Daten
Kommune
Bedburg
Größe
294 kB
Datum
13.01.2015
Erstellt
23.12.14, 18:01
Aktualisiert
23.12.14, 18:01
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Drucksache: WP9202/2014
Fachbereich III - Planen, Bauen,
Umwelt und Verkehr
Sitzungsteil
Az.:
öffentlich
Beratungsfolge:
Stadtentwicklungsausschuss
Sitzungstermin:
Abstimmungsergebnis:
13.01.2015
Betreff:
Bebauungsplan Nr. 59 / Bedburg - Bereich der oberen Lindenstraße
hier: Aufstellungsbeschluss gemäß § 2 Abs. 1 i. V. m. § 9 Abs. 2b BauGB /
Steuerung von Vergnügungsstätten im Stadtgebiet Bedburg
Beschlussvorschlag:
Der Stadtentwicklungsausschuss fasst folgende Beschlüsse:
a)
Für den Bebauungsplan Nr. 59 / Bedburg wird der Aufstellungsbeschluss gemäß § 2
Abs. 1 i. V. m. § 9 Abs. 2b BauGB in der Fassung der Bekanntmachung vom
23. September 2004 (BGBl. I S. 2414), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom
20. November 2014 (BGBl. I S. 1748) gefasst.
b)
Die Verwaltung wird beauftragt, zur stadtweiten Steuerung von Vergnügungsstätten ein
entsprechendes städtebauliches Vergnügungsstättenkonzept zu erarbeiten.
STADT BEDBURG
Sitzungsvorlage
Seite: 2
Begründung:
Der Stadt Bedburg liegt eine Bauvoranfrage auf Nutzungsänderung eines Ladenlokals in ein
Wettbüro im Bereich der oberen Lindenstraße (zwischen Rewe und Gartenstraße) vor. Für dieses
Gebiet gibt es keinen Bebauungsplan, vielmehr ist es dem unbeplanten Innenbereich gemäß § 34
BauGB zuzuordnen. Der umliegende Bereich stellt sich als faktisches Mischgebiet i. S. d. § 34
Abs. 2 BauGB i. V. m. § 6 BauNVO dar. Wettbüros, wie sie in jüngerer Vergangenheit
klassischerweise errichtet werden, fallen unter den Begriff der Vergnügungsstätte, die nach § 6
Abs. 2 Nr. 8 BauNVO in Mischgebieten allgemein zulässig ist. Der Antrag auf Nutzungsänderung
wäre demnach derzeit positiv zu bescheiden.
Zu überlegen bleibt, ob zur Sicherung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung
Sicherungsinstrumente der Bauleitplanung gemäß §§ 14 ff. BauGB angewandt werden sollen, um
einer städtebaulich ungewünschten Fehlentwicklung vorzubeugen. Vergnügungsstätten können
aus der Erfahrung heraus gerade in städtebaulich sensiblen Bereichen Entwicklungen in Gang
setzen oder verstärken, die den gesamten Umgebungsbereich maßgeblich beeinflussen.
Gleichwohl gehören diese Nutzungen zur Funktionsausstattung einer Kommune hinzu, es sollte
also eine städtebaulich verträgliche Steuerung, jedoch nicht Verhinderung von
Vergnügungsstätten insgesamt erfolgen. Dies könnte auf der Basis eines Vergnügungsstättenkonzeptes erfolgen, welches als informelles städtebauliches Konzept i. S. d. § 1 Abs. 6 Nr. 11
BauGB der kommunalen Bauleitplanung zugrunde gelegt wird. Zur fachlichen Erläuterung seien
hierzu einige Aspekte angemerkt:
Allgemeines
Das Thema der Vergnügungsstätten – insbesondere die Entwicklung der Spielhallen und
Wettbüros – ist in der jüngeren Vergangenheit verstärkt in den Fokus der Kommunen
geraten. Wenngleich kein zunehmender Entwicklungsdruck im Bereich der
Spielhallenansiedlungen zu verzeichnen ist, so spielt die Steuerung von Spielhallen eine
besondere Rolle im Bereich der Stadtentwicklung. Hinzu kommt in jüngerer Vergangenheit
ein verstärkter Nachfragedruck im Bereich der Wettbüros, auf den bisher nicht mit einer
strategischen städtebaulichen Steuerung reagiert wurde.
Gerade vor dem Hintergrund des unter Druck geratenen Einzelhandels in den Innenstädten
von Mittel-, Grund- und Stadtteilzentren ist mit der Vergnügungsstättenentwicklung
sensibel umzugehen. Leiden Innenstädte an zunehmenden Leerstand, besteht die Gefahr
eines Trading-Down-Effektes. „Billigläden“ sowie mitgezogene Nutzungen beeinträchtigen
eine positive und stabile Entwicklung des Innenstadtbereichs. Dazu gehören auch
Spielhallen und Wettbüros, die sich – meist verbunden mit einer unzureichend attraktiven
äußeren Gestaltung – insbesondere in ihrer Häufung zusätzlich negativ auf die Entwicklung
und das Erscheinungsbild der Stadt auswirken können.
Auch in Gewerbegebieten bedarf es der Steuerung von Vergnügungsstätten. Zum einen
besteht die latente Gefahr der Verdrängung klassischer Gewerbenutzungen, zum anderen
leiden Gewerbegebiete insbesondere abends und am Wochenende unter einer
mangelnden sozialen Kontrolle, die sich negativ auf das Umfeld von Vergnügungsstätten
auswirken kann. Vor diesem Hintergrund ist eingehender zu betrachten, wo
Vergnügungsstätten städtebaulich verträglich sind und wo nicht.
Der pauschale Ausschluss von Vergnügungsstätten im gesamten Stadtgebiet ist nicht
zulässig. Vielmehr muss Vergnügungsstätten nach der Rechtsprechung Raum gegeben
werden. Eine reine Negativplanung ist unzulässig. Daraus ergibt sich für den Ausschluss
von Vergnügungsstätten an bestimmten Stellen die Notwendigkeit, der bauleitplanerischen
Steuerung eine städtebaulich begründete Konzeption zu Grunde zu legen.
Beschlussvorlage WP9-202/2014
Seite 2
STADT BEDBURG
Sitzungsvorlage
Seite: 3
Rechtsgrundlagen zu Vergnügungsstätten
Spielhallen und Wettbüros zählen baurechtlich zum Betriebstypus der Vergnügungsstätten.
Als definierter Typ der Baunutzungsverordnung (BauNVO) sind Vergnügungsstätten in
besonderen
Wohngebiete,
Dorfgebieten,
Mischgebieten,
Kerngebieten
sowie
Gewerbegebieten und besonders festgesetzten Sondergebieten zulässig. Dabei wird
zwischen
sogenannten
kerngebietstypischen
sowie
nicht-kerngebietstypischen
Vergnügungsstätten unterschieden. In den übrigen Baugebieten gemäß BauNVO sind
Vergnügungsstätten nicht zulässig. Im Bereich der Spielhallen ergibt sich die Einordnung
als kerngebietstypische Spielhalle aus der Flächengröße sowie der Anzahl der
aufgestellten Geldspielgeräte. Nach der Rechtsprechung handelt es sich bei einer
Spielhalle mir mehr als 100 m² Nutzfläche oder mehr als acht Spielgeräten um eine
kerngebietstypische Vergnügungsstätte (Faustregel); auch Wettbüros sind mit einer
Nutzfläche von mehr als 100 m² in der Regel den kerngebietstypischen
Vergnügungsstätten zuzuordnen. Sogenannte Mehrfachspielhallen, die eine räumliche
Einheit bilden (z.B. gemeinsame Sozialräume, Aufsicht, Toiletten, etc.) sind dabei in der
Regel auch baurechtlich als Einheit zu werten. Eine genaue Aufschlüsselung der
Zulässigkeit bestimmt sich nach der aktuellen Fassung der BauNVO wie folgt:
Baugebiet nach BauNVO
reine /allg. Wohngebiete (§§ 3, 4)
besondere Wohngebiete (§ 4a)
Dorfgebiete (§ 5)
Mischgebiete (§ 6)
Kerngebiete (§ 7)
Gewerbegebiete (§ 8)
Industriegebiete (§ 9)
Sondergebiete (§ 11)
nicht-kerngebietstypisch
nein
ausnahmsweise
ausnahmsweise
ja / ausnahmsweise
ja
ausnahmsweise
nein
nach Festsetzung
kerngebietstypisch
nein
nein
nein
nein
ja
ausnahmsweise
nein
nach Festsetzung
Aus städtebaulichen Gründen können in den Gebieten, in denen Vergnügungsstättentypen
allgemein oder ausnahmsweise zulässig sind, nach den § 1 Abs. 5 ff. BauNVO als nicht
zulässig, ausnahmsweise oder allgemein zulässig festgesetzt werden, sofern die
Zweckbestimmung des Baugebietes gewahrt bleibt. Dies kann auch für bestimmte Arten
von
Vergnügungsstätten
differenziert
festgesetzt
werden.
In
bestehenden
Bebauungsplänen, in denen eine ältere Fassung der BauNVO anzuwenden ist, kann eine
Vergnügungsstätte ggf. auch als sonstiger nicht störender Gewerbebetrieb zulässig sein,
wenngleich sie im Regelfall in Wohngebieten wegen der Störung der Wohnruhe unzulässig
sein wird.
Weitere Regelungen zur Zulässigkeit von Vergnügungsstätten außerhalb des Baurechts
finden sich insbesondere im Ausführungsgesetz NRW zum Glücksspielstaatsvertrag (AG
GlStV NRW) sowie in der Glücksspielverordnung NRW (GlüSpVO NRW). So sind nach
§ 16 Abs. 3 AG GlStV NRW Spielhallen im Regelfall nur mit einem Mindestabstand von
350 m zueinander und zu Schulen etc. zulässig. § 22 Abs. 1 GlüSpVO NRW fordert einen
zwingenden Mindestabstand von Wettbüros untereinander und zu Schulen etc. von 200 m.
Einen Mindestabstand zwischen Spielhallen und Wettbüros gibt es indes nicht. Jedoch ist
nach dem AG GlStV NRW bzw. der GlüSpVO NRW in Wettbüros das Aufstellen von
Spielgeräten unzulässig wie auch die Wettannahme in Spielhallen.
Bestand an Vergnügungsstätten in Bedburg
Bisher befinden sich nur einzelne Spielhallen im Stadtgebiet Bedburg. Diese sind von der
Größe bis auf eine den nicht-kerngebietstypischen Spielhallen zuzuordnen. Die
Spielhallenstandorte sind wie folgt:
Lindenstraße 35c, Bedburg
Friedrich-Wilhelm-Straße 5, Bedburg (geschlossen, baurechtlicher Bestandsschutz)
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STADT BEDBURG
Sitzungsvorlage
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St.-Rochus-Straße 10, Kaster
Am Rathaus 24, Kaster
Darüber hinaus befinden sich in verschiedenen gastronomischen Betrieben Spielgeräte.
Die Schwelle liegt hier nach der SpielV bei 3 Geld- und Warenspielgeräten pro
gastronomischen Betrieb. Wettbüros sind bisher in Bedburg nicht vorhanden.
Erfahrungswerte des Ordnungsamtes sowie des Bauamtes zeigen, dass es in den letzten
Jahren, abgesehen von einer Anfrage zur Errichtung einer Spielhalle am Bahnhof Bedburg
sowie im Industriepark Mühlenerft, keine Anträge zur Errichtung weiterer Spielhallen in
Bedburg gab. Gleichwohl gab es in den vergangenen Monaten teils lose und nunmehr eine
konkrete Anfrage zur Ansiedlung von Wettbüros. Dies konzentrierte sich jedoch in erster
Linie auf den Innenstadtbereich von Bedburg-Zentrum.
Vergnügungssteueraufkommen
Vergnügungsstätten (hier: Spielhallen) tragen wesentlich zum Aufkommen der
Vergnügungssteuer im Stadtgebiet Bedburg bei. Allein aus dem Betrieb der vorhandenen
Spielhallen im Stadtgebiet Bedburg betrug das Vergnügungssteueraufkommen in 2013 ca.
200.000 € pro Jahr (Gesamtvergnügungssteueraufkommen der Stadt Bedburg: ca.
250.000 €). Gleichwohl sollte die Entscheidung zur Ansiedlung von Vergnügungsstätten in
erster Linie aufgrund von städtebaulichen Überlegungen und nicht vorrangig unter
fiskalischen Aspekten getroffen werden.
Durch die Novelle des BauGB 2013 wurde den Kommunen die Möglichkeit eröffnet, im
unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) einfache Bebauungspläne zum Ausschluss von
Vergnügungsstätten aufzustellen, um somit eine Beeinträchtigung von Wohnnutzungen oder
anderen schutzbedürftigen Nutzungen oder der sich aus der vorhandenen Nutzung ergebenden
städtebaulichen Funktion eines Gebietes zu verhindern (§ 9 Abs. 2b BauGB).
Daher bleibt zu überlegen, ob zur Verhinderung der sich aus den vorgenannten Ausführungen
möglichen Auswirkungen für den Bereich der oberen Lindenstraße ein entsprechendes
Bebauungsplanverfahren eingeleitet werden soll. Dabei ist es auch möglich, das Bauvorhaben
zunächst nach § 15 BauGB für maximal ein Jahr zurückzustellen, um nach der Erarbeitung des
Vergnügungsstättenkonzeptes die Zulässigkeit von Vergnügungsstätten in diesem Bereich im
Rahmen des Bebauungsplans zu regeln. Voraussetzung für eine Zurückstellung wäre die Fassung
eines Aufstellungsbeschlusses, wie im Beschlussvorschlag aufgeführt. Der Geltungsbereich
erstreckt sich dabei auf einen Teilbereich der oberen Lindenstraße und ist aus dem beigefügten
Katasterauszug ersichtlich. Teile der oberen Lindenstraße, die nicht im Plangeltungsbereich
liegen, sind bereits durch andere Bebauungspläne überplant (BP 13 Bedburg, Gartenstraße, Ecke
Lindenstraße / BP 42 Bedburg, Bereich der Langemarckstraße). Hier ist zukünftig bei Bedarf
ebenfalls ggf. eine Anpassung des Planrechts notwendig.
Gleichzeitig empfiehlt es sich, nunmehr das erforderliche Vergnügungsstättenkonzept für Bedburg
zu erstellen. Dies soll durch ein externes Büro in Abstimmung mit der Fachverwaltung vergleichbar
dem Einzelhandelskonzept der Stadt Bedburg erfolgen. Die Erarbeitung des Konzeptes wird
voraussichtlich etwa ein Jahr in Anspruch nehmen. Die Kosten werden auf etwa 10.000 € –
15.000 € geschätzt.
Beispiele für Vergnügungsstättenkonzepte anderer Städte können hier abgerufen werden:
http://www.moenchengladbach.de/fileadmin/downloads/pdf/STADTRAT_VERWALTUNG/Vergn%C3%BCgungsstaettenkonzept_MG_1
0_08.pdf
http://www.bocholt.de/fileadmin/DAM/Fachbereich_30/Dokumente/bocholt_rathaus_planen_Vergnuegungsstaettenkonzept.pdf
Beschlussvorlage WP9-202/2014
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STADT BEDBURG
Sitzungsvorlage
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Mögliche Auswirkungen im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel:
Finanzielle Auswirkungen:
Nein
Ja
x - Es entstehen Planungskosten für die Bebauungsplanänderung sowie die
Aufstellung des Vergnügungsstättenkonzeptes.
Planungskosten etwa 8.000 €, Vergnügungsstättenkonzept etwa 15.000 €
Bei gesamthaushaltsrechtlicher Relevanz im laufenden oder in späteren Haushaltsjahren
Mitzeichnung oder Stellungnahme des Kämmerers:
Bedburg, den 19.12.2014
----------------------------------Rainer Köster
----------------------------------Herbert Baum
----------------------------------Sascha Solbach
Stellv. Fachbereichsleiter
Stadtkämmerer
Bürgermeister
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