Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
21 kB
Datum
15.12.2010
Erstellt
19.11.10, 04:23
Aktualisiert
19.11.10, 04:23
Stichworte
Inhalt der Datei
Kreis Euskirchen
Der Landrat
V 130/2010
15.11.2010
Datum:
Öffentliche Sitzung
Nichtöffentliche Sitzung
Beratungsfolge:
Kreisausschuss
24.11.2010
Kreistag
15.12.2010
Verteilung der Landesersparnis bei den Wohngeldausgaben an die Kreise und kreisfreien
Städte
Sachbearbeiter/in: Herr Hessenius
Tel.: 420
Abt.: 20
Die Vorlage berührt nicht den Etat des lfd. Haushaltsjahres.
Die Vorlage berührt den Etat auf der Ertrags- und/oder Einzahlungsseite.
Mittel stehen haushaltsrechtlich zur Verfügung.
Produkt:
Zeile:
Mittel stehen haushaltsrechtlich nicht zur Verfügung.
Mittel werden über-/außerplanmäßig bereitgestellt.
Deckungsvorschlag:
Produkt: 611 01
Zeile: 15
gez.
Hessenius
Kreiskämmerer
Mehrerträge – siehe Beschlussempfehlung.
Es entstehen Folgekosten - siehe anliegende Folgekostenberechnung.
Beschlussempfehlung der Verwaltung:
Der Kreistag beschließt:
Sofern der Kreis Euskirchen bis zum 31.03.2011 vom Land Nordrhein-Westfalen infolge einer
Änderung des AG-SGB II eine Nachzahlung (Nachteilsausgleich) für die Jahre 2007 bis 2009 erhält,
wird mit dieser Nachzahlung wie folgt verfahren:
1. Zunächst wird im Rahmen des Jahresabschlusses der Ausgleichsrücklage der in den Haushaltsjahren 2009 und 2010 entnommene bzw. zu entnehmende Betrag zugeführt.
[Konkreter Betrag wird bis zur Sitzung des Kreistages noch ermittelt.]
-2-
2. Der Restbetrag wird an die Städte und Gemeinden einmalig und außerplanmäßig ausgezahlt.
Die Verteilung des Betrages auf die einzelnen Städte und Gemeinden erfolgt nach dem Verhältnis
der Umlagegrundlagen für das Haushaltsjahr 2010 für den Kreis Euskirchen. Maßgebend sind die
landesseitig festgesetzten Umlagegrundlagen. Sofern sich aufgrund von Bescheiden des Landes
Änderungen der Umlagegrundlagen 2010 ergeben, führen diese zu nachträglichen Anpassungen
der einzelnen Auszahlungsbeträge.
Begründung:
1. Hintergrund
Die unter dem Begriff „Hartz-IV“ bekannte Neuordnung des Sozialhilferechts sah vor, dass beim Land
die Zahlung von Wohngeld entfällt. Diese Ersparnis wird wiederum den Kommunen erstattet (2007:
ca. 350 Mio. €, 2008: ca. 310 Mio. €, 2009: ca. 289 Mio. €). Nach einer Übergangsphase wurde im
Ausführungsgesetz zum SGB II ein Verteilungsschlüssel geschaffen, der ab 2007 Geltung erlangt.
Die Vorschrift des § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW sieht ein zweistufiges Verfahren zur Ermittlung des
Verteilungsmaßstabes für die Zuweisungen vor, der wiederum auf Datengrundlagen zurückgreift, die
in einer Anlage zu § 7 Abs. 3 AG-SGB II NRW gesetzlich festgestellt wurden.
Der Verteilungsschlüssel wurde im Hinblick auf die Methodik (zweistufiges Verfahren) ausdrücklich
begrüßt. Allerdings wurde bereits im Gesetzgebungsverfahren auf Fehler in dem der Verteilung
zugrunde liegenden Datenmaterial hingewiesen, die wiederum zu Verwerfungen zwischen den
kommunalen Aufgabenträgern führten.
Da diese Kritik vom Gesetzgeber nicht berücksichtigt wurde, hatten die StädteRegion Aachen
(seinerzeit: Kreis Aachen), die Kreise Düren, Euskirchen, Heinsberg, Unna und der Rhein-Erft-Kreis
sowie vier kreisfreie Städte Kommunalverfassungsbeschwerde gegen das AG-SGB II NRW erhoben.
Die Beschwerdeführer akzeptierten zwar ausdrücklich das neue zweistufige Verfahren der Verteilung
der Landesersparnisse bei den Wohngeldausgaben, wandten sich aber gegen die Datenbasis,
insbesondere die Anlage A zu § 7 AG-SGB II.
Diese Kommunalverfassungsbeschwerde war erfolgreich. Der Verfassungsgerichtshof für das Land
Nordrhein-Westfalen (VerfGH NRW) hat mit Urteil vom 26.05.2010 (VerfGH NRW 17/08)
entschieden, dass der Verteilungsschlüssel für Finanzzuweisungen, die das Land NordrheinWestfalen den Kreisen und kreisfreien Städten im Zusammenhang mit der Umsetzung des Vierten
Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt gewährt, mit der Landesverfassung nicht
vereinbar sei. Die Regelung im nordrhein-westfälischen Ausführungsgesetz verletze das Recht auf
kommunale Selbstverwaltung und das daraus abgeleitete Gebot auf interkommunale
Gleichbehandlung, da das dem Verteilungsschlüssel zugrundeliegende Datenmaterial aufgrund von
Plausibilitätsmängeln und teils fehlerhaften Daten nicht hinreichend valide sei. Angesichts der seitens
der kommunalen Spitzenverbände im Gesetzgebungsverfahren geäußerten deutlichen Kritik an den
maßgeblichen Daten sei der Landesgesetzgeber gehalten gewesen, das Datenmaterial anhand der
verfügbaren amtlichen Sozialhilfe- und Jahresrechnungsstatistiken zu überprüfen.
2. Folge
Aufgrund des Urteils ist seitens des Landes eine rückwirkende Neuregelung ab einschließlich 2007
zu treffen.
-3-
3. Aktueller Stand
Am 21.09.2010 haben die Regierungsfraktionen unter der Drucksache 15/215 einen Gesetzentwurf
eingebracht, der u.a. folgende Regelungen beinhaltet:
a) Neufassung der Anlage A zu § 7 AG-SGB II;
b) Einfügung eines § 7a AG-SGB II, der u.a. die Verrechnung von Überzahlungen (in den Jahren
2011 bis 2018) regelt.
Das MAIS (Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales des Landes Nordrhein-Westfalen) veröffentlichte am 23.09.2010 eine Übersicht, aus der Rückforderungen und Nachzahlungen ersichtlich
sind. Auf den Kreis Euskirchen entfiele hiernach eine Nachzahlung von ca. 10,5 Mio. €.
Auf Bitten des Landkreistages (LKT) wurden Mitte Oktober die Berechnungen für die einzelnen Jahre
vom MAIS zur Verfügung gestellt.
Ebenfalls auf Drängen der Spitzenverbände wurde am 21.10.2010 die Berechnungsgrundlage zur
Neufassung der Anlage A offen gelegt.
Die Sachverständigenanhörung vor dem Landtagsausschuss fand am 27.10.2010 statt.
Der Landtag wird das Gesetz voraussichtlich am 16.12.2010 beschließen.
4. Bewertung
a) Rechtliche Problematik
Die Einfügung des § 7a AG-SGB II scheint rechtlich zumindest problematisch zu sein, da die Verwaltungsakte 2007 bis 2009 gegenüber den Kommunen bereits bestandskräftig geworden sind. Im
Falle von Rückforderungen (bzw. daraus abgeleiteter Verrechnung von Überzahlungen) –beim Kreis
Euskirchen nach derzeitigem Stand nicht gegeben– ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass belastete
Kommunen erneut den Klageweg beschreiten.
b) Berechnungen 2007 bis 2009
Die seitens des MAIS übersandten Berechnungstabellen für den auf Grundlage des Gesetzentwurfs
zu erwartenden Nachteilsausgleich bzw. die Rückerstattungsforderungen sind für das Jahr 2007
fehlerhaft, da sie entgegen der ausdrücklichen Regelung des § 7 Abs. 4 AG-SGB II einen 12prozentigen Zuschlag bereits auf die Belastungswerte des Jahres 2007 legen und den 31,2prozentigen Bundesanteil an den Kosten der Unterkunft und Heizung für SGB II-Empfänger (KdU) auf
den gesamten Belastungswert anwandten, nicht lediglich auf die KdU.
Dieser grobe handwerkliche Fehler betrifft nicht das Gesetzgebungsverfahren, sondern die sich
daraus ergebenden Auswirkungen. Das MAIS hat eine Korrektur zugesagt.
-4c) Anlage A
Über die Ermittlung der Berechnungsgrundlagen für Anlage A besteht zwischen MAIS und
Kommunen deutlicher Dissens. Unter Berufung auf eine statistische Fiktion wurden bestimmte Einnahmegruppen (24, 25) der Jahresrechnungsstatistik außer acht gelassen. Seitens der Kommunen
wird eine Einbeziehung dieser Einnahmen gefordert.
Auch wenn die Einbeziehung der Einnahmegruppen voraussichtlich im Vergleich zur jetzigen Berechnung zu Lasten des Kreises Euskirchen geschieht, muss konstatiert werden, dass es überhaupt
kein vernünftiges Argument für ein Außenvorlassen gibt. Die Rechtfertigungsargumentation des MAIS
vermag nicht ansatzweise zu überzeugen.
Auch hier ist zu bemerken, dass sicherlich ein großer Teil an Kommunen den Klageweg beschreiten
wird, sofern es hier zu keiner Änderung kommt.
5. Auswirkungen auf den Kreis Euskirchen
Aufgrund des handwerklichen Fehlers wird in jedem Falle eine Neuberechnung für das Jahr 2007
erforderlich sein. Es bleibt abzuwarten, welcher Betrag sich hieraus ergibt.
Sofern Anlage A verändert wird, sind die finanziellen Konsequenzen erheblich. Da es sich im zweistufigen Verfahren aber um interkommunale Zusammenhänge handelt, kann nicht ansatzweise abgeschätzt werden, welche Auswirkungen die Änderung hat. Die Methodik innerhalb der 1. Stufe führt
dazu, dass nicht einmal mit Sicherheit gesagt werden kann, ob der Kreis Euskirchen dann überhaupt
eine Nachzahlung erhalten wird.
6. Umgang mit etwaigen Nachzahlungen
Sollte es tatsächlich zu signifikanten Nachzahlungen kommen, würde ohne weitere Beschlussfassung
folgendes passieren:
a) Ein Teil der Nachzahlung fängt ggf. das voraussichtliche Jahresabschlussdefizit 2010 auf (das
ansonsten über die Ausgleichrücklage zu decken wäre).
b) Ein weiterer Teil der Nachzahlung füllt die Ausgleichsrücklage auf (bis zum maximal möglichen
Betrag).
c) Der restliche Teil der Nachzahlung erhöht die Allgemeine Rücklage.
Die Erhöhung der Allgemeinen Rücklage wirkt als Verstärkung des Eigenkapitals zwar positiv und ist
somit generell wünschenswert. In finanziell angespannten Zeiten mit Städten und Gemeinden im Nothaushaltsrecht steht dem jedoch entgegen, dass Entnahmen aus der Allgemeinen Rücklage nicht
ohne Weiteres und folgenlos möglich sind.
Vor diesem Hintergrund wird verwaltungsseitig eine Lösung im Sinne der Beschlussempfehlung
präferiert.
Zu betonen ist nochmals, dass es zum heutigen Zeitpunkt keinesfalls sicher ist, ob und in
welcher Höhe der Kreis Euskirchen Nachzahlungen erhalten wird.
Um aber für den positiven und erhofften Fall die Rahmenbedingungen rechtzeitig zu setzen, wird dem
Kreistag vorgeschlagen, bereits vor einem Beschluss des Landtages die notwendigen Regelungen zu
treffen, da damit auch etwaige Dringlichkeitsentscheidungen vermieden werden. Hinzu kommt, dass
auch etwaige Verzögerungen einer frühzeitigen Regelung bedürfen, da die NKF-Periodenzuordnung
bedingt, dass auch Leistungsbescheide des Landes aus dem 1. Quartal 2011 noch Auswirkungen auf
den Jahresabschluss 2010 hätten.
-5Ein Änderungsgesetz hätte über die Jahre 2007 bis 2009 hinaus auch Auswirkungen auf die Berechnungen für das Jahr 2010. Im Haushalt eingeplant ist ein Betrag in Höhe von 1,35 Mio. €. Eine
Modellrechnung wurde seitens des MAIS bisher verweigert. Verwaltungsseitig wird gehofft, dass im
Zuge der Vorbereitungen des Landtagsbeschlusses noch die Berechnung zu 2010 veröffentlicht wird
(da für die Beurteilung des voraussichtlichen Rechnungsergebnisses 2010 relevant).
Die Beschlussempfehlung enthält in Ziffer 1 bis auf Weiteres noch eine abstrakte Beschreibung. Verwaltungsseitig wird nach Vorliegen der wichtigsten Daten bis zur Sitzung des Kreistages ermittelt, in
welcher Höhe Inanspruchnahmen aus der Ausgleichrücklage abzudecken sind.
gez. Rosenke
Landrat
Geschäftsbereichsleiter:
Abteilungsleiter:
Kreistagsbüro:
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(Unterschrift)
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(Unterschrift)
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