viele europäische Filme mit künstlerischem Mehrwert sind Co-Produktionen verschiedener Länder. Regionen und regionale Filmfonds spielen dabei eine immer größere Rolle.Unsere Euregio Maas-Rhein ist in der glücklichen Situation, gleich zwei rege Filmregionen zu haben: Wallonien (genauer: Lüttich) und Nordrhein-Westfalen. Beide Regionen verfügen dank eines regionalen Fonds über eine eigene Filmindustrie. Europe revisited: das Filmprojekt Maastricht & Euregio 2018 Le gamin au vélo (Der Junge mit dem Fahrrad) Jean Pierre und Luc Dardenne Maastricht & Euregio 2018 stellt ein Filmprojekt vor, das künstlerische Innovation und wirtschaftliche Notwendigkeit miteinander verbindet. Das Projekt gibt einen Impuls für ein Filmklima in der Euregio Maas-Rhein mit nachhaltiger Wirkung auf zwei Ebenen: (1) Es möchte einen Betrag zur niederländischen und europäischen Filmkultur leisten und (2) Arbeitsplätze insbesondere für die junge Generation schaffen. Wichtigstes Instrument ist die Investition in die euregionale Kreativindustrie in Verbindung mit einer Kulturagenda, deren Ziel die Entwicklung einer Filmlandschaft mit europäischer Signatur ist. Voraussetzung für die Entwicklung eines Filmklimas ist eine Kulturagenda, die an die Entwicklung einer Medienindustrie gebunden ist. Unsere Kulturagenda: die Entwicklung einer distinkten europäischen Signatur, die Schaffung ursprünglicher Geschichten, Szenarios und Figuren sowie die Entwicklung eines eigenen filmischen Ansatzes. Wenn sich das Filmklima in Limburg dank grenzüberschreitender Zusammenarbeit an der Lütticher Art des Filmemachens orientieren kann, dann kann eine Filmlandschaft entstehen, die sich von den heutigen niederländischen Gegebenheiten unterscheidet. Aus europakultureller Perspektive scheint die niederländische Filmlandschaft mit ihren vielen Romanverfilmungen und Genrefilmen in ihrer Entwicklung eng verbunden mit, vielleicht sogar festgefahren in der literarischen Tradition Hollywoods. Dadurch ist der niederländische Film in der europäischen Filmwelt heute zu wenig präsent. In Europa scheint eine Filmsprache verwendet zu werden, die gerade durch die Durchbrechung des amerikanischen Studiosystems entstanden ist. Die europäische Art des Filmemachens liest Geschichten buchstäblich von der Straße auf. Die daraus entstehenden Filme sind ursprünglich, authentisch, haben Wiedererkennungswert und erzählen oft Geschichten außerhalb der Konventionen des Genrefilms. All diese Merkmale sind im modernen niederländischen Film kaum erkennbar. Die Euregio Maas-Rhein verfügt über das Potenzial, Filme nach europäischer Art zu produzieren. Die kulturelle Vielfalt, das Zusammentreffen verschiedener Filmkulturen, die international renommierte„Lütticher Schule“ der Brüder Dardenne, die verschiedenen Ausbildungseinrichtungen im künstlerischen Bereich, die Wissen, Knowhow und Talente liefern, sowie neue Initiativen wie CineSud sind Elemente, die, wenn sie miteinander verknüpft werden, eine neue, die niederländische und europäische Filmkultur bereichernde Filmlandschaft begründen können. Die dabei entstehenden Arbeitsplätze sollen vor allem jungen Menschen zugutekommen. Die jüngeren Generationen SIND Bild und Bildsprache. Der Film spielt dabei eine besondere Rolle: Er fungiert als Katalysator nicht nur für die Bildkultur im Allgemeinen, sondern auch ganz im Konkreten unter anderem für die Fernseh-, Video- und Spieleindustrie. Es fällt auf, dass sich diese kreativen und wirtschaftlichen Dynamiken nicht auf die Hauptstadtregionen beschränken, sondern sich immer öfter auch in Randregionen zeigen, wo aktiv über neue Kreativindustrien zur Schaffung von Arbeitsplätzen nachgedacht wird. So verfügen etwa Aarhus im Westen Dänemarks, das schwedische Vastra Gotaland und Katalonien über gut entwickelte Filmindustrien, die jene in den Hauptstädten ergänzen. Das Filmprojekt im Rahmen des Programms für Maastricht & Euregio 2018 ist ein mehrjähriges Projekt mit drei Ebenen: (1) Talentförderung: Beteiligung von Ausbildungseinrichtungen in der Euregio; Förderung und Beteiligung von Absolventen; künstlerische Entwicklung. (2) Wirtschaft: durch grenzüberschreitende Zusammenarbeit Impulse für die Filmindustrie entwickeln. (3) Filmkultur: Entwicklung einer Filmlandschaft mit distinkter europäischer Signatur. Die Projektlaufzeit ist für den Zeitraum 2015 – 2019 angesetzt. Die nachhaltigen Ergebnisse werden auch nach 2019 sichtbar sein. Der erste Höhepunkt ist 2018 mit der Premiere einer ersten euregionalen Filmproduktion geplant. Dieser erste Film soll nicht nur im Rahmen des „Made in Europe festival“ in Maastricht, Genk und Aachen, sondern auch auf verschiedenen anderen europäischen Filmfestivals gezeigt werden. 56 DAS P R O GR AMM – MI R R O R I N G EU R O P E Spiegeln an Euregios Ein Kooperationsprojekt europäischer Euregios rund um das Thema „Europa wiederentdecken“ Gemeinsam mit einigen anderen europäischen Euregios wollen wir das Thema „Europa wiederentdecken“ näher beleuchten. Zusammen mit Regionen in Europa, in denen sich verschiedene Kulturen berühren, möchten wir herausfinden, wie „kulturelle Vielfalt“ entdeckt, erkundet und genutzt werden kann. Wie die Menschen in ihrem täglichen Leben Europa „leben“ können. Wir schlagen ein sehr konkretes Studienprojekt vor. Nach einer Analyse und Kontextbestimmung und der Erfassung der Unterschiede und Bedürfnisse der verschiedenen Euregios geht es uns vor allem um die Entwicklung von „Instrumenten“. Wie können wir die genannte Fragestellung mittels kultureller Programmgestaltung erörtern? Gelingt es uns, Herangehensweisen zu entwickeln? Wie widerspenstig ist die Wirklichkeit? Welche Probleme ergeben sich? Wie entwickeln wir gemeinsam ein Erkundungsverfahren? Die Idee hinter all dem ist die Entwicklung eines „Rings“ europäischer Experimentierfelder zur Erforschung der möglichen Nutzung kultureller Vielfalt.Über die Geschäftsstelle der Euregio Maas-Rhein haben wir die „Association of European Border Regions“ (Arbeitsgemeinschaft Europäischer Grenzregionen, AEBR) gebeten, sich bei ihren Mitgliedern zu erkundigen, ob Bedarf an einem Projekt dieser Art besteht. Von besonderem Interesse für uns war die Gründung einer Arbeitsgemeinschaft mit Städten in Euregios, die in den kommenden Jahren Kulturhauptstädte Europas sein wer- den oder in den letzten Jahren Kulturhauptstädte waren. Die Anfrage wurde im Rahmen der halbjährlich stattfindenden AEBR-Mitgliederversammlung im Juni 2012 in Istanbul erörtert. Zu unserer Überraschung waren die Reaktionen der Mitglieder sehr zahlreich. Wir haben bereits erste Kontakte geknüpft, haben im Rahmen eines Besuchs in der Stadt San Sebastian erste richtungsgebende Vereinbarungen getroffen, haben Gespräche mit der Stadt Sonderborg geführt und von der Regio Venezia Nordest und der Stadt Luxemburg Zusagen zur Zusammenarbeit erhalten (Stand Sommer 2012). Der Kreis der teilnehmenden Städte/Regios soll im Frühjahr 2012 erweitert werden. Am 7. und 8. November soll am Rande des zweiten Jahrestreffens der AEBR in Berlin ein erster Workshop organisiert werden, an dem mehrere interessierte Städte aus europäischen Euregios teilnehmen werden. Maastricht & Euregio 2018 wird dieses Treffen vorbereiten und leiten. Maastricht & Euregio 2018 wird seine Vorgehensweise als Ausgangsbasis für die Diskussion und als Beispiel für eine Programmentwicklung einbringen. Der Workshop wird überwiegend praxisorientiert sein. 57 PR O G R A MM – MI R R O R I N G EU R O P E Spiegeln mit den Niederlanden Spiegeln an Europa und der Welt Die Stärke einer Gesellschaft spiegelt sich in ihren Künsten wider. Die niederländische Kunstlandschaft zeichnet sich durch einen explorativen und innovativen Charakter aus. Doch die Niederlande orientieren sich immer stärker nach innen.Sollten Maastricht und die Euregio 2018 die Niederlande als Kulturhauptstadt Europas vertreten, empfinden wir es als unsere Aufgabe und Herausforderung, die offene und tolerante Haltung lebendig zu halten. Zu diesem Zweck wird Maastricht & Euregio 2018 unter dem Schwerpunktthema „Europa wiederentdecken“ Kooperationsprojekte mit niederländischen Kunsteinrichtungen initiieren. Das Programm von Maastricht & Euregio 2018 wird teilweise euregional, teilweise europäisch ausgerichtet sein. Maastricht & Euregio 2018 bittet niederländische Kunsteinrichtungen, das Thema aus niederländischer Perspektive zu behandeln. Die Zusammenarbeit mit den Nederlandse Dansdagen dient dabei als Vorbild. Vergleichbare Kooperationen plant Maastricht & Euregio 2018 mit Theaterensembles, Musikeinrichtungen, Orchestern und Chören. In Bezug auf Kooperationsprojekte mit Museen wird, aufbauend auf der Ausstellung „De weg naar van Eyck“ im Museum Boijmans van Beuningen im Frühjahr 2012, eine Kooperation mit dem Bonnefantenmuseum Maastricht angestrebt. De expo 2017Lüttich Toneelgroep Amsterdam, Na de repetitie (Nach der Probe) / Persona (Gastspiel in Lüttich) blickt auf eine lange Tradition in der Organisation von Weltausstellungen (1905, 1930 und 1939) zurück. Lüttich ist einer von zwei Bewerbern um die Ausrichtung der Expo 2017. Das Kernthema der Veranstaltung lautet „Connecting People“. Die nachhaltige innenstädtische Entwicklung soll nach der Weltausstellung mit der Umwandlung des Expo-Geländes Coronmeuse in ein ÖkoStadtviertel gefördert werden. Die Partner haben vereinbart, dass die Kulturhauptstadt Maastricht im Jahr 2017 einen Pavillon auf dem Ausstellungsgelände stellt, um das Programm und die Kulturaktivitäten des Kulturhauptstadtjahrs 2018 vorzustellen. Daneben soll in Zusammenarbeit mit der Provinz und der Stadt Lüttich ein attraktives internationales Kulturprogramm auf der Expo präsentiert werden. Gemeinsam mit den Kulturschaffenden soll auf diese Weise ein kultureller Rahmen geschaffen werden, der zum Spiegel für Europa und die Welt wird. In den Jahren 2018 und 2019 soll dieses Programm als Teil des Programms der Kulturhauptstadt weitergeführt und vertieft werden. Hauptthema der Expo ist „Connecting people“ 58 DA S PR O G R A MM Living Europe Ein gelebtes Europa kann Wirklichkeit werden Maastricht & Euregio 2018 möchte „die Nutzung der kulturellen Vielfalt“ im Alltag etablieren, damit ein gelebtes Europa Wirklichkeit werden kann. Kultur betrachten wir nicht mehr als Ausdruck regionaler und nationaler Identität in einem kulturell vielfältigen Europa. Maastricht & Euregio 2018 soll zum Musterbeispiel erfolgreich gelebter kultureller Vielfalt in der Geschichte Europas werden. Das gelebte Europa mit der Génération Maastricht als seinem Fahnenträger soll der jungen Generation und Europa selbst diesen Zukunftstraum wieder nahebringen. 59 60 DAS P R O GR AMM – L I VI N G EU R O P E Zu diesem Zweck erarbeitet Maastricht & Euregio 2018 in den Jahren bis 2018 ein Programm, mit dem Einwohner und Besucher die Vielfalt der Kulturen entdecken, erkunden und schließlich nutzen können. Einwohner und Besucher erkennen, wie die Zukunft einer Region von ihrer Vergangenheit mitbestimmt wird. Einwohner und Besucher erkennen, dass jede Region ihren Platz innerhalb Europas hat. Das Ergebnis dieses Prozesses möchte Maastricht & Euregio 2018 „feiern“. Die Programmlinie „Living Europe“ ist das Ergebnis des Prozesses, der durch die ihr vorausgehenden Programmlinien Gestalt angenommen hat. Ziel des Programms ist, dass Einwohner und Besucher die Euregio Maas-Rhein als Identität erleben. Eine Identität, in der Kontakte einen strukturellen Charakter haben und Kooperationen zwischen den verschiedenen kulturellen Identitäten – langfristig – etabliert sind. Ziel des Programms ist, dass Kultureinrichtungen Austausch und Kooperation, die Nutzung der Talente der anderen, als Selbstverständlichkeit betrachten. Maastricht & Euregio 2018 möchte eine strukturelle und dringend notwendige Revision der Kommunikation zwischen Europa und seinen Bürgern initiieren und möchte erreichen, dass dieser Kommunikationsprozess zu einem festen Bestandteil der Agenda der Europäischen Kommission wird. Eine grundsätzliche und strukturelle Änderung der Art und Weise, in der das Europa des Jahres 2020 funktioniert.Auch aus diesem Grund beabsichtigen wir, den Prozess „Europa wiederentdecken“ nach 2018 in den Jahren 2023 und 2028 zu wiederholen, um schließlich im Jahr 2033 den Staffelstab an die nächste niederländische Kulturhauptstadt Europas zu übergeben. Ziel des Programms ist, dass ein „Netz“ von Euregios entsteht, in dem die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Kulturen Realität ist. Die europäischen Euregios als Netzwerk von „Knotenpunkten“ quer durch Europa. Ziel des Programms ist, dass die Bildungseinrichtungen, von den Grundschulen bis zu den Universitäten und Fachhochschulen, Mehrsprachigkeit fördern. Die Zeiten, in denen bezüglich der fachlichen Inhalte in Fächern wie Geschichte, Literatur und Philosophie zwischen den verschiedenen Bildungssystemen in der Euregio keine Konformität mit der Identität und Geschichte der Region herrscht, müssen hinter uns liegen. Ansonsten endet das Blickfeld an den eigenen Landesgrenzen und bleiben Wissen und Interesse, aber auch berufliche Entscheidungen und Arbeitsmarktchancen auf das eigene Land beschränkt. Die Eröffnungsveranstaltung 2018 soll „visualisieren“, dass die Euregio eine erlebbare Identität ist, und soll „vertonen“, dass in der Euregio viele verschiedene kulturelle Identitäten zusammenleben. Das Programm Living Europe wird durch Investitionen ab 2014 realisiert. Das endgültige Programm wird in den Jahren 2015, 2016 und 2017 ausgearbeitet. Den Prozess präsentieren wir als Produkt: – So wie die Programmvorschläge für die hier vorgestellten Programmlinien auf der Grundlage von Studienprojekten er- arbeitet wurden, so wird das endgültige Programm für 2018 auf der Grundlage der Befunde und Ergebnisse aus der Arbeit und den Studien während der ersten drei Jahre entstehen. – Die Génération Maastricht wird zum Aushängeschild für Maastricht & Euregio 2018 und wird eine zentrale Funktion im Projekt einnehmen, indem sie ihr eigenes Programm erarbeitet und in den ersten drei Projektjahren maßgeblich an der Entwicklung des endgültigen Programms für 2018 beteiligt sein wird. Um einen Eindruck von dem Programm zu vermitteln, das am Ende des von uns geplanten Prozesses stehen könnte, stellen wir im Folgenden eine Reihe von Projekten vor. Es sind Projekte, die „feiern“, dass das gelebte Europa Wirklichkeit werden kann. Im Jahr 2018 wird es zur Selbstverständlichkeit geworden sein, mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Eupen nach Heerlen und von Düren nach Tongeren zu reisen. Das wird einfach und schnell gehen und die Menschen werden sich in der Region zuhause fühlen. Die Menschen in der Euregio werden das euregionale Kulturportal nutzen: ein Instrument für Bewohner und Besucher, ein Reiseführer entlang der Kultur der Euregio, ein Instrument, das Zugang zu den Kulturprogrammen von Maastricht & Euregio 2018 bietet. Kinder, Jugendliche und die meisten Erwachsenen werden es als normal empfinden, zwei, drei, zumindest aber eine „Fremdsprache“ zu sprechen und zur Kommunikation nutzen zu können. Fünfundzwanzig Jahre nach dem Inkrafttreten des Maastrichter Vertrags möchte Maastricht & Euregio 2018 einen neuen Kulturparagrafen für einen europäischen Vertrag formulieren: einen „contrat culturel“ für alle Bürger Europas. Über die Form des Vertrags entscheiden Bürger, Künstler, Kultureinrichtungen, professionelle und Laienvereine und Unternehmer der Euregio(s). Denkbar ist alles, von einem Open-Source-Manifest im Internet über einen gedruckten Entwurf bis zu einer gemalten, gesungenen oder getanzten Form. Im Gegensatz zum EU-Vertrag, der ein Vertrag zwischen Regierungen ist, wird dieser contrat culturel ein Kulturvertrag zwischen den Bürgern Europas selbst. Bei der Gestaltung des Kulturhauptstadtprogramms Maastricht & Euregio 2018 werden wir sowohl Bürger als auch Akteure aus der Kulturszene in den Prozess der Entwicklung neuer Symbole und Ikonen für „Living Europe“ einbinden. Dieser Prozess, dieses Art des Umgehens mit dem Reichtum kultureller Vielfalt in der Euregio und in Europa wird einer neuen Art der Kommunikation zwischen Europa und seinen Bürgern Richtung geben. DA S PR O G R A MM - L I VI N G EU R O P E 61 Im Jahr 2018 – wird der erste eigenständig in der Euregio produzierte Film Premiere haben. Der Film wird zeitgleich in allen Städten der Euregio Maas-Rhein vorgeführt; – wird die Oper „Europa wiederentdecken“, dargeboten von Opernensembles aus Lüttich, Aachen und Maastricht, uraufgeführt. Die Oper wird in Theatern aller teilnehmenden Städte zu sehen sein; – wird die Ausstellung „Eurovisionen“ in den renommiertesten Museen der Euregio eröffnet; – wird der WMC 2018 stattfinden; – wird das Projekt „Prozessionsstädte“ umgesetzt; – wird die Theaterproduktion „Vier lagen goud“ („Vier Schichten Gold“) Premiere haben. In dem Stück, das ein Kooperationsprojekt flämischer, wallonischer, niederländischer und deutscher Schauspieler sowie von Darstellern mit Migrationshintergrund ist, wird das Thema „Europa wiederentdecken“ thematisch, formal und ästhetisch inszeniert; – wird im Rahmen von De Parade in Brunssum die Uraufführung neuer Choreografien, die auf alten Volkstänzen aufbauen, stattfinden; – wird die Tanzproduktion „Old time living“ im Rahmen der Nederlandse Dansdagen uraufgeführt; – werden in den „Parks der Inspiration“ die Kulturcafés ihre Pforten öffnen, werden Sprachmobile durch die Euregio fahren, wird auf dem Rockfestival Pinkpop die Premiere von „The New Wall“ stattfinden, wird im Rahmen der Musica Sacra eine Neuinterpretation gregorianischer Gesänge Premiere haben; – werden Projekte umgesetzt werden, die in der Phase 2015 bis 2017 vorbereitet werden. Den Prozess präsentieren wir als Produkt mit viel Raum für Experimente 62 DAS P R O GR AMM – L I VI N G EU R O P E Links: Jan van Eyck Academie Rechte Talentförderung Fachhochschule Aachen geht es vor allem um Design und Formgebung. Karlspreis für die Jugend iArts, ein europäischer, interdisziplinärer Kunststudiengang Der interdisziplinäre Studiengang iArts, der 2013/2014 in Maastricht anläuft und in dem Studenten verschiedene Kunstdisziplinen, aber auch Kunst und Wissenschaft sowie Kunst und Gesellschaft miteinander zu verbinden lernen, wird der Dreh- und Angelpunkt der Kunsterziehung in Maastricht. In einem Zeitraum von fünf Jahren soll ein europäischer Studiengang für die Künste entstehen. Der Studiengang folgt dem Trend, dass die Auffassung der Tätigkeit als Künstler breiter wird. Das idealisierte Bild des Künstlers, der abgeschottet vom Alltagsleben im stillen Kämmerlein an seinem neuesten Werk arbeitet, bröckelt. Immer mehr junge Künstler gehen ganz selbstverständlich davon aus, dass die künstlerischen Fragen, die Grundlage ihrer eigenen Werke sind, auch Grundlage für andere Bereiche sein können. Die Verbindung mehrerer Aktivitäten gibt ihrem künstlerischen Ausdruck eine neue Dimension. Andere euregionale Zentren der Talentförderung In Lüttich sind die Académie Royale des Beaux-Arts de Liège und die Ecole Supérieure des arts Saint-Luc auf bildende Kunst spezialisiert, während das Conservatoire royal de Liège den Schwerpunkt auf Musik und Theater legt. In Genk beschäftigt sich die Madfaculty mit Design und Kreativindustrie, das Muziekodroom in Hasselt hingegen begleitete junge Popmusiker. In der Stadt und der Region Aachen zielen die Bleiberger Fabrik, die Internationale Kunstakademie Heimbach und die Kunstakademie Würselen auf die Talentförderung im Bereich der bildenden Kunst. Im Fachbereich Gestaltung der Eigene Auffassungen über die Welt Die jungen Generationen entwickeln im Studium ihre eigenen Auffassungen von der Welt, in der sie leben. Sowohl durch die Lösung verschiedener praktischer Fragestellungen rund um das Thema grenzüberschreitend leben und arbeiten als auch durch den täglichen Kontakt mit einer internationalen Einwohnerschaft entwickeln die Studierenden eine eigene Sicht auf das Europa der Gegenwart und Zukunft. Europäischer Jugendkarlspreis Der Preis wird für Projekte junger Menschen verliehen, die zur Verständigung beitragen, die Entwicklung eines gemeinsamen Bewusstseins für die europäische Identität fördern und praktische Beispiele für das Zusammenleben der Europäer als Gemeinschaft liefern. Der Europäische Karlspreis für die Jugend wird jedes Jahr gemeinsam vom Europäischen Parlament und der Stiftung Internationaler Karlspreis zu Aachen verliehen. Jan van Eyck Akademie Schwerpunkt der postakademischen Ausbildung an der Jan van Eyck Akademie in Maastricht ist die Beziehung zwischen Handwerk und Kreativität. Das Studium bietet auch Raum für Talentförderung, indem Künstler dazu ermutigt werden, ihre Erkundungen nicht auf die Welt der Künste zu beschränken, sondern auch auf andere Bereiche auszuweiten. Dazu organisiert die Akademie spezielle Forschungslabore. In Zusammenarbeit mit Partnern aus der Euregio – Unternehmen, Bildungs- und Kultureinrichtungen – ist es das Ziel der Jan van Eyck Akademie, zu einer NIAS (Niederländische Akademie der Wissenschaften) für die Euregio zu werden: zu einem Treffpunkt und/oder Arbeitsort für Wissenschaftler und Forscher, Künstler, Autoren und Führungskräfte aus der Wirtschaft, die einen Ort zum Studium oder Zeit zum Nachdenken, einen Ort des Austauschs oder einen Raum suchen, um ein Projekt abzuschließen. Europe on the Ground Ein gutes Beispiel für die Wirkung des Jugendpreises ist das Gewinnerprojekt des Jahres 2012: „Europe on the Ground“, ein in Griechenland erarbeitetes Medienprojekt für Jugendliche. Der Vorsitzende des Europäischen Parlaments Martin Schulz sagte dazu: „Ich persönlich finde das Projekt‚ Europe on the Ground‘ toll, weil es die kulturelle Vielfalt Europas greifbar macht, es für Mehrsprachigkeit wirbt und zur Bildung einer öffentlichen europäischen Meinung anregt. Zur Stärkung der Demokratie in Europa brauchen wir mehr europaweite Diskussion über europäische Angelegenheiten. … Wir sehen immer deutlicher, wie abhängig wir voneinander sind, wie sehr wir miteinander verflochten sind. … Der aus Griechenland stammende Gewinner des Jugendkarlspreises trägt zur Bildung einer öffentlichen europäischen Meinung bei.“ In den kommenden Jahren, insbesondere aber 2018, wird „Europa wiederentdecken“ ein Schwerpunktthema bei der Vergabe des Jugendkarlspreises sein. III M A A S T RIC HT UN D PA R T N ER Die Menschen und die Region 64 65 KAPITEL 5 : MAAS T RI CHT U N D S E I N E PA RT N E R Mehr Stadt, mehr Landschaft, mehr Kultur Der erste Eindruck, den man als Besucher von der Region gewinnt, ist die internationale Atmosphäre. Man hat das Gefühl, dass die nächste Grenze (ganz gleich ob national, sprachlich, administrativ, kulturell oder verkehrstechnisch) immer gleich um die Ecke liegtund dass man hier viel dichter am Nabel Europas dran ist als irgendwo sonst. Für die Einwohner der Euregio gibt es keine Bezeichnung wie „Euregier“ oder ähnliches. Auch findet man die Euregio Maas-Rhein auf keiner Karte. Wenige wissen, wie sie genau abzugrenzen ist. Aber wenn man sich Zeit nimmt und genauer hinschaut, dann offenbart dieser künstliche und scheinbar zufällige Verbund von Städten und Landschaften seine inneren Bindungen, ob es nun um Mentalität, Küche, Lebensfreude, um Karneval, Wallfahrten oder die zielgerichtete Art, die Dinge anzupacken, geht. Es ist eine sehr spezielle Mischung aus niederländischem Individualismus und niederländischer Kreativität, aus flämisch-deutscher Tüchtigkeit und wallonischem „Savoir vivre“. Gemälde von Fons Haagmans Protest, Porträt Herman Veugeleers, 150 x 150 cm 66 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER Die Menschen Verbundenheit über Grenzen hinweg Karneval und Volkskultur In der ganzen Region spielt die Volkskultur eine große Rolle, daher auch das insgesamt große Interesse an Kultur überhaupt. Kultur war immer Bestandteil des Alltags, ob nun als Hochkultur oder in populärerer Form. Auch wenn die religiösen Feste für die meisten Menschen nicht mehr dieselbe spirituelle Bedeutung wie früher haben, sind sie noch immer gut besuchte Ereignisse für Alt und Jung, echte Volksfeste. Die starke römisch-katholische Prägung hat nicht nur zu – zumindest für niederländische Verhältnisse – ungewöhnlich reichen Ausdrucksformen von Ikonografie, Wohnkultur und Mentalität geführt, sondern auch zu einer vielgestaltigen Karnevalskultur. Im Karneval, der die Fastenzeit vor Ostern einläutet, ist einer der Schlachtrufe der Euregio: Alaaf! Typisch für den Karneval in der Euregio ist die Verschmelzung des rheinländischen und lateinischen Karnevals – unter Wahrung charakteristischer Unterschiede je Gebiet. Die Gelegenheit, die alltägliche Ordnung auf den Kopf zu stellen, wird in der gesamten Region mit Begeisterung ergriffen, in all ihrer Ausgelassenheit zu beobachten in den Sälen und auf den Straßen der Euregio. Christliche Traditionen spielen noch immer eine bedeutende Rolle Auch heute ist, obwohl die religiöse Praxis weniger wichtiger wird, das christliche Erbe in unserem Alltag allgegenwärtig, etwa durch den Kalender oder unsere Normen und Werte. Das Christentum hat in der Euregio Maas-Rhein eine lange Geschichte. Im 3. Jahrhundert begann die Macht des Römischen Reiches allmählich abzunemen. Anfang des 4. Jahrhunderts setzte die Christianisierung der Niederlande ein. Durch von Maternus wurde Tongeren Hauptsitz des gleichnamigen Bistums. Im Jahre 343 wurde Servatius erster Bischof von Tongeren. Wegen der zunehmenden äußeren Gefahren wurde der Bischofssitz 384 nach Maastricht verlegt. Servatius ist dort gestorben und der Überlieferung zufolge auf dem Vrijthof begraben. Im Laufe des 8. Jahrhunderts wurde der Bischofssitz nach Lüttich verlegt. Der letzte Bischof, der in Maastricht geweiht wurde, war Hubertus. Maastricht blieb jedoch bis weit in das Mittelalter hinein ein wichtiges religiöses Zentrum. Mit dem Bau der achteckigen Pfalzkapelle des Aachener Doms, der Hofkirche Karls des Großen, wurde um 800 der Grundstein für ein Gotteshaus gelegt, das bis heute die Gläubigen anzieht. Alljährlich wird der Aachener Dom von mehr als einer Million Menschen besucht. Auch die Fürstbischöfe von Lüttich sind im historischen Gedächtnis der Euregio prominente Persönlichkeiten, vor allem, weil sie in einem geopolitischen Kontext agierten, in dem die heutigen nationalen Grenzen noch nicht bestanden. Als Beispiel sei der heilige Lambert genannt, der Namenspatron des bekanntesten Platzes von Lüttich, der „Stadt des Feuers“. Der in Maastricht geborene Bischof wurde um das Jahr 700 in Lüttich ermordet. Im Zuge der großen Verehrung, die ihm schon bald nach seinem Tod am Ort seines Martyriums zuteil wurde, überführte man seine Reliquien aus Maastricht nach Lüttich und errichtete ihm eine Gedenkkirche, die spätere Kathedrale der Stadt. Die Pilgerströme aus ganz Europa haben die weitere Entwicklung der Stadt Lüttich entscheidend beeinflusst. Bis heute halten – in der ganzen Euregio – große und stark besuchte Prozessionen und Heiligtumsfahrten die Erinnerung an die religiöse Geschichte lebendig. Migranten: Die jüngere Geschichte der Euregio Maas-Rhein Die Euregio hat aufgrund ihrer Bergbauvergangenheit zwischen 1870 und 1990 große Zuwanderungswellen erlebt, erst aus Polen und der Ukraine, dann aus Italien und später auch aus der Türkei, Marokko und sogar Südkorea. Zwischen 1965 und 1992 wurden viele Zechen geschlossen. Allein in Südlimburg (NL) standen durch die Zechenstillegungen über 45.000 Menschen auf der Straße. Auch die große Gruppe der Migranten, die speziell für den Bergbau angeworben worden war, war davon betroffen. Zusammen mit den weiteren rund 30.000 Entlassenen, die in den vom Bergbau abhängigen Wirtschaftszweigen Arbeit gefunden hatten, war das für die Region ein schwerer Schlag. Es ist erstaunlich, wie schnell sie den Übergang zu einer wissensbasierten Wirtschaft meisterte. Allerdings gelang und gelingt nicht jedem die Anpassung an die „glokalen“ Bedingungen und an die vielschichtigen kulturellen Aspekte, die Voraussetzung für eine erfolgreiche Zukunft des Gebietes sind. Gegenwärtig haben in Städten wie Aachen, Genk und Lüttich ca. 30 Prozent der Einwohner ausländische Wurzeln. Auch andere Städte der Euregio haben einen großen Anteil an Migranten mit einem ähnlichen Hintergrund, etwa Heerlen/Parkstad, Eschweiler, Eupen und Verviers. Diese Städte kooperieren im Rahmen des Interreg-Projekts „Sustainable Urban Neighbourhoods“ (SUN) insbesondere im Hinblick auf die sozialen und wirtschaftlichen Folgen dieser jüngeren Geschichte der Euregio. Heiligtumsfahrt Maastricht 2011 67 68 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER --Migranten in der Euregio: die Bergbaugeschichte In allen Bergbaugebieten Nordwesteuropas war die Arbeitskräftebeschaffung problematisch. Durch den arbeitsintensiven Charakter des Bergbaus und die oft dezentral gelegenen Schächte konnten die Zechen meist nicht genügend Arbeitskräfte vor Ort finden. Die Anwerbung von Arbeitsmigranten aus der näheren oder weiteren Umgebung war daher ein universelles Merkmal der Bergbaureviere. Arbeitsmigration ist seit dem neunzehnten Jahrhundert ein in allen Bergbaugebieten Nordwesteuropas zu beobachtender Vorgang. In der ganzen Euregio Maas-Rhein hatte der Steinkohlebergbau großen Einfluss auf die gesellschaftliche Entwicklung. Vor allem um Lüttich und Aachen herum (einschließlich der Domaniale Mijn in Kerkrade) stößt man auf alte Bergwerksanlagen, während in Niederländisch- und Belgisch-Limburg modernere stillgelegte Zechen zu finden sind. Im Lütticher Becken beschränkte sich der Kohlenbergbau anfangs auf die Hügel des Maastales, aber ab Beginn des neunzehnten Jahrhunderts ermöglichten neue Entwässerungspumpen auch die Erschließung tiefer gelegener Flöze. Nach dem Zweiten Weltkrieg war bis etwa 1958 der Steinkohlebedarf sehr hoch.Kennzeichnend für die Nachkriegszeit waren bilaterale Anwerbungsverträge mit dem italienischen Staat. Frankreich und Belgien hatten solche Vereinbarungen bereits 1946 getroffen. Steinkohlelieferungen nach Italien wurden an den Einsatz italienischer Arbeiter gekoppelt. Die niederländischen Staatsmijnen schlossen 1948 mit Italien einen Vertrag über die Rekrutierung von Bergleuten. Wie schon bei der Arbeitsmigration vor dem Kriege war die Abwanderung von Migranten besonders hoch. Von 1946 bis 1956 warben die belgisch-limburgischen Bergwerke über 28.000 Italiener an, während maximal nur knapp 7.000 gleichzeitig beschäftigt waren. Die Aachener Zechen beschränkten sich bei der Arbeitskräfteanwerbung in den 50er Jahren überwiegend auf deutschsprachige und andere Flüchtlinge aus Osteuropa. Die ersten Italiener trafen erst 1956 ein (auf der Grundlage eines Anwerbungsvertrags zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Italien). Danach kamen – teilweise ebenfalls auf der Grundlage bilateraler Anwerbungsverträge – Jugoslawen (1957-1961), Spanier (1960), Griechen (1963), Türken (1963 und 1964) und Marokkaner (1962-1965). Eine gesonderte Gruppe bildeten in Aachen die Südkoreaner, die im Rahmen eines Entwicklungsprogramms eintrafen. Migranten als „Schlusslichter“ Mit der Kohlenkrise 1957/58 begann für den Steinkohlebergbau eine schwierige Zeit, die in den Niederlanden schon bald zur Schließung von Zechen führte (19661974). Das sich abzeichnende Zechensterben führte dazu, dass sich viele junge einheimische Kumpel anderweitig eine Beschäftigung suchten, wodurch neue „Gastarbeiter“ angeworben werden mussten. Sie kamen vor allem aus Marokko. Der Anteil ausländischer Migranten stieg dadurch auf 28 Prozent. Trotz sinkender Beschäftigung in den Gruben, gelang es auch in Belgien nicht, einheimische Arbeitnehmer für diese Tätigkeit zu interessieren. In den Jahren 1950 und 1960 erhöhte sich in Lüttich der Anteil ausländischer Arbeitsmigranten auf über 60 Prozent. Im Kempischen Becken stieg der Ausländeranteil unter Tage in den Jahren von 1960 bis 1970 auf etwa die Hälfte. In Aachen vollzog sich eine analoge Entwicklung. 1958-1969 führte eine negative Einschätzung der Zukunftschancen des Bergbaus dazu, dass sich die Kumpel andere Arbeitsstellen suchten, um einer Entlassung zuvorzukommen. Der Ausländeranteil unter den Aachener Bergleuten kletterte von 6,4 Prozent 1959 auf 21,6 Prozent 1966. Folge des kontinuierlichen Rückgangs der Kohlenindustrie in der Euregio seit den 1950er Jahren war somit eine beschleunigte Abwanderung einheimischer Arbeitnehmer aus den Zechen. Durch die internationale Arbeitskräfterekrutierung kam es dann zu einer starken Zunahme des Anteils ausländischer Bergleute. Die damaligen „Schlusslichter“ haben also in großen Teilen der Euregio für eine vielfarbige Population gesorgt. Aus: Ad Knotter, Arbeidsmigranten en grensarbeiders: vergelijkende perspectieven op de mijnarbeidsmarkten in het Belgisch-Duits-Nederlandse grensgebied in de twintigste eeuw, Tijdschrift voor Sociale en Economische Geschiedenis 5/3 (2008) 2-29. Bergbauarbeiter 1973 69 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER --Partizipieren am „Tag der/des…“ Laien- und Berufskünstler Miteinander Die Euregio kennt eine lange und traditionsreiche Laienkunstbewegung, ein gutes Beispiel für aktive Partizipation. Wohin man auch kommt, überall gibt es Menschen, die einzeln oder als Gruppe Musik, Malerei, Theater, Film, Gesang, Dichtkunst, Kabarett oder Design zu ihrem Hobby gemacht haben. Viele musizieren in Orchestern, Kapellen oder Ensembles für klassische Musik, singen in Chören, spielen in Theatergruppen oder beteiligen sich an Poetry Slam-Wettbewerben. In der Euregio Maas-Rhein sind daher die Verbindungen zwischen Laien- und Berufskunst besonders stark, insbesondere in der Musik, aber auch im Bereich Theater und bildende Kunst. Auf dem starken Fundament der Laienkunst haben sich professionelle Kunsteinrichtungen und Ausbildungsstätten entwickelt. Wie die Toneelacademie und die Academie Beeldende Kunsten in Maastricht und die Konservatorien in der Euregio, alle fest verwurzelt in den Traditionen der Laienkunst. Der intensive Austausch in der Region zwischen Laien- und Berufskünstlern bedeutet auch, dass den Kunstliebhabern eine größere künstlerische Vielfalt geboten wird. Ein solcher Werdegang ist nicht nur bedeutsam für Künstler, sondern auch für die Zuschauer und Besucher. Jeder Laienverein, jedes Projekt und jeder Produzent bilden und formen ihr eigenes Publikum. Laien-, semiprofessionelle und Berufskunst sind keine separaten Welten, sondern vermischen sich ständig bei Projekten, Aktivitäten und Produktionen. Das vielschichtige Feld der Laienkunst ist für die Durchführung des Kulturhauptstadtjahres 2018 äußerst wichtig. Die Laienkunst bildet eine starke Basis für das Programm, um die Dynamik der Kulturhauptstadt in alle Ecken der Euregio zu tragen. Bei Maastricht & Euregio 2018 hat der Laienbereich eine Schlüsselfunktion für den sozialen Zusammenhalt. Festivals erzählt werden, erleben die Besucher die Vielfalt der Euregio als alltägliche Wirklichkeit. Wenn durch den World Music Contest (WMC) in Kerkrade Blasmusik eine internationale Dimension erhält, wird für die Menschen die vielfältige kulturelle Wirklichkeit fühl- und hörbar. Haus für alle Laienkünste Als der berühmte Männerchor „Mastreechter Staar“ erklärte, „wir wollen euregional werden”, hieß das nicht, dass man sich um mehr euregionale Auftritte bemühen wollte (der Chor steht schon seit Langem auf internationalen Bühnen). Vielmehr heißt das, dass der Verein seine künstlerische und organisatorische Arbeit hinterfragen und mit anderen kulturellen Aktivitäten in der Region Maas-Rhein verknüpfen will. Der Chor will auch Vorbild auf einem anderen Gebiet werden. Er will nämlich ein „Haus der Laienkunst“ in seiner Heimatstadt Maastricht gründen, ein Ort mit Probenräumen und Sälen für Laienensembles, ein Ort, an dem die Partizipationsbewegung Wirklichkeit wird. Mastreechter Staar Entdecken der kulturellen Vielfalt Maastricht und die Euregio wollen sich als Kulturhauptstadt Europas 2018 auf die Erkundung und Nutzung der Vielzahl an Kulturformen richten, die es in der Euregio Maas-Rhein gibt. Wenn fünf Chöre aus der Euregio – ungeachtet oder möglicherweise gerade auch wegen ihrer unterschiedlichen Arbeitsmethoden, Ansätze, Disziplinen und Erfahrungen – gemeinsam eine Komposition von Christian Klinkenberg aus Eupen aufführen, entsteht in der Euregio einer neuer Sound. Wenn Geschichten in mehreren Sprachen, in Bildern und Klängen während des euregionalen Storytelling- Mit einer Veranstaltungsreihe nach dem Konzept „Tag der/des ...“ wollen wir bestehende Aktivitäten und Initiativen regional ausweiten und zu partizipatorischen Initiativen weiterentwickeln. Derzeit wählen wir passende Projekte aus, etwa in Eupen den “Musik Marathon”, der zum „Tag der Musik“ in der ganzen Euregio werden soll. In Aachen, Hasselt und Genk, SittardGeleen, Heerlen, Lüttich, Tongeren und St. Truiden sind rund um die Themen Landschaft, Kreativindustrie, Migration, Studenten, Kulinarik und die Maas Aktivitäten geplant, die einbezogen werden sollen. All diesen Aktionen wollen wir eine euregionale Plattform bieten. Im Rahmen der Veranstaltungen wollen wir alle Bürger aufrufen, sich mit Ideen und eigenen Aktionen in ihrer Stadt, ihrem Dorf zu beteiligen. Das Bewerbungsbüro Maastricht & Euregio 2018 wird für die euregionale Dimension der Veranstaltungen Verantwortung tragen und für die Kommunikation der Aktivitäten sorgen. --Produktionshaus für die Jugend Die „Génération Maastricht“ lädt die Jugend ein, sich neue Szenarien für die Kultur in Europa und den täglichen Umgang miteinander zu überlegen. Zwischen 2015 und 2019 soll ein niedrigschwelliger Freiraum entstehen, wo Jugendliche unter professioneller Anleitung an der Entfaltung ihrer Kreativität arbeiten können. Das Projekt stützt sich auf drei Säulen: – eine Kreativwerkstatt, in der alle Disziplinen mitund durcheinander arbeiten und sich weiter entfalten können; – eine an die Kreativwerkstatt gekoppelte Website, auf der Jugendliche, die eine Idee entwickelt haben, ihre Schöpfung mit einem Klick im Internet teilen, Profile erstellen, sich vernetzen und virtuell ihre Ergebnisse ausstellen können; – einen Expertisesatelliten, der auf der digitalen Plattform für die unverzichtbare professionelle Unterstützung sorgt und auf Fragen und erste Skizzen reagiert. 70 --FC KuS: Fußball als Vehikel für Kunst Was wäre, wenn Fußball als Katalysator für Kunst fungieren würde? Diese Frage, die sich der Verein MVV Maastricht gestellt hatte, führte zur Zusammenarbeit mit der Kunstinitiative KuS. MVV bot Lin „Quick“ Felton (1958) Arbeitsmöglichkeiten an. Felton war in den 80er Jahren ein Pionier der New Yorker Graffitiszene. Seine Kunst, die es inzwischen in die New Yorker und Pariser Museen geschafft hat, ist vom Leben „auf der Straße“ inspiriert. In De Geusselt (dem Stadion von MVV) machte sich Felton mit jungen Graffitikünstlern aus der Region an die Arbeit. Es entstand auf der Mauer der „Angel-Side“ im Stadion ein phantastisches Kunstwerk. Ziel ist die Verbindung von Fußball- und Kunstwelt. In Maastricht haben sich 14 Amateurvereine und der MVV zusammengetan, um die Jugendarbeit abzustimmen. Talente sollen begleitet und ihnen soll eine Perspektive geboten werden - unter Berücksichtigung der Alltagsrealität und mit den Schwerpunkten Verbesserung und Leistung. Geplant sind der Austausch von Trainingsmethoden und systemen, Trainerfortbildung und Spiele mit- und gegeneinander. Gestrebt wird nach Ausgewogenheit zwischen Belastung und Belastbarkeit, sowohl sportlich als auch sozial. MAASTRICHT UNITED soll in Zukunft Plattform und Metapher sein: gemeinsam vorwärts, gemeinsam stark. PARKSTAD UNITED, SITTARD-GELEEN UNITED, LÜTTICH UNITED, GENK UNITED, AACHEN UNITED als neuer Kooperationsverbund Die Spitzentalente einer Region mit über 100.000 Jugendlichen unter 18 Jahren sollen zu LIMBURG UNITED zusammengefasst werden. Fußballerische Spitzentalente sollen von ihrem 15. Lebensjahr an gemeinsam trainieren und sowohl national, aber vor allem auch international Spiele bestreiten: als EUREGIO UNITED. Durch die Förderung von Spitzentalenten sollen ihnen Chancen im Spitzensport geboten und Verbindungen zwischen Sport und Kultur geschaffen werden. MAASTR I CHT U N D PAR TN ER Kreativwirtschaft Kreativplattformen in Europa Der Übergang von der Schwerindustrie zur Wissenswirtschaft bedeutet für die Euregio Maas-Rhein, dass hier die Kreativindustrie eine Chance hat. Partnern und Netzwerken unterstützen. Einige Kulturhauptstädte der vergangenen Jahre hatten beim Thema Kreativwirtschaft ebenfalls Schwerpunkte gesetzt. Das zeitlich und räumlich nahe gelegene Ruhrgebiet – Kulturhauptstadt Europas 2010 ¬– hat zahlreiche Plattformen und Netzwerke geschaffen. Umfangreiches Innovationsprogramm Engagierte und begeisterte Beteiligung 2011 beschloss die niederländische Regierung ein umfangreiches Innovationsprogramm für die Spitzensektoren der niederländischen Wirtschaft. Der Kreativsektor ist gekennzeichnet durch die Ballung kleiner Unternehmen mit oft beträchtlichem Wirtschaftspotenzial (2005/2007 gab es in der Euregio in den zwölf Kreativbranchen 29.000 Unternehmen mit zusammen fast 120.000 Beschäftigten und über 7,9 Milliarden Euro Umsatz). Zur Kreativwirtschaft gehören die folgende elf Kernbranchen bzw. Teilmärkte: Musik, Literatur/Buchherstellung, Kunst, Film, Rundfunk und Fernsehen, Bühnenkünste, Design, Architektur, Presse, Werbung und Software-/Game-Industrie. Entscheidend für die Euregio ist Vernetzung der lokalen Aktivitäten mit anderen Kreativplattformen in Europa – gerade mit Blick auf die Empfehlungen der Universität Maastricht, die im Auftrag des Bewerbungsbüros das Potenzial für die Kreativwirtschaft in der Euregio analysiert hat. Dabei wird deutlich, dass das Thema Kreativwirtschaft bisher „traditionell“ im Kontext der Metropolen diskutiert wurde. Ein Konzept für die Kreativwirtschaft in kleinen und mittelgroßen Städten (mit kleineren Netzwerken und kleineren Märkten) steht noch aus und ist ein möglicher Ansatzpunkt für innovative Formen der Kreativindustrie in der Euregio. Tatsächlich wurde das Potenzial dieses Wirtschaftszweigs noch nicht genügend ausgeschöpft. Das gilt insbesondere für Regionen ohne große kulturelle Infrastruktur und ohne ausgesprochen kulturelles Profil. Gerade solche Regionen müssten in der Kreativwirtschaft durch Konzentration auf bestimmte Themen und Cluster ein prägnantes individuelles Profil entwickeln können. Das ist hier die Aufgabe. Die Potenzen und Chancen der Kreativwirtschaft in der Euregio Maas-Rhein müssen erkannt, weiter erschlossen und strukturiert werden, um sie in der Euregio zu stärken und zu profilieren. Ansätze gibt es. Engagierte und begeisterte Akteure haben viele neue Projektvorschläge eingereicht, um das Maastrichter Kulturhauptstadtprogramm weiterzuentwickeln. Vorgeschlagen wurde beispielsweise ein „Designers in Residence“-Programm für produzierende Betriebe aus der chemischen Industrie und der Medizintechnik. Deren Designer arbeiten im Bereich „sanfte Innovation“, also dem Teil der Produktentwicklung, die sich mit der sensorischen Wahrnehmung, mit ästhetischen und intellektuellen Reizen beschäftigt, und nicht im Bereich funktionale Performance. Verbinden Maastricht und die Euregio 2018 können bereits jetzt die kreativen Akteure bei der Vernetzung mit anderen europäischen Creative Drive Das erste Gründerzentrum Kulturwirtschaft (www.kulturunternehmen.info) in Deutschland ist in Aachen entstanden und bietet Knowhow, Arbeitsräume und Beratung für Akteure aus den entsprechenden Branchen. Das dort angesiedelte EU-Interreg-Projekt „Creative Drive“ (www.creative-drive.eu) ist für die gesamte Euregio Maas-Rhein ausgelegt. Creative Business Network Ebenfalls wäre eine Verbindung mit dem European Creative Business Network (ECBN) sinnvoll, um auf europäischer Ebene Austausch und Verknüpfungen zu suchen. Die Messe „C›n›B – Creativity & Business Convention Köln“ ist räumlich gesehen eine gute Möglichkeit, die Grenzen der Aktivitäten auf die Euregio auszudehnen. 71 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER --Fashionclash Fashionclash (www.fashionclash.nl) ist eine Plattform, die auf Mode bezogene Projekte organisiert und jungen Designern die Möglichkeit bietet, ihre Arbeiten einem internationalen Publikum zu präsentieren. Gemeinsam mit dem Modemuseum Hasselt und dem grenzüberschreitenden Netzwerk Designmetropole Aachen (www.designmetropole-aachen.de) sind sowohl die Initiative „Fashion Across Borders“ als auch ein Fashionstore in Hasselt entstanden, wo Designer der Euregio Schmuck, Mode und Accessoires verkaufen können. Dauerhafte Einrichtungen und sogar Filialen in anderen Städten sind das langfristige Ziel. Ein Austausch und eine Zusammenarbeit mit Malta im Bereich Fashion wurden inzwischen bereits initiiert und hat zu einer Reihe von konkreten Aktivitäten geführt, die in kommender Zeit weiter ausgebaut werden sollen. --Dutch Design Desk Ein gutes Beispiel für die Förderung der Kreativindustrie in den Niederlanden ist das im Oktober 2011 in Maastricht gegründete Niederländische Design Büro Europa (www.dutchdesigndesk.eu). Der „Dutch Design Desk“ soll, beginnend mit Deutschland als größtem Nachbarmarkt, die Vermarktung niederländischer Exzellenzprodukte (u.a. der Bereiche Design, Architektur, Mode und Fotografie) in ganz Europa fördern. Das Programm läuft bereits in China und Indien. --C-mine crib Im C-Mine Crib in Genk, einem Businesszentrum für Kreativunternehmen, stehen Gewerberäume und flexible Arbeitsplätze zur Verfügung. Im Gegensatz zum Thor Park, der auf dem Zechengelände in GenkWaterschei entsteht, zielt C-Mine auf kreative und künstlerische Branchen. Hier haben sich Kreativunternehmen wie Nascom, Studio Pieter Stockmans und Painting With Light niedergelassen, aber es fehlte noch ein international bekanntes Unternehmen. Das hat sich nun mit der Ansiedlung von Microsoft geändert. Kreativwirtschaft: Zur Kreativwirtschaft gehören die folgende elf Kernbranchen bzw. Teilmärkte: Musik, Literatur/Buchherstellung, Kunst, Film, Rundfunk und Fernsehen, Bühnenkünste, Design, Architektur, Presse, Werbung und Software-/GameIndustrie. --Reciprocity Die starke Lütticher Designtradition ist eindeutig französisch beeinflusst. Seit 2002 gibt es in Lüttich die erfolgreiche internationale Designbiennale. Seit 2012 nennt sich die Biennale „Reciprocity“ und kooperiert mit dem Kulturhauptsstadtprojekt Maastricht & Euregio 2018. 72 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER “Die Zukunft ist nicht mehr das, was sie mal war” Petrus Regout und John Cockerill, Großindustrielle avant la lettre Dieses Fazit untermauerte auch Professor Luc Soete, ein Experte auf dem Gebiet der internationalen Beziehungen, treffend in seinem Essay zur Bewerbung der limburgischen Hauptstadt. Wir leben in einer Zeit, in der die Globalisierung mit einem neuen Nationalismus verknüpft und die Fundamente des europäischen Modells erschüttert werden. Deshalb ist es entscheidend, dass das euregionale Kulturprojekt für seine Ziele auf die reiche Geschichte zurückgreift, und zwar sowohl aus persönlicher wie gemeinschaftlicher Perspektive. Regionen, in denen man versteht, Traditionen lebendig zu erhalten, und in denen man neuen Ideen offen gegenübersteht, haben ein großes Potenzial zur Meisterung von Veränderungen bewiesen. Will die Region weiter vorankommen, ohne an Flexibilität, Weltoffenheit und Innovationsvermögen einzubüßen, müssen wir den urbanen Kontext, die spezifischen politischen und religiösen Kräfte der Region, die Wirtschaft und das Bildungsangebot genauer betrachten. Vieles ist schon vorhanden, wir müssen nicht bei null anfangen. Aber wir müssen uns auf unsere jahrhundertelangen transnationalen Alltagserfahrungen besinnen, um unser Ziel in dem sich ständig wandelnden europäischen Umfeld zu erreichen. Das Potenzial der Euregio mit ihren sozialen, kulturellen und infrastrukturellen Netzwerken ist noch lange nicht ausgeschöpft und bietet genügend Ressourcen und Raum zum Erproben neuer Ansätze. Geformt durch die Industrialisierung Die Euregio erhielt ihre heutige Gestalt zum großen Teil während der Industrialisierung. Die schwere Arbeit in den Stahlwerken, Keramikfabriken und Kohlenminen hat die gesellschaftliche Stellung und die Identität vieler Menschen in der Euregio geprägt. Damals war die Maas, die sich als langes Band durch die Euregio Maas-Rhein zieht und sie teilt, das ideale Transportmittel. An den Ufern des Flusses entstand südlich von Maastricht um Lüttich herum ein wichtiges Industrierevier. Die Familie Cockerill baute dort ihr Industrieimperium auf und schuf 1838 den ersten integrierten Industriekomplex Europas mit Hochöfen, Stahlgießereien, Walz- und Hammerwerken und metallverarbeitenden Betrieben. weit als ein Vorbild für qualitativ hochwertige Gebietsentwicklung. Petrus Regout In der alten Garnisonsstadt Maastricht nahm sich Petrus Regout (1801-1878) an der Familie Cockerill ein Beispiel. Das Roh- und Kristallglas und die Halbfabrikate, die er in seiner Glasfabrik verarbeitete, kamen wie seine ersten Arbeiter aus dem belgischen Seraing. In Maastricht begann die Industrialisierung der Niederlande als „euregionale Kooperation“ – und Petrus Regout wurde einer der ersten niederländischen Großindustriellen. Transformation Céramique Maastricht Regouts Keramikunternehmen De Sphinx passte im 20. Jahrhundert sein Sortiment der Nachfrage an. Statt gewöhnlicher Haushaltskeramik stellte man nun luxuriöse Sanitärprodukte her. 1958 fusionierte das Unternehmen mit seinem größten Konkurrenten am gegenüberliegenden Maasufer, der Société Céramique. Céramique wurde schließlich 1963 stillgelegt. Auf dem 23 Hektar großen Gelände entstand ab den 90er Jahren ein neues Wohn , Gewerbe- und Kulturviertel. Kurz bevor der Céramique-Komplex zum größten Teil abgerissen war, suchten auf dem Gelände noch Einwohner aus Maastricht nach Keramikfragmenten als Andenken an eine Ära und eine Identität, die verloren gehen würde. Sphinx bestand noch bis 2010. Verbliebene Werksgebäude wurden in das Viertel einbezogen. Heute befindet sich hier das Bonnefantenmuseum, die moderne Stadtbibliothek, das Derlon Theater (Spielstätte der Toneelgroep Maastricht) und das Bewerbungsbüro für die Kulturhauptstadt. Das 2011 fertig gestellte Projekt gilt europa- Servaasbrücke und Céramique-Gelände vor 1915 Luftaufnahme: Céramique Maastricht (2011) gilt europaweit als ein Vorbild für hochwertige Gebietsentwicklung. 74 75 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER Universitäten als feste Partner An den Universitäten der Euregio MaasRhein sind insgesamt ca. 75.000 Studierende immatrikuliert. Rechnet man Einrichtungen wie die Fernuniversität Heerlen hinzu, steigt ihre Zahl auf rund 115.000. Mehr als 18.000 Mitarbeiter – einschließlich der über 2.000 Professoren – lehren auf vielen Fachgebieten. Hier kann man unter anderem Kunst, Geistes- und Sozialwissenschaften, Natur- und Ingenieurwissenschaften und Medizin studieren. Um die in der Gesellschaft vorhandenen Potenziale zu mobilisieren, muss sich jede Kulturhauptstadt auf die für ihre Zeit und für ihren spezifischen Ort aktuellen und originären Fragen einlassen. Von heute aus gesehen, sechs Jahre vor dem möglichen Beginn der Kulturhauptstadt Europas – falls Maastricht & Euregio 2018 den Titel erhält –, lässt sich nur schwer voraussagen, was 2018 aktuell sein wird. An den Universitäten der Region, deren viele Studierenden im Stadtbild und Alltag der Euregio eine große Rolle spielen, werden Trends und Tendenzen erforscht, die für uns und unsere Arbeit richtungsweisend sind. In den kommenden Jahren werden die Universitäten in das Kulturhauptstadtprojekt einbezogen, insbesondere wenn es um soziologische und gesellschaftskritische Aspekte geht. Zu Beginn der Bewerbungsphase haben wir die Universität Maastricht (UM) gebeten, uns mit wissenschaftlichen Impulsen zu begleiten. Daraus ist eine langfristige strukturelle Zusammenarbeit entstanden, unter anderem durch Begleitung des Prozesses und durch Evaluationen der Vorbereitungsphase und später des Kulturhauptstadtjahres selbst.« Die UM, der feste Partner von Maastricht & Euregio 2018, ist die am schnellsten wachsende Universität der Niederlande. Sie hatte 2012 mit 6.662 ausländischen Studierenden – bei einer Gesamtzahl von rund 17.000 – die meisten nicht-niederländischen Studierenden (wichtigstes Herkunftsland ist Deutschland (45 Prozent), gefolgt von China und Belgien). Die UM wird bei der Zusammenarbeit mit den anderen Universitäten der Euregio die Führungsrolle übernehmen und Maßnahmen zu einer bedeutenden Intensivierung des euregionalen Studierendenaustauschs vorbereiten. Dafür ist das Programm für Kulturhauptstadt Maastricht und Euregio 2018 eine starke Triebfeder. Übrigens sind hierbei nicht nur die Universitäten von Bedeutung. Auch die Hochschulen der Euregio spielen eine wichtige Rolle, insbesondere diejenigen mit direkten oder indirekten Beziehungen zu den Künsten und mit Möglichkeiten für Experimente an der Schnittstelle mit der Kreativwirtschaft. Bekannt für seine internationale Talentförderung ist auch das United World College in Maastricht. Maastricht als Europastadt: Europäische Institute Maastricht School of Management Die Maastricht School of Management (MSM) ist schon seit sechs Jahrzehnten ein Beispiel für Entwicklungshilfe mit Vision. Die hochwertige Managementausbildung soll für Studierende aus Entwicklungs- und Schwellenländern so zugänglich wie möglich sein. Mehr als 30.000 Studierende aus Afrika, Asien, Südamerika und Osteuropa absolvierten an der MSM in Maastricht oder an einer ihrer Zweigniederlassungen ein Studium. UNU-MERIT UNU-MERIT ist ein gemeinsames Forschungs- und Ausbildungsinstitut der United Nations University (UNU) und der Universität Maastricht (UM) mit Sitz in Maastricht. Das Institut erforscht gesellschaftliche, politische und wirtschaftliche Faktoren, die die technologische Innovation stimulieren. Es befasst sich mit Führungsfragen aller Art von nationalen und inter nationalen Organisationen, mit Risikoanalysen und strategischen Analysen, mit Konzepten und Evaluierungen. UNU-MERIT ist Forschungszentrum und Graduate School für mehr als 80 Doktoranden und 100 Masterstudierende sowie Thinktank der Vereinten Nationen für Wissenschaft, Innovation und Führungsfragen. Das European Institute for Public Administration Das European Institute for Public Administration (EIPA) ist ein Forschungsinstitut zur Wissensvermittlung an für EU-Fragen zuständige Beamte. 2010 nahmen 15.154 nationale Beamte und Europabeamte an den am EIPA durchgeführten Seminaren teil. Das Institut ist in drei Bereiche gegliedert: europäische Beschlussfassung, öffentliche Verwaltung sowie vergleichende Verwaltungswissenschaft und europäische Politik. Am EIPA sind etwa 150 hochqualifizierte Mitarbeiter tätig. Der Hauptsitz des EIPA ist Maastricht. Das Institut hat kleinere Zweigstellen in Brüssel, Luxemburg und Barcelona, die auf spezielle Verwaltungsgebiete ausgerichtet sind. Das EIPA besteht seit mehr als 25 Jahre. European Centre for Development Policy Management Das European Centre for Development Policy Management (ECDPM) ist eine unabhängige, 1986 gegründete Stiftung für Monitoring und Unterstützung der Entwicklungszusammenarbeit zwischen der --Zusammenarbeit zwischen Universitäten und Forschungsinstituten Die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) Aachen ist mit circa 33.000 Studierenden eine der größten Technischen Universitäten Europas. Die RWTH kooperiert eng mit dem in der Nähe gelegenen Forschungszentrum Jülich, das mit 4.400 Mitarbeitern eines der größten Forschungseinrichtungen auf dem Gebiet der Physik und der Anwendung von Supercomputern ist. Am Westrand von Aachen baut die RWTH für drei Milliarden Euro einen neuen Campus. Durch diese Erweiterung werden rund 10.000 neue Stellen geschaffen. In Lüttich ist die Université de Liège (ULg) beheimatet. Ihre 20.000 Studierenden studieren sowohl in der Stadt als auch in Sart-Tilman (unter anderem Medizin). Die Universität Hasselt mit einem Campus in Diepenbeek und einem in Hasselt ist die Universität der belgischen Provinz Limburg und hat circa 3.000 Studierende. 76 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER --Essen als Hochgeschwindigkeitsverbindung Europäischen Union und den Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifiks (ACS-Staaten). Das Zentrum hilft auch bei politischen und institutionellen Reformvorhaben in Europa und der dritten Welt. Hauptsitz des ECDPM ist Maastricht. European Journalism Centre Das European Journalism Centre (EJC) ist ein unabhängiges, internationales, gemeinnütziges Institut mit Sitz in Maastricht, das ein breites Spektrum von Fortbildungsprojekten fördert beziehungsweise sich als Partner daran beteiligt. Über 9.000 Journalisten haben hier bisher ein oder mehrere Seminare belegt. Das EJC wurde 1992 in Maastricht gegründet. Ob Printen, Jenever, Reisfladen, Waffeln, Lütticher Apfel- und Birnenkraut oder die Käsesorten der Region – die Euregio ist reich an kulinarischen Höhepunkten und an Menschen, die diese zu schätzen und zu genießen wissen. Die Lebensweise und die täglichen Ernährungsgewohnheiten sind – abgesehen von der folkloristischen Herstellung kulinarischer Souvenirs – Merkmale der gemeinsamen Vergangenheit und Gegenwart und möglicherweise auch der Zukunft. Bei der Esskultur geht es um mehr als bloß Ernährung. Sie ist ein Spiegel und ein Mittel der interkulturellen Kommunikation. Kulturell verwurzelte Gerichte wie Sauerbraten oder Reisfladen sind überall in der Euregio zu bekommen, obwohl sich bei genauerer Betrachtung Unterschiede zeigen. Die Speisen sind Inbegriff der regionalen Identität, ohne dass lokale Eigenheiten verloren gehen. Der einfachste gemeinsame Nenner, aber auch ein Klischee der gastronomischen Kultur, sind in der Euregio unbestreitbar Fritten, Frites bzw. Friet. Imbissstuben sind der Ort, an dem nationale Gewohnheiten wenig Bedeutung haben und wo kleine lokale Vorlieben auf globale Trends stoßen. Die Vielzahl an indonesisch-niederländischen „Bamischijven“, „original“ belgischen Fritten und deutschen Currywürsten, die quer durch die Euregio zu haben sind, spiegeln deren Transnationalität wider. Imbissstuben sind als Beispiele der grenzüberschreitenden Wirklichkeit eine einladende kulturelle Metapher, sind lebendige Kommunikationsknotenpunkte, die es wert sind, ins Kulturhauptstadtprogramm 2018 integriert zu werden. Wir gehen gerne das Risiko ein, mit Klischees zu spielen. Andererseits zählt die Euregio, vor allem Maastricht und Hasselt, überdurchschnittlich viele Restaurants mit Michelin-Sternen. Darüber hinaus gibt es sehr wichtige und beliebte Kulinarik-Festivals, Veranstaltungen, die auch andernorts in Europa populär geworden sind. Zum letzten „Preuvenemint“ in Maastricht (unter dem Motto „Europa bittet zu Tisch“) kamen erneut zehntausende Besucher. Die Studentenverbindung „Amphitryon“ der Hogere Hotelschool Maastricht demonstrierte dabei, dass Kunst und Gastlichkeit sehr gut zusammenpassen. Gemeinsam mit dem Museum aan het Vrijthof und Studenten der Kunstakademie wurde ein Stand als Museum gestaltet: Kunst auf den Teller und im Glas. Die Esskultur sollte nicht nur ein Echo der Vergangenheit sein, sondern auch in die Zukunft blicken. Die Einstufung von Restaurants als kulinarische und sinnliche Repräsentanten der Region könnte zum einen die Identität einer wichtigen regionalen Esskultur festigen, zum anderen gastronomischen Austausch, Vernetzung und Marketing fördern. Dort wo im Nahverkehr die Verbindungen zwischen den Teilregionen eingestellt wurden, liegen unbemerkt noch immer die Schienen einer kulturellen Hochgeschwindigkeitstrasse – die der gemeinsamen kulinarischen Geschichte. Ein Projekt wie „Botschafter des Geschmacks“ demonstriert die Unterschiedlichkeit der euregionalen Geschmäcker, präsentiert von Spezialisten für die verschiedenen kulinarischen Produkte. 77 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER Mehr Stadt, mehr Landschaft, mehr Kultur Die Städte in der Euregio Maas-Rhein haben eine menschliche Größe, etwa Maastricht (120.000 Einwohner), Heerlen und Sittard-Geleen (beinahe 100.000 Einwohner), Lüttich (200.000 Einwohner), Hasselt (74.000 Einwohner),Genk (64.000) und Tongeren (30.000) sowie Aachen (260.000 Einwohner einschließlich fast 45.000 Studenten) als größte Stadt. Mit 3,9 Millionen Menschen auf einer Fläche von rund 10.000 Quadratkilometern ist die Bevölkerungsdichte eher hoch. Das Gebiet hat urbanen Charakter mit einem reichen kulturellen Leben. Außerhalb der größeren Städte bieten Kleinstädte, Dörfer und schöne Landschaften Raum für Erholung. Hier wird noch viel Landwirtschaft betrieben. Kurzum, es ist alles vorhanden, was hohe Lebensqualität ausmacht. Zwar ist auch in der Euregio der Trend zu beobachten, dass Menschen in Großstädte wie Amsterdam oder Brüssel abwandern, aber es gibt auch einen klaren Gegentrend. Immer mehr kehren zurück, um in der Euregio zu leben. Das mag damit zusammenhängen, dass die Städte nicht groß, jedoch dicht und kompakt genug sind, um immer mehr sogenannte Kreativarbeiter anzuziehen. Ein gemeinsamer öffentlicher Raum in der Euregio Maas-Rhein Charakteristisch für die Euregio MaasRhein ist ein gemeinsamer öffentlicher Raum städtischer Einheiten, die mit einer Landschaft aus grenzüberschreitenden Ballungsgebieten verschmelzen. Das von Norden nach Süden verlaufende Maastal umfassteine Reihe von Städten, Parklandschaften und urbanen Räumen östlich und westlich der Maas. Somit ist die Euregio Maas-Rhein ein erkennbares und abwechslungsreiches Gebiet mit wachsender Dynamik, gelegen zwischen Köln und Düsseldorf im Osten, Antwerpen und Brüssel im Westen, Luxemburg im Süden und Eindhoven/ Brabant im Norden. Vielgestaltige Netzwerke mit Freiräumen In relativ großer Entfernung von den jeweiligen Hauptstädten ihrer Länder gelegen, wollen die Städte der Euregio ihr gemeinsames Potenzial nutzen und sich als Zentren an der Peripherie positionieren. Ihrer früheren industriellen und strategischen Bedeutung verdanken sie einen modernen Mix von Verkehrsverbindungen, die die Euregio Maas-Rhein effektiv mit dem übrigen Europa verknüpfen: Flughäfen, Autobahnen, Wasserstraßen und Bahnlinien. Allerdings müssen noch erhebliche Anstrengungen unternommen werden, um allen in der Euregio Zugang zu effizienten öffentlichen Verkehrsmitteln zu verschaffen. Die größeren Ballungszentren sehen sich nicht als Teil einer regionalen Metropole. Sie sind stolz, mittelgroße Städte mit eigenem Charakter und guten Lebensbedingungen zu sein (Wohnqualität, Beschäftigung, Freizeitangebote usw.). Die Städte bestehen aus Vierteln mit jeweils eigener Identität, ein Phänomen, das ebenfalls ein interessantes Forschungsobjekt bildet. Nach dem Vorbild der nordirischen Stadt Belfast, die im Zuge eines strategischen Plans zur Entwicklung des Kulturtourismus auch in den einzelnen Außenbezirken gemeinsam mit den Bewohnern erneuert wurde, müssen Maßnahmen zur Sanierung und wirtschaftlichen Wiederbelebung hier gleichfalls in enger Partnerschaft mit den Bewohnern durchgeführt werden. Ein anderes Merkmal der Euregio sind die großen Grünflächen und die Vielzahl kleiner ländlicher Siedlungen. In den mageren Jahren nach dem wirtschaftlichen Niedergang Mitte des 20. Jahrhunderts blieben Naturgebiete erhalten, die heute einen Teil der Lebensqualität der Region ausmachen. Die ausgedehnten Wälder, die vielen schönen Wanderwege und das weitverzweigte Wasserstraßennetz haben zu einem erheblichen „grünen Tourismus“ als nachhaltige Einkommensquelle geführt. Eine Euregio mit menschlichem Maß Wer die Euregio heute bereist, wird von der angenehmen und abwechslungsreichen Landschaft begeistert sein: manchmal flach und weit, dann wieder hügelig und überraschend dicht bewaldet. Diese schöne Wohngegend ist vielen Heimat geworden. Häuser ziehen sich wie Bänder durch das Land, gruppieren sich zu Dörfern, drängen sich um die historischen Orts- und Stadtkerne oder aber konzentrieren sich um alte Fabriken, Gruben- und Schachtanlagen. Der Besucher wird oft an das frühindustrielle Zeitalter erinnert. Industrielandschaften erstrecken sich von Süden nach Norden entlang der Maas und den Kanälen. Von Osten nach Westen zieht sich das ehemalige Kohlerevier wie eine Girlande durch die gesamte Region. Inmitten der Landschaft findet man zum einen systematisch geplante dichte Gartenstädte, dann wieder kleine Wohnsiedlungen aus der Vor- und Nachkriegszeit nahe den Städten, Bergwerken und Fabriken. Der Gesamteindruck ist der Topografie zu verdanken: Idyllische Bach- 78 79 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER Die bedeutenden Wissenszentren Sabic (oben) und Gewerbepark Chemelot in Sittard-Geleen täler wechseln sich mit bewaldeten Hügeln und gewellten Feldern ab, zwischen denen, wie auf eine Schnur gereiht, kleine Dorfkerne zum Aufenthalt einladen. Die Region ist nicht nur für Wanderer und Radfahrer attraktiv, auch für den Auto- und Zugverkehr ist sie gut erschlossen. Die Maas Der Fluss ist eine wunderschöne Wasserstraße, die von Süd nach Nord quer durch die Euregio strömt. Auffällig ist, dass die Maas in Nord-Süd-Richtung zwar eine verbindende Funktion hat (zwei parallele Sequenzen östlich und westlich des Flusses), aber gleichzeitig auch ein Hindernis bildet, welches in der Vergangenheit Grenze war. Deshalb ist die Nord-Süd-Achse bis heute die Hauptorientierungsrichtung und der Ost-West-Richtung übergeordnet. Schuld sind die wenigen Maasübergänge, die es gibt. Angesichts der Anziehungskraft beider Gebiete drängt sich der Gedanke auf, dass mehr und effizientere interregionale Maasübergänge nützlich wären. Auch die Landschaft hat eine deutliche Nord-Süd-Orientierung und auch hier gilt, dass sich mit relativ kleinen Eingriffen die Ost-WestOrientierung stark verbessern ließe. Die Städte Während die kleinen Dörfer und Siedlungskerne die täglichen Bedürfnisse decken, sind die Städte durch ihr abwechslungsreiches Angebot an Kultur- und Versorgungseinrichtungen attraktiv, unter anderem durch medizinisch-technische Einrichtungen, Schulen und Ausbildungsinstitute. Diese wurden nach Wegfall der industriellen Produktion zum Motor der neuen Kreativ- und Wissenswirtschaft, die – neben den zahlreichen hochwertigen Einkaufszentren, den vielen touristischen und historischen Sehenswürdigkeiten und dem unterstützenden Hotel- und Gaststättengewerbe mit Spitzenrestaurants und Kneipen – die Bedingungen für den großen Zulauf und für gute Standort- und Arbeitsbedingungen schafft. Innerhalb Europas spielt die Region eine wichtige Rolle. Sie fungiert nicht nur als Bindeglied, sondern soll in Zukunft auch eine neue und moderne Drehscheibe werden. Von einer Metropolregion kann nicht gesprochen werden, obwohl in der Euregio Maas-Rhein etwa 3,9 Millionen Menschen leben. Charakteristisch für die Region sind ihre mittelgroßen und kleinen Städte, alle in beziehungsweise in der Nähe einer vielgestaltigen Landschaft situiert. So bietet die Euregio eine gute Balance zwischen ausreichender Größe und menschlichem Maßstab. Die „Brainports“ In der letzten Zeit sind neue Zentren für Innovation, Forschung und Bildung, Pflegeund medizinische Wissenschaften entstan- den, die der Region in einigen Jahren ein anderes Gesicht geben und die Zukunft prägen werden. Eine Reihe von Infrastrukturknotenpunkten wurde neu definiert. Sie entwickeln sich gegenwärtig mit Hochdruck zu neuen Arbeitsumfeldern und Standortmagneten. So entstehen in der vertrauten alten Landschaft „Brainports“, die Perspektiven für neue Tätigkeitsgebiete von Forschung und Technologie eröffnen. DSM, RWTH, Health Campus und Universitäten Der Weltkonzern DSM, der seine Wurzeln im Bergbau hat und sich in Kooperation mit der Universität Maastricht (Campus Chemelot bei DSM) weiterentwickelt, sowie die RWTH Aachen (die älteste Forschungsstätte der Euregio, deren Campus gerade ausgebaut wird), der neue HealthCampus in Maastricht und die Universitäten Lüttich und Hasselt (letztere mit dem Science Center Diepenbeek) sind die neuen ökonomischen Motoren der Region. Kultur spielt dabei eine wichtige Rolle. Sie unterstützt und stimuliert die Wirtschaftsentwicklung, indem sie das Standortklima verbessert und so die Region für ausländische Wissensarbeiter, die auf der Suche nach einer anspruchsvollen Arbeitsstelle sind, attraktiv macht. Gut ausgebildete ausländische Arbeitnehmer sind für unsere Euregio unverzichtbar. Von oben nach unten: Gelände der Expo 2017 Lüttich Überblick über den neuen RWTH-Campus in Aachen, Ansicht des Stadtzentrums Aachens, Bahnhof Guillemins in Lüttich (Architekt: Calatrava) 80 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER Nachhaltige Transformationen auf mehreren Ebenen Der Glaspalast Schunck von Architekt Frits Peutz Starke und wiedererkennbare Symbole für Identität, für Geschichte und Traditionen finden sich in den Städten Europas vor allem in der Architektur – in den Bauwerken und städtischen Strukturen. Die Euregio Maas-Rhein besitzt ein reiches architektonisches Erbe mit Höhepunkten aus dem frühen Mittelalter, der Gotik, der maasländischen Renaissance, mit sakraler Architektur, der Architektur und Inneneinrichtung der Bürgerhäuser des 17. und 18. Jahrhunderts, den Hinterlassenschaften der frühen industriellen Revolution und dem Bergbau. All dies zeigt, dass diese Region weniger für die niederländische Architektur repräsentativ ist, als vielmehr den Entwicklungen im Herzen Europas folgte. 1886 wurde Mies van der Rohe in Aachen geboren, der sich im 20. Jahrhundert zu einem der führenden Köpfe der internationalen Moderne entwickelte. Gustave SerrurierBovy (Lüttich 1858-1910) gilt als ein wichtiger Vertreter der Art Nouveau und des Jugendstils. Fritz Peutz arbeitete 50 Jahre lang (1916-1966) in Süd-Limburg beharrlich an seinem Werk, das neben modernen Bauwerken der Geschichte einen Platz einräumt. Dom van der Laan (1904-1991) hatte, ebenfalls von Süd-Limburg aus, eine Art „verborgene“, aber weitreichende Ausstrahlung auf die internationale Architektur. In der Neuzeit sind es vor allem die stadtplanerischen Entwicklungen und die Umstrukturierung ehemaliger industrieller Standorte in den Städten mithilfe einer Reihe von in- und ausländischen Architekten, die in ihrem eigenen Land und in Europa Maßstäbe gesetzt haben. An anderer Stelle in dieser Publikation wird in Zusammenarbeit mit Malta und dem dort tätigen StarArchitekten Renzo Piano ein Projekt mit dem Thema „Erneuerung in historischen Städten“ vorgeschlagen. Ein gutes Beispiel in der Euregio ist der Bau des futuristischen Bahnhofs Guillemins in Lüttich, entworfen von dem spanischen Architekten Santiago Calatrava. Sakrale Architektur Sichtbare Zeugnisse der christlichen Kultur ist die überall in der Euregio anzutreffende sakrale Architektur, nicht nur in den größeren Städten, sondern auch in vielen Dörfern. Fast jedes besitzt eine Kirche oder zumindest eine Kapelle. Im Laufe der Zeit wurden viele Sakralbauten vorübergehend oder auf Dauer für säkulare Zwecke genutzt, als Wohnräume, Lagerhallen oder sogar Kasernen. Dennoch behielten sie ihre Symbol- funktion. In Belgien wurden nach der Abspaltung von den Niederlanden 1830 viele Kirchen entweder abgebrochen oder restauriert, um so den Bruch mit dem von Willem von Oranien aufgezwungenen Protestantismus zu markieren. Werden Gestalt und Nutzung solcher Gebäude verändert, heißt das, dass die Gesellschaft der Umgebung und dem Leben eine neue Bedeutung gibt. Oftmals zeigen sich Zeiten- und Gesellschaftswandel an den Bauwerken bzw. an deren Umnutzung. In Maastricht wurden zwei gotische Kirchen in eine Buchhandlung und ein Hotel umgewandelt. In Lüttich wurde 1995 eine Kirche als Sitzungssaal des Wallonischen Wirtschafts- und Sozialrats eingerichtet. Gute Beispiele dafür, wie kulturelles Erbe in Form von Architektur zu etwas Neuem werden kann, ohne an Symbolkraft einzubüßen: Architektur als Kunstwerk. Industrielle Architektur Über das religiöse Erbe hinaus verfügt die Euregio Maas-Rhein über eine Reihe ehemaliger Industriestätten des Bergbaus, der Keramik- und der Textilindustrie. In vielen Fällen wurden Zechen und Fabriken nach ihrer Schließung abgerissen. In den letzten Jahrzehnten geht der Trend jedoch zunehmend dahin, bestimmte Gebäude und ehemalige Industriegelände als Orte des gesellschaftlichen Gedächtnisses für die Architekturgeschichte zu erhalten und sie mit in die Zukunft zu nehmen, indem man sie für kulturelle Zwecke nutzt. Zum Beispiel AINSI in Maastricht oder ©-Mill in Heerlen, das in ein neues Gewerbegebiet für die Kreativindustrie und in Wohnbereiche umwandelt wurde. In Lüttich wurde das umstrukturierte Gebäude von Val St. Lambert ein Vorbild für die Neunutzung im Sinne der ehemaligen Produktionsfunktion. Das trifft auch für die industrielle Architektur zu, die wir heute – um ihre kulturelle Bedeutung zu betonen – immer öfter als industrielles Erbe bezeichnen. Die Bauwerke aus der Zeit der industriellen Revolution im 19. Jahrhundert sind architektonische Juwelen und Zeichen der Wirtschaftskraft dieser Region. Leider führte das Zechensterben in vielen Fällen zum Abriss der Industriegebäude. In den letzten Jahrzehnten trat jedoch allmählich ein anderes Muster in den Vordergrund, nämlich die Umnutzung u.a. alter Zechen für neue kulturelle und edukative Zwecke. Vor allem in Belgisch-Limburg gibt gute Beispiele dafür mit C-Mine, dem Manifesta-Gebäude in Genk und dem Vlaams Mijnmuseum in Beringen. International Bauausstellung Auch für Heerlen-Parkstad stehen bei der Transformation große Herausforderungen an. Das Gebiet erfindet sich als lebendige und wirtschaftlich starke Region neu. Eine Internationale Bauausstellung (IBA) wirkt als Katalysator, um diese Aufgabe auf innovative und kreative Weise zu thematisieren. Die Kultur ist für die IBA Bindemittel, Kommunikationswerkzeug und Antrieb für die wirtschaftliche Entwicklung. Kulturelles und kreatives Unternehmertum ist zu einem wichtigen Schwungrad der physischen und sozialen Transformation geworden. Genauso wie es eine Herausforderung ist, leerstehenden und verfallenen Industriestätten neue Bedeutung und einen neuen Zweck zu geben, ist es auch eine Herausforderung, noch ungefüllte Räume in unseren Städten in gewissen Abständen als „Lücken“ für das Vorstellungsvermögen und für zukünftiges kreatives Schaffen offen zu lassen. Die Kreativindustrie und die Künste brauchen leere Räume dieser Art, um sie spontan für kurze Perioden füllen zu können. Dies sind Stätten mit urbaner Qualität, die sich nicht tagtäglich beweisen müssen. Transformation durch Gebietsentwicklung Transformation durch Gebietsentwicklung In Maastricht und Euregio Maas-Rhein hat die Transformation ganzer Gebiete eine lange Geschichte, unter anderem durch die frühe Industrialisierung. In diesem Bereich ist schon vieles geschehen, aber es bleibt noch viel zu tun. 81 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER --Belvédère in Maastricht, eine neue Phase der Stadtentwicklung Belvédère ist ein Gebiet mit reicher Geschichte. Nördlich des Markts gelegen, grasten hier in der Garnisonszeit die Militärpferde. Später wurden Klöster gebaut und schließlich begann hier die industrielle Revolution in den Niederlanden. Hier wurde die Stadt seit 2.000 Jahren immer wieder umgestaltet. Das Gebiet hat seine Funktion ständig verändert. Angesichts der Wirtschaftskrise eignet sich Belvédère ausgezeichnet zur Entdeckung einer neuen Phase der Stadtentwicklung und Urbanisierung. Wegen der strategischen Lage zwischen Innenstadt, verlängerter nördlicher Maasbrücke (Noorderbrug) und den geplanten Kultureinrichtungen ist Belvédère im Hinblick auf (kulturelle) Infrastruktur und Erreichbarkeit ein wichtiger Standort der Europäischen Kulturhauptstadt 2018. Dafür wichtig ist die teilweise Verlegung der Noorderbrug-Trasse, die quer durch Belvédère verläuft, wodurch Stadt und Region besser erreichbar werden und das Gebiet eine höhere räumliche Qualität erhält. So wird ein riesiger neuer Stadtpark geschaffen, in dem sich Geschichte, Kultur und Natur verbinden. Der Park wird von Anwohnern und Interessenverbänden gemeinsam entwickelt, so dass es ein echter Park der Zukunft wird, in dem auch Platz für große Kulturveranstaltungen entsteht. Ein Gewinn für die Verkehrsinfrastruktur und Erreichbarkeit Maastrichts während des Kulturhauptstadtjahrs wird die (im Spartacus-Plan vorgesehene) Straßenbahnlinie Hasselt-Maastricht quer durch Belvédère sein, die den innenstädtischen öffentlichen Verkehr verbessert und Besucher aus Flandern direkt in die Stadt befördert. Außerdem bietet Belvédère (unterirdische) Parkplätze für Kulturhauptstadtgäste, die von hieraus zu Fuß die Innenstadt erreichen können („Park & Walk“). Darüber hinaus werden im sogenannten Maastricht Lab gemeinsam Einwohnervertreter, die einen Querschnitt durch die Bevölkerung repräsentieren, und Partner aus der Wirtschaft mit Formen neuer europäischer Urbanität experimentieren. Geprüft werden soll unter anderem, welchen Beitrag dieses Stadtsanierungsgebiet zur sozioökonomischen und kulturellen Aufwertung der Euregio leisten kann. Das Beispiel Belvédère hat auch Bedeutung für die „Biennale Leerstand“, 2011 gemeinsam ins Leben gerufen von Amsterdam, Maastricht und dem Staatlichen Amt für Kulturerbe („Rijksdienst voor cultureel erfgoed“). Mit der Biennale wird zur Realisierung ähnlicher Umnutzungen von Gewerbegebäuden aufgerufen. 2019 soll dort anhand von Analyse und Entwurf in Maastricht ein großes europäisches Projekt im Rahmen von „Leerstand in Europa“ verwirklicht werden. In Zusammenarbeit mit Malta, wo in Valetta gegenwärtig unter Leitung des italienischen Architekten Renzo Piano umfangreiche Stadtsanierungsmaßnahmen stattfinden, soll Belvédère Teil des Projekts „A new dialogue in Urban Planning“ werden. Dabei wird die Wechselbeziehung zwischen urbaner Erneuerung und architektonischem Erbe untersucht. Buchhandlung in der Dominikanerkirche Maastricht Sphinx-Gelände Maastricht, Teil von Belvédère Manifesta-Gebäude, GenkWaterschei 82 83 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER Kulturelle Akteure der Euregio Maastricht und die Euregio können ihr Ziel und ihr Programm für 2018 nur formulieren und präsentieren, weil in der Euregio MaasRhein auf einer soliden Basis von Kultureinrichtungen aufbaut werden kann. Das kulturelle Feld der Euregio besteht aus einem großen Netz von Kultureinrichtungen, Produktionsplattformen, Aufführungsstätten, Ensembles und Museen sowie dem vielschichtigen Bereich der Laienkunst. Diese „kulturellen Akteure”, die in der täglichen künstlerischen Praxis ihren Blick über die Grenzen hinweg richten, werden sich im Kulturhauptsstadtjahr 2018 voll entfalten können. Deshalb ist das Ziel Maastrichts und der Euregio, Europäische Kulturhauptstadt 2018 werden zu wollen, realisierbar. Theater Die Euregio ist reich an Theatern. Es gibt Theatergesellschaften wie Toneelgroep Maastricht, Agora-Theater St. Vith, De Queeste Hasselt, Het Laagland SittardGeleen, Le Zététique Théâtre (Luik), LAP (Hasselt), Hoge Fronten (Maastricht), Bühnen für Jugendliche und Erwachsene, Laienund professionelle Theatergruppen. Die Theatergesellschaften treten sowohl in ihren Städten als auch auf nationaler und internationaler Ebene auf, bespielen sowohl die großen Stadttheater als auch kleine Bühnen, umgenutzte Industriegebäude (C-Mine Genk, AINSI Maastricht) oder die Manège Liège und das Academietheater Sint Truiden. Tanz Tanzcompagnien wie Gotra Ballet (Heerlen), Tanz Compagnie Irene K (Eupen), vorbereitende Tanzschulen, Tanzplattformen, Tanz für Erwachsene und Tanz für Jugendliche garantieren eine reiche Tanzlandschaft. Die vielen Festivals tragen dem Rechnung, z.B. das schrit_tmacher-Festival (Aachen/Heerlen), das Krokus-Festival (Hasselt), das Maastrichter Toneelstad-Festival, Pays des Danses (Lüttich), Cultura Nova (Heerlen), Theater aan de Markt (Hasselt/Neerpelt), das Acrossthe-Border-Festival (Aachen) und die Nederlandse Dansdagen (Maastricht). Hinzu kommen „Urban Cultures“ wie Breakdance, Graffiti, Streetlive sowie Crossover-Produktionen. Museen Auf dem Gebiet der bildenden Kunst hat die Region namhafte Museen zu bieten wie das Bonnefantenmuseum (Maastricht), das Ludwig-Forum (Aachen), Le Grand Curtius (Lüttich), Z33 (Hasselt), ikob Museum für zeitgenössische Kunst (Eupen), Het Domein (Sittard-Geleen) und ein Netzwerk von Ausstellungsstätten. Von 2013 wiedereröffneten, neukonzipierten Begas Haus in Heinsberg, einem best-practice-Beispiel für die Entwicklung regionalgeschichtlicher Sammlungen und Heimatmuseen bis hin zum Leopold Hoesch Museum in Düren, das sich als Multiplikator und Motor euregionaler Zusammenarbeit auf demGebiet der zeitgenössischen Kunst versteht. Musik Das Musikangebot erstreckt sich von den renommierten Opernhäusern und Symphonieorchestern in Lüttich, Aachen und Maastricht bis hin zu den Popmusikpodien und Popmusikstudien in Heerlen, Maastricht, Sittard-Geleen, Hasselt, Eupen und Lüttich, von den vielen namhaften Chören, die es in der ganzen Euregio gibt, bis hin zum WereldMuziekConcours für Harmonie-, Fanfaren- und Blasorchester, den großen Popfestivals Pinkpop, Pukkelpop und dem Festival Ardente, von Ensembles für klassische Musik bis hin zu den Musikhochschulen. Dies alles wird von Festivals umrahmt, von Festivals für religiöse Musik wie Musica Sacra Maastricht bis hin zum MusikMarathon in Eupen. Design/Architektur Im Bereich Design reicht das Spektrum von Modemachern mit euregionalen Pop-UpStores über das Modemuseum in Hasselt bis hin zu Designern und Designplattformen, von renommierten Architekten wie Wiel Arets, Charles van den Hove, Jo Coenen, Jo Janssen und Peter Swinnen bis hin zu Instituten, Hochschulen und Plattformen für die Kreativindustrie in Aachen, Heerlen, Lüttich, Hasselt, Gent und Maastricht. Von Orten wie dem Energeticon in Alsdorf, dem ehemaligen Zentrum des Aachener Steinkohlereviers und neuen Kompetenzzentrum für Bergbaugeschichte und energieorientierter Zukunftstechnologie bis zum Standort IP Vogelsang mit seiner Geschichte als nationalsozialistischer Schulungseinrichtung und belgischem Truppenübungsplatz und seiner Zukunft in einer Tourismus- und Bildungsdestination mit internationaler Ausstrahlung. Die ganze Kette von Laienkunst über Ausbildungsstätten bis hin zur Berufspraxis ist euregioweit gut ausgebaut. Aber es gibt auch Schwachstellen. Das feinmaschige Produktionsnetz in Niederländisch-Limburg ist infolge der Sparmaßnahmen stark gefährdet. Hingegen wird in anderen Teilen der Euregio kräftig investiert. In der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens wurde der Ausbau einer kompletten Produktionskette eingeleitet. In Lüttich werden an vielen Fronten die Produktionsketten für Schauspiel und Tanz, aber auch für Film, Kreativindustrie, Design und Fashion gefördert. Lüttich hat eine große Tradition bei Oper und klassischer Musik aufzuweisen, mit Verzweigungen nach Verviers, Huy und Seraing. Stadt und Regio Aachen verfügen über ein gut entwickeltes Netz von Kultur- einrichtungen. In Heerlen und SittardGeleen kann von einem kulturellen Frühling gesprochen werden. Genk hat sich mit C-Mine international profiliert. Hasselt präsentiert sich als Kunststadt. In Belgisch-Limburg sind viele (semi-) professionelle Initiativen im Entstehen begriffen, z.B. Balsem und De Stokerij. Das GalloRomeinse Museum in Tongeren wurde zum besten Museum des Jahres 2011 gekürt. Kurz und gut, die Euregio darf auf eine nahezu unüberschaubare Vielzahl von Kultureinrichtungen stolz sein. Maastricht und die Euregio wollen, dass die ganze Bandbreite der kulturellen Akteure am Programm für 2018 mitwirkt und so die Euregio zum Versuchslabor macht Kultureinrichtungen und Kunstschaffende sind eingeladen, diesem Prozess ein Gesicht zu geben. Sie werden dafür sorgen, dass Europa auch im Alltag gelebt wird. 84 --- MAASTR I CHT U N D PAR TN ER Niederlande Zusammenarbeit mit Malta Malta bewirbt sich mit der Hauptstadt Valletta um den Titel Europäische Kulturhauptstadt 2018. Bei den beiden bisherigen Gesprächen (eines auf Malta, eines in Maastricht) wurden als Grundlage für die weitere Ausarbeitung des Programms mehrere Schwerpunkte ausgewählt und eine Absichtserklärung unterzeichnet. In beiden Regionen ist die kulturelle Vielfalt groß. Ähnlich wie die Grenzregion Euregio wurde die Insel Malta im Laufe der Geschichte von mannigfaltigen Einflüssen geprägt. Beide Bewerberregionen haben eine starke katholische Tradition, in der Prozessionen, der Karneval und große Umzüge eine bedeutende Rolle spielen. An diese Traditionen könnten gemeinsame Projekte anknüpfen. Im Bereich Stadtentwicklung sind wir von den unter Renzo Piano durchgeführten Umbauarbeiten an den Festungswerken Vallettas beeindruckt. Piano ist mit den Niederlanden eng verbunden und wurde hier mit dem prestigeträchtigen Erasmuspreis ausgezeichnet. Auch im Hinblick auf die Stadtentwicklungsprojekte in Maastricht (z.B. die Industrieareale Céramique und Belvédère) könnten solche Umbauvorhaben an der Schnittstelle von Stadtentwicklung und architektonischem Erbe ein interessantes Thema sein. Es würde ausgezeichnet zu einem der Themen in Maltas/Vallettas Bewerbungsschrift passen, zu „Ein neuer Dialog im Städtebau“. Noch vor 2018 ist ein „Artist in Residence“-Programm für Schriftsteller und Musiker geplant, die inspiriert durch Malta und Euregio neue Werke schaffen wollen. Klänge und Bilder aus Malta sollen in der Euregio zu hören und zu sehen sein und umgekehrt. Im Bereich Modedesign soll die Plattform Fashionclash, auf der junge Designer und Künstler ihre Arbeiten einem großen internationalen Publikum vorstellen können, ein Gemeinschaftsprojekt von Valletta und der Euregio werden. Die Plattform ist Teil der gemeinsamen Fokussierung auf die Entwicklung der Kreativindustrie in beiden Regionen. Fashionclash auf Malta Blick auf das CéramiqueGelände von der Maas aus Kreuzschiff-Terminal Valletta Malta Starke euregionale Struktur Die Arbeit der vielen kulturellen Akteure der Euregio, bei der die Nutzung der kulturellen Vielfalt tägliche Praxis ist, bildet das Fundament, auf dem Maastricht und die Euregio ihr Programm für 2018 aufbauen. Eine Jugendtheatergruppe wie Het Laagland in Sittard-Geleen stützt sich auf die Qualitäten der niederländischen und deutschen Theaterarbeit. Die enge Zusammenarbeit zwischen dem Limburger und dem Brabanter Sinfonieorchester bietet die Chance, als „Orchester des Südens“ sowohl in Richtung übrige Niederlande als auch in Richtung Euregio neue Akzente zu setzen. Bei einer Theatergesellschaft wie De Queeste ist die Beschäftigung mit den Lebens- und Arbeitsbedingungen in Grenzgebieten Teil der künstlerischen DNA. Das Agora-Theater St. Vith schlägt wieder einen völlig anderen Ton an. Für die euregionalen Pop- und Jazzzentren ist der Rückgriff auf die kulturelle Vielfalt Grundlage ihrer Veranstaltungspolitik. Für Museen und Kunstzentren wie Z33, Ludwig-Forum, Schunck*, Het Domein, Leopold-Hoesch-Museum oder Bonnefantenmuseum – um nur einige Beispiele zu nennen – ist die europaweite und internationale Ausrichtung und künstlerische Hinterfragung die Existenzgrundlage. Das Museum aan het Vrijthof in Maastricht bereitet in Kooperation mit dem Musée d’Orsay in Paris ein Ausstellung über Charles Eyck vor. Sinfonieorchester, Operngesellschaften, Chöre und Ensembles der Euregio orientieren sich im Wesentlichen international. Es finden zahllose Festivals statt, von Musikfestivals für Klassik über Pop bis Hafabra, über Tanz- und Theater- bis hin zu Filmfestivals. Bei der Aufzählung tun wir vielen Akteuren in der Euregio unrecht, denn es ist einfach unmöglich, alle europäischen Kooperationen zu nennen. Wie dem auch sei, Maastricht und die Euregio 2018 verfügen über Akteure, die imstande sind, das Thema „Europa wiederentdecken“ anhand der eigenen Praxis zu erhellen. Es sind Akteure, die diesbezüglich ihre Kompetenz unter Beweis gestellt haben und auf die wir zurückgreifen, sobald wir das künftige Programm entwickeln und umsetzen. Netzwerke in der Euregio, den Niederlanden und Europa Kulturelle Zusammenarbeit Maastricht, Sittard-Geleen, Heerlen Provincie Nederlands Limburg Genk, Hasselt, Tongeren Provincie Belgisch Limburg Liège und Province de Liège Aachen und Regio Aachen Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens 86 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER PROVINCIE BELGISCH LIMBURG SIT GENK PROVINCIE NEDERLAN LIMBURG HASSELT MAASTRICHT Maas TONGEREN LIÈGE PROVINCE DE LIÈGE Maas 87 Ma a MA A S T R I C H T U N D PA R T NER Rh ein TARD-GELEEN DS HEERLEN / PARKSTAD AACHEN REGIO AACHEN ein Rh DEUTSCHSPRACHIGE GEMEINSCHAFT BELGIENS 88 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER Booming cultural facilities 1 Maastricht Timmerfabriek transforming into a collectors house and art 2 cinema Enci transformed into a cultural building (AINSI) 3 4 5 Bonnefantenmuseum ABKM (Art Academy of Maastricht) Céramique center 6 7 Museum and Theater at the Vrijthof Jeker artistic quarter with theater academy, Jan van Eyck Architectural highlights Maastricht Mosae Forum, The colonel, Church bookshop, Charles Vandenhove’s building design, Herdenkingsplein, Modern kommelkwartier 1 2 3 Sphinx transformed into living and commercial area Enci transformed into a cultural building (AINSI) Wiebengahal Céramique 2 Céramique site with buildings designed by architects from seven European countries 4 5 Dominican Church converted into a bookshop Kruisheren cloister and church converted into a hotel 3 Liège Place Saint-Lambert and extension Palais de Justice / Palais 6 Liège Reconstruction of MAMAC 4 des Princes-Évêques Cinema Sauveniere, ‘Le Grand Curtius’ museum, Hors 7 8 Renovation of a building from 1937 for Theater de La Place Transformation d’un ancien hospice (le Vertbois) en 5 Chate au, Coronmeuse Expo 2017 site Guillemins railway station designed by Calatrava, 9 complexe de bureaux Ensemble d’Hôtels de Maître (XVI-XIX) 6 7 New MAMAC museum Hospital for University of Liège Circuit des collégiales Hasselt 10 Albert canal zone transformed into artistic site Liège Cinema Sauveniere Le Grand Curtius museum 10 Museum of Walloonian life 11 Transformation of old MAMAC to CIAC 12 Coronmeuse World Expo 2017 site Maastricht 1 Academy, Conservatorium music center 8 9 Redeveloped old buildings 11 Herkenrode Abbey area as experience center 13 Royal opera house with new extension 14 Renovation of a building from 1937 for Theater de La Place 8 15 L’Embarcadère du Savoir 16 Mnema 9 Hasselt 17 L’Archéoforum 18 Le Manège 19 Le Conservatoire royal de Liège Court of Justice, Aminolabs for food production, Expansion for Cegeka office Stevoort housing design Aachen 12 Route Charlemagne with the international News museum, Town Hall and Centre Charlemagne 10 Sint-Gerardus Institute 11 The narrow house 13 Needle fabric as polycultural institution Heerlen 14 Oranje Nassau as Dutch Mine Museum 15 ©-mill, industrial complex transformed into a creative Aachen 12 Dom Aachen, Unesco World Heritage, Kaiserbad, Hasselt 20 Albert canal creative site, including Muziekodroom 21 Belgium art center 22 Herkenrode Abbey experience center Münchener headquarter, 13 RWTH super C, Hospital RWTH industry cluster 14 Abbey Kornelimünster 23 Grenslandhallen and Themepark 24 Mode museum 25 Z-33 Aachen Musicbunker and several old buildings along the route 27 Charlemagne with new cultural facilities Eupen 16 Alter Schlachthof Heerlen 15 Schunck*, town hall, Maankwartier 16 Gen Coel mine water info centre Genk 17 C mine area transformed into creative campus site 17 Royal Theater 18 Waterschei art campus Tongeren 18 Gallo-Roman Museum, Apartments in Anicius park 28 Ludwig Forum Aachen Heerlen 29 Gen Coel 30 Schunck* Universities Sittard-Geleen 19 Sabic office building, revisited plan 1 Maastricht University 2 3 4 Liège University Hasselt University RWTH Aachen University 21 Clock tower, Academic Hall 5 Open Universiteit Heerlen Genk 22 Carbon hotel, city library of Genk 23 C-Mine Science parks 20 Orbis Hospital 31 Renovated theater at Van Grunsven Square Sint-Truiden Sittard-Geleen 32 Museum het Domein 33 Laagland youth theater Genk 34 C-Mine 35 Waterschei art campus Monschau 1 Basse-Meuse Development 24 Rotes Haus 2 3 Science Parks of Wallonia Diepenbeek Science Center 4 5 6 Sabic Belgium Technology Center Aachen Medical Technology Center Aachen 7 8 Avantis Herzogenrath Düren 36 Leopold Hoesch Museum Verviers 37 Théatre Verviers 9 RWTH Research 10 EastBelgium WFG 11 Eifel Technology Atlas 12 Nedcar 13 Sabic 14 Chemelot 15 DSM 28 7 6 32 16 12 89 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER 21 9 6 15 31 18 90 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER Sittard-Geleen Genk Heerlen Hasselt Maastricht Tongeren Aachen Liège Eupen Traditional mine industry zone Traditional metal industry zone 91 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER SMaasmechelen SHeerlen Aachen Eindhoven 1 10 2 3 4 5 9 6 8 7 TLiège Maastricht 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 1 Q Historical city centre Q Important public spaces Belvédère transformed into living, commercial and cultural area Townhall & Mosae Forum: new public areas Dominican Church converted into a bookshop Herdenkingsplein - Academy of Arts Various faculties of Maastricht University & Zuyd University Tapijn Maastricht: extension parc + mix use culture - university - parking Enci transformed into a cultural building (AINSI) Maastricht University Health campus Céramique site with buildings designed by architects from seven European countries New living area along A2 road in green surrounding 2 3 Q Q Q Q 4 7 8 Main roads Waterways Green area Railway 92 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER SMaastricht 10 9 1 3 2 4 3 4 6 5 3 7 9 7 5 8 6 Liège 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 2 Q Historical city centre Q Important public spaces Park Saint Leonard et Coteaux de la Citadelle Le Grand Curtius Museum Musée de la Vie wallonne Place Saint-Lambert (+ Gare du Palais) Place du 20-Août Royal Operahouse of Walloon region Liège-Guillemins railway station Future CIAC en Parc de la Boverie Médiacité Coronmeuse Expo 2017 site 4 Q Main roads Q Waterways Q Green area Q Railway 7 8 9 93 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER ^Genk 11 10 9 8 3 4 1 12 5 2 6 7 13 Bilzen \ [Liège Hasselt 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 Townhall Radisson Hotel Cultural area - library, university, Z33 Trainstation living and commercial area Provincial Administrative Office Gegeka Office Hasselt University - Diepenbeek Campus Grenslandhallen Albert Canal Industrial Site Muziekodroom Blauwe Boulevard living and commercial area Cederpark living area Cultuurcentrum Hasselt (Kunstlaan) Q Historical city centre Q Important public spaces Q Main roads Q Waterways Q Green area Q Green area Q Railway 1 2 3 4 94 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER 6 5 9 6 4 1 8 3 2 WBusline to Maastricht 7 [Liège Aachen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 Historical Center around Cathedral and Townhall Aachen Central Station Theatre Aachen RWTH Aachen campus Innercity RWTH Aachen campus expansion Campus Melaten - RWTH campus expansion Aachen Schanz Train Station Elisenbrunnen Stadtpark Q Historical city centre Q Important public spaces Q Q Q 1 Main roads Waterways Green area 3 4 95 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER 1 2 3 Aachen X 7 5 8 6 4 9 8 [Maastricht Aachen \ Heerlen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 Living boulevard Oranje Nassau as Dutch Mine Museum New railway station area Pension foundation center Schunck* / City Library Town hall Royal Theater Theater of Heerlen Open University of the Netherlands and Zuyd Hogeschool ©-mill Q Historical city centre Q Important public spaces Q Main roads Q Waterways Q Green area Q Railway 2 3 5 8 7 9 10 96 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER 1 10 2 3 4 6 5 7 9 8 TMaastricht Heerlen/Aachen \ Sittard-Geleen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 6 Q Historical city centre Q Important public spaces City center of Sittard 'Zitterd Revisited' SABIC Group Fortuna football stadium / Sportzone Limburg Housing redevelopment 'Zuid in de lift' Orbis medical center Chemelot campus City center of Geleen redeveloped Laco sport and recreation center Traffic node Kerensheide Het Domein museum 3 Q Main roads Q Waterways Q Green area Q Railway 2 10 97 MA A S T R I C H T U N D PA R T NER 3 2 5 4 1 WHasselt Genk 1 2 3 4 5 City center of Genk C-mine area transformed into creative campus site Waterschei art campus Library Carbon Hotel Q Historical city centre Q Main roads Q Waterways Q Green area Q Railway 2 3 4 5 98 MAASTR I CHT U N D PAR TN ER 21 1 31 4 1 [Liège Tongeren 1 2 3 4 Gallo-Roman Museum Basilica of Our Lady Begijnenhof Industrial area Q Historical city centre Q Important public spaces Q Main roads Q Waterways Q Green area Q Railway 1 2 3 99 IV VO R G E H ENS W EI S E Konzept in vier Teilen: - Organisation und Etat unter Beteiligung der Wirtschaft, und was uns die Kulturhauptstadt bringt - Kommunikation mit dem Akzent auf der zwischenmenschlichen Seite Europas - Infrastruktur und Tourismus - Evaluation und Monitoring 10 0 101 KAPITEL 6 : Organisation, Finanzierung und Ergebnisse Auf Initiative der Stadt Maastricht wurde 2008 beschlossen, sich gemeinsam mit den Partnern aus der Euregio MaasRhein um den Titel „Kulturhauptstadt Europas 2018“ zu bewerben. Im Jahr 2009 wurde der Grundstein für eine Zusammenarbeit zwischen Maastricht und Malta gelegt. Die Republik Malta liefert 2018 neben den Niederlanden die zweite Kulturhauptstadt Europas. Founding Fathers Der Stadt Maastricht haben sich folgende Euregio-Partner als „Founding Fathers” der Bewerbung angeschlossen: die Städte Lüttich, Aachen, Hasselt, Heerlen, SittardGeleen, die Provinzen NiederländischLimburg, Belgisch-Limburg und Lüttich, die Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens und die Regio Aachen. Diese Partner haben gemeinsam mit Maastricht für den Zeitraum 2010 bis 2014 Interreg-Mittel in Höhe von 1,4 Millionen Euro erhalten. Ein wesentlicher Aspekt dieser Förderung ist die Überzeugung aller Partner, dass es sich bei der Kulturhauptstadt Europas 2018 um ein „Jahrhundertprojekt“ handelt. Dabei geht es nicht nur um 2018, sondern alle sind sich sicher, dass der Weg zur Kulturhauptstadt für alle Beteiligten wertvolle Impulse erbringt. Der ehemalige Kulturbeigeordnete der Stadt Maastricht, Jean Jacobs, fasste zusammen: „Im Jahr 2020 werden wir erkannt haben, welche große Bedeutung die dieser Weg – VIA2018 – für Stadt und Region dauerhaft hat.“ der gesamten Region lässt sich nachhaltig verbessern, indem die eigenen Stärken nach außen sichtbar gemacht werden. Neue Partner der Stichting Maastricht Kulturhauptstadt Europas 2018 (MCH2018) sind die Städte Genk und Tongeren. Programmpartner Darüber hinaus besteht die Möglichkeit – auch ohne Mitgliedschaft in der Stichting – Programmpartner zu werden. Der Stadtrat von Kerkrade hat als erster beschlossen, Programmpartner werden zu wollen. Inzwischen unterstützen auch viele kleine Gemeinden in Südlimburg und der Euregio die Bewerbung und werden dies in Form von Parallelprogrammen sichtbar machen. Neue Partner Am Bewerbungsprozess sind inzwischen noch weitere Partner interessiert. Diese haben verstanden, dass der Titel „Kulturhauptstadt Europas 2018” eine einzigartige Chance ist, die nicht verpasst werden darf. Nicht nur ihre Stadt, sondern die Position 1 INTERREG bedeutet europäische Fördermittel für eine noch stärkere Euregio. INTERREG IV-A ist die vierte Generation dieser euregionalen Projektförderung. Sie bietet Unternehmen, Institutionen und anderen Initiatoren aus der Euregio Maas-Rhein die Möglichkeit, über die Landesgrenzen Gemälde von Fons Haagmans Loeënd Porträt hinweg gemeinsam an Projekten rund um gemeinschaftliche Themen in den Bereichen Wirtschaft, Nachhaltigkeit und Frits Rademacher, 130 x 180 cm soziale Aspekte zu arbeiten. Diese Region kann einen Schub gebrauchen. Kulturelle Aktivitäten auf hohem Niveau stimulieren das Ziel der Region, ein technologischer Spitzenstandort zu werden. LED’s innovate together. Jos Schneiders, Vorsitzender der Stichting Limburg Economic Development (LED): Die „Europäische Kulturhauptstadt 2018“ in Maastricht und der Euregio bietet eine riesige Chance, große internationale Aufmerksamkeit auf die Vielfalt in unserer Region zu lenken. Davon profitieren Handel und Tourismus direkt. Langfristig steigt das Image der Region – das gut für die ganze Wirtschaft. Fritz Roetting, Geschaeftsfuehrer IHK Aachen: 10 2 O R GAN I SATI O N , FI N AN Z I ER U N G U N D ER GEBN I SSE Organisationsstruktur --Organisationsstruktur für die Jahre 2014-2019 – unabhängige Stiftung niederländischen Rechts (Stichting), der alle Partner angehören Unabhängige Stiftung Für die Bewerbung zur Kulturhauptstadt Europas 2018 wurde im Februar 2011 eine unabhängige Stiftung nach niederländischem Recht mit einem Etat von 6.950.00 Mio. Euro (für den Zeitraum bis 2014) gegründet. Aufgabe der Stichting ist die Ausarbeitung eines erfolgreichen Bewerbungskonzepts, das – neben einem zukunftsorientierten und nachhaltigen Programm – auch Strategie, Kommunikationsstrukturen, Projektfinanzierung und Partizipation am Projekt beinhaltet. Bei Gründung der Stichting stand deren Unabhängigkeit im Vordergrund. Um diese zu gewährleisten, haben sich die Gründungsmitglieder auf einen Verhaltenskodex mit folgenden Regeln verständigt (Auszug): “4. Konzentration auf die Qualität und die speziellen Merkmale der Projekte und nicht auf die politische Dimension der Kontakte: Die europäische Dimension der Veranstaltung muss objektiv beurteilt werden. (…) 11. Die Unabhängigkeit des künstlerischen Leiters und der mit der Programmdurchführung betrauten Struktur von politischen Kräften kann sich bei der Vorbereitung auf die Kulturhauptstadt als entscheidend erweisen. Für einige frühere Kulturhauptstädte hat sich die direkte und allgegenwärtige Einbeziehung politischer Kräfte in die mit der Programmdurchführung betraute Struktur sehr negativ ausgewirkt. Man muss sich stets vor Augen halten, dass die Vorbereitungen einer Stadt auf das Kulturhauptstadtjahr mindestens sechs Jahre dauern – ein Zeitraum, in dem die politisch Verantwortlichen durchaus wechseln können. (Auszug aus „Handleiding voor steden die dingen naar Culturele Hoofdstad“). Aufbau und Organe der Stichting (bis 1. Januar 2014) Die Stichting hat gemäß Satzung folgende Organe: – Vorstand – Aufsichtsrat – Bewerbungsbüro VIA2018 Vorstand Dem Vorstand gehören die folgenden Mitglieder an: Huub Smeets, Vorstandsvorsitzender Huub Smeets (Maastricht, 1947) studierte Jura an der Universität Utrecht. Er war an der Stadtsanierung von Maastricht und der Entwicklung der Nachbargemeinde Meerssen beteiligt. In dieser Zeit war er auch Vorsitzender des Universitätsrats der Universität Maastricht. 1988 wurde Smeets in Maastricht Direktor für Stadtentwicklung und Grundstücksfragen. Von Januar 2000 bis Januar 2011 arbeitete er in der Geschäftsleitung des Wohnimmobilien-Anlagefonds Vesteda, seit August 2006 als dessen Geschäftsführer. Bis Februar 2012 war er Mitglied des niederländischen Kulturrats. Guido Wevers, Künstlerischer Direktor Guido Wevers (Maasmechelen, 1952) arbeitete nach seiner Ausbildung an der Theaterakademie in Maastricht bei der Provinzverwaltung Limburg als Berater für Theaterfragen und als freischaffender Regisseur. Danach war er künstlerischer Leiter von „Tryater Fryslân“ und „Huis van Bourgondië“. 1998 wurde er Leiter von „´t Arsenaal“ in Mechelen (B) und 2006 des „Theater aan het Vrijthof“. Wevers war in vielen Kommissionen tätig, unter anderem beim Fonds für darstellende Kunst, und er gehört dem Europäischen Kulturparlament an. In seiner Funktion als Künstlerischer Direktor leitet er das Künstlerische Team. Aufsichtsrat Der Aufsichtsrat setzt sich wie folgt zusammen: Dr. Jürgen Linden, Vorsitzender des Aufsichtsrats Dr. Linden (1947) ist Rechtsanwalt. Ab 1977 war er in der Aachener Stadtpolitik aktiv, zunächst als Mitglied des Stadtrats und später als Bürgermeister und Oberbürgermeister. 2009 nahm er als Oberbürgermeister seinen Abschied und ist seitdem wieder als Rechtsanwalt tätig. Außerhalb Aachens ist er vor allem durch die Verleihung des Internationalen Karlspreises bekannt, den jedes Jahr eine Persönlichkeit mit großen Verdiensten um die internationale Zusammenarbeit erhält. Die Mitglieder des Aufsichtsrats wurden von den Städten und Provinzen, der Regio und dem Landesteil berufen: Stadt Maastricht Jacques Costongs, Beigeordneter für Kultur – – – – – – – Stijn Huijts Gerard Verfaillie Rick Takvorian Julie Hanique (seit September 2011) Peggy Olislaegers (seit Oktober 2011) Airan Berg (bis September 2011) Chantal Dassonville (bis September 2011) – Aufbau eines Kommunikations- und Informationssystems, das sich an die verschiedenen Zielgruppen wendet, um in der ganzen Euregio Synergien und Flexibilität zu erzeugen – ein Team, das in engem Kontakt mit den europäischen Netzwerken, dem Euregiobüro Maas-Rhein und den anderen Euregios steht – ein Team für Partizipation und Mobilisierung, das gemeinsam mit Berufskünstlern das Partizipationskonzept für das gesamte Projekt umsetzt und das von einem Rat unterstützt wird, dem Bürger aus der Euregio und Vertreter der Partnerstädte angehören – ein Verwaltungs- und Finanzteam, das auf seinem Gebiet „Best Practices“ umsetzt Stadt Heerlen Barry Braeken, Beigeordneter für Kultur Stadt Sittard-Geleen Yvonne Baetens-Derks, Beigeordnete für Kultur Stadt Lüttich Jean-Pierre Hupkens, Beigeordneter für Kultur Stadt Aachen Wolfgang Rombey, Stadtdirektor und Dezernent für Kultur und Bildung Stadt Hasselt Karolien Mondelaers, Beigeordnete für Kultur Provinz Limburg (NL) René van der Linden (Mitglied der Ersten Kammer des niederländischen Parlaments) Provinz Limburg (B) Künstlerisches Team – voll ausgestattetes Projektbüro, das mit seinen professionellen Mitarbeitern und seinen Kunst-, Management- und Finanzexperten für die Koordination verantwortlich ist Gilbert van Baelen, Deputierter für Kultur Provinz Lüttich Paul-Emile Mottard, Deputierter für Kultur Regio Aachen Manfred Bausch, Vertreter der Regio Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens Isabelle Weykmans, Kulturministerin – ein Büro für die touristische Infrastruktur, das beim gesamten Projekt auch für Sicherheitsfragen verantwortlich ist – ein spezielles Team, das engen Kontakt mit den Unternehmen unterhält und von einem Beratungsgremium der Partnerunternehmen begleitet wird. 10 3 O R GA N I S AT I O N , F I N A N Z I ER U N G U N D ER GEBN I SSE Finanzierung Betrag in Prozentsatz von 80 Millionen Millionen Euro Euro Stadt Maastricht Provinz Niederländisch-Limburg** Partner Wirtschaft, niederdl. Staat und EU-Kommission** 20 20 20 25% 25% 25% 20 25% 6,5 2,5 1,5 1,5 1 3,125% 1,875% 1,875% 1,25% 5 5 6,25% Kostenverteilung über die Partner: Region Belgisch-Limburg Provinz Belgisch Limburg ** Stadt Hasselt Stadt Genk Stadt Tongeren RegioAachen Regio Aachen / Nordrhein-Westfalen ** Stadt Aachen Region Lüttich Provinz Lüttich ** Stadt Lüttich 4,5 2,5 2 3,125% 2,500% Region Niederländisch-Limburg Heerlen/Parkstad Sittard-Geleen 3 1,5 1,5 1,875% 1,875% Region deutschsprachiges Belgien Deutschsprachige Gemeinschaft Belgiens Gesamtbetrag Programmpartner Kerkrade 0,8 0,8 1,00% 19,8 0,35 Eindtotaal ** Kernprogramm 8,5 Verteilung der € 80 Mio. Euro (in %) 1,5 20 10 20 % 65 20 20 Q Provinz Limburg (NL) Q Stadt Maastricht Q Euregio-Partner Q Wirtschaft Q Staat der Niederlande Q Europäische Mittel Q Q Q Die Finanzierung verteilt sich wie folgt auf die Partner: – € 20 Mio. Stadt Maastricht, vom Stadtrat gebilligt – € 20 Mio. Provinz Limburg (NL), vom Provinzparlament gebilligt – € 20 Mio. Euregio-Partner, gebilligte Kostenverteilung – € 20 Mio. verteilt über: € 10 Mio. freie Wirtschaft € 8,5 Mio. Niederländischer Staat € 1,5 Mio. europäische Mittel. Der niederländische Staat hat – trotz mehrfacher Aufforderung – die Höhe seines Beitrags noch nicht bekannt gegeben. – Programmkosten: 65 Prozent – PR- und Marketingkosten: 20 Prozent – Organisationskosten (einschließlich For schung und Evaluation): 15 Prozent. Für das gesamte Programm steht ein Etat von 52 Millionen Euro zur Verfügung. Der Betrag verteilt sich folgendermaßen: 15 mln. Die überwiegende Teil der beschlussberechtigten Organe der Partner haben vor dem endgültigen Beschluss des Stadtrats Maastricht am 18. September 2012 der 1. Fassung der Bewerbungsschrift und dem Kostenverteilungsschlüssel zugestimmt. Auch die Provinzregierung und der Magistrat von Lüttich haben den Kostenverteilungsschlüssel zwischen den Partnern gebilligt. Im ersten Halbjahr 2013 werden die Kostenpunkte definitiv in die Mehrjahreshaushalte der Partner übernommen. Mehrere Partner haben bereits über mehrere Jahre verteilte Beiträge festgelegt. Die Gesamtkosten für das Projekt Europäische Kulturhauptstadt 2018 werden mit 80 Millionen Euro veranschlagt. Die finanziellen Mittel stehen für den Zeitraum 2014 bis 2019 zur Verfügung und werden wie folgt verteilt: 20,15 Kostenverteilung beim Projekt Europäische Kulturhauptstadt 2018 Kostenverteilung zwischen den Partnern Kosten des Gesamtprogramms davon: 60% Kernprogramm 40% Programm der einzelnen Städte Kosten PR / Marketing Kosten der Organisation – mindestens 60 Prozent für das Kernprogramm (an der Umsetzung der Projekte sind jeweils zwei oder mehr Partner aus der Euregio beteiligt, hinzu kommen eventuell weitere internationale Partner) – circa 40 Prozent für die einzelnen Städte und die DG Belgiens. Die Verteilung des Etats ist wie folgt geplant: – Programmkosten (52 Mio. Euro) Die Programmkosten verteilen sich auf die Jahre 2015 bis 2019. Davon sind mindestens 50 Prozent für das Jahr 2018 reserviert (26 Mio. Euro). Für die Jahre 2015 und 2016 ist insgesamt ein Etat von 6 Mio. Euro eingeplant, während der Etat für 2017 und 2019 jeweils 10 Mio. Euro beträgt. – Kosten für PR/Marketing und Organisation (28 Mio. Euro) Die Kosten für PR/Marketing und Organisation verteilen sich auf den Zeitraum von 2014 (nach der offiziellen Ernennung Maastrichts zur Kulturhauptstadt Europas) bis 2019. Auch hier entfällt ein Anteil von mindestens 50 Prozent auf die Jahre 2017 und 2018 (14 Mio. Euro). Für die Jahre 2014 bis 2016 ist ein jährlicher Etat von 4 Mio. Euro und für das Jahr 2019 ein Etat von 2 Mio. Euro vorgesehen. Aufschlüsselung der dritten Tranche der Partnerbeiträge aus der Euregio Nachstehend wird die Aufschlüsselung zwischen den Partnern erläutert. Vorläufig wurde entschieden, der Stiftung ab 2014 zur Deckung der PR-/Marketing- und Organisationskosten 35 Prozent der Mittel zuzuführen. Die 65 Prozent der Mittel, die für die Programme der Partnerstädte und der DG Belgiens reserviert sind, werden nicht der Stiftung zufließen, sondern verbleiben unter folgenden vier Bedingungen bei den Partnern: 1. Bei Meinungsverschiedenheiten entscheidet der Vorstand der Stiftung über das Programm. 2. Im Grundsatz geht es um neue Mittel, die für Kulturhauptstadt-Themen zweckgebunden sind und von den jeweiligen Partnern vorgegeben werden. 3. Die Programmplanung wird in das laufende Programm eingegliedert, entweder durch Anreicherung der betreffenden Produktionen mit KulturhauptstadtThemen oder durch ein völlig neues Programm. 4. Alle Programmkosten gehen zu Lasten der Partner (z.B. auch Gebäudekosten). Die Einnahmen aus dem 40 ProzentAnteil der Städte/Regionen am Programm erhalten die jeweiligen Partner. Die Verteilung der Einnahmen aus dem Kernprogramm ist für jedes Projekt mit dem Vorstand der Stiftung abzustimmen. Die Beiträge der übrigen Partner der Stiftung (Provinzen, Regio Aachen) und die Mittel der vierten Tranche (Wirtschaft, niederländischer Staat und Europäische Kommission) sind für das Kernprogramm bestimmt. Diese Mittel fließen zunächst an die Stiftung und werden dann dem Kernprogramm zugeteilt. 10 4 O R GAN I SATI O N , FI N AN Z I ER U N G U N D ER GEBN I SSE Strukturelle Effekte Beispiele für strukturelle Impulse in ehemaligen Europäischen Kulturhauptstädten Die Bewerbung Maastrichts und der Euregio wird oft im Zusammenhang mit ehemaligen Europäischen Kulturhauptstädten wie Lille (2004), Liverpool (2008) und Essen (2010) gesehen. Das hat seinen Grund. Immerhin hat sich die Stichting MCH2018 von Anfang an mit diesen Städten verglichen, da sie dieselben Ziele verfolgten, etwa Einbeziehung einer Region und strukturelle Impulse. Auch für die Kulturhauptstadtbewerbung Maastricht 2018 ist die Einbeziehung der Euregio ein „Alleinstellungsmerkmal“. Außerdem geht es nicht um eine nur einjährige Veranstaltung im Jahr 2018, sondern um langfristige Nutzeffekte für die kulturelle, soziale und euregionale Entwicklung. Vergleiche beispielsweise mit Istanbul (2010), Pécs (2010), Tallinn (2011) oder Maribor (2012) sind wegen der jeweiligen Größe, der einseitigen Orientierung auf Gebäuderestaurierung, der eher zufälligen Programmzusammenstellung bzw. des erst jüngst erlangten EU-Status nicht möglich. Die Ergebnisse von Lille, Liverpool und Essen lassen sich auch mit konkreten Zahlen und Fakten belegen wie in der nachstehenden Tabelle aufgeführt. In der letzten Spalte wurden die Erwartungen für Maastricht 2018 hinzugefügt. Im Folgenden gehen wir auf die Struktureffekte und die – von unabhängigen Instituten berechneten – Erträge ein. Lille (2004) Lille präsentiert sich gegenwärtig (nach dem Titel Europäische Kulturhauptstadt 2004) zu Recht als viertgrößtes Ballungsgebiet Frankreichs – nach Paris, Marseille und Lyon. Lille hat sich aus einem früheren Bergbaurevier und Standort der traditionellen Textilindustrie zum modernen und urbanen Geschäfts- und Finanzdienstleistungszentrum Nordfrankreichs entwickelt. Die Stadt investierte in die Wiederherstellung des Kulturerbes nach der Formel „12 Maisons Folie“ (Umwandlung alter Industriebrachen im Ballungsraum, die Künstlern, Vereinen und Anwohnern als Stätten der Kreativität und Begegnung zur Verfügung gestellt werden) und in die Restaurierung der Baudenkmäler der Innenstadt. Der Akzent lag auf Nachhaltigkeit, u.a. beim Projekt „Lille 3000“ (einer Kulturbiennale, mit der die Stadt alle zwei Jahre die Langzeitwirkungen des Kulturhauptstadtjahres 2004 sichtbar macht), beim neugebauten futuristischen Viertel Euralille und beim TGV-Bahnhof mit den Hochgeschwindigkeitszügen nach Paris, Brüssel und London. Die in Lille erzielten Struktureffekte sind der „Palmerstudie“ zu entnehmen, die die Auswirkungen der Kulturhauptstadtjahre 1995 – 2004 untersuchte. Lille war übrigens die erste Stadt, die die Region eines Nachbarlandes (das belgische Kortrijk) in ihr Konzept einbezog. Liverpool (2008) Liverpool litt vor 2008 unter sozialen Spannungen zwischen den Bevölkerungsgruppen und unter großer Arbeitslosigkeit. Dank der erfolgreichen Bewerbung wurde Liverpool mit seinen Museen und anderen Ausstellungsstätten – nach London die zweitgrößte britische Stadt – wieder zu einem internationalen Tourismusmagneten. Eine Reihe von bedeutenden öffentlichen und privaten Projekten wie Albert Docks, Liverpool One, Arena, Kongresszentrum, Tate Modern, The Beatles Story und Liverpool Museum symbolisieren die strukturellen Veränderungen in der Stadt. Durch Restaurierung und Wiederbelebung des alten Hafenviertels Albert Docks mit Unternehmensansiedlungen, Hotels, Restaurants und Kultureinrichtungen wurde die gesamte Skyline verbessert und wird Liverpool als gastfreundlich und einladend erlebt. Die Universität Liverpool hat die Auswirkungen des Kulturhauptstadtjahres 2008 umfassend untersucht und nachgewiesen, dass die Kulturhauptsstadt 2004-2008 zu 8 Prozent Wirtschaftswachstum geführt und 9,8 Millionen zusätzliche Gäste in die Stadt gebracht hat, mit einem wirtschaftlichen Wert von 953 Millionen Euro. Von den Besuchern der Stadt stammten 2,6 Millionen aus Europa und der übrigen Welt (97 Prozent davon besuchten Liverpool zum ersten Mal). Nach Meinung der Unternehmer wurde das Image der Stadt grundlegend gestärkt und zu einer „World Class City“ aufgewertet, wovon die Wirtschaft profitiert. Die Wirkungen von Ruhr 2010 sind in einer Studie der Europäischen Kommission nachzulesen. Es wurde eine Reihe von Struktureffekten erzielt. Ruhr 2010 hat eindrucksvoll demonstriert, wie die Kultur zur Lösung sozialer und wirtschaftlicher Aufgaben beitragen kann. Es gelang, das Image von 53 Städten nachhaltig zu verbessern und sich insgesamt als Metropolregion zu profilieren. Auf die Marke Metropole Ruhr wird auch künftig gebaut. Die Besucherzahl im „Ruhrpott“ ist um 13,4 Prozent gestiegen, unter anderem durch große Projekte wie Emscher Park (Gewässerinfrastruktur in Kombination mit Kultur), Zeche Zollverein (Umnutzung von industriellem Erbe), dem Folkwang-Museum und Großveranstaltungen, die beispielsweise wie das Projekt „Extraschicht“ fortgesetzt werden. Essen (2010) Wichtigste Zielsetzung von Ruhr 2010 war, sich als Region zum ersten Mal in Europa als Metropole Ruhr zu präsentierten und dies auch die Einwohner so erfahren zu lassen. Essen hat sich mit Kulturveranstaltungen im ganzen Ruhrgebiet und mit seinen Kultureinrichtungen als vitale Industriestadt und als europäisches Dienstleistungsund Handelszentrum mit einer großen studentischen Population darstellen können. Börsennotierte Konzerne wie ThyssenKrupp, RWE, Hochtief, EON-Ruhrgas hatten Geld und Personal in den Erfolg der Europäischen Kulturhauptstadt 2010 investiert und konnten sich als Inbegriff der Wirtschaftskraft des Ruhrgebiets empfehlen. Strukturelle Impulse Kulturelle Hauptstadt Lille Liverpool Essen Maastricht & Euregio Kulturelle Hauptstadt 2004 2008 2010 2018 Besucher Anzahl Aktivitäten Investitionen Struktureffekte Einw.-Zahl Ballungsr. Studenten Hebelwirkung 9 Mio. 2.500 74 Mio. Euro Lille 3000 1,9 Mil. 110.000 6 9,8 Mio. 7.000 130 Mio. Pfund Albert Docks 1,4 Mil. 50.000 6 10,5 Mio. 5.500 62 Mio. Euro MetropoleRuhr 5,3 Mil. 178.000 6 8 Mil. n.t.b. 80 Mil. euro Euregio en Infra 3,9 Mil. 115.000 6 10 5 O R GA N I S AT I O N , F I N A N Z I ER U N G U N D ER GEBN I SSE Impulsen an der Schnittstelle von Kultur und Wirtschaft Zunahme der Übernachtungen Bei der Analyse der Auswirkungen einer Kulturhauptstadt Maastricht & Euregio 2018 wird von einer voraussichtlichen Steigerung der Übernachtungen von 10 auf 20 Prozent ausgegangen. Die Folgen der Bewerbung wären in großen Teilen unserer Euregio Maas-Rhein spürbar. Die ganze Euregio wird in das Programm einbezogen. Dadurch sollen Gäste bewegt werden, alle beteiligten Städte und Regionen zu besuchen, sodass sie mehr als nur einen Tag in der Euregio verweilen. Daraus leitet sich die erwartete Zunahme der Übernachtungszahl um 10 Prozent auf 20 Prozent ab. Ausländische Besucher im Blick Der Anstieg der Kennziffern für mehrtägige Aufenthalte von 10 auf 20 Prozent wird möglich bei einem attraktiven Programm quer durch die Euregio (nicht nur in Maastricht) und bei maßgeschneiderten integralen Reiseangeboten, die von einem ab 2013 operativen euregionalen Fremdenverkehrsamt (Project Tiger) gefördert werden sollen. Marketing und PR werden sich sowohl auf die eigene Euregio als auch stark auf das Ausland richten. Das ist wichtig, weil der Tourismussektor in Südlimburg mit verminderten Inlandsausgaben zu kämpfen hat. Immerhin kommen 80 Prozent der Besucher bisher aus den Niederlanden. Eine wichtige Voraussetzung für diese Prognosen ist, dass die öffentlichen Verkehrsverbindungen innerhalb der Euregio in Teilen verbessert werden. „Die Kristallherstellung ist ein Spiel mit Licht. Anlässlich des Kulturhauptstadtprojekts wollen wir eine gesonderte Produktionslinie einrichten, für die wir gemeinsam mit Künstlern aus der Euregio Objekte zum Thema Maastricht & Euregio2018 schaffen, um in einer neuen Serie von Kreationen den speziellen Brechungsindex des Kristalls in reine Schönheit zu verwandeln.“ Eric Christiaens, Generaldirektor Val Saint-Lambert Auswirkungen einer Europäischen Kulturhauptstadt Maastricht Ausgaben Organisation und Besucher – Szenario II: 8 Millionen Besuche Ausgaben Organisatio – Programmetat – sonstige operative Ausgab 80 Millionen Euro Ausgaben Besucher – eintägig – mehrtägig 504 Millionen Euro* € 224 Millionen Euro € 280 Millionen Euro Besucheranzahl – eintägig – mehrtägig € 8 Millionen € 6,Millionen (80%) € 1,6 Millionen (20%) Ausgaben Besucher (durchschnittl.) – eintägig – mehrtägig € 63 Euro € 35 Euro € 175 Euro Verhältnis der Besucherausgaben zu Ausgaben der Organisation ~ 6.3 Ausgabeneffecte Besuche Durchschnittl. Ausgaben (€) 220 200 € 175 180 160 140 120 100 80 60 € 35 40 20 0 gesamt Q MWSt Q Einkäufe Q Attraktionen Q Gaststätten Q Restaurant und café Q Unterkunft zweitägig dreitägig Nicht- Hotelgäste Hotelgäste Hotelgäste eintägig 10 6 Engagement der Wirtschaft Angesichts der Erfahrungen ehemaliger Europäischer Kulturhauptstädte und der zu erwartenden Erträge hat das Vorhaben für die euregionale Wirtschaft beträchtliche Bedeutung. Es müssen nun die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass die Wirtschaft die skizzierten Chancen erkennt und rechtzeitig nutzt. Ziel ist somit, die Wirtschaft zu einem aktiven Engagement zu bewegen, damit die Unternehmen das Potenzial der Bewerbung erkennen O R GAN I SATI O N , FI N AN Z I ER U N G U N D ER GEBN I SSE 5. Ab Ende 2012 wird ein Thinktank aus führenden Persönlichkeiten verschiedener Wirtschaftszweige zusammentreten, der in regelmäßigen Sitzungen die Möglichkeiten der Interaktion zwischen Wirtschaft und der Stiftung Kulturhauptstadt 2018 prüft. Es laufen Bemühungen, zehn große, 100 mittlere und 1.000 kleine Unternehmen thematisch an aktuelle wirtschaftliche Fragen der Region bzw. an die ausgewiesenen Schwerpunktsektoren der regionalen Wirtschaftspolitik zu koppeln. Dabei wird natürlich auch an den Freizeitsektor und die Kreativindustrie gedacht. Win-win-Situation. In der momentanen Krisenzeit bemüht sich die Wirtschaft intensiv um höhere Effizienz und eine strukturelle Neuausrichtung. Ein „simples“ Sponsoring (etwa unter dem Vorbehalt, dass erst einmal 2014 der Titel Kulturhauptstadt hereingeholt sein muss) passt nicht mehr in diese Zeit. Die Wirtschaft muss sich schon jetzt am öffentlich-privaten Finanzierungsmodell beteiligen. Höhepunkte In der ersten Phase (2011-2013) ging und geht es dabei um mehrere Anlässe: 1. Organisation des TefafBusinessMeeting 2011, bei dem fünf euregionale Industrieund Handelskammern eine Absichtserklärung Maastricht & Euregio 2018 unterzeichneten. Zur weiteren Vorgehensweise finden regelmäßig Gespräche mit den Kammern statt. 2. Mit führenden Konzernen aus der Euregio wurde Kontakt aufgenommen, um Win-Win-Situationen sowohl für die Unternehmen als auch die Kulturhauptstadt zu sondieren, auch im Hinblick auf eine Rolle der Euregio Maas-Rhein als Versuchslabor. Außerdem wird ein Beitrag der Stiftung Elisabeth Strouven in Höhe von 1,2 Millionen Euro zur Verstärkung der Partizipation am Kulturhauptstadtprojekt verwendet. 3. Aufforderung an die Verbände der mittelständischen Wirtschaft, die Unternehmen über die Kulturhauptstadtpläne zu informieren. Am 5. September 2012 fand ein erstes Meeting solcher Unternehmen statt. Im Oktober 2012 wird auf dem Chemelot-Gelände ein Kongress zu den Verbindungen zwischen Kultur und Wirtschaft durchgeführt. 4. Außerdem werden 2013 Zusammenkünfte organisiert, bei denen unternehmerische Fragen im Mittelpunkt stehen, etwa „Was bringt es mir?“ oder „Was kann mein Unternehmen dazu beitragen?“ Wirtschaftliche Impulse Die Studie „Wirtschaftlicher Wert der Kultur in der Euregio Maas-Rhein“, die die MKW Wirtschaftsforschung im Auftrag der Provinz Limburg 2008 durchgeführt hat, weist nach, dass Investitionen in die Kultur zu Mehreinnahmen führen, Stellen schaffen und einen erheblichen positiven Beitrag zu Innovation, Bildung und Standortklima in Limburg leisten. Die Studie belegt außerdem, dass der Kultursektor in der Provinz Limburg schneller wächst als die übrigen Wirtschaftssektoren und dass die Kreativindustrie konjunkturunabhängig ist. In der Euregio sind im Kultur- und Kreativsektor mehr als 28.000 Unternehmen mit etwa 122.000 Arbeitsplätzen und einem Umsatz von über 8 Milliarden Euro jährlich tätig. Für den Kultur- und Kreativsektor ist eine Vielzahl von Mittel-, Klein- und Kleinstunternehmen chrakteristisch. Die Unternehmen im Kultur- und Kreativsektor machen in der niederländischen Provinz Limburg 12,3 Prozent der Gesamtanzahl der Unternehmen aus. Ihr Anteil an der Gesamtbeschäftigung beläuft sich auf 5,2 Prozent. Ähnliches gilt für das deutsche Gebiet der Euregio, wo der Anteil solcher Unternehmen 13,9 Prozent beträgt und der Anteil an der Gesamtbeschäftigung 5,2 Prozent. Wir erwarten, dass in der Kreativwirtschaft durch gezielte Maßnahmen und durch Zusammenarbeit mit dem Bildungsbereich und der regulären Wirtschaft ein struktureller Impuls von 10 Prozent möglich ist. Wir profitieren von einem großstädtischen Standortklima mit guter kultureller Infrastruktur, so dass in- und ausländische Wissensarbeiter hier interessante Lebens- und Arbeitsbedingungen vorfinden. Maastricht würde als Europäische Kulturhauptstadt der erwünschte Katalysator sein, der Kultur und Wirtschaft verbindet. Atzo Nicolaï, Direktor DSM Nederland Mode kennt keine Grenzen. Das wollen wir zusammen mit den Kollegen aus der Euregio konkret sichtbar machen, wenn Maastricht und die Euregio 2018 Kulturhauptstadt werden. Stijn Helsen, Designer, unter anderem der Bekleidungslinie des belgischen Olympiateams in Zusammenarbeit mit der Modekette JBC, der Schuhfabrik Ambiorix, dem Radsportbekleidungshersteller Bioracer und der Provinz Belgisch-Limburg: 10 7 O R GA N I S AT I O N , F I N A N Z I ER U N G U N D ER GEBN I SSE Was bringt es, Kulturhauptstadt Europas zu sein? Die Erfahrungen ehemaliger Kulturhauptstädte Europas und die Studien zu den Chancen unserer Kandidatur haben nach sorgfältiger Abwägung zu den folgenden Ausgangspunkten als Rahmen für die Bewerbung Maastricht und der Euregio Maas-Rhein als Kulturhauptstadt Europas 2018 geführt: 1. Kein Einjahresfestival, sondern ein Programm für fünf Jahre (2015 bis 2019) mit nachhaltigen und notwendigen Impulsen für den Wandel der Stadt und der Euregio von einer Industrie- in eine Wissensregion mit angenehmen Lebensbedingungen, guten öffentlichen Verkehrsverbindungen und enger Zusammenarbeit (vor allem der Kultureinrichtungen). 2. Kultur als entscheidender Hebel und als Bindemittel, die die Phantasie beflügelt und Innovationen stimuliert, ein kritisches Nachdenken über Kultur sowie deren Übertragung in den Alltag, um so breite Unterstützung in der Bevölkerung zu erreichen. Dabei stellt die Umsetzung auf der Ebene von Stadt, Euregio und Europa die große Herausforderung dar. 5. Attraktive Ansätze und Angebote für die Kreativwirtschaft mit strukturell höheren Beschäftigungsmöglichkeiten in der Branche (um ca. zehn Prozent). 6. Attraktiveres Lebens- und Arbeitsklima und Verbesserung der Bedingungen für den Zuzug von ausländischen (Wissens )Arbeitern, vor allem zur Stärkung der „Brainports“. 3. Mindestens acht Millionen Besucher und eine Verbesserung des Verhältnisses zwischen ein- und mehrtägigen Besuchen von einem Verhältnis von 90 Prozent : 10 Prozent auf 80 Prozent : 20 Prozent durch ein attraktives und anspruchsvolles Programm in der gesamten Euregio und durch eine dauerhaft um 10 Prozent höhere Belegungsrate der Hotels nach 2019. 7. Ein kooperatives Finanzierungsmodell mit verbindlicher Beteiligung des öffentlichen Sektors und mit nachweislicher Beteiligung der Wirtschaft nach der Verleihung des Kulturhauptstadttitels. Ausgegangen wird dabei von Win-Win-Situationen und einer dauerhaften Scharnierwirkung zwischen Kultur und Wirtschaft. 4. Jeder investierte Euro bringt mindestens sechs Euro an Einnahmen. Bei einem geplanten Etat von 80 Millionen Euro sind das direkte Einnahmen in Höhe von fast 500 Millionen Euro. Schätzung der Besucherzahlen und Übernachtungen 2015 bis 2019 in der Euregio und deren Verteilung: 4.800.000 1.728.000 1.200.000 400.000 400.000 144.000 2015 1.200.000 432.000 432.000 144.000 2016 Euregio Maas-Rhein Verteilung Besucher Übernachtungen 2017 2015 5% 400.000 144.000 2018 2016 2017 5% 15% 400.000 1.200.000 144.000 432.000 2018 60% 4.800.000 1.728.000 2019 2019 15% 1.200.000 432.000 Totaal 100% 8.000.000 2.880.000 10 8 HOOFDSTU K 7 : Kommunikation erzeugt Bewegung Als Kulturhauptstadt Europas haben Maastricht & Euregio 2018 die Chance, die menschliche Seite Europas sehen zu lassen. Dabei geht es um Verbindungen, gemeinsame Geschichte, Alltag, kulturelle Vielfalt und tief verwurzelte gemeinsame Werte. Maastricht & Euregio 2018 will die Werte, die Europa ausmachen, in Ton, Inhalt und Strategie der Kommunikation sichtbar machen, in einem persönlichen Dialog mit den Menschen. Maastricht & Euregio 2018 will die Menschen anspornen, zu unserem wichtigsten Kommunikationsmittel zu werden. Mit einer Bevölkerung von 3,9 Millionen Europäern kann sich die Euregio auf die gemeinsame Kommunikationskraft der Einwohner, Städte und Regionen eines großen, oft besuchten, zentral gelegenen Gebietes stützen. Wir wollen eine Bewegung hervorrufen, durch die sich die Menschen als Teil von etwas Großem, Sinnvollem fühlen, das allen, die hier leben oder als Gäste zu uns kommen, einen Mehrwert darstellt. Herzen kommunizieren besser als Megafone Zusammenarbeit mit den regionalen Medien garantiert großes Engagement Wenn sich Menschen begeistern, wollen sie sich gern mitteilen. Die Einwohner der Region können einen Dominoeffekt auslösen, indem sie ihre Freunde und Verwandten ebenso mobilisieren wie ihre Bekannten aus dem Urlaub, aus dem Arbeitsumfeld, von Austauschprogrammen der Schulen und Universitäten oder aus den vielen viralen sozialen Netzen in aller Welt. Indem Politiker und andere Akteure persönlich angesprochen und eingeladen werden und durch den Start einer Partizipationsbewegung, sollen möglichst viele Menschen als Botschafter von Maastricht & Euregio 2018 gewonnen werden. Mit der großen Partizipationskampagne „Tout Maastricht“ entsteht dafür schon seit 2011 ein Fundament. Starke Kommunikationskraft Maastricht & Euregio 2018 kann sich auf eine ideale lokale Medienlandschaft stützen. Wenn wir mit den örtlichen Medien kommunizieren, bedeutet das automatisch, dass wir auf europäischer Ebene kommunizieren – nämlich in drei Ländern! Bei allen Partnern der Bewerbung gibt es eigene Zeitungen, Rundfunk- und Fernsehsender. Und über das euregionale Portal werden Informationen aus der ganzen Euregio ausgetauscht. Die Zusammenarbeit mit renommierten regionalen Zeitungen wie ‚De Limburger‘, ‚Het Belang van Limburg‘, ‚La Meuse‘, ‚Grenz-Echo‘ und ‚Aachener Zeitung/Aachener Nachrichten‘ garantiert eine lebhafte Beteiligung unserer 3,9 Millionen Einwohner. Maastricht & Euregio 2018 erreicht dank der vielen Fremdenverkehrsämter unserer Partner ein viel größeres Publikum, als eine Stadt alleine ansprechen könnte. Sie sorgen heute schon dafür, dass 120 Millionen Mal ein Weltbürger mit einer ihrer Publikationen, Webseiten oder touristischen Kampagnen in Berührung kommt. Jede Region ist durchschnittlich auf 80 Veranstaltungen oder Touristikmessen vertreten, was insgesamt 320 Präsentationen entspricht. So traten beispielsweise mehrere Designer im Namen der belgischen Provinz Limburg 2012 während des „Salone de Mobile“ im Triennale-Gebäude in Mailand in Erscheinung. Studierende Die circa 115.000 Studenten aus aller Welt tragen zur internationalen Atmosphäre der Euregio bei. Ihre Kontakte zu Freunden und Verwandten in der Heimat sind ein wichtiger Kanal für unsere internationale Kommunikation. Wir wollen uns an diese Studenten wenden, indem wir einen Studenten- und Dozentenaustausch zwischen der Euregio Maas-Rhein, Malta und anderen Euregios anbieten und sie zu Botschaftern der Kulturhauptstadt machen. Die Stu- dierenden vor Ort wollen wir einbeziehen, indem in den Lehrplan Themen aufgenommen werden wie Studien über die Kultur der Euregio und Europas. Sie sollen sich 2018, wenn sie ihr Studium abgeschlossen haben, weiter für den europäischen Kulturgedanken und die Kultur der Euregio MaasRhein einsetzen. Außer den Studenten der Universitäten sind natürlich auch die Studierenden der (Kunst ) Hochschulen und wichtiger internationaler Ausbildungseinrichtungen wie des United World College und der europäischen Instituten Quellen der Kommunikation gefragt. Kommunizieren ohne Barrieren Kultur ist das Fundament für eine inklusive Gesellschaft, für eine Gesellschaft, in der jeder zu seinem Recht kommen kann, in der physische, materielle und geistige Barrieren überwunden werden, so dass alle Menschen partizipieren. Wir wollen möglichst vielen den Zugang zu unserem Programm und zu unseren Aktivitäten ermöglichen. Das heißt, wir entscheiden uns für eine inklusive Kommunikation, die praktische, soziale, finanzielle und physische Hindernisse beseitigt. Über Vermittler und durch Schaffung neuer persönlicher Gruppen, in denen sich Menschen angenommen fühlen, helfen wir dem Publikum, soziale Barrieren zu überwinden wie etwa fehlende soziale Einbettung oder fehlende Identifikation. Wir verschaffen Zugang zu Informationen, die sonst für 10 9 KO MMUN I K AT I O N bestimmte Gruppen unzugänglich wären. Um auch Menschen mit körperlichen und geistigen Behinderungen einzuschließen, werden wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, ihre Teilnahme zu gewährleisten. Das beginnt bei angepassten Webseiten, angepassten Anfangszeiten für ältere Mitbürger und endet noch lange nicht bei Zugangsrampen für Rollstuhlfahrer und Induktionsschleifen für Gehörlose. Auch unsere ehrenamtlichen Helfer werden wir möglichst entsprechend ausbilden und wir werden eng mit den Behindertenverbänden zusammenarbeiten. Außerdem sind Fortbildungsmaßnahmen vorgesehen, um mit sozial Schwachen einfühlsam und verständlich kommunizieren zu können. Gemeinsam mit den beteiligten Organisationen und der Plattform „Eine Euregio für jeden und Kultur für jeden“ wird im Dialog ein umfangreiches Aktionsprogramm erstellt. Wichtig ist darüber hinaus, dass wir Behinderungen nicht als Hindernis, sondern als Chance sehen, denn in Europa gibt diese Gruppe 2,5 Milliarden Euro für barrierefreie touristische Initiativen aus. Maastricht und seine Partner bereits früher verpartnert haben (z.B. Chengdu, die Hauptstadt der Provinz Sichuan in Zentralchina). --Parks der Inspiration Wir sind auf der Suche nach neuen Formen, Menschen poetisch und emotional zu berühren, beispielsweise mit 15 sogenannten „Parks der Inspiration“, verteilt über Maastricht & Region. In solchen sehr besonderen und für die Euregio typischen Parks werden wir Orte vorbereiten, an denen Menschen einander mitteilen können, was sie inspiriert: ein Gedicht, ein Satz ihrer Großmutter, ein Foto oder eine Zeichnung eines anderen, ein Gemälde, ein Film, Reisefotos, Musik oder Erinnerungen. Die Parks können für andere (beispielsweise Künstler und Designer) zu einer Inspirationsquelle und einem Ort des Staunens werden. Einer dieser Bereiche in den Parks könnte von Maltesern gestaltet werden – und ein solcher Bereich könnte auch in Malta entstehen. Außerdem werden die „Parks der Inspiration“ auch virtuell im Internet geschaffen. Kommunizieren in vielen Sprachen Die Grenzen verblassen, jedenfalls in Europa, aber die Sprache stellt oft ein schwer zu überwindendes Hindernis dar. Deshalb strebt Maastricht & Euregio 2018 danach, in vielen EU- und Nicht-EU-Sprachen zu kommunizieren. Die Sprachenvielfalt in unserem Team und in unserer Region hat seit Beginn unserer Bewerbung dafür gesorgt, dass wir mehrsprachig arbeiten können. Das Bewerbungsteam kommuniziert in Niederländisch, Deutsch, Französisch und Englisch. Den gleichen Ansatz verfolgen wir auch in der Öffentlichkeitsarbeit, indem wir möglichst in der jeweiligen Sprache kommunizieren. Dabei rechnen wir auf die weitere technische Evolution, denn 2017 wird die Übersetzungstechnologie noch viel weiter sein. Wir mobilisieren Einwohner mit ausländischen Wurzeln, um diese Übersetzungen in sogenannten „Crowds“ zu korrigieren, ähnlich wie bei Wikipedia. Für Französisch, Deutsch, Niederländisch, Englisch und Spanisch verfügen wir in unserer Organisation selbst über Mitarbeiter für Übersetzungen und Organisation. Euregio-Bewohner mit türkischen, marokkanischen, polnischen und italienischen Wurzeln werden hinzugezogen, um mit Verwandten hier und anderswo in ihrer Heimatsprache zu kommunizieren. Für die Kommunikation in Chinesisch und Russisch werden kulturelle Kooperationen eingegangen, für Russisch im Anschluss an das Russlandjahr 2013 und für Chinesisch gemeinsam mit den Provinzen und Städten, mit denen sich --Jederzeit konsistent kommunizieren Schwerpunkt des Kapitels ist das Kulturhauptstadtjahr selbst. Aber unser Leitbild gilt für alle Kommunikationsphasen in den Jahren vorher und nachher. Der Präsentation der ersten Bidbook-Fassung im Theater in Maastricht am 7. März 2012 wohnten 900 Gäste bei. Sie wurde im Regionalfernsehen live übertragen. 2008 – 2013 Unterstützung aufbauen 2014 – 2017 Bewegung stimulieren Im ersten Jahr haben wir auf drei Ebenen an der Unterstützung für die Bewerbung gearbeitet. Universitäten und Schulen wurden über Studienprojekte und Sondierungen in den Prozess eingebunden. Auch Medienexperten und Künstler wurden für Erkundungen und neue Werke aktiviert. Die Teilnahme der Öffentlichkeit manifestierte sich in den vielen freiwilligen Helfern bei Veranstaltungen und in den vielen Vorschlägen zur Bewerbung. Der Dialog mit Entscheidungsträgern und Behörden führte zu festen Beteiligungszusagen. Der gesamte Prozess wurde mithilfe von Internetauftritten, Newslettern und sozialen Medien transparent gestaltet. In mehreren Phasen wurde die Bewerbungsschrift (das Bidbook) in Zeitungsform der Öffentlichkeit, dem Sektor und den Partnern vorgestellt. Wenn die Wahl für 2018 auf Maastricht & Euregio fällt, aktivieren wir sofort alle Kommunikationsinstrumente, um Bewegung zu erzeugen, Freiwillige zu gewinnen, Identifikation zu fördern und die Unterstützung noch auszuweiten. Programmplanung, Talentförderung, Engagement und Partizipation sind in dieser Phase die großen Aufgaben. 2017 – 2019 Publikum gewinnen In dieser Phase geht es nicht nur um Werbung für Programm und Besuche, sondern auch um ein geteiltes Leitbild und geteilte Werte im europäischen Kontext. Einer Auswahl charakteristischer Bilder, die für die verschiedenen Programmlinien stehen, werden Statements entgegengesetzt, um zu Fragen zur Identität und zum Erleben dieser Identität herauszufordern, beispielsweise anhand des Gemäldes Woher kom- men wir? Wer sind wir? Wohin gehen wir? von Paul Gauguin. Die Bilder und Statements laden ein, sich mithilfe der neuen und der gedruckten Medien und durch Besuch und Partizipation selbst auf die Suche nach Antworten zu machen. 2019 – 2029 Nachhaltigkeit schaffen Schon während des Kulturhauptstadtjahres kümmert sich ein gemischtes Team um die Nachhaltigkeit der Ergebnisse, um die Auswirkungen und Effekte im Kultursektor, in der Region und der Gesellschaft dauerhaft zu verankern. 110 KO MMU N I KATI O N Geteilter digitaler Kulturraum Maastricht & Euregio 2018 will einen geteilten digitalen Kulturraum schaffen, der eine „transnationale Lebensweise“ in der Euregio stimuliert. Dafür muss der Zugang zu Informationen vereinfacht und vor allem interessanter und intelligenter gestaltet werden. Neben dem physischen und mentalen Raum entsteht so ein virtueller Raum mit den Kernwerten Partizipation, Verbindungen, Nachhaltigkeit und Offenheit. Das gemeinsame Ziel der Kandidatur von Maastricht & Euregio 2018 bildet die Grundlage für den Aufbau einer Plattform mit integriertem Ko-Kreationsprozess. Die Plattform bietet die Möglichkeit, die vorhandene kulturelle Infrastruktur und ihre Netzwerke sichtbar zu machen, auszubauen und zu verstärken. Wir schaffen Raum für Information, Identifikation und kulturelle Dynamik durch das Teilen von Information und Expertise, durch die Entwicklung von „BuddySystemen“ zur gegenseitigen Information über Grenzen hinweg sowie durch die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage, so dass grenzüberschreitende kulturelle Kooperationsbeziehungen wachsen und sich gegenseitig verstärken können. Für Einwohner und Besucher Die Schaffung eines gemeinsamen kulturellen Raumes ist nicht nur wichtig, um den kulturellen Reichtum der Region für die Bevölkerung sichtbar zu machen. Auch für die Besucher muss eine Erschließung der Kulturschätze in der Euregio in einfacher Form möglich sein. Auf den einzelnen Nutzer zugeschnittene Kunst- und Kulturangebote sind machbar durch Kopplung an sein Verhalten, seine Vorlieben und seine Netzwerke. Aber auch das Teilen und Verbreiten von Inhalten im sozialen Netz zufälliger Besucher oder die Wiederverwendung und Umgruppierung von Inhalten sind möglich. Beim Spazierengehen hat man so mittels Handy Zugang zu Informationen über die Umgebung, über Aufführungen, Restaurants, Denkmäler oder über nahegelegene Orte von besonderer Bedeutung. Es wird gewissermaßen eine Datenschicht über die physische Wirklichkeit gelegt, zu der man Zugang über das Internet hat und die der Wirklichkeit entsprechend den Umständen oder den Vorlieben des Nutzers Bedeutung zuweist. Physische Umgebung mit Mehrwert Dank der Technik besteht die Möglichkeit, eine Reihe von „Gegenwerten“ zu liefern – keine beschränkten Angaben wie „was, wo und wann“, sondern angereicherte Informationen, die zu einer Vertiefung einladen und helfen können, mehr historisches Bewusstsein zu erzeugen, beispielsweise durch Verbindung mit Kulturerbeinformationen. Das kulturelle Feld hat hier eine große Chance, denn es verfügt über einen Schatz an interessantem Wissen, mit dem die physische Umgebung an Bedeutung gewinnt, beispielsweise historische Fakten, Kunstwerke, Foto- und Filmmaterial, Musik oder Ankündigungen kultureller Aktivitäten. Grenzüberschreitend Wifi teilen Für Maastricht & Euregio stellt der grenzüberschreitende Charakter der Bewerbung eine große Herausforderung dar. Für ausländische Besucher bietet diese Herausforderung besondere Möglichkeiten. Mit der Schaffung eines umfassenden Netzes aus lokalen, privaten Wifi-Punkten, ergänzt um die Netze der Partner, erreichen wir einen kostenlosen, grenzüberschreitenden Internetzugang. Beim Wifi-Teilen wird Gebrauch von sogenannten „Homespots“ gemacht, gewissermaßen die Heimvariante der bekannten öffentlichen Wifi-Hotspots. Im Prinzip geht es darum, dass das Modem eines Benutzers zwei Wifi-Signale ausstrahlt: eines für den privaten und eines für den öffentlichen Gebrauch. Partizipation mit „Crowdfunding“ Eine Partizipation über Zweiwege-Kommunikation wird eine der größten Herausforderungen für unser Projekt. Die Öffentlichkeit beteiligt sich über Feedback, Scoring, Sharing, aber auch Funding. Mit unserem Crowdfunding-Projekt werden Bündnisse zwischen Künstlern und Publikum geschmiedet. Diese Form der Öffentlichkeitspartizipation wollen wir für das Nebenprogramm einsetzen und auf diese Weise eine Plattform zur Stimulierung junger, nichtorganisierter Talente schaffen. Den digitalen „Crowds“ schließen sich Sponsoren an, die diese Communities fördern. Die Möglichkeit, uns mit den Herausforderungen um uns herum aktiv auseinanderzusetzen, macht aus uns allen nicht nur Konsumenten, sondern Ko-Produzenten von Kunst und täglicher Wirklichkeit. --Digitale Hilfe bei Entscheidungsstress Virtuelles Kulturerleben Eine neue Erscheinung ist das virtuelle Kulturerleben, bei dem das Wohnzimmer zur Bühne wird. Dieser Trend wird heute schon weltweit von unabhängigen alternativen Künstlern, aber auch von führenden Opernhäusern genutzt. Er ersetzt traditionelle Veranstaltungsbesuche nicht, bietet jedoch neue Erlebniswerte. Eine andere Entwicklung ist die Verbindung zwischen virtueller Kunst und einem physischen Raum, den das Publikum aufsucht. Über Internet und Smartphones erlebt das Publikum virtuelle Kunstwerke, wobei die Handlungen und der Aufenthaltsort des Publikums das Erleben steuern. Maastricht & Euregio 2018 betrachtet das Internet nicht nur als Kommunikationsinstrument, sondern es soll auch aktiv als Kunstplattform eingesetzt werden. Im Anschluss an unser orientierendes Gespräch über ein mögliches Livestreaming von Veranstaltungen der Kulturhauptstadt Maastricht 2018 kann ich sagen, dass YouTube immer nach Contentpartnern Ausschau hält, die für unsere Nutzer einen Gewinn darstellen. Gemeinsam mit YouTube wird nach der Vergabe des Titels geprüft, wie Maastricht & Euregio 2018 seine Inhalte über Catch-up oder – wenn die Kriterien stimmen – über Livestreaming zur Verfügung stellen kann. Pascal van Laere, Projektmanager YouTube: Die Allgegenwart kultureller Informationen auf Smartphones und ähnlichen Geräten in Echtzeit bedeutet, dass immer mehr und immer schneller Entscheidungen getroffen werden müssen. Ein erheblicher Teil der erwerbstätigen Bevölkerung kann jedoch wegen des wachsenden Freizeitdrucks nur noch an vorab geplanten Veranstaltungen teilnehmen, bei denen man unbedingt dabei sein will. Bedarf an Labelling Das Publikum sucht nach Höhepunkten und nach Vertiefung, für die es normative Informationen und „Labelling“ erwartet. Daher besteht der Bedarf an Verfahren, die uns den Weg in der unermesslichen Informationsfülle des Internet zu finden helfen. Dafür werden intelligente Systeme benötigt, die Inhalten und Daten einen bestimmten Stellenwert zuordnen. Selektive Communities Wir wollen das Internet einsetzen, um für das Publikum den Entscheidungsstress und das Informationsüberangebot zu reduzieren. Die Informationen in den herkömmlichen sozialen Medien sind oft durch ihre schiere Menge unübersichtlich. Maastricht & Euregio 2018 möchte die Communities beherrschbar machen. Dabei handeln mir im Einklag mit dem gesellschaftliche Trend, dass der Einzelne auf der Suche nach einem „Community-Gefühl“ selbst bestimmen will, wer zu seiner Community gerechnet werden darf. 100 Famous-Playlist Um diese Communities zu bedienen, lancieren wir eine „100 Famous-Playlist“, wobei hundert einflussreiche Twitterer aus Maastricht und der Euregio das Publikum in den sozialen Medien durch das Angebot führen. --GPS online-game Wir wollen gemeinsam mit der Fernuniversität Heerlen ein GPS-gestütztes Online-Game für Mobiltelefon und Tablet entwickeln. Studenten können ihre persönlichen Interessen und ihre Studienrichtung eingeben. Auf dieser Grundlage läuft das Maastricht & Euregio 2018-Game personalisiert ab. Über Kopfhörer und Sensoren wollen wir „Brainwaves“ an Ruhe ausstrahlende und erholsame Orte oder gerade an ein aktives, quirliges Umfeld koppeln. 111 KO MMUN I K AT I O N Mehrschichtige Kommunikationsstrategie Dank der Digitaltechnik werden andere Ausdruckformen möglich, verändert sich die Rolle der Kultureinrichtungen und nehmen Publikum und Benutzer einen immer wichtigeren Platz ein. Die Zukunft gehört der Bottom-up-Kulturkommunikation. 3.900.00 Einwohner der Euregio einbeziehen Die Einwohner der Euregio Maas-Rhein fühlen sich gegenwärtig noch zu wenig mit ihrer Euregio verbunden. Der Titel Kulturhauptstadt Europas ist eine riesige Chance, die Euregio als starke Marke zu positionieren und ein neues Gefühl der Verbundenheit zu generieren. Die 3.900.000 Einwohner der Euregio einbeziehen Die Partnerstädte und regionen von Maastricht & Euregio 2018 sind mit ihren 3,9 Millionen Einwohnern die primäre Zielgruppe. Sie können sich umstandslos zu einer Partizipation entschließen. Maastricht & Euregio 2018 kann somit auf ein großes Heimpublikum rechnen. Wenn wir berücksichtigen, dass im Allgemeinen 90 Prozent der Kulturhauptstadtbesucher aus der eigenen Region kommen, ist dies ein eindeutiger Vorteil für maximale Partizipation. Die Bevölkerung identifiziert sich wegen ihrer Heimatverbundenheit mit dem Kulturhauptstadtprojekt. Das ist ein wichtiges Motiv für eine Beteiligung. Durch Nutzung des breiten Spektrums der internen Medien und Partizipationsschienen werden ein großer Teil der Öffentlichkeit und die Mehrzahl der Entscheidungsträger als Botschafter von Maastricht & Euregio 2018 einbezogen. Wir wollen, dass sie eine neue Sicht auf Grenzen gewinnen, und zwar nicht mehr aus geografischer Perspektive, sondern als emotionale Grenzen die durch Entfernungswahrnehmung, Sprache, Zeit und eventuelle Hindernisse bedingt werden. Es geht darum, wie solche Grenzen und Barrieren überwunden werden können. Tagesausflügler und Durchreisende Maastricht & Euregio 2018 will nicht nur Tagestouristen anziehen (70 Millionen Menschen leben in einer Entfernung von weniger als 2,5 Fahrstunden), sondern auch Besucher mit längerer Anreise, die in der Euregio übernachten, und schließlich Besucher, deren Reiseziel Städte wie Paris oder Brüssel sind und die unterwegs Maastricht und seine Partnerstädte besuchen. Wir wollen mindestens 800.000 Besuche von Gästen erreichen, die minimal einmal übernachten. Das ist 10 Prozent der Besucheranzahl aus unserem Businessplan. Zusammen mit den Fremdenverkehrsämtern werden wir das Profil dieser Besucher ermitteln. Eine wichtige Aufgabe ist es, sie über die vielen Wahlmöglichkeiten zu informieren. Hierbei können thematische Angebote und Erkundungsrouten in Verbindung mit einem längeren Aufenthalt eine Lösung sein. Um diese Gruppe anzusprechen, konzentriert sich Maastricht & Euregio 2018 auf die eigenen Fremdenverkehrsämter und die landesweiten Medien der drei beteiligten Länder in Verbindung mit dem innovativen Einsatz der digitalen Medien. Kurzbesucher aus aller Welt in die Euregio locken Durch die touristische Attraktivität der Partnerstädte von Maastricht & Euregio 2018 wird im Verlauf unseres Projekt eine große Anzahl Besucher in die Euregio MaasRhein kommen. Sie dürften mehrere Tage mit dem Hauptziel in unserer Region verweilen, einer oder mehreren Veranstaltungen von Maastricht & Euregio 2018 beizuwohnen. Das Kennenlernen der Kulturhauptstadt wird für diese Zielgruppe eine angenehme Überraschung sein. Sie bilden eine zweite Zielgruppe von 800.000 Besuchern, die sich mehrere Tage in der Euregio aufhalten dürften. Zusammen mit den Durchreisenden sind das 1,6 Millionen mehrtägige Besucher (oder 20 Prozent der insgesamt acht Millionen zusätzlichen Gäste). Die großen Linien unseres Projekts und unseres Programms stehen im Mittelpunkt der von uns vermittelten Botschaft, denn sie stellen den stärksten Anreiz dar. Es werden spezifische Partnerschaften mit der Touristikwirtschaft eingegangen. Dabei denken wir an die Kooperation mit Verkehrsunternehmen und dem Hotelwesen. Besucher aus aller Welt, die die benachbarten Großstädte bereisen, werden angenehm überrascht sein zu entdecken, dass die Europäische Kulturhauptstadt in Reichweite liegt. Wir wollen daher Partnerschaften mit großen touristischen Magneten wie Paris, Brüssel, Frankfurt oder Amsterdam eingehen. Eine wichtige Rolle in unserer Strategie für diese Zielgruppe spielen Pressemitteilungen sowie Partnerschaften mit digitalen Medien, mit anderen Euregios und mit transnationalen Partnern. --Zusammenarbeit mit anderen Euregios Maastricht & Euregio 2018 will die anderen Euregios anregen, mit uns das Kulturkapitel des Vertrags von Maastricht neu zu schreiben. Wir wollen vergleichbare Euregios zu Themen, die mit unserer Bewerbung in Zusammenhang stehen, in unseren Prozess einbeziehen, so dass wir diesen verstärken, Wissen und Erfahrung austauschen und das neue Kulturkapitel auf eine breitere Basis europäischer Unterstützung stellen können. --Mit Malta Hand in Hand Malta stellt 2018 neben den Niederlanden die zweite Kulturhauptstadt Europas. Maastricht & Euregio 2018 wird die Kulturhauptstadt auf Malta in seiner Kommunikation berücksichtigen und auf Tourismusmessen und Präsentationen in Europa mit Malta zusammenarbeiten. Dazu gehört auch die Werbung für das Kulturprogramm Maltas in den nordeuropäischen Ländern. Gleichzeitig würde Malta für das Kulturprogramm 2018 der Euregio in Südeuropa werben und bei der Suche nach Kooperationspartnern in den Mittelmeerländern behilflich sein. Durch Austausch im Laienkunstbereich wird die Kommunikation konkret und greifbar. So besucht der berühmte Chor Mastreechter Staar als Botschafter von Maastricht & Euregio 2018 in der ersten Hälfte des Jahres 2013 Malta. --Kombination KulturKulinarik Die Vorliebe für gutes Essen ist ein gemeinsamer Zug der Menschen an Maas und Rhein. Typisch für die Euregio ist, dass auch einfachste Gaststätten anspruchsvolle Gerichte servieren. Wir werden gemeinsam mit den Restaurants und Gaststätten unserer Euregio Essen und Kultur miteinander verbinden. Mit einer Kampagne in den Fernsehsendern des euregionalen Kooperationsverbunds und in den lokalen Printmedien werden Restaurants aufgefordert, entweder ein „Menu à la 2018“ zu kreieren oder Mahlzeiten anzubieten, die sich auf eine bestimmte Veranstaltung beziehen. Das Publikum kann dann online bzw. per E-Mail über die teilnehmenden Restaurants und deren Angebote abstimmen und eine Reise nach Malta als Botschafter von Maastrichts & Euregio 2018 gewinnen. 112 KO MMU N I KATI O N Stakeholder und Zielgruppen Beteiligung bedeutet Engagement. Partizipation ohne Engagement ist nicht mehr als ein Ritual, bei dem das Publikum Statist in einem Stück ist, zu dem es keinen Beitrag leisten will. Zielgruppen lassen sich für Maastricht & Euregio 2018 nicht soziodemografisch etikettieren. Mit einer Zielgruppe besteht eine Wechselbeziehung, bei der die Kulturhauptstadt sich bemüht, die Interessen der Zielgruppe zu respektieren, ja zu bereichern. Sehr wichtig ist, dass Maastricht & Euregio 2018 nicht nur steuert und dirigiert, sondern dass alle Besucher, Partner, Einrichtungen, Unternehmen, Vereine und Künstler – kurzum alle Stakeholders – vom Kulturhauptstadtvirus infiziert werden. Dadurch entsteht spontane Kommunikation über, Identifikation mit und Partizipation an Maastricht & Euregio 2018. MTV verfolgt mit großem Interesse die euregionale Kandidatur von Maastricht 2018. Jugendliche, Kultur und die Wechselbeziehungen zwischen beiden ist uns Herzenssache. Für MTV ist eine weitreichende Zusammenarbeit eine große Herausforderung und Chance. Wir unterstützen die Bewerbung und prüfen, wie wir uns nach der Vergabe konkret zusammen an die Arbeit machen können. Lucas van der Eerde, Vizepräsident BE VIACOM Benelux Stakeholders verlegen Grenzen Für uns ist ein Stakeholder ein jeder, der an der Bewerbung ein Interesse hat oder sich daran beteiligt. Wenn wir jemanden als Stakeholder ansprechen, zeigt das, dass wir Wert auf eine Wechselbeziehung legen. Kommunikation mit Stakeholdern ist ein Dialog, ist aktive Partizipation. Faktisch haben wir mehr als 3,9 Millionen Stakeholder. Einige unserer Stakeholdergruppen sind: – der ganze Bereich des professionellen Kunstschaffens – der Bereich der Laienkünstler und Laienschaffenden – Politiker, Beamte und andere Entscheidungsträger – die Wirtschaft (große, mittlere und kleine Unternehmen) – Universitäten und Kunsthochschulen – Grundschulen, Sekundarschulen und Hochschulen – die Bevölkerung und die Entscheidungsträger in Malta – die anderen Euregios – die Expo 2017 in Lüttich – religiöse Gruppen – Migranten und Migrantenorganisationen – Minderheiten – Jugendklubs, Sportvereine, andere Vereine – Bürgerinitiativen – Organisationen des Tourismusgewerbes – Presse und andere Medien – die europäische Administration – Geschäfte, Hotels, Gastronomie – Verkehrsunternehmen und Verkehrsverbünde – NGOs, freie Initiativen. Maastricht & Euregio 2018 will außerdem spezielle Aktivitäten für „Decision Makers“, „Influencers“ und „Guides“ jenseits unserer Grenzen starten, so dass die Unterstützung für die Kulturhauptstadt Europas auf ganz Europa ausgedehnt wird. Zielgruppen werden zu Bewegungen Unser Thema Europa wiederentdecken stützt sich auf gemeinsame Sprachen, Erinnerungen und Sehnsüchte. Maastricht & Euregio 2018 nutzt seine Kommunikationskanäle, um bestimmte Gruppen zu mobilisieren. Aber wir tun mehr. Wir wollen durch unsere Zielgruppen auch ein Statement abgeben, sie zu Partizipanten, zu einer Bewegung machen. Génération Maastricht Die jungen Menschen, die seit der Unter- zeichnung des Maastrichter Vertrages geboren wurden (1992), sind der rote Faden unserer Bewerbung. Diese Zielgruppe will nicht mehr auf herkömmliche Weise angesprochen werden. Deshalb suchen wir nach Wegen, sie in einer Form und mit Inhalten zu erreichen, die ihnen die Entwicklung eigener Netze, eigener Interpretationen und Ansätze zum Thema „Europa der Menschen“ ermöglichen. Jugendliche überbrücken die Sprachgrenzen mühelos in universellem Englisch und verbinden eine nicht-hierarchische Weltanschauung mit einem ausgeprägten Bewusstsein für persönliche Werte. Die dritte Welle Die dritte Welle besteht aus den Strömen der Migranten, die sich in den letzten 50 Jahren hier niedergelassen haben – nach der ersten Zuwanderungswelle aus dem Inland und der zweiten Welle aus Süd- und Osteuropa. Mit ihnen wollen wir einen ebensolchen kulturellen Austausch erreichen, wie mit den Zuwanderern vor ihnen. Der kulturelle Dialog wird gegenwärtig noch durch die Integrationsdebatte behindert, aber Kultur ist auch eine Antwort auf diese Debatte. Summer of Love Die geburtenstarken Jahrgänge, die Ende der 60er Jahre überall in Europa einen Paradigmenwechsel herbeiführten, werden heute kritisch gesehen, weil sie mehr als alle anderen die Vorteile des Wohlfahrtsstaats genießen konnten. Es besteht der Eindruck, dass sie noch immer an ihrer bevorrechtigten Position festhalten wollen. Sie gehören zur Babyboomgeneration, die sich langsam aus dem Berufsleben zurückzieht. Wir wollen diese Gruppe in die Debatten der anderen Generationen wieder einbeziehen, sie so in eine neue Verantwortung einbinden, die auf den Werten aufbaut, die in der Zeit des «Summer of Love“ so wichtig waren. Ehrenamtliche Helfer Für die Jahre 2017, 2018 und 2019 planen wir, ein Programm für rund 1.500 ehrenamtliche Helfer ins Leben zu rufen, die ihre Energie und Freizeit einbringen, um Maastricht & Euregio 2018 für Besucher und Bevölkerung zu einem Erfolg zu machen. Der erste Schritt, diese große Gruppe von Kommunikatoren zu gewinnen und die in alle Teile der Euregio ausschwärmen, wird der Start einer Kampagne zur Werbung Freiwilliger sein. Von ehemaligen Kulturhauptstädten Europas haben wir gelernt, dass ein ehrenamtliches Programm oft gut ankommt und für alle Interessierten eine willkommene Gelegenheit ist, an einem solchen Projekt mitzuwirken. Freiwillige können Orientierung bieten, bei der Umsetzung des Programms helfen --Kommunizieren mit der Génération Maastricht Für Jugendliche wie die der Generation Maastricht ist Kommunikation eine horizontale, nicht-hierarchische Wechselbeziehung. Kommunikation darf den Menschen nicht aufgezwungen werden, sondern sie müssen die Gelegenheit haben, ihre Informationen auszuwählen, anstatt damit überflutet zu werden. Der größte Fehler, den man machen kann, ist zu glauben, in das Kommunikationsverhalten der Jugendlichen eingreifen, es organisieren zu können. Maastricht & Euregio 2018 kann bestenfalls danach streben, für diese Generation möglichst attraktiv zu sein. Es geht dabei um Transparenz und Relevanz. Offenheit gegenüber der Subkultur ist geboten, gegenüber dieser vielschichtigen und bunten Welt mit sich schnell verändernden Interessen. Für den Fall, dass Maastricht & Euregio 2018 Kulturhauptsstadt werden, wurde mit MTV eine Partnerschaft vereinbart, in deren Rahmen der Sender für das Ereignis mittels einer Serie spezieller Clips und Spots wirbt. MTVMitarbeiter aus ganz Europa besuchen dann die Kulturhauptstadt und berichten darüber. Ein wichtiger Vorteil von MTV ist außerdem, dass dieser Sender besser als jeder andere die Grenzen von Hautfarbe und Abstammung überwindet. oder behinderte und ältere Gäste unterstützen. Wo immer Freiwillige mit freundlichem Lächeln den Gästen weiterhelfen, wird die Euregio als Kulturhauptstadt Europas ein Gesicht bekommen. 113 KAPITEL 8 : Infrastruktur 2018 Die größte Herausforderung im Bereich Infrastruktur und Erreichbarkeit besteht für Maastricht und die Euregio Maas-Rhein im Hinblick auf die Kulturhauptstadt Europas 2018 darin, dass die Euregio bis an ihre Grenzen zwar gut erreichbar ist, dass aber die öffentlichen Verkehrsverbindungen zwischen den teilnehmenden Partnerstädten derzeit unzureichend sind. Es ist für die Region wichtig, dass frühzeitig geeignete Maßnahmen getroffen werden, um die Erreichbarkeit innerhalb der Euregio bis zum Jahr 2018 strukturell zu verbessern und um auf die erwarteten Besucherströme vorbereitet zu sein. Insbesondere für Maastricht sind definitive Entscheidungen zu treffen (voraussichtlich im Dezember 2012), die für die Aufnahmekapazität der Stadt während des Kulturhauptstadtjahres notwendig sind. Das betrifft sowohl die öffentlichen Verkehrsmittel als auch die Verteilung der Parkmöglichkeiten über die wichtigsten Veranstaltungsstandorte in und außerhalb der Stadt (Park&Walk bzw. Park&Ride). Die Verbesserung des öffentlichen Verkehrs in der Euregio und eine bessere Erreichbarkeit und höhere Aufnahmekapazität für die Besucher der Städte, vor allem in Maastricht, sind übrigens auch ohne die Kandidatur als Kulturhauptstadt Europas erforderlich. Die Bewerbung hat jedoch zweifellos eine Katalysatorfunktion. 114 I N FR ASTR U KTU R Erreichbarkeit Per Flugzeug Maastricht und die Euregio Maas-Rhein sind aus dem Ausland gut erreichbar. In einem Umkreis von 150 Kilometern um Maastricht gibt es acht Flughäfen. Im Hinblick auf die Erreichbarkeit von internationalen Flughäfen aus liegt die Euregio strategisch äußerst günstig. Die internationalen Flughäfen Schiphol, Zaventem, Düsseldorf und Frankfurt bieten Anschlüsse an so gut wie alle internationalen Luftverkehrsrouten. Über die regionalen Flughäfen Eindhoven, Weeze und Charleroi – jeder zählt etwa 2,5 Millionen Fluggästen im Jahr – sind auch viele vor allem europäische Ziele direkt erreichbar. Die Flughäfen Maastricht-Aachen und Lüttich-Bierset sind kombinierte Cargo- und Charterflughäfen mit etwa 300.000 Fluggästen pro Jahr. Der überwiegende Teil des Charterflugverkehrs konzentriert sich auf die Sommermonate. Eine intensivere ganzjährige Nutzung der vorhandenen Flughafenkapazitäten scheint möglich und würde – in Verbindung mit einer besseren Anbindung über den öffentlichen Nahverkehr – die Erreichbarkeit der Region (während des Kulturhauptstadtjahres 2018) deutlich verbessern. Pauschalangebote zusammen mit verschiedenen Fluggesellschaften könnten die Erreichbarkeit weiter steigern, so dass dem internationalen Publikum ideale Voraussetzungen geboten wären, nach Südlimburg und in die Euregio zu reisen. Die niederländische Provinz Limburg wird sich gemeinsam mit den Flughäfen und Stakeholdern für ein stärkeres Wachstum der Unternehmensansiedlungen auf und um die Flughäfen einsetzen. Dies gilt insbesondere für die Flughäfen Maastricht-Aachen und Lüttich im Hinblick auf die internationalen Besucher sowohl der EXPO 2017 als auch der Europäischen Kulturhauptstadt in Maastricht und der Euregio 2018. Vielversprechend ist der kürzliche Beschluss von Ryanair, den Flughafen Maastricht-Aachen als regionales Luftdrehkreuz zu positionieren. Ryanair will schrittweise die europäischen Ganzjahresziele ausbauen. Per Zug, Straßenbahn und Bus Heutige Verkehrsinfrastruktur Erreichbarkeit der Euregio Die Euregio ist gut erreichbar. Wer in der Umgebung der Euregio wohnt, kann die Bahn benutzen. In jedem Gebiet der Euregio bestehen gute Anbindungen an das (eigene) nationale Schienennetz. Erreichbarkeit innerhalb der Euregio Die verschiedenen öffentlichen Nahverkehrsnetze in der Euregio schließen bei Reise- und Fahrplanauskünften, Tarifen und Fahrkarten noch nicht nahtlos aneinander an. Jede Verkehrsgesellschaft hat ihre eigenen Systeme, Beförderungsbedingungen und Zuständigkeiten. In den kommenden Jahren wird die euregionalen Zusammenarbeit weiter voran gebracht. Eine Harmonisierung der Verkehrsnetze ist mit Blick auf die Kulturhauptstadtbewerbung Maastricht & Euregio 2018 unerlässlich. Bahnverbindungen Maastricht ist mit dem Zug über die Bahnhöfe Maastricht Centraal und Maastricht Randwyck (Kongresszentrum MECC) erreichbar. Maastricht Centraal ist der Startund Zielbahnhof für mehrere regionale, nationale und internationale Verbindungen. Über Regionallinien sind u.a. Heerlen, Roermond, Sittard und Weert zu erreichen. Auf nationaler Ebene ist Maastricht mit Amsterdam direkt verbunden (zweieinhalb Stunden bis Maastricht). Lüttich ist per ICE direkt mit Paris (Gare du Nord) verbunden bei einer Reisezeit von 2 Stunden und 10 Minuten. Aachen und Lüttich werden an die ICE-Linie nach London angebunden. Aus Belgien ist Maastricht weniger gut erreichbar. Ab Brüssel fährt seit dem 11. Dezember 2011 zehnmal täglich ein IC über Lüttich nach Visé, das 17 Kilometer von Maastricht entfernt liegt. Darüber hinaus verkehrt zwischen Lüttich und Maastricht einmal in der Stunde ein Lokalzug (L-Zug) mit guten Anschlüssen an die IC-Verbindung. Eine schnelle Intercity-Verbindung 8 Flughäfen in 1 Stunde Reisezeit MaastrichtAachen Brüssel Weeze Eindhoven Charleroi Lüttich Düsseldorf Köln-Bonn Bron: Policy Research Corporation Aken 2:24 2:05 0:24 1:12 2:01 Genk 2:25 0:17 1:40 2:39 0:54 Hasselt 2:06 0:17 1:21 2:20 0:22 Straßenbahnverbindungen Nach Belgisch-Limburg besteht bisher keine Zugverbindung. Über den Bau einer S-Bahnverbindung Hasselt-Maastricht wird jedoch noch vor Ende 2012 entschieden (Spartacus-Linie). Busverbindungen Die Busverbindungen innerhalb der Euregio sind relativ gut. Doch während die durchschnittliche Fahrzeit zwischen den Städten der Euregio mit dem Pkw etwa 30 Minuten beträgt, sind die Reisezeiten mit dem Bus deutlich länger, vor allem auf den Anschlussverbindungen zwischen Maastricht und Belgisch-Limburg. Erreichbarkeit mit dem Fahrrad Reistijd binnen de Euregio met de trein (2011) Aken Genk Hasselt Luik Maastricht Tongeren zwischen Brüssel/Lüttich und Maastricht besteht bisher nicht. Vom IC-Bahnhof in Eupen gibt es eine direkte Verbindung nach Lüttich und über Welkenraedt nach Aachen. Von Deutschland aus ist Maastricht unter anderem über die folgenden Verbindungen erreichbar: Köln-Lüttich-Maastricht (2 Std.), Köln-Aachen-Heerlen-Maastricht (2,5 Std.), Düsseldorf-Herzogenrath-Heerlen-Maastricht (2¼ Std.), Viersen-Venlo-RoermondMaastricht (1,5 Std.). Die grenzüberschreitenden innerregionalen Bahnverbindungen sind somit, wie aus der Übersicht unten zu entnehmen, noch nicht gut genug ausgebaut und erfordern lange Reisezeiten (mehrmaliges Umsteigen und lange Fahrzeiten). Nach wie vor ist es der Wunsch der Region, dass bis spätestens 2017 regelmäßige IC-Verbindungen zwischen Eindhoven-Heerlen-Aachen sowie Eindhoven-Maastricht-Lüttich entstehen. Tabelle 1: Fahrzeiten mit der Bahn innerhalb der Euregio (2011) Luik 0:23 1:39 1:20 0:30 1:09 Maastricht 1:12 2:39 2:20 0:29 2:16 Tongeren 2:02 0:54 0:22 1:07 2:16 Seit den frühen 90er Jahren entstand in der Euregio ein Netz von Knotenpunkten, das eine leichte Orientierung ermöglicht. Nach und nach wurde daraus ein ganzes System von Wegen, Beschilderungen, Karten und touristischer Infrastruktur, das nicht nur die Städte, sondern auch die sehenswerten Landschaften erfasst. Die Verbesserung und Erweiterung des Radwegenetzes stehen in der Euregio weiterhin auf der Tagesordnung. Außerdem wird durch den Umbau der Vennbahn-Trasse (INTERREG-Projekt) zwischen Aachen und Luxemburg die Euregio in das Europäische Radwegenetz (Eurovelos) aufgenommen. In diesem Zusammenhang liegt dem Bewerbungsbüro VIA2018 ein Vorschlag für ein Schienenprojekt vor, in dessen Rahmen geprüft wird, ob alte, nicht mehr genutzte Schienenwege in der Euregio als Radwege mit wirtschaftlichem und tou- 115 I N F R A S T R U K T UR ristischem Charakter genutzt werden können. Ereichbarkeit mit dem PKW Maastricht Mit dem Pkw ist Maastricht über die Autobahnen A2, E25 und A79 zu erreichen. Die A2 verbindet als zentrale Verkehrsachse Maastricht mit den Großstädten der Niederlande (Eindhoven, Utrecht, Amsterdam) und mündet im Süden in die E25 Richtung Lüttich, wo Autobahnen aus anderen Teilen Belgiens zusammentreffen. Die A79 verbindet Maastricht mit Heerlen und geht dann in die E314 Richtung Aachen über. Ab Aachen können über verschiedene Autobahnverbindungen andere Großstädte in Deutschland angefahren werden. Ergänzend zu den Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr soll auch im Mietwagenverkehr die Nachhaltigkeit gefördert werden. Gemeinsam mit privaten Partnern wird an einem Modell für ein auf mehrtägige Aufenthalte zugeschnittenes Mietwagenangebot gearbeitet. Durch die relativ kurzen Entfernungen soll sich das Fahren mit Elektroautos lohnen und etwa durch kostenlose Parkplätze attraktiver gemacht werden (wie derzeit in der Innenstadt von Hasselt getestet). Die Förderung unterschiedlichster (öffentlicher) nachhaltiger Verkehrsmittel soll zu einem Aushängeschild der energiebewussten und immer „grüner“ werdenden Euregio werden. Rio-Projekt, Madrid A2-Projekt, --- Maastricht Euregio Untertunnelung der A2 in Maastricht: ein europäisches Vorzeigeprojekt Auch die übrige Euregio ist mit dem Pkw gut erreichbar. Die E313 verbindet Lüttich über Tongeren mit Hasselt und darüber hinaus mit Antwerpen. Die E314 führt von Aachen über die Parkstad (Heerlen), Maastricht und Genk nach Löwen (und Brüssel). Die E40 verbindet Brüssel über Lüttich und Aachen mit Köln und die E42 führt von Lille/Namen über Lüttich nach Bitburg. An verschiedenen Stellen dieser Trassen wird in eine verbesserte Erschließung und eine bessere Verkehrskapazität der Straßen investiert (unter anderem Kreuz Lummen und Außenring Parkstad). Die Reisezeiten zeigen, dass die Städte innerhalb der Euregio am schnellsten mit dem Auto zu erreichen sind. Anfang 2017 sollen die Baumaßnahmen an der A2 in Maastricht abgeschlossen sein. Dann wird die A2 auf einer Länge von 2,3 km durch einen Tunnel führen, so dass die anliegenden Stadtviertel rund um einen begrünten Boulevard mit 200 Linden als zentraler Achse auf nachhaltige Weise entwickelt werden können. Das A2-Projekt gilt neben dem Rio-Projekt in Madrid – wegen der hohen Qualitätsanforderungen an den öffentlichen Raum – als europäisches Vorzeigeprojekt. Bei beiden Projekten hat der niederländische Landschaftsarchitekt Adriaan Geuze Bahnbrechendes geleistet. Die Infrastrukturvorhaben sollen oberirdisch ein attraktives Wohnumfeld ermöglichen. Grundlage der Auftragsvergabe in Maastricht war ein Festpreis. Den Zuschlag erhielt der Bieter mit dem besten PreisLeistungs-Verhältnis. Für die Übergabe 2017 sind zwei Großereignisse geplant: ein internationaler Kongress zum Thema „Urbane Infrastruktur und öffentlicher Raum“ und eine Großveranstaltung für die Stadtviertel. --Schiffsverbindung LüttichMaastricht Die Maas ist von besonderer Bedeutung für die Euregio. Mit dem Bau des Juliana-Kanals und des Albert-Kanals wurden Wasserstraßen nach Lüttich und Rotterdam einerseits und Antwerpen andererseits geschaffen.Für den Personenverkehr zwischen Lüttich und Maastricht in den Jahren 2017, 2018 und 2019 kann diese Wasserstraße eine gute Lösung sein. Fahrzeiten mit Pkw innerhalb der Euregio (2011) Quelle: Policy Research Corporation Aachen Aachen Genk Hasselt Lüttich Maastricht Tongeren 0:38 0:54 0:24 0:31 0:55 Genk 0:38 0:17 0:43 0:27 0:32 Hasselt 0:53 0:17 0:38 0:37 0:22 Lüttich 0:23 0:45 0:38 0:29 0:31 Maastricht 0:32 0:26 0:36 0:26 0:29 Tongeren 0:55 0:31 0:22 0:30 0:30 116 Neue öffentliche Verkehrsverbindungen Geplante Verbesserungen im öffentlichen Nahverkehr innerhalb de Euregio Spartacus-Linie Mit dem Spartacus-Plan soll der öffentliche Nahverkehr in Belgisch-Limburg (und Maastricht) verbessert werden, so dass ein leistungsfähiges Regionalverkehrsnetz mit guten Anschlüssen zwischen Zügen, S-Bahnen und Schnellbussen an strategisch gewählten Knotenpunkten entsteht. Dadurch werden die Reisezeiten (mit öffentlichen Verkehrsmitteln) deutlich kürzer und verkehren häufiger öffentliche Verkehrsmittel. Der erste Schritt soll die Inbetriebnahme der Light-Rail-Verbindung zwischen Hasselt und Maastricht (34 Minuten) im Jahr 2017 sein. Hochgeschwindigkeitsverbindung Aachen-Lüttich Auch an einer Verbesserung des öffentlichen Verkehrs von und nach Aachen wird gearbeitet. Durch Inbetriebnahme der Hochgeschwindigkeitsverbindung Aachen-Lüttich konnte 2009 die Fahrzeit zwischen diesen beiden Städten auf weniger als eine halbe Stunde reduziert werden. Auch der kürzlich umgebaute Bahnhof Lüttich-Guillemins, der einer der Prunkstücke der EXPO 2017 I N FR ASTR U KTU R werden soll, wird dazu beitragen, Bahnreisen auf dieser Strecke attraktiver zu machen. hung der Gesamtfahrzeit werden die Züge auch an mehreren Zwischenhaltestellen stoppen. Thalinx S-Bahn-Verbindungen Der Thalinx, die geplante IC-Verbindung ab Eindhoven und Maastricht über Heerlen nach Lüttich und Aachen soll die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs auf dieser Strecke erhöhen. Die Verbindung schließt Limburg an das belgische und deutsche ICE-Netz an und bietet Reisenden die Möglichkeit, in Lüttich und Aachen in die Hochgeschwindigkeitszüge nach London oder Paris umzusteigen. Eine solche Verbindung wird auch zwischen dem Brainport Eindhoven und dem RWTH-Campus in Aachen gebaut. Einen weiteren wichtigen Schritt hat die Provinz Niederländisch-Limburg gemeinsam mit den beteiligten Städten kürzlich gesetzt. Die niederländische Regierung wurde aufgefordert, mit Vorrang gute grenzüberschreitende Verbindungen zu schaffen, die eine Anbindung an die ICEBahnhöfe Aachen/Lüttich und später Düsseldorf ermöglichen. In den beiden größten Städten der Euregio, Aachen und Lüttich, gibt es konkrete Pläne für eine neue Schnellstraßenbahn mit Anbindung an das Euregionetz. Avantis-Linie Auch die Avantis-Linie, deren Bau vor Kurzem beschlossen wurde und die Kerkrade über den Gewerbepark Avantis mit Aachen verbinden soll, bietet neue Möglichkeiten für den öffentlichen Nahverkehr in der Euregio und insbesondere für eine Verbindung zwischen dem Gewerbepark und dem RWTH-Campus. Bei geringfügiger Erhö- Modellregion für E-Mobilität Die Regio Aachen will sich in den kommenden Jahren zu einem international anerkannten Kompetenzzentrum und einer Modellregion für E-Mobilität entwickeln. Um dieses Ziel zu erreichen, hat die Regio Aachen ein hochwertiges, kooperierendes Netzwerk für Forschung und Entwicklung, Ausbildung und Wirtschaft geschaffen. Zugänglich für Behinderte Die öffentliche Nahverkehrsinfrastruktur soll im Hinblick auf die Zugänglichkeit für Behinderte verbessert werden. Das alles soll die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel während des Kulturhauptstadtjahres 2018 wesentlich erhöhen. Nichtsdestotrotz sind Anstrengungen für die schnelle Umsetzung dringend erforderlich. Maastricht & Euregio 2018 würde eine Unterstützung von europäischer Seite sehr begrüßen . Zudem wäre es sinnvoll, die Möglichkeiten für die Erteilung einer grenzüberschreitenden Konzession für den Busnahverkehr zu prüfen. 1 Der am 19. Oktober 2011 von der Europäischen Kommission eingebrachte Vorschlag über ein Finanzinstrument für Projektanleihen, die „Connecting Europe Facility“, ermöglicht eine teilweise Absicherung gegen die Risiken von Investitionen in grenzüberschreitende Infrastruktur und erleichtert (und beschleunigt) deren Bau. Derzeit liegt der Entwurf noch beim Rat der Europäischen Union und beim Europäischen Parlament. Erst nach deren Entscheidungen wird klar sein, ob grenzüberschreitende Infrastrukturprojekte in der Euregio (z.B. Teile des an das Strukturkonzept Maastricht 2030 gekoppelten Umsetzungsprogramms), die bisher nicht in die vorläufige Liste der Europäischen Kommission aufgenommen waren, dieses Finanzinstrument in Anspruch werden nehmen können. 117 I N F R A S T R U K T UR --- P&R Parkplätze: Garantie für den Zugang zu Großveranstaltungen, Beispiel Maastricht Weil sich innerhalb der Euregio ein Ziel am schnellsten per Pkw erreichen lässt, ist dieser meist das bevorzugte Verkehrsmittel. Das hat Folgen für das Parkplatzangebot in den Städten. Insbesondere in Maastricht ist das Parken bereits heute ein Problem. Innerhalb des Stadtrings stehen gut 7.000 Stellplätze zur Verfügung, außerhalb des Stadtrings weitere 5.000 , davon etwa 2.200 am Kongresszentrum MECC und etwa 1.800 auf sogenannten Park&Walk (P&W)-Parkplätzen. Auf ihnen kann man unbegrenzt und günstig parken und von ihnen aus ist die Maastrichter Innenstadt in etwa zehn Gehminuten zu erreichen. Insgesamt stehen damit 12.000 Stellplätze in der Maastrichter Innenstadt und deren unmittelbarer Umgebung zur Verfügung. Darüber hinaus plant Maastricht auf dem Industriegelände Beatrixhaven den Bau eines Park&Ride-Parkplatzes mit 500 bis 1.000 Stellplätzen. In das Strukturkonzept der Stadt Maastricht wurde ferner der Plan für den Bau zweier großer Parkplätze im Westen der Stadt aufgenommen (neben den zwei bereits bestehenden Parkplätzen im Osten Maastrichts). Es ist wichtig, Parkmöglichkeiten und Kulturschwerpunkte gut miteinander zu verbinden. Konkret sollen am Rand der Maastrichter Innenstadt im Dreieck Belvedère/Tapijn/Céramique die Stellplätze verdichtet werden, damit über Park&Walk die gesamte Innenstadt erschlossen werden kann. Das ist eine der dringendsten Strukturmaßnahmen für Maastricht 2018. Geht man von 3,5 Millionen zusätzlichen Besuchern während der Kulturhauptstadt-Veranstaltungen in Maastricht im Jahr 2018 aus, ist das eine Zunahme um fast 20 Prozent im Vergleich zu den Besucherzahlen der Maastrichter Innenstadt in den vergangen Jahren. Eine allgemeine Zunahme der Besucherzahl um 20 Prozent, verteilt über ein Jahr, würde bedeuten, dass statt 15 Tagen mit über 8.400 zusätzlichen Autos in den Parkhäusern (den bekannten Spitzenbesuchertagen) mehr als 100 solcher Spitzentage pro Jahr zu erwarten sind! Es ist offensichtlich, dass weitere strukturelle Maßnahmen getroffen werden müssen, sowohl zur Ausweitung der Kapazitäten als auch als Anreiz für Besucher, andere Verkehrsmittel zu nutzen. Bereits geplante Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur tragen im Übrigen zu einer verringerten Parkdichte bei. Man denke zum Beispiel an den in Bau befindlichen Tunnel der A2, die geplante Verlegung an der Westseite der Noorderbrug, das Transferium Beatrixhaven, die Park&Walk-Parkplätze im Viertel Belvédère, an der Tapijn-Kaserne und am Bahnhof Wyck, den Bau der Spartacus-Linie (S-Bahn Maastricht-Hasselt), den Ausbau des grenzüberschreitenden öffentlichen Verkehrs nach Lüttich und Aachen, die intensivere Nutzung des Flughafens Maastricht-Aachen oder an den Ausbau der Verbindungen zu den großen Flughäfen Düsseldorf und Brüssel. P&R P1 P2 P3 P4 P&R Stand 2018 Auto RAIL + halte BUS P+R P Nieuwe P-locatie P1 Bosscherveld P2 Franciscus Romanusweg P3 Tapijn P4 Randwyck Centraal stedelijk gebied Verkeerslichtvrije l.v. route Maastrichter Parkplatzkonzept 2018 7 4 2 5 1 6 3 Maastrichter Strukturperspektive, Stand 2018 1 Maastricht Kulturhauptstadt 2018 2 A2 Maastricht 3 Randwyck-Nord 4 Verlegung der Zufahrt Noorderbrug und Gebietsentwicklung Belvédère 5 S-Bahn Hasselt-Maastricht 6 Tapijn-Kaserne 7 Beatrixhafen Stand 2018 Investeren publieke ruimte Herstructurering 118 I N FR ASTR U KTU R Chancen und Notwendigkeiten des Tourismus Touristische Infrastruktur 2 Im Hinblick auf die EXPO 2017 sind die Hotels in Lüttich dabei, die Kapazität um mehrere hundert Zimmer zu erweitern. Auch für Maastricht scheint eine Steigerung der Kapazität um (höchstens) mehrere hundert Zimmer sinnvoll (im Hinblick auf die Vollauslastung im Kulturhauptstadtjahr 2018 sowie im Hinblick auf die strukturell höher bleibende Kapazitätsauslastung danach). Bei 200 bis 250 zusätzlichen Zimmern in Maastricht (wodurch der geschätzte Belegungsgrad langfristig bei 70% liegen wird) bedeutet dies, dass im Jahr 2018 750 bis 800 Zimmer außerhalb von Maastricht benötigt werden. Südlimburg und große Teile der Euregio Maas-Rhein sind seit Langem beliebte Reiseziele. Sie locken mit ihren Landschaften, ihrer Kultur, ihren Städten mit internationaler Ausstrahlung (allen voran Maastricht), ihrer Gastronomie und den zahlreichen Einkaufsmöglichkeiten, kurzum mit Lebensqualität. Der Kulturtourismus und die Anziehungskraft der Euregio Maas-Rhein genießen international noch nicht voll die verdiente Wertschätzung. Es bieten sich indes Möglichkeiten, die Euregio neu und besser zu profilieren. Falls Maastricht & Euregio 2018 Kulturhauptstadt Europas wird, bietet sich eine ausgezeichnete, aber auch dringend notwendige Chance, dem Tourismus und der touristischen Infrastruktur nachhaltige Impulse zu verleihen. Anhand von Vergleichsstudien über die Erfahrungen unter anderem in Liverpool und Essen wird davon ausgegangen, dass die Euregio im Zeitraum 2015-2019 etwa acht Millionen zusätzliche Besucher erwarten kann. Maastricht & Euregio 2018 will sein Programm so ausrichten, dass mit 6,4 Millionen Tagestouristen (80 Prozent) und 1,6 Millionen Mehrtagestouristen (20 Prozent) zu rechnen ist. Bei den mehrtägigen Aufenthalten wird davon ausgegangen, dass 20 Prozent davon zweitägig und 80 Prozent dreitägig sind. 25 Prozent der Besucher wird auf Campingplätzen und in Ferienparks, der überwiegende Teil aber in Hotels, Jugendherbergen/ Pensionen und B&B-Unterkünften übernachten. Daraus folgt ein durchschnittlicher Verbleib von 1,8 Nächten pro Gast (entspricht dem landesweiten Durchschnitt), wodurch in der Euregio 2,88 Millionen zusätzliche Übernachtungen anfielen. Der Tourismus bietet viele Arbeitsplätze und hat große Auswirkungen auf das Image von Stadt und Region. Die Freizeitwirtschaft ist, wenn richtig angepackt, eine wichtige Säule für die integrale Gebietsentwicklung und die Aufwertung der Landschaft und ist ein Träger wirtschaftlicher Investitionen. Auch für längere Geschäftsaufenthalte ist ein attraktives Kulturangebot wichtig. In der niederländischen Provinz Limburg werden beispielsweise pro Jahr fast eine Million Übernachtungen von niederländischen Geschäftsleuten gebucht, wobei Maastricht als das attraktivste Ziel für Geschäftsreisen gilt. Doch diese Zahlen sind rückläufig! In Bezug auf die Euregio insgesamt ist festzustellen, dass die Städte vor allem Tagestouristen anziehen, während in ländlichen Gegenden mehrtägige Aufenthalte häufiger sind. Die Hotelauslastung liegt, von Ausnahmen abgesehen, unter dem nationalen Durchschnitt (bei etwa 60 Prozent). In der Summe kann das aber auch positiv ausfallen. So zum Beispiel für die Region Südlimburg, die im Jahr 2010 den stärksten Zuwachs bei innerniederländischen Urlaubsreisen verzeichnete (+15 Prozent) und damit nationaler Spitzenreiter war. Die Gesamtzahl der innerniederländischen Urlaubsreisen ist im Vergleich zum Jahr 2009 jedoch leicht rückläufig und auch die Prognosen für diesen Tourismusbereich sind wenig vielversprechend. Die Inlandsausgaben betragen 80 Prozent des Gesamtumsatzes. Eine stärkere Internationalisierung der Tourismuswirtschaft ist dringend notwendig! Kapazität Kapazität der Unterkünfte und ihre Eignung für alle Ansprüche Die nachstehende Übersicht zeigt die derzeitige Kapazität pro Jahr in den Hotels, Jugendherbergen/Pensionen und B&B-Unterkünften der Euregio. Zudem sind eine Einschätzung der heutigen Belegungssituation (ohne den Kulturhauptstadttitel) sowie die verfügbaren Kapazitäten für zusätzliche Gäste angegeben. Die gesamte Euregio kann nach heutiger Einschätzung insgesamt gut neun Millionen Gäste (mit unterschiedlichsten Ansprüchen: junge Menschen, internationale Einkaufstouristen, aktive Senioren, Kulturinteressierte, Erholungssuchende, Städtereisende, Sportler – also von Budget- bis zu Luxusurlaubern –) zusätzlich aufnehmen, was im Prinzip völlig ausreichend ist, um den (übrigen) Zustrom von 1,6 Millionen Gästen (bzw. 2,88 Millionen Übernachtungen) aufzufangen. Geht man von 1,2 Millionen Übernachtungstouristen in Maastricht (verteilt über die Jahre 2015 bis 2019) aus, wären dies insgesamt 2,22 Millionen Übernachtungen in der Stadt. Da diese Berechnung teilweise die heutigen Spitzenbelegungszeiten der Hotels einbezieht, werden zusätzliche Hotelkapazitäten in Maastricht oder die gezielte Nutzung der Kapazitäten außerhalb der Stadt erforderlich sein. Für das Jahr 2018 werden etwa 1.000 zusätzliche Hotelzimmer benötigt. Diese Hochrechnungen sind notwendig, um die Kapazitätsgrenze für Übernachtungen in der Euregio insgesamt zu prüfen beziehungsweise zu ermitteln. Qualität und Verteilung Die Qualität der Unterkünfte im Tourismus- und Beherbergungsgewerbe muss im Hinblick auf die Aufenthalte im Kulturhauptstadtjahr 2018 in Relation zu den aktuellen Aufenthalten in der Region betrachtet werden. Aus diesem Grund hat die Provinz Niederländisch-Limburg Anregungen formuliert, um gemeinsam mit dem Tourismus- und Freizeitsektor einen Aufwärtstrend herbeizuführen (Absichtserklärung Freizeitwirtschaft, Januar 2012). Dabei ist die Bewerbung Maastrichts und der Euregio um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2018 ein wichtiger Aspekt. In Lüttich denkt man ähnlich. Die Stadt hat mit der Bewerbung um die Ausrichtung der EXPO 2017 („Connecting People“) ein Eisen im Feuer, das für die gesamte Euregio von Bedeutung ist. Auf städtischer Ebene geht Aachen im Jahr 2014 mit dem Karlsjahr voran, in dessen Rahmen drei bedeutende Ausstellungen stattfinden werden. Für Belgisch-Limburg ist 2012 mit der Eröffnung der großen Kunstmesse Manifesta 9 in Waterschei ein wichtiges Jahr und das Gallo-Römische Museum in Tongeren konnte dank der Auszeichnung als bestes Museum Europas des Jahres 2011 seine Besucherzahlen verdoppeln. Am Beispiel Maastrichts wird im Folgenden die Situation erläutert. Ein vergleichbares Profil soll für jede Stadt ausgearbeitet werden. Programmplanung im Hinblick auf Spitzenbelegungszeiten Viele Einwohner aus der Region kommen wegen des städtischen Angebots nach Maastricht (unter anderem Einkaufsmöglichkeiten, Restaurants, Kultur). Der normale Besucherzustrom wird beeinflusst von Ferien, verkaufsoffenen Sonntagen und Feiertagen (sowohl in den Niederlanden als auch in Belgien und Deutschland) und ist vor und während der Weihnachtszeit sowie im Monat Juni besonders groß. Touristische Hochsaison sind die Sommer- und Herbstmonate. In den Wintermonaten kommen deutlich weniger Touristen und Besucher in die Stadt. Darüber hinaus finden in Maastricht einige Veranstaltungen statt – die meisten davon jedes Jahr –, die viele Besucher anziehen. Spitzenzeiten sind der Karneval (Februar), die Messe TEFAF (März), Preuvenemint (August) und das Event „Magisch Maastricht“ (Dezember). Das Organisationsbüro Via2018 kennt die Spitzenzeiten, 119 I N F R A S T R U K T UR Kapazität in Hotels, (Jugend-)Pensionen und B&B-Unterkünften der Euregio auf Jahresbasis* Jährliche Kapazität --- Süd-Limburg Belgisch Limburg** Provinz Lüttich** Regio Aachen** Euregio Maas-Rhein*** Maastricht 2.963.000 5.333.000 4.848.000 8.726.000 3.430.000 6.174.000 3.738.000 6.728.000 14.978.000 26.960.000 848.000 1.527.000 39% 1.145.000 2.061.000 44% 2.147.000 3.865.000 33% 1.118.000 2.013.000 36% 1.421.000 2.557.000 38% 5.831.000 10.495.000 60% 509.000 916.000 1.818.000 3.272.000 2.700.000 4.860.000 2.312.000 4.162.000 2.394.000 4.310.000 9.225.000 16.604.000 339.000 611.000 Gesamtkapazität (100%) Gäste Übernachtungen Belegung ohne Kulturhauptstadttitel Auslastung Gäste Übernachtungen Verfügbare Kapazität für das Kulturhauptstadtjahr Gäste Übernachtungen * Zahlen auf Tausend abgerundet / ** Zahlen von 2010 (Südlimburg), 2009 (Belgisch-Limburg) und 2007 (Provinz Lüttich und Regio Aachen) / *** Diese Zahlen beziehen sich nur auf die Kapazitäten der Hotels.Quelle: Policy Research Corporation auf der Basis von CBS, 2010, Übernachtungsmöglichkeiten; CBS, 2010, Gäste in den Hotels: nach Herkunftsland und Region; Statbel, 2009, Anreisen und Übernachtungen je Gemeinde, Steunpunt Buitenlands Beleid, Toerisme en Recreatie, 2011, Trendbarometer Hotels 2010; CGT, 2011, Statistiques; AGIT, 2008, Tourismus-Barometer Region Aachen 2007 mit den Kreisen Düren, Euskirchen und Heinsberg wird über die Programmplanung eine geeignete Verteilung der Besucherströme steuern und sich um die Steigerung der Zahl der (Mehrtages )Besucher im Winter, Frühling und Sommer bemühen. Dies soll unter anderem durch die Organisation großer Ausstellungen und Kongresse gelingen. Zudem sollen auch die Besucher, die wegen des städtischen Angebots oder wegen der Kongresse nach Maastricht kommen, dazu angeregt werden, während ihres Aufenthalts Kulturveranstaltungen zu besuchen. In den „ruhigen“ Monaten zwischen den drei Maastrichter Großveranstaltungen können weitere größere Veranstaltungen organisiert und kann dadurch eine bessere Verteilung der Besucherströme sowie ein Ausgleich zwischen Veranstaltungs- und ruhigen Phasen erreicht werden. Programmplanung von Pauschalangeboten / Beispiele Bei der Programmplanung ist es vor allem wichtig, für Besucher von außerhalb der Region kombinierte Besuche zu ermöglichen. Für Mehrtagesaufenthalte in Maastricht und der Euregio müssen daher geeignete Pauschal-/Kombi-Angebote entwickelt werden. Kulturinteressierten Besuchern könnte eine Kombination von anspruchsvollem, über die gesamte Euregio gestreutem Kernprogramm und weiteren hochkarätigen Kulturerlebnissen (Gastronomie, Kunstausstellungen oder Kunstmessen) angeboten werden. Für Besucher, bei denen Kultur nicht im Vordergrund steht, sind mehrtägige Arrangements denkbar, die Straßenkunstevents, „Fun Shopping“ und touristische Attraktionen verbinden. Ein drittes Angebotsmodell könnte die Vielfalt der Kulturen und Sprachen in der Euregio nutzen: Französische, deutsche, niederländische und auch englische Sprachkenntnisse können in dieser kulturell und sprachlich vielgestaltigen Region in der Praxis angewandt werden. Schulen könnten ihre (Sprach-) Ferienprogramme in den Jahren 2015 bis 2019 darauf ausrichten, dadurch Lehrkräfte, Jugendliche und (indirekt) auch deren (Groß )Eltern für Sprachen und Kul- turen begeistern und so eventuelle Vorurteile abbauen. Das (kulturelle) Programm sollte sich also darauf konzentrieren, die gesamte Erlebnisvielfalt der Euregio zu erschließen und die Einwohner der Euregio – und die Besucher von außerhalb – anzuregen, auf soziale und kulturelle Entdeckungsreisen zu gehen. Dies ist im Einklang mit den Zielen und der Strategie der niederländischen Provinz Limburg bezüglich der „Nutzung“ ihrer zentralen Lage in der Euregio. Shopping Nach einer aktuellen Studie von Cushman & Wakefield ist in den Benelux-Ländern Maastricht nach Brüssel und Amsterdam die Stadt mit der drittbesten überregionalen Ausstrahlung („Specialty“). Darüber hinaus liegt Maastricht in Bezug auf die Besucherzahlen des Stadtzentrums und seiner Einkaufsgelegenheiten weit vorn („Footfall“). Ähnliches gilt zum Beispiel für Hasselt. Der Charme und die Vielfalt der Städte und die große überregionale Anziehungskraft würden auch während des Kulturhauptstadtjahres 2018 als Motor für die Entwicklung der Region fungieren. Der Titel Kulturhauptstadt Europas 2018 verspricht somit auch Chancen zum Ausbau des Gastronomieangebots, zum Bau neuer Bürogebäude und zur Erweiterung der Einkaufsmöglichkeiten. Dabei geht es um ein ausreichend großes und vielfältigeres Angebot für die Besucher aus benachbarten und entfernteren Ländern. Euregionale Fremdenverkehrsämter: Tiger Um Einwohnern und Besuchern ideale Voraussetzungen zu bieten, die Qualitäten und das touristische Angebot der Euregio zu entdecken, wird derzeit das euregionale Tourismusbüro „Tiger“ aufgebaut. Das Projekt ist ein INTERREGGemeinschaftsprojekt der StädteRegion Aachen in Zusammenarbeit mit dem Aachen Tourist Service (D), Toerisme Limburg (B), der Federation Tourisme Province de Liège (B), Tourismusagentur Ostbelgien (B) und dem VVV Südlimburg gemeinsam mit dem VVV Maastricht (NL). Ziel ist es, innerhalb des gemeinsamen euregionalen Rahmens beim grenzüberschreitenden Tourismusmarketings, bei der Entwicklung von Tourismusprodukten, bei Reservierung und Vermittlung (einschließlich Ticketing), bei der Abstimmung des Routen- und Veranstaltungsmanagements sowie bei der Öffentlichkeitsarbeit zusammenzuarbeiten. Erwartet wird, durch die angestrebte Kooperation in der Euregio eine um 20 Prozent höhere Effizienz zu erreichen. Die Details dieses gemeinsamen Rahmens sollen Ende 2012 beschlossen werden. Die Umsetzung ist für 2013 vorgesehen. Gewenste hoofd-vervoerlijnen 2018 TGV Hauptwasserstraße Intercity Light rail/S-Bah Autobahn 12 0 KAPITEL 9 : Evalution und Monitoring Durch Evaluation und Monitoring werden der Prozess, die erreichten Veränderungen, die Programmumsetzung und die langfristigen Wirkungen der Kulturhauptstadt Europas verfolgt und ausgewertet. Die Erkenntnisse werden künftige kulturelle Strategien auf lokaler Ebene unterstützen und sich auf die internationale kulturelle Strategie der Euregio auswirken. Das Evaluationsprogramm kann als Teil des Kulturhauptstadtprogramms gelten, da es wichtige Prozesse und Ergebnisse sichtbar macht. Zur Evaluation gehört auch die Bewertung des Prozesses „Europa wiederentdecken“. Der Prozess zielt auf engere Zusammenarbeit, auf größere Sensibilisierung für die mehrschichtige kulturelle Wirklichkeit des Alltags und deren Nutzung sowie auf das Zustandekommen eines „Contrat culturel“. Auch wird sich die Evaluation mit den Synergien befassen, die durch Verknüpfung des EU-Programms „Kreatives Europa“ mit dem Kulturhauptstadtprojekt entstehen können. Die Evaluation des Kulturhauptsstadtjahres 2018 wird breit angelegt. Auch Aktionen und Interventionen in das Veranstaltungsprogramm werden einbezogen, bei denen Stakeholder und Publikum als Bewertungspartner fungieren. Wir wollen nach kreativen und publikumsnahen Wegen suchen, um sowohl die Öffentlichkeit als auch Kunstschaffende am Evaluationsprozess zu beteiligen, und wir wollen die Ergebnisse auch anders als in gedruckter Form sichtbar und zugänglich zu machen. Zielsetzungen Eine gute Evaluation von Maastricht & Euregio 2018 erbringt Folgendes: – verbesserte Umsetzung der Ziele – verbessertes Monitoring und wirkungsvolle Unterstützung – zuverlässige Daten über die Euregio, die den nationalen Kontext übersteigen – neue Instrumente zur Bewertung des Laienbereichs – Erarbeitung einer Evidenzbasis in Bezug auf kulturelle Wirkungen und Werte – Rechenschaftslegung gegenüber Geldgebern, Öffentlichkeit und Politik – Wirkungsnachweis der Kulturhauptstadtaktivitäten für politische Entscheidungsträger – Chancenverbesserung für die Einwerbung zusätzlicher Mittel (auch solcher, die nicht für den Kulturbereich bestimmt sind) durch den Nachweis breiter strategischer Effekte – Einbeziehung von Hochschulen und Akademikern (einschließlich Studenten) in das Projekt – Erstellung eines nationalen Modells für Studien zur Kulturpolitik und zu kulturellen Aktivitäten, so dass die Ergebnisse besser vergleichbar (und wenn möglich standardisierbar) werden. bei denen es um Gesundheitswesen, Städtebau, Verkehr, Nachhaltigkeit, kulturelle Vielfalt und Migration geht. Weitere Projekte sind Dialogue on Urbanism und Cities (Malta) sowie Mirroring Europe (Maastricht). Maastricht und Valetta gehen beide von einem „urbanen Labor“ aus für den Austausch kreativer Ideen und Interventionen – einem lebensnahen Versuchsfeld zur Bewertung von städtischer Entwicklung, Städtebau, Erreichbarkeit, öffentlichem Raum und kulturellen und kreativen Clustern. Im Sinne einer „Ko-Innovation“ werden beide Städte zwischen kleinen und mittleren Unternehmen der Kreativindustrie Kontakte herstellen, um zu prüfen, welche Chancen bei Design und Kreativität für Forschung und Entwicklung bestehen und welche Wachstumsmöglichkeiten es hier gibt. Eines der Ziele ist eine Evaluation in aufeinanderfolgenden, zusammenhängenden Phasen: 1. 2009-2012 thematische Sondierungen, Nullmessung, Netzwerk- und Programmentwicklung (Bewerbungsschrift) – erste Bekanntmachung (Konferenzen, Workshops, Veröffentlichungen, Webseite/Blog) 2. 2013-2017 Vorbereitung, Datenarchitektur/Metadaten, Modell für die Prozessevaluation und deren Umsetzung 3. 2018 Wirkungs- und Programmevaluation, Vergleichs- und Kooperationsprojekte 4. 2019-2021 Analyse und Evaluation der dauerhaften Wirkungen, longitudinale Analyse, Abschlussbericht und dessen Verbreitung, Archivierung. Partner Es wurde ein Hochschulnetzwerk mit dem Schwerpunkt Universität Maastricht geschaffen. Dem Netzwerk sind weitere Hochschulen aus der Stadt (Zuyd, Kunstakademien) und der Euregio Maas-Rhein angeschlossen, u. a. Heerlen, Lüttich und Aachen. Das Netzwerk will ferner auf Vereinigungen wie die ECoC Policy Group und die ATLAS Events Special Interest Group sowie auf spezialisierte Forschungszentren in Brüssel (Cosmopolis VUB) und London (Cities Institute) zurückgreifen. Schließlich wird auch die Universität Malta und damit die Partner-Kulturhauptstadt 2018 in das Hochschulnetzwerk aufgenommen. Prof. Sant Cassia setzt dort momentan zusammen mit Heritage Malta und der Stadtverwaltung ein paralleles Evaluationsprogramm um. Die Koordinierung des Netzwerks übernimmt – unter seinem neuen Namen – das Centre for Urban and Euregional Studies (CUES) an der Universität Maastricht. Bestandteil des Programms sind der Austausch von Studierenden und Dozenten. Economic Impact Study External Networks Visitor Economy VVV, cities, Limburg, Contractor e.g. PRC Network Member / Node Hasselt University SEIN Cities Institute, London ATLAS Events Special Interest Group Regional Studies Association Mega-Events Research Network University of Maastricht CUES VUB Brussels COSMOPOLIS RWTH Aachen Council of Europe / EU Culture & Heritage Directorate Zuyd Hogescholen CCTE; CSERT; Centre for Arts European Capitals of Culture Policy Group University of Liège CEDEM University of Malta 2018 Malta-Maastricht Zu unserem Forschungsnetzwerk gehört auch die Universität Malta. Mit ihr als ECoC-Kooperationspartner und Verbindungsglied zwischen den Projektorganisationen Maastricht VIA2018 und Malta V.18 werden gemeinsame Studien und andere Projekte durchgeführt. Beispiele sind Eudaimonia und Routes (Malta) sowie Speaking in Tongues und Rituals (Maastricht), VIA2018 Kultur & Entwicklung – University Research & Evaluation Network Centre for Urban & Euregional Studies, Maastricht University Prof Graeme Evans, Dr Peter Peters, Dr Meike Wulf, Prof Joop De Jong | Zuyd Hogeschool - Prof Nol Reverda, Prof Wil Munsters | VUB Brussels Prof Eric Corjin, Dr Bas Van Heur | University of Liège - Prof Marco Martiniello | RWTH Aachen - Project House HumTec, Dr Andreas Wesener | Cities Institute, London Metropolitan University - Dr Maggie Gold, Prof Stephen Page | University of Hasselt - Prof Patrizia Zanoni | University of Malta - Prof Sant Cassia 121 Impressum Bidbook, 26. Oktober 2012 © Stichting Maastricht Culturele Hoofdstad 2018 Ohne vorherige schriftliche Zustimmung der Stichting Maastricht Culturele Hoofdstad 2018 darf nichts aus dieser Veröffentlichung in irgendeiner Form reproduziert werden. Wir haben uns bemüht, die Urheberrechte an den Fotos durch Namensnennung im Impressum so weit möglich zu respektieren. Danksagung VIA2018 dankt den Partnern, Partnerstädten und Partnereinrichtungen, Prof. Luc Soete, Prof. Hans Mommaas, Prof. Michele De Lucchi und allen die in irgendeiner Form einen inhaltlichen Beitrag geliefert haben. Bewerbungsbüro VIA2018 Centre Ceramique Avenue Ceramique 50 NL-6221 KV Maastricht info@via2018.eu www.via2018.eu www.euregio2018.eu Redaktion Bewerbungsbüro Maastricht VIA2018, Bureau Acultos, Groep C, Policy Research und alle Partner, Partnerstädte, Einrichtungen, Informanten und Kollegen, die einen Beitrag zum Inhalt dieser Bewerbungsschrift geleistet haben. Übersetzungen Balance Maastricht/Amsterdam Gestaltung Zuiderlicht Maastricht Fotos Unser Dank gilt allen, die uns Bildmaterial zur Verfügung gestellt haben und die nicht in den Bildunterschriften genannt sind: Toine Aretz, Ermindo Armino, Artgineering, Peter Bastings, Vincent van den Berg, Loraine Bodewes, Morten de Boer, Bonnefantenmuseum, Sueli Brodin, Roger op den Camp, Continium Kerkrade, Cineart, Code Maastricht, Peter Cox, Mine Dalemans, Sarah Dolahsek, Philip Driessen, DSM - De Mijnen, Europäische Gemeinschaft, Ben van Duin, Kiet Duong, John Dummer, Kurt van der Elst, Benjamin Frere, Guy van Grinsven/Studiopress, Duane Hanson, Dennis Hambeukers, Andreas Hermann/Stadt Aachen, Harry Heuts, Peter Hinschlaeger, Egid van Houtem, Chris Keulen, Gallo Romeins Museum, Maurice Hermans, Marcel van der Heyden, Hollandse Hoogte, Bert Janssen, Jan van Eyck Academie, E.M. van Loon, Thomas Manneke, Universität Maastricht, Werner Mantz, MCM Productions, Marres, Maurer United Architects, MCM Productions, Paul Mellaart, Museum aan het Vrijthof, Rob Nijpels, Arnaud Nilwik, Ogen-blik.be, Opera Zuid, Nol Pepermans/Nederlands Fotomuseum, Marie-Françoise Plissart, Branko Popovic, RHCL, Bas Quadvlieg, Joern Sackermann, Kris van der Sande, Sander Sanders, Arjen Schmitz, Martin Stevens, Kenneth Tan, Hugo Thomassen, Klaus Tummers, Kristof Vrancken, Vesteda (Corné Netten), VVV Maastricht, WMC, Kim Zwarts und Zuiderlicht. Gebiets- und Perspektivkarten Gebietskarten: Jo Coenen Architects & Urbanists in Zusammenarbeit mit Jos Bosman, Jing Zhang, Raoul Vleugels, Antoine van Erp, Jacqueline Peters und Manon Linden von der TU Eindhoven. Perspektivkarten Maastricht: Stadt Maastricht (u.a. Palmbout). Gefinancierd door het Europees Fonds voor Regionale Ontwikkeling (EFRO). De Europese Comissie investeert in uw toekomst 12 2 Europa existiert! Europa existiert wirklich und liegt mitten in der Euregio Maas-Rhein! Maastricht und die Euregio sind die Zugpferde eines neuen Europa der Bürger, in dem eine bunte Vielfalt an Kulturen, Sprachen, Traditionen und Landschaften die Menschen verbindet. Onno Hoes / J.F.M. Bovens „Wenn der Prozess zum Produkt wird, wenn die Grundlage der Zusammenarbeit der Mut zum Experiment ist, wenn die Region als Versuchslabor fungieren will, dann ist ein gelebtes Europa möglich, ein Europa, das von seinen Bürger geschätzt wird.“ Huub Smeets Maastricht & Euregio will 2018 als Kulturhauptstadt Europas 2018 die Menschen erneut für das europäische Projekt begeistern. Dr. Jürgen Linden: Der Vertrag von Maastricht war 1992 die Geburtsstunde der Europäischen Union. Es war auch der erste Vertrag auf europäischer Ebene, der einen Kulturparagrafen enthielt. 2018 ist der Vertrag genau 25 Jahre in Kraft, ein Jubiläum, das uns die Chance bietet, den Vertrag – unseren Maastrichter Vertrag – gemeinsam mit unseren Bürgern von unten auf mit neuem Inhalt zu erfüllen! Europa existiert wirklich und liegt mitten in der Euregio Maas-Rhein! Maastricht und die Euregio sind die Zugpferde eines neuen Europa der Bürger, in dem eine bunte Vielfalt an Kulturen, Sprachen, Traditionen und Landschaften die Menschen verbindet. Der europäische Gedanke steht mehr denn je zur Diskussion. Maastricht und die Euregio Maas-Rhein sind bereit, für positive Impulse zu sorgen. Die Kandidatur als Europäische Kulturhauptstadt 2018 stimuliert unsere Bürger, neue Formen des Zusammenlebens über Grenzen hinweg zu entwickeln. Die Bevölkerung unserer Euregio ist es von jeher gewohnt, auch jenseits der Grenzen einzukaufen, dort die Freizeit zu verbringen oder sich eine Wohnung oder Arbeitsstelle zu suchen. Schon früher stellten eine andere Sprache und Währung kein Hindernis dar. Und seit Unterzeichnung des Maastrichter Vertrags wuchs eine ganze Generation junger Menschen heran, die diese „Grenzenlosigkeit“ liebt. Für sie ist Europa keine Welt der Abgrenzung, des nationalen Andersseins und (zu) vieler Vorschriften. Die „Generation Maastricht“ lässt sich beim Studieren, Shoppen und bei Konzertbesuchen nicht durch Grenzen aufhalten. Diese Jugendlichen sprechen eine gemeinsame Sprache, tauschen über Grenzen hinweg Erfahrungen aus und folgen denselben Trends. Die Erlebniswelt der Jugendlichen ist – ebenso wie ihr Bewegungsraum – international. Maastricht und die Euregio werden als Europäische Kulturhauptstadt 2018 alle Bürger einladen, auf der Grundlage kultureller Vielfalt und Zusammenarbeit über Grenzen hinweg am neuen Europa mitzubauen, an einem Europa mit Chancen für jeden. Wir laden Sie nicht ohne Grund dazu ein. Die Ernennung zur Kulturhauptstadt Europas 2018 wäre ein großartiger Katalysator für die Zukunft unserer Euregio. Euregionale Zusammenarbeit ist unsere Erfolgsparole. Sie ist machbar, wenn es uns gelingt, eine solide wirtschaftliche, kulturelle und politische Integration mit Respekt für Diversität zu verwirklichen, mit besseren Verbindungen und einer noch engeren Kooperation zwischen unseren Bürgern, Unternehmen und Institutionen und mit klaren Aufgaben für Stadt und Land. Darin liegt unsere Zukunft. Unser Angebot an Europa ist, den Titel Kulturhauptstadt als Stimulus für strukturelle Verbesserungen in den Bereichen Kultur, Wirtschaft, Arbeitsmarkt, Wissen, Tourismus, öffentlicher Verkehr und Mobilität zu nutzen. Wir wollen Europa ein inspirierendes Beispiel geben. Auf diese Herausforderung lassen wir uns gemeinsam mit unseren Partnerstädten Heerlen, Sittard-Geleen, Lüttich, Aachen und Hasselt und den belgischen Provinzen Limburg und Lüttich, der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und der Regio Aachen ein. Auch Tongeren, Genk und Sint Truiden und viele andere wollen uns nach Kräften unterstützen und einen aktiven Beitrag leisten. Die Stadt Maastricht und die Provinz Limburg ziehen an einem Strang, scheuen nicht vor der finanziellen Verantwortung zurück und sind Schrittmacher für ihre Partner auf dem Wege zur Kandidatur Maastrichts und der Euregio. Die Euregio liegt am Schnittpunkt dreier Länder. Sie ist ein Gebiet, in dem Dialekte und offizielle Landessprachen bunt durcheinander laufen, wo sich die romanische und germanische Kultur begegnen, ein Gebiet mit einer gemeinsamen Geschichte, in dem Karl der Große um 800 das erste wirklich europäische Reich gründete und in dem zwölf Jahrhunderte später der Euro geboren wurde. Die Bürger Maastrichts, der europäischsten Stadt der Niederlande, und die Bürger der Euregio Maas-Rhein fordern Sie auf, mithilfe der Kultur an einem neuen Europa zu bauen. Wir – und dazu gehört auch die „Generation Maastricht“ – weisen Ihnen gern den Weg. Onno Hoes Theo J.F.M. Bovens Bürgermeister der Stadt Maastricht Kommissar der Königin der Provinz Limburg 12 3 Eine herausfordern- Ein Versuchslabor de und notwendige und Modell für Europa Bewerbung „Wenn der Prozess zum Produkt wird, wenn die Grundlage der Zusammenarbeit der Mut zum Experiment ist, wenn die Region als Versuchslabor fungieren will, dann ist ein gelebtes Europa möglich, ein Europa, das von seinen Bürger geschätzt wird.“ Maastricht und seine Partner in der Euregio Maas-Rhein durchlaufen bei ihrer Bewerbung als Europäische Kulturhauptstadt 2018 einen gewichtigen gemeinsamen Prozess. Er ist so bedeutsam, weil Verbindungen zwischen Städten, Kultureinrichtungen, Ensembles und zwischen den Menschen geknüpft werden. Es werden dauerhafte Bindungen angestrebt, Bindungen, die nicht nur für das Jahr 2018 gelten, sondern auch für den Zeitraum davor und danach. Deshalb haben wir unseren Prozess „VIA2018“ genannt: auf dem Wege via die Bewerbung um den Titel Europäische Kulturhauptstadt Maastricht 2018 wollen wir – zusammen mit den Partnerstädten der Euregio – etwas erreichen, was diese Region dringend braucht. Der Inhalt und die Art und Weise, in der wir diesen Prozess in Angriff nehmen, tragen dazu bei, dass die Region in der Zukunft lebensfähig bleibt. Maastricht und die Euregio wollen ein Gebiet sein, aus dem Jugendliche nicht länger wegziehen, weil sie die nationalen Metropolen interessanter finden. Die Euregio will, dass sich Einwohner und Zuwanderer hier heimisch fühlen, sie will für die Wirtschaft Gewicht haben und bei Kunst und Kultur mitzählen. Die Region soll zu einem Ort der Begegnung werden, wo Traditionen ebenso zu ihrem Recht kommen wie das Experiment, eine Region mit einem unverkennbar eigenen Profil. Bei diesem Prozess ist für uns Kultur die Quelle und der Träger von Identitäten. Für viele ist die Euregio Maas-Rhein ein abstrakter Begriff, eine geografische Bezeichnung, mit der im Allgemeinen nur Wenige etwas anfangen können. Die Kandidatur Maastrichts und der Euregio Maas-Rhein als Kulturhauptstadt 2018 setzt eine Bewegung in Gang, mithilfe von Kultur Menschen, Institutionen und Unternehmen über die Grenzen hinweg zu verbinden und zur Bewältigung neuer Herausforderungen zu ermutigen. Und das ist machbar, und zwar zum einen durch die Nutzung des Mehrwerts, den die soziale, kulturelle und ökonomische Diversität der Region bietet, zum ande- ren durch die Chancen, die aus der Synergie dieser Vielfalt entstehen. Es geht um ein Handlungskonzept, das zur Artikulierung gemeinsamer, verbindender „Geschichten“ führen soll, durch die die Region für ihre Bewohner neue Bedeutung, ja eine Seele erhält. Die Bevölkerung muss sich mit ihrer Region verbundener fühlen, ihre Werte schätzen lernen und die sich bietenden Möglichkeiten nutzen. Den gleichen Lernprozess sollte auch Europa insgesamt durchlaufen – denn gerade in einem Europa, das sich in der Krise befindet, muss der schlummernde Schatz seiner kulturellen Vielfalt gehoben werden. Der Prozess VIA2018 wird so gestaltet, dass sich auch dann, wenn Maastricht den Titel nicht erhält, alle Anstrengungen positiv auf unsere in der Euregio verfolgten Ziele auswirken. Schon in der Vorbereitung auf 2014 und 2018 werden Verbindungen geknüpft und Ergebnisse verbucht, die für die Struktur und den Charakter der Region wertvoll sind. Nach Jahrhunderten der Fremdherrschaft und wechselnder europäischer Allianzen sind Maastricht und Südlimburg nun schon seit zwei Jahrhunderten ein fester und markanter Teil der Niederlande. Südlimburg bildet gemeinsam mit den umringenden Landschaften der Euregio den idealen Kontext für einen Prozess, der für uns, für die Niederlande und Europa wertvoll und notwendig ist. Huub Smeets Vorstandsvorsitzender der Stiftung Maastricht und Euregio Maas-Rhein, Kandidat für Kulturhauptstadt Europas 2018 Maastricht – Euregio in 2018: ein dynamisches kulturelles Laboratorium als Modell für Europa umsetzen: «Wenn ich Europa noch einmal von vorne gestalten dürfte, ich würde mit der Kultur beginnen.» Die Europäische Union ist eine Erfolgsgeschichte – für Frieden, Freiheit und Demokratie, auch für die Entwicklung der Wissenschaft, der Wirtschaft, des Handels und des Arbeitsmarktes. Der Maastrichter Vertrag von 1992 hat maßgeblich zu diesem Erfolg beigetragen, von dem wir Bürgerinnen und Bürger erheblich profitieren. Augenblicklich ist Europa allerdings in einer tiefen Krise. Der Euro ist instabil, die politischen Institutionen haben keine Patentrezepte zur Lösung, die Menschen zweifeln am Zusammenhalt, an der Zukunftsfähigkeit des Projektes. Sie zweifeln auch an ihrer eigenen Rolle bei der künftigen Entwicklung. Deshalb werden Egoismen größer und nationale Interessen stärker betont. Es gilt, Europa neu zu definieren. Während die Politik dies über eine Fiskal– und später Politische Union versuchen will, haben sich im Dreiländereck Deutschland, Belgien, Niederlande, 13 Partner der Euregio Maas-Rhein um Maastricht geschart, um Europa über die Kultur zu erneuern. Maastricht & Euregio will als Kulturhauptstadt Europas 2018 die Menschen erneut für dieses europäische Projekt begeistern, eine neue Kultur des Denkens und des Handelns entstehen lassen, mit Träumen und Visionen neue Leidenschaften entfachen, künftige Formen des Zusammenlebens im städtischen und grenzüberschreitenden Raum erproben, ein künstlerisches und mentales Netzwerk der Verbindungen schaffen, grenzüberschreitende Sprach- und Bildräume kreieren und so ein dynamisches kulturelles Laboratorium entstehen lassen, das Modell für das Europa von morgen ist. Maastricht und seine Partner sind hoch motiviert, die gesamte Region für dieses Ziel zu mobilisieren, möglichst viele Bürgerinnen und Bürger in das Programm und seine Vorbereitung einzubeziehen und so künstlerische und kreative Talente zu wecken, vor allem aber auch mit den übrigen Euregios in Europa in Kontakt zu treten, um über die Zusammenarbeit mit den dortigen Schlüsselinstitutionen und -personen, aber auch den dortigen Bürgerinnen und Bürgern die Idee vom neuen Europa auf kultureller Ebene voranzutreiben. Der Maastrichter Vertrag von 2018 wird die Erkenntnis von Jean Monnet Dr. Jürgen Linden Vorsitzender des Aufsichtsrats der Stichting Maastricht und Euregio MaasRhein Kandidat Europäische Kulturhaupstadt 2018 12 4 PROVINCIE NEDERLANDS LIMBURG PROVINCIE BELGISCH LIMBURG SITTARD-GELEEN GENK HASSELT SSELT HEERLEN /PARKSTAD MAASTRICHT TONGEREN AACHEN REGIO AACHEN N LIÈGE PROVINCE DE LIÈG GE DEUTSCHSPRACHIGE GEMEINSCHAFT BELGIENS