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Beschlussvorlage (Stellungnahme Lenz und Johlen)

Daten

Kommune
Bedburg
Größe
385 kB
Datum
03.11.2015
Erstellt
21.10.15, 18:02
Aktualisiert
21.10.15, 18:02

Inhalt der Datei

PV Lenz und Johlen · Postfach 102365 · D 50463 Köln Stadt Bedburg - Fachbereich III - Planen, Bauen, Umwelt und Verkehr Herrn Dipl.-Ing. Rainer Köster Am Rathaus 1 50181 Bedburg Per E-Mail: r.koester@bedburg.de Köln, 06.08.2015 Unser Zeichen: 01738/15 18/no Sekretariat: Frau Ossowski Tel.: +49 221 97 30 02-18 i.schwertner@lenz-johlen.de Erschließungsfragen zur Burgstraße in Bedburg Sehr geehrter Herr Köster, in oben genannter Angelegenheit komme ich auf die uns überlassenen Unterlagen sowie unser gemeinsames Gespräch zurück und nehme hierzu wie folgt Stellung: I. Prof. Dr. Heribert Johlen PV Dr. Klaus Schmiemann P Dr. Franz-Josef Pauli PVM Dr. Rainer Voß PV Dr. Michael Oerder PV Dr. Thomas Lüttgau PB Thomas Elsner PV Rainer Schmitz PVM Dr. Alexander Beutling PV Dr. Markus Johlen PB Eberhard Keunecke PV Dr. Inga Schwertner PF Dr. Philipp Libert PVL Dr. Christian Giesecke, LL.M. PV Dr. Felix Pauli PV Dr. Tanja Lehmann P Martin Hahn PVE Dr. Kai Petra Dreesen, LL.M. V Nick Kockler D Béla Gehrken Markus Nettekoven Philipp Caspar Hellermann Stephan Matzerath Kristina Dörnenburg Dr. Meike Kilian P V B M L E F D Partner i.S.d. PartGG Fachanwalt für Verwaltungsrecht Fachanwalt für Bau- u. Architektenrecht AnwaltMediator DAA (Dr. Rainer Voß auch FU Hagen) McGill University (Montreal, Kanada) Master of European Studies Maîtrise en droit (Université Paris X) Dipl.-Verwaltungsbetriebswirt (FH) Gegründet von RA Wolfgang Lenz Die Stadt Bedburg hat Ende der 70er Jahre den Bebauungsplan Nr. 20/Kaster aufgestellt. Dieser wurde (zuletzt) geändert mit der 1. Änderung im Jahre 1982. Festgesetzt ist hier ein Allgemeines Wohngebiet. Im südlichen Bereich des Geltungsbereichs des vorgenannten Bebauungsplans liegt die Burgstraße. Wie Sie mitgeteilt haben sei die Burgstraße im Bebauungsplan mit einer Breite von 11-13 m festgesetzt. Die für die Burgstraße vorgesehene Fläche findet sich mit den Flurstücken 303 und 1376 im Eigentum der Stadt Bedburg. Lenz und Johlen ∙ Kaygasse 5 ∙ D 50676 Köln Partnerschaftsgesellschaft mbB Sitz Köln, AG Essen PR 1775 USt.ID.-Nr. DE 122725191 Tel. +49 221 973 002-0 Fax +49 221 973 002-22 www.lenz-johlen.de Sparkasse KölnBonn IBAN: DE57 3705 0198 0014 0020 18 BIC: COLSDE33XXX Commerzbank AG IBAN: DE56 3704 0044 0151 5600 00 BIC: COBADEFFXXX -2- Wie Sie mitgeteilt haben ist die Burgstraße bereits seit den 1960er Jahren als Kiesweg vorhanden. Ein „richtiger Ausbau“, d. h. eine endgültige Herstellung der Burgstraße ist bisher nicht erfolgt. Der Bebauungsplan Nr. 20 (in seiner 1. Änderungsfassung) wurde bisher nicht umgesetzt. Unklar ist, ob es im Weiteren zu einer Verwirklichung kommen wird. In dem Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 20 (in seiner 1. Änderungsfassung) findet sich Ackerfläche. Auf der südlichen Seite der Burgstraße findet sich Wohnnutzung. Diese liegt zum Teil im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 3 – Lipp, zum Teil außerhalb eines Bebauungsplanes. Wie Sie mitteilen ist nunmehr geplant, die Burgstraße auszubauen/endgültig herzustellen, dies allerdings nicht in der im Bebauungsplan festgesetzten Breite, sondern lediglich in einer Breite von etwa 8 m. Die 8 m verteilen sich wie folgt: 6 m Fahrbahn zzgl. 2 m Gehweg entlang der Wohnbebauung südlich der Burgstraße. Die vorgesehene geringere Breite der Burgstraße hat zur Folge, dass die im Bebauungsplan für eine Bebauung vorgesehenen Grundstücke nicht unmittelbar an die Burgstraße anschließen. Vielmehr findet sich zwischen diesen Grundstücken und der auszubauenden Burgstraße ein weiteres im Eigentum der Stadt stehendes Grundstück oder jedenfalls ein Grundstücksteil. Es geht hierbei für Sie um die folgenden Fragestellungen: - Kann die Abrechnung des Ausbaus als Erschließungsbeiträge nach § 127 BauGB erfolgen, auch wenn die Straße nicht in der im BP 20/Kaster, 1. Änderung festgesetzten Breite ausgebaut wird? - Wie sieht auf der Grundlage der städtischen Erschließungsbeitragssatzung dann die Kostenaufteilung aus – auch wenn die dann ausgebaute Straße nicht direkt an den Acker grenzt, da die beiden städtischen Parzellen breiter als der Straßenausbau sind? Entfällt ein Großteil des Erschließungsbeitrags dennoch auf die Eigentümer des Ackers? - Wie verändert sich die Kostenaufteilung, sollte z.B. ein (Teil-)Eigentümer des Ackers gegen einen späteren Kostenbescheid klagen und der Bebauungsplan würde -3- inzident von einem VG aufgrund verschiedener Mängel im Innenverhältnis Stadt ./. Kläger für unwirksam erklärt werden? - Kann alternativ ein Abrechnung nach 8 KAG erfolgen ohne dass der Bebauungsplan aufgehoben wird? Wie sähe in diesem Fall die Kostenaufteilung aus? II. Frage 1: Abrechnung nach § 127 BauGB, wenn die Straße in ihrer Breite hinter der im Bebauungsplan festgesetzten Breite zurückbleibt a) Erschließungsrechtliches Planerfordernis Nach § 125 Abs. 1 BauGB setzt die Herstellung einer Erschließungsanlage im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB einen Bebauungsplan voraus. § 125 Abs. 1 BauGB enthält das erschließungsrechtliche Planerfordernis. Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage, § 125 Randnr. 1 Die Vorschrift ist nicht nur für die Herstellung einer Erschließungsanlage relevant, sondern von erheblicher Bedeutung für das Erschließungsbeitragsrecht; denn nur für rechtmäßig hergestellte Erschließungsanlagen sind Beiträge zu erheben. vgl. BVerwG, Urteil vom 21.10.1994 – 8 C 2/93 – BVerwGE 97, 62; BVerwG, Urteil vom 07.03.1986 – 8 C 103/84 – NVwZ 1986, 647; Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage, § 125 Randnr. 4 Vorliegend liegt ein Bebauungsplan vor. Allerdings soll die Straße (in ihrer Breite) von der Festsetzung abweichen. Dabei soll die Straße in ihrer Breite geringer ausfallen als festgesetzt. Hierfür enthält § 125 Abs. 3 Nr. 1 BauGB eine Regelung. Hiernach wird die Rechtmäßigkeit der Herstellung von Erschließungsanlagen durch Abweichungen von den Festsetzungen des Bebauungsplans nicht berührt, wenn die Abweichungen mit den Grundzügen der Planung vereinbar sind und die Erschließungsanlagen hinter den Festsetzungen zurückbleiben (sog. Planunterschreitung). -4- Voraussetzung ist demnach, dass die Abweichung mit den Grundzügen der Planung vereinbar ist. Mit den Grundzügen der Planung sind Abweichungen gemeint, die deshalb von minderem Gewicht sind, weil sie nur den gleichsamen formalen Festsetzungsinhalt treffen, nicht hingegen auch das, was an Planungskonzeption diese Festsetzung trägt und damit den für sie wesentlichen Gehalt bestimmt. Ob eine Abweichung von in diesem Sinne minderem Gewicht ist, beurteilt sich nach dem im Bebauungsplan zum Ausdruck kommenden planerischen Wollen. Bezogen auf dieses Wollen darf der Abweichung vom Planinhalt keine derartige Bedeutung zukommen, dass die angestrebte und dem Plan zum Ausdruck gebrachte städtebauliche Ordnung in beachtlicher Weise beeinträchtigt wird. Die Abweichung muss – soll sie mit den Grundzügen der Planung vereinbar sein – durch das planerische Wollen gedeckt sein. Es muss mit anderen Worten angenommen werden können, die Abweichung liege noch im Bereich dessen, was der Planer gewollt hat oder gewollt hätte, wenn er die weitere Entwicklung einschließlich des Grundes für die Abweichung gekannt hätte. BVerwG, Urteil vom 09.03.1990 – 8 C 76/88 – BVerwGE 85, 66; vgl. BVerwG, Urteil vom 15.02.1992 – 8 C 46/89 – NVwZ 1991, 1092, 1093; Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage, § 125 Randnr. 6 Zur Ermittlung des planerischen Willens wird regelmäßig auf die Bebauungsplanbegründung zurückgegriffen. Diese liegt nicht vor. Unabhängig hiervon spricht unserer Auffassung nach allerdings sehr viel dafür, dass die Abweichung mit den Grundzügen der Planung nicht vereinbar ist, wenn der verringerte Ausbau dazu führt, dass die Grundstücke im Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 20 (in der 1. Änderungsfassung) nicht mehr erschlossen sind. b) (Gesicherte) Erschließung Der Begriff der (gesicherten) Erschließung ist im Gesetz nicht definiert. Der Begriff der Erschließung wird an mehreren Stellen des BauGB verwendet, dies jedoch nicht einheitlich. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage, § 30 Randnr. 19; Vorb. §§ 123-135 Randnr. 5 und 6 -5- Vorliegend geht es um die Frage, ob die Erschließung der Grundstücke im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB gesichert ist. Die Erschließung im Sinne des § 30 Abs. 1 BauGB verlangt regelmäßig eine bebauungskonforme Erschließung. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 30 Randnr. 41; Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage, § 30 Randnr. 18 Dennoch können die Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht stets maßgebend sein. So kann beispielsweise ein Bebauungsplan, mit dem ein bereits teilweise bebautes Gebiet überplant wird, breitere Straßen festsetzen, als bereits vorhanden sind. Gleichwohl können die vorhandenen Straßen für die Erschließung nach § 30 BauGB genügen. Sie müssten jedoch die Planverwirklichung gestatten und dürfen den Festsetzungen des Bebauungsplans – etwa über den Anschluss der Grundstücke an die Straße – nicht widersprechen. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage, § 30 Randnr. 20 m. w. N. Erforderlich ist jedoch in der Regel, dass der Anschluss an die notwendigen Erschließungseinrichtungen bis unmittelbar an das Baugrundstück heranreicht. Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage, § 30 Randnr. 22 Dies wäre im vorliegenden Fall bei der vorhandenen Straßenfläche und auch dem beabsichtigten Ausbau nicht der Fall. Insoweit kann es für die Frage der gesicherten Erschließung unserer Auffassung nach nicht ausreichen, dass der Bereich, der zwischen der Straße/Erschließungsanlage und dem Baugrundstück liegt, als Straßenfläche festgesetzt ist. Denn ausreichend, aber auch erforderlich ist für die Frage der gesicherten Erschließung, dass die Erschließungsanlage bis zur Fertigstellung der zu erschließenden baulichen Anlage ordnungsgemäß benutzbar ist. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 30 Randnr. tis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage, § 30 Randnr. 23 42; Bat- -6- Der endgültige Ausbauzustand wird dagegen in der Regel zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Vorhabens nicht verlangt. Vielmehr reicht es, wenn sich die Erschließungsanlage in einem Zustand befindet, der eine Benutzung in zumutbarer Weise ermöglicht. BVerwG, Urteil 28.10.1981 – 8 C 4.81 – BVerwGE 64, 186-196; BVerwG, Urteil vom 10.09.1976 – IV C 5.76 –; Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, § 30 Randnr. 45 m. w. N. Ausgehend hiervon spricht unserer Auffassung nach viel dafür, dass mit einer Straßenbreite, die hinter den Festsetzungen des Bebauungsplans zurückbleibt, eine gesicherte Erschließung für die im Bebauungsplangebiet liegenden Grundstücke nicht gegeben ist. In Folge dessen wiederum spricht unserer Auffassung nach einiges dafür, dass in Folge dessen die Abweichung nicht mit den Grundzügen der Planung im Sinne des § 125 Abs. 2 BauGB vereinbar ist. Hinweisen möchten wir allerdings auf den Beschluss des BayVGH vom 07.02.2005 – 25 ZB 01.1739 – BRS 69 Nr. 139 Der Bayerische VGH hat in seinem vorgenannten Beschluss ausgeführt, dass ein PkwStellplatz im Vorgartenbereich wegen fehlender Erschließung im Einzelfall unzulässig ist, wenn er nur über einen etwa 1 m breiten im Eigentum der Gemeinde stehenden Grundstücksstreifen angefahren werden kann und ein Recht zur Inanspruchnahme als Grundstückszufahrt nicht besteht. Insoweit hat allerdings der Bayerische VGH für ein etwaiges Recht zur Inanspruchnahme als Grundstückszufahrt nicht nur darauf abgestellt, dass eine straßenrechtliche Widmung nicht besteht. Der Bayerische VGH hat auch darauf abgestellt, dass sich ein entsprechendes Nutzungsrecht nicht aus dem Bebauungsplan herleiten lässt. Fällt somit das Erschlossensein der Grundstücke durch die Planunterschreitung weg, stellt sich die Herstellung der Erschließungsanlage nicht als rechtmäßig dar, so dass Erschließungsbeiträge hierfür nicht festzusetzen sind. Frage 2: Kostenaufteilung bei geringerer Breite der Straße -7- Liegt mit den obigen Ausführungen in Folge der geringeren Breite der Burgstraße schon keine Erschließung der für Wohnbebauung vorgesehenen „Ackergrundstücke“ vor, so ist aus den obigen Gründen schon kein Erschließungsbeitrag festzusetzen. Liegt dagegen eine Erschließung vor, sind grundsätzlich auch die im Bebauungsplan für Wohnbaunutzung vorgesehenen Grundstücke bei der Berechnung zu berücksichtigen. Die Verteilung ergibt sich aus § 6 der städtischen Erschließungsbeitragssatzung. Frage 3: Veränderung der Kostenaufteilung bei unwirksamen Bebauungsplan Kommt das Verwaltungsgericht im Rahmen einer Klage gegen einen Beitragsbescheid inzident zur Unwirksamkeit des Bebauungsplans, wird es diesen Bescheid aufheben. Weitere Bescheide sind ggfls. bereits bestandskräftig. Zur erneuten Festsetzung käme in diesem Fall – nach Aufhebung des Bebauungsplans – die Erhebung eines Erschließungsbeitrages nach Einholung eines Ratsbeschlusses gemäß § 125 Abs. 2 BauGB in Betracht. Frage 4: Abrechnung nach § 8 KAG Auf § 8 KAG ist erst dann zurückzugreifen, wenn bereits einmal ein Erschließungsbeitragsbescheid nach § 127 BauGB ergangen ist. III. Weiteres Vorgehen In unserem gemeinsamen Besprechungstermin haben wir über die verschiedenen Möglichkeiten eines Vorgehens und die jeweils hiermit verbundenen Risiken gesprochen. Diese dürfen wir im Folgenden noch einmal aufzeigen: 1. Ausbau der Straße in einer Breite von 8 m unter Beibehaltung des Bebauungsplans Nr. 20 (in der 1. Änderungsfassung) -8- Dieses Vorgehen ist mit der Unsicherheit behaftet, ob es sich um eine rechtmäßig hergestellte Erschließungsanlage handelt. Dies ist dann nicht der Fall, wenn der Ausbau der Burgstraße in der verringerten Breite nicht mit den Grundzügen der Planung vereinbar ist. 2. Aufhebung des Bebauungsplans, Fassung eines Ratsbeschlusses nach § 125 Abs. 2 BauGB und Herstellung einer Straße von nur 8 m Breite In diesem Fall können die Kosten voll den Anliegern der Bebauung nördlich der Burgstraße auferlegt werden, wenn die Gemeinde sich darauf beschränkt, die Straße nur insoweit auszubauen, als es für die Erschließung dieser Grundstücke unerlässlich ist (Ausnahme vom erschließungsbeitragsrechtlichen Halbteilungsgrundsatz). BVerwG, Urteil vom 29.04.1977 – IV C 1/75 – BVerwGE 52, 364; BVerwG, Urteil vom 31.01.1992 – 8 C 31/90 – BVerwGE 89, 362; Reidt in: Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 12. Auflage, § 127 Randnr. 22 Grundsätzlich kommt für Sie in Betracht, hier über Ablösungsvereinbarungen anhand des kalkulatorischen Aufwandes vorzugehen. Mit freundlichen Grüßen (Dr. Inga Schwertner) Rechtsanwältin