Daten
Kommune
Bedburg
Größe
226 kB
Datum
24.03.2015
Erstellt
18.02.15, 18:01
Aktualisiert
18.02.15, 18:01
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www.im.nrw.de
Maßnahmen und Verfahren zur
Haushaltssicherung
06. März 2009
www.im.nrw.de
Vorbemerkungen
Ab dem Jahr 2009 führen alle Kommunen des Landes Nordrhein-Westfalen ihre Haushalte auf
der Basis der kaufmännischen doppelten Buchführung. Durch die Umstellung auf die Regeln
des Neuen kommunalen Finanzmanagements (NKF) ergeben sich unter anderem auch grundlegende Veränderungen im Bereich der Haushaltssicherung.
Zu den Grundsätzen des neuen Haushaltsrechts gehört es, das Eigenkapital zu erhalten, um
die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Kommunen zu gewährleisten. Die neue Orientierung am
Ressourcenverbrauch führt zu einer Veränderung der Tatbestandsvoraussetzungen für den
Haushaltsausgleich und für die Aufstellung eines Haushaltsicherungskonzeptes (HSK). Während die Kommune im kameralen Haushaltsrecht immer dann ein HSK aufzustellen hatte, wenn
der Haushalt unausgeglichen war, gibt nunmehr Fälle, in denen – trotz der Rechtspflicht zum
jährlichen Haushaltsausgleich – ein unausgeglichener Haushalt nicht zur Aufstellung eines HSK
verpflichtet. Dennoch sind auch in diesen Fällen Maßnahmen zur Haushaltssicherung erforderlich. Der Begriff der „Haushaltssicherung“ erstreckt sich somit nicht nur auf die Fälle, in denen
ein HSK aufzustellen ist, sondern auch auf den Haushaltsausgleich durch die Inanspruchnahme
der allgemeinen Rücklage unterhalb der Schwellenwerte für die Aufstellung des HSK. Allerdings
können Maßnahmen der Gemeinde zur Haushaltskonsolidierung auch schon dann geboten
sein, wenn der Haushaltsausgleich nur durch die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage
erreicht werden kann.
Eine neue Dimension der Haushaltssicherung ist erreicht, wenn die Überschuldung einer Kommune einzutreten droht und erst Recht wenn die Überschuldung bereits eingetreten ist. Die
Überschuldung liegt vor, wenn eine Gemeinde ihr Eigenkapital vollständig verbraucht hat. Sie
ist die dramatischste Fehlentwicklung des Haushalts. Die Gemeindeordnung enthält daher ein
striktes Überschuldungsverbot.
Das Innenministerium hat bereits in der Vergangenheit die Anwendung und Ausgestaltung der
rechtlichen Rahmenbedingungen für die Haushaltssicherung in Runderlassen geregelt. Ziel
dieser Erlasse war es, den Kommunalaufsichtsbehörden in Nordrhein-Westfalen einen einheitlichen Maßstab für ihre Aufsichtspraxis und den Kommunen klare Orientierungspunkte zu geben.
Eine unmittelbare rechtliche Außenwirkung gegenüber Kommunen haben sie nicht entfaltet. Im
Einzelnen waren dies folgende Erlasse:
: Runderlass vom 4. Juni 2003 mit Hinweisen zur vorläufigen Haushaltswirtschaft nach § 81
GO (infolge ungenehmigter Haushaltssicherungskonzepte)
: Runderlass vom 15. Juni 2004 zur Erweiterung des sog. Beförderungskorridors durch budgetartige Begrenzung der Personalausgaben
: Runderlass vom 28. Dezember 2005 zur Vorlage von Haushaltsicherungskonzepten und
Schriftform der Genehmigungsentscheidungen
: Runderlass vom 5. Januar 2006 zur Änderung des Handlungsrahmens für die Genehmigung
von Haushaltssicherungskonzepten (insbesondere Nr. 10 Steuerhebesätze)
: Runderlass vom 1. März 2006 zu Beförderungen in der vorläufigen Haushaltswirtschaft auf
Grundlage eines Personalausgabenbudgets
: Runderlass vom 24. November 2006 zu den Leistungsentgelten für Beamtinnen und Beamte
in Gemeinden mit einem Haushaltssicherungskonzept
Die genannten Runderlasse sind in diesem Leitfaden zusammengefasst, an die neuen Regelungen angepasst und soweit erforderlich ergänzt. Daher treten die Runderlasse mit Bekanntgabe dieses Leitfadens außer Kraft.
VORBEMERKUNGEN
Die Regelungen und Hinweise in diesem Leitfaden orientieren sich an der Notwendigkeit, den
erforderlichen Konsolidierungskurs in Kommunen fortzusetzen. Dabei werden Kommunen, denen es über einen längeren Zeitraum nicht gelingt, ein genehmigungsfähiges Haushaltssicherungskonzept vorzulegen, Handlungsspielräume eröffnet.
Vor diesem Hintergrund hat die Kommunalaufsicht die Möglichkeit, Handlungen von Kommunen
ohne genehmigtes Haushaltssicherungskonzept, die sich innerhalb des durch diese Hinweise
gesteckten Rahmens bewegen, nicht zu beanstanden. Zugleich bilden die Hinweise aber die
äußerste Grenze des kommunalaufsichtlich Hinnehmbaren. Wird diese Grenze überschritten,
müssen die verantwortlichen kommunalen Entscheidungsträger Konsequenzen – im Einzelfall
bis hin zu disziplinar-, schadenersatz- oder gar strafrechtlichen Folgen – erwarten.
Die möglichen Erleichterungen können aber grundsätzlich nicht für Kommunen gelten, die überschuldet sind bzw. denen die Überschuldung in der mittelfristigen Planungsperiode droht. In
diesen Fällen muss ein sehr strenger Konsolidierungskurs eingehalten werden.
Unabhängig davon muss ausdrücklich betont werden, dass eine kommunalaufsichtliche Duldung die Kommunen nicht vor Sanktionen Dritter schützen kann (z.B. von der Gerichtsbarkeit).
Die Verantwortung für finanzwirksame Entscheidungen von Kommunen liegt allein bei den Entscheidungsträgern vor Ort.
4
VORBEMERKUNGEN
Inhalt
1
Einführung
1.1
1.1.1
1.1.2
1.1.3
Überblick
Haushaltssicherung im NKF
Grundsätze
Fallvarianten für Haushaltssicherungsmaßnahmen – Überblick
7
7
7
10
1.2
Prüfung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft durch die Kommunalaufsicht
11
1.3
1.3.1
1.3.2
HSK und mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung
Auswirkungen des § 84 GO auf § 76 Abs. 1 S. 1 GO
Konsolidierungszeitraum nach § 76 Abs. 2 S. 2 GO
12
12
13
1.4
Haushaltssicherungsmaßnahmen in Kreisen
14
1.5
Haushaltssicherungsmaßnahmen in Zweckverbänden nach dem Gesetz über
kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG)
15
Verringerung der allgemeinen Rücklage und Fehlbetrag in der
Ergebnisrechnung
16
2.1
Verringerung der allgemeinen Rücklage gemäß § 75 Abs. 4 GO
16
2.2
2.2.1
2.2.2
16
17
17
18
2.2.5
Antrag / Verfahren
Frist und Genehmigungsfiktion
Keine Umgehung der Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes –
Analyse der Ursachen und des Umfangs des Eigenkapitalverzehrs
Genehmigung unter Bedingungen und mit Auflagen
Verhältnis des Anzeigeverfahrens gemäß § 80 Abs. 5 GO zur Genehmigung gemäß
§ 75 Abs. 4 GO
Verhältnis des § 75 Abs. 4 S. 4 GO zu § 76 und § 84 GO
2.3
2.3.1
2.3.2
2.3.3
2.3.4
2.3.5
Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung gemäß § 75 Abs. 5 GO
Inhalt des § 75 Abs. 5 GO
Pflicht zur Aufstellung eines HSK gemäß § 76 Abs. 1 S. 2 GO
Konsolidierungszeitraum in den Fällen nach § 75 Abs. 5 GO
Veränderungen in einem laufenden HSK
Rechtsfolgen des § 75 Abs. 5 GO
21
21
21
22
22
23
2.4
Vollständiger Verbrauch des Eigenkapitals– Verbot der Überschuldung
(§ 75 Abs. 7 GO)
23
3
Prüfpunkte für die Genehmigung eines HSK
24
3.1
Grundlagen
24
3.2
Anforderungen an ein HSK
25
2
2.2.3
2.2.4
INHALT
7
18
20
5
3.3
3.3.1
3.3.2
3.3.3
3.3.4
Prüfpunkte für ein HSK
Ergebnisplan
Finanzplan
Bilanz
Maßnahmen zur Umsetzung des HSK
27
28
35
35
36
4
Vorläufige Haushaltsführung bei nicht genehmigtem
Haushaltsicherungskonzept
37
4.1
Grundsätze
37
4.2
Vorläufige Haushaltsführung gemäß § 82 GO
37
4.3
Konsolidierungsfrist
39
4.4
Veräußerung von Vermögen
40
4.5
4.5.1
4.5.2
4.5.3
4.5.4
4.5.5
Aufnahme von Krediten für Investitionen
40
Die Erteilung der Genehmigung anhand von Prioritätenlisten
40
Zulässige Höhe der Kredite für Investitionen
41
Beteiligung der Kommunalaufsicht bei der Förderung neuer Investitions-maßnahmen 41
Investitions-Dringlichkeitslisten
42
Verfahren
45
4.6
Personalwirtschaftliche Maßnahmen
46
4.7
Freiwillige Leistungen
48
5
Umgang mit (drohender) Überschuldung
49
Anlage
6
INHALT
1
1.1
1.1.1
Einführung
Überblick
Haushaltssicherung im NKF
Die Gemeinden haben gemäß § 75 Abs. 1 S. 1 Gemeindeordnung Nordrhein-Westfalen (GO)
„ihre Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben
gesichert ist.“ Als wesentliche Grundlage hierfür wird auch im NKF der jährliche Haushaltsausgleich – in Planung und Rechnung – gefordert (§ 75 Abs. 2 GO). Des Weiteren „soll“ gemäß
§ 84 S. 3 GO auch die Ergebnis- und Finanzplanung für die dem Haushaltsjahr folgenden drei
Planungsjahre in den einzelnen Jahren ausgeglichen sein.
Die im NKF maßgebliche Orientierung am Ressourcenverbrauch führt in Verbindung mit der
Betonung der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung zu einer Veränderung der Tatbestandsvoraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) aufzustellen ist. Gemäß § 75 Abs. 4 GO a. F. war immer dann ein HSK aufzustellen, wenn der Haushalt
nicht ausgeglichen war, also einen Fehlbedarf im Verwaltungshaushalt aufwies. Entscheidender
Anknüpfungspunkt im NKF ist die Entwicklung des Eigenkapitalbestandes. § 75 Abs. 2 bis 5
und 7 GO statuieren als Grundlage der Haushaltswirtschaft und damit auch für Haushaltssicherungsmaßnahmen, dass nach der Gemeindeordnung ein Verbrauch des Eigenkapitals („Substanzverzehr“) möglichst zu vermeiden ist. Reicht die Ausgleichsrücklage zur (fiktiven) Deckung
eines Fehlbedarfs bzw. Fehlbetrags in Ergebnisplan und Ergebnisrechnung nicht aus, sind zur
Haushaltssicherung Maßnahmen einzuleiten (§§ 75 Abs. 4 und 5, 76 GO).
Haushaltssicherung erstreckt sich aber nicht nur auf die Ergebnisplanung und -rechnung und
die Bilanz als zwei „Säulen“ der kommunalen Finanzwirtschaft. Dadurch, dass § 75 Abs. 6 GO
verlangt, dass die Liquidität der Gemeinde einschließlich der Finanzierung der Investitionen
sicherzustellen ist, misst die GO auch der Finanzplanung und -rechnung als dritte Säule eine
erhebliche Bedeutung für eine geordnete Haushaltswirtschaft bei.
Zusammenfassend gilt deshalb, dass sich Haushaltssicherung im NKF auf alle drei Säulen der
kommunalen Finanzwirtschaft (Ergebnisplanung und -rechnung, Finanzplanung und -rechnung
und die Bilanz) erstrecken muss. Ziel der Haushaltssicherung ist es, einen ausgeglichenen
Haushalt nach § 75 Abs. 2 GO zu erreichen.
1.1.2
Grundsätze
Das NKF hat im kommunalen Haushaltsrecht zu grundlegenden Veränderungen geführt, die bei
der Haushaltssicherung zu berücksichtigen sind: Das Vermögen der Gemeinde und seine Veränderungen werden erfasst; die neu eingeführte Berücksichtigung des Werteverzehrs in Gestalt
von bilanziellen Abschreibungen und Rückstellungen sowie der Liquiditätskredite im Rahmen
der Verbindlichkeiten erfordern eine anders strukturierte Analyse der kommunalen Haushaltssituation. Sie ermöglichen und erfordern die Erstreckung von Haushaltssicherungsmaßnahmen
auf alle drei Säulen des NKF.
Im Folgenden werden die für die Haushaltssicherung heranzuziehenden und zu beachtenden
Grundsätze und Grundlagen im Überblick dargestellt. Gibt es bei einer haushaltsrechtlichen
Fragestellung mehrere Auslegungsvarianten, so sind diese Grundsätze und Grundlagen im
EINFÜHRUNG
7
Rahmen der systematischen Auslegung bzw. der Auslegung nach dem Normzweck zu berücksichtigen.
Sicherung der stetigen Aufgabenerfüllung und wirtschaftliche, sparsame und effiziente
Haushaltswirtschaft (§ 75 Abs. 1 GO)
In § 75 Abs. 1 S. 1 GO ist der zentrale Grundsatz niedergelegt, an dem sich die gesamte gemeindliche Haushaltswirtschaft zu orientieren hat. Die Gemeinde hat diese „so zu planen und
zu führen, dass die stetige Erfüllung ihrer Ausgaben gesichert ist.“ Um dies zu gewährleisten,
legt § 75 Abs. 1 S. 2 GO fest, dass die Haushaltswirtschaft „wirtschaftlich, effizient und sparsam“ zu führen ist Die Entscheidung des OVG unterstreicht die besondere Eigenverantwortung
der Kommunen für eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltsführung. (OVG Beschluss vom
17.12.2008, S.9).
Aus § 75 Abs. 1 S. 1 GO lässt sich außerdem das Gebot der Generationengerechtigkeit ableiten. Danach ist die Haushaltswirtschaft so zu führen, dass künftige Generationen nicht unzumutbar belastet werden.
Haushaltsausgleich in der Finanzplanungsperiode (§ 75 Abs. 2 und § 84 GO)
Auch im NKF gilt die Pflicht zum haushaltsjahrbezogenen Haushaltsausgleich (§ 75 Abs. 2 S. 1
GO). Der kommunale Haushalt ist ausgeglichen, „wenn der Gesamtbetrag der Erträge die Höhe
des Gesamtbetrages der Aufwendungen erreicht oder übersteigt“ (§ 75 Abs. 2 S. 2 GO). Die
GO gewährt den Gemeinden dadurch einen haushaltswirtschaftlichen Spielraum, dass zur Deckung eines Fehlbetrags die gemäß § 75 Abs. 3 GO bilanziell zu bildende Ausgleichsrücklage
herangezogen werden darf. Gemäß § 75 Abs. 2 S. 3 GO gilt die Verpflichtung zum Haushaltsausgleich in Planung und Rechnung als erfüllt, wenn der Fehlbetrag im Ergebnisplan und
der Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung durch diese Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage
gedeckt werden können (fiktiv ausgeglichener Haushalt).
Die Ausgleichsrücklage ist vor der Verringerung der allgemeinen Rücklage heranzuziehen (vgl.
dazu nähere Erläuterungen im NKF-Leitfaden „Anzeige der Haushaltssatzung“, Punkt 3.3.2).
Die Erforderlichkeit eines ausgeglichenen Haushalts beschränkt sich aber nicht auf das Haushaltsjahr. Um beurteilen zu können, ob die Aufgabenerfüllung auch „stetig“ gesichert ist, ist ein
mittelfristiger Planungszeitraum erforderlich. Deshalb hat die Gemeinde gemäß § 84 GO ihrer
Haushaltswirtschaft eine fünfjährige Ergebnis- und Finanzplanung zugrunde zu legen und in
den Haushaltsplan einzubeziehen. Gemäß § 84 S. 3 GO „soll“ die Ergebnis- und Finanzplanung
für die dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre in den einzelnen Jahren ausgeglichen
sein.
Durch die „Soll“-Regelung hat der Gesetzgeber festgelegt, dass es sich beim Haushaltsausgleich in den drei Planungsjahren der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung um die Regel
handelt, Ausnahmen hiervon also besonders rechtfertigungsbedürftig sind.
Kann ein Fehlbetrag im Haushalt nicht durch die Ausgleichsrücklage gedeckt werden, kommt es
zu einer Verringerung der allgemeinen Rücklage. Die Grenzwerte einer solchen – gemäß § 75
Abs. 4 S. 1 GO genehmigungspflichtigen – Eigenkapitalminderung sind in § 76 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
bis 3 GO benannt.
8
EINFÜHRUNG
Sicherstellung der Liquidität und der Finanzierung der Investitionen, angemessene Liquiditätsplanung (§ 75 Abs. 6 GO, § 86 GO und § 89 GO)
Gemäß § 75 Abs. 6 GO ist die Liquidität der Gemeinde, einschließlich der Finanzierung der
Investitionen, sicherzustellen.
Zur Erfüllung dieser Pflicht gestattet § 89 Abs. 2 GO der Gemeinde, „zur rechtzeitigen Leistung
ihrer Auszahlungen“ Kredite zur Liquiditätssicherung bis zu dem in der Haushaltssatzung festgesetzten Höchstbetrag aufzunehmen, soweit dafür keine anderen Mittel zur Verfügung stehen.
Die Funktion dieser Kredite erschöpft sich also in der Sicherstellung rechtzeitiger Auszahlungen. Sie dienen nur dazu, den echten Liquiditätsbedarf der Kasse zu decken und sind in ihrer
Höhe auf diesen zu reduzieren.
§ 89 Abs. 1 GO verlangt zudem, dass die Gemeinde ihre Zahlungsfähigkeit durch eine angemessene Liquiditätsplanung sicherstellt.
Kredite nach § 86 GO dürfen nur für Investitionen unter der Voraussetzung des § 77 Abs. 3 GO
und zur Umschuldung (von Krediten für Investitionen und nicht von Krediten zur Liquiditätssicherung) aufgenommen werden.
Vermeidung eines Substanzverzehrs und Verbot der Überschuldung (§ 75 Abs. 2 bis 5
und 7 GO)
Im NKF gilt grundsätzlich das Gebot, das gemeindliche Eigenkapitals zu erhalten und damit
einen „Substanzverzehr“ zu vermeiden. Nach der Legaldefinition in § 75 Abs. 7 S. 2 GO ist die
Gemeinde überschuldet, wenn nach der Bilanz das Eigenkapital aufgebraucht wird. Dies ist der
Fall, wenn auf der Aktivseite der Bilanz ein Bilanzposten „Nicht durch Eigenkapital gedeckter
Fehlbetrag“ anzusetzen ist. Daraus kann abgeleitet werden, dass das Eigenkapital einer Gemeinde wenigstens 1 Euro betragen muss.
Wiederherstellung der geordneten Haushaltswirtschaft und Sicherung der dauerhaften
Leistungsfähigkeit (§ 76 Abs. 1 S. 1 Halbsatz. 1, § 76 Abs. 2 S. 1 GO, § 86 GO)
Im Rahmen der Regelung des HSK in § 76 GO wird das Ziel der Haushaltssicherung nachdrücklich als zukunftsgerichtete, dauerhafte Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit der Gemeinde definiert und in § 76 Abs. 2 S. 1 GO der Begriff der „geordneten Haushaltswirtschaft“
geprägt.
Haushaltssicherungsmaßnahmen müssen sich daher daran messen lassen, dass sie zu einer
solchen „dauernden Leistungsfähigkeit“ führen und nicht lediglich kurzfristig auf eine „Genehmigungsfähigkeit“ durch eine formelle Einhaltung der gesetzlichen Grenzen abzielen.
Für die Aufnahme von Krediten nach § 86 GO gilt der Subsidiaritätsgrundsatz nach § 77 Abs. 3
GO. Danach darf die Gemeinde Kredite nur aufnehmen, wenn eine andere Finanzierung nicht
möglich ist oder wirtschaftlich unzweckmäßig wäre.
EINFÜHRUNG
9
Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung
Durch § 77 Abs. 2 Nr. 1 GO wird für die Finanzmittelbeschaffung der Gemeinden der Vorrang
spezieller Entgelte „soweit vertretbar und geboten“ vor der Steuerfinanzierung einer Leistung
statuiert. Nur soweit die Erhebung spezieller Entgelte nicht in Betracht kommt, hat die Gemeinde gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 2 GO zur Erfüllung ihrer Aufgaben erforderliche Finanzmittel „aus
Steuern zu beschaffen, soweit die sonstigen Finanzmittel nicht ausreichen.“ Die Aufnahme von
Krediten steht in der Rangfolge der Beschaffung von Finanzmitteln an letzter Stelle. Da sie im
Hinblick auf den Schuldendienst eine Vorbelastung künftiger Haushalte darstellen, kommt ihre
Aufnahme nur subsidiär nach Ausschöpfung aller anderen Deckungsmöglichkeiten in Betracht,
das heißt, wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder unzweckmäßig wäre.
Gerade Gemeinden, die ihren Haushalt nicht ausgleichen können, haben den Vorrang der Finanzmittelbeschaffung durch spezielle Entgelte besonders ernsthaft zu prüfen, weil sie alle
Möglichkeiten zur Erzielung von Erträgen/Einzahlungen ausschöpfen müssen. Die Haushaltssituation dieser Kommunen ist in der Regel dadurch geprägt, dass die Erträge die Aufwendungen
nicht decken. Daher würde ein Verzicht auf eine mögliche Erhebung spezieller Entgelte wegen
der schlechten Haushaltslage zwingend zu einer Aufnahme von Krediten zur Liquiditätssicherung führen. Eine solche Haushaltswirtschaft ist mit den haushaltsrechtlichen Grundsätzen (insbesondere unter dem Aspekt der Generationengerechtigkeit) nicht vereinbar. Das Merkmal der
"Gebotenheit" verlangt eine Prüfung der Erhebung spezieller Entgelte unter haushaltswirtschaftlichen Gesichtspunkten. In Gemeinden mit defizitärer Haushaltslage ist die Erhebung vertretbarer Entgelte grundsätzlich im Sinne der Gemeindeordnung "geboten". Die Leistungsfähigkeit der
möglichen Adressaten der Entgeltpflicht ist dann mit der haushaltswirtschaftlichen Situation der
Kommune abzuwägen. Die Kommunen haben durch das Kriterium „Vertretbarkeit“ die Möglichkeit, bei der Ausgestaltung der Entgelte soziale Belange zu berücksichtigen.
1.1.3
Fallvarianten für Haushaltssicherungsmaßnahmen – Überblick
Das Eigenkapital setzt sich in der Bilanz aus mindestens vier Positionen zusammen (vgl. § 41
Abs. 4 Nr. 1 GemHVO): Der allgemeinen Rücklage, der Sonderrücklagen, der Ausgleichsrücklage und der Position Jahresüberschuss /Jahresfehlbetrag.
Nicht jede Eigenkapitalminderung führt zur Pflicht, ein HSK aufzustellen. Zunächst ist die Gemeinde berechtigt, die gemäß § 75 Abs. 3 GO bilanziell zu bildende Ausgleichsrücklage zur
Deckung heranzuziehen. Gemäß § 75 Abs. 2 S. 3 GO gilt die Verpflichtung zum Haushaltsausgleich in Planung und Rechnung als erfüllt, wenn der Fehlbedarf im Ergebnisplan bzw. der
Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt
werden kann (sog. fiktiv ausgeglichener Haushalt).
Gelingt es nicht, den Fehlbetrag vollständig durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage zu
decken, kommt es zu einer Verringerung der allgemeinen Rücklage. Diese Verringerung ist
gemäß § 75 Abs. 4 S. 1 GO selbstständig genehmigungspflichtig, solange sie unterhalb der
Schwellen des § 76 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 GO bleibt.
Die Genehmigungspflicht gemäß § 75 Abs. 4 GO ist durch das NKF neu eingeführt worden und
unterstreicht den Befund, dass ein zentrales Gebot der Haushaltswirtschaft der Erhalt des Eigenkapitals ist. Mit ihr wird das gesetzgeberische Ziel verfolgt, vor einer Überschreitung der
Schwellen des § 76 Abs. 1 GO auf eine Wiederherstellung des Haushaltsausgleichs i. S. § 75
Abs. 2 und damit auf Ziele der Haushaltssicherung Einfluss nehmen zu können. Zugleich er-
10
EINFÜHRUNG
leichtert es die Norm, auch einen „schleichenden“ Verzehr des Eigenkapitals zu bemerken und
diesem frühzeitig entgegenzuwirken.
1.2
Prüfung der gemeindlichen Haushaltswirtschaft durch die Kommunalaufsicht
Im Sinne der Haushaltsgrundsätze der Gemeindeordnung ist eine ausgeglichene Haushaltsund Finanzwirtschaft als Regelfall anzusehen, bei dem sich eine aufsichtsrechtliche Prüfung auf
das Anzeigeverfahren der Haushaltssatzung beschränkt. Relevante Fehlentwicklungen im
kommunalen Haushalt können zu unterschiedlichen Zeitpunkten und mit unterschiedlicher Intensität innerhalb des Zeitraumes der fünfjährigen Ergebnis- und Finanzplanung auftreten.
Deshalb wurde mit Einführung des NKF auch das Prüfungs- und Handlungssystem der Aufsicht
angepasst und differenziert. Dessen einzelne Tatbestände können unter drei Gesichtspunkten
geordnet werden:
a) Pflichten und Instrumentarien der Kommunalaufsicht in Abhängigkeit vom geplanten oder
festgestellten Maß der Verringerung des Eigenkapitals.
b) Zeitpunkt, in dem ein Fehlbedarf oder ein Fehlbetrag festgestellt werden (bei Beschluss
der Haushaltssatzung oder bei Bestätigung des Jahresabschlusses) und
c) Eingriffsintensität der aufsichtlichen Prüfung und Reaktion.
Der schon aus der kameralen Haushaltswirtschaft geläufige „Standardfall“ knüpft an den Zeitpunkt des Beschlusses der Haushaltssatzung an. Maßgeblich ist zu diesem Zeitpunkt, ob und
ggf. in welchem Umfang die Ausgleichsrücklage und die allgemeine Rücklage verringert werden
sollen. Die Eingriffsintensität richtet sich nach dem Maß der Verringerung und weist drei Stufen
auf:
1. Stufe: Der Haushalt wird gemäß § 75 Abs. 2 Satz 3 GO mit Hilfe der Ausgleichsrücklage
„fiktiv“ ausgeglichen: Die Gemeinde hat die vom Rat beschlossene Haushaltssatzung mit ihren
Anlagen der Aufsichtsbehörde anzuzeigen (§ 80 Abs. 5 S. 1 GO). Die Anzeigefrist, nach der die
Haushaltssatzung in der Regel öffentlich bekannt gemacht werden darf, beträgt einen Monat.
Eine Verkürzung oder Verlängerung der Frist „im Einzelfall aus besonderem Grund“ ist als Ermessensentscheidung der Aufsichtsbehörde zulässig (§ 80 Abs. 5 S. 3 f. GO).
2. Stufe: Die Haushaltssatzung sieht (nachdem die Ausgleichsrücklage bereits vollständig verbraucht ist) eine Verringerung der allgemeinen Rücklage vor, ohne die Schwellenwerte des § 76
GO zu überschreiten: Die Gemeinde muss bei der Aufsichtsbehörde im Rahmen der Anzeige
der Haushaltssatzung die Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage gemäß
§ 75 Abs. 4 GO beantragen; die Genehmigung kann gemäß § 75 Abs. 4 S. 3 GO unter Bedingungen und mit Auflagen erteilt werden. Dabei ist die Frist nach § 75 Abs. 4 Satz 2 GO zu beachten: „Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Aufsichtsbehörde nicht innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrages der Gemeinde eine andere Entscheidung trifft.“ Parallel dazu
ist das Anzeigeverfahren für die Haushaltssatzung wie in Stufe 1 durchzuführen.
3. Stufe: Die Verringerung der allgemeinen Rücklage überschreitet die in § 76 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
bis 3 GO genannten Schwellenwerte. Folgende Fallvarianten sind denkbar:
a) Die Gemeinde stellt gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 GO ein HSK auf, dass gemäß § 76 Abs. 2
GO der Genehmigung der Aufsichtbehörde – ggf. unter Bedingungen und mit Auflagen –
bedarf. Sie erkennt diese Verpflichtung und kommt ihr nach.
EINFÜHRUNG
11
b) Die Gemeinde geht davon aus, trotz Verringerung der allgemeinen Rücklage kein HSK
aufstellen zu müssen. Die Aufsichtsbehörde stellt dagegen fest, dass einer der Fälle des
§ 76 Abs. 1 S. 1 GO vorliegt; in diesem Fall hat sie der Gemeinde die Verpflichtung aufzuerlegen, ein HSK aufzustellen, § 75 Abs. 4 S. 4 GO.
In beiden Fällen ist eine selbstständige Genehmigung der Verringerung der allgemeinen Rücklage nach § 75 Abs. 4 GO nicht erforderlich. Sie wird durch die weitergehende Pflicht zur Aufstellung des genehmigungspflichtigen HSK erfasst. Stellt die Gemeinde dennoch einen Antrag
nach § 75 Abs. 4 GO, ist dieser abzulehnen. In diesem Fall ist die Ablehnung schriftlich innerhalb der Monatsfrist des § 75 Abs. 4 GO vorzunehmen, damit keine Zweifel oder Missverständnisse auftreten, die sich aus der Genehmigungsfiktion ergeben könnten. In beiden Fällen ist
parallel dazu das Anzeigeverfahren für die Haushaltssatzung wie in Stufe 1 durchzuführen, ggf.
ist die Anzeigefrist zu verlängern (vgl. Fall b).
Ein Handeln der Aufsichtsbehörde ist auch nach der gemeindlichen Bestätigung des Jahresabschlusses im Falle einer Anzeige gemäß § 75 Abs. 5 i. V .m. § 95 Abs. 3 GO zu prüfen:
: Gemäß § 75 Abs. 5 GO hat die Gemeinde der Aufsichtsbehörde unverzüglich anzuzeigen,
wenn die Ergebnisrechnung bei der Bestätigung des Jahresabschlusses gemäß § 95 Abs. 3
GO trotz eines ursprünglich ausgeglichenen Ergebnisplanes einen Fehlbetrag oder einen höheren Fehlbetrag als im Ergebnisplan vorgesehen ausweist. Die Aufsichtsbehörde kann in
diesem Fall, je nachdem, wie stark die Haushaltswirtschaft durch den Fehlbetrag beeinträchtigt wird, alle ihr zur Verfügung stehenden Aufsichtsmittel einsetzen.
: Gemäß § 76 Abs. 1 S. 2 GO gilt die Pflicht zur Aufstellung eines HSK entsprechend bei der
Bestätigung über den Jahresabschluss gemäß § 95 Abs. 3 GO.
Grundsätzlich ist die Kommunalaufsicht bei einem unausgeglichenen Haushalt einer Gemeinde
zu kommunalaufsichtlichen Maßnahmen befugt, da ein unausgeglichener Haushalt stets den
haushaltsrechtlichen Grundsätzen widerspricht und daher auch bei Anzeigeverfahren das
kommunalaufsichtliche Instrumentarium nach Maßgabe der §§ 119 ff. GO zur Verfügung steht
(auch wenn es nicht, wie in § 75 Abs. 5 S. 2 GO, ausdrücklich erwähnt wird).
1.3
HSK und mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung
In § 76 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 3 GO sind drei Tatbestände normiert, deren Vorliegen eine Gemeinde zur Aufstellung eines HSK verpflichten. Diese Tatbestände werden im NKF-Leitfaden
„Haushaltssatzung“ unter Punkt 3.4 ausführlich erörtert, so dass unter Verweis auf die dortigen
Ausführungen nur folgende Aspekte zusätzlich angesprochen werden sollen.
1.3.1
Auswirkungen des § 84 GO auf § 76 Abs. 1 S. 1 GO
Zeitlicher Bezugsrahmen der einzelnen Tatbestände des § 76 Abs. 1 GO ist nicht nur das in
Planung befindliche Haushaltsjahr, sondern die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung nach
§ 84 GO. Daher ist bei der Prüfung einer Haushaltssatzung oder bei Vorlage einer Ergebnisrechnung immer der in § 84 GO bestimmte Zeitraum zu berücksichtigen. Es sind also auch die
dem zu planenden Haushaltsjahr (HHJ) folgenden drei Planungsjahre (HHJ + 1 bis 3) sowie das
Vorjahr zu beachten. Wird beispielsweise die Haushaltssatzung für das zu planende Haushalts-
12
EINFÜHRUNG
jahr angezeigt, so ist gemäß § 84 GO der fünfjährigen Ergebnis- und Finanzplanung folgender
Zeitrahmen zu Grunde zu legen:
Terminologie des § 84
GO:
Mittelfristige (fünfjährige)
Ergebnis- u, Finanzplanung
Terminologie des § 1
Abs. 3 GemHVO**
Im Beispiel:
Tabelle 1.
Laufendes
Haushaltsjahr
Haushaltsjahr
(geplant) *
1.
Planungsjahr
2.
Planungsjahr
3.
Planungsjahr
Vorjahr
Haushaltsjahr
HHJ
HHJ + 1
HHJ + 2
HHJ + 3
HHJ - 1
* Das Jahr, für das die Haushaltssatzung aufgestellt wird (Haushaltsplanjahr)
** Auf die Abbildung des Vorvorjahres wurde verzichtet
Tritt in diesem Planungszeitraum innerhalb eines Jahres eine Verringerung der allgemeinen
Rücklage gegenüber der Schlussbilanz des jeweiligen Vorjahres gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
GO um mehr als ein Viertel ein, so ist die Gemeinde gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 Halbsatz 1 und 2
GO verpflichtet, ein HSK aufzustellen.
Die HSK-Pflicht gilt auch, wenn im Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung
gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 GO die allgemeine Rücklage in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren um jeweils mindestens 5 % verringert werden soll. Sie gilt nach § 76 Abs. 1 S. 1 Nr.
3 GO auch, wenn im o. g. Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung die allgemeine Rücklage aufgebraucht wird.
Diese Auslegungen (vgl. auch NKF-Leitfaden „Haushaltssatzung“ Punkt 3.4) ergeben sich daraus, dass weder in Nr. 1 noch in Nr. 2 des § 76 Abs. 1 S. 1 GO eine Einschränkung auf das
laufende Haushaltsjahr i. S. des § 84 GO oder das Haushaltsjahr i. S. des § 1 Abs. 3 GemHVO
erfolgt; in Nr. 1 ist vielmehr allgemein von Veränderungen innerhalb „eines“ Haushaltsjahres
und in Nr. 2 von „zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren“ bei Aufstellung des Haushalts
die Rede. Der bei Aufstellung des Haushalts zu berücksichtigende Zeitraum der mittelfristigen
(fünfjährigen) Ergebnis- und Finanzplanung wird aber in § 84 GO ausdrücklich als solcher bestimmt, so dass die Norm eingreift, wenn die Überschreitung der Grenzwerte in diesem Zeitraum stattfindet.
1.3.2
Konsolidierungszeitraum nach § 76 Abs. 2 S. 2 GO
Das HSK bedarf gemäß § 76 Abs. 2 S. 2 GO der Genehmigung der Aufsichtsbehörde, die nur
erteilt werden kann, wenn aus dem HSK hervorgeht, dass spätestens im letzten Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung der Haushaltsausgleich nach § 75 Abs. 2 Satz 3 GO
wieder erreicht wird.
Bei der Berechnung dieses „Konsolidierungszeitraums“ ist aber folgende Konstellation zu berücksichtigen: Wenn die Überschreitung eines Grenzwertes in einer Gemeinde erstmals im 4.
Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung (HHJ + 2) auftritt, müsste der Haushaltsausgleich bei wörtlicher Anwendung der Vorschrift bereits im 5. Jahr der mittelfristigen
Ergebnis- und Finanzplanung (HHJ + 3) wieder erreicht werden. Träte der Fall erstmals im 5.
Jahr (HHJ + 3) auf, wäre das HSK nur genehmigungsfähig, wenn es im gleichen Jahr zum
Haushaltsausgleich führen würde.
EINFÜHRUNG
13
Um diese nicht sachgerechte Konstellation zu vermeiden, ist der Konsolidierungszeitraum nach
§ 76 Abs. 2 S. 2 GO so zu berechnen, dass die Ausgleichsfrist ab dem Jahr der Ursache für
den Eintritt der HSK-Pflicht (Ursachenjahr) berechnet wird. Daraus ergibt sich ggf. eine erweiterte mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung ab dem Ursachenjahr, obwohl die „normale“ mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung auf das Haushaltjahr abzustellen ist, in dem die HSKPflicht einsetzt. Die Berechnung, die auch im NKF-Leitfaden „Haushaltssatzung“ (Punkt 3.4)
zugrunde gelegt wird, führt für die Aufsichtsbehörde im o. g. Beispiel zu folgenden möglichen
Konsolidierungszeiträumen:
: Im 3. Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung (HHJ + 1) – Überschreitung des
Schwellenwertes gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder 2 GO: Ablauf der Frist zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs im HHJ + 4.
: Im 4. Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung (HHJ + 2) – Überschreitung des
Schwellenwertes gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder 2 GO: Ablauf der Frist zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs im HHJ + 5.
: Im 5. Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung (HHJ + 3) – Überschreitung des
Schwellenwertes gemäß § 76 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 oder 2 GO: Ablauf der Frist zur Wiedererreichung des Haushaltsausgleichs im HHJ + 6.
Im Ergebnis bedeutet dies: Liegt die Ursache, die eine Pflicht zur HSK-Aufstellung auslöst, z.B.
erst im letzten Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung gemäß § 84 GO, kann sich
der Konsolidierungszeitraum um maximal drei Jahre über den Planungszeitraum des § 84 GO
hinaus erstrecken. Die aufsichtsbehördliche Prüfung bezieht sich dann auf einen maximal siebenjährigen Konsolidierungszeitraum, weil die Pflicht zur Aufstellung eines HSK sofort beginnt.
Zur Berechnung der Konsolidierungsfrist in den Fällen, in denen die Pflicht zur Aufstellung eines
HSK durch § 75 Abs. 5 Satz 1 GO i. V. m. § 76 Abs. 1 Satz 2 GO ausgelöst wird, wird auf Abschnitt 2.2.3 verwiesen.
1.4
Haushaltssicherungsmaßnahmen in Kreisen
Die Kreise sind Gemeindeverbände nach Art. 28 Abs. 2 Satz 2 Grundgesetz. Daher gilt auch für
sie die verfassungsrechtlich geschützte Selbstverwaltungsgarantie. Als Selbstverwaltungskörperschaften haben auch die Kreise das Recht, ihre Haushaltswirtschaft eigenverantwortlich zu
führen. Die Einheit des alten wie des neuen Haushaltrechts gibt Kreisen gleiche haushaltsrechtliche Gestaltungsoptionen wie den kreisangehörigen Gemeinden. Die Umstellung auf das NKF
lässt die haushaltswirtschaftlichen Grundsätze im Verhältnis zwischen den Kreisen und ihren
kreisangehörigen Gemeinden also unverändert.
Das Recht auf eine eigenverantwortliche Haushaltswirtschaft der Kreise findet seinen Ausdruck
auch darin, dass durch den Verweis in § 53 Abs. 1 KrO NRW auf den 8. bis 12. Teil der Gemeindeordnung für die Haushaltswirtschaft der Kreise grundsätzlich die gleichen Regelungen
gelten wie für die Gemeinden. Dieser Verweis schließt die Regelungen zur Verringerung der
allgemeinen Rücklage und zum Haushaltssicherungskonzept (§§ 75 und 76 GO) ein. Ein Hinweis, dass der Gesetzgeber die Pflicht zur Aufstellung eines HSK für Kreise ausschließen wollte, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen. Insbesondere sieht § 53 Abs. 1 KrO NRW eine solche
Einschränkung nicht vor. Zudem ergibt sich aus der in § 26 Satz 2 Buchstabe g KrO NRW festgelegten Zuständigkeiten des Kreistags, dass die Regelungen zur Aufstellung eines HSK auch
für Kreise gelten.
14
EINFÜHRUNG
Sofern die rechtlichen Voraussetzungen vorliegen, sind die Kreise verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen und die Genehmigung der Aufsicht einzuholen. Im Rahmen der
Prüfung kann § 56 Abs.1 KrO NRW nur im Zusammenhang mit den weiteren haushaltsrechtlichen Vorschriften ausgelegt werden. Insbesondere kann trotz der Subsidiarität der Anhebung
der Kreisumlage (§ 56 Abs. 3 KrO NRW) die Verpflichtung des Kreises zur Rücksichtnahme auf
die Finanzkraft der kreisangehörigen Gemeinde (§ 9 Satz 2 KrO NRW) ausnahmsweise dazu
führen, dass für einen Kreis die Aufstellung eines HSK notwendig wird. Überschreitet die Verringerung der allgemeinen Rücklage die Schwellenwerte des § 76 GO, hat der Kreis unter Bezug auf § 56 KrO gegenüber der Aufsichtsbehörde besonders darzulegen, warum der Fehlbedarf durch eine Erhöhung der Umlage nicht auszugleichen ist.
Das HSK des Kreises darf nicht das Ziel verfolgen, Umlagebelastungen der kreisangehörigen
Gemeinden lediglich in die Zukunft zu verschieben. Es muss darstellen, dass der Haushaltsausgleich durch eigene Konsolidierungsmaßnahmen des Kreises erreicht wird.
Bei der Prüfung und Genehmigung von HSK durch die Aufsichtsbehörden sind diese Umstände
zu beachten und es ist darauf hinzuwirken, dass mit dem HSK des Kreises tatsächlich eine
nachhaltige Konsolidierung erfolgt; andernfalls wäre die Genehmigung des HSK zu versagen.
1.5
Haushaltssicherungsmaßnahmen in Zweckverbänden nach dem Gesetz über
kommunale Gemeinschaftsarbeit (GKG)
In § 18 Abs. 1 GKG ist unter der Überschrift "Haushaltswirtschaft und Prüfung" geregelt, dass
für die Haushaltswirtschaft des Zweckverbandes die Vorschriften für die Gemeinden sinngemäß
Anwendung finden. Die dort geregelten Ausnahmen spielen für die Haushaltssicherung keine
Rolle, so dass der 8. Teil der GO auch hier entsprechend anzuwenden ist.
Gemäß § 19 Abs. 1 S. 1 GKG erhebt der Zweckverband von den Verbandsmitgliedern eine
Umlage, soweit seine sonstigen Erträge die entstehenden Aufwendungen nicht decken. Die
Umlage ist gemäß § 19 Abs. 2 GKG für jedes Haushaltsjahr in der Haushaltssatzung neu festzusetzen. Die Festsetzung der Umlage bedarf der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
In § 19a GKG wird geregelt, dass auch Zweckverbände in der Bilanz eine Ausgleichsrücklage
zusätzlich zur allgemeinen Rücklage als gesonderten Posten des Eigenkapitals anzusetzen
haben (zur näheren Ausgestaltung der Rücklage siehe dort).
Aus diesen Vorschriften ergibt sich, dass auch für die Zweckverbände nach dem GKG die Vorschriften zum Haushaltsausgleich, zur Anzeige der Haushaltssatzung und zur Genehmigung
einer Verringerung der allgemeinen Rücklage sowie zur Pflicht, ein HSK aufzustellen, sinngemäß Anwendung finden. Daher sind auch hier die Regelungen dieses Leitfadens – insbesondere die Grundsätze für Haushaltssicherungsmaßnahmen in Kreisen (vgl. Punkt 1.4) – sinngemäß
zugrunde zu legen. Vorrangig ist aber darauf zu achten, dass Gebühren und Erträge im möglichen Umfang generiert werden bzw. eine angemessene Umlage erhoben wird.
EINFÜHRUNG
15
2
Verringerung der allgemeinen Rücklage
und Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung
Bei Anzeige der Haushaltssatzung gemäß § 80 Abs. 5 GO hat die Kommunalaufsichtsbehörde
unter dem Gesichtspunkt der Haushaltssicherung unter anderem zu prüfen, ob ein Fall des § 75
Abs. 4 GO vorliegt.
2.1
Verringerung der allgemeinen Rücklage gemäß § 75 Abs. 4 GO
Ein Eigenkapitalverzehr löst nicht automatisch die Pflicht zur Aufstellung eines HSK aus. Die
Gemeinde darf vielmehr zunächst gemäß § 75 Abs. 2 S. 3 GO einen Fehlbedarf im Ergebnisplan und einen Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung durch Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage decken. In diesem Fall „gilt“ die Pflicht zum Haushaltsausgleich „als erfüllt“ („fiktiver
Haushaltsausgleich“), obwohl eine Eigenkapitalverringerung stattfindet. Es handelt sich also um
eine zulässige Eigenkapitalverringerung, die Vorrang vor einer genehmigungspflichtigen Verringerung der allgemeinen Rücklage (vgl. NKF-Leitfaden „Anzeige der Haushaltssatzung“, Punkt
3.3.2 f.) hat. Der auf diesem Wege ausgeglichene Haushalt muss gemäß § 80 Abs. 5 S. 1 GO
der Aufsichtsbehörde angezeigt werden.
Kann ein Fehlbedarf im Ergebnisplan demgegenüber ganz oder teilweise nicht durch eine Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage gedeckt werden, kommt es zu einem weiteren Verzehr
des Eigenkapitals durch eine Verringerung der allgemeinen Rücklage. Diese Verringerung ist
gemäß § 75 Abs. 4 S. 1 GO genehmigungspflichtig und muss ebenso wie die Verringerung der
Ausgleichsrücklage in der Haushaltssatzung festgesetzt werden (§ 78 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GO).
2.2
Antrag / Verfahren
Gemäß § 75 Abs. 4 GO bedarf die Verringerung der allgemeinen Rücklage der Genehmigung,
wenn sie „bei der Aufstellung der Haushaltssatzung ... vorgesehen“ wird. Der Wortlaut legt zunächst nahe, dass der Antrag von der Gemeinde zu stellen ist, wenn und sobald sich die Verringerung der allgemeinen Rücklage im Haushaltsaufstellungsverfahren zeigt. Daraus ergäbe
sich in der Konsequenz, dass die Gemeinde den Antrag stellen kann oder gar stellen muss,
bevor der Beschluss über die Haushaltssatzung erfolgt.
Diese ausschließlich auf den Wortlaut abgestellte Auffassung verfehlt aber Ziel und Zweck der
gesetzlichen Norm. Mit einer über Entnahmen aus der allgemeinen Rücklage hinaus gehenden
Eigenkapitalverringerung wird aufgezeigt, dass sich die finanzielle und wirtschaftliche Lage der
Gemeinde bereits so stark verschlechtert hat, dass eine ordnungsgemäße Haushaltswirtschaft
nur mit (ggf. zusätzlichen) Konsolidierungsmaßnahmen wieder erreicht werden kann, die der
besonderen aufsichtsbehördlichen Überwachung bedürfen. Eine Analyse der insoweit gegebenen wirtschaftlichen Lage der Gemeinde kann die Aufsichtsbehörde nur vornehmen, wenn ihr
mindestens die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen nach §§ 78 Abs. 2, 79 und 80 GO i. V. m.
§§ 1 bis 10 GemHVO vorliegen. Beim ersten NKF-Haushalt gehört mindestens der vom Bürgermeister oder der Bürgermeisterin bestätigte Entwurf der Eröffnungsbilanz zu den erforderlichen Antragsunterlagen (§ 92 Abs. 1, § 95 Abs. 3 GO). Je nach Zeitpunkt der Einholung der
Genehmigung gehört der vom Bürgermeister oder der Bürgermeisterin bestätigte Entwurf des
Jahresabschlusses zu den notwendigen Unterlagen (§ 95 Abs. 3 GO).
Eine Vorlage des Entwurfes der Anlagen im Sinne der §§ 78 Abs. 2, 79 und 80 GO i. V. m. §§ 1
bis 10 GemHVO ist nach der gesetzlichen Norm nicht ausreichend: Die Aufsichtsbehörde soll
16
ALLGEMEINE RÜCKLAGE UND FEHLBETRAG
die Unterlagen prüfen, die den verbindlich in Satzungsform festgelegten Willen des Rates dokumentieren. Solange die Haushaltssatzung mit ihren Anlagen nicht vom Rat beschlossen wurde, handelt es sich bei dem Entwurf lediglich um ein „Internum“ der Gemeinde, dessen Änderung durch den Rat noch möglich ist. Daher kann die Aufsichtsbehörde die Genehmigung der
Verringerung der allgemeinen Rücklage wirksam nur unter Vorlage der vom Rat beschlossenen
Haushaltssatzung mit ihren Anlagen prüfen und erteilen. Die Aufsichtsbehörde hat einen vor
dem Anzeigeverfahren der Haushaltssatzung gestellten Antrag abzulehnen und die Gemeinde
darauf hinzuweisen, dass die Genehmigung gleichzeitig mit der Anzeige der vom Rat beschlossenen Haushaltssatzung und ihren Anlagen zu beantragen ist.
Dies schließt nicht aus, seitens der Gemeinde frühzeitig mit der Aufsichtsbehörde Kontakt aufzunehmen, um die Rahmenbedingungen für eine Genehmigungsfähigkeit einer Verringerung
der allgemeinen Rücklage zu besprechen.
2.2.1
Frist und Genehmigungsfiktion
Gemäß § 75 Abs. 4 S. 2 GO gilt die Genehmigung der Verringerung der allgemeinen Rücklage
als erteilt, „wenn die Aufsichtsbehörde nicht innerhalb eines Monats nach Eingang des Antrages
der Gemeinde eine andere Entscheidung trifft.“
Der Fristlauf beginnt also mit Eingang der Anzeige der Haushaltssatzung bei der Aufsichtsbehörde, die den Antrag der Gemeinde enthält. Vollständig ist ein Antrag, wenn mit ihm die im
vorstehenden Punkt 2.2 erläuterten Unterlagen beigefügt sind.
Für die Fristberechnung gelten gemäß § 31 Abs. 1 VwVfG NRW die §§ 187 bis 193 BGB entsprechend, soweit nicht durch § 31 Abs. 2 bis 5 VwVfG NRW etwas anderes bestimmt ist.
Anders als bei der Anzeige der Haushaltssatzung nach § 80 Abs. 5 S. 4 GO, bei der auch eine
Verlängerung der Anzeigefrist „aus besonderem Grund“ möglich ist, räumt § 75 Abs. 4 GO der
Aufsichtsbehörde eine Möglichkeit zur Fristverlängerung nicht ein. Die Aufsichtsbehörde muss
sich also der Frage der Genehmigungsfähigkeit auf Grundlage der vorgelegten Unterlagen umgehend widmen. Sie sollte die Genehmigung ablehnen, wenn die für die Beurteilung der Genehmigungsfähigkeit notwendigen Unterlagen und Auskünfte der Gemeinde nicht vollständig
vorliegen.
2.2.2
Keine Umgehung der Pflicht zur Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzeptes – Analyse der Ursachen und des Umfangs des Eigenkapitalverzehrs
Eine Gemeinde muss ein HSK aufstellen, wenn die Schwellenwerte des § 76 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
bis 3 GO überschritten werden. Wird die Genehmigung zur Verringerung der allgemeinen Rücklage beantragt, ist stets zu prüfen, ob die Schwellenwerte bei realistischer Betrachtung tatsächlich nicht erreicht werden. Als Maßstab bei der Prüfung der Ergebnisplanung sind z.B. die jeweils aktuellen Orientierungsdaten heranzuziehen. Weichen die Annahmen in der Ergebnisplanung von den Orientierungsdaten ab, so ist zu prüfen, ob die Abweichungen von der Gemeinde
plausibel begründet werden können.
Werden die Schwellenwerte des § 76 Abs. 1 GO im Haushaltsjahr oder in den weiteren drei
Planungsjahren bei realistischer Betrachtung überschritten, hat die Aufsichtsbehörde der Ge-
ALLGEMEINE RÜCKLAGE UND FEHLBETRAG
17
meinde entsprechend der gesetzlichen Verpflichtung aufzuerlegen, ein HSK aufzustellen (§ 75
Abs. 4 S. 4 GO; zum Verhältnis von § 75 Abs. 4 S. 4 GO und § 76 GO vgl. u. Punkt 2.2.5).
Aber auch eine Verringerung der allgemeinen Rücklage unterhalb der Schwellenwerte kann ein
haushaltswirtschaftlich unverträgliches Maß erreichen. Im Einzelfall kann der schleichende Verzehr des Eigenkapitals bei einer Gemeinde schwerwiegender sein, als das Erreichen oder Überschreiten des Schwellenwertes bei einer anderen Gemeinde mit anderen haushaltswirtschaftlichen Gegebenheiten.
In jedem Fall bedarf es einer Ursachenanalyse, um Ausmaß und Schwere der Verringerung der
allgemeinen Rücklage beurteilen zu können. Dazu sollen auch Kennzahlen herangezogen werden. Generell gilt: Je stärker die allgemeine Rücklage verringert wird, umso höher sind die Anforderungen an eine Konsolidierung. In die Prüfungen muss einbezogen werden, ob der Haushaltsausgleich in der mittelfristigen Ergebnisplanung wieder erreicht werden kann.
2.2.3
Genehmigung unter Bedingungen und mit Auflagen
Ergibt die Prüfung, dass die stetige Aufgabenerfüllung gefährdet ist, so ist die Genehmigung im
Rahmen einer Ermessensentscheidung unter Bedingungen oder mit Auflagen zu erteilen (§ 75
Abs. 4 S. 3 GO) oder zu versagen.
Als Auflagen und Bedingungen zu der Genehmigung können grundsätzlich alle Maßnahmen
gewählt werden, die auch für ein HSK in Betracht kommen. Je nach Ursache und Umfang der
Verringerung der allgemeinen Rücklage, unter Berücksichtigung der Eigenkapitalquote und der
aufgezeigten Wiedererlangung des Haushaltsausgleichs, müssen die Bedingungen und Auflagen abgestuft werden. Ihre Auswahl setzt eine fundierte Analyse des Haushalts und der vorgesehenen Konsolidierungsmaßnahmen voraus und stellt damit hohe Anforderungen an die Aufsichtsbehörden. Es muss geprüft und aufgezeigt werden, in welchem Umfang die Haushaltsverbesserungen realisierbar sind und an welcher Stelle ggf. zusätzliche Haushaltsverbesserungen erzielt werden können. Entscheidend ist, dass die Nebenbestimmungen sich an der individuellen Ausgangssituation und dem gesetzlichen Ziel orientieren, den Haushaltsausgleich herbeizuführen sowie in Zukunft ein HSK zu vermeiden.
2.2.4
Verhältnis des Anzeigeverfahrens gemäß § 80 Abs. 5 GO zur Genehmigung gemäß § 75 Abs. 4 GO
Die Genehmigung nach § 75 Abs. 4 GO kann nicht eigenständig und losgelöst von der Haushaltssatzung und den für das Anzeigeverfahren der Haushaltssatzung gemäß § 80 Abs. 5 GO
vorzulegenden Unterlagen geprüft und erteilt werden. Im Anzeigeverfahren der Haushaltssatzung sind bei einer Festsetzung der Verringerung der allgemeinen Rücklage deshalb folgende
Besonderheiten zu beachten.
Im Verfahren der Anzeige der Haushaltssatzung beginnt gemäß § 80 Abs. 5 GO der Lauf der
Monatsfrist, wenn die Gemeinde der Aufsichtsbehörde die vom Rat beschlossene Haushaltssatzung mit ihren Anlagen angezeigt hat. Die Haushaltssatzung darf frühestens einen Monat
nach der Anzeige bei der Aufsichtsbehörde öffentlich bekannt gemacht werden. Die Aufsichtsbehörde „kann im Einzelfall aus besonderem Grund die Anzeigefrist verkürzen oder verlängern.“ Zu beachten ist allerdings, dass eine Fristverlängerung eines „besonderen Grundes“
bedarf. Die Hinzufügung der Formulierung „im Einzelfall“ unterstreicht, dass die Regel die Prü-
18
ALLGEMEINE RÜCKLAGE UND FEHLBETRAG
fung des Haushalts innerhalb der Monatsfrist sein muss und allgemeine Erwägungen eine Verlängerung nicht zu begründen vermögen.
Bei der in das Anzeigeverfahren einzubeziehenden Genehmigung nach § 75 Abs. 4 GO ist allerdings die Genehmigungsfiktion zu beachten. Die Genehmigung gilt als erteilt, wenn die Aufsichtsbehörde nicht innerhalb eines Monats eine andere Entscheidung trifft. Die Monatsfrist in
§ 75 Abs. 4 S. 2 GO ist nicht verlängerbar, auch nicht aus besonderem Grund (siehe oben).
Obwohl im Verfahren der Anzeige der Haushaltssatzung die Genehmigung der Verringerung
der allgemeinen Rücklage zu erteilen ist, hat der jeweilige Fristablauf unterschiedliche Folgen.
Die Prüfung muss die vorgesehene Verringerung der allgemeinen Rücklage beinhalten, so dass
Entscheidungen sich sowohl auf die zu erteilende Genehmigung als auch auf die Anzeige der
Haushaltssatzung auszurichten hat. Es ist insbesondere stets die Möglichkeit und ggf. Notwendigkeit zu beachten, die Anzeigefrist gemäß § 80 Abs. 5 GO zu verlängern, jedoch bleibt die
Genehmigungsfrist davon unberührt. Folgende Fälle können auftreten:
Fall 1: Die Anzeige nach § 80 Abs. 5 GO erfolgt; sie beinhaltet keinen Antrag auf Genehmigung nach § 75 Abs. 4 GO.
Eine Verringerung der allgemeinen Rücklage wurde gemäß § 78 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 GO in der
Haushaltssatzung festgesetzt. Wird die Haushaltssatzung angezeigt, ohne dass gleichzeitig
eine Genehmigung der vorgesehenen Verringerung der allgemeinen Rücklage beantragt wird,
so wird empfohlen, einen Antrag nachzufordern. Die Frist des § 80 Abs. 5 GO läuft und muss
ggf. verlängert werden. Die Frist des § 75 Abs. 4 GO hat wegen des fehlenden Antrags noch
nicht begonnen.
Fall 2: Die Anzeige nach § 80 GO beinhaltet den Antrag nach § 75 GO Abs. 4.
Die Frist des § 75 Abs. 4 GO beginnt mit dem Eingang der Anzeige der Haushaltssatzung zu
laufen, die Anzeigefrist ebenfalls. Stellt sich innerhalb der Frist des § 75 Abs. 4 GO heraus,
dass
: eine Genehmigung nach § 75 Abs. 4 GO erforderlich ist und sie unter Bedingungen und mit
Auflagen erteilt werden soll, ist zu prüfen, ob deshalb die Anzeigefrist ggf. verlängert werden
muss. Dies kann gegeben sein, wenn Bedingungen von der Gemeinde zunächst zu erfüllen
sind, die das Anzeigeverfahren berühren.
: die Gemeinde ein HSK aufzustellen hat, so ist sie dazu gemäß § 75 Abs. 4 S. 4 i. V. m. § 76
Abs. 1 GO zu verpflichten (Näheres dazu siehe 2.2.5). Die Genehmigung nach § 75 Abs. 4
GO ist wegen der HSK-Pflicht abzulehnen; im Anzeigeverfahren ist innerhalb der (verlängerten) Anzeigefrist darauf hinzuweisen, dass die Haushaltssatzung gemäß § 80 Abs. 5 S. 5 GO
erst nach Erteilung der Genehmigung des HSK bekannt gemacht werden darf.
Fall 3: Die Genehmigung wird ohne gleichzeitige Anzeige der Haushaltssatzung beantragt.
Wird ausdrücklich nur die Genehmigung der Verringerung der allgemeinen Rücklage beantragt,
so kann darin zugleich – bei gleichzeitiger Vorlage der vollständigen Unterlagen – eine konkludente Anzeige der Haushaltssatzung liegen. Es ist umgehend mit der Gemeinde zu klären, ob
ihr Antrag zugleich die Anzeige der Haushaltssatzung beinhaltet. Falls ja, gelten die gleichen
Gesichtspunkte wie sie zu Fall 2 dargestellt wurden. Falls die Anzeige noch nicht erfolgen sollte, ist die Gemeinde auf ihre Anzeigepflicht und darauf hinzuweisen, dass der Lauf der Anzeigefrist noch nicht begonnen hat. Der Antrag auf Genehmigung ist deshalb abzulehnen.
ALLGEMEINE RÜCKLAGE UND FEHLBETRAG
19
2.2.5
Verhältnis des § 75 Abs. 4 S. 4 GO zu § 76 und § 84 GO
§ 75 Abs. 4 S. 4 GO lautet: „Sie [die Genehmigung] ist mit der Verpflichtung, ein HSK nach § 76
aufzustellen, zu verbinden, wenn die Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 vorliegen.“ Dazu wurden im Runderlass des Innenministeriums vom 9.06.2006 Auslegungshinweise gegeben.
Danach regelt § 75 Abs. 4 Satz 1 GO das Genehmigungserfordernis einer Verringerung der
allgemeinen Rücklage über die Ausgleichsrücklage hinaus. Ist die Ausgleichsrücklage ausgeschöpft und wird bei der Aufstellung der Haushaltssatzung eine Verringerung der allgemeinen
Rücklage vorgesehen, so bedarf dies nach § 75 Abs. 4 Satz 1 GO der Genehmigung der Aufsichtsbehörde.
Entsprechend der gesetzlichen Systematik besteht eine Genehmigungspflicht nach § 75 Abs. 4
GO nur dann, wenn eine Festsetzung der allgemeinen Rücklage in der Haushaltssatzung für
das betreffende Haushaltsjahr nach § 78 Abs. 2 Nr. 2 GO enthalten ist. Es besteht somit bei der
Aufstellung der Haushaltssatzung keine Genehmigungspflicht der Verringerung der allgemeinen
Rücklage, wenn diese lediglich im Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung
vorgesehen wird.
Eine Genehmigungspflicht im Vorgriff auf die dem Haushaltsjahr folgenden drei Planungsjahre
kann nicht auf den Wortlaut des § 75 Abs. 4 GO gestützt werden. Es fehlt die ausdrückliche
Bezugnahme auf den Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung.
Sofern die Genehmigung nach § 75 Abs. 4 GO mit der Verpflichtung zur Aufstellung eines HSK
nach § 76 Abs. 1 GO verbunden wird, kommt die Genehmigungsfiktion nach § 75 Abs. 4 S. 2
GO nicht zur Anwendung. Voraussetzung für die Anwendung der Genehmigungsfiktion ist es,
dass das Genehmigungserfordernis nach § 75 Abs. 4 S. 1 GO (Verringerung der allgemeinen
Rücklage unterhalb der Schwellenwerte nach § 76 GO) nicht von den Regelungen zur Aufstellung und Genehmigung eines HSK nach § 76 GO verdrängt wird.
Die Genehmigung des Haushaltssicherungskonzeptes nach § 76 Abs. 2 GO umfasst die Genehmigung nach § 75 Abs. 4 GO in den Fällen, in denen während der Laufzeit eines genehmigten Haushaltssicherungskonzeptes die allgemeine Rücklage in den dem Haushaltsjahr folgenden Jahren voraussichtlich zu verringern ist, unter folgender Maßgabe mit:
Die Vorgaben des Haushaltssicherungskonzepts sind eingehalten und in der jeweiligen Haushaltssatzung ist keine darüber hinausgehende Verringerung festgesetzt.
Nach § 76 Abs. 1 GO muss eine Gemeinde ein HSK aufstellen, wenn sich die allgemeine Rücklage durch Veränderungen in der Haushaltswirtschaft entweder innerhalb eines Haushaltsjahres
um mehr als 25 % zum Vorjahr verringert (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 GO) oder in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren jeweils um mehr als 5 % verringert (§ 76 Abs. 1 Nr. 2 GO).
Die Pflicht zur Aufstellung eines HSK in den Fällen des § 76 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GO besteht
auch dann, wenn die Verringerung der allgemeinen Rücklage oberhalb dieser Schwellenwerte
im Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung erfolgt, auch wenn im Haushaltsjahr selbst, für das der Haushalt aufgestellt wird, die Voraussetzungen für ein HSK (noch) nicht
vorliegen, d.h. die Schwellenwerte (noch) nicht überschritten werden. Anders als bei § 75 Abs.
4 GO wird die Verpflichtung zum HSK auch ohne eine entsprechende Festsetzung in der Haushaltssatzung für das betreffende Haushaltsjahr ausgelöst (s.o. Punkt 1.3.1).
Die Auslegung nach dem Sinn und Zweck des § 76 Abs. 1 Nr. 1 und 2 GO erfordert die Einbeziehung des Zeitraumes der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung. Der insoweit nicht
20
ALLGEMEINE RÜCKLAGE UND FEHLBETRAG
eindeutige Wortlaut der Vorschrift steht dem nicht entgegen: Die Auslegung berücksichtigt, dass
der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung im Rahmen der haushaltsrechtlichen Vorschriften eine größere Bedeutung zukommt. Die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung ist Bestandteil des Haushalts und muss auch bei den Vorschriften zur Haushaltskonsolidierung beachtet werden. Mit der Einbeziehung der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung in die
Haushaltskonsolidierung wird insbesondere § 84 Satz 3 GO Rechnung getragen. Danach soll
die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung in den einzelnen Jahren ausgeglichen sein.
Die Pflicht, ein HSK aufzustellen, beginnt ab dem Haushaltsjahr, für das der Haushalt aufgestellt wird. Die Frist für den Zeitpunkt, zu dem der Haushaltsausgleich nach § 76 Abs. 2 GO
wieder herzustellen ist, läuft allerdings erst ab dem Haushaltsjahr, in dem ein negatives Jahresergebnis tatsächlich zur Verringerung der allgemeinen Rücklage oberhalb des Schwellenwertes
führt. Damit werden mögliche Nachteile für die betroffenen Kommunen vermieden. Diese würden dann auftreten, wenn das auslösende Ereignis (Überschreitung des Schwellenwertes) erst
in der Zukunft eintritt, die Frist für die Genehmigungsfähigkeit (Frist zur Erreichung des Haushaltsausgleichs) aber bereits ab dem Haushaltsjahr, für das der Haushalt aufgestellt wird, liefe
(siehe Punkt 1.3.2).
Der Konsolidierungszeitraum reicht in diesen Fällen allerdings über den Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung, bezogen auf das Haushaltsjahr, für das der Haushalt aufgestellt wird, hinaus. Liegt das ein HSK auslösende Ereignis z.B. erst im letzten Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung (z.B. für den Haushalt 2009 im Jahr 2012) kann sich der
Zeitraum, bei dem für ein HSK grundsätzlich noch die Genehmigungsfähigkeit gegeben sein
kann, über maximal sieben Jahre ausdehnen (im Beispiel bis Ende des Jahres 2015).
Die Genehmigungsfristen bei § 76 Abs. 1 Nr. 1 und 2 gelten für § 76 Abs. 1 Nr. 3 entsprechend.
2.3
2.3.1
Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung gemäß § 75 Abs. 5 GO
Inhalt des § 75 Abs. 5 GO
Der § 75 Abs. 5 GO knüpft nicht an ein bereits aufgestelltes HSK an. Die Anzeigepflicht nach
dieser Vorschrift greift auch bei einem für das Haushaltsjahr (ursprünglich) ausgeglichenen
Ergebnisplan, wenn bei der Bestätigung des Jahresabschlusses ein Fehlbetrag entsteht oder
ein höherer Fehlbetrag als im Ergebnisplan ausgewiesen wird.
2.3.2
Pflicht zur Aufstellung eines HSK gemäß § 76 Abs. 1 S. 2 GO
Gemäß § 76 Abs. 1 S. 2 GO gilt die in Abs. 1 S. 1 dieser Vorschrift statuierte Verpflichtung zur
Aufstellung eines HSK entsprechend bei der Bestätigung über den Jahresabschluss gemäß
§ 95 Abs. 3 GO. Eine Gemeinde muss also auch dann ein HSK aufstellen, wenn der Fehlbetrag
in der Ergebnisrechnung die in § 76 Abs. 1 S. 1 GO festgelegten Schwellenwerte überschreitet.
Im Rahmen der Prüfung, ob die Pflicht der Gemeinde zur Aufstellung eines HSK eingetreten ist,
ist auch der Jahresabschluss des Vorjahres zu berücksichtigen. Grundsätzlich lassen sich die
folgenden Fälle, die die Gemeinde zur Aufstellung eines HSK verpflichten, unterscheiden:
ALLGEMEINE RÜCKLAGE UND FEHLBETRAG
21
Fall 1: Im bestätigten Jahresabschluss wird in der Ergebnisrechnung ein Fehlbetrag ausgewiesen. Die allgemeine Rücklage wird um mehr als 25 % verringert, während im Ergebnisplan dieses Haushaltsjahres dieser Schwellenwert noch unterschritten wurde. Folge: Die Gemeinde ist
verpflichtet, ein HSK aufzustellen (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 GO).
Fall 2: Im bestätigten Jahresabschluss wird in der Ergebnisrechnung ein Fehlbetrag ausgewiesen. Die allgemeine Rücklage wird um mehr als 5 % verringert, während im Ergebnisplan dieses Haushaltsjahres dieser Schwellenwert noch unterschritten wurde. Bereits im vorangegangenen Jahresabschluss lag eine Überschreitung dieses Schwellenwertes vor. Folge: Die Gemeinde ist verpflichtet, ein HSK aufzustellen (§ 76 Abs. 1 Nr. 2 GO).
Fall 3: Im bestätigten Jahresabschluss wird in der Ergebnisrechnung ein Fehlbetrag ausgewiesen. Die allgemeine Rücklage wird um mehr als 5 % verringert, während im Ergebnisplan dieses Haushaltsjahres der Schwellenwert unterschritten wurde. Im Ergebnisplan des laufenden
Haushaltsjahres wird der Schwellenwert von 5 % überschritten. Folge: Die Gemeinde ist verpflichtet, ein HSK aufzustellen (§ 76 Abs. 1 Nr. 2 GO).
2.3.3
Konsolidierungszeitraum in den Fällen nach § 75 Abs. 5 GO
Grundsätzlich läuft die Frist für die Genehmigungsfähigkeit des HSK nach § 76 Abs. 2 GO ab
dem die Ursache auslösenden Haushaltsjahr. Dies gilt grundsätzlich auch für das Entstehen der
Pflicht zur Aufstellung eines HSK aus Anlass des Jahresabschlusses. Weil die Kenntnis über
einen ein HSK auslösenden Fehlbetrag erst bei der Aufstellung des Jahresabschlusses im Folgejahr erlangt werden kann, ist es sachgerecht, die Frist für die Genehmigungsfähigkeit (Konsolidierungszeitraum) erst ab diesem Jahr beginnen zu lassen. Es gilt daher: Wird die Pflicht zur
Aufstellung eines HSK durch die Anzeige des bestätigten Jahresabschlusses ausgelöst, gilt
auch dann gemäß § 76 Abs. 2 Satz 3 GO, dass der Haushaltsausgleich spätestens im letzten
Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung wieder erreicht sein muss. Zeitlicher Bezugspunkt für das Ende der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung ist dabei das aktuelle
(laufende) Haushaltsjahr.
Beispiel:
Vorjahr
Aktuelles
(laufendes)
Haushaltsjahr
1. Planungsjahr
Jahr, für das der
Jahresabschluss
aufgestellt und
bestätigt wird.
Jahr, in dem der
bestätigte Jahresabschluss für
das Vorjahr vorgelegt wird.
Konsolidierungszeitraum
(Haushaltsjahr + 3)
2.3.4
2. Planungsjahr
3. Planungsjahr
(letztes Jahr der
mittelfristigen
Ergebnis- und
Finanzplanung)
Veränderungen in einem laufenden HSK
Ist die Gemeinde bereits unabhängig von der Anzeige eines bestätigten Jahresabschlusses zur
Umsetzung eines HSK verpflichtet und liegt der Fehlbetrag in der Ergebnisrechnung höher als
im Ergebnisplan, bleibt die bestehende Pflicht zum Haushaltsausgleich im Konsolidierungszeit-
22
ALLGEMEINE RÜCKLAGE UND FEHLBETRAG
raum des bereits laufenden HSK unberührt. Der Konsolidierungszeitraum wird durch die Pflicht
zur Aufstellung eines HSK nach § 75 Abs. 5 GO nicht verändert. Vielmehr bedarf es einer Überarbeitung und Anpassung des bereits laufenden HSK an die neuen Verhältnisse. Durch Intensivierung der vorgesehenen und der weiteren neuen Maßnahmen gilt es, den Haushaltsausgleich im genehmigten Zeitraum zu gewährleisten.
2.3.5
Rechtsfolgen des § 75 Abs. 5 GO
Gemäß § 75 Abs. 5 S. 2 GO kann die Aufsichtsbehörde „Anordnungen treffen, erforderlichenfalls diese Anordnungen selbst durchführen oder – wenn und solange diese Befugnisse nicht
ausreichen – einen Beauftragten bestellen, um eine geordnete Haushaltswirtschaft wieder herzustellen. §§ 123 und 124 gelten sinngemäß.“ Diese Befugnisse erlangen vor allem dann Bedeutung, wenn die Gemeinde nicht verpflichtet ist, aufgrund des Fehlbetrages in der Ergebnisrechnung ein HSK aufzustellen. Erweist sich der Fehlbetrag aber als so gravierend, dass ein
sofortiges Eingreifen geboten ist, so kann die Aufsichtsbehörde diese Mittel wegen der defizitären Haushaltslage unter Berücksichtigung des Bestehens einer HSK-Pflicht einsetzen. Dies
erfordert eine Ursachenanalyse, wie sie im Rahmen der Anwendung dieser Vorschrift vorzunehmen ist. Auch ist eine fundierte Analyse des Haushalts und der Konsolidierungsmöglichkeiten erforderlich.
Sofern die Haushaltssatzung für das aktuelle Haushaltsjahr bereits in Kraft ist und sich durch
den bestätigten Jahresabschluss des Vorjahres eine Verpflichtung zur Aufstellung eines HSK
ergibt, sollte der Gemeinde aus diesem Anlass und der damit verbundenen erheblichen Veränderung ihrer Finanzsituation aufgegeben werden, umgehend einschränkende Maßnahmen für
ihre Haushaltswirtschaft des laufenden Haushaltsjahres zu ergreifen, z. B. durch eine Haushaltssperre. Kann die Gemeinde kurzfristig ein genehmigungsfähiges HSK erstellen, soll sie
möglichst eine Nachtragshaushaltssatzung erlassen, damit das HSK zum Bestandteil der geltenden Haushaltssatzung wird. Kommt es nicht zu einer Nachtragshaushaltssatzung, ist das
HSK zum Bestandteil der Haushaltssatzung des nächst folgenden Haushaltsjahres zu machen.
Der Konsolidierungszeitraum bleibt dabei unberührt (vgl. Punkt 2.3.3).
2.4
Vollständiger Verbrauch des Eigenkapitals – Verbot der Überschuldung (§ 75
Abs. 7 GO)
Gemäß § 75 Abs. 7 GO darf sich die Gemeinde nicht überschulden. Sie ist überschuldet, wenn
nach der Bilanz das Eigenkapital vollständig aufgebraucht wird. Zum Umgang mit (drohender)
Überschuldung siehe Kapitel 5.
ALLGEMEINE RÜCKLAGE UND FEHLBETRAG
23
3
3.1
Prüfpunkte für die Genehmigung eines HSK
Grundlagen
Grundlagen für die Prüfung eines HSK ergeben sich aus der Gemeindeordnung und aus der
Gemeindehaushaltsverordnung.
Dabei sind zusammengefasst (siehe auch Punkt 1 und 2) insbesondere folgende Vorschriften
zu beachten:
: Der Haushaltsausgleich soll grundsätzlich dauerhaft erreicht werden. Deshalb soll der Haushalt nicht nur im Haushaltsjahr, sondern auch in den drei Planungsjahren der Mittelfristigen
Ergebnis- und Finanzplanungsperiode ausgeglichen sein (§ 84 GO).
: Ziel des HSK ist die Wiederherstellung und Sicherung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der
Gemeinde (§ 76 Abs. 1 und 2 GO) durch die Erreichung des Haushaltsausgleichs. Grundsätzlich müssen daher die Maßnahmen des HSK an der Höhe des Konsolidierungsbedarfs und
damit am Ziel des Haushaltsausgleichs ausgerichtet sein.
: Der Haushaltsausgleich soll durch das HSK zum nächstmöglichen Zeitpunkt (§ 76 Abs. 1 GO)
bzw. schnellstmöglich (§ 5 GemHVO) wieder erreicht werden.
: Das HSK ist durch die Gemeinde aufzustellen (§ 76 Abs. 1 GO). Bei der Aufstellung des HSK
haben Rat (§ 41 Abs. 1 Buchst. h GO), Bürgermeister (§ 62 Abs. 1 und § 80 GO), Kämmerer
(§ 80 GO) und Verwaltungsvorstand (§ 70 Abs. 2 Buchst. c GO) eine besondere Verantwortung, denn es ist ihre Pflicht, die Haushaltswirtschaft so zu planen und zu führen, dass die
stetige Erfüllung der Aufgaben gesichert ist (§ 75 Abs. 1 GO).
: Die Aufsichtsbehörde hat das HSK zu prüfen und über die Genehmigung zu entscheiden
(§ 76 Abs. 2 Satz 2 GO).
: Bei der Aufstellung und Umsetzung des HSK ist zu berücksichtigen, dass sich aus der Pflicht
zum Haushaltsausgleich (§ 75 Abs. 2 GO) und aus der Pflicht zur Genehmigung einer Verringerung der allgemeinen Rücklage (§ 75 Abs. 4 GO) für die Gemeinden das Gebot ergibt, das
Eigenkapital zu erhalten.
: Auf keinen Fall darf die Gemeinde ihr Eigenkapital vollständig aufbrauchen (§ 75 Abs. 7 GO).
Das Überschuldungsverbot hat u. a. das Ziel, schon im Falle einer drohenden Überschuldung
alle Maßnahmen zu ergreifen, mit denen ein Eintritt der Überschuldung vermieden werden
könnte. Dementsprechend müssen die Maßnahmen des HSK zur Abwendung einer drohenden Überschuldung angemessen und geeignet sein, das heißt, die Anforderungen an das
HSK sind dem Konsolidierungsbedarf entsprechend zu steigern.
: Die Gemeinde hat ihre Liquidität sicherzustellen (§ 75 Abs. 6 GO) und dazu eine angemessene Liquiditätsplanung sicherzustellen (§ 89 GO; § 30 Abs. 6 GemHVO). Die Planung und Sicherung der Liquidität bedarf bei der Beseitigung der entstandenen Fehlentwicklungen im
Sinne des § 5 GemHVO einer besonderen Beachtung und Prüfung in Verbindung mit dem
HSK.
: Das HSK ist verbindlich und mit dem Haushalt auszuführen (§ 79 Abs. 2 i. V. m. Abs. 3 GO).
24
GENEHMIGUNG EINES HSK
Wichtigster Maßstab für die Genehmigungsfähigkeit des HSK ist, dass der Haushaltsausgleich
spätestens im letzten Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung bezogen auf das
Ursachenjahr wieder erreicht wird (§ 76 Abs. 2 GO).
3.2
Anforderungen an ein HSK
Pflicht zur Aufstellung eines HSK / Beginn / Konsolidierungszeitraum
Die Pflicht zur Aufstellung eines HSK – siehe Kapitel 2 – besteht, wenn
: die allgemeine Rücklage um 25 % verringert werden soll (§ 76 Abs. 1 Nr. 1 GO),
: die allgemeine Rücklage in zwei aufeinanderfolgenden Haushaltsjahren um 5 % verringert
werden soll (§ 76 Abs. 1 Nr. 2 GO),
: die allgemeine Rücklage innerhalb des Zeitraums der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung aufgebraucht wird (§ 76 Abs. 1 Nr. 3 GO),
: die Gemeinde eine Genehmigung der Verringerung der allgemeinen Rücklage nach § 75 Abs.
4 GO beantragt und die Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 GO vorliegen,
: in dem bestätigten Jahrsabschluss die Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 GO vorliegen (§ 75
Abs. 5 GO i. V. m. § 76 Abs. 1 Satz 2 GO),
: die Voraussetzungen des § 76 Abs. 1 Satz 1 GO in den Planungsjahren der mittelfristigen
Ergebnis- und Finanzplanung vorliegen (§ 84 i. V. m. § 75 Abs. 2 GO).
Die Pflicht zur Aufstellung eines HSK beginnt mit dem Haushaltsjahr, in dem einer der genannten Tatbestände erfüllt ist (HSK-Startjahr).
Der Konsolidierungszeitraum im Sinne des § 75 Abs. 2 Satz 3 GO beginnt mit dem Haushaltsjahr, in dem eine Ursache für die Pflicht zur Aufstellung eines HSK entsteht (Ursachenjahr).
(Siehe auch Punkt 1.3.2).
Ende des HSK
Die Verpflichtung der Gemeinde zur Aufstellung eines HSK endet in dem Haushaltsjahr, in dem
der Haushaltsausgleich wieder erreicht wird. Erreicht wird der Haushaltsausgleich mit der Vorlage eines Haushaltsplans, der in Aufwendungen und Erträgen ausgeglichen ist und die künftige dauernde Leistungsfähigkeit der Gemeinde aufzeigt.
Ausgangslage, Ursachenanalyse, Bewertung und Dokumentation
Bei seiner erstmaligen Aufstellung ist dem HSK eine ausführliche Beschreibung der Ausgangslage und der Ursachen, die für den Eintritt der defizitären Situation verantwortlich sind, voranzu-
GENEHMIGUNG EINES HSK
25
stellen (§ 5 GemHVO). Dabei reicht es nicht aus, in allgemeiner Form auf externe belastende
Entwicklungen zu verweisen, die in gleicher oder ähnlicher Weise für alle kommunalen Gebietskörperschaften angeführt werden könnten.
Ab dem zweiten Jahr der Pflicht zur Aufstellung eines HSK (Fortschreibung und ggf. Erweiterung des HSK) sind Änderungen der Ausgangslage darzustellen. Außerdem ist über den Stand
der Umsetzung des HSK zu berichten. Dabei ist besonders auf die wesentlichen ergebnisrelevanten Veränderungen gegenüber dem Vorjahr hinzuweisen. Angelehnt an die Systematik des
zuletzt aufgestellten HSK ist dabei ein Soll-/Ist-Vergleich im HSK vorzunehmen und sind Abweichungen zu erläutern.
Eine umfassende Darstellung der haushaltswirtschaftlichen Situation ist der erste Schritt einer
Haushaltskonsolidierung und stellt die unverzichtbare Basis für alle weiteren Analysen und
Maßnahmen dar. Die Darstellung darf es nicht bei der reinen Beschreibung belassen, sondern
muss die vorgefundene Situation zwingend analysieren. Nur wenn die Ursachen der Fehlentwicklung aufgedeckt werden, kann eine Gemeinde wirksam auf die Haushaltskrise reagieren.
Mit der Darstellung und Analyse der Ist-Situation untrennbar verbunden ist die Bewertung der
Analyseergebnisse.
Im Rahmen der Beratung durch die Aufsichtsbehörde kann der Gemeinde empfohlen werden,
sich für die Analyse der haushaltswirtschaftlichen Situation an dem Analyserahmen zu orientieren, den die Kommunalaufsichtsbehörden bei ihrer Prüfung der kommunalen Haushaltssatzung
sowie des kommunalen Jahresabschlusses zugrunde legen (siehe entsprechende Leitfäden
des Innenministeriums NRW).
Haushaltskonsolidierung ist kein Prozess, der sich auf den kommunalen Kernhaushalt beschränken darf. Deshalb müssen in einem weiteren Analyseschritt auch die Beteiligungen auf
ihre haushaltswirtschaftliche Relevanz untersucht werden.
Bei der Aufstellung des HSK durch die Gemeinde empfiehlt es sich, darüber hinaus eine Analyse der Lücke zwischen ausgeglichenem Haushalt und prognostizierter Entwicklung in das HSK
aufzunehmen, denn für die Genehmigungsfähigkeit des HSK ist es entscheidend, dass es innerhalb des in § 76 Abs. 2 GO festgelegten Zeitraums den Ausgleich des Haushalts, d.h. die
Deckung der Aufwendungen durch Erträge, wieder erreicht.
Schließlich ist die Planung der Umsetzung der Maßnahmen zu dokumentieren, um die Nachhaltigkeit der Konsolidierung nachzuweisen und so auch § 5 Satz 2, 2. Halbsatz GemHVO Rechnung zu tragen.
Darstellung der Konsolidierungsmaßnahmen
Alle Konsolidierungsmaßnahmen sind im HSK detailliert unter Angabe der zu erwartenden Ergebnisverbesserungen darzustellen (§ 5 GemHVO). Dabei ist auch der voraussichtliche Zeitpunkt des Wirksamwerdens der Konsolidierungsmaßnahmen anzugeben. Ein Verweis auf den
Haushaltplan oder die mittelfristige Ergebnis- und Finanzplanung ist nicht ausreichend.
Die Konsolidierungsmaßnahmen sind für das Haushaltsjahr und den weiteren Zeitraum der
mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung konkret und prüffähig darzustellen. Geht der Konsolidierungszeitraum ausnahmsweise über den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung hinaus,
soll diese Darstellung im HSK grundsätzlich bis zur Wiedererlangung des Haushaltsausgleichs
erfolgen. Falls der Haushaltsplan nicht bis auf die Produktebene untergliedert sein sollte, hat die
26
GENEHMIGUNG EINES HSK
Darstellung der Konsolidierungsmaßnahmen auf der niedrigsten Ebene der produktorientierten
Gliederung des Haushaltes zu erfolgen unter Einbeziehung der Haushaltspositionen (§ 4
GemHVO i. V. m. §§ 2, 3 GemHVO).
Zur besseren Transparenz und Nachvollziehbarkeit ist eine ergänzende Erläuterung der Einzelmaßnahmen im HSK vorzunehmen. Die Auswirkungen der Konsolidierungsmaßnahmen
müssen im Haushaltsplan berücksichtigt sein.
Schriftform und Zeitpunkt der Vorlage
Haushaltsrechtlich ist das HSK eine verbindliche Anlage zum Haushaltsplan (§ 79 Abs. 2 GO;
§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GemHVO). Das HSK bedarf daher der Schriftform.
Der Pflicht zur Aufstellung eines HSK und zur Beantragung der Genehmigung des HSK können
sich Gemeinden nicht mit dem Argument entziehen, ihr HSK sei ohnehin nicht genehmigungsfähig (so auch noch mal bestätigt im OVG Beschluss vom 17.12.2008, S. 9). Ein Verzicht zur
Erstellung des gesetzlich verbindlich vorgeschriebenen HSK (und auch ein absichtliches, zeitliches Hinauszögern) unter Berufung auf eine behauptete „Vergeblichkeitsfalle“ (auch unter Berücksichtigung des Budgetrechtes des Rates) darf aufsichtlich nicht hingenommen werden.
Die Aufsichtsbehörden sind gebeten, darauf hinzuwirken, dass der Kommunalhaushalt und das
HSK unter Beachtung von § 80 Abs. 5 GO spätestens Ende November, d.h. einen Monat vor
Beginn des Haushaltsjahres, vorgelegt werden.
Die gemäß § 80 Abs. 4 GO vom Rat beschlossene Haushaltssatzung und das HSK werden der
Aufsichtsbehörde zur Prüfung vorgelegt. Erst nach Vorlage aller erforderlichen Unterlagen kann
eine abschließende Prüfung und Beurteilung durch die Aufsichtsbehörde erfolgen.
Das Ergebnis der Prüfung teilt die Aufsichtsbehörde der Gemeinde mit. Grundsätzlich kommt
nach allgemeinen verwaltungsrechtlichen Grundsätzen die Erteilung eines Verwaltungsaktes in
mündlicher Form in Betracht, wenn auf diese Weise der mit dem Verwaltungsakt verfolgte
Zweck erreicht werden kann. Davon ist jedoch in Anbetracht der Bedeutung der Versagung
einer Genehmigung des HSK für eine Gemeinde nicht auszugehen. In diesem Falle hat die
Kommunalaufsicht die Versagung der Genehmigung des HSK mit einer detaillierten Begründung in schriftlicher Form zu verfügen. Hiermit wird auch einem möglichen Informationsverlust
bei einer lediglich in mündlicher Form übermittelten Ablehnung gegenüber den finanzverantwortlichen Mitgliedern des Rates entgegen gewirkt.
3.3
Prüfpunkte für ein HSK
Zu den nachfolgend dargestellten Punkten soll das HSK Angaben und Erläuterungen enthalten.
Die inhaltliche Prüfung der Aufsichtsbehörde soll mindestens diese Prüfpunkte umfassen. Die
Prüfpunkte sind nicht abschließend aufgeführt. Je nach den örtlichen Verhältnissen und dem
Konsolidierungsbedarf können sich weitere, über den Katalog hinaus gehende Prüfpunkte ergeben.
Die Aufsichtsbehörde soll bei der Prüfung auch die Ergebnisse der Prüfungen der Gemeindeprüfungsanstalt berücksichtigen.
GENEHMIGUNG EINES HSK
27
Empfehlenswert ist, verfügbare Erkenntnisse aus interkommunalen Vergleichen und Kennzahlen (z.B. dem NRW-Kennzahlenset) in die Prüfung einzubeziehen und sich daraus ergebende
zusätzliche Hinweise auf Konsolidierungspotenziale der Kommune bekannt zu geben. Als einheitliche Vergleichsgrundlage kommen die finanzstatistischen Konten in Betracht.
3.3.1
Ergebnisplan
Aufwendungen
A) Aufwendungen allgemein
Die systematische Prüfung und Reduzierung der ordentlichen Aufwendungen bildet einen entscheidenden Bestandteil und Erfolgsfaktor eines HSK. Daher wird vorausgesetzt, dass die Gemeinde die Wahrnehmung ihrer Aufgaben in einem kontinuierlichen Prozess kritisch überprüft.
Nach Ansicht des OVG „kann sich eine Pflicht zur konkreten Einsparung im Einzelfall aus dem
Grundsatz der Sparsamkeit der Haushaltsführung aber jedenfalls erst dann ergeben, wenn eine
hinreichend gesicherte Tatsachengrundlage für die aus der Sparmaßnahme resultierenden
Folgewirkungen vorhanden ist.“ (Beschluss des OVG vom 17.12.2008)
Als Anhaltspunkt für die Prüfung der geplanten ordentlichen Aufwendungen im Haushaltsjahr
und im weiteren Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung sind die Orientierungsdaten des Landes heranzuziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um Landesdurchschnittswerte handelt. Die örtlichen Konsolidierungsanforderungen machen es in aller
Regel erforderlich, dass die Orientierungsdaten für die ordentlichen Aufwendungen von Gemeinden in der Haushaltssicherung als Obergrenze verstanden werden und eine deutliche Unterschreitung dieser Obergrenze angestrebt wird.
Je höher der Konsolidierungsbedarf des Haushalts einer Gemeinde ist, umso mehr bedarf es im
HSK insbesondere bei den ordentlichen Aufwendungen geeigneter Maßnahmen zur dauerhaften Rückführung dieses Aufwands sowie einer Unterschreitung der Orientierungsdaten und von
Durchschnittwerten vergleichbarer Gemeinden. Grundsätzlich ist von der Gemeinde in Betracht
zu ziehen, ob durch interkommunale Zusammenarbeit Aufwand zu reduzieren ist und Aufgaben
wirtschaftlicher wahrgenommen werden können.
B) Personalaufwendungen
Die Personalaufwendungen sind eine wichtige Komponente zur Konsolidierung eines Kommunalhaushaltes. Deshalb ist dem Stand der Personalaufwendungen und ihrer Entwicklung besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Ohne deutliche Entlastungen bei den Personalaufwendungen kann i. d. R. ein HSK nicht zum Erfolg geführt werden. Die aufgabenkritische Prüfung
des Personalbestandes ist als Daueraufgabe zu verstehen. Im HSK ist das Ziel einer Konsolidierung der Personalaufwendungen zu verfolgen. Um dieses Ziel zu erreichen, sind alle Einsparungsmöglichkeiten auszunutzen und in einem nachvollziehbaren aufgabenkritischen Konzept
darzustellen. Das Konzept muss mindestens zu folgenden Punkten Stellung beziehen und jeweils durch konkrete Maßnahmen hinterlegt sein:
: Analyse der Aufgabenstellung bei einer beabsichtigten Erst- bzw. Wiederbesetzung von Stellen:
28
GENEHMIGUNG EINES HSK
: Kann auf die Aufgabenerfüllung ganz oder teilweise verzichtet werden?
: Sind Standardabsenkungen bei der Aufgabenerfüllung möglich?
: Kann die Aufgabe durch organisatorische Maßnahmen mit weniger Personalaufwand bewältigt werden, z. B. durch Zusammenlegung und/oder Verlagerung von Arbeitsbereichen
oder durch Technikeinsatz oder durch interkommunale Zusammenarbeit?
: Kommt eine Besetzung mit einer niedrigeren Besoldungs- oder Entgeltgruppe in Betracht?
: Wiederbesetzungssperre von mindestens 12 Monaten auf allen Ebenen der Verwaltung, soweit nicht die Durchführung pflichtiger Aufgaben in ihrem Kernbestand gefährdet wird.
: Beförderungssperre von mindestens 12 Monaten.
: „Intern vor Extern“: Im Hinblick auf den Stellenabbau ist – soweit möglich – eine interne vor
einer externen Besetzung zu realisieren. Dabei ist auch eine Besetzung mit evt. Berufsrückkehrern mit Anspruch auf Weiterbeschäftigung zu bedenken.
: Sonstige Personalmaßnahmen: In welchen Bereichen kann der Personalaufwand durch sonstige Maßnahmen gesenkt werden, z. B. Überstundenregelung, Leistungsanreize?
Im Rahmen der Dokumentationspflicht (§ 5 GemHVO) soll dem HSK eine Übersicht beigefügt
werden, aus der sich die Entwicklung der Anzahl der Stellen laut Stellenplan, der Anzahl der
Beschäftigten sowie die Stellenanteile ergeben, jeweils ab dem Haushaltsjahr rückwirkend für
einen Zeitraum von 10 Jahren mit Angabe der durch „Aus- bzw. Eingliederungen“ bedingten
Veränderungen. Die Anzahl der Beschäftigten sowie die Stellenanteile sind fortzuschreiben.
C) Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen
Die Gemeinde soll die Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen regelmäßig sowohl bei
pflichtigen als auch bei freiwilligen Aufgaben auf Kosteneinsparungen prüfen und darlegen.
Organisatorische Veränderungen oder Optimierungen des Anlagevermögens können dazu beitragen, diese Aufwendungen deutlich zu reduzieren. Die Aufsichtsbehörde prüft, ob die erforderlichen und möglichen Anstrengungen zu entsprechenden Einsparungen erfolgt sind.
D) Bilanzielle Abschreibungen
Die Gemeinde soll im Rahmen eines nachhaltigen Vermögensmanagements das Anlagevermögen auf Optimierungspotenziale überprüfen, um wirksam einer hohen Abschreibungslast
entgegen zu wirken. Hinweise darauf kann die Kennzahl „Abschreibungsintensität“ (bilanzielle
Abschreibungen / ordentliche Aufwendungen x 100) geben. Bei der Prüfung ist jedoch zu beachten, dass eine unzulässige Belastung nachfolgender Generationen durch eine Verschiebung
von Aufwand in die Zukunft vermieden wird.
E) Transferaufwendungen
Allgemein gilt für die Gemeinde, dass auch bei den pflichtigen Transferaufwendungen alle Möglichkeiten einer Reduzierung auszuschöpfen sind. Bei Art, Umfang und Ermessensausübung
sind die Haushaltsgrundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit verstärkt zu beachten.
Gesetzliche Ansprüche sind mit dem Ziel zu überprüfen, sie auf kostengünstige Weise zu erfüllen.
Zuweisungen und Zuschüsse für laufende Zwecke
GENEHMIGUNG EINES HSK
29
Bei den Zuweisungen und Zuschüssen für laufende Zwecke können erhebliche Konsolidierungspotenziale bestehen. Auch vertraglich vereinbarte Zuschussregelungen sind mit dem Ziel
einer Anpassung an die schwierigeren Finanzverhältnisse zu überprüfen. Art und Höhe sowie
die zeitliche Bindung sind dabei im Verhältnis zur gegebenen Finanzsituation beständig mit dem
Ziel zu prüfen, auf Zuweisungen und Zuschüsse ganz zu verzichten oder diese zu begrenzen.
Schuldendiensthilfen
Nach den gleichen Maßstäben wie bei den Zuweisungen und Zuschüssen sind Schuldendiensthilfen auf Möglichkeiten zu Reduzierung zu prüfen.
Sozialtransferaufwendungen
Eine aufgabengerechte und wirtschaftliche Organisation der Leistungsbearbeitung kann zu
einer Konsolidierung ebenso beitragen wie ein wirtschaftliches Controlling der Abrechnungen
mit anderen oder übergeordneten Leistungsträgern. Gesetzliche Ansprüche gegenüber Drittverpflichteten sind nicht nur geltend zu machen sondern auch durchzusetzen. Bei gesetzlichen
Ermessens-, Bewertungs- und Beurteilungsspielräumen ist die Haushaltssicherungssituation zu
berücksichtigen. Hier bedarf es generell und im Einzelfall einer den örtlich schwierigen Finanzverhältnissen und der gegebenen Konsolidierungsaufgabe angepassten Praxis.
Steuerbeteiligungen, allgemeine Zuweisungen, allgemeine Umlagen
Soweit die Gemeinde auf die Höhe von Umlagen Einfluss nehmen kann (z.B. bei Zweckverbänden), sind Möglichkeiten zur Reduzierung der Umlagen auszuschöpfen. Bei der Begründung
darüber hinaus gehender Umlagen für weitere Aufgaben ist im Einzelfall die wirtschaftlichere
Aufgabenerledigung zu prüfen.
Sonstige Transferaufwendungen
Die Gemeinde hat besonders auf die Wirtschaftlichkeit der Eigenbetriebe, der eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen und Unternehmen zu achten. Die Gewährung von Zuschüssen und die
Abdeckung von Verlusten sollen möglichst vermieden bzw. weitestgehend reduziert werden.
Die Möglichkeiten zur Erzielung von Überschüssen in den wirtschaftlichen Unternehmen ist an
den Maßstäben des § 109 Abs. 2 GO zu prüfen. Die sonstigen Transferaufwendungen sind im
HSK für jedes wirtschaftliche Unternehmen betragsmäßig auszuweisen.
F) Sonstige ordentliche Aufwendungen
Sonstige Personal- und Versorgungsaufwendungen
Diese Aufwendungen sind regelmäßig auf die gegebenen gesetzlichen Leistungsverpflichtungen zu begrenzen.
Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Rechten und Diensten
Die Gemeinde hat die neue Inanspruchnahme von Rechten und Diensten grundsätzlich in Frage zu stellen und kritisch zu prüfen. Bei bestehenden Verpflichtungen hat die Gemeinde zu
prüfen und darzulegen, ob sie gemessen an der Finanzlage der Gemeinde weiterhin notwendig
und vertretbar sind, ggf. wann und wie sie zu beenden oder zu begrenzen sind.
30
GENEHMIGUNG EINES HSK
Geschäftsaufwendungen
Den Geschäftsaufwendungen kommt eine besondere Signalwirkung für die Konsolidierung des
Haushaltes zu. Sie sind als weitgehend gestaltungsfähige und beeinflussbare Position des
Kommunalhaushaltes besonders restriktiv im Sinne des Grundsatzes der Sparsamkeit zu bewirtschaften.
Versicherungen, Schadensfälle
Die Gemeinde soll den Bestand ihrer Versicherungen ist mit dem Ziel einer Optimierung des
Aufwandes überprüfen. In Schadensfällen ist besonders darauf zu achten, vertragliche Leistungsansprüche geltend zu machen und zu realisieren.
Erstattungen für Aufwendungen Dritter aus laufender Verwaltungstätigkeit
Die Gemeinde hat stets zu prüfen, ob und wie Erstattungen für Aufwendungen Dritter aus laufender Verwaltungstätigkeit begrenzt werden können. Insbesondere soll die Gemeinde die Leistungsbeziehungen zu ihren Unternehmen und Einrichtungen auch unter dem Aspekt der Reduzierung der Erstattungen für Aufwendungen aus laufender Verwaltungstätigkeit im Hinblick auf
die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung und die Reduzierung von Standards überprüfen.
Weitere sonstige Aufwendungen aus laufender Verwaltungstätigkeit
Hinsichtlich der Verfügungsmittel, der Fraktionszuwendungen und der übrigen weiteren Aufwendungen für Sach- und Dienstleistungen gelten die zuvor bei den Aufwendungen für die Inanspruchnahme von Rechten und Diensten und den Geschäftsaufwendungen erläuterten
Grundsätze, d.h. auch sie sind auf Kosteneinsparungsmöglichkeiten zu prüfen.
G) Zinsen und sonstige Finanzaufwendungen
Zahlreiche Kommunen in der Haushaltssicherung weisen hohe Verbindlichkeiten auf, die zu
erheblichen Zinsbelastungen und zu einem negativen Finanzergebnis beitragen. Dies erschwert
den Haushaltsausgleich. Darüber hinaus bergen hohe Liquiditätssicherungskredite unter dem
Aspekt der Zinsänderung ein zusätzliches Risiko.
Deshalb sind zahlungswirksame Ertragsverbesserungen vorrangig zur Rückführung der Kredite
zur Liquiditätssicherung zu verwenden.
Auf die Runderlasse des Innenministeriums vom 9. Oktober 2006 „Kredite und kreditähnliche
Rechtsgeschäfte der Gemeinden“ (SMBl. NRW 652) sowie vom 30. August 2004 zum Zinsmanagement bei der Aufnahme von Kassenkrediten (33-46.09.40-9111/04(5), 34-48.01.10.14)
wird hingewiesen.
Grundsätzlich ist zu empfehlen, dass von der Gemeinde (GV) in einer Richtlinie explizite Begrenzungen insbesondere für die Risikokategorien Liquiditätsrisiko, Zinsrisiko, Währungsrisiko
und Bonitätsrisiko festgelegt werden.
GENEHMIGUNG EINES HSK
31
Erträge
H) Erträge allgemein
Zu den Erfolgsfaktoren eines HSK gehört, dass die Gemeinde ihre Möglichkeiten zur Erzielung
von ordentlichen Erträgen ausschöpft. Die Planung dieser Erträge muss aber auch realistisch
sein, weil anderenfalls das Ziel der Wiederherstellung und Sicherung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Gemeinde verfehlt wird.
Als Anhaltspunkt für die Prüfung der geplanten ordentlichen Erträge im Haushaltsjahr und in der
mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung sind die Orientierungsdaten des Landes heranzuziehen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich um Landesdurchschnittswerte handelt. Dies
gilt insbesondere für die Erträge der Gewerbesteuer, die örtlich erheblich von der landesdurchschnittlichen Entwicklung abweichen können. Sofern die Gemeinde im HSK von höheren Steuererträgen ausgeht, als sich aus den Veränderungsraten der Orientierungsdaten ergibt, sind
hierzu besondere Erläuterungen erforderlich, die die Abweichung begründen.
§ 77 Abs. 2 GO legt eine bestimmte Rangfolge der gemeindlichen Deckungsmittel fest. Soweit
Erträge ohne Inanspruchnahme der Bürger erzielt werden können (Erträge aus dem Gemeindevermögen, staatliche Zuweisungen), sind diese als „sonstige Finanzmittel“ in erster Linie zu
realisieren. Weiter sind die Gemeinden durch diese Norm gehalten, ihre Ertragsquellen vorrangig dadurch zu erschließen, dass sie von denjenigen Bürgern, die bestimmte kommunale Leistungen in Anspruch nehmen, angemessene Kostenbeteiligungen in Gestalt spezieller Entgelte
verlangen. Die Erhebung von Steuern ist demgegenüber nachrangig.
Allerdings gilt für Gemeinden mit unausgeglichenem Ergebnisplan, dass diese in besonderer
Weise gehalten sind, alle Ertragsmöglichkeiten zu realisieren, um schnellstmöglich wieder ihrer
Verpflichtung zur Herstellung eines Ausgleichs in Planung und Rechnung nachzukommen. Dies
gilt gleichermaßen auch für die Realisierung sonstiger Transfererträge, z.B. bei der Heranziehung von Drittverpflichteten. Das OVG NRW hat in ständiger Rechtsprechung den Grundsatz
entwickelt, dass Gemeinden mit defizitärer Haushaltslage in besonderer Weise gehalten sind,
Einnahmemöglichkeiten zu realisieren. Dies gilt umso mehr für Gemeinden, die über kein genehmigtes Haushaltssicherungskonzept verfügen (OVG NRW, Beschluss vom 24. Mai 2007 –
15 B 778/07, Rn. 20).
I) Steuern und ähnliche Abgaben
Die Hebesätze der Realsteuern (Grundsteuern und Gewerbesteuer) müssen bezogen auf die
Gemeindegrößenklasse mindestens in Höhe des jeweiligen Landesdurchschnitts festgesetzt
sein. Die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung (§ 77 GO) bleiben unberührt. Eine Senkung
der jeweiligen Hebesätze bis auf den Durchschnitt der Größenklasse kann erst in Betracht
kommen, wenn das gesetzliche Ziel „Haushaltsausgleich“ erreicht ist und die dauerhafte Leistungsfähigkeit der Gemeinde durch eine Senkung der Steuerhebesätze nicht gefährdet wird.
Gegenüber der Veranschlagung ggf. eintretende steuerliche Mehrerträge sollten konsequent
zur Verringerung der Verbindlichkeiten und nicht für neue und höhere Aufwendungen eingesetzt
werden.
32
GENEHMIGUNG EINES HSK
J) Leistungsentgelte, Kostenerstattungen und Kostenumlagen
Die Gemeinde hat die Finanzierung ihrer Leistungen, vor allem der Aufwendungen für kostenrechnende Einrichtungen, vorrangig durch spezielle Entgelte und erst nachrangig durch Steuern
oder Kredite zu decken (siehe Buchstabe H). Bei der Bestimmung von Ausmaß und Umfang
der durch spezielle Entgelte zu beschaffenden Finanzmittel hat sie die gesetzliche Einschränkung auf den Rahmen des Vertretbaren und Gebotenen zu beachten.
K) Finanzerträge
Bei den Finanzerträgen ist zu prüfen, ob gemäß § 109 GO durch stärkere Teilhabe der Beteiligungen an einer Konsolidierung des Haushalts gegebene Finanzerträge erhöht werden können
(vgl. Buchstabe P: Beteiligungen).
Zusätzliche Prüfaspekte
L) Pflichtaufgaben (Pflichtige Leistungen)
Pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben sind Aufgaben, zu deren Wahrnehmung die Gemeinde
durch Gesetz verpflichtet ist, bei denen sie aber die Art und Weise der Aufgabenwahrnehmung
gestalten kann. Das „Ob“ der Aufgabenwahrnehmung steht nicht zur Disposition, aber das
„Wie“.
Es wird oft angenommen, dass die Höhe der Aufwendungen für pflichtige Aufgaben wegen der
Verpflichtung zur Aufgabenwahrnehmung gar nicht oder nur wenig beeinflusst werden kann.
Das ist aber nicht der Fall. Die Erfahrung zeigt, dass im Bereich der pflichtigen Aufgaben erhebliche Konsolidierungspotenziale vorhanden sind. Die Gemeinde muss daher die Aufwendungen
für Pflichtaufgaben einer systematischen Prüfung unterziehen. Sie kann dies zum Beispiel
durch die Überprüfung und Reduzierung von Standards erreichen. Potenziale zur Steigerung
der Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerledigung können durch interkommunale Vergleiche erkennbar gemacht werden.
Die Gemeinde soll im HSK darstellen, in welcher Weise sie diese Prüfungen durchführen wird
oder bereits durchgeführt hat.
M) Freiwillige Aufgaben (Freiwillige Leistungen)
Freiwillige Selbstverwaltungsaufgaben sind solche Aufgaben, zu deren Wahrnehmung die Gemeinde nicht gesetzlich verpflichtet ist. Typischerweise entscheidet die Gemeinde bei freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben frei über das „Ob“ und „Wie“ der Aufgabenwahrnehmung. Bindet sich die Gemeinde durch Vertrag im Bereich einer freiwilligen Aufgabe, ändert das nichts
am Aufgabencharakter.
Um freiwillige Leistungen handelt es sich im Falle pflichtiger Aufgaben auch, wenn die Gemeinde teilweise oder völlig auf Gebührenerträge verzichtet oder Erstattungen, Zuschüsse und ähnliche Leistungen gewährt, die über den rechtlich festgelegten Rahmen hinaus gehen.
Wenn bei pflichtigen Aufgaben gespart werden muss, können freiwillige Leistungen bei der
Konsolidierung nicht außer Betracht bleiben.
GENEHMIGUNG EINES HSK
33
Bei allen freiwilligen Leistungen, die die Gemeinde erbringt, hat sie im Einzelnen zu prüfen, ob
sie aufgegeben werden können. Soweit freiwillige Leistungen nicht völlig aufgegeben werden
sollen, sind Möglichkeiten zur Reduzierung des Aufwandes zu prüfen.
Es ist darüber hinaus eine Liste über die freiwilligen Leistungen zu erstellen, fortzuschreiben
und der Aufsichtsbehörde jeweils zusammen mit dem HSK vorzulegen und bei Bedarf zu erläutern.
Neue freiwillige Leistungen sind nur zulässig, wenn sie durch den Wegfall bestehender freiwilliger Leistungen mindestens kompensiert werden. Außerdem ist der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit zu beachten.
Verlagerungen freiwilliger Leistungen auf andere Bereiche (Eigenbetriebe, Unternehmen,
Fremdvergaben usw.) sind in der Liste entsprechend zu bereinigen. Sie können nur dann einen
Konsolidierungsbeitrag leisten, wenn die Aufgabe dort wirtschaftlicher wahrgenommen werden
kann. Es ist zu vermeiden, dass es durch die Verlagerung zu einem Zuschussbedarf oder/und
zu einer Minderung der Ertragsablieferung an die Gemeinde kommt.
N) Ermächtigungsübertragungen
Im Rahmen der Konsolidierung ist es erforderlich, von Ermächtigungsübertragungen möglichst
gar nicht oder nur sehr zurückhaltend Gebrauch zu machen. Die Gemeinde muss vor dem Hintergrund der zwischenzeitlich schlechteren Finanzlage auch in/m vorangegangen/en Jahr/en
beabsichtigte und bereits anfinanzierte Projekte, für die Ermächtigungsübertragungen vorgesehen sind, erneut auf den Prüfstand stellen. Ggf. ist auf eine weitere Realisierung der Projekte zu
verzichten oder es ist die Bildung selbständig nutzungsfähiger kleinerer Abschnitte vorzusehen
und andere Abschnitte des Projektes sind zeitlich aufzuschieben. Noch nicht begonnene Maßnahmen sind zurückzustellen, es sei denn, dass ihre Durchführung auf einer Rechtspflicht beruht.
Nicht in Anspruch genommene Ermächtigungen für Aufwendungen und Auszahlungen im Sinne
von § 22 Abs. 1 und 2 GemHVO, deren Grundlage entfallen ist oder die frühestens im übernächsten Haushaltsjahr in Anspruch genommen werden könnten, sind abzusetzen, weil ansonsten der Fehlbetrag erhöht und der Haushaltsausgleich hinausgezögert würde. Sollen dennoch Ermächtigungen übertragen werden, so hat der Rat die Maßnahmen in der nach § 22 Abs.
4 GemHVO vorzulegenden Liste kritisch auf ihre Haushaltsverträglichkeit zu prüfen.
Der entsprechende Ratsbeschluss ist der Aufsichtsbehörde unverzüglich vorzulegen. Dabei
sind für jede Maßnahme der Rechtsgrund und die finanziellen Auswirkungen der Ermächtigungsübertragung darzustellen.
O) Kostenrechnende Einrichtungen
Der Zuschussbedarf für kostenrechnende Einrichtungen ist konsequent durch Reduzierung von
Aufwand und/oder Steigerung von Erträgen zu begrenzen. In den Gebührenhaushalten dürfen
keine Unterdeckungen entstehen. Dabei müssen sich die Kalkulationsgrundlagen an den betriebswirtschaftlich und rechtlich zulässigen Möglichkeiten ausrichten.
P) Beteiligungen und Nachweis von Konsolidierungseffekten bei erfolgten Ausgliederungen
Die Konsolidierung muss auch alle Beteiligungen der Gemeinde einbeziehen. Auf die Beteiligungen sind die Maßstäbe der Haushaltskonsolidierung der Gemeinden konsequent anzuwen-
34
GENEHMIGUNG EINES HSK
den. Die Möglichkeit zur Zuschussreduzierung bzw. zur Erzielung von Überschüssen durch
angemessene Gewinnbeteiligungen für den kommunalen Haushalt ist bei der Aufgabenwahrnehmung, der Gestaltung der Leistungsbeziehungen und der Bilanzierung, auszuschöpfen. Auf
§ 109 GO (Überschüsse) ist zu achten.
Im Zuge von Ausgliederungen geplante bzw. beabsichtigte Konsolidierungseffekte sind als gesonderte Maßnahmen im HSK darzustellen, jährlich fortzuschreiben und dabei daraufhin zu
überprüfen, ob und in welchem Umfang sie tatsächlich realisiert werden konnten.
3.3.2
Finanzplan
Eine geordnete und zukunftsorientierte Haushalts- und Finanzwirtschaft ist dauerhaft nur mit
einer stabilen Liquiditätslage zu gewährleisten. Die Gemeinde verfügt in der Regel über eine
stabile Liquiditätslage, wenn der Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit wenigstens ausreichend ist, um die Auszahlungen zur planmäßigen Tilgung aufgenommener Darlehen zu decken.
Die Gemeinde hat daher als weiteres Ziel der Haushaltssicherung eine Konsolidierung ihrer
Liquiditätslage mit Nachdruck zu verfolgen. Insbesondere soll sie jede sich bietende Möglichkeit
zur Rückführung der Kredite zur Liquiditätssicherung nutzen, um sowohl den Aufwand für Zinsen als auch Risiken durch Zinsänderungen zu minimieren.
Bei den Auszahlungen für Investitionen soll die Gemeinde eine Nettoneuverschuldung vermeiden. Sie soll bei Investitionen berücksichtigen, dass damit in der Regel Abschreibungen und
weitere Folgekosten in Form von Sach- und Personalaufwendungen entstehen, die den Haushaltsausgleich erschweren.
3.3.3
Bilanz
Nach § 95 Abs. 1 S. 3 GO i. V. m. § 37 Abs. 1 S. 2 Nr. 4 GemHVO ist die Gemeinde verpflichtet, im Rahmen des Jahresabschlusses eine Bilanz zu erstellen. Gemeindeordnung und Gemeindehaushaltsverordnung sehen keine Planbilanz in Verbindung mit der Aufstellung des
Haushaltes vor.
Sofern die Gemeinde auf Grund von § 75 Abs. 5 GO zur Aufstellung eines HSK verpflichtet ist,
können die erforderlichen Maßnahmen aus dem Jahresabschluss, der die Pflicht zur Aufstellung des HSK ausgelöst hat, entwickelt werden.
Aber auch im Regelfall der Aufstellung und Fortführung eines HSK in Verbindung mit der Aufstellung des Haushalts kann und soll das HSK Maßnahmen zur Verbesserung der Bilanzstruktur enthalten. Dabei sind von der Gemeinde insbesondere folgende Ziele anzustreben:
: Vorrangiges Ziel muss die Rückführung der Kredite zur Liquiditätssicherung sein.
: Daneben sollte die Rückführung der längerfristigen Verbindlichkeiten angestrebt werden, vor
allem dann, wenn die Verbindlichkeiten im interkommunalen Vergleich überdurchschnittlich
sind.
: Außerdem sollte die Gemeinde eine Optimierung der Struktur des Anlagevermögens anstreben und zu diesem Zweck ihr Vermögen daraufhin untersuchen, inwieweit es für öffentliche
GENEHMIGUNG EINES HSK
35
Zwecke noch benötigt wird. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass Vermögensgegenstände in
der Regel nur zu ihrem vollen Wert veräußert werden dürfen (§ 90 Abs. 1 GO).
: Mit der Vermögensveräußerung ist vorrangig das Ziel zu verfolgen, den Aufwand für Zinsen
und Abschreibungen zu minimieren. Ihre beabsichtigte Verwendung ist deshalb im HSK gesondert darzulegen.
: HSK-Kommunen haben verstärkt für eine Optimierung des Forderungsmanagements, insbesondere eine zügige Realisierung ausstehender, fälliger Forderungen, Sorge zu tragen (§ 23
Abs. 3 GemHVO).
Grundsätzlich führen Fehlbeträge zu einer Reduzierung des Eigenkapitals und wirken sich damit negativ in der Bilanz aus. Im HSK sind alle Maßnahmen in Betracht zu ziehen, die zu einer
Reduzierung des Fehlbetrags geeignet sind.
Sollte allerdings der völlige Verbrauch des Eigenkapitals (§ 75 Abs. 7 GO, Überschuldung) bereits eingetreten sein, reicht es nicht mehr aus, dass die Gemeinde einen ausgeglichenen
Haushalt anstrebt oder erreicht. Vielmehr muss die Gemeinde in diesem Fall die Erwirtschaftung von Überschüssen (durch eine noch stärkere Senkung von Aufwendungen und eine weitere Steigerung von Erträgen) einplanen, um wieder ein positives Eigenkapital zu erreichen sowie
einen weiteren Eigenkapitalaufbau anzustreben (siehe Kapitel 5).
3.3.4
Maßnahmen zur Umsetzung des HSK
Haushaltskonsolidierung ist ein permanenter, dynamischer Prozess. Neben der mindestens
jährlichen Dokumentation der konkreten Umsetzungsergebnisse hat die Gemeinde daher in
ihrem HSK auch darzulegen, wie sie sicherstellt, dass auf allen Ebenen der Verwaltung Konsolidierungspotenziale aufgespürt und durch Umsetzungsmaßnahmen ausgeschöpft werden. Dies
gilt umso mehr, wenn Umsetzungsergebnisse nicht vollständig erreicht wurden bzw. Verschlechterungen eingetreten sind, die zwecks Erreichens des Haushaltsausgleichs zusätzliche
Konsolidierungsanstrengungen erfordern. Die Gemeinde hat ein Kontroll- und Informationssystem aufzubauen. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass bei einer Gefährdung der Zielerreichung eine Ursachenanalyse erfolgt, auf der aufbauend unmittelbar gegensteuernde Maßnahmen geplant und eingeleitet werden.
Ab dem zweiten Jahr der Pflicht zur Aufstellung eines HSK sind die Umsetzungsergebnisse von
der Gemeinde in der Fortschreibung des HSK zu dokumentieren und zu erläutern (siehe auch
Punkt 3.2). Auf Verlangen der Aufsichtsbehörde sind Umsetzungsberichte auch unterjährig –
ggf. bezogen auf einzelne besonders konsolidierungsbedürftige Bereiche – vorzulegen.
In ihren Darlegungen über die Umsetzung der HSK-Maßnahmen soll die Gemeinde auch über
die Umsetzung der Ergebnisse der Prüfung der GPA NRW berichten.
36
GENEHMIGUNG EINES HSK
4
Vorläufige Haushaltsführung bei nicht
genehmigtem Haushaltsicherungskonzept
Ursprünglich waren die einschlägigen Rechtsgrundlagen für die vorläufige Haushaltsführung
(nunmehr in § 82 GO) für den (Ausnahme-)Fall gedacht, dass zwischen Beginn des Haushaltsjahres und Bekanntgabe der Hauhaltssatzung nur einige Wochen zu überbrücken sind. Die GO
geht im Grundsatz davon aus, dass der Haushaltsplan mit Beginn des Haushaltsjahres in Kraft
tritt (§ 78 Abs. 3 S. 1 GO). Gelingt es der Gemeinde nicht, rechtzeitig zum Jahreswechsel die
Haushaltssatzung zu erlassen, fehlt ihr diese verbindliche Grundlage der Haushaltsführung.
§ 82 GO schafft für diesen Übergangszeitraum ohne rechtswirksamen Haushalt die rechtlichen
Grundlagen, damit die Aktivitäten der Gemeinde nicht zum Erliegen kommen, sondern notwendige Maßnahmen fortgesetzt werden können.
Die Norm betrifft aber auch Gemeinden mit einem nicht genehmigten HSK, da eine zur Aufstellung eines HSK verpflichtete Gemeinde erst nach Erteilung der Genehmigung des HSK bekannt
machen darf (§ 80 Abs. 5 S. 5 GO). Deshalb ist § 82 GO auch für solche Gemeinden verbindlich, die über einen längeren Zeitraum ohne rechtsgültigen Haushalt wirtschaften müssen.
4.1
Grundsätze
Der im Entwurf aufgestellte Haushaltsplan der Gemeinde bleibt zwar in der Zeit der vorläufigen
Haushaltsführung die haushaltswirtschaftliche Leitlinie für Rat und Verwaltung und hat auch
weiterhin eine unverzichtbare Funktion als buchungstechnische Grundlage. Gleichwohl sind die
Vorschriften über die vorläufige Haushaltsführung in diesen Fällen die alleinige rechtliche
Grundlage der Haushaltsführung, da die Haushaltssatzung mangels öffentlicher Bekanntmachung nicht wirksam ist (es sich in diesem Sinne um einen „nicht rechtsgültigen Haushalt“ handelt).
Die folgenden Vorgaben orientieren sich einerseits an der Notwendigkeit, den unabweisbar
erforderlichen Konsolidierungskurs in Gemeinden ohne ein genehmigtes HSK nachhaltig zu
fordern und zu fördern. Andererseits liegt ihnen die Erkenntnis zugrunde, dass die Kommunalaufsicht Gemeinden, die sich über einen längeren Zeitraum – unter Umständen mehrere Jahre
– in der vorläufigen Haushaltsführung bewegen, mit der strikten Durchsetzung des rechtlichen
Rahmens, den die GO bietet, nicht in jedem Fall gerecht werden kann.
Vor diesem Hintergrund hat die Kommunalaufsicht die Möglichkeit, Handlungen von Gemeinden ohne genehmigtes Haushaltssicherungskonzept, die sich innerhalb des im Folgenden abgesteckten Rahmens bewegen, nicht zu beanstanden. Zugleich bildet dieser Rahmen aber die
äußerste Grenze des kommunalaufsichtlich Hinnehmbaren. Wird diese Grenze überschritten,
müssen die verantwortlichen kommunalen Entscheidungsträger Konsequenzen – im Einzelfall
bis hin zu disziplinar-, schadensersatz- oder gar strafrechtlichen Folgen – erwarten.
Unabhängig davon muss ausdrücklich betont werden, dass eine kommunalaufsichtliche Duldung die Gemeinden nicht vor Sanktionen schützen kann, die von Dritten (z.B. von der Gerichtsbarkeit) ergriffen werden. Die Verantwortung für finanzwirksame Entscheidungen von Gemeinden liegt allein bei den Entscheidungsträgern vor Ort.
4.2
Vorläufige Haushaltsführung gemäß § 82 GO
In der vorläufigen Haushaltsführung muss die gesamte Haushalts- und Finanzwirtschaft der
Gemeinde mit dem Ziel geführt werden, baldmöglichst ein genehmigungsfähiges HSK aufstellen zu können, um den vom Gesetz vorgesehenen Zustand geordneter Finanzverhältnisse wie-
VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
37
der herzustellen. Auch in der vorläufigen Haushaltsführung gelten unverändert alle Haushaltsgrundsätze und Haushaltsziele der Gemeindeordnung. Diese Grundsätze einschließlich der
Regeln nach § 82 GO sind bei allen finanzwirtschaftlichen Entscheidungen zu beachten.
Die vorläufige Haushaltsführung als Folge der Nicht-Genehmigung des HSK stellt noch deutlich
höhere Anforderungen an eine Konsolidierung der kommunalen Haushaltsführung als die Bewirtschaftung eines Haushalts mit genehmigtem HSK. Dies muss Konsequenzen für die Finanzwirtschaft in den betroffenen Kommunen selbst haben und ebenso für das Verhalten der
Finanzaufsicht gegenüber diesen Gemeinden. Der Umgang mit der vorläufigen Haushaltsführung muss auf allen kommunalen Ebenen und bei allen Verantwortungsträgern von der Einsicht
geprägt sein, dass es keine Alternative zur schnellstmöglichen Aufstellung eines genehmigungsfähigen HSK gibt. Bis dieses Ziel erreicht ist, ist der finanzwirtschaftliche Spielraum der
betroffenen Gemeinden auch gegenüber den Gemeinden mit einem genehmigten HSK deutlich
eingeschränkt.
Die vier Absätze des § 82 GO haben drei unterschiedliche Anknüpfungspunkte:
§ 82 Abs. 1 und 2 GO
§ 82 Abs. 1 und 2 GO regeln für alle Gemeinden mit vorläufiger Haushaltsführung im Allgemeinen die Frage, welche haushaltsrelevanten Maßnahmen eine Gemeinde in dem Zeitraum ohne
rechtswirksamen Haushalt fortsetzen oder durchführen darf (§ 82 Abs. 1 GO), und in welchem
Umfang sie hierfür mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Kredite für Investitionen aufnehmen
darf (§ 82 Abs. 2 GO).
Gemäß § 82 Abs. 1 Nr. 1 GO darf die Gemeinde in der vorläufigen Haushaltsführung ausschließlich „Aufwendungen entstehen lassen und Auszahlungen leisten, zu denen sie rechtlich
verpflichtet ist oder die für die Weiterführung notwendiger Aufgaben unaufschiebbar sind; ...“
Unter den Begriff der „rechtlichen Verpflichtungen“ sind bestehende vertragliche und gesetzliche Verpflichtungen der Gemeinden zu verstehen. Keinesfalls dürfen rechtliche Verpflichtungen
erst geschaffen werden. Nach Ansicht des OVG dürfen daneben auch haushaltswirtschaftliche
Maßnahmen zur „Weiterführung notwendiger Aufgaben“ getroffen werden. „Insoweit setzt § 82
GO nicht etwa voraus, dass die Kommune zur Weiterführung der Aufgabe rechtlich verpflichtet
ist. Aus rechtlichen Verpflichtungen resultierende Aufwendungen bzw. Auszahlungen sind bereits Gegenstand der Regelung in § 82 Abs.1. S.1 Nr.1 1. Variante GO, so dass die 2. Variante
dieser Bestimmung einen davon abzugrenzenden weiteren Anwendungsbereich hat. Insoweit
wird die Zulässigkeit kommunaler Ausgaben in haushaltslosen Zeiten über die in Variante 1
erfassten Fälle rechtlicher Notwendigkeit im haushaltsrechtlichen Sinne ergänzt. Die letztgenannte Fallgruppe erfasst notwendige Aufgaben der Kommune, die nicht erstmalig wahrgenommen, sondern weitergeführt werden sollen. Unter den spezifisch haushaltsrechtlichen Begriff der „Weiterführung notwendiger Aufgaben“ fällt insbesondere die Fortführung der bestehenden Einrichtungen der Gemeinde.“ Das OVG führt weiter aus: „Allerdings hat die haushaltsrechtliche Befugnis zur Finanzierung der Weiterführung notwendiger Aufgaben nicht automatisch eine Fortschreiibung des status quo hinsichtlich des Bestandes der öffentlichen Einrichtungen der Kommune zur Folge.“ (OVG Beschluss vom 17.12.2008 S.4,5 und 6).
§ 82 Abs. 2 GO räumt einer Gemeinde die Möglichkeit ein, mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde Kredite für Investitionen bis zu einem Viertel des Gesamtbetrages der in der Haushaltssatzung des Vorjahres festgesetzten Kredite aufzunehmen, wenn die „Finanzmittel für die Fortsetzung der Bauten, der Beschaffungen und der sonstigen Leistungen des Finanzplans nach
Absatz 1 Nr. 1 nicht aus[reichen]“. Durch diese Regelung wird keine Möglichkeit zur Eingehung
38
VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
neuer Verpflichtungen geschaffen; es geht lediglich um die „Fortsetzung“ von bereits im Finanzplan des Vorjahres vorgesehenen Maßnahmen.
§ 82 Abs. 3 GO
§ 82 Abs. 3 GO ergänzt die Absätze 1 und 2 um Regelungen für die Gemeinden in der vorläufigen Haushaltsführung, die zur Aufstellung eines HSK verpflichtet sind (Gemeinden bei denen
„im Fall des § 76 Abs. 1 die Haushaltssatzung bei Beginn des Haushaltsjahres noch nicht bekannt gemacht“ worden ist). Diese gesetzliche Formulierung verdeutlicht den bereits erwähnten
Umstand, dass der Norm die Vorstellung zu Grunde liegt, dass eine zur Aufstellung eines HSK
verpflichtete Gemeinde dieses auch aufstellen kann und wird, so dass es nur der Regelung
einer „Übergangszeit“ nach Beginn des Haushaltsjahres bedürfte. Diese Übergangsregelungen
gelten vom Beginn des Haushaltsjahres bis zur Genehmigung des HSK, bei späterer Beschlussfassung über die Haushaltssatzung vom Zeitpunkt der Beschlussfassung bis zur Genehmigung des HSK.
§ 83 Abs. 4 GO
§ 82 Abs. 4 GO erweitert den Geltungsbereich der Sonderregelungen und Befugnisse des Absatzes 3 auf alle Gemeinden, die bis zum 1. April des Haushaltsjahres keinen ausgeglichenen
Haushalt beschlossen haben. § 82 Abs. 3 GO gilt für diese Gemeinden ab diesem Zeitpunkt bis
zur Beschlussfassung über einen ausgeglichenen Haushalt oder bis zur Erteilung der Genehmigung für ein HSK.
4.3
Konsolidierungsfrist
Gemäß § 76 Abs. 2 S. 3 GO darf das HSK von der Aufsichtbehörde nur dann genehmigt werden, „wenn aus dem Haushaltssicherungskonzept hervorgeht, dass spätestens im letzten Jahr
der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung der Haushaltsausgleich nach § 75 Abs. 2 wieder erreicht wird.“ Dies bedeutet, dass der Haushaltsausgleich im dritten auf das Haushaltsjahr
(„Ursachenjahr“) folgenden Planungsjahr („Zieljahr“), erreicht werden muss. Dieses Zieljahr darf
in den dem Startjahr folgenden Haushaltsjahren nicht von Jahr zu Jahr neu gesetzt werden,
seine Nichteinhaltung (Verschiebung) führt vielmehr dazu, dass das HSK nicht genehmigungsfähig ist.
Eine andere Auslegung wäre auch mit dem Normzweck nicht vereinbar, die Gemeinden dazu
zu bringen, den rechtswidrigen Zustand eines unausgeglichenen Haushalts spätestens im letzten Jahr der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung wieder zu erreichen.
Gleichwohl macht es Sinn, für Gemeinden, die sich – als Folge der Nichtgenehmigung ihres
HSK – über einen längeren Zeitraum im Zustand der vorläufigen Haushaltsführung bewegen,
Rahmenbedingungen zu formulieren, die eine Rückkehr in ein genehmigtes HSK möglich machen. Hierfür spricht nach den Erfahrungen der Kommunalaufsicht nicht zuletzt die Erwartung,
dass die Chance auf einen Neubeginn in den betroffenen Gemeinden Kräfte mobilisieren kann,
die für das Erreichen des – nach wie vor mit höchster Priorität anzustrebenden – Ziels der
Haushaltskonsolidierung wichtig sind. Die Chance auf einen Neubeginn darf allerdings nicht als
Signal missverstanden werden, schmerzhafte Konsolidierungsentscheidungen zu verschieben.
VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
39
Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, für den Übergang von der vorläufigen Haushaltsführung in den Zustand der Haushaltsführung mit einem genehmigten HSK Rahmenbedingungen
vorzusehen, die sicherstellen, dass die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 GO – insbesondere
die Konsolidierungsfristen – nicht unterlaufen werden. Ein „Neustart“ in ein genehmigtes HSK
kann deshalb von der Finanzaufsicht nur akzeptiert werden, wenn die Solidität und Nachvollziehbarkeit der im HSK beschriebenen Datengrundlagen und Maßnahmen sowie die Ernsthaftigkeit des Konsolidierungskurses keine Zweifel aufkommen lassen. Ein „Neustart“ kommt insbesondere dann in Betracht, wenn eine Gemeinde durch geänderte finanzielle Rahmenbedingungen entgegen ihrer bisherigen Planung in der Lage ist, für das folgende Haushaltsjahr sofort
wieder den Haushaltsausgleich herbeizuführen. In diesem Fall muss aber anhand der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung glaubhaft nachvollziehbar sein, dass es sich nicht um einen
„Einmaleffekt“ handelt, sondern um eine dauerhafte Konsolidierungswirkung.
4.4
Veräußerung von Vermögen
In der dauerhaften vorläufigen Haushaltsführung hat die Gemeinde ihre Möglichkeiten zur Reduzierung ihrer Aufwendungen durch Veräußerung von Vermögen zur Konsolidierung des
Haushalts verstärkt zu prüfen (vgl. auch Punkt 3.3.3), insbesondere dann, wenn auf anderem
Wege die Vorlage eines genehmigungsfähigen HSK nicht möglich ist. Dabei muss sie der Frage
nachgehen, inwieweit eine Veräußerung wirtschaftlicht ist.
4.5
Aufnahme von Krediten für Investitionen
§ 82 Abs. 3 Nr. 2 GO ist die rechtliche Grundlage dafür, dass die Aufsichtsbehörde den Gemeinden in der vorläufigen Haushaltsführung eine Aufnahme von Krediten für Investitionen über
den Rahmen der Absätze 1 und 2 hinaus genehmigen kann.
Die Grenzen für eine Genehmigung sind allerdings eng gesteckt. Die restriktiven Bedingungen
für die Durchführung von Investitionsmaßnahmen in der vorläufigen Haushaltsführung haben im
alten wie im neuen Recht einen gemeinsamen Grundgedanken: Mit Investitionsentscheidungen
sind in der Regel langfristig wirkende Belastungen der Haushaltsführung nicht nur durch die
Investitionen selbst, sondern auch durch Folgekosten (Betriebskosten in Form von Personalund Sachaufwand) verbunden, die nicht selten das Investitionsvolumen überschreiten. Deshalb
sind solche Belastungen in der dauerhaften vorläufigen Haushaltsführung nur in engen Grenzen
zulässig. Da im NKF Vermögensgegenstände abzuschreiben sind, belastet der Aufwand für
Abschreibungen den Haushaltsausgleich teilweise (über die bisherigen Tilgungen hinausgehend) noch zusätzlich, auch dann, wenn keine Kreditaufnahmen in einem Haushaltsjahr vorgesehen sind.
4.5.1
Die Erteilung der Genehmigung anhand von Prioritätenlisten
Eine Genehmigung setzt gemäß § 82 Abs. 2 S. 2 GO voraus, dass die Gemeinden dem Antrag
auf Genehmigung eine nach Dringlichkeit geordnete Aufstellung der vorgesehenen unaufschiebbaren Investitionen beifügen. Gemäß § 82 Abs. 3 Nr. 2 GO kann der in Abs. 2 festgelegte
Kreditaufnahmerahmen mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde – ggf. unter Bedingungen und
mit Auflagen – überschritten werden, wenn das Verbot der Kreditaufnahme andernfalls zu einem nicht auflösbaren Konflikt zwischen verschiedenen gleichrangigen Rechtspflichten der
40
VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
Gemeinde führen würde. § 82 Abs. 3 Nr. 2 GO ist somit die Rechtgrundlage für die Genehmigung von Kreditaufnahmen in der vorläufigen Haushaltsführung bei nicht genehmigten HSK
über die in Abs. 2 S. 1 bestimmte Grenze hinaus.
Da § 82 Abs. 3 Nr. 2 GO „ergänzend zu den Regelungen der Absätze 1 und 2“ gilt, können die
Aufsichtsbehörden von den Gemeinden bei der Kreditgenehmigung nach Abs. 3 Nr. 2 entsprechend der Vorgabe in Abs. 2 S. 2 verlangen, dass dem Antrag auf Genehmigung ebenfalls eine
nach Dringlichkeit geordnete Aufstellung der vorgesehenen unaufschiebbaren Investitionen
beizufügen ist.
Bei diesem anhand von „Investitions-Dringlichkeitslisten“ durchzuführenden Genehmigungsverfahren für Investitionskredite sind folgende Punkte (4.5.2 bis 4.5.5) zu beachten.
4.5.2
Zulässige Höhe der Kredite für Investitionen
In § 82 Abs. 3 Nr. 2 GO wird keine Obergrenze für die genehmigungsfähige Kreditaufnahme
bestimmt. Die Zustimmung kann aber nur im Rahmen einer angemessenen Begrenzung der
Kreditaufnahme („Kreditaufnahmerahmen“) erfolgen. Die Berechnung des Kreditaufnahmerahmens ist in diesem Leitfaden festgelegt, um eine für die Gemeinden landesweit einheitliche
Handhabung durch die Aufsichtsbehörden sicherzustellen.
Dabei werden rentierliche sowie teil- und unrentierliche Investitionen unterschieden. „Rentierlich“ im hier gemeinten Sinne sind nur solche Investitionen, die im Wesentlichen durch Gebühren und Beiträge refinanziert werden. Der Unterscheidung zwischen „rentierlichen“ und „teil-“
bzw. „unrentierlichen“ Investitionen liegt keine betriebswirtschaftliche Definition dieser Begriffe
zugrunde. Sie dient vielmehr einer einfachen Abgrenzung der Investitionstätigkeit, die für Gemeinden und Aufsichtsbehörden leicht zu handhaben ist. Ziel ist eine Verfahrensvereinfachung
und pauschale Zuordnung von Maßnahmen, die es den Gemeinden in vorläufiger Haushaltsführung gestattet, Investitionsvorhaben in den definierten Aufgabenbereichen durch die Aufnahme
von Krediten für Investitionen bestreiten zu können, ohne dass diese auf den Kreditaufnahmerahmen angerechnet werden.
Im Ergebnis ist der Grundsatz zu beachten, dass eine Neuverschuldung (Kreditaufnahme für
Investitionen) für die teil- und unrentierlichen Eigenanteile (Investitionsauszahlungen) eines
Haushaltsjahres unzulässig ist.
Für Kreditaufnahmen der Eigenbetriebe und der eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen gilt dieser Grundsatz in gleicher Weise, so lange sich die Gemeinde wegen eines nicht genehmigten
HSK in vorläufiger Haushaltsführung befindet.
4.5.3
Beteiligung der Kommunalaufsicht bei der Förderung neuer Investitionsmaßnahmen
Bereits bei der Aufstellung von Förderprogrammen sollte die Bezirksregierung den möglichen
Einfluss auf eine Begrenzung neuer finanzieller Belastungen von Gemeinden in vorläufiger
Haushaltsführung geltend machen. Die Förderung neuer Investitionsmaßnahmen in Gemeinden, die ihrer gesetzlichen Verpflichtung zum Haushaltsausgleich nicht nachkommen, bedarf
nach der jeweils geltenden Regelung des jährlichen Gemeindefinanzierungsgesetzes der kommunalaufsichtlichen Zustimmung durch die Bezirksregierung. Die Förderung von Investitions-
VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
41
maßnahmen in Gemeinden mit vorläufiger Haushaltsführung unterliegt ausnahmslos der Zustimmung der Bezirksregierung.
4.5.4
Investitions-Dringlichkeitslisten
Die Gemeinde hat ihrem Antrag zwei Dringlichkeitslisten, eine Dringlichkeitsliste A und eine
Dringlichkeitsliste B beizufügen. Die Aufstellung der Dringlichkeitslisten erfolgt in der Verantwortung der Gemeinde nach dem als ANLAGE beigefügten Muster.
In die Dringlichkeitsliste A sind die rentierlichen Investitionsmaßnahmen aufzunehmen. In die
Dringlichkeitsliste B sind die teil- und unrentierlichen Investitionsmaßnahmen aufzunehmen.
Die Dringlichkeitslisten sind unter Beachtung des Bruttoprinzips und auf der Grundlage der jahresbezogenen, investiven Auszahlungen zu führen.
Dringlichkeitsliste A
Die für die Dringlichkeitsliste A relevanten Investitionsmaßnahmen beziehen sich auf folgende
Aufgabenbereiche:
: Rettungsdienst,
: Abfallwirtschaft ,
: Abwasserbeseitigung,
: Straßenreinigung und
: Friedhofs- und Bestattungswesen.
In Höhe der jahresbezogenen Auszahlungen für Eigenanteile an investiven Maßnahmen in diesen Bereichen kann eine Kreditaufnahme genehmigt werden. Dieser Vorgehensweise liegt die
Erwägung zugrunde, dass die Auszahlungen weitgehend oder weit überwiegend aus Gebühren/Entgelten refinanziert werden.
Einer Vorlage der Dringlichkeitsliste A an die Aufsichtsbehörde bedarf es, um den quantitativen
Umfang der relevanten jahresbezogenen Eigenanteile, die Notwendigkeit der Maßnahmen und
die richtige Zuordnung zu den Produktgruppen prüfen zu können.
Dringlichkeitsliste B
Die teil- und unrentierlichen Investitionsmaßnahmen der Dringlichkeitsliste B sind in drei Kategorien zu unterteilen und innerhalb der Unterteilung zu ordnen. Diese Kategorien geben eine
Rangfolge der „Unabweisbarkeit“ und „Unaufschiebbarkeit“ von Investitionsauszahlungen wieder. Dabei sind folgende Aspekte zu berücksichtigen:
42
VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
: die Wirkungen für die künftige Entwicklung der Haushalts- und Finanzwirtschaft,
: die betriebswirtschaftlichen Folgekosten und
: die Auswirkungen auf die Entwicklung der Ertragslage und die Eigenkapitalausstattung der
Gemeinde.
Für die Dringlichkeitsliste B gelten folgende Kategorien:
: Kategorie 1: Auszahlungen für Investitionsmaßnahmen, die im Rahmen der Erfüllung gesetzlicher Pflichtaufgaben notwendig sind (gesetzliche Verpflichtungen, aus denen sich der Zwang
zum Handeln ergibt, z.B.: Verkehrssicherungsmaßnahmen, Schulbau).
: Kategorie 2: Auszahlungen für dringend notwendige Investitionsmaßnahmen zum Erhalt und
zur Sicherung der kommunalen Vermögenssubstanz, wenn ein Verzicht oder ein zeitlicher
Aufschub eindeutig unwirtschaftlich wäre.
: Kategorie 3: Weitere Auszahlungen für Investitionsmaßnahmen, für die Fördermittel der EU,
des Bundes oder des Landes bewilligt wurden oder sicher ist, dass sie bewilligt werden.
Der jahresbezogene, investive Anteil zweckgebundener Zuwendungen wird in der Dringlichkeitsliste B entlastend abgezogen und der verbleibende Eigenanteil der Gemeinde angerechnet. Bei neuen Maßnahmen ist zu prüfen, ob in künftigen Haushaltsjahren entstehende Finanzierungsraten (Eigenanteil) darstellbar sind, ohne den genehmigungsfähigen Kreditaufnahmerahmen offensichtlich zu überschreiten.
Die Aufstellung der Dringlichkeitslisten erfolgt in Verantwortung der Gemeinde. Sie kann je nach
der Aufgabenzuordnung eigene Prioritäten setzen. Aus der Reihenfolge der aufgeführten Maßnahmen ergibt sich die von der Gemeinde gewünschte Priorisierung. Dabei hat die Gemeinde
unter Berücksichtigung der Kategorien in der Dringlichkeitsliste B einen eigenen Beurteilungsund Entscheidungsspielraum, bei dem aber vorrangige rechtliche Pflichten (Verkehrssicherungspflichten, Erfüllung von Auftragsangelegenheiten) und gesetzlich pflichtige Maßnahmen
(gesetzliche Pflichtaufgaben) zu beachten sind. Die von der Gemeinde gewählte Reihenfolge/Priorisierung muss die objektive Notwendigkeit berücksichtigen.
Bei den Maßnahmen aus der Investitionstätigkeit der nicht zur Dringlichkeitsliste A gehörenden
Aufgaben und bei den Eigenbetrieben sowie eigenbetriebsähnlichen Einrichtungen mit vergleichbaren Aufgaben sind die jahresbezogenen Eigenanteile (Investitionsauszahlungen) relevante Rechengrößen für die Ermittlung des genehmigungsfähigen Kreditaufnahmerahmens.
Im Interesse eines Zugangs der Gemeinden (GV) in vorläufiger Haushaltsführung zu PPP/ÖPP,
insbesondere für die Erledigung gesetzlicher Pflichtaufgaben, sind Investitionsmaßnahmen, die
mit alternativen Finanzierungsformen (z.B. ÖPP/PPP) realisiert werden sollen, unter Berücksichtigung der dauerhaften Leistungsfähigkeit der Gemeinde bei gegebener Wirtschaftlichkeit
gegenüber eigener Kreditfinanzierung grundsätzlich möglich. Es erfolgt eine pauschalierte Anrechnung der ermittelten Investitionsleistungen auf den jährlichen Kreditaufnahmerahmen. Die
Anrechnung ist im Interesse der Gleichbehandlung der Gemeinden geboten. Der anzurechnende Betrag orientiert sich an der Bauinvestitionsleistung (einschließlich der Leistung für den
Grunderwerb) nach Abzug verfügbarer Investitionszuweisungen /-zuschüsse oder anderer Finanzleistungen Dritter. Er wird jährlich mit einem Zehntel als „Eigenanteil“ in der Dringlichkeitsliste B an vorderer Stelle aufgenommen, und zwar ab dem Eintritt der Zahlungsverpflichtung der
Gemeinde.
VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
43
Berechnung des genehmigungsfähigen Kreditaufnahmerahmens
Bei der Höhe des genehmigungsfähigen Kreditaufnahmerahmens ist folgendes zu berücksichtigen:
Durch den veränderten Investitionsbegriff im NKF ist es nicht zu vertreten, die gesamten ordentlichen Tilgungen in voller Höhe zum Maßstab für die genehmigungsfähige Kreditaufnahme zu
machen. Im Verhältnis zum kameralen Recht ist er einerseits enger (z. B. bei Investitionszuschüssen), in anderen Bereichen ist er weiter (geringwertige Wirtschaftsgüter).
Im NKF werden Investitionsmaßnahmen im Finanzplan dargestellt. Investitionen sind Maßnahmen, die durch Umwandlung von eigenen oder fremden liquiden Mittel in Vermögensgegenstände zu einer Steigerung des Anlagevermögens führen (Kommentar GPA NRW, Siemonsmeier u. a., S. 1 zu § 14 GemHVO NRW). Alle anderen Maßnahmen sind dem jahresbezogenen
Aufwand des Ergebnisplans zuzuordnen, auch wenn sie im früheren kommunalen Haushaltsrecht dem Vermögenshaushalt zuzuordnen waren.
Des Weiteren gehört im NKF auch die Beschaffung von geringwertigen Wirtschaftsgütern zur
Investitionstätigkeit. Diese sind folglich in den Investitions-Dringlichkeitslisten darzustellen, auch
wenn sie am Jahresende bilanziell vollständig abgeschrieben werden. Ebenfalls darzustellen
sind Investitionszuschüsse der Gemeinde im Sinne des § 43 Abs. 2 GemHVO.
Bei der Bemessung des Maßstabes ist zudem das vorrangige Ziel zu bedenken, die Verbindlichkeiten vor allem in Gemeinden ohne genehmigtes HSK zurückzuführen, um den Haushalt zu
stabilisieren. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ein unbestimmter Anteil der ordentlichen
Tilgungen (Gesamtdeckungsprinzip) auf die Tilgung von Kreditaufnahmen zugunsten von Investitionsmaßnahmen entfällt, die der Dringlichkeitsliste A (abgegrenzte rentierliche Investitionsmaßnahmen) zuzuordnen sind. Deshalb kann im Rahmen eines nach § 82 Abs. 3 Nr. 2 GO
genehmigungsfähigen Kreditaufnahmerahmens die Aufnahme neuer Kredite nur akzeptiert
werden, wenn ihre Summe die Höhe von zwei Dritteln der ordentlichen Tilgungen nicht übersteigt. Gelangt die Aufsichtsbehörde bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 82 Abs. 3 Nr.
2 GO zu dem Ergebnis, dass eine Kreditaufnahme in dieser Höhe im Verhältnis zur Finanzlage
der Gemeinde zu hoch bemessen ist, kann der genehmigte Rahmen auch unterhalb dieses
Wertes liegen.
Bei der Berechnung des genehmigungsfähigen Kreditaufnahmerahmens werden folgende Beträge auf den Eigenanteil angerechnet, wenn sie bezogen auf das jeweilige Haushaltsjahr zur
Verfügung stehen:
: Zweckgebundene Zuwendungen (siehe Ausführungen zur Dringlichkeitsliste B)
: Investitionspauschalen,
: die investive Verwendung der Schulpauschale/Bildungspauschale, Sportpauschale des GFG
sowie der Feuerschutzpauschale
: Beiträge aus Straßenbau und Erschließung
Erlöse aus der Veräußerung von Vermögen hat die Gemeinde in erster Linie zur Rückführung
vorhandener Verbindlichkeiten zu verwenden. Sofern Erwägungen der Wirtschaftlichkeit und
der Aufgabenerfüllung es gebieten, können sie im Einzelfall aber auch zur Finanzierung neuer
Investitionen verwendet und zu diesem Zweck auf den Kreditaufnahmerahmen angerechnet
werden.
44
VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
4.5.5
Verfahren
Vorlage der Investitionslisten durch die Kommunen
Die von den Regelungen des § 82 Abs. 2 bis 4 GO betroffenen Gemeinden legen der örtlich
zuständigen Kommunalaufsichtsbehörde nach Möglichkeit noch vor Beginn des Haushaltsjahres, ansonsten zum Jahresanfang zwecks Prüfung eines angemessenen Kreditaufnahmerahmens die vom Rat beschlossenen und nach Prioritäten geordneten Dringlichkeitslisten A und B
mit den geplanten Investitionen (einschließlich der Maßnahmen ihrer eigenbetriebsähnlichen
Einrichtungen) vor. Hierzu verwenden sie das als ANLAGE beigefügte Muster und beziffern die
angegebenen Daten nach dem Bruttoprinzip. Beizufügen ist eine Aufstellung der Deckungsmittel, die jahresbezogen als Einzahlungen zur Verfügung stehen.
Bei denjenigen Gemeinden, in deren Haushaltssatzung keine Kreditaufnahme für Investitionen
im laufenden Haushaltsjahr vorgesehen ist, entsteht zwar keine Genehmigungsverpflichtung im
Sinne des § 82 GO. Um sich einen Überblick über die beabsichtigten Investitionen und ihre
haushaltswirtschaftlichen Folgen zu verschaffen, müssen die Aufsichtsbehörden aber über vergleichbare Informationen verfügen. In diesen Fällen legen die Gemeinden daher ihrer Aufsichtsbehörde eine Auflistung über die geplanten Investitionsmaßnahmen zur Freigabe vor.
Die Gemeinden, die im vorangegangenen Jahr den Maßgaben des Nothaushaltsrechts unterlagen, berichten ihren Aufsichtsbehörden zum Beginn des jeweils laufenden Haushaltsjahres bei
Vorlage der neuen Liste über die Ist-Entwicklung des Vorjahres. Wurde der genehmigte Rahmen überschritten, sind die entsprechenden Beträge für den Kreditaufnahmerahmen des laufenden Haushaltsjahres mindernd zu berücksichtigen.
Prüfung und Entscheidung der Aufsichtsbehörden
Die örtlichen Aufsichtsbehörden prüfen die vorgelegten Unterlagen und berechnen, inwiefern im
konkreten Fall der genehmigungsfähige Kreditaufnahmerahmen eingehalten werden kann. Falls
erforderlich wird der Gemeinde mitgeteilt, welche Angaben fehlen oder einer zusätzlichen Erläuterung bedürfen, um eine Berechnung des genehmigungsfähigen Kreditaufnahmerahmens
durchführen zu können.
Bei kreisangehörigen Gemeinden stimmen die Landrätinnen und Landräte ihr Prüfungsergebnis
mit der Bezirksregierung ab. Hierzu sind der Bezirksregierung die Investitionsdringlichkeitslisten
nebst Anlagen sowie das von der Aufsichtsbehörde erstellte Berechnungsschema und ein Votum vorzulegen. Eventuelle Bedenken teilt die Bezirksregierung der örtlichen Aufsichtsbehörde
mit. Im Übrigen kann nach Erteilung des Einverständnisses der Bezirksregierung die Kreditgenehmigung durch die örtliche Aufsichtsbehörde erfolgen.
Bei kreisfreien Städten entscheidet die Bezirksregierung über die Kreditgenehmigung in eigener
Zuständigkeit.
Eine Kreditgenehmigung, die über eine Genehmigung nach § 82 Abs. 2 GO hinausgeht, darf
die Aufsichtsbehörde jedoch erst dann erteilen, wenn der Haushalt und das Haushaltsicherungskonzept vom Rat beschlossen und der Aufsicht zur Prüfung vorgelegt wurden.
VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
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Beim Haushaltsvollzug kann die Aufsichtsbehörde den Austausch einzelner Investitionsmaßnahmen und/oder einzelner maßnahmebezogener Auszahlungen des Haushaltsjahres (Abweichen von der Planung) zulassen, wenn sich dadurch der genehmigte Kreditaufnahmerahmen
des Haushaltsjahres insgesamt nicht erhöht und keine neuen Dauerverpflichtungen eingegangen werden, die ein Einhalten eines genehmigungsfähigen Kreditaufnahmerahmens in künftigen Haushaltsjahren gefährden.
4.6
Personalwirtschaftliche Maßnahmen
Auf die Beförderung von Beamtinnen und Beamten, die leistungsorientierte Besoldung und die
Feuerwehrzulage besteht kein Anspruch. Deshalb stehen die § 76 und § 82 GO diesen Maßnahmen entgegen, weil auch bei Vorliegen der beamtenrechtlichen Voraussetzungen die haushaltsrechtlichen Voraussetzungen nicht erfüllt sind.
Die erforderlichen Konsolidierungsanstrengungen sind nur mit qualifiziertem und motiviertem
Personal möglich. Im Interesse einer vergleichbaren Behandlung aller Beschäftigten des öffentlichen Dienstes werden den Gemeinden im Wege der Duldung in der dauerhaften vorläufigen
Haushaltsführung unter Beachtung des Punktes 3.3.1 Buchstabe B) Handlungsmöglichkeiten
eröffnet. Die Gemeinde kann nach Ablauf von zwei Jahren nach Beginn der dauerhaften vorläufigen Haushaltsführung Beförderungen nach einem festgelegten Budget vornehmen.
Dieses Personalaufwandbudget kann auch für die Gewährung von Leistungsprämien oder Leistungszulagen nach der Leistungsprämien- und -zulagenverordnung (LPZVO) genutzt werden.
Es steht ebenso für die Gewährung von Zulagen nach dem Gesetz über die Gewährung einer
Zulage für freiwillige, erhöhte wöchentliche Regelarbeitszeit im feuerwehrtechnischen Dienst in
Nordrhein-Westfalen zur Verfügung.
Budget für Personalaufwendungen
Das Budget wird in Abhängigkeit von Konsolidierungserfolgen festgelegt. Die Gemeinde erhält
hierdurch Flexibilität für die Durchführung von Beförderungen und die o. g. anderen personalwirtschaftlich relevanten Maßnahmen.
Das Budget ergibt sich aus der Differenz der Personalaufwendungen des Vorjahres und des
Vorvorjahres, die Berechnung wird unter den Buchstaben a bis e näher beschrieben. Übersteigen die Personalaufwendungen des Vorjahres die des Vorvorjahres, steht kein Budget zur Verfügung.
Die Ermittlung des Budgets für die Beförderung von Beamtinnen und Beamten, die leistungsorientierte Besoldung und die Feuerwehrzulage erfolgt ausschließlich auf der Grundlage der Ergebnisrechnungen der Jahresabschlüsse für die beiden dem Haushaltsjahr vorangehenden
Jahre. Zur Ermittlung des Budgets führt die Gemeinde folgende Rechnung durch und legt die
Daten sowie Erläuterungen dazu der Kommunalaufsicht vor:
a) Die Personalaufwendungen zur Ermittlung des Budgets sind in den beiden maßgeblichen Haushaltsjahren die Summe der Dienstaufwendungen nach dem Finanzstatistischen Kontenrahmenplan (FKRP) mit ihren Konten Beamte/tariflich Beschäftigte/sonstige Beschäftigte, erhöht und vermindert um die folgenden Faktoren:
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VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
b) Die Summe für das Vorjahr kann vermindert („bereinigt“) werden um die tatsächlich der
Gemeinde in diesem Haushaltsjahr entstandenen Mehraufwendungen bei den Dienstaufwendungen auf Grund von Tarif- und Besoldungserhöhungen.
c) Die Summe für das Vorjahr wird vermindert bzw. erhöht („bereinigt“), um tatsächlich im
jeweiligen Haushaltsjahr entstandene Mehr- bzw. Minderaufwendungen bei den Dienstaufwendungen auf Grund von Ein- und Ausgliederungen von Organisationseinheiten.
d) Die Summe für das Vorjahr kann vermindert („bereinigt“) werden um die Personalaufwendungen bei den Dienstaufwendungen für im jeweiligen Haushaltsjahr neu geschaffene Stellen, bei denen die Personalaufwendungen durch Erträge vollständig gegenfinanziert werden (z.B. Überwachung des ruhenden Verkehrs).
e) Erstattungen für das in kommunale Einrichtungen und Unternehmen mit kommunaler Beteiligung entsandte Personal können dagegen nicht berücksichtigt werden.
f) Zu den anrechenbaren Erstattungen zählen insbesondere die Personalaufwanderstattungen der Bundesagentur für Arbeit für Personal, das die Gemeinde der Arbeitsgemeinschaft (ARGE) nach § 44b SGB II zur Verfügung gestellt hat. Die nach § 6a SGB II
zugelassenen kommunalen Träger („Optionskommunen“) können die Personalaufwendungen für das zusätzlich erforderliche Personal wirkungsgleich anrechnen.
g) Strukturbedingte Mehraufwendungen (z.B. durch Erhöhung der Altersstufen) werden
nicht berücksichtigt. Es wird unterstellt, dass sich diese Mehraufwendungen, die die
kommunalen Spitzenverbände mit rund 0,4% pro Jahr beziffern, mit dem mindestens in
der Situation vorläufigen Haushaltsführung zu erbringenden Konsolidierungsbeitrag gegenseitig aufheben.
Die zuständige Kommunalaufsichtsbehörde beanstandet Personalaufwendungen auf der
Grundlage dieses Budgets von Beamtinnen und Beamten im Haushaltsjahr nicht, wenn die
Mehraufwendungen für Beförderungen, leistungsorientierte Besoldung und Feuerwehrzulagen
das ermittelte Budget nicht überschreiten.
Sollte auf Grund der gemeindespezifischen Gegebenheiten diese Berechnungsweise kein Budget eröffnen, kann in einem Haushaltsjahr maximal 1% der Beamtinnen und Beamten – gemessen an der Zahl der besetzten Planstellen – ohne Beanstandung durch die Kommunalaufsicht
befördert werden (1%-Beförderungskorridor). Beförderungen, die nicht unmittelbar zu höheren
Aufwendungen führen (Laufbahnwechsel), können ohne Anrechnung auf diesen Beförderungskorridor erfolgen. In Gemeinden mit weniger als 100 Beamtinnen und Beamten kann die zuständige Kommunalaufsicht einzelfallbezogene Ausnahmen vom 1%-Beförderungskorridor zulassen.
Allgemeine Sperrfrist für Beförderungen
Nach dem Beginn der dauerhaften vorläufigen Haushaltsführung ist zunächst vor Inanspruchnahme des Budgets bzw. des 1%-Beförderungskorridors eine allgemeine Sperrfrist für Beförderungen von mindestens 2 Jahren einzuhalten.
Wenn die Gemeinde bereits vorher freiwillig generelle Sperrfristen festgelegt und eingehalten
hatte, dann kann sie die über die für Gemeinden mit genehmigtem HSK vorgesehene Frist (ein
Jahr) hinausgehenden Zeiten auf diese Sperrfrist von mindestens 2 Jahren anrechnen.
Von den Möglichkeiten des Budgets kann eine Gemeinde ohne Beanstandung durch die Kommunalaufsicht in einem Haushaltsjahr frühestens Gebrauch machen, wenn die Haushaltssatzung und das Haushaltssicherungskonzept im Rat beschlossen und der Kommunalaufsicht
vorgelegt sind.
VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
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4.7
Freiwillige Leistungen
Gemeinden in der vorläufigen Haushaltsführung haben zu prüfen, inwiefern der bisherige Umfang freiwilliger Leistungen schrittweise reduziert werden kann. Dabei ist die Kündigung bestehender rechtlicher Verpflichtungen einzubeziehen (OVG Beschluss vom 17.12.2008, S. 6).
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VORLÄUFIGE HAUSHALTSFÜHRUNG
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Umgang mit (drohender) Überschuldung
Die drohende Überschuldung und erst Recht die bereits eingetretene Überschuldung sind im
kommunalen Haushaltsrecht die dramatischste Fehlentwicklung des Haushalts. Die Überschuldung einer Gemeinde liegt dann vor, wenn nach der Bilanz ihr Eigenkapital verbraucht ist, § 75
Abs. 7 S. 2 GO. Von einer drohenden Überschuldung ist auszugehen, wenn eine Gemeinde in
der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung ihr Eigenkapital vollständig aufbraucht.
Die Überschuldung ist nach § 75 Abs. 7 S. 1 GO gesetzlich verboten. Tritt bei einer Gemeinde
die Überschuldung ein, liegt deshalb ein rechtswidriger Zustand vor. Die nicht gesetzeskonforme Haushaltswirtschaft führt dazu, dass die Haushaltssatzung nicht bekanntgemacht werden
darf und die Gemeinde solange der vorläufigen Haushaltsführung (§ 82 GO) unterliegt, wie sie
gegen das gesetzliche Verbot der Überschuldung verstößt.
Das Überschuldungsverbot hat unter anderem eine Warnfunktion. Es soll schon im Falle einer
drohenden Überschuldung die Gemeinde und – falls erforderlich auch die Aufsichtsbehörde –
dazu veranlassen, alle Maßnahmen zu ergreifen, die dazu beitragen können, den Eintritt der
Überschuldung zu vermeiden. Daher muss die Gemeinde ihre Anstrengungen zur Konsolidierung ihres Haushaltes im Falle einer drohenden Überschuldung erheblich verstärken. Ihre Maßnahmen müssen geeignet und angemessen sein, um das Eintreten der Überschuldung abzuwenden. Kommt die Gemeinde dieser Verpflichtung nicht nach, hat die Aufsichtsbehörde die
erforderlichen Maßnahmen zu veranlassen und umzusetzen.
Pflichten der überschuldeten Gemeinde
1. Das Handeln einer Gemeinde, der die Überschuldung droht bzw. deren Überschuldung
eingetreten ist, hat sich in allen Bereichen mit oberster Priorität darauf auszurichten, die stetige Erfüllung ihrer Aufgaben (wieder) zu gewährleisten (vgl. § 75 Abs. 1 GO).
2. Die Gemeinde hat die Ursachen für die eingetretene Fehlentwicklung zu analysieren und
die erforderlichen Maßnahmen zur Korrektur dieser Entwicklung unverzüglich zu ergreifen
und umzusetzen.
3. Die Gemeinde muss zu diesem Zweck alle Möglichkeiten ausschöpfen, ein positives Eigenkapital zu erhalten bzw. wieder zu erreichen. Dort, wo die Überschuldung bereits eingetreten ist, sind des Weiteren Überschüsse zu erwirtschaften, um wieder zu einem positiven Eigenkapital (mindestens 1 Euro) zu gelangen. Dazu hat sie eine weitreichende Senkung von
Aufwendungen in allen Bereichen und – soweit die Senkung der Aufwendungen nicht ausreicht – eine entsprechende Steigerung von Erträgen zu beschließen.
4. Gemeinden, die überschuldet sind oder bei denen eine Überschuldung innerhalb des Zeitraums der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung einzutreten droht, sind rechtlich verpflichtet, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen (§ 76 Abs. 1 Nr. 3 GO). Wenn die
Gemeinde in der Vergangenheit bereits dazu verpflichtet war, hat sie das Haushaltssicherungskonzept zu überarbeiten und an die veränderte Lage anzupassen. Das Haushaltssicherungskonzept muss das Ziel verfolgen, keine neuen Fehlbeträge entstehen zu lassen,
um den Eintritt des völligen Eigenkapitalverbrauchs möglichst zu verhindern.
5. Die Konsolidierungsanstrengungen müssen alle Verwaltungsbereiche einschließlich der
Unternehmen, Einrichtungen und Beteiligungen umfassen. Sofern die Gemeinde mit eigenen Mitteln nicht in der Lage ist, die notwendigen Maßnahmen zu entwickeln und umzusetzen, sollte sie eine externe Beratung hinzuziehen. In Betracht kommt ferner eine gesonderte Prüfung durch die Gemeindeprüfungsanstalt.
(DROHENDE) ÜBERSCHULDUNG
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6. Der Rat der Gemeinde ist in jeder Ratssitzung über die Entwicklung der haushaltswirtschaftlichen Situation zu unterrichten. Bei jedem Ratsbeschluss hat sich die Gemeinde mit
seinen finanziellen Auswirkungen und der Vereinbarkeit mit den Regelungen der §§ 75 Abs.
7 und 82 GO auseinander zu setzen.
7. Für den/die Hauptverwaltungsbeamten/in ergibt sich eine besondere Verantwortung. Bei
Ratsbeschlüssen mit finanziellen Auswirkungen für die Gemeinde hat er / sie ggf. von der
Pflicht zur Beanstandung gemäß § 54 Abs. 2 GO Gebrauch zu machen.
8. Im Fall einer ungeplanten Verschlechterung der Ertragslage und/oder ungeplant höherer
Aufwendungen hat die Gemeinde eine Anpassung des Haushaltssicherungskonzepts vorzunehmen.
Vorgehen und Maßnahmen der Aufsichtsbehörde
9. Sobald die zuständige Aufsichtsbehörde Kenntnis davon erlangt, dass einer Gemeinde die
Überschuldung droht bzw. diese bereits eingetreten ist (z.B. durch Vorlage des Haushaltsplans oder des bestätigten Entwurfs der Eröffnungsbilanz), berichtet sie unverzüglich der
obersten Aufsichtsbehörde auf dem Dienstweg hierüber. Zu diesem Zweck lässt sich die
Bezirksregierung (bei kreisangehörigen Gemeinden gemeinsam mit der zuständigen Landrätin / dem zuständigen Landrat) in einem persönlichen Gespräch durch die Hauptverwaltungsbeamtin / den Hauptverwaltungsbeamten und den Verwaltungsvorstand über die finanzwirtschaftliche Lage der Gemeinde, die Ursachen der entstandenen Fehlentwicklung
und ihre Lösungsvorschläge informieren.
10. Die Aufsichtsbehörde hat alle kommunalaufsichtlichen Instrumente in Betracht zu ziehen,
die dazu beitragen können, dass der völlige Verbrauch des Eigenkapitals entweder gar
nicht erst eintritt oder – bei negativem Eigenkapital – so bald wie möglich wieder positives
Eigenkapital erreicht wird. Über alle wesentlichen Maßnahmen berichtet die Aufsichtsbehörde der obersten Aufsichtsbehörde auf dem Dienstweg. Sie soll die Gemeinde verpflichten, ihr regelmäßig – mindestens vierteljährlich – über die Entwicklung der Haushaltssituation zu berichten.
11. Die Regelungen für die vorläufige Haushaltsführung (§ 82 GO) sind eng auszulegen. Handlungsspielräume, die Kommunen in der dauerhaften vorläufigen Haushaltsführung im Wege
der Duldung gewährt werden (vgl. Kapitel 4), können nicht mehr gewährt werden, wenn die
Überschuldung im Zeitraum der mittelfristigen Ergebnis- und Finanzplanung droht oder bereits eingetreten ist. Insbesondere gelten weder die Erleichterungen bei der Aufnahme von
Investitionskrediten (vgl. Punkt 4.5) noch die Möglichkeiten der Bildung eines Budgets für
Beförderungen, Leistungsprämien und Zulagen (vgl. Punkt 4.6). Neue Investitionen dürfen
die betroffenen Gemeinden nur mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde im Einzelfall durchführen. Personalwirtschaftliche Maßnahmen, zu denen die Gemeinde nicht rechtlich verpflichtet ist, sind nicht zulässig. Die Übernahme neuer freiwilliger Leistungen ist auch nicht
mehr im Wege der Duldung möglich. Die Kündigung bestehender Verträge, die Grundlage
für die Gewährung freiwilliger Leistungen sind, ist zu prüfen.
12. Die Möglichkeit zur Bestellung eines Beauftragten ist unter den Voraussetzungen des § 124
GO in Betracht zu ziehen. Spricht sich die Aufsichtsbehörde gegenüber dem Innenministerium für diese Aufsichtsmaßnahme aus, hat sie eine Dokumentation der bisherigen kommunalaufsichtlichen Maßnahmen beizufügen. Ein Beauftragter kommt insbesondere in Betracht, wenn die betroffene Kommune ihrer gesetzlichen Verpflichtung, ein Haushaltssicherungskonzept aufzustellen (§ 76 Abs. 1 GO) nicht oder nicht in einem ausreichenden Umfang nachkommt.
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(DROHENDE) ÜBERSCHULDUNG