Daten
Kommune
Wesseling
Größe
117 kB
Datum
18.05.2011
Erstellt
03.05.11, 06:39
Aktualisiert
18.05.11, 13:11
Stichworte
Inhalt der Datei
Sitzungsvorlage Nr.:
84/2011
Federführender Bereich
Beteiligte Bereiche
Kinder, Jugend und Familie
Vorlage für
Jugendhilfeausschuss
Betrifft:
(ggf. Anlagen bezeichnen)
Zwischenbericht zur Aufstockung des Pflegekinderdienst und Anpassung des Erziehungssatzes für
Familiäre Bereitschaftsbetreuung
Namenszeichen des federführenden Bereichs
Sachbearbeiter/in
Leiter/in
Namenszeichen Beteiligte Bereiche
Datum
11.04.2011
Namenszeichen
Verwaltungsdirektor/in
Bearbeitungsvermerk
Fachdezernent
Kämmerer
Bürgermeister
STADT WESSELING
Vorlagen-Nr.: 84/2011
Der Bürgermeister
Sachbearbeiter/in:
Datum:
Birgit Rudolf
11.04.2011
X
öffentlich
nichtöffentlich
Beratungsfolge:
Jugendhilfeausschuss
Betreff:
Zwischenbericht zur Aufstockung des Pflegekinderdienst und Anpassung des Erziehungssatzes für
Familiäre Bereitschaftsbetreuung
Beschlussentwurf:
Der Zwischenbericht zur Aufstockung des Pflegekinderdienst wird zur Kenntnis genommen.
Für Familiäre Bereitschaftsbetreuung wird ab 01.06.2011 der 4-fache Erziehungssatz gewährt
Sachdarstellung:
1. Problem
Der Jugendhilfeausschuss hat in seiner Sitzung am 23.06.2010 die Einrichtung einer Sozialpädagogenstelle zum weiteren Ausbau des Pflegekinderdienstes (PKD) für vorerst ein Jahr empfohlen.
Im November 2010 und zum Januar 2011 wurden zwei kompetente Fachkräfte mit jeweils halber
Stelle eingestellt, sodass der PKD nun mit insgesamt 1,5 Stellen ausgestattet ist. Die beiden halben Stellen wurden jeweils auf ein Jahr befristet.
Der Personalzusatz war aufgrund der gestiegenen Fallzahlen dringend erforderlich. Die „Rahmenkonzeption Pflegekinderdienst“ des Landschaftsverbands Rheinland empfiehlt 25 Kinder pro pädagogische Vollzeitkraft. Dieser Einschätzung schloss sich die Gemeindeprüfungsanstalt in ihrer
Empfehlung für Wesseling 2008 an.
Im April 2010 wurden 37 Kinder von den Mitarbeiterinnen des Sozialen Dienstes betreut
(27 Kinder vom PKD mit halber Stelle, die weiteren 10 Kinder vom ASD ergänzend).
Diese Fallzahl ist in den letzten Monaten erheblich weiter angestiegen. Im April 2011 stehen 52
Pflegeverhältnisse zur Betreuung an. Die Fälle wurden auf die Mitarbeiterinnen des PKD verteilt. In
einigen Familien muss der ASD ergänzend tätig bleiben, da in Familiengerichtsverfahren die längerfristige Perspektive noch zu klären ist und weitere Hilfestellung in der abgebenden Familie erforderlich bleibt (siehe Anlage 1, Fallbeispiel). Einige Kinder sind zugezogen, die meisten Kinder
konnten jedoch im Rahmen der örtlichen Hilfeplanung bereits in Pflegefamilien untergebracht werden. 3 Babys von psychisch stark beeinträchtigten Müttern mussten in den letzten Monaten nach
einem leider wirkungslosen Aufenthalt in Mutter-Kind-Einrichtungen in Pflegefamilien vermittelt
werden.
7 mal wurden Kinder/Jugendliche in Familiärer Bereitschaftsbetreuung (FBB) im letzten halben
Jahr aufgenommen. Pro Kind zahlt die Stadt aktuell ca. 30 Euro am Tag Pflegegeld. Die meisten
Inobhutnahmen 2010 erfolgten jedoch in Heimeinrichtungen. Die Inobhutnahme in einem Heim
kostete 149 bis 199 Euro Tagessatz (TS).
Des Weiteren wurden mehrere Pflegebewerber umfangreich überprüft und neue Interessenten
gesucht. Ein Kind konnte bereits erfolgreich in einer Wesselinger Familie untergebracht werden.
Dies bietet sich in der Regel jedoch nur dann an, wenn die abgebenden Eltern mit der Herausnahme einverstanden sind, ansonsten ist die Wahrung räumlicher Distanz sinnvoller. Zur weiteren
Akquise wurden Flyer und Plakate erarbeitet. Eine Informationsveranstaltung befindet sich in der
Vorbereitung. Der Spezialdienst stellt sich bei Veranstaltungen, wie z.B. Weltfrauentag, Stadtfest,
Veranstaltungen in Familienzentren der Öffentlichkeit vor.
Viel Zeit wird für die Betreuung der Pflegefamilien und der betroffenen Kinder benötigt. Alle Kinder
kommen aus äußerst schwierigen familiären Verhältnissen und haben traumatische Erfahrungen
durchlebt. Auch die Trennung von den leiblichen Eltern und Geschwistern löst bei den Kindern
Selbstzweifel, Schuldgefühle, große Trauer und Wut aus. Deshalb brauchen insbesondere die neu
eingerichteten Pflegestellen regelmäßige Ansprechpartner und fachlich kompetente Beratung zum
Umgang mit diesen Kindern. Auch die Auseinandersetzung mit Verhaltensproblemen nach Kontakt
mit den Herkunftseltern und die Gestaltung des elterlichen Umgangs mit ihren Kindern bedarf einer
konstanten Begleitung durch den PKD bis hin zur mehrstündigen Begleitung dieser Umgangskontakte. Vom PKD werden aus fachlicher Abwägung zahlreiche Umgänge selber begleitet. Hier werden zudem Kosten eingespart, da die Umgangsbegleitung in diesen Fällen ansonsten über freie
spezialisierte Träger eingekauft werden müsste.
Im April 2011 fuhren 12 Pflegefamilien mit 26 Kindern für ein Wochenende in die Eifel. Neben der
gemeinsamen Freizeitgestaltung gab es ausreichend Gelegenheit zum Austausch unter den Pflegestellen. Gerade für die Kinder wirkt es entlastend, andere Pflegekinder kennen zu lernen und
sich nicht alleine in der ansonsten ungewöhnlichen familiären Situation wahr zu nehmen. Viele neu
geknüpfte Kontakte reichen über das alljährlich vom PKD gestaltete Wochenende hinaus.
Diskussionsstoff gab das diesjährige Thema „Irgendwie anders...“, welches von einer Referentin
spannend bearbeitet wurde.
Das Team des PKD erarbeitet aktuell eine eigene Konzeption; entscheidende Bausteine wie Zeitpunkt der Übernahme von Fällen aus dem ASD, regelmäßige Überprüfung der Fälle unter Einbezug der Vorgesetzten sind geregelt. Die Häufigkeit von persönlichen Kontakten zu den Pflegekindern hängt entscheidend von der Fallmenge ab und ist noch fest zu legen. Nur ein angemessener
Personalschlüssel bietet dem Fachdienst die Möglichkeit, mit hoher Qualität im Sinne des Kinderschutzes regelmäßig sich ein eigenes Bild zur Überprüfung zu machen. Ziel ist, als vertrauensvolle
Ansprechpartnerin vom Kind wahrgenommen zu werden, u. a. um durch schnelle wirkungsvolle
Kriseninterventionen mögliche Abbrüche zu vermeiden.
Die weiterhin gestiegene Fallzahl an Kindern in familiär organisierter HzE bestätigt den bereits
eingeschlagenen Weg. Es wurden zwei weitere Wesselinger Familien für FBB gewonnen, geprüft
und eingesetzt. Zusätzliche Interessenten befinden sich im Dialog mit dem PKD und setzten sich
mit der Thematik und Aufgabe intensiv auseinander.
Die weiteren vorliegenden Bewerbungen von Familien für Dauerpflege werden kontinuierlich abgearbeitet. Diese positive Entwicklung im Rahmen der HzE alternativ bzw. ergänzend zur Heimunterbringung sollte systematisch weiter verfolgt und ausgebaut werden. Zusätzliche geeignete Pflegefamilien für die dauerhafte Aufnahme von Kindern sollten geworben, ausgewählt und qualifiziert
werden.
Wie oben bereits erwähnt erfolgten die meisten Inobhutnahmen in Heimen. Da die Unterbringung
in FBB wesentlich günstiger ist, sollte ein weiterer Ausbau der FBB - Stellen zudem erfolgen. Aus
den folgenden Passagen des Konzeptes ergibt sich der Anspruch an FBB - Stellen, sowie deren
Honorierung.
Textstellen aus diesem Konzept:
Eine Bereitschaftspflegestelle nimmt ein Kind in einer Krisensituation auf, wenn es in der Herkunftsfamilie eine akute
Gefährdung für das Kind gibt. Für eine begrenzte Zeit von wenigen Tagen bis zu einigen Monaten wird das Kind im familiären Rahmen betreut und begleitet. Das Ziel der FBB ist die Perspektivabklärung für das Kind und seine Familie. Für
viele – gerade jüngere - Kinder ist eine Inobhutnahme in einer familiären Bereitschaftspflegestelle geeigneter, da hier
dem Bedürfnis nach konstanten Bezugspersonen, Sicherheit und Geborgenheit Rechnung getragen wird.
Dies bedeutet für die Bereitschaftspflegestellen eine hohe persönliche Eignung, schwer belastete Kinder in Notsituationen mit häufig traumatischer Vorgeschichte aufzunehmen.
Die Pflegestellen der FBB müssen in der Lage sein:
die Aufnahme- und die Abgabesituationen adäquat zu gestalten;
Besuchskontakte zu gestalten;
den Aufenthalt für das Jugendamt zu dokumentieren;
mit verschiedenen Institutionen zu kooperieren (Schule, Kita, ‚ Ärzte, Jugendämter...);
mit den Auffälligkeiten des jeweiligen Kindes umzugehen;
viele zusätzliche Termine und Fahrten wahrzunehmen;
die Ziele des Jugendamtes im Hilfeprozess mitzutragen und umzusetzen;
das Herkunftssystem wertzuschätzen;
flexibel hinsichtlich der möglichen Aufenthaltsdauer zu sein.
Finanzielle Ausstattung
Die von einigen Kommunen gezahlten Bereitschaftspauschalen („Bereithaltegeld“) sollten nicht weitergewährt werden,
da diese Zahlungen steuerpflichtig sind. Nicht steuerpflichtig sind die Zahlungen der öffentlichen Jugendhilfe, die unmittelbar auf ein Kind bezogen ausbezahlt werden.
Bereitschaftspflegestellen können einige finanzielle Möglichkeiten von Dauerpflegestellen nicht nutzen:
Sie haben keinen Anspruch auf Kindergeld.
Sie haben keinen Anspruch auf die Eintragung des Pflegekindes auf ihrer Steuerkarte.
Bereitschaftspflegestellen leisten einen hohen persönlichen und organisatorischen Aufwand, der durch die Anforderungen der Inobhutnahmesituation und der Perspektivabklärung für das aufgenommene Kind entsteht. Es wird folgerichtig
die zusätzliche Erhöhung des Erziehungsanteils empfohlen.
Freie Träger der Jugendhilfe entwickeln Angebote im Bereich der FBB. Die Kinder- und Jugendpädagogische Einrichtung der Stadt (KidS) Köln stattet ihre Bereitschaftspflegestellen finanziell mit einem TS von 55 Euro pro Belegungstag
und Kind aus. In den Kreiskommunen wird ein TS von 3-fach bis 4-fach vorgesehen, in Bergheim gibt es eine Altersstaffelung bis zur Erreichung des 5-fachen Satzes bei Jugendlichen.
Anmerkung/Beispiel:
Dauerpflegesatz
Aktueller Satz FBB
(2-facher Erziehungssatz)
FBB-Satz ab 01.06.
(4-facher Erziehungssatz)
525 Euro
525 Euro
525 Euro
219 Euro
744 Euro
24,80 Euro
438 Euro
963 Euro
32,10 Euro
876 Euro
1401 Euro
46,70 Euro
mit Anspruch auf Kindergeld und
Eintragung in die Steuerkarte
Materielle Aufwendungen
(Lebenshaltung altersentsprechend – hier: 7-13
Jahre)
Erziehungsaufwand
Gesamt
Tagessatz (/30)
Schriftliche Vereinbarung
Der Abschluss einer schriftlichen Vereinbarung mit der Bereitschaftspflegestelle über die Ausgestaltung der Zusammenarbeit mit dem belegenden Jugendamt wird unbedingt empfohlen. Inhalte dieser Vereinbarung sind:
Aufgaben der FBB / Kooperation mit dem Jugendamt / Finanzielle Ausstattung / Beihilfen und Zuschüsse / Versicherungen.
Ziel ist eine überörtliche, nicht miteinander konkurrierende Ausstattung an geeigneten Pflegestellen, welche eine gleichermaßen angemessene Honorierung für diese schwierige Tätigkeit und eine
fundierte Fachberatung zugesichert bekommen sollen.
2. Lösung
Für Familiäre Bereitschaftsbetreuung wird ab 01.06.2011 der 4-fache Erziehungssatz gewährt
3. Alternativen
werden keine vorgeschlagen
4. Finanzielle Auswirkungen
Die hierdurch entstehenden Mehrkosten, können durch Einsparungen auf dem Produktsachkonto
Inobhutnahmen gedeckt werden.
Kostenvergleich für das in der Anlage beschriebene 7-jährige Kind
Heimkosten
Pro Monat
Pro Jahr
Ersparnis \ Jahr
Ersparnis bis zur Vollendung
des 18. Lebensjahres
4.188,60 Euro (139,62*30)
50.263,20 Euro
41.335,20 Euro
454.687,20 Euro
Pflegekosten
744 Euro
8.928 Euro