Daten
Kommune
Bedburg
Größe
9,0 MB
Datum
24.09.2013
Erstellt
18.09.13, 08:42
Aktualisiert
18.09.13, 08:42
Stichworte
Inhalt der Datei
Mögliche kommunale Folgekosten
der Umsetzung der Inklusion
im Schulbereich in Nordrhein-Westfalen
am Beispiel der Stadt Essen
und des Kreises Borken
Gutachten von
Dr. Alexandra Schwarz, Prof. Dr. Horst Weishaupt,
Prof. Dr. Kerstin Schneider, Dipl.-Ök. Anna Makles,
Dr. Mareike Tarazona
im Auftrag des Städtetages Nordrhein-Westfalen,
des Landkreistages Nordrhein-Westfalen
und des Städte- und Gemeindebundes NordrheinWestfalen
Herausgeber:
Städtetag Nordrhein-Westfalen
Geschäftsstelle Köln, Gereonstraße 18 - 32, 50670 Köln, Tel. 0221/3771-0, Fax 0221/3771-128
Internet: www.staedtetag-nrw.de
Landkreistag Nordrhein-Westfalen
Geschäftsstelle, Kavalleriestraße 8, 40213 Düsseldorf, Tel. 0211/30 04 91-0, Fax 0211/30 04 91-660
Internet: www.lkt-nrw.de
Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen
Geschäftsstelle, Kaiserswerther Straße 199-201, 40474 Düsseldorf. Tel. 0211/4587-1, Fax 0211-4587-211
Internet: www.kommunen-in-nrw.de
ISBN: 978-3-921784-40-2
Mö gliche kommunale Folgekosten
der Umsetzung der Inklusion
im Schulbereich in Nordrhein-Westfalen
am Beispiel der Stadt Essen
und des Kreises Borken
Gutachten im Auftrag des Städtetages Nordrhein-Westfalen,
des Landkreistages Nordrhein-Westfalen
und des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen
Juli 2013
Autoren:
Alexandra Schwarz1,*
Horst Weishaupt2,*
Kerstin Schneider1
Anna Makles1
Mareike Tarazona2
1
*
2
*
Schumpeter School of Business and Economics
Bergische Universität Wuppertal
Gaußstr. 20
42097 Wuppertal
Kontakt: schwarz@wiwi.uni-wuppertal.de
Arbeitseinheit „Steuerung und Finanzierung des Bildungswesens“
Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung
Schloßstr. 29
60486 Frankfurt am Main
Kontakt: weishaupt@dipf.de
Inhaltsverzeichnis
Ziel und Aufbau des Gutachtens...................................................................................................................................1
1.
Einleitung .....................................................................................................................................................................5
1.1. Problemstellung ..............................................................................................................................................5
1.2. Schulorganisatorische Implikationen des Gesetzentwurfs ...........................................................7
1.3. Konnexitätsrelevante Implikationen des Gesetzentwurfs ............................................................7
1.4. Stand der Forschung......................................................................................................................................9
2.
Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem
Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen ......................................................................................................... 13
2.1 Zur Ausbausituation sonderpädagogischer Förderung in Nordrhein-Westfalen ............. 14
2.2 Private Förderschulen ............................................................................................................................... 23
2.3 Ganztagsbetreuung ..................................................................................................................................... 25
2.4 ‚Inklusionsoffene‘ Eingangsstufe der Grundschule ....................................................................... 26
2.5 Landesweite Implikationen des Gesetzentwurfs für die Klassenbildung ............................ 28
3.
Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten .................................... 35
3.1 Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen .......................................................... 36
3.2 Relevante Kostenarten .............................................................................................................................. 47
3.3 Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten ....................................................... 69
3.4 Zur Auswahl der beispielhaft untersuchten Kommunen ............................................................ 73
4.
Ergebnisse für die Stadt Essen ......................................................................................................................... 75
4.1 Stand der sonderpädagogischen Förderung .................................................................................... 75
4.2 Status Quo-Prognose .................................................................................................................................. 83
4.3 Modellrechnungen bei Erhöhung der Inklusionsquote ............................................................... 86
4.4 Mögliche kommunale Folgekosten bei Erhöhung der Inklusionsquote ............................ 104
5.
Ergebnisse für den Kreis Borken ................................................................................................................. 123
5.1 Stand der sonderpädagogischen Förderung ................................................................................. 124
5.2 Status Quo-Prognose ............................................................................................................................... 130
5.3 Modellrechnungen bei Erhöhung der Inklusionsquote in der Primarstufe ..................... 130
5.4 Mögliche kommunale Folgekosten bei Erhöhung der Inklusionsquote in der
Primarstufe ........................................................................................................................................................... 140
6.
Zusammenfassung und Fazit ......................................................................................................................... 159
7.
Literaturverzeichnis .......................................................................................................................................... 163
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ................................................................................................................. 165
i
Ziel und Aufbau des Gutachtens
Ziel und Aufbau des Gutachtens
Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat am 19.03.2013 ihren Entwurf für ein Erstes
Gesetz zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz) vorgelegt (vgl. NRW LTDrs. 16/2432). Mit diesem Gesetz soll das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN-BRK) vom
13. Dezember 2006, das seit dem 26. März 2009 für Deutschland verbindlich ist, und insbesondere Artikel 24 der VN-BRK für Nordrhein-Westfalen umgesetzt werden. Das 9. Schulrechtsänderungsgesetz sieht vor, „[i]nklusive Bildung und Erziehung in allgemeinen Schulen […] im
Schulgesetz NRW (SchulG) als Regelfall [zu] veranker[n]. In Umsetzung dessen haben die Eltern
grundsätzlich das Recht, dass ihr Kind mit Behinderung eine allgemeine Schule besucht.“ (ebenda, S. 1) Dabei wird die Verantwortung für die Bereitstellung eines entsprechenden schulischen
Angebots den kommunalen Schulträgern übertragen: „Schulische Bildungsangebote Gemeinsamen Lernens sind Gegenstand der Schulentwicklungsplanung.“ (ebenda, S. 1) Nach Auffassung
der nordrhein-westfälischen Landesregierung führt der Gesetzentwurf nicht zur Übertragung
einer neuen Aufgabe oder zur Veränderung bestehender und übertragbarer Aufgaben und auch
nicht zu einer wesentlichen Belastung der Gemeinden und Gemeindeverbände (vgl. ebenda,
S. 4-5), die gemäß Artikel 78 Abs. 3 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen finanziell
auszugleichen wäre.1 Von einer wesentlichen Belastung der Gemeinden und Gemeindeverbände
ist auszugehen, wenn die kommunalen Belastungen landesweit über der Bagatellgrenze von
4,5 Mio. Euro liegen (0,25 Euro je Einwohner, vgl. LTDrs. 13/5515, S. 23).
Die Gutachter sind gebeten worden, die Konsequenzen des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes für das auf kommunaler Ebene vorzuhaltende Bildungsangebot im Schulbereich zu untersuchen und die sich hieraus möglicherweise ergebende, zusätzliche finanzielle Belastung der
Städte, Gemeinden und Kreise abzuschätzen. Die rechtliche Bewertung2 der neuen oder veränderten Schulträgeraufgaben und der hieraus resultierenden finanziellen Belastungen ist nicht
Gegenstand des Gutachtens, sondern ausdrücklich nur die Quantifizierung der zusätzlichen
finanziellen Lasten. Dabei geht es aber explizit um die Auswirkungen für die einzelnen Schulträger und nicht um die Bilanz von Be- und Entlastungen auf Landesebene. Daher wird im vorliegenden Gutachten am Beispiel von zwei Kommunen in Nordrhein-Westfalen, der Stadt Essen
und des Kreises Borken, geprüft, wie hoch die zu erwartenden Kosten für diese Kommunen sind.
Die Ergebnisse sind nicht für Nordrhein-Westfalen verallgemeinerbar.
Das Gutachten ist wie folgt gegliedert: In Kapitel 1 werden die zentralen Punkte des Gesetzentwurfs im Hinblick auf die mit ihm angestrebte Reform der schulischen Bildung in Nord-
1
2
vgl. hierzu das Gesetz zur Regelung eines Kostenfolgeabschätzungs- und eines Beteiligungsverfahrens gemäß
Artikel 78 Abs. 3 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen (Konnexitätsausführungsgesetz - KonnexAG)
vom 22. Juni 2004, geändert durch Gesetz vom 12. Mai 2009.
Dazu liegt bereits ein Gutachten vor (Höfling 2012).
1
Ziel und Aufbau des Gutachtens
rhein-Westfalen und die Implikationen für die kommunale Schulentwicklungsplanung beschrieben. Um die folgende beispielhafte Kostenabschätzung besser einordnen zu können, gibt Kapitel 2 einen Überblick zum Stand der sonderpädagogischen Förderung in Förderschulen und in
allgemeinen Schulen in Nordrhein-Westfalen, soweit daraus Folgerungen für die Kommunen
erwachsen können.
In Kapitel 3 werden das methodische Vorgehen und die wesentlichen Annahmen der
Studie dargelegt, mit denen die zusätzlichen kommunalen Ausgaben abgeschätzt werden, die
sich bei Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz durch Veränderungen
in der sächlichen, räumlichen und personellen Ausstattung der Schulen ergeben können. Die
Basis dieser Schätzung bildet ein Simulationsmodell, mit dem die Schülerzahlen mit und ohne
Erhöhung der Inklusionsquote fortgeschrieben werden. Diese Fortschreibung basiert auf der
Schülerprognose für Nordrhein-Westfalen; als Zielwerte für die Inklusionsquoten werden die im
Gesetzentwurf dargelegten Zielwerte der Landesregierung übernommen. Danach sollen bis zum
Schuljahr 2016/17 rund 65% aller Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen unterrichtet werden. Daneben sind weitere Annahmen erforderlich, etwa zur
Größe der Lerngruppen in einem inklusiven Schulsystem. Im Gutachten werden daher die Auswirkungen verschiedener Konzepte geprüft, indem entsprechende Modellvarianten der Inklusion simuliert werden. Es werden die kommunalen Folgekosten für einen ‚Minimalstandard‘ (Inklusion bei unveränderter Klassengröße und nur geringer Anhebung der Ausstattungsstandards), für die geplante ‚Doppelzählung‘ der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf
und für eine als pädagogisch wünschenswert erachtete Variante abgeschätzt. Bei dieser erweiterten Reformvariante werden grundsätzlich kleinere Klassen gebildet. In einer weiteren Modellrechnung werden dann ergänzend dazu Standards zur räumlichen Ausstattung angenommen, die mit denen an Förderschulen vergleichbar sind.
Außerdem werden in Kapitel 3 ausführlich kommunale Folgekosten der Entwicklung hin
zu einem inklusiven Schulsystem beschrieben, die anschließend für den Grundschulbereich und
den Bereich der Sekundarstufe I in der Stadt Essen (Kapitel 4) und für den Grundschulbereich
im Kreis Borken (Kapitel 5) geschätzt werden. Diese Kosten umfassen neben den erforderlichen
Investitionen in die Schulgebäude (Herstellung von Barrierefreiheit, Schaffung von Differenzierungsräumen etc.) auch die zusätzlichen laufenden Ausgaben, etwa für die Ganztagsbetreuung
der Schüler und die Schülerbeförderung. Auch zusätzliche Personalkosten für Integrationshelfer
sowie für Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter werden erfasst. Am Beispiel des Kreises
Borken kann außerdem dargestellt werden, zu welchen Verschiebungen der Ausgabenlasten das
9. Schulrechtsänderungsgesetz zwischen den Schulträgern – den kreisangehörigen Städten und
Gemeinden sowie dem Kreis Borken – führen würde. Zudem können auch Aussagen dazu getroffen werden, welche Schulträger in der Konsequenz deutlich höhere Ausgaben oder finanzielle
Entlastungen zu erwarten haben. In beiden Kapiteln werden die jeweils geschätzten Mehrkosten
2
Ziel und Aufbau des Gutachtens
abschließend zusammengefasst. Das Gutachten schließt mit einer zusammenfassenden Bewertung der Ergebnisse hinsichtlich der bearbeiteten Fragestellung (Kapitel 6).
Im Ergebnis zeigt sich, dass selbst bei einer eingeschränkten Ausstattung der Schulen,
die zwar oberhalb der derzeitigen Ausstattung der allgemeinen Schulen, aber deutlich unterhalb
der aktuellen Standards an Förderschulen liegt, und konservativer Schätzung der laufenden Kosten in beiden betrachteten Kommunen bis zum Schuljahr 2019/20 erhebliche zusätzliche Ausgaben entstehen, die jeweils deutlich oberhalb der Bagatellgrenze im Sinne des Konnexitätsausführungsgesetzes (KonnexAG) liegen.
3
1. Einleitung
1.1.
Problemstellung
Die schulische Förderung von Kindern mit Behinderungen verlief in den letzten Jahrzehnten in
mehreren Phasen. Zunächst stand der Ausbau eines Förderschulsystems im Vordergrund der
Bemühungen, um in speziellen Einrichtungen eine angemessene fachliche Förderung der Kinder
mit Behinderungen zu erreichen. Zwar wurde diese schulorganisatorische Konzeption der Förderung von Behinderten schon früh grundlegend in Frage gestellt (Deutscher Bildungsrat 1973),
doch änderte dies nichts an der Haltung der Kultusministerien. Nur im Rahmen von Schulversuchen wurde auf Initiative von Eltern und Verbänden zunehmend die Integration einzelner Kinder mit Behinderungen im Regelschulsystem ermöglicht. Auch aufgrund der mit diesen Versuchen gesammelten Erfahrungen sieht schon seit 1994 ein entsprechender Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) die Integration von Schülern3 mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den anderen allgemeinbildenden Schulen neben der Förderschule vor: „Die Bildung
behinderter junger Menschen ist verstärkt als gemeinsame Aufgabe für grundsätzlich alle Schulen anzustreben“ (Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen in der
Bundesrepublik Deutschland, Beschluss der KMK vom 6.5.1994). In der damit einsetzenden
zweiten Entwicklungsphase, die „eine eher personenbezogene, individualisierende und nicht
mehr vorrangig institutionenbezogene Sichtweise sonderpädagogischer Förderung“ (ebenda)
vorsah, hätte bereits die Integration von behinderten Schülern aus der bis dahin bestehenden
Versuchsphase in eine flächendeckende Reorganisation sonderpädagogischer Förderung überführt werden können. Die Integration einzelner Schüler in das allgemeinbildende Regelschulsystem vollzog sich aber nur schleppend und mit großen Unterschieden zwischen den Ländern.
Auch in der Diskussion um die Reform der Lehrerbildung hatte die Frage der sonderpädagogischen Kompetenz für Lehrkräfte aller Lehrämter ebenfalls keine Bedeutung.
Nur knapp ein Fünftel der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf wurden bis
2009 an sonstigen allgemeinbildenden Schulen unterrichtet und dies wurde nur durch eine Erhöhung der sonderpädagogischen Förderquote insgesamt und nicht über eine Rückentwicklung
der Förderschule erreicht (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 69; Dietze 2012).
Erst die 2009 in Deutschland in Kraft getretene Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (VN) hat die unbefriedigende Situation einer breiten Öffentlichkeit bewusst
gemacht und zu politischen Schritten geführt4 und damit die gegenwärtige Phase eingeleitet, die
integrative Förderung von Kindern mit Behinderungen gezielt voranzutreiben. Die Auseinandersetzungen mit Fragen sonderpädagogischer Förderung werden nun unter der Perspektive eines
3
4
Im Text wird, sofern nicht anders erforderlich, das generische Maskulinum verwendet.
Siehe insbesondere den Beschluss der KMK vom 20.10.2011: Inklusive Bildung von Kindern und Jugendlichen mit
Behinderungen in Schulen.
5
1. Einleitung
inklusiven Schulsystems geführt und entsprechende Maßnahmen zu diesem Thema intensiviert,
z. B. auch zu den Ausbildungsinhalten für alle Lehrämter und zu Fortbildungsmaßnahmen für
Lehrkräfte. Vor allem beginnen die Länder nun damit, auch die Struktur des Angebots neu zu
organisieren und – wenigstens für einzelne Förderschwerpunkte – weitgehend auf eine separierte Förderung in Förderschulen zu verzichten. Nachdem es in den letzten 15 Jahren versäumt
wurde, schrittweise die Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung einzuleiten, sind
nun kurzfristige weitreichende Veränderungen geplant, die nicht ohne Risiken sind, da für viele
Lehrkräfte diese Innovation unvorbereitet kommt und sie sich den besonderen Anforderungen
häufig nicht gewachsen sehen.
In dieser Situation legt die nordrhein-westfälische Landesregierung einen Gesetzentwurf
zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz, LTDrucks. 16/2432 vom 21.03.2013) vor. Darin werden „inklusive Bildung und Erziehung in allgemeinen Schulen […] als Regelfall verankert“ (ebenda, S. 1). Für die
Umsetzung der jetzt geplanten Reformen gibt es insofern keine Vorbilder, weil die Integration
einzelner Schüler in eine gegebene Schulstruktur keine so weitgreifende Reform ist wie die geplante Umstrukturierung zu einer inklusiven Schule. Diese Einschätzung leitet sich beispielsweise unmittelbar aus Artikel 24 der VN-Behindertenrechtskonvention ab, wo es unter anderem
heißt, dass
„b) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in
der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben;
c) angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen getroffen werden;
d) Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern […]“
(VN-Behindertenrechtskonvention, Art. 14 Abs. 2).
Es gibt zahlreiche Vorstellungen über die pädagogischen Notwendigkeiten, die mit diesem weitreichenden Reformanspruch verbunden sind (z. B. Blooth/Ainscow 2003; Döbert/Weishaupt
2013), und integrative Schulmodelle, die auch als Vorbilder für ein inklusives Schulsystem geeignet sind. Doch obgleich es sich bei der aktuell vorzufindenden Situation nicht um eine inklusive, sondern nach wie vor um eine integrative Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit
sonderpädagogischem Förderbedarf handelt, übernehmen wir die Begrifflichkeiten der Landesregierung (z. B. Inklusionsquote) und nehmen an, dass mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz
eine Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem eingeleitet werden kann. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang aber der Hinweis, dass die mit einer inklusiven Schule verbundenen Anforderungen weit über Maßnahmen hinausgehen, die über äußere Organisationsmaßnahmen und zusätzliche Ressourcen erreichbar sind.
6
1. Einleitung
1.2.
Schulorganisatorische Implikationen des Gesetzentwurfs
Der für Nordrhein-Westfalen vorgelegte Gesetzentwurf ist durch mehrere nicht eindeutige Regelungen gekennzeichnet. Den Eltern mit einem Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf
steht künftig einerseits das Recht zu, das Kind eine allgemeine Schule besuchen zu lassen. Andererseits haben sie aber auch das Recht der Wahl einer Förderschule, die – damit dieses Recht
nicht ins Leere läuft – in angemessener Entfernung angeboten werden muss. Die Schulträger in
einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt erhalten die Möglichkeit, auf die Fortführung aller Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung und
Sprache zu verzichten, können damit aber mit den Elternwünschen in Konflikt geraten. Parallel
zum Gesetzentwurf wurde der „Entwurf einer Verordnung über die Größe von Förderschulen
und der Schulen für Kranke“ vorgelegt, mit dem die Mindestgröße von Förderschulen festgelegt
würde, z. B. auf 144 Schüler an Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen.5 Dieser
Entwurf gefährdet den Fortbestand der Mehrzahl der Förderschulen, denn im Schuljahr
2012/2013 unterschreiten bereits 68,7% der Förderschulen6 die im Entwurf genannte Mindestgröße (vgl. LTDrucks. 16/2192 vom 26.2.2013).7 Damit könnte sich für viele Schulträger der
Zwang zur Schließung der Förderschulen ergeben. Zunächst aber müssen diese Schulwahlalternativen anbieten. Die Implikationen und Folgen des Gesetzentwurfs für die Eltern, die Schulträger und schließlich die weitere Schulentwicklung des Landes sind kaum zu überblicken. Simulationsrechnungen, mit denen die impliziten Konsequenzen des Gesetzentwurfs in Verbindung mit
der Schulgrößenverordnung abgeschätzt werden könnten, wurden nicht vorgelegt. In Teilen der
Öffentlichkeit ist dadurch der Eindruck entstanden, dass der Gesetzentwurf Handlungsspielräume eröffnet, die es aber faktisch nicht gibt bestehen bzw. zwingende Regelungsnotwendigkeiten durch das Land bestehen, denen es sich entzieht. So könnten Konflikte in die Regionen
verlagert werden und die Bewältigung der Probleme bliebe der Schulaufsicht und den Schulträgern überlassen.
1.3.
Konnexitätsrelevante Implikationen des Gesetzentwurfs
Für die Schulträger in Nordrhein-Westfalen von besonderer Relevanz ist die Festlegung in dem
Gesetzentwurf, dass die geplante inklusive Reorganisation des Schulwesens keine Auswirkun5
6
7
Die aktuell gültige Sechste Verordnung zur Ausführung des Schulverwaltungsgesetzes (6. AVOzSchVG) legt lediglich fest, welche Schülerzahlen an Förderschulen für einen geordneten Schulbetrieb erforderlich sind.
Öffentliche, im Verbund geführte Förderschulen, d. h. „[…] Schulen, die mit Genehmigung der oberen Schulaufsichtsbehörde als eine Schule in kooperativer oder integrativer Form geführt werden […]“ (LTDrucks. 16/2192,
S. 2).
Am 02.07.2013 hat das nordrhein-westfälische Landeskabinett eine überarbeitete Fassung der Verordnung über
die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke (MindestgrößenVO) beschlossen, die im zeitlichen Zusammenhang mit der geplanten Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes erlassen werden
soll (online verfügbar unter http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_Gemeinsames_Lernen/MindestgroessenVO.pdf, zuletzt abgerufen am 05.07.2013). Diese sieht z. B. für Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen weiterhin eine Mindestgröße von 144 Schülern vor (112 Schüler an Schulen mit allein der Sekundarstufe I).
7
1. Einleitung
gen auf die Finanzlage der Gemeinden und Gemeindeverbände habe: „Der Gesetzentwurf führt
nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht zu einer Ausgleichspflicht des Landes gegenüber
den Gemeinden und Gemeindeverbände im Sinne des KonnexAG (Konnexitätsausführungsgesetz)“ (LTDrucks. 16/2432, S. 5).
Die Landesregierung führt an, dass es schon eine längere Tradition gemeinsamen Lernens von Schülern mit und ohne Behinderungen gibt und damit der Gesetzentwurf keine neue
Aufgabe für die Schulträger vorsieht. Auch würden in dem Gesetz keine Anforderungen in Form
von Standards festgelegt, die zu finanziellen Belastungen für die Kommunen führen könnten.
Schließlich dürften Verursachungsbeiträge Dritter, z. B. durch das elterliche Wahlverhalten oder
Entscheidungen im Rahmen der Schulentwicklungsplanung, nicht dem Land zugerechnet werden.
Implizit werden konnexitätsrelevante Kosten durchaus für möglich gehalten, jedoch wird
bestritten, dass sich dafür gegenwärtig eine tragfähige Datenlage herstellen ließe, zumal sie zu
sehr von dem Elternwahlrecht und den Schulträgerentscheidungen abhingen. Das Land hat aber
seinerseits wenig unternommen, um zur Aufklärung offener Fragen beizutragen. In ihrem Gutachten im Auftrag des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes NordrheinWestfalen benennen Klemm/Preuss-Lausitz (2011) mehrere Ausgabenpositionen der Schulträger, „auf die eine Ausweitung der Inklusion Rückwirkungen hat oder doch haben kann:
•
Ausgaben für die individuelle Betreuung und Begleitung einer Schülerin oder eines Schülers (Integrationshelfer – SGB XII),
•
Ausgaben für nicht lehrendes Personal (Hausmeister, Schulsekretariate),
•
Ausgaben für die Umrüstung von Schulgebäuden entsprechend inklusionsbedingter Anforderungen,
•
Ausgaben für die Bewirtschaftung der Schulgebäude und Schulanlagen,
•
Ausgaben für Schülerfahrtkosten.“ (Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 120)
In dem Gutachten werden damit bereits deutliche Hinweise auf mögliche zusätzliche Belastungen der Schulträger gegeben, denen das Land in der Zwischenzeit nicht nachgegangen ist. Offen
bleibt in dem zitierten Gutachten die Frage, wodurch der berechnete Mehrbedarf an Lehrkräften
entsteht und über welche Lehrämter diese Lehrkräfte verfügen müssen. Oberflächlich betrachtet
scheint es sich um Sonderpädagogen zu handeln. Doch gehen die Berechnungen von einer gegenüber heute unveränderten Lehrerstundenzahl für die individuelle sonderpädagogische Förderung der Schüler in inklusiven Klassen aus (z. B. Lernen 2,7). In jener von Klemm/PreussLausitz (2011) vorgestellten Variante, die für den Schulgesetzentwurf übernommen wurde,
kommt aber in inklusiven Klassen künftig für jeden integrativ unterrichteten Schüler zusätzlich
die Schüler-Lehrer-Relation der aufnehmenden Schulart hinzu (vgl. LTDrucks. 16/2432, S. 2).
Dieser Zuschlag lässt sich als Maßnahme der allgemeinen inklusionsbedingten Verbesserung der
Personalausstattung ansehen bzw. als Maßnahme zur Senkung der Lerngruppengrößen (vgl.
8
1. Einleitung
dazu auch Klemm/Preuß-Lausitz 2011, S. 53-56). Damit würde den allgemeinen pädagogischen
Überlegungen entsprochen, dass die integrative Förderung auch eine Begrenzung der maximalen Lerngruppengröße zur Folge haben muss, damit die notwendigen Maßnahmen der Unterrichtsdifferenzierung und der individuellen Förderung möglich sind. Folglich handelt es sich
unter dieser Sichtweise bei den zusätzlichen Lehrkräften in erheblichem Umfang um Grundschul- und Sekundarstufenlehrkräfte, die für zusätzliche Lerngruppen/Klassen benötigt werden.
Die Senkung von Lerngruppengrößen für Inklusionsklassen bei gleichzeitiger Beibehaltung der
Schüler-Lehrer-Relation ist eine grundlegende Annahme des Gesetzentwurfs, deren praktische
Umsetzbarkeit von der Landesregierung nicht nachgewiesen wurde und letztlich im Widerspruch zu den eigenen Planungsüberlegungen steht (vgl. z. B. LTDrucks. 16/2432, S. 38).
Doch auch über die Frage der zusätzlichen Lehrkräfte hinaus geben die angesprochenen
Aspekte in Klemm/Preuss-Lausitz (2011) bereits mehrere Ansatzpunkte, die Position der Landesregierung in Frage zu stellen, die bei den geplanten schulorganisatorischen Änderungen keine Folgen für die Belastung der Schulträger unterstellt, die über ihre bisherigen Aufgaben hinausgehen. Aufgabe des Gutachtens ist es, diese zusätzlichen Belastungen der Schulträger zu
überprüfen und zu quantifizieren.
1.4.
Stand der Forschung
Bei den folgenden Überlegungen und Berechnungen zur Konnexitätsrelevanz des Schulgesetzentwurfs kann auf Vorarbeiten zurückgegriffen werden, die sich teilweise schon sehr differenziert mit den Kostenimplikationen der Umstellung der sonderpädagogischen Förderung von
einem schulischen auf ein integratives System auseinandergesetzt haben. Zu nennen ist vor allem die Empfehlung der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrats „Zur pädagogischen
Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher“ aus dem Jahr
1973, die eine ausführliche Kostenschätzung zu den getroffenen Empfehlungen zur Förderung in
der Schule beinhaltet (Deutscher Bildungsrat 1973, S. 150-164). Da im Zentrum der Kostenüberlegungen die zusätzlichen Kosten des Ausbaus sonderpädagogischer Förderung standen, sind sie
auf die aktuelle Situation nur bedingt übertragbar. Die Kostenüberlegungen für die „Pädagogisch-therapeutischen Stationen“ sind aber auch heute noch bedenkenswert, da mit dem Entwurf für die Neufassung des § 132 Abs. 3 SchulG NRW ein ähnlicher Lernort vorgesehen ist, in
dem „Schülerinnen und Schüler befristet mit dem Ziel unterrichtet und erzogen [werden], sie auf
die baldige Rückkehr in den Unterricht ihrer allgemeinen Schule vorzubereiten“ (LTDrucks.
16/2432, S. 36).
Durch die damals höheren Klassenfrequenzen sind die Ausgangsbedingungen mit der
heutigen Situation nicht vergleichbar. Doch erscheinen die generellen Überlegungen nicht überholt: „Hohe Schüler-Lehrer-Relationen stehen einer Individualisierung der Lernanforderungen
9
1. Einleitung
entgegen, weil sie vielfach die Organisation differenzierender und individualisierender Maßnahmen verhindern; insbesondere erschweren sie die Integration behinderter Kinder. Aber auch
die starre Anwendung festgelegter Klassenfrequenzen innerhalb einer Schule ist nicht angebracht, weil die Zusammenfassung der Schüler in Klassen mit bestimmter Schülerzahl sich nicht
für alle unterrichtlichen Situationen eignet. Klassen- und Gruppenfrequenzen müssen flexibel
sein. Sie sind an Lernbereichen, Altersstufen und den individuellen Lernmöglichkeiten der in
einer Gruppe zusammengefassten Schüler zu orientieren. Das bedeutet, dass die Frequenzen
zum Beispiel in einer Gruppe, in der einige Kinder mit bestimmten Sprachbehinderungen gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern unterrichtet werden, anders festzulegen sind als in
Gruppen, in denen ausschließlich nichtbehinderte Kinder unterrichtet werden.“ (Deutscher Bildungsrat 1973, S. 73).
Von Bedeutung für die heutigen Reformüberlegungen ist die in den Kostenüberlegungen
der Empfehlung immer wieder durchscheinende Frage nach dem Anteil von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf unter der Bevölkerung im Schulalter. Würde für NordrheinWestfalen beispielsweise nicht von den gegenwärtigen Förderquoten im Bereich Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung und Sprache von 4,6% (Klemm/Preuß-Lausitz 2011, S. 118) ausgegangen, sondern von den Behindertenquoten der KMK-Empfehlung von 1972, dann müsste
von 5,5% (und zusätzlich 1% ambulant Sprachtherapiebedürftigen in der Grundschule) ausgegangen werden (Empfehlung zur Ordnung des Sonderschulwesens, Beschluss der KMK vom
16.3.1972). Die Quotenvorgaben des Deutschen Bildungsrats sind noch deutlich höher, wenn
auch die von Behinderungen bedrohten und sprachauffälligen Kinder berücksichtigt werden
(Deutscher Bildungsrat 1973, S. 36-41). Der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist aber auch mit Blick auf die zu erwartenden Kosten einer inklusiven Beschulung
von grundlegender Bedeutung. Daher wäre eine eindeutige Positionierung der Landesregierung
wünschenswert gewesen, zumal künftig im Regelfall auf die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs als Voraussetzung für eine sonderpädagogische Förderung verzichtet werden soll.8
Von Interesse für die weiteren Überlegungen sind auch Modellrechnungen für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen von 1991 zur Integration von Behinderten im
Schulwesen (Steinert/Rauin/Weishaupt 1991, S. 50 ff.; s. auch Rauin/Steinert/Weishaupt 1993),
die von bestimmten Organisationsmodellen integrativen Unterrichts (15+3, 18+2 und 24+1) für
die Grundschule ausgegangen sind und unterschiedliche Behindertenquoten unter den Schülern
unterstellten. Zentral ist hier vor allem das Ergebnis, dass zusätzlicher Personalbedarf durch
8
10
Der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz sieht vor, dass ein Antrag auf sonderpädagogische Förderung
im Regelfall durch die Eltern gestellt wird und nicht wie bisher auf Antrag der Eltern oder der Schule (vgl. LTDrs.
16/2432, S. 17-18). Für die Jahre 2011 und 2012 hat der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen ermittelt,
dass rund 95% der Anträge auf Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs von den Schulen gestellt
wurden (vgl. Unterrichtung des Landtags nach § 99 Landeshaushaltsordnung über die Prüfung des Schulbetriebs
an öffentlichen Förderschulen vom 25.04.2013, G. K. -172 E 7 – 134).
1. Einleitung
sinkende Klassenfrequenzen und die dadurch zusätzlich zu bildenden Klassen weniger bei den
Sonderpädagogen entsteht als bei den Grundschullehrkräften. Da in Hessen (wie auch in NRW)
keine Daten über die Kapazität der Schulgebäude vorliegen, konnte nicht ermittelt werden, welcher zusätzliche Raumbedarf über die Erweiterung von Schulgebäuden hätte bereitgestellt werden müssen, wenn die Planungsüberlegungen umgesetzt worden wären bzw. in welchem Umfang die vorhandenen Förderschulen in die Organisation eines integrativen Schulsystems hätten
eingebunden werden können. Bedeutsam ist folglich der Hinweis auf die Konsequenzen integrativer Unterrichtsmodelle auf den Schulraumbedarf und dabei nicht nur die Möglichkeit der Aufnahme von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelschulen, sondern auch die
baulichen Voraussetzungen in den Förderschulen, um als Regelschulen genutzt zu werden.
Die internationalen Bestrebungen zu einem inklusiven Schulsystem führten bereits zu
zahlreichen Publikationen (vgl. www.european-agency.org). Hervorzuheben ist der Bericht zur
Finanzierung sonderpädagogischer Förderung (vgl. Meijer 1999), in dem die Vor- und Nachteile
unterschiedlicher Finanzierungsstrategien und die mit ihnen verbundenen Anreize diskutiert
werden, die häufig nicht in die pädagogisch gewünschte Richtung gehen (vgl. dazu auch PreussLausitz 2008). Zu nennen wäre z. B. die als ‚Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma‘ bezeichnete
Situation einer Kopplung der Zuweisung zusätzlicher Ressourcen an einen diagnostizierten Förderbedarf der Kinder. Besonders beachtenswert ist in dem Bericht die Forderung nach einer
Rechenschaftspflicht der einzelnen Schule, um sicher zu stellen, dass die für sonderpädagogische
Förderung den Schulen bereitgestellten Mittel auch zweckgerecht verwendet werden.
Die umfangreichsten empirischen Arbeiten zur sonderpädagogischen Förderung in
Deutschland legte Preuss-Lausitz (2000, 2002, 2008) vor. Die von ihm referierten Ergebnisse
internationaler Studien lassen sich wegen der unterschiedlichen Bedingungen der Schulorganisation und -finanzierung nicht problemlos auf Deutschland übertragen. Ein übertragbarer Befund sind jedoch die durch eine wohnortnahe Integration entstehenden Entlastungen bei den
Schülertransportkosten. Seine Analysen heben darauf ab, die Ausgaben je Schüler vergleichend
gegenüberzustellen. Dabei lassen sich die systemischen Auswirkungen auf die Unterrichtsorganisation kaum erfassen, die entstehen, wenn an Stelle der Einzelintegration die Reorganisation
der sonderpädagogischen Förderung insgesamt intendiert ist. Die Untersuchungen sind vor allem von dem Interesse geleitet nachzuweisen, dass unter Berücksichtigung der Kosten aller Kostenträger eine integrative Förderung im Vergleich zur Unterrichtung in Förderschulen keine
zusätzlichen Kosten verursacht. Aus Schulträgersicht stellen sich nach seinen Berechnungen
Entlastungen vor allem dann ein, wenn Förderschulen als Folge der Integration geschlossen
werden. Parallelangebote führen vor allem dann zu höheren Belastungen der Kommunen, wenn
kleine, nicht ausgelastete Förderschulen bestehen bleiben (vgl. Preuss-Lausitz 2000, 2002 und
Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 71).
11
1. Einleitung
Um die methodischen Probleme eines Vergleichs, der auf den Ausgaben je Schüler beruht, zu
umgehen, wurden für Hessen die Auswirkungen alternativer Modelle der Unterrichtung von
Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf simuliert (vgl. Schwarz 2013). Die Berechnungen konzentrierten sich auf Schüler mit Lernbehinderungen. Teilweise musste mit Annahmen gerechnet werden, weil personenbezogene Daten und Daten über die Klassengrößen der
Grundschulen nicht für die Berechnungen bereitgestellt wurden. Dann waren die speziellen Vorgaben für die organisatorische Gestaltung des integrativen Unterrichts in Hessen zu beachten.
Auch bei diesen Modellrechnungen ergab sich ein Zusatzbedarf an Grundschulklassen und eine
deutliche Verringerung der durchschnittlichen Schulwege der Schüler mit Lernbehinderungen.
Die für die Berechnungen zur Verfügung gestellte Datengrundlage gestattete nicht die Verrechnung des Lehrkräftebedarfs insgesamt und des Schulraumbedarfs unter Berücksichtigung der
Schulgebäudekapazität, der durch die Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung entsteht. Dadurch ist das Ergebnis unbefriedigend, weil die Methoden für differenzierte Berechnungen zur Verfügung gestanden hätten (vgl. dazu auch Fickermann/Schulzeck/Weishaupt 2000).
Insgesamt geben die bisherigen Studien Hinweise darauf, dass sich die Ausgabenbelastung der Schulträger durch die Änderung der sonderpädagogischen Förderung verändert ohne
diese im Detail spezifizieren zu können. Entlastungen bei den Schülertransportkosten stehen
Zusatzlasten durch die notwendige Erweiterung der allgemeinen Schulen gegenüber. Das Ausmaß der Ent- und Belastungen und die Ausgabenbilanz sind auch abhängig von dem Anteil der
Schüler, die als sonderpädagogisch förderbedürftig angesehen und integrativ unterrichtet werden. Zu den weiteren kommunalen Belastungsfaktoren (Lernmittelfreiheit, Integrationshelfer,
behindertenspezifische Umbaumaßnahmen von Schulgebäuden) liegen keine uns bekannten
wissenschaftlichen Studien vor.
12
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen
Nachfolgend wird die Ausgangssituation für die Umsetzung des Entwurfs des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes unter besonderer Beachtung jener Gesichtspunkte dargestellt, die möglicherweise für die Konnexitätsrelevanz der Reform von Bedeutung sind.
Dies sind:
1. Die bisherige Betroffenheit der Schulträger von sonderpädagogischer Förderung bzw.
die bisherige Zuständigkeit für die Unterhaltung einer Förderschule im Verhältnis zu den
künftigen Aufgaben in einem auf wohnortnahe Inklusion ausgerichteten Schulsystem,
2. das Verhältnis von öffentlichen und privaten Trägern von Förderschulen,
3. die Situation ganztägiger Förderung von Schülern in Förderschulen im Vergleich zu den
Schülern in allgemeinen Schulen,
4. die Entwicklung der Eingangsstufe der Grundschule für die Integration von Schülern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf sowie
5. die landesweiten Implikationen des Gesetzesentwurfs für die Klassenbildung.
Die nachfolgenden Analysen hierzu beruhen auf den Daten der Schulstatistik und des aktuellen
Schulverzeichnisses des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW). Ländervergleichende Statistiken
verwenden die von dem Sekretariat der Kultusministerkonferenz veröffentlichten Daten.
Unterschieden wird nach den sonderpädagogischen Förderschwerpunkten, wie sie in
der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für
Kranke (vgl. Ausbildungsordnung gemäß § 52 SchulG – AO-SF, BASS 13-41 Nr. 2.1) festgelegt
sind und nach denen sich auch die Schulstatistik richtet.9 Auf Differenzierungen der Daten nach
Geschlecht und Migrationshintergrund bzw. Nationalität wird verzichtet, weil entsprechende
Differenzierungen für die Fragestellung des Gutachtens nicht relevant sind. Dennoch soll auf
Berichte zu Ungleichheitsaspekten der gegenwärtigen Situation sonderpädagogischer Förderung, die im Umkreis der Gutachter in den letzten Jahren entstanden sind (vgl. Weishaupt/Kemper 2009; Kemper 2011a, 2011b; Kemper/Weishaupt 2011, Dietze 2011, 2012,
2013), verwiesen werden, da sie durch ihre Bezüge zu Nordrhein-Westfalen für den Gegenstand
des Gutachtens als Hintergrundinformationen geeignet sind.
Da Förderschulen auch allgemeinbildende Schulen sind, verwendet die KMK seit einigen
Jahren den Begriff der allgemeinen Schule, der sich auf allgemeinbildende Schulen ohne Förderschulen bezieht. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinen Schulen sind
9
Hierbei handelt es sich um die Förderschwerpunkte Lernen (LE), Emotionale und soziale Entwicklung (ES), Sprache (SQ) – diese drei werden auch zu den Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) zusammengefasst -, Geistige
Entwicklung (GG), Körperliche und motorische Entwicklung (KM), Hören und Kommunikation (HK) sowie Sehen
(SE).
13
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
folglich alle entsprechenden Schüler, die nicht in Förderschulen unterrichtet werden. Diesem
Sprachgebrauch wird hier gefolgt.
2.1
Zur Ausbausituation sonderpädagogischer Förderung in NordrheinWestfalen
Nordrhein Westfalen gehört nicht zu den Bundesländern, die in den letzten 15 Jahren eine integrative Unterrichtung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf besonders vorangetrieben haben. Im Schuljahr 2010/2011 wurden nach den Berechnungen der KMK 16,1% der
Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf integrativ unterrichtet. Dieser Anteil lag deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 22,3% (vgl. Abbildung 1). Nur Niedersachsen (8,5%)
und Hessen (14,8%) wiesen 2010 niedrigere Integrationsanteile von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf.
Abbildung 1: Integrationsquoten im Ländervergleich (in %), 1999 bis 2010
60
BW
50
BY
BE
BB
40
HB
HH
HE
MV
30
NI
NW
RP
20
SL
SN
ST
10
SH
TH
0
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
Quelle: Sekretariat der KMK, Sonderpädagogische Förderung in Schulen 2001 bis 2010 (Dokumentation 196); eigene
Berechnung, eigene Darstellung
Hinweise: Integrationsquote: Anteil der Schüler im Alter der Vollzeitschulpflicht, die mit sonderpädagogischem Förderbedarf in einer allgemeinen Schule und nicht in einer Förderschule unterrichtet werden.
Wie in den meisten Ländern der Bundesrepublik zeichnet sich auch in Nordrhein-Westfalen die
Entwicklung sonderpädagogischer Förderung im letzten Jahrzehnt dadurch aus, dass die Zunahme der Schüler in integrativen Klassen nicht mit einer gleichzeitigen Rückentwicklung der
Förderschule verbunden war, sondern sie sogar noch einen steigenden Anteil der Schüler aufnahmen (insbesondere bis zum Jahr 2010, vgl. Abbildung 2). Selbst in den Jahren 2011 und 2012
14
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
geht die Ausweitung der sonderpädagogischen Förderung an allgemeinen Schulen kaum zu Lasten der Förderschulen. Insofern wird mit dem Entwurf des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes ein
grundlegender Wechsel der Integrationspolitik vollzogen, weil es sich nicht mehr um eine additive, bedarfsabhängige Integration handelt. Es ist auch nicht nur eine Ausweitung der Integrationsquoten zu Lasten des Förderschulangebots geplant, sondern es wird ein inklusives Schulsystem angestrebt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird auf diese prinzipielle Neuorientierung auch hingewiesen: „Eine inklusive Schule ist eine allgemeine Schule mit den personellen
und sächlichen Voraussetzungen für die sonderpädagogische Unterstützung der Schülerinnen
und Schüler. Hieran zeigt sich das gewandelte Verständnis der sonderpädagogischen Förderung:
Nicht die Schülerin oder der Schüler muss sich an das Bildungsangebot der Schule anpassen,
sondern umgekehrt diese an die Bedürfnisse der Schülerin und des Schülers“ (LTDrucks.
16/2432, S. 22).
Abbildung 2: Förderquote (sonderpädagogische Förderbedarfe insgesamt) nach Förderort in NRW
(in %), 1999 bis 2012
8
7
6
1,05
5
0,39
0,41
0,46
0,46
0,49
0,53
0,58
0,65
1,44
1,67
0,86
0,74
0,35
4
3
2
5,07
5,39
4,99
5,24
5,45
5,00
5,30
4,88
5,16
5,24
4,39
4,73
4,96
4,57
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
2009
2010
2011
2012
1
0
Förderschule
Allgemeine Schule
Quelle: Sekretariat der KMK, Sonderpädagogische Förderung in Schulen 2001 bis 2010 (Dokumentation 196), 2011 und
2012, Statistische Übersichten des MSW NRW; eigene Berechnung, eigene Darstellung
Hinweise: Förderquote (insgesamt): Anteil der Schüler der Klassenstufen 1 bis 10 mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allen Schülern, die in Förderschulen und in allgemeinen Schulen unterrichtet wurden.
Die geplante Reform führt folglich zu weitreichenden pädagogischen Herausforderungen für die
einzelnen Schulen. Für die Schulträger ist es aber eine prinzipielle Abkehr von einem sonderpädagogischen Versorgungssystem über Förderschulen, das in der Regel – wenn überhaupt – nur
15
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
zu einer partiellen Zuständigkeit für die Schüler einzelner Förderschwerpunkte führte, hin zu
einem wohnortbezogenen Versorgungssystem für prinzipiell alle Kinder aller Förderschwerpunkte, die in der Gemeinde leben. Folglich bergen die aktuellen Reformbestrebungen auch die
Gefahr, die Komplexität der Aufgabe der Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung zu
unterschätzen. Dies resultiert daraus, dass es bisher über die Struktur des Angebots, der Angebots-Nachfragebeziehungen, sozialstrukturelle, regionale und geschlechtsspezifische Verwerfungen bei der Inanspruchnahme der Angebote kaum Forschungen und damit keine differenzierten Kenntnisse über die Ausgangssituation in den einzelnen Kommunen gibt. Dies beginnt
bereits mit der fehlenden Kenntnis der Gemeinden über die in ihr lebenden Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, weil die Gemeinden als Schulträger nur dann mit den Kindern
befasst sind, wenn sie dort eine Förderschule besuchen oder integrativ unterrichtet werden unabhängig von deren Wohnort.
Es ist als eines der zentralen Versäumnisse im Vorfeld der geplanten Reform anzusehen,
die gegenwärtigen Wohnort-Schulort-Strukturen sonderpädagogischer Förderung nicht transparent zu machen und die Schulträger nicht über die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in ihrer Gemeinde zu informieren, obwohl der Wohnsitz der Schüler nach Postleitzahlenbezirken von der Schulstatistik erhoben wird.10 Die Analyse von Wohnort-Schulort-Beziehungen
kann auch Hinweise auf die Angebotsabhängigkeit der Nachfrage geben und auf bestehende
regionale Versorgungsdefizite für einzelne Förderschwerpunkte hinweisen (vgl. Weishaupt
2006, S. 40 ff.)11. Bereits in dem Gutachten von Klemm/Preuss-Lausitz (2011) wird auf die großen Unterschiede in den Förderquoten und dem Anteil integrativ unterrichteter Schüler im
Kreisvergleich hingewiesen (vgl. ebenda, S. 64-66), ohne allerdings näher die Ursachen zu analysieren.
Selbst die Angebotssituation sonderpädagogischer Förderung lässt sich nur unzureichend erfassen. Das Schulverzeichnis des Landes gibt keine Auskunft darüber, an welchen
Schulen Schüler integrativ unterrichtet werden. Der summarischen Übersicht in der Schulstatistik ist zu entnehmen, dass inzwischen an der Hälfte aller allgemeinen Schulen Schüler integrativ
unterrichtet
werden
(vgl.
Tabelle
1).
Sieht
man
von
den
wenigen
Sekundar-/
Gemeinschaftsschulen ab, dann sind es vor allem die Hauptschulen, Gesamtschulen und Grund10
11
16
Eine Anfrage zur Bereitstellung der Daten aller Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Förderschwerpunkt und Wohnsitzgemeinde konnte von IT-NRW im engen Zeitrahmen des Gutachtens nicht bedient
werden. Die Daten stehen – was eigentlich üblich sein sollte – der Forschung auch nicht in einem Forschungsdatenzentrum für Analysen zur Verfügung, um mögliche datenschutzrechtliche Bedenken zu umgehen. Die Sonderveröffentlichung zur sonderpädagogischen Förderung des Ministeriums ist für die Schulträger wenig aussagekräftig und ergiebig, denn es werden nur Daten nach Schulort der Schüler auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte
berichtet.
Insofern ist der Hinweis des Landesrechnungshofs auf institutionelle Eigeninteressen des Förderschulsystems zur
Ausweitung der Zahl der Förderschüler zu relativieren (vgl. Unterrichtung des Landtags nach § 99 Landeshaushaltsordnung über die Prüfung des Schulbetriebs an öffentlichen Förderschulen, G. K. -172 E 7 – 134 vom
25.04.2013). Ergänzend wäre auf die im Landesdurchschnitt insgesamt nicht von den allgemeinen Empfehlungen
(KMK, Deutscher Bildungsrat) abweichende und eher niedrigere Förderquote in Nordrhein-Westfalen hinzuweisen.
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
schulen, die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen. Hier liegen die Anteile
der Schulen, die bereits Gemeinsamen Unterricht anbieten, in der entsprechenden Reihenfolge
bei 92,6%, 65,1%, 70,6% und 52,7%. An den integrativen Grundschulen wurden 2011/12 landesweit 28,5% der Grundschüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet, an allgemeinen Schulen der Sekundarstufe I 14,2% der Schüler (vgl. Tabelle 2).
Tabelle 1: Schulen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Schulform in NRW,
absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13
1.595
Anteil
Integrationsschulena) in %
an allen Schulen
52,7
Anteil
Integrationsschülerb) in %
an allen Schülern
2,5
576
375
65,1
4,4
564
215
38,1
0,4
Gesamtschulen
252
178
70,6
1,4
Gemeinschafts-/Sekundarschulen
54
50
92,6
5,6
Anzahl
Schulen
insgesamt
Anzahl
Integrationsschulena)
3.028
Haupt-/Volksschulen
Realschulen
Schulart
Grundschulen
Gymnasien
627
129
20,6
0,1
Insgesamt
5.101
2.542
49,8
1,5
Quelle: MSW NRW Statistische Übersicht 378, Statistik Telegramm Schuljahr 2012/13, S. 9 und S. 24
Hinweise: a)Schulen, an denen Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden; b)Schüler
mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen
Tabelle 2: Integrationsquoten in der Primarstufe und der Sekundarstufe I nach sonderpädagogischem Förderbedarf sowie nach Trägerschaft der Schule in NRW (in %), Schuljahr 2011/12
Lern- und
Entwicklungsstörungen
LE
ES
SQ
Sinnesschädigungen
HK
SE
Öffentlich
46,2
39,3
23,1
13,1
Privat
53,5
10,4
90,0
Insgesamt
46,4
37,1
23,3
Öffentlich
14,5
21,1
28,0
Privat
42,4
8,9
88,9
Insgesamt
15,2
18,9
28,8
16,3
Träger
Summe
LE-SQ
Summe
HK-KM
Insgesamt
GG
KM
10,2
11,2
25,9
34,7
15,7
29,2
100,0
100,0
5,3
52,2
25,5
12,2
16,7
13,3
10,6
9,7
27,5
34,5
15,3
28,5
14,4
15,8
2,5
11,1
16,9
6,6
14,2
100,0
100,0
3,0
41,1
18,1
7,5
11,9
17,5
2,7
13,6
17,0
6,8
14,0
Primarstufe
Sekundarstufe I
Quelle: MSW NRW Statistische Übersicht 377; eigene Berechnungen
Hinweise: Sonderpädagogische Förderbedarfe: LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache, HK:
Hören und Kommunikation, SE: Sehen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperlich-motorische Entwicklung
Nach Förderschwerpunkt, zwischen öffentlichen und privaten Schulen und der Primarstufe und
der Sekundarstufe I gibt es große Unterschiede in den Integrationsquoten. Die Schüler mit Lernund Entwicklungsstörungen werden in der Grundschulzeit zu gut einem Drittel (34,5%) und in
der Sekundarstufe I zu 17% integrativ unterrichtet. Für die sonstigen Förderschwerpunkte sind
die Integrationsquoten insgesamt jeweils weniger als halb so hoch. An öffentlichen Schulen sind
17
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
– mit starken Differenzierungen nach Förderschwerpunkt – die Integrationsquoten höher als an
privaten Schulen (vgl. Tabelle 2). 63% der integrativ unterrichteten Schüler der Sekundarstufe I
besuchen eine Hauptschule (das sind 3,4% aller Hauptschüler). Insgesamt beträgt der Anteil von
Integrationsschülern an den Sekundarstufenschülern 0,7% (9.399 Integrationsschüler von
1.324.948 Schülern insgesamt der Sekundarstufe I, Schuljahr 2011/12). Von den kommunalen
Spitzenverbänden wurde bereits darauf hingewiesen, dass nur durch besondere Anstrengungen
und Vorleistungen einzelner Schulträger die heutige Situation erreicht werden konnte.
Man würde nun erwarten, dass die integrative Förderung vor allem dann einen hohen
Stellenwert hat, wenn das Angebot einer Förderschule fehlt. Dies ist für die Frage des weiteren
Ausbaus der Integration durchaus von Bedeutung, weil angenommen werden könnte, dass bei
einem schulischen Angebot dies weiterhin eher nachgefragt wird und der Ausbau der Integration sich auf Regionen ohne Angebot konzentrieren kann. Für die Schüler mit Sinnesschädigungen
lässt sich dieser unterstellte Zusammenhang nicht belegen, obwohl gerade für diese Behinderungsarten eher angenommen wird, dass die Eltern auch eine allgemeinschulische Förderung in
Erwägung ziehen. Außerdem ist das schulische Angebot – 15 Förderschulen mit Schwerpunkt
Hören und Kommunikation, 12 Förderschulen mit Schwerpunkt Sehen (vgl. Tabelle 3) - auf wenige der insgesamt 53 Kreise und kreisfreien Städte konzentriert. Im Kreisvergleich wohnen in
den Regionen mit einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Hören 31,6% der Grundschüler und
29,9% der integrativ unterrichteten Schüler in der Primarstufe mit diesem Förderschwerpunkt.
Beim Förderschwerpunkt Sehen liegen die beiden Prozentsätze mit 29,3% und 28,6% noch näher beieinander. Auch bezogen auf alle Förderschwerpunkte gibt es keinen statistischen Zusammenhang zwischen der Förderschulbesuchsquote und der Integrationsquote (jeweils Anteile
an den Schülern insgesamt, N=53, r=0.069) Wenn sich diese Tendenz einer angebotsunabhängigen Nachfrage nach integrativem Unterricht auch bei höheren Integrationsquoten durchsetzen
sollte, dann ist eine geordnete Weiterentwicklung der Förderangebote kaum möglich und die
Vorhaltung von ineffizienten Doppelstrukturen unvermeidlich. Angesichts gleichzeitig sinkender
Besuchsquoten der Förderschulen, insbesondere seit 2010, entsteht das bereits in dem Gutachten von Klemm/Preuss-Lausitz (2011, S. 67-71) angesprochene Problem der weiteren Unterhaltung wenig ausgelasteter und kleiner Förderschulen (diseconomies of scale).
Dem Schulverzeichnis ist zu entnehmen, dass die Förderschulen nach privaten Trägern,
nach den von den Landschaftsverbänden getragenen Schulen und den sonstigen öffentlichen
Schulen ausgewiesen werden. Nicht differenziert wird zwischen der Trägerschaft von Gemeinden, Schulverbänden und Landkreisen12. So lässt sich nur vermuten, dass etwa die Hälfte der
12
18
Auch die Schulstatistik verweist nur darauf, dass von den öffentlichen Förderschulen 211 von Städten, 133 von
Kreisen, 189 von Gemeinden, 23 von Schulverbänden und 77 von den Landschaftsverbänden unterhalten werden
(vgl. MSW NRW – Quantita Schuljahr 2011/12, S. 41). Wie viele Gemeinden Schulträger von Förderschulen sind,
wird aber nicht veröffentlicht.
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
396 Gemeinden auch wenigstens eine Förderschule unterhalten.13 Insgesamt findet sich nur in
251 Gemeinden wenigstens ein Förderschulangebot (vgl. Tabelle 3). Wie gesagt ist mit den uns
zur Verfügung stehenden Daten nicht zu ermitteln, in welchem Umfang an den Schulen der restlichen Gemeinden Kinder integrativ unterrichtet werden.
Wichtiger als die Gesamtbetrachtung ist die Standorthäufigkeit nach Förderschwerpunkten. Dabei wird deutlich, dass in vier der acht Förderbereiche (hier inklusive der Schulen für
Kranke) nicht in jedem Kreis/jeder kreisfreien Stadt ein Angebot besteht. Am häufigsten gibt es
Schulangebote mit dem Schwerpunkt Lernen, die in 208 Gemeinden bestehen, gefolgt von dem
Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung (157 Gemeinden), Sprache (127 Gemeinden)
und Geistige Entwicklung (107 Gemeinden).
Tabelle 3: Anzahl der Förderschulen und Schulstandortgemeinden nach Förderschwerpunkten und
Trägerschaft in NRW, Schuljahr 2012/13
Förderschwerpunkt
Träger
LE
ES
SQ
Privatschulen
1
24
0
Landschaftsverbände
2
2
10
Kreis/Gemeinde
322
231
152
Insgesamt
325
257
Zahl der Schulen
306
102
Standortgemeinden
208
157
HK
Kranke
Insgesamt
Standortgemeinden
5
5
68
54
33
5
81
42
14
35
880
235
155
52
45
1029
251
117
36
34
693
107
42
43
251
SE
GG
0
0
33
15
12
2
5
1
120
162
20
13
71
15
12
127
18
13
KM
Quelle: Schulverzeichnis NRW; MSW NRW Statistische Übersicht 378, S. 13
Hinweise: Schulen mit mehreren Förderschwerpunkten werden mehrfach gezählt; ohne 13 Waldorfförderschulen; Sonderpädagogische Förderbedarfe: LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperlich-motorische Entwicklung
Insgesamt vermittelt diese Darstellung einen Eindruck von der Vielzahl von Schulträgern, die
bisher keine Förderschule oder nur Förderschulen einzelner Förderschwerpunkte unterhalten
und sich nun darauf einstellen müssen, den Großteil – wenn nicht alle – Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Schulen der Gemeinde aufzunehmen, die bisher Förderschulen
anderer Gemeinden/Kreisen besuchten. Bei Kapazitätsengpässen kann nicht auf eine Förderschule zurückgegriffen werden, die für die Aufnahme der zusätzlichen Schüler mitgenutzt werden könnte.
Die folgenden Karten stellen die Situation des Förderschulangebots in NordrheinWestfalen nach den Gemeinden dar. Abbildung 3 soll verdeutlichen, dass in mehr als einem Drittel der Gemeinden Nordrhein-Westfalens keine Förderschule besteht. Nur eine kleine Zahl von
Großstädten bietet eine breite Palette von Förderschulen an und kann möglicherweise über die
13
Unter der Annahme, dass jede der 189 kreisangehörigen Gemeinden mit Förderschule nur eine Förderschule
unterhält und jede der 22 Großstädte wenigstens eine Förderschule, dann können maximal 211 der 396 Gemeinden eine Förderschule unterhalten.
19
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
Mitnutzung der Förderschulen für ein integrativ umorganisiertes Schulsystem über einen insgesamt ausreichenden Schulraum verfügen. Anders ist die Situation in den Gemeinden ohne Förderschule, die mit einer nicht bekannten zusätzlichen Zahl von Förderschülern befasst sein werden, für die häufig die verfügbaren Schulräume nicht ausreichen dürften. Zu den weitreichenden
Reorganisationsproblemen kommt hinzu, dass nicht erfasst werden kann, in welchem Umfang
Schulgebäude der Landschaftsverbände, des Kreises oder von Schulverbünden in eine Nutzung
durch die Gemeinden überführt werden müssten, damit sie für eine wohnortbezogene Inklusion
genutzt werden können. Dies verweist auf das Problem der Doppelfinanzierung von Schulangeboten durch die Kommunen, weil sie sich an der Finanzierung von Schulverbünden und der
Schulen der Landschaftsverbände beteiligen, damit Schüler der Gemeinden dort aufgenommen
werden können: Diese kommunalen Ausgaben fallen auch dann weiter an, wenn die Schüler der
Gemeinde inzwischen an allgemeinen Schulen unterrichtet und die Förderschulen fortgeführt
werden.
Abbildung 3: Förderschulstandorte und Anzahl bedienter Förderbedarfe je Gemeinde in NRW,
Schuljahr 2012/13
Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Berechnung, eigene Darstellung
Hinweise: Ohne Schulen für Kranke, mit Schulen privater Träger
20
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
Speziell dargestellt wird in Abbildung 4 die Angebotssituation von Schulen für Lern- und Entwicklungsstörungen (Förderschwerpunkte Lernen (LE), Emotionale und soziale Entwicklung
(ES) und Sprache (SQ)). In der Mehrzahl der Gemeinden ist ein öffentliches Angebot für wenigstens einen dieser Förderschwerpunkte vorhanden. Die Legende der Karte informiert auch über
die Zahl der Angebote nach den verschiedenen Angebotskonstellationen. Bei diesen sogenannten Lern- und Entwicklungsstörungen haben private Einrichtungen und die Schulen der Landschaftsverbände für die allgemeine Versorgungslage keine oder nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung, sodass auf deren Darstellung verzichtet wird.
Abbildung 4: Förderschulstandorte nach Förderschwerpunkt (Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung, Sprache) in NRW, Schuljahr 2012/13
Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
Hinweise: Nur Schulen öffentlicher Träger; ohne Schulen der Landschaftsverbände; LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache
Für die Förderschwerpunkte Körperliche und motorische Entwicklung (vgl. Abbildung 7), Hören
und Kommunikation (vgl. Abbildung 5) sowie Sehen (vgl. Abbildung 6) sind die Landschaftsverbände die wichtigsten Schulträger. Alle Schulen haben, wie aus den Karten deutlich ersichtlich
wird, festgelegte Einzugsbereiche, die jeweils mehrere Kreise und kreisfreie Städte umfassen.
21
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
Abbildung 5: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Hören und Kommunikation in NRW, Schuljahr
2012/13
Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
Abbildung 6: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Sehen in NRW, Schuljahr 2012/13
Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
22
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
2.2
Private Förderschulen
Private Förderschulen haben in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Bundesländern
eine eher untergeordnete Bedeutung für die schulische sonderpädagogische Förderung. Nur
10,5% der Schulen haben private Träger, die von 9,7% der Förderschüler besucht werden (vgl.
Tabelle 4). Bezogen auf die drei Förderschwerpunkte, auf die sich das private Schulangebot vornehmlich bezieht (Emotionale und soziale Entwicklung, Geistige Entwicklung, Körperliche und
motorische Entwicklung), kann sich das private Schulangebot aber regional als durchaus bedeutsam für die weitere Schulentwicklung darstellen.
Tabelle 4: Schüler in der Primarstufe und der Sekundarstufe I in öffentlichen und privaten Förderschulen nach Förderschwerpunkt in NRW, insgesamt und in Prozent, Schuljahr 2011/1214
Träger
Lern-/Entwicklungsstörungen
LE
ES
SQ
Sinnesschädigungen
HK
SE
Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf
LES
HK-KM
Insgesamt
GG
KM
Insgesamt
33.611
15.754
12.344
3.744
2.164
18.548
7.198
61.709
31.654
93.363
Öffentlich
33.038
13.006
12.336
3.744
2.164
13.141
6.842
58.380
25.891
84.271
Privat
573
2.748
8
0
0
5.407
356
3.329
5.763
9.092
Privat (in %)
1,70
17,44
0,06
0,00
0,00
29,15
4,95
5,39
18,21
9,74
Quelle: MSW NRW Statistische Übersicht 377; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Waldorfförderschulen; Sonderpädagogische Förderbedarfe: LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperlich-motorische
Entwicklung
Besonders zu beachten ist die Situation im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, denn fast
ein Drittel dieser Schüler besuchen private Einrichtungen. In Tabelle 5 sind die Kreise aufgeführt, in denen der Anteil der Schüler mit diesem Förderbedarf, die in diesen Regionen private
Förderschulen besuchen, über dem Landesdurchschnitt liegt. Dabei wird deutlich, dass in sieben
Kreisen nur ein privates Angebot besteht. Der Abbildung 8 ist zu entnehmen, dass aber in allen
Kreisen und kreisfreien Städten ein Förderschulangebot mit dem Förderschwerpunkt Geistige
Entwicklung vorhanden ist. Für die Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung im
Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung sollten diese Gegebenheiten berücksichtigt werden, da
in diesem Förderschwerpunkt der Anteil integrativ unterrichteter Kinder mit insgesamt deutlich
unter 10% am geringsten ist (vgl. Tabelle 2).
14
Eine Aktualisierung der Tabelle für das Schuljahr 2012/13 anhand von MSW NRW Statistische Übersicht 378 ist
nicht möglich, weil dort die Zahlenangaben zwischen S. 13 und S. 62 erheblich abweichen.
23
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
Tabelle 5: Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in der Primar- und Sekundarstufe I in Förderschulen: Kreise in NRW mit einem Privatschüleranteil über dem Landesdurchschnitt, absolut und in Prozent
Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung
Region
öffentlich
privat
insgesamt
% privat
Krfr. Stadt Mönchengladbach
259
245
504
48,6
Krfr. Stadt Wuppertal
220
108
328
32,9
Krfr. Stadt Bonn
147
65
212
30,7
Krfr. Stadt Münster
26
193
219
88,1
Kreis Borken
152
507
659
76,9
Kreis Coesfeld
0
298
298
100,0
393
348
741
47,0
0
652
652
100,0
Kreis Recklinghausen
Kreis Steinfurt
Kreis Warendorf
0
284
284
100,0
Krfr. Stadt Bielefeld
2
498
500
99,6
Kreis Herford
0
239
239
100,0
Kreis Höxter
0
324
324
100,0
Kreis Minden-Lübbecke
0
497
497
100,0
Hochsauerlandkreis
71
188
259
72,6
Kreis Siegen-Wittgenstein
0
302
302
100,0
13.141
5.407
18548
29,2
Nordrhein-Westfalen
Quelle: MSW NRW Statistische Übersicht 377; eigene Berechnung
Hinweis: Ohne Waldorfförderschulen
Abbildung 7: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung in
NRW, Schuljahr 2012/13
Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
24
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
Abbildung 8: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung in NRW, Schuljahr
2012/13
Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
2.3
Ganztagsbetreuung
Eine ganztägige pädagogische Betreuung in der Schule ist bisher bei Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Förderschulen eher gegeben als in Grundschulen. Dadurch sind Erwartungshaltungen bei den Eltern behinderter Kinder anzunehmen, die bei der auf Inklusion gerichteten Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung zu beachten sind, denen aber nicht
ohne weiteres entsprochen werden kann. Hinzu kommen die erhöhten pädagogischen Anforderungen durch die geplante Reform, denen über eine ganztägige Betreuung eher entsprochen
werden kann. In der Sekundarstufe I ist das Ganztagsschulangebot zumindest an Hauptschulen
und Gesamtschulen so ausgebaut, dass nur in einzelnen regionalen Konstellationen mit einem
Angebotsengpass weiterführender allgemeiner Ganztagsschulen zu rechnen ist.
Anders ist die Situation in der Primarstufe. Gegenwärtig bestehen in NordrheinWestfalen nur 15 gebundene Ganztagsgrundschulen (vgl. MSW NRW Statistische Übersicht 378,
Schuljahr 2012/13, S. 7), weitere 3.755 (12,4%) ‚Schule von 8 bis 1‘ oder mit ‚13plus‘. Die übrigen Grundschulen (2.679) bieten ein offenes Ganztagsangebot, das keine gesicherte Betreuung
25
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
mit Mittagstisch gewährleistet.15 Mehr als ein Drittel der Grundschüler (36,8%) nutzen das
Ganztagsschulangebot (vgl. MSW NRW, Statistische Übersicht 378, S. 26).
Die Förderschulen in den Förderschwerpunkten Geistige Entwicklung und Körperliche
und motorische Entwicklung sind grundsätzlich gebundene Ganztagsschulen. Die Schulen für
Lern- und Entwicklungsstörungen sind zu 14,8% gebundene und zu 12,3% erweiterte Ganztagsschulen. Die Schüler mit Lern- und Entwicklungsstörungen besuchen zu 13% Ganztagsschulen,
7,2% gebundene Ganztagsschulen und 5,8% Schulen mit erweitertem Ganztag. Ähnlich ist die
Situation bei den Förderschulangeboten für Sinnesbehinderte. Demgegenüber befinden sich nur
0,5% der Grundschüler im gebundenen oder erweiterten Ganztag.
Mit der Reorganisation der allgemeinen Schulen zu einem inklusiven Schulsystem sollte
keine Verschlechterung der bisherigen Versorgungsqualität verbunden sein. Dazu gehört auch
eine verbindliche Ganztagsbetreuung, soweit sie bisher bestand. Dadurch werden Schulträger
unter einen zusätzlichen Handlungsdruck gestellt.
2.4
‚Inklusionsoffene‘ Eingangsstufe der Grundschule
2005 wurde die Eingangsstufe der Grundschule in Nordrhein-Westfalen neu organisiert, um
damit eine der Schulentwicklungsmaßnahmen im Anschluss an die Veröffentlichung der PISAErgebnisse 2001 umzusetzen und einer Empfehlung der Kultusministerkonferenz zum Schulanfang nachzukommen (vgl. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 24.10.1997: Empfehlungen zum Schulanfang). Zentrale Maßnahmen waren:
1. Zurückstellungen bei der Einschulung nur noch aus medizinischen Gründen
2. Förderpläne für alle Kinder
3. Integration der Schulkindergärten in die Grundschulen
4. Dauer der Schuleingangsphase (zwei oder drei Jahre)
5. Organisation des Unterrichts (jahrgangsbezogen/-übergreifend)
Mit dieser Reform sollte den zunehmend unterschiedlichen Entwicklungsvoraussetzungen der
Kinder über eine Individualisierung des Unterrichts und damit auch eine pädagogische Neugestaltung der Schuleingangsphase entsprochen werden (vgl. dazu Schründer-Lenzen 2009). Da
künftig die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs vermieden werden soll und
auf die gemeinsame Förderung aller Kinder in der Eingangsstufe besonderer Wert gelegt wird,
müssen dort auch geeignete Bedingungen bestehen, damit diese Erwartungen erfüllt werden
können. Aus pädagogischer Sicht stellt sich deshalb die Frage, ob nicht grundsätzlich die Klassenrichtwerte den erhöhten Anforderungen in der Schuleingangsphase angepasst werden müs-
15
26
Die Gesamtzahl der Schulen mit Ganztagsangeboten liegt um 41 über der Gesamtzahl der Grundschulen, d. h. einzelne Schulen werden aufgrund verschiedener Ganztagsangebote doppelt gezählt. Welche Doppelangebote erfasst
wurden und ob es Schulen ohne Ganztagsangebote gibt, lässt sich aus den statistischen Informationen nicht erschließen.
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
sen. Aus Sicht der Schulträger muss vor allem bedacht werden, ob sich durch die veränderten
Anforderungen an die Schuleingangsstufe der Anteil der Schüler, der die Eingangsstufe in drei
statt in zwei Schuljahren durchläuft deutlich erhöhen wird, wodurch ein reformbedingter zusätzlicher Raumbedarf entstehen könnte. Dies ist vor allem deshalb auch anzunehmen, weil die
bisherige Entwicklung der Eingangsstufe schlecht dokumentiert ist und die schulstatistischen
Daten keine Entwicklungsverläufe in die erwartete Richtung zeigen.
In der wissenschaftlichen Fachdiskussion wird die Option jahrgangsübergreifender Unterrichtsorganisation stark befürwortet, weil sie es besser erlaubt, auf die unterschiedlichen
Lernvoraussetzungen der Schulanfänger einzugehen und auch über Partnerarbeit und andere
Lernumgebungen verbesserte Möglichkeiten sozialen Lernens bietet. Vor diesem Hintergrund
ist es sehr ernüchternd zu sehen, dass der Anteil jahrgangsübergreifender Grundschulkassen in
der Schuleingangsphase von 20,7% (2005) auf 12,8% (2008) zurückgegangen ist. Seitdem wird
in den Statistischen Veröffentlichungen des Ministeriums für Schule und Weiterbildung darüber
nicht mehr berichtet. Bisher sind es auch nur Ausnahmefälle unter den Schülern, die die verlängerte Schuleingangsphase durchlaufen. Bei einer jahrgangsgegliederten Eingangsphase lässt sich
dies auch kaum organisieren. Insofern verwundert es nicht, dass in den Jahren 2005 bis 2008
mehr als 80% der Schüler im dritten Jahr der Schuleingangsphase jahrgangsübergreifende Lerngruppen besuchten (vgl. Tabelle 6).
Tabelle 6: Entwicklung der reformierten Schuleingangsphase der Grundschule in NRW, 2005 bis
2011
Schuljahr
2005/06
2006/07
2007/08
2008/09
2009/10
2010/11
2011/12
Anteil jahrgangsübergreifender
Grundschulklassen (in %)
20,71
19,34
14,57
12,79
k .A.
k. A.
k. A.
Anteil Kinder in E3 in jahrgangsübergreifenden Klassen (in %)
69,14
84,66
82,40
84,23
k .A.
k. A.
k. A.
Anteil Kinder in E3 am Grundschülerjahrgang (in %)
0,18
0,31
0,35
0,34
0,59
0,69
0,88
Quelle: MSW NRW Statistische Übersichten, mehrere Jahrgänge; eigene Berechnung
Hinweise: E3: drittes Jahr der Eingangsstufe; k. A.: keine Angabe
Die weitere Entwicklung bis 2011 lässt eine etwas steigende Wiederholerquote erkennen. Ob
dafür der jährlich um einen Monat vorgezogene Einschulungstermin bis 2010 mit verantwortlich zu machen ist, wäre zu klären. Vor dem Hintergrund der Absicht, mit der Verlängerung der
Schuleingangsphase Kindern mit Lern- und Entwicklungsdefiziten bei Schulbeginn eine längere
Schulstartphase ohne das Stigma des Sitzenbleibens zu ermöglichen, sind die Anteile der Schüler, die die ersten beiden Schuljahre in drei Jahren durchlaufen, sehr niedrig. Berlin hat mit der
gleichen Reform in dieser Hinsicht ganz andere Erfahrungen gesammelt. Dort konnte im Schuljahr 2008/09 jeder sechste Zweitklässler nicht in die dritte Klasse versetzt werden, während
27
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
nur 0,7% der Kinder vorzeitig in die dritte Klasse aufsteigen konnten (vgl. Schründer-Lenzen
2009, S. 72). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass auch im Durchschnitt der letzten Jahre etwa
3,5% der Schüler in Nordrhein-Westfalen direkt in eine Förderschule eingeschult wurden (vgl.
Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2012, S. 251)16.
Der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz übergeht die Konsequenzen, die sich
durch die geplante Reform der sonderpädagogischen Förderung für die Schuleingangsphase
ergeben. Dies könnte umso gravierendere Auswirkungen haben, weil offensichtlich die mit der
Reform von 2005 verfolgten Absichten bis heute nur sehr begrenzt in den Schulen umgesetzt
wurden. Eine ausführliche wissenschaftliche Evaluation der Erfahrungen mit dieser Reform liegt
nicht vor. Für die Schulträger sind insbesondere zusätzliche Auswirkungen auf den Schulraumbedarf von Bedeutung, weil sich die durchschnittliche Verweildauer in der Schuleingangsphase
in einem für die Schulplanung beachtenswerten Umfang ausdehnen könnte.
2.5
Landesweite Implikationen des Gesetzentwurfs für die Klassenbildung
Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht vor, dass für die inklusive Schulorganisation in der
Zukunft ein Lehrerstellenmehrbedarf entsteht: „Derzeit lösen Schülerinnen und Schüler mit
sonderpädagogischem Förderbedarf unabhängig von ihrem Förderort einen Lehrerstellenmehrbedarf nach der Schüler/Lehrer-Relation ihres sonderpädagogischen Förderschwerpunkts aus.
Sie werden nicht bei der Berechnung des Lehrerstellenbedarfs des Bildungsgangs der allgemeinen Schule berücksichtigt.“ (LTDrucks. 16/2432, S. 2) Für die Schüler der Sekundarstufe I mit
sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen, die in Integrativen Lerngruppen
zieldifferent unterrichtet werden, wird derzeit in der Regel ein Zuschlag von 0,1 Lehrerstellen je
Schüler bereitgestellt (vgl. RdErl. des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder v. 19.5.2005,
BASS 13-41 Nr. 3).
„Voraussichtlich ab dem Schuljahr 2014/15 sollen alle Schülerinnen und Schüler der allgemeinen Schulen – also auch die mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in allen
Förderschwerpunkten – bei der Berechnung des Lehrerstellenbedarfs mit der Relation des jeweiligen Bildungsgangs der allgemeinen Schule, die sie besuchen, berücksichtigt werden. In diesem Fall entstünde in den allgemeinen Schulen ein Lehrerstellenmehrbedarf durch die zusätzliche Berücksichtigung der Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung und für Formen innerer und äußerer Differenzierung.“ (LTDrucks. 16/2432, S. 2) Damit werden die Überlegungen der ‚Variante 1‘ des Gutachtens von Klemm/Preuss-Lausitz (2011)
für den künftigen Personalbedarf als Folge der Gesetzesreform in NRW übernommen. In dem
16
28
So auch im Schuljahr 2011/12 als 5.406 (3,2%) der Schüler direkt in eine Förderschule eingeschult wurden (ohne
Früherziehung und Schulkindergärten), davon nur 19% (1.040) in eine Schule für geistig Behinderte (vgl. MSW
NRW Stat. Übers. 375, S. 26).
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
Gutachten wird nicht dargestellt, welche Konsequenzen die Empfehlung für die Entwicklung der
Lerngruppen an den Schulen der Primarstufe und der Sekundarstufe I hätte, obwohl sie sich
mittelbar aus den Berechnungen des Lehrkräftebedarfs ableiten ließe. Dafür ist noch von Bedeutung, dass der Gesetzentwurf bis 2017 von einer Inklusionsquote in Höhe von 70% bei Lern- und
Entwicklungsstörungen und 50% bei anderen Förderschwerpunkten (zusammen etwa 65%)
ausgeht (vgl. dazu auch Abschnitt 3.1.3). Dies bedeutet, dass im Landesdurchschnitt 2017 ein
Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an der allgemeinen Schule auf 22-23 Schüler
ohne sonderpädagogischen Förderbedarf kommt. Im Durchschnitt etwa also ein Schüler je Klasse.
Für die weiteren Überlegungen ist noch der Anteil zieldifferent unterrichteter Schüler
mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Sekundarstufe I von Bedeutung. Der gegenwärtige Anteil zieldifferent integrativ unterrichteter Schüler in der Sekundarstufe I liegt bei den Lernund Entwicklungsstörungen mit 62% um ca. 10 Prozentpunkte unter dem Anteil an Förderschulen (vgl. Tabelle 7). Diese Differenz ist relativ gering im Vergleich zu den sonstigen Behinderungsarten, denn an den allgemeinen Schulen der Sekundarstufe I liegt der Anteil zieldifferent
unterrichteter Schüler in den sonstigen Förderschwerpunkten (HK, SE, GG, KM) nur bei 26% im
Vergleich zu 74% an den Förderschulen. In den nächsten Jahren ist bei einer Anhebung der Inklusionsquote zugleich mit einem starken Anstieg des Anteils der zieldifferent zu unterrichtenden Integrationsschüler in der Sekundarstufe I zu rechnen. In der Grundschule sind keine ähnlich großen Veränderungen zu erwarten, wenn man die gegenwärtige Eingruppierung der Schüler nach Förderschwerpunkten als sachgerecht unterstellt.
Ausgangspunkt der nachfolgenden Überlegungen zu den Auswirkungen der geplanten
Reform auf die Zahl der Klassen ist die ‚Variante 1‘ der Personalbedarfsberechnungen von
Klemm/Preuss-Lausitz (2011), deren Schülerzahlen für das Jahr 2015 auch übernommen werden. Als Ausgangsbasis werden die Schülerzahlen des Schuljahres 2012/13 verwendet. Die
Grundlage für die Vorausschätzung der Schülerzahlen bis zum Jahr 2017 bilden die prozentualen Schülerzahlenveränderungen der Schülerzahlenprognose 2010 vom Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).17 Danach ist davon auszugehen, dass sich die
Schülerzahlen der Grundschule bis 2017 landesweit um 6,9% verringern. In der Sekundarstufe I
beträgt der Schülerzahlenrückgang im gleichen Zeitraum 7,9%. Dann werden die Schüler mit
sonderpädagogischem Förderbedarf entsprechend den Planungswerten für die Entwicklung der
Inklusionsquote den Förderschulen und allgemeinen Schulen zugeordnet. Bei den Berechnungen
wird 2017 ein Anteil von 64% von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinen Schulen angenommen, die Förderquote bleibt unverändert. Im Grundschulbereich und
in der Sekundarstufe I wird als Basisvariante die Umsetzung der inklusiven Unterrichtung bei
17
Verwendet wurden die Daten zum voraussichtlichen Schülerbestand nach Geschlecht und Bildungsstufen für
kreisfreie Städte und Kreise nach Jahr.
29
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
konstanten Klassenfrequenzrichtwerten berechnet. Als Reformvariante wird die geplante ‚Doppelzählung‘ der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Weise umgesetzt, dass
der Lehrkräftezuweisungsfaktor für die allgemeine Schule (Grundschule: 23,42; Sekundarstufe I:
18,618) als klassenfrequenzwirksam angesehen wird. Dieses Vorgehen schließt an die bereits
einleitend zu diesem Abschnitt benannte Diskussion an, die für Gemeinsamen Unterricht19
grundsätzlich kleinere Klassenfrequenzen gegenüber den gegenwärtig in NRW zu beobachtenden vorsieht.
Tabelle 7: Zielgleich und zieldifferent unterrichtete Schüler nach allgemeinen Schulen und Förderschulen in NRW, Primarstufe und Sekundarstufe I, absolut und in Prozent, Schuljahr 2011/2012
Anzahl Schüler mit Förderbedarf im zielgleichen und zieldifferenten Unterricht
Sinnesschädigungen
Lern- und Entwicklungsstörungen
Allgemeine Schule
LE
ES
SQ
HK
SE
GG
KM
Förderschule
Insgesamt
GS
Sek. I
GS
Sek. I
GS
Sek. I
0
0
0
0
0
0
zieldifferent
4.913
4.797
5.749
27.862
10.662
32.659
zielgleich
2.867
2.215
4.759
9.306
7.626
11.521
97
98
337
1.352
434
1.450
zielgleich
zieldifferent
2.962
802
9.912
1.993
12.874
2.795
zieldifferent
145
34
338
101
483
135
zielgleich
383
237
2.409
1.034
2.792
1.271
zielgleich
zieldifferent
zielgleich
zieldifferent
zielgleich
2
3
100
201
102
204
184
116
1.494
487
1678
603
5
4
100
83
105
87
0
0
0
0
0
0
zieldifferent
558
285
5.490
13.058
6.048
13.343
zielgleich
989
616
2.471
3.528
3.460
4.144
zieldifferent
80
49
390
809
470
858
Anteil Schüler mit Förderbedarf im zieldifferenten Unterricht (in %)
Allgemeine Schule
Förderschule
Insgesamt
GS
Sek. I
GS
Sek. I
GS
Sek. I
LE-SQ (LES)
46,9
62,0
30,5
72,2
36,1
70,5
HK-KM
29,3
26,0
48,8
73,7
45,9
70,7
Insgesamt
44,0
56,9
37,3
72,7
39,2
70,6
Quelle: MSW NRW, Statistische Übersicht 377, S. 153-154; eigene Berechnung
Hinweise: GS: Grundschule, Sek. I: Sekundarstufe I; Sonderpädagogische Förderbedarfe: LE: Lernen, ES: Emotionale und
soziale Entwicklung, SQ: Sprache, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperlichmotorische Entwicklung; LE: Lern- und Entwicklungsstörung
Bei der Berechnung wird zunächst die Schülerzahl durch den Lehrkräftezuweisungsfaktor geteilt. Dann wird dieser Wert mit dem Verhältnis von Unterrichtsstunden je Vollzeitlehrereinheit
18
19
30
Bei dem Wert von 18,6 handelt es sich um einen nach der gegenwärtigen Verteilung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen gewichteten Wert der schulartspezifischen Lehrkräftezuweisungsfaktoren.
Gemeinsamer Unterricht: abkürzend für Gemeinsamen Unterricht von Kindern/Jugendlichen mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf.
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
und dem Durchschnitt des Unterrichts nach Stundentafel je Klasse (Grundschule: 22,820/24;
Sekundarstufe I: 22,4/31,5) multipliziert. Daraus ergibt sich auf Landesebene eine rechnerische
Summe zusätzlicher Klassen, die durch die Reform entstehen und zu Mehrbelastungen der
Schulträger durch die hierfür benötigten Klassenräume führen können. Dieser Wert markiert
den Mindestbedarf, weil durch die Betrachtung auf Landesebene Mehr- und Minderbedarfe einzelner Kommunen saldiert werden, die sich aus der demografischen Situation und der bisherigen Situation sonderpädagogischer Förderung ergeben.
Nach der Basisvariante würde sich die Zahl der Grundschulklassen bis 2017 um etwa
1.300 verringern. Die Reformvariante führt im Grundschulbereich 2017 zu einem im Vergleich
zu 2012 annähernd gleichen Raumbedarf (vgl. Tabelle 8). Im Jahr 2015 liegt der Raumbedarf,
wenn den Vorstellungen von Klemm/Preuss-Lausitz (2011) gefolgt wird, sogar über dem Bedarf
von 2012. Die durchschnittliche Klassenfrequenz reduziert sich durch die ‚Doppelzählung‘ der
Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf um einen Schüler auf 22,2 im Jahr 2017. An
diesem Wert orientiert sich eine unserer Berechnungsvarianten für die Beispielregionen
(22 Schüler je Klasse an Grundschulen).
Tabelle 8: Berechnung des zusätzlichen Klassenbedarfs für die Grundschule als Folge des Schulgesetzentwurfs bis 2017, landesweite Bilanz
2012
2015*
2017
623.879
609.571
580.831
Förderschule
31.270
20.621
15.792
Regelschulea)
15.848
24.030
28.075
Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf
Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf
Insgesamt
47.118
44.651
43.867
Grundschüler insgesamt
670.997
654.222
624.698
Richtwerte für die Berechnung der Klassen
Förderschuleb)
8,90
8,80
8,90
Grundschule
23,21
23,21
23,21
22,40
22,24
2.343
1.774
GS ‚Doppelzählung‘
Klassenbedarf nach Förderort
Förderschule
3.512
Basisvariante
27.558
Reformvariante
Klassen insgesamt
31.070
27.299
26.235
28.290
27.373
30.633
29.148
Hinweise: *Grundlage: Berechnungswege Klemm/Preuß-Lausitz (2011), Tab. 4.6; ohne Freie Waldorfschulen; ohne Schulen für Kranke; a)Für 2017 wird angenommen, dass 64% der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine allgemeine Schule besuchen. b)Trotz geänderter Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler nach Förderschwerpunkt
(Lern- und Entwicklungsstörung=57%, Sonstige=43%) bleibt der Richtwert 2017 konstant (Lern- und Entwicklungsstörung Grundschule = 9,6; Sonstige = 8,0).
20
IT.NRW, Statistische Übersicht 378, S 8. Anhand der dortigen Angaben wurde auch der Wert für die Sekundarstufe
I berechnet, der wiederum die Gewichtung der gegenwärtigen Verteilung der Schüler mit sonderpädagogischem
Förderbedarf an allgemeinen Schulen übernimmt.
31
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
Einsparungen an Schulraum sind nach der Reformvariante bei den Förderschulen nur dann absehbar, wenn es tatsächlich gelingt, diese teilweise zu schließen, denn der Raumbedarf würde
sich dort für Grundschulkassen an Förderschulen etwa halbieren. In der Sekundarstufe I ergeben sich ähnliche Veränderungen durch die Reformvariante wie in der Grundschule. Auch hier
wird der reformbedingte Mehrbedarf durch den Geburtenrückgang nahezu kompensiert (vgl.
Tabelle 9), Die durchschnittliche Klassenfrequenz reduziert sich in der Reformvariante durch
die ‚Doppelzählung‘ der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf um einen Schüler auf
25,3 im Jahr 2017. An diesem Wert orientieren sich unter anderem unsere Berechnungen für die
Beispielregionen, bei denen wir aber nach Schulart differenzierte Klassenfrequenzrichtwerte
annehmen (vgl. dazu genauer Abschnitt 3.1.5).
Tabelle 9: Berechnung des zusätzlichen Klassenbedarfs für die Sekundarstufe I als Folge des Schulgesetzentwurfs bis 2017, landesweite Bilanz
Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf
2012
2015
2017
983.948
926.023
906.216
Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf
Förderschule
56.145
35.176
22.778
Regelschulea)
12.555
29.343
40.495
Insgesamt
68.700
64.519
63.273
1.052.648
990.542
969.489
Förderschulea)
11,81
12,20
11,70
Sekundarstufe I
26,39
Schüler Sekundarstufe I insgesamt
Richtwerte für die Berechnung der Klassen
26,39
26,39
Reformvarianteb)
25,43
25,30
0,1 Lehrerstelle+b)
Klassenbedarf nach Förderort
25,37
24,99
2.882
1.947
Förderschule
4.753
Basisvariante
37.754
36.202
35.874
Reformvariante
37.564
37.422
0,1 Lehrerstelle+
37.662
37.890
Hinweise: Ohne Freie Waldorfschulen; ohne Schulen für Kranke; a)Durch die geänderte Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler nach Förderschwerpunkt sinkt der Richtwert 2017 (Lern- und Entwicklungsstörung=59%, Sonstige=41%; Lern- und Entwicklungsstörung =12,53; Sonstige=10,51). b)Die Werte ergeben sich aus dem errechneten Klassenbedarf.
Deutlich wird bezogen auf die Situation in der Sekundarstufe I die mit der Reform verbundene
Absenkung der Ausstattungsstandards der allgemeinen Schulen mit Integrationsklassen, weil
die Fortführung der Gewährung von 0,1 Lehrkraftstellen je zieldifferent unterrichtetem Schüler
(angenommen wurden 70% der Schüler in allgemeinen Schulen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, vgl. Tabelle 7) 2017 zu einem Mehrbedarf an 470 Klassen im Vergleich zur Reformvariante führen würde. Auch in der Reformvariante liegen die durchschnittlichen Klassenfrequenzen in der Sekundarstufe I im Jahr 2012 weiterhin über 25 Schülern pro Klasse. In dieser Schulstufe entsteht folglich ein erheblicher Zuwachs an Klassen, wenn der Klassenhöchstwert in In32
2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in
Nordrhein-Westfalen
klusionsklassen auf 25 Schülerinnen und Schüler gesenkt wird, wie dies in anderen Bundesländern praktiziert wird.
In der Grundschule und der Sekundarstufe I führt die geplante Reform zu einem Klassenmehrbedarf von etwa landesweit 2.700 Klassen.21 Würde man die gegenwärtigen Zuweisungsstandards für Lehrkräfte in der Sekundarstufe I beibehalten, dann erhöhte sich in der landesweiten Bilanz der zusätzliche Bedarf auf fast 3.150 Klassen. Wenn nur in zwei Prozent der
Fälle ein zusätzlicher Baubedarf entsteht, dann würde bei einem Investitionsbedarf für einen
Klassenraum von 120.000 Euro bereits die Erheblichkeitsschwelle im Sinne des KonnexAG weit
überschritten (vgl. zu den angenommenen Kosten auch Kapitel 3). Auch wenn einzelne Schulträger keine direkten Auswirkungen durch die Reformveränderungen spüren, bleibt die nicht realisierbare Entlastung durch laufende Ausgaben aufgrund des erwarteten Rückgangs der Schülerzahlen. Dabei werden Kommunen ohne Schülerzahlenrückgang und/oder ein nicht vorhandenes
Förderschulangebot umso mehr von dieser Strukturreform betroffen sein. Deshalb markieren
diese Berechnungen nur die landesweite Bilanz der Auswirkungen der geplanten Reform. Die
regionale Variabilität in dieser Entwicklung kann nur über regionale Analysen abgebildet werden. Dies zu leisten ist die Aufgabe der regionalen Fallstudien im Rahmen dieses Gutachtens und
der Grund, weshalb sich das Gutachten auf die detaillierte Situationsanalyse in den beiden ausgewählten Regionen bezieht. Eine wirklich aussagekräftige Gesamtberechnung der finanziellen
Auswirkungen der geplanten Reform lässt sich nur über eine Ausweitung des im Folgenden gewählten Vorgehens auf alle Regionen in Nordrhein-Westfalen erreichen.
21
Dieser Mehrbedarf ergibt sich rechnerisch aus der jeweiligen Differenz des reformbedingten Klassenbedarfs und
des Klassenbedarfs in der Basisvariante (Grundschulen: rund 1.140; Sekundarstufe I: rund 1.560).
33
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Ziel der Studie ist es, die möglichen kommunalen Mehrkosten abzuschätzen, die sich aus dem
grundlegenden Richtungswechsel der schulischen Versorgung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ergeben: der Umstellung von einer vornehmlich auf Förderschulen basierenden Versorgung hin zu einer wohnortnahen Versorgung und der damit verbundenen Zunahme der gemeinsamen Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf, wie sie mit dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz intendiert wird. Zugleich ist damit eine weitreichende Umverteilung der Lasten zwischen den Gemeinden verbunden, und zwar von den Trägern der Förderschulen zu den Wohnsitzgemeinden
der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Die Abschätzung erfolgt exemplarisch für
zwei Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die kreisfreie Stadt Essen und den Kreis Borken mit
seinen 17 kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Es ist an dieser Stelle zu betonen, dass es
sich keineswegs um Modellkommunen handelt. Eine direkte Übertragbarkeit der Ergebnisse auf
andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen ist nicht möglich. Das methodische Vorgehen wird
jedoch so angelegt, dass es grundsätzlich auf jede andere Kommune in Nordrhein-Westfalen
übertragbar ist, unabhängig von der konkret betrachteten Art der Gebietskörperschaft (Kreis,
Stadt, Gemeinde) und den damit zusammenhängenden Unterschieden in der Trägerschaft der
allgemeinen Schulen und der Förderschulen.
Um die möglichen kommunalen Folgekosten aus dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetztes abschätzen zu können, muss eine Methodik entwickelt werden, die dies basierend auf den vorliegenden Daten ermöglicht. Im vorliegenden Kapitel wird diese Vorgehensweise nun erläutert und die hierfür erforderlichen Annahmen diskutiert. Bisher existieren weder
gängige Datengrundlagen noch bekannte Standards, mit denen solch detaillierte Berechnungen
erfolgen können. Auch wurde bereits in Kapitel 1 ausgeführt, dass für entscheidende Größen, die
die Entwicklung der kommunalen Folgekosten beeinflussen werden, noch keine Schätzungen
vorliegen. Besonders bedeutend sind in diesem Zusammenhang die zu erwartende Nachfrage
nach Beschulung von Kindern mit Förderbedarf in allgemeinen Schulen und in Förderschulen
(Ausmaß, mit dem die Eltern von ihrem Recht auf Wahl der Schulform Gebrauch machen) und
die zu erwartende Entwicklung der Förderquote nach Förderbedarfen (Anteil der Schüler mit
einem spezifischen Förderbedarf an allen Schülern). Schätzungen oder Annahmen zu der zweitgenannten Größe wären auch insofern bedeutsam, weil in einem inklusiven Schulsystem die
Identifikation von Förderbedarfen entfallen soll, was eine Abkehr von der Etikettierung förderbedürftiger Kinder und Jugendlicher bedeutet (vgl. Abschnitt 1.4). Zu diesen und weiteren Determinanten der zu erwartenden Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem und insbe-
35
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
sondere deren Prognostizierbarkeit sind daher geeignete Annahmen zu treffen. Diese werden in
Abschnitt 3.1 erläutert.
Die Modellrechnungen zu den schulorganisatorischen Konsequenzen bilden die Grundlage für die Schätzung der möglichen kommunalen Mehrkosten in Folge der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich. Hierzu werden in Abschnitt 3.2 die in diesem Zusammenhang relevanten Kostenarten spezifiziert und die Ergebnisse von Recherchen zu einzelnen Ausgabenpositionen (z. B. für bestimmte Umbaumaßnahmen) dargestellt. Anschließend wird in Abschnitt 3.3 das
Vorgehen zur Schätzung der kommunalen Folgekosten beschrieben.
3.1
Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen
Die mit dem Entwurf des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes intendierte, zunehmende Integration
von Schülern mit Förderbedarf in allgemeine Schulen hätte aus Perspektive der Kommune zur
Folge, dass Schüler mit Förderbedarf22 zunehmend in allgemeine Schulen eingeschult werden
bzw. in allgemeine Schulen übergehen, während gleichzeitig die Frequentierung der Förderschulen abnimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass damit zugleich ein Wechsel der Schulträgerlasten von dem Träger der Förderschule zum Träger der wohnortnahen allgemeinen Schule verbunden ist. Vor allem in den Kreisen ist dies von weitreichender Bedeutung, da nur rund die
Hälfte aller kreisangehörigen Städte oder Gemeinden wenigstens eine Förderschule unterhält
(vgl. Tabelle 3). In einem ersten Schritt ist abzuschätzen, wie sich im Verlauf dieses Prozesses
die Verteilung der Schüler auf die allgemeinen Schulen und die Förderschulen verändert. Konkret ist danach zu fragen, wie viele und welche allgemeinen Schulen (zusätzliche) Schüler mit
welchem Förderbedarf aufnehmen werden und welche Förderschulen von dem Rückgang der
Schülerzahlen betroffen sind. Daneben ist die Zahl der Förderschüler nach Förderbedarf zu bestimmen, die eine allgemeine Schule anstelle einer Förderschule besuchen werden.
3.1.1
Berücksichtigte Schulstruktur und Schülerschaft
Betrachtet werden alle Grundschulen und alle weiterführenden Schulen mit einer Sekundarstufe
I in kommunaler Trägerschaft (Stadt, Gemeinde, Kreis), d. h. die Integration von Schülern in die
beruflichen Bildungsgänge und die Sekundarstufe II bleibt in der vorliegenden Studie unberücksichtigt. Bei den Förderschulen werden neben jenen in kommunaler Trägerschaft auch die Schulen der Landschaftsverbände berücksichtigt, sofern sie von Schülern aus den untersuchten
Kommunen besucht werden. Die Förderschulen der Landschaftsverbände sind hauptsächlich auf
die Beschulung und Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarfen außerhalb
22
36
Die Förderbedarfe werden auch wie folgt abgekürzt: Lernen (LE), Emotionale und soziale Entwicklung (ES), Sprache (SQ) – diese drei werden auch zu den Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) zusammengefasst -, Geistige
Entwicklung (GG), Körperliche und motorische Entwicklung (KM), Hören und Kommunikation (HK) sowie Sehen
(SE).
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
der Lern- und Entwicklungsstörungen ausgerichtet (vgl. Kapitel 2) und haben festgelegte Einzugsgebiete. Hieraus folgt, dass für die Analyse auch jene Schulen der Landschaftsverbände relevant sind, in deren Einzugsgebiet die jeweils betrachtete Kommune liegt, denn für die zu erwartende Nachfrage nach der Beschulung in allgemeinen Schulen wird, bei Vorliegen eines Förderbedarfs, das Wohnortprinzip zugrunde gelegt. Das bedeutet, dass potenziell jeder Schüler mit
Förderbedarf, der in der betrachteten Kommune wohnhaft ist und aktuell bzw. zukünftig eine
öffentliche Förderschule besucht bzw. besuchen würde, eine wohnortnahe Beschulung in einer
allgemeinen Schule in der betrachteten Kommune nachfragen kann. Förderschüler, die für den
Schulbesuch in eine der hier betrachteten Kommune einpendeln, spielen für den möglichen Besuch allgemeiner Schulen eine untergeordnete Rolle. Für die aktuelle und zukünftig zu erwartende Frequentierung der Förderschulen kann diese Gruppe aber quantitativ durchaus von Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der in den Abschnitten 2.1 und 2.2
beschriebenen ungleichen Verteilung der Förderschulen in Nordrhein-Westfalen. So würden bei
einer Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetzes zunehmend weniger
Förderschüler pendeln und sich die entsprechenden Ausgabenlasten zunehmend in Richtung
der Wohnsitzgemeinden und -städte umverteilen. Diese landesweiten Auswirkungen können
aber nur im Rahmen einer landesweiten Analyse umfassend bewertet werden, für die Daten zur
wohnortbezogenen Verteilung der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf hätten zur
Verfügung gestellt werden müssen.
Private allgemeine Schulen und private Förderschulen können nicht in die Analyse einbezogen werden, da für sie keine differenzierten Daten (z. B. zu Schülern im Gemeinsamen Unterricht, Schüler nach Förderbedarf, usw.) vorliegen.23 Wie in Kapitel 2 gezeigt wurde, spielen
private Träger gerade bei der schulischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarfen in den Bereichen Geistige Entwicklung (GG) und Emotionale und soziale Entwicklung (ES) eine bedeutende Rolle (vgl. Tabelle 3).
3.1.2
Status Quo-Prognose
Die Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen erfolgt auf Ebene der einzelnen
Schule und getrennt nach Klassenstufen (1 bis 4 an Grundschulen bzw. in der Primarstufe, 5 bis
9 bzw. 10 in der Sekundarstufe I). Die Grundlage der Analyse bildet die Fortschreibung des IstZustandes im aktuellen Schuljahr 2012/13 bis zum Schuljahr 2019/20 anhand der klassenstufenbezogenen Schülerprognose24 für die betreffende Kommune.
Diese Status Quo-Prognose wird sowohl für die Schüler mit und ohne Förderbedarf an
den allgemeinen Schulen als auch für die Schüler an Förderschulen berechnet. Im Ergebnis für
23
24
Auch bei den kommunalen Schulträgern liegen keine differenzierten Informationen zu den Privatschulen vor.
Diese Schülerprognose wird vom Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) auf
Ebene der Kreise und kreisfreien Städte bereitgestellt.
37
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
das Schuljahr 2019/20 bildet diese Prognose die Situation an den Schulen ab, die zu erwarten
wäre, wenn das 9. Schulrechtsänderungsgesetz (im derzeit vorliegenden Entwurf) nicht in Kraft
treten würde und sowohl die Inklusionsquoten als auch die Förderquoten (jeweils nach Förderbedarf) sich nicht verändern würden. Die Status-Quo-Prognose gibt je Schule und Klassenstufe
Auskunft über die Zahl der Schüler ohne Förderbedarf, die Zahl der Schüler mit Förderbedarf
nach konkretem Förderbedarf sowie die Zahl und Größe der gebildeten bzw. zukünftig zu bildenden Klassen (Lerngruppen in der Schuleingangsphase bzw. im jahrgangsstufenübergreifenden Unterricht), wofür die in Tabelle 10 dargestellten Richtwerte für die Klassenbildung
herangezogen werden (vgl. zur Klassenbildung noch ausführlicher Abschnitt 3.1.5).
3.1.3
Modellierung der Nachfrage nach gemeinsamem Unterricht an allgemeinen Schulen
Zentral für die möglichen schulorganisatorischen Konsequenzen des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes sind die Annahmen zu dem Ausmaß, mit dem die Eltern von ihrem Wahlrecht hinsichtlich des Ortes der sonderpädagogischen Förderung Gebrauch machen. Zu dieser zu erwartenden
Nachfrage nach Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinen Schulen liegen keine Schätzungen vor. Es wird mit dem Entwurf des
9. Schulrechtsänderungsgesetzes vielmehr implizit unterstellt, dass Eltern die allgemeine Schule
als Förderort wünschen. Dass diese Annahme durchaus nachvollziehbar ist, kann zwar aus dem
Aufwuchs gemeinsamen Unterrichts in den letzten Jahren abgeleitet werden; evident ist aber
auch, dass die Förderschulen in Nordrhein-Westfalen erst seit 2010 einen merklichen Rückgang
der Schülerzahlen verzeichnen (vgl. Abschnitt 2.1). Für die Berechnung des zusätzlichen Lehrerstellenbedarfs bis zum Jahr 2017 nimmt die Landesregierung eine „[…] Inklusionsquote von
70% bei den Lern- und Entwicklungsstörungen und von 50% bei den übrigen Förderschwerpunkten (zusammen etwa 65%) […]“ (LTDrucks. 16/2432, S. 3) an. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die Landesregierung eine schrittweise, über die Zeit aufwachsende Integration von
Schülern mit Förderbedarf in allgemeine Schulen intendiert. Der Elternwille soll daher ab dem
Schuljahr 2014/2015 berücksichtigt werden, sofern erstmalig ein Förderbedarf diagnostiziert
wird oder der Übergang von einer Förderschule in die Klassenstufe 5 der Sekundarstufe I erfolgen soll (vgl. Art. 2 Abs. 1 des Gesetzentwurfs, LTDrucks. 16/2432, S. 39). Zum Schuljahr
2015/2016 und in den darauffolgenden Schuljahren soll diese Wahlfreiheit auch für die jeweils
nächsthöheren Klassen gelten (vgl. ebenda).
Im Rahmen der vorliegenden Studie werden daher folgende Annahmen zur Entwicklung
der Inklusionsquote getroffen und in den Berechnungen berücksichtigt:
38
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
•
Die Inklusionsquote von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen (LE, ES, SQ) wird bis zum Schuljahr
2019/20 sukzessiv auf 70% bis 80% steigen.
•
Die Inklusionsquote von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Geistige Entwicklung (GG), Körperlich-motorische Entwicklung
(KM), Hören und Kommunikation (HK) sowie Sehen (SE) wird bis zum Schuljahr 2019/20
sukzessiv auf 40% bis 50% steigen.
Insgesamt, d. h. bezogen auf alle Förderbedarfe, wird so eine Inklusionsquote von ca. 70% erreicht. Dabei ist zu beachten, dass aus den landesweiten angestrebten Inklusionsquoten nicht
hervorgeht, welche regionale Variation in diesen Zielwerten zugelassen werden soll. Außerdem
treten einzelne Förderbedarfe nur selten auf (insbesondere die Sinnesbeeinträchtigungen), sodass die Inklusionsquoten in einigen Regionen schon aufgrund eines zu geringen Mengengerüstes nicht erreicht werden können.25 Zu erwarten ist damit eher eine generelle Anhebung der
Inklusionsquote mit weiterhin großen regionalen Unterschieden. Insofern müssen in Teilen des
Landes Vorgaben zur Inklusionsquote überschritten werden, damit der angestrebte Landesdurchschnitt erreichbar ist.
Da Schüler, die aktuell bzw. zukünftig private Förderschulen besuchen, aufgrund fehlender Daten nicht berücksichtigt werden können (vgl. Abschnitt 3.1.1), wird die beim öffentlichen
Schulträger zu erwartende Nachfrage nach Beschulung in allgemeinen Schulen – also die unterstellten Inklusionsquoten – in den Modellrechnungen unter Umständen zu stark durch Schüler
bestimmt, die öffentliche Förderschulen besuchen. Für die Abschätzung der kommunalen Mehrkosten in Folge der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich bedeutet dies, dass jene Kosten,
die sich durch Verschiebungen von privaten in Richtung der kommunalen Schulträger ergeben,
unberücksichtigt bleiben. Unter der Annahme, dass die von der Landesregierung intendierten
Inklusionsquoten die zu erwartende Nachfrage widerspiegeln und dies auch für Eltern gilt, die in
der aktuellen Situation eine private Förderschule präferieren, werden vermutlich sowohl die zu
erwartende Nachfrage als auch die kommunalen Mehrkosten grundlegend unterschätzt.
3.1.4
Bedarf an sonderpädagogischer Förderung
Die Förderquote nach Förderbedarfen wird in der vorliegenden Studie nicht variiert, sondern
lediglich fortgeschrieben, d. h. es wird angenommen, dass sich der Anteil der förderbedürftigen
Schüler an allen Schülern nicht verändert und die Zu- oder Abnahme der Anzahl der Schüler mit
sonderpädagogischem Förderbedarf lediglich von der Schülerentwicklung (Schülerprognose)
insgesamt abhängig ist. Gleiches gilt für die Verteilung der spezifischen Bedarfe (LE, ES, SQ, GG,
25
Hieraus ergeben sich auch die Abweichungen zwischen den von der Landesregierung angestrebten Inklusionsquoten und den Inklusionsquoten, die wir aufgrund dieser technischen Beschränkung für die Simulationen annehmen.
39
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
KM, HK, SE gemäß AO-SF26) innerhalb der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Diese Annahme ist insofern nicht unkritisch, weil der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz in der Regel den Eltern (nicht länger den Eltern oder der Schule) die Möglichkeit gibt, ein
Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs zu initiieren (vgl.
LTDrucks. 16/2432, S. 16-19). Dies könnte die Zahl der Feststellungsverfahren deutlich reduzieren, obwohl weiterhin von einem Unterstützungsbedarf auszugehen ist. Daneben wird von wissenschaftlicher Seite empfohlen, zumindest bei Lern- und Entwicklungsstörungen auf eine „individuelle Feststellungsdiagnostik zur Sicherung des Förderbedarfs“ zu verzichten (vgl. z. B.
Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 28), was ebenfalls eher zu einer rückläufigen Förderquoten führen würde.
3.1.5
Klassenbildung und Größe der Lerngruppen
Im Vergleich zur Status Quo-Prognose bedeutet die Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem zunächst, dass die Zahl der Schüler an allgemeinen Schulen zunimmt und die Zahl der
Schüler an Förderschulen entsprechend abnimmt. Zu bestimmen sind daher jeweils die zu erwarteten Zahlen der Schüler an allgemeinen Schulen und an Förderschulen insgesamt und nach
konkretem Förderbedarf. Für künftige Schuljahre ist daraus abzuleiten, wie viele Klassen an
allgemeinen Schulen zu bilden wären.
Die Größe der Lerngruppen stellt aus pädagogischer Perspektive eine zentrale Gelingensbedingung für eine qualitativ hochwertige gemeinsame Unterrichtung von Schülern mit
und ohne Förderbedarf dar. Zwar garantieren kleine Lerngruppen nicht grundsätzlich einen
wirkungsvollen Unterricht; unter Pädagogen und Sonderpädagogen ist aber unumstritten, dass
eine differenzierte, individuelle Förderung aller Schüler nur in Lerngruppen möglich ist, wenn
die Lerngruppengröße bedarfsgerecht flexibel angepasst werden kann. Als Konsequenz ergibt
sich daraus gegenüber den heutigen Standards der Klassenbildung ein niedrigerer Klassenfrequenzrichtwert für die Berechnung der Raumkapazität.27 Allerdings soll an dieser Stelle und im
Einklang mit der internationalen Forschung betont werden, dass eine Klassenfrequenzsenkung
nur in Verbindung mit einem flankierenden pädagogischen Programm die gewünschte Wirkung
erzielen kann.
Auch mit Formulierungen im Gesetzentwurf, die auf Formen äußerer und innerer Differenzierung verweisen, die „[…] sich nach dem individuellen Bedarf der Schülerinnen und Schüler
an sonderpädagogischer Unterstützung [richten]“ (LTDrucks. 16/2432, S. 52) ist letztlich eine
flexiblere Lerngruppengestaltung intendiert, die sich auf den Klassenbildungsfaktor auswirken
26
27
40
AO-SF: Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (Ausbildungsordnung gemäß § 52 SchulG – AOSF; BASS 13-41 Nr. 2.1)
Berlin geht bei integrativen Klassen von Klassenfrequenzen in der Grundschule von 24 in der Sekundarstufe I von
25 Schülern aus. In Bremen gelten als Schlüssel für die Klassengröße 17 Regelkinder und 5 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. In Sachsen soll bei integrativer Beschulung eine Klassenstärke von 25 Schülern nicht
überschritten werden.
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
würde. Aufgrund der zentralen Bedeutung der Lerngruppengrößen für die pädagogische Qualität und die schulische Organisation werden verschiedene Annahmen zur Klassenbildung getroffen und sowohl die schulorganisatorischen Konsequenzen als auch die kommunalen Mehrkosten
für diese verschiedenen Varianten abgeschätzt. Die verschiedenen Richtwerte zur Klassenbildung stellen jeweils eine Berechnungsvariante dar und sind nachfolgend beschrieben und begründet.
In einer ersten Berechnungsvariante (Basisvariante) werden jene Klassenbildungswerte
zugrunde gelegt, die in der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 SchulG festgelegt sind
(BASS 11-11 Nr. 1, vgl. Tabelle 10), denn laut dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz behält diese Verordnung explizit ihre Gültigkeit (vgl. LTDrucks. 16/2432, S. 26).
Tabelle 10: Zum Schuljahr 2012/13 gültige Klassenbildungswerte nach Schulform
Bandbreite
Klassenfrequenzrichtwert
Untergrenze
Obergrenze
Grundschulen
24
18
30
Hauptschulen
24
18
30
Realschulen
28
26
30
Gesamtschulen
28
26
30
Gymnasien
28
26
30
Klassenfrequenzrichtwert
Klassenfrequenzmindestwert
Klassenfrequenzhöchstwert
Lernen (LE)
16
11
22
Emotionale und soziale Entwicklung (ES)
11
7
14
Sprache (SQ)
11
7
14
Geistige Entwicklung (GG)
10
6,5
13
Körperliche und motorische Entwicklung (KM)
10
6,5
13
Hören und Kommunikation (HK)
11
7
14
Sehen (SE)
11
7
14
Förderschulen mit Schwerpunkt:
Quelle: Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz (BASS 11-11 Nr. 1)
Eine Ausnahme hiervon wird im Gesetzentwurf durch die Änderung des § 46 Abs. 4 SchulG NRW
für die Sekundarstufe I formuliert:
„(4) Die Schulleiterin oder der Schulleiter kann im Einvernehmen mit dem Schulträger die Zahl
der in die Klasse 5 einer Schule der Sekundarstufe I oder mit Sekundarstufe I aufzunehmenden
Schülerinnen und Schüler begrenzen, wenn
1. ein Angebot für Gemeinsames Lernen (§ 20 Abs. 2) eingerichtet wird,
2. rechnerisch pro Parallelklasse mindestens zwei Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf aufgenommen werden und
3. im Durchschnitt aller Parallelklassen der jeweilige Klassenfrequenzrichtwert nach der
Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz nicht unterschritten wird.
Die Vorschriften zu den Klassengrößen der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz bleiben unberührt.“ (LTDrucks. 16/2432, S. 26)
41
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen kann also von der Bildung möglichst gleich großer
Klassen (vgl. Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 SchulG NRW) innerhalb der Klassenstufe 5 (die dann aber in die weiteren Schuljahre derselben Klassenstufe fortzuschreiben wäre)
abgewichen und die Zahl der insgesamt in die Klassenstufe 5 aufzunehmenden Schüler auf ein
bestimmtes Vielfaches des Klassenfrequenzrichtwertes beschränkt werden. Kleinere Klassen, in
denen Gemeinsamer Unterricht stattfindet, können dann nur erreicht werden, indem Klassen, in
denen kein Gemeinsamer Unterricht stattfindet, entsprechend größer ausfallen. Da aber gleichzeitig der sonderpädagogische Förderbedarf künftig in der Regel nicht mehr festgestellt wird,
müssen die Vorgaben generell für alle Klassen Anwendung finden.28 Weiterhin widerspricht die
oben dargestellte Option der u. a. von Klemm/Preuss-Lausitz (2011) empfohlenen, gleichmäßigen Verteilung der Schüler mit Förderbedarf auf die Parallelklassen einer Klassen- oder Jahrgangsstufe. Realistisch ist also davon auszugehen, dass sich Schüler mit Förderbedarf gleichmäßig auf die Klassen einer Klassenstufe verteilen, auch weil sie besonders im Bereich der Lernund Entwicklungsstörungen bereits kurzfristig nicht (mehr) als solche identifiziert werden können.
Auch Klemm/Preuss-Lausitz (2011) weisen in ihrem Gutachten darauf hin, dass „Klassen
mit gemeinsamem Unterricht […] von Lehrkräften als fragwürdig betrachtet [werden], wenn sie
in der Sekundarstufe über 25 Schüler/innen, in der Grundschule (nach der Schuleingangsphase)
über 23 Schüler/innen umfassen.“ (Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 53-54) Klemm/PreussLausitz (2011) empfehlen in ihrem Inklusionskonzept, den Klassenfrequenzrichtwert für Grundschulen auf 23 Schüler, was in etwa der tatsächlich zu beobachtenden, durchschnittlichen Klassengröße in nordrhein-westfälischen Grundschulen entspricht, oder auf 22 Schüler abzusenken.
Zu einer Absenkung der oberen Bandbreite bzw. der Klassenfrequenzhöchstwerte äußern sich
die Autoren jedoch nur für die Sekundarstufe I (auf 2529), sodass ihre Empfehlung die Möglichkeit offen lässt, große Klassen (bis zu 30 Schüler je Klasse) an Grundschulen zu bilden: „Dieser
Hinweis bedeutet nicht, dass nun alle Klassen in NRW unterhalb der genannten Klassenobergrenzen liegen müssen.“ (Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 54) Interessanterweise entsprechen
die von Klemm/Preuss-Lausitz (2011) empfohlenen Klassenfrequenzrichtwerte in etwa den
durchschnittlichen Klassengrößen, die sich ergeben würden, wenn der zusätzliche Lehrkräftebedarf klassenbildungswirksam würde (vgl. dazu Abschnitt 2.5).
Die zweite Berechnungsvariante (Reformvariante) greift diesen Vorschlag, der sich implizit aus den im Gesetzentwurf vorgesehenen, zusätzlichen Lehrerstellen (‚Doppelzählung‘ der
Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf) ableiten lässt, auf und nimmt bei Grundschulen einen Klassenfrequenzrichtwert von 22 und für die Sekundarstufe I einen Klassenfrequenz28
29
42
vgl. hierzu die Erläuterungen in Abschnitt 1.4
Entspricht dem Klassenfrequenzhöchstwert im Schulversuch zu den Gemeinschaftsschulen in NordrheinWestfalen (vgl. http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Gemeinschaftsschule/Eckpunkte.pdf, zuletzt abgerufen
am 30.06.2013; Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 54).
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
richtwert von 2430 Schülern an. Für die Haupt- und Realschulen wird in dieser Variante die Untergrenze der Bandbreite auf 22 angepasst.
Mit der dritten Berechnungsvariante (Erweiterte Reformvariante) soll dann noch eine
pädagogisch wünschenswerte Klassenbildung simuliert werden, indem bei Grundschulen eine
maximale Klassengröße von 23 und in der Sekundarstufe I eine maximale Klassengröße von 25
zugelassen werden, unter Verwendung der Klassenfrequenzrichtwerte aus der zweiten Berechnungsvariante. Die dritte Berechnungsvariante erlaubt also eine konsequente Bildung kleiner
Klassen. Die drei Berechnungsvarianten, die bei der Simulation der Klassenbildungen berücksichtigt werden, sind zusammenfassend in Tabelle 11 dargestellt.
Tabelle 11: Angenommene Klassenbildungswerte für die Status Quo-Prognose und die Simulationen
Grundschulen
Status Quo-Prognose
Klassenfrequenz- Mindestklassen- Höchstklassenrichtwert
größe
größe
24
18
30
Basisvariante
24
18
Reformvariante
22
18
30
Erweiterte Reformvariante
22
---
23
Sekundarstufe I
30
Klassenfrequenz- Mindestklassen- Höchstklassenrichtwert
größe
größe
Status Quo-Prognose
Hauptschulen
24
18
30
Realschulen
28
26
30
Gesamtschulen
28
26
30
Gymnasien
28
26
30
Basisvariante
Hauptschulen
24
18
30
Realschulen
28
26
30
Gesamtschulen
28
26
30
Gymnasien
28
26
30
Reformvariante
Hauptschulen
24
18
30
Realschulen
24
22
30
Gesamtschulen
24
22
30
Gymnasien
28
26
30
Hauptschulen
24
---
25
Realschulen
24
---
25
Gesamtschulen
24
---
25
Gymnasien
28
26
30
Erweiterte Reformvariante
30
Entspricht dem Klassenfrequenzrichtwert im Schulversuch zu den Gemeinschaftsschulen in Nordrhein-Westfalen,
der sich an jenem der Hauptschule orientiert, um der Heterogenität der Schülerschaft Rechnung zu tragen
(vgl. http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Gemeinschaftsschule/Eckpunkte.pdf, S. 2, zuletzt abgerufen am
30.06.2013).
43
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
In allen Varianten werden Gymnasien nur insofern berücksichtigt, als dass an ihnen auch zukünftig Fälle von zielgleicher Einzelintegration möglich sind, sie werden aber nicht systematisch
als Orte gemeinsamen Lernens behandelt. Die insgesamt in Nordrhein-Westfalen und auch in
den betrachteten Beispielkommunen vorzufindende Situation, dass Gymnasien in sehr seltenen
Fällen Gemeinsamen Unterricht anbieten, wird damit in die Zukunft fortgeschrieben. Dies bedeutet aber nicht, dass Gymnasien sich nicht auch zukünftig an der schulischen Inklusion beteiligen werden.
Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die für die Modellrechnung festgelegten Varianten
zur Klassenbildung zu nicht praktikablen Lerngruppengrößen führen können. So werden aus
der Perspektive der Lehrkräfte und Sonderpädagogen zum Teil noch deutlich kleinere Lerngruppen als sinnvoll angesehen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme eine Umsetzung des Modells ‚20-5-2‘, wonach die Lerngruppengröße maximal 20 Schüler, davon maximal 5 mit einem
Förderbedarf, betragen und jede Lerngruppe personell doppelt besetzt werden sollte (Lehrkraft
plus sonderpädagogische Fachkraft, vgl. Landtag NRW, Stellungnahme 16/762, S. 3). Daneben ist
zu berücksichtigen, dass sich im Gemeinsamen Unterricht Assistenzpersonen mit im Klassenraum befinden und Schüler mit Förderbedarfen im Bereich der geistigen oder körperlichmotorischen Entwicklung auf einen Rollstuhl oder andere Assistenzen (Gehhilfen o. ä.) angewiesen sein können. Beides schränkt die Größe der Lerngruppen aus Platzgründen entscheidend
ein. Außerdem ergeben sich mit dem 8. Schulrechtsänderungsgesetz vom 13. November 2012
für die kommunalen Schulträger individuelle Spielräume bei der Festlegung der Klassengrößen.31 Beispielhaft seien hier die entsprechenden Regelungen des Schulträgers Stadt Essen genannt, nach denen im kommenden Schuljahr 2013/14 in Schuleingangsklassen grundsätzlich
nicht mehr als 26 Schüler unterrichtet werden sollen. An Schulen, die sich besonderen pädagogischen Herausforderungen gegenüber sehen, soll dieser Wert auf 23 abgesenkt werden. Vermutlich werden also mit den hier verwendeten Klassenbildungswerten tendenziell Untergrenzen
des tatsächlich entstehenden, zusätzlichen Klassen- bzw. Raumbedarfs geschätzt.
3.1.6
Gestaltung des Gemeinsamen Unterrichts
Es wird weiter angenommen, dass sich Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen grundsätzlich im Gemeinsamen Unterricht befinden, da Integrative Lerngruppen, die laut Erlass des
Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 19.5.2005 zur zieldifferenten Unterrichtung in
der Sekundarstufe I eingerichtet werden konnten, nach Art. 2 Abs. 3 des Entwurfs für das 9.
Schulrechtsänderungsgesetz zum Schuljahr 2013/2014 letztmalig gebildet und danach auslaufend fortgeführt werden können. In der Konsequenz kann in jeder Klasse der Sekundarstufe I die
31
44
Eine Neufassung der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz liegt bis dato (Stand: 30.06.2013)
nicht vor.
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Situation auftreten, dass zielgleich und zieldifferent unterrichtete Kinder gemeinsam mit Kindern ohne Förderbedarf unterrichtet werden. Anderweitige Annahmen lassen sich hierzu nicht
generieren, da der Gesetzentwurf zur pädagogischen Umsetzung keine Aussagen trifft und die
Entscheidung über derartige pädagogische Standards den Schulträgern bzw. den Schulen übertragen wird.
3.1.7
Bildung von Schwerpunktschulen
Der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz sieht für die Schulträger die Möglichkeit vor,
Schwerpunktschulen zu bestimmen:
„Auf dem Weg zu einem inklusiven Schulangebot können Schulträger mit Zustimmung
der oberen Schulaufsichtsbehörde allgemeine Schulen als Schwerpunktschulen bestimmen. Eine solche Schule umfasst über die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache sowie
Emotionale und soziale Entwicklung hinaus weitere Förderschwerpunkte, mindestens
aber einen weiteren Förderschwerpunkt. […]“ (§ 20 Abs. 6 des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz, LTDrucks. 16/2432, S. 21)
Es kann nur vermutet werden, dass diese Option die Schulträger in die Lage versetzen soll, den
Inklusionsprozess – im Sinne einer über die Zeit zunehmenden Unterrichtung von Schülern mit
Förderbedarf in allgemeinen Schulen – wirtschaftlicher zu gestalten. Denn während Schüler mit
Lern- und Entwicklungsstörungen im Grundsatz keine Anforderungen hinsichtlich eines barrierefreien Zugangs mitbringen, sind für die weiteren Förderbedarfe (Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Hören/Kommunikation und Sehen), von denen mindestens einer an einer Schwerpunktschule berücksichtigt werden soll, besondere bauliche Vorkehrungen zu treffen (vgl. hierzu noch genauer Abschnitt 3.2). Allein unter dem Gesichtspunkt der
Wirtschaftlichkeit sollte der Schulträger dann konsequenterweise so wenige Schwerpunktschulen wie möglich bilden, da parallel die Förderschulen (ggf. in geringerer Anzahl) erhalten bleiben. Schwerpunktschulen würden jedoch zu einer Konzentration der Schüler mit Sinnesbeeinträchtigungen und körperlichen bzw. geistigen Behinderungen an einzelnen Schulen führen und
damit den Zielen der Inklusion im Grundsatz widersprechen. Auch die Konsequenzen im Hinblick auf die pädagogische Qualität erscheinen nicht absehbar; im Gesetzentwurf findet sich kein
Hinweis darauf, inwiefern Schwerpunktschulen mit zusätzlichen Ressourcen hinsichtlich des
pädagogischen Personals ausgestattet werden sollen. Vor diesem Hintergrund ist die Bildung
von Schwerpunktschulen für den Schulträger allein im Hinblick auf den Investitionsbedarf, der
mit dem Inklusionsprozess verbunden ist, eine sinnvolle Alternative. Folgt man dieser Idee der
Wirtschaftlichkeit, so erscheint aber vollkommen unklar, warum nicht Förderschulen zu
Schwerpunktschulen umgewandelt werden können, in die dann auch Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufzunehmen wären. Denn dort werden im Verlaufe des Inklusionspro-
45
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
zesses Ressourcen freigesetzt und es sind – je nach Schwerpunkt der Förderschule – die räumlichen und ausstattungsbezogenen Voraussetzungen erfüllt. Dies könnte in einer erweiterten Perspektive auch die Schulen der Landschaftsverbände betreffen, wobei dann aber die Frage der
Schulträgerschaft zu klären wäre. Weiterhin ist anzunehmen, dass mit der Formulierung „Auf
dem Weg zu einem inklusiven Schulangebot…“ eine Übergangsregelung gemeint ist, da in einem
inklusiven Schulsystem Schüler mit Förderbedarf gerade nicht länger speziellen Schulen – seien
dies nun Förderschulen oder Schwerpunktschulen – zugewiesen werden sollen. Insofern würde
die Bildung von Schwerpunktschulen Investitionsbedarfe aufschieben, aber nicht aufheben. Die
Bildung von Schwerpunktschulen wird daher im Rahmen der Simulationen nicht als weitere
mögliche Variante berücksichtigt, sondern die Konsequenzen dieser Option im Hinblick auf die
notwendigen Investitionsbedarfe an entsprechender Stelle diskutiert.
3.1.8
Vorgehen zur Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen
Basierend auf den geschilderten Annahmen und gewichtet mit der Stufenzugehörigkeit entsprechend der oben genannten Übergangsvorschriften (Art. 2 des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz) wird die zu erwartende Verteilung der Schüler mit und ohne Förderbedarf auf
die allgemeinen Schulen bis zum Schuljahr 2019/20 simuliert und die Zahl der Schüler an Förderschulen entsprechend reduziert. Diese Änderung in der Zuweisung der Schüler erfolgt auf
kommunaler Ebene und schulgenau. Schüler mit Förderbedarf, die im Rahmen der Simulationen
nicht mehr einer Förderschule, sondern einer allgemeinen Schule zuzuweisen sind, werden basierend auf einer zufälligen räumlichen Verteilung innerhalb des Postleitzahlengebietes, in dem
sie wohnen, ihrer wohnortnächsten Schule der geeigneten allgemeinen Schulform zugewiesen.
Dabei erfolgen alle Berechnungen und Bewertungen für Grundschulen und weiterführende
Schulen der Sekundarstufe I getrennt. Ziel dieses gesamten Vorgehens ist dabei nicht die möglichst exakte Berechnung der an jeder einzelnen Schule zu erwartenden Schüler mit Förderbedarf, sondern die Abschätzung jener Konsequenzen, die sich aus der Steuerungsperspektive der
kommunalen Schulträger durch die Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz ergeben können.
Je Schule wird auf Basis der Schülerzahlen die Zahl der zu bildenden Klassen geschätzt,
die bis zum Schuljahr 2019/20 erforderlich wären. Damit kann der prognostizierte Raumbedarf
an den Schulen mit dem tatsächlich vorhandenen Raumangebot abgeglichen werden. Der Raumbedarf umfasst dabei neben den Klassenräumen bzw. Unterrichtsräumen auch den Bedarf an
weiteren Räumen, der durch den Gemeinsamen Unterricht entsteht. Hierbei kann es sich um
Differenzierungsräume oder auch um Räume handeln, die für die zieldifferente Unterrichtung in
der Sekundarstufe I benötigt werden, z. B. Werk- und Hauswirtschaftsräume. Diese Bedarfe und
46
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
weitere Anforderungen, die sich aus dem Gemeinsamen Unterricht ergeben, können zusätzliche
Kosten für den Schulträger erzeugen, die im folgenden Abschnitt näher dargestellt sind.
3.2
Relevante Kostenarten
Während die Länder das lehrende Personal an Schulen finanzieren, übernehmen die Kommunen
in ihrer Verantwortung für die sogenannten äußeren Schulangelegenheiten ihrerseits Ausgaben
für eine Reihe weiterer Aufgaben, die im Kontext von Inklusion relevant sein können. Ziel der
vorliegenden Studie ist es, den Umfang der Ausgaben abzuschätzen, die durch die Umsetzung
der Inklusion im Schulbereich und maßgeblich getrieben durch die schrittweise Erhöhung der
Inklusionsquote zusätzlich von den Kommunen zu übernehmen wären. D. h. abzuschätzen, welche finanziellen Konsequenzen sich aus dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz
ergeben könnten. Diese Kosten fallen unabhängig von der Entwicklung der Ausgaben der Kommunen an. Um eine analytische Trennung von Ausgaben und Kosten vornehmen zu können, wird
diese Differenzierung vorgenommen und nachfolgend der Kostenbegriff verwendet, wenn die
kommunalen Folgekosten der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich betrachtet werden. Von
Ausgaben wird gesprochen, wenn bereits getätigte oder aufgelaufene Investitionen für Personal,
Schülerbeförderung etc. zur Schätzung dieser zukünftig zu erwartenden Kosten herangezogen
werden. Wie diese Abgrenzung der zusätzlich anfallenden Kosten erfolgt, wird in Abschnitt 3.3
näher erläutert und tabellarisch zusammengefasst (vgl. Tabelle 12 auf Seite 72). Da sich im Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz keine Angaben zu der konkreten Ausgestaltung des
inklusiven Schulsystems im Sinne pädagogischer Standards und Anforderungen an die sächliche,
räumliche und sonstige personelle Ausstattung der Schulen finden, wird in diesem Abschnitt
zunächst der Versuch unternommen, trotz fehlender Standards Aussagen zu ausgewählten,
kommunalen Folgekosten nach ihrer Art und ihrer Höhe zu machen. Diese Darstellung orientiert
sich dabei zum einen an den inklusionsrelevanten Aufgaben, die in die Zuständigkeit der Kommunen fallen, und zum anderen an den konkreten Bedarfen im Hinblick auf sächliche, räumliche
und personelle Ressourcen, die mit den verschiedenen Förderbedarfen einhergehen.
Als Schulträger sind die Kommunen zunächst für die räumliche und sächliche Ausstattung der Schulen zuständig, was Investitionen in den Bau, Erhalt und Unterhalt der Schulgebäude einschließt (§ 79 SchulG NRW). Durch gemeinsames Lernen und inklusive Beschulung werden vor allem Umbaumaßnahmen notwendig, die durch die Aufnahme von z. B. Rollstuhlfahrern
notwendig werden können. Auch die sächliche Ausstattung der Schulen einschließlich der Ausstattung mit Lern- und Lehrmitteln sowie Schülerfahrtkosten zählen zu den Kosten, für die der
Schulträger aufkommt. Bei wohnortnaher Beschulung wird meist von sinkenden Transportkosten ausgegangen, wenngleich für die Schülergruppe, die auf Spezialtransporte angewiesen ist,
auch steigende Transportkosten möglich sind.
47
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Daneben fallen in den Kommunen Ausgaben für Assistenzpersonal an, mit dessen Hilfe die Teilhabe an schulischer Bildung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ermöglicht werden soll. Der Umfang, mit dem Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf
Assistenzpersonal benötigen, hängt vom Grad der Beeinträchtigung und dem Förderort ab. Zu
berücksichtigen sind daneben Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen sowie weiteres nicht
lehrendes Personal für Aufgaben im (offenen) Ganztagsschulbereich. Da sich an allgemeinen
Schulen die zu unterstützenden Schüler häufig auf mehrere Klassen bzw. Lerngruppen verteilen,
besteht im Vergleich zu Förderschulen seltener die Möglichkeit der sogenannten Poolbildung,
bei der nicht eine Assistenzperson für einen Schüler zuständig ist, sondern sich Assistenzpersonen um mehrere Kinder oder Jugendliche kümmern, was zu einem erhöhten Personalbedarf
führen kann.
Für die Kostenabschätzung sind somit räumliche und sächliche Kosten, einschließlich
der Lehr- und Lernmittel, Transportkosten und Kosten für nicht lehrendes Personal relevant.
Welche Annahmen zur Höhe der Kosten getroffen werden können, welche kommunale Einrichtung Kostenträger ist und wovon die Höhe der Kosten abhängt, wird im Folgenden näher erläutert. Die Darstellung basiert wesentlich auf eigenen Recherchen zu Erfahrungswerten in nordrhein-westfälischen Kommunen. Diese werden genutzt, um Annahmen zur Höhe der kommunalen Kosten zu generieren, die durch die mit dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz
intendierte Zunahme des Gemeinsamen Unterrichts an allgemeinen Schulen verursacht werden
können. Dabei haben die aufgeführten Kosten Beispielcharakter und erheben keinen Anspruch
auf Vollständigkeit. Sie können aber als Richtwerte dienen, da in ihre Ermittlung Angaben aus
verschiedenen Kommunen in Nordrhein-Westfalen eingeflossen sind.
Unabhängig von der Entwicklung der Kosten stellt sich die Frage der Umverteilung von
Kosten, indem der kommunale Kostenträger durch die Systemumstellung wechselt. Gerade diese
Verschiebung in der Verteilung der kommunalen Lasten ist ein wichtiger Aspekt bei den weiteren Überlegungen. Schließlich ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang die Schulträger neben
der Ausgaben- auch die Finanzierungsverantwortung haben. Über die Schulpauschale werden
Teile der Aufwendungen der Kommunen durch Landeszuwendungen finanziert.32 Sie dient ausschließlich dem Bau und der Unterhaltung von Schulgebäuden und der Finanzierung der Ausstattung von Schulgebäuden. Nicht bezuschusst werden damit die Aufwendungen für den Schülertransport, für Lehr- und Lernmittel und für Personal. Die Frage, wie die kommunalen Kosten
im Kontext der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes zu finanzieren wären, ist jedoch
nicht Gegenstand des Gutachtens.
32
48
Diese werden jeweils für ein Haushaltsjahr im Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes NordrheinWestfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände (Gemeindefinanzierungsgesetz, GFG) festgelegt.
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
3.2.1
Kosten des Schulträgers
Lehr- und Lernmittel
Die Höhe der Lernmittel ist in der Verordnung über die Durchschnittsbeträge und den Eigenanteil (vgl. VO zu § 96 Abs. 5 SchulG, BASS 16-01 Nr. 1) geregelt. Aus dieser Verordnung ergibt sich,
welche Durchschnittsbeträge je Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf verausgabt
werden dürfen. Somit sind inklusionsbedingte Mehrkosten durch diese Verordnung ‚gedeckelt‘.
Laut dieser Verordnung stehen den Förderschulen dieselben Durchschnittsbeträge zu wie den
Regelschulen (bis zu 36 Euro für die Primarstufe, bis zu 78 Euro für die Sekundarstufe I). Für
den Förderschwerpunkt Sehen sind höhere Beträge angesetzt (maximal bis zu 272 Euro für
blinde Schüler der Sekundarstufe I). Da diese Ansätze ohnehin in der Regel bereits als Schülerpauschale komplett ausgeschöpft werden, würden sich bei Verschiebungen von Schülern zwischen Förderschulen und allgemeinen Schulen keine Veränderungen in der Ausgabenhöhe ergeben. Ausnahmen davon ergeben sich in Fällen, in denen Schüler alternativ eine Schule eines anderen öffentlichen Schulträgers (z. B. in der Nachbargemeinde) oder eine Schule der Landschaftsverbände besuchen würden. Dann sind für die betreffenden Schüler die oben genannten
Beträge anzusetzen (36 Euro bzw. 78 Euro). Dieser Betrag wird auch für Schüler mit Förderbedarf Sehen angesetzt, um eine doppelte Bewertung der Ausgaben für mit den unten beschriebenen Ausgaben für Lesehilfen zu vermeiden.
Lehrmittel als Mittel zur Gestaltung des Unterrichts können somit bei zunehmender Integration von Schülern mit Förderbedarf in allgemeine Schulen zu zusätzlichen Ausgaben führen. Anhand von drei Beispielen aus dem Kreis Borken lässt sich verdeutlichen, wie unterschiedlich die Zuweisungspraxis der Schulträger im Hinblick auf den Gemeinsamen Unterricht ist. Von
zwei Gemeinden im Kreis Borken ist den Autoren bekannt, dass sie jeder Schule pro Jahr 2.000
Euro bzw. 5.000 Euro zusätzlich für sächliche Ausstattung im Rahmen des Gemeinsamen Unterrichts gewähren (Raesfeld und Südlohn). In Velen werden seit dem laufenden Schuljahr
(2012/13) 50 Euro je Förderschüler zusätzlich zugewiesen, da sich der Bedarf für Lehr- und
Lernmittel aufgrund des Gemeinsamen Unterrichts stark erhöht hat. Diese Beispiele zeigen, dass
der Gemeinsame Unterricht laufend zusätzliche Ausstattung erfordert und Lehr- und Lernmittel
zusätzliche Kosten erzeugen, die hier nur anhand der oben genannten Schülerpauschalen geschätzt werden können, faktisch aber weitaus höher liegen und regional große Unterschiede
aufweisen dürften.
Sofern bei unterschiedlichen Arten von sonderpädagogischem Förderbedarf Anschaffungen erforderlich sind, die in einer Förderschule von vielen Schülern genutzt werden, würden
bestimmte Lehrmittel bei der Verteilung auf mehrere Regelschulen mehrfach anfallen, z. B. spezielle Medien wie Computer und zugehörige Software. Zu entsprechenden Anschaffungen für
Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf Sehen liegen detaillierte Angaben zu Ausgaben für
49
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Lehr- und Lernmittel vor. Die Stadt Stadtlohn (Kreis Borken) hatte beispielsweise einmalig Ausgaben in Höhe von rund 7.000 Euro für Bildschirmlesegeräte an einer Grundschule. Die Stadt
Essen hat ebenfalls ein Bildschirmlesegerät (3.000 Euro) und mehrere Lupen (je 100 Euro) sowie Braillezeilen (6.000 Euro) angeschafft. Bei der Schätzung der Folgekosten werden einmalige
Ausgaben von 5.000 Euro angesetzt. Neben einmaligen Anschaffungen fallen für den Förderbedarf Sehen auch laufende Kosten an, z. B. für Spezialfolien (100 Euro pro Jahr und Schüler). Hier
wird angenommen, dass diese über die Lernmittelpauschale abgedeckt werden können. Für
weitere Förderbedarfe liegen keine Angaben zu speziell benötigten Lehr- und Lernmitteln vor,
obwohl diese zumindest auch für den Förderbedarf Hören und Kommunikation anzunehmen
sind.
Schülerbeförderung
In der Landes- und Kommunalpolitik wird derzeit davon ausgegangen, dass Schüler mit Förderschwerpunkten im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen in der Regel keinen Spezialverkehr benötigen. Auch würden für diese Gruppe jene Kosten entfallen, die durch Spezialverkehr aufgrund großer Entfernungen zur nächstgelegenen Förderschule entstehen.
Diese Annahmen sind jedoch kritisch zu hinterfragen: (1) Auch Schülern an Regelschulen
werden Beförderungskosten erstattet, sofern der Fußweg nicht zumutbar ist, und dies wird auch
bei einem Teil der Förderschüler weiterhin der Fall sein. (2) Bei einem Großteil der Schüler an
Förderschulen fallen Beförderungskosten beim Schulträger nicht aufgrund der Entfernung zur
Förderschule an, sondern weil der Schüler den Schulweg nicht bewältigen kann. Die im ersten
Fall entstehenden Kosten beziehen sich auf die Erstattung eines Monatstickets für den Öffentlichen Personennahverkehr; diese Beförderung ist weniger kostenintensiv als der Spezialverkehr.
Dabei übernehmen die Schulträger einen großen Teil des fälligen Betrages, zudem gibt es einen
Eigenanteil, den die Eltern aufbringen müssen, sofern sie hiervon nicht befreit werden. Aufgrund
der unterschiedlichen Tarife von Anbietern in den einzelnen Kommunen variieren die Kosten
regional.
Die Rahmenbedingungen dieser Erstattungen sind in der Schülerfahrkostenverordnung
(vgl. Verordnung zur Ausführung des § 97 Abs. 4 Schulgesetz, SchfkVO, BASS 11-04 Nr. 3.1) des
Landes Nordrhein-Westfalen geregelt. Diese sieht sowohl für die Regelschulen als auch die Förderschulen denselben Grundsatz bezüglich der Entfernungen vor: in der Primarstufe gilt als Entfernungsgrenze (mehr als) 2 km, in der Sekundarstufe I (sowie der Jahrgangsstufe 10 des Gymnasiums33) 3,5 km und in der Sekundarstufe II 5 km. Die Kosten der Schülerbeförderung trägt
grundsätzlich der Träger der besuchten Schule. In dieser Verordnung ist ebenfalls festgelegt,
dass der Eigenanteil der Eltern 12 Euro nicht überschreiten darf. Darüber hinaus ist in der
33
50
Für die 10. Jahrgangsstufe des Gymnasiums gilt eine Sonderregel, der zufolge es hierfür einen Finanzausgleich für
die Kommunen gibt.
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
SchfkVO festgelegt, wann die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel als zumutbar angesehen
wird. Dies ist zum einen der Fall, wenn die Summe der Fußwegstrecken von der nächsten Haltestelle zur Wohnung und zur Schule nicht länger als ein bzw. zwei Kilometer beträgt.34 Darüber
hinaus ist die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar, wenn „der regelmäßige
Schulweg auch bei Ausnutzung der günstigsten Verkehrsverbindungen für die Hin- und Rückfahrt zusammengerechnet mehr als drei Stunden in Anspruch nimmt oder die Schülerin oder der
Schüler überwiegend vor sechs Uhr die Wohnung verlassen muss“ (§ 13 Abs. 3 S. 1 SchfkVO).
Aus dem zweiten oben genannten Grund fallen aber – auch bei Schülern mit Lern- und
Entwicklungsstörungen – die Beförderungskosten nicht automatisch auf das Niveau des ÖPNV
(jährliche Ausgaben des Schulträgers pro Schüler etwa 230 Euro35) zurück oder entfallen gänzlich, sobald Schüler mit Förderbedarf wohnortnah beschult werden, da sich der Bedarf an Spezialverkehr unabhängig von der Länge bzw. Dauer des Schulweges ergeben kann: „Unabhängig
von der Länge des Schulweges entstehen Fahrkosten notwendig, wenn die Schülerin oder der
Schüler nicht nur vorübergehend aus gesundheitlichen Gründen oder wegen einer geistigen
oder körperlichen Behinderung ein Verkehrsmittel benutzen muss“ (§ 6 Abs. 1 S. 1 SchfkVO).
Praktisch ergibt sich der Anspruch auf Schülerspezialverkehr bei Schülern aller Förderschwerpunkte, einschließlich des Schwerpunktes Lernen, aufgrund der (in der Regel ärztlich attestierten) eingeschränkten Befähigung, den Schulweg selbstständig zu bewältigen.
Für die Stadt Essen liegt eine detaillierte Aufstellung der Beförderungskosten für Schüler
an Förderschulen vor. Hier entfallen im Jahr 2012 etwa 90% der Beförderungskosten für Schüler
mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Höhe von insgesamt rund 2,5 Millionen Euro auf den
Schülerspezialverkehr. Auch bei den Förderschwerpunkten Lernen, Emotionale und soziale
Entwicklung (rund 80% der Beförderungskosten in diesen Förderschwerpunkten) und beim
Förderschwerpunkt Sprache (zu 100%) entstehen Beförderungskosten vor allem durch Spezialtransporte. Diese Werte lassen vermuten, dass sich der Bedarf an Schülerspezialverkehr nicht
allein aufgrund der Entfernung zur Schule ergibt, da im städtischen Raum Essen öffentliche Verkehrsmittel gut ausgebaut und die Erreichbarkeit eines entfernten Stadtteils in der Regel innerhalb der zumutbaren Zeit (laut SchfkVO) möglich ist.
Im Durchschnitt ergeben sich in Essen im Jahr 2012 für Schüler mit Förderschwerpunkt
Geistige Entwicklung Beförderungskosten von 1.700 Euro bis 2.600 Euro je Schüler, für Schüler
mit Förderbedarfen im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) ergeben sich stark
schwankende Durchschnittskosten zwischen 140 Euro und 4.300 Euro je Schüler in Abhängig-
34
35
„Die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist in der Regel zumutbar, wenn die Länge der einfachen Fußwegstrecke zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle sowie zwischen der zur Schule nächstgelegenen Haltestelle und der Schule oder dem Unterrichtsort für die Schülerin oder den Schüler der Grundschule,
der entsprechenden Klassen der Förderschule und des Förderschulkindergartens insgesamt nicht mehr als 1,0 km
und für die Schülerin oder den Schüler der übrigen Klassen insgesamt nicht mehr als 2,0 km beträgt“ (§ 13 Abs. 2
SchfkVO).
Dabei ist der mögliche Eigenanteil der Eltern (12 Euro/Monat) bereits eingerechnet.
51
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
keit der besuchten Förderschule; der Durchschnitt kann mit rund 700 Euro pro Schüler und Jahr
angegeben werden. Dabei ist anzunehmen, dass dieser Durchschnitt durch aus anderen Kommunen einpendelnde Schüler, die in Essen eine Förderschule im Bereich LES besuchen, nach
oben verzerrt ist. Diese Vermutung wird auch dadurch gestützt, dass der Landschaftsverband
Westfalen-Lippe, dessen Förderschulen ein großes Einzugsgebiet haben, für das Jahr 2013 im
Schwerpunkt Sprache durchschnittlich 465 Euro, im Schwerpunkt Hören und Kommunikation
752 Euro und im Schwerpunkt Sehen 575 Euro je Schüler für den Schülerspezialverkehr ansetzt.
Um in den folgenden Berechnungen das Einsparpotential bei den Schülerbeförderungskosten,
das sich durch die Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes ergeben würden, nicht zu
unterschätzen, wird im Bereich LES von durchschnittlichen Beförderungskosten von derzeit 700
Euro ausgegangen.
Wie bei den Lehr- und Lernmitteln ist die zu erwartende Kostenentwicklung auch davon
abhängig, ob Schüler, die einen Spezialtransport auch bei wohnortnaher Beschulung in Anspruch nehmen müssen, sich so auf die Regelschulen verteilen, dass gegebenenfalls mehr Fahrten mit jeweils weniger Schülern stattfinden. Sofern das Ziel dasselbe ist (die nächste Förderschule), kann ein einzelnes Sammeltaxi oder Spezialfahrzeug die Schüler in einer günstigen Reihenfolge abholen. Wenn sich die Schüler auf verschiedene Schulen verteilen, wie dies für die
jeweils wohnortnächste allgemeine Schule zu erwarten ist, ist dies unter Umständen nicht mehr
möglich, zumindest nicht in laut SchfkVO „zumutbarer Streckenführung“. Somit können sogar
zusätzliche Fahrtkosten in diesem Bereich entstehen. In dicht besiedelten Gebieten ist dies möglicherweise weniger bedeutsam, im ländlichen Raum jedoch ist es ein wahrscheinliches Szenario.
Ein weiterer kostenrelevanter Aspekt ist der Transport von Schülern mit körperlichen
oder motorischen Beeinträchtigungen, die häufig auf Rollstuhltransporte angewiesen sind. Diese
besonders kostenintensive Beförderungsart könnte vermehrt in den Zuständigkeitsbereich der
Kommune fallen, wenn sich Eltern dieser Kinder für die Beschulung an einer allgemeinen Schule
entscheiden. Bislang sind hierfür aufgrund der Trägerschaft der entsprechenden Schulen die
Landschaftsverbände zuständig. Die Stadt Bocholt verausgabt jedoch für ein körperbehindertes
Kind im Gemeinsamen Unterricht rund 3.600 Euro jährlich für die Taxibeförderung. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe setzt im Jahr 2013 durchschnittlich rund 2.700 Euro je Schüler
mit Körperbehinderung an.
Hinsichtlich der Schülertransportkosten ist für die Abschätzung der kommunalen Folgekosten festzuhalten: Kommt es im Zuge der Inklusion zu Verschiebungen zwischen Schulträgern
(z. B. von einem Landschaftsverband in Richtung einer Kommune oder zwischen Städten und
Gemeinden innerhalb eines Kreises), was insbesondere für Förderschüler außerhalb der Lernund Entwicklungsstörungen der Fall ist, so entstehen dem Träger der allgemeinen Schule zusätzliche Kosten für die Schülerbeförderung. Hier ist bei Schülern mit Förderschwerpunkt Geistige
52
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Entwicklung oder Körperliche und motorische Entwicklung nicht davon auszugehen, dass bei
Besuch der allgemeinen Schule auf den Spezialverkehr verzichtet werden kann. Für diesen Spezialverkehr wird ein Ansatz in Höhe von rund 2.500 Euro pro Schüler und Jahr gewählt, obwohl
die Angaben aus einigen Kommunen weit höher liegen. Dies ist also ein sehr vorsichtiger bzw.
konservativer Schätzwert. Für die Schwerpunkte im Bereich Hören und Kommunikation sowie
Sehen erscheinen entsprechende Ansätze von 600 EUR pro Schüler und Jahr sinnvoll.
In Fällen, in denen sich der Schulträger nicht ändert (weil alternativ zur allgemeinen
Schule eine öffentliche Förderschule innerhalb derselben Kommune besucht würde), so ist von
finanziellen Entlastungen des Schulträgers auszugehen, die sich vor allem im Bereich der Lernund Entwicklungsstörungen (LES) ergeben. Hier wird für kreisfreie Städte angenommen, dass
sich die Durchschnittsausgaben je Schüler mit LES um 470 Euro reduzieren lassen, d. h. es werden für jeden Schüler mit LES nur noch die Ausgaben in Höhe der ÖPNV-Beförderungskosten
angesetzt. Für Schüler der Primarstufe erscheint dieser Ansatz bei konsequent wohnortnaher
Beschulung (die Schule wäre prinzipiell zu Fuß erreichbar) zwar unter Umständen zu hoch; er
trägt aber der Tatsache Rechnung, dass offenbar ein Großteil der Kinder den Schulweg nicht
selbstständig bewältigen kann und daher ein bestimmter (unbekannter) Anteil der Schüler auch
weiterhin auf Spezialtransporte angewiesen sein wird. Werden stattdessen Kreise betrachtet, so
erscheint es aufgrund der im Durchschnitt größeren und stärker variierenden Distanzen sinnvoll, nicht mit einem Pauschalbetrag zu arbeiten, sondern die potentiellen Einsparungen mit der
Verringerung der räumlichen Distanz zur Schule zu gewichten. Das bedeutet, verkürzt sich der
Schulweg (Luftlinie) um 30%, so reduzieren sich auch die Beförderungskosten (ausgehend von
durchschnittlich 700 Euro) um 30% auf im Durchschnitt 462 Euro.36
Insgesamt können die Auswirkungen der Inklusion auf die Entwicklung der Schülerbeförderungskosten nur grob abgeschätzt werden, da keine Informationen zum Fixkostenanteil
und zum variablen Kostenanteil vorliegen (Entfernung zur Schule). Eine genauere Abschätzung
wäre nur auf Basis von Individualdaten möglich, die neben der besuchten Schule und dem Förderbedarf des Schülers auch dessen genaue Wohnadresse beinhalten müssten. Diese Informationen stehen den Gutachtern jedoch nicht zur Verfügung.
Barrierefreiheit
Bei inklusiver Beschulung nehmen Kosten für Umbaumaßnahmen einen hohen Stellenwert ein.
Diese Kostenart ist besonders evident und somit auch in der öffentlichen Wahrnehmung präsent, wenn es um die Folgekosten integrativer Beschulung geht. Es handelt sich bei solchen Ausund Umbauten der Schulgebäude und Unterrichtsräume zwar in aller Regel um einmalige, aber
besonders kostenintensive Investitionen. Da je nach den baulichen Gegebenheiten an den Schu36
Auch die Stadt Bocholt im Kreis Borken hat für den Taxitransport von drei Schülern mit sonderpädagogischem
Förderbedarf Ausgaben von jährlich zwischen 440 Euro und 500 Euro ermittelt.
53
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
len große Unterschiede hinsichtlich des Aufwands entstehen, der zum barrierefreien Umbau
notwendig ist, ist eine allgemeine Schätzung der zu erwartenden Kosten schwierig. Ein übliches
Verfahren zur Beurteilung von Umbaumaßnahmen ist daher die Begutachtung durch Experten
hinsichtlich der Eignung der einzelnen Gebäude für einen Umbau unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.37
Umgangssprachlich ist mit Barrierefreiheit von Gebäuden deren Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer gemeint. Diese Sichtweise greift aber entschieden zu kurz, da die Voraussetzungen,
die erfüllt sein müssen, damit sich ein Schüler in einem Schulgebäude gefahrenlos orientieren
und bewegen kann, stark nach der Art des Förderbedarfs bzw. der Behinderung variieren und
nicht lediglich auf Rollstuhlfahrer beschränkt werden können. Schüler mit Förderbedarfen im
Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen benötigen kaum spezielle bauliche Vorkehrungen, während diese bei Aufnahme von Schülern mit Förderbedarf in den Bereichen Geistige
Entwicklung, Sehen, Hören und Kommunikation sowie Körperliche und motorische Entwicklung
unabdingbar sind. Die Ausstattung der Schulen, Schulräume und Flure kann sich dabei an Kriterien orientieren, die von den Landschaftsverbänden entwickelt wurden.38 Hinsichtlich des
grundsätzlichen Raumbedarfs, z. B. Größe von Klassenräumen, können Informationen aus den
Grundsätzen für die Aufstellung von Raumprogrammen für allgemeine Schulen und Förderschulen (BASS 10-21 Nr. 1) gewonnen werden. Dieser Runderlass ist zwar seit Ende 2010 außer
Kraft; in Ermangelung einer rechtlichen Nachfolgeregelung liefert er aber dennoch wichtige
Hinweise für die generelle Ausstattung der Schulen.
Für Schüler mit körperlichen Behinderungen, die oftmals zielgleich unterrichtet werden
und sich demzufolge auf alle Schulformen verteilen können, sind Umbaumaßnahmen erforderlich, die besonders hohe Kosten mit sich bringen. Hier sind zu nennen: Rampen, Behindertentoiletten, Aufzüge. Neben diesen räumlichen Gegebenheiten, die für einzelne Schülergruppen unerlässlich sind, sind einige weitere räumliche Merkmale für das Gelingen des Gemeinsamen Unterrichts notwendig. Damit die Qualität des Unterrichts an allgemeinen Schulen im Vergleich zu
Förderschulen nicht wesentlich abnimmt, sind entsprechende Räume und eine angemessene
Raumgestaltung unerlässlich. Raumarten, die in inklusiven Schulen und besonders bei Aufnahme von Kindern und Jugendlichen mit Lern- und Entwicklungsstörung sinnvoll sind, sind unter
anderem Differenzierungsräume, Bewegungsräume, Rückzugsräume und Räume des (offenen)
Ganztags.
37
38
54
Für die beiden in der vorliegenden Studie beispielhaft betrachteten Kommunen wurde der räumliche Ausbaustand
jeder einzelnen Schule bewertet. Hieraus wird der Investitionsbedarf je Schule bestimmt, die in den Modellrechnungen Schüler mit Förderbedarf aufnimmt (vgl. hierzu genauer Abschnitt 3.3).
Diese Kriterien sind auf Anfrage beim Landschaftsverband Rheinland und beim Landschaftsverband WestfalenLippe erhältlich.
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Rampen
Rampen dienen Rollstuhlfahrern dazu, kleinere Hindernisse und wenige Treppenstufen zu
überwinden. Die Art, Größe und Zahl der Rampen, die in einem Schulgebäude benötigt werden,
um barrierefreien Zugang für körperbehinderte Schüler herzustellen, kann stark variieren.
Schon für einzelne Rampen liefern die Recherchen sehr unterschiedliche Ergebnisse zu den Ausgaben. In einigen Fällen hat der Einbau einer Rampe rund 2.600 Euro gekosten (z. B. Stadt Bochum); es finden sich im Kreis Borken aber auch Beispiele von 35.000 Euro bis 42.000 Euro
(Stadt Bocholt) für eine Rampe auf einem Schulhof bis hin zu Kosten in Höhe von 60.000 Euro
(ebenfalls Stadt Bocholt). Im Durchschnitt liegen die Kosten pro nachträglich eingebaute Rampe
bei 20.000 Euro.
Aufzüge
Aufzüge zählen zu den besonders teuren Anschaffungen im Zuge des barrierefreien Um- und
Neubaus von Schulen. Erfahrungswerte aus den Kommunen zeigen auch hier eine enorme Variation in den notwendigen Ausgaben. Im Kreis Borken wurden als konkrete Beispiele bereits geplanter und erfolgter Baumaßnahmen für Aufzüge Kosten von ca. 70.000 Euro (Reken, Ahaus,
Gronau) bis 100.000 Euro (ebenfalls Gronau) angegeben, die Stadt Dortmund ermittelte Kosten
von über 500.000 Euro für einzelne Aufzüge. Bei vorsichtiger Schätzung kann von Kosten je Aufzug von 100.000 Euro ausgegangen werden.
Ob ein Aufzug gebraucht wird, hängt wieder von den örtlichen Gegebenheiten ab. Im
Einzelfall können Schulen Klassenräume so verteilen, dass sich der Klassenraum des betroffenen
Kindes im Erdgeschoss befindet. Eine solche Minimallösung ist aber bei einer größeren Zahl von
Schülern mit einer körperlichen Behinderung gerade an weiterführenden Schulen nicht praktikabel, da sich Fachräume üblicherweise auf das gesamte Schulgebäude verteilen. Sofern mittelbis langfristig für Schüler mit Förderbedarf systemische, allgemein übliche und nicht mehr Regelungen mit Sonderstatus gefunden werden sollen, ist die Herstellung räumlicher Barrierefreiheit
durch Aufzüge und Rampen an allen Schulen unumgänglich.
Dieser Standard wird in der vorliegenden Studie jedoch nicht angelegt. Zur vorsichtigen
Schätzung der kommunalen Folgekosten wird angenommen, dass Barrierefreiheit für Körperbehinderte an Grundschulen durch Rampen hergestellt werden kann und hier keine Aufzüge benötigt werden. Auch wenn dies im Einzelfall nicht zutreffen muss, so lässt sich diese Annahme doch
dadurch rechtfertigen, dass an Grundschulen durch das Lernen im Klassenverband die durchgehende Unterrichtung im Erdgeschoss des Schulgebäudes eher realisiert werden kann als an weiterführenden Schulen. Weiterhin wird angenommen, dass die Investition in einen Aufzug an
weiterführenden Schulen die Schaffung eines barrierefreien Zugangs zum Schulgebäude einschließt.
55
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Behindertentoiletten sowie Wasch- und Wickelräume (Hygienebereich)
Die Bereitstellung von behindertengerechten Toiletten sowie von Wasch- und Wickelräumen
kann weitere Baumaßnahmen erfordern. Sie werden insbesondere von körperlich-motorisch
und geistig Behinderten benötigt. Erfahrungswerte einzelner Schulträger im Kreis Borken weisen auf Kosten von in der Regel rund 10.000 Euro hin, die im Folgenden angesetzt werden. Auch
findet sich eine große Variation in den Ausgaben der Schulträger (Beispiele sind Wuppertal:
10.000 Euro, Bocholt: 23.000 Euro, Reken: 15.000 und 20.000 Euro, Ratingen: 16.700 Euro, Bochum: bis über 70.000 Euro).
Raumakustische, visuelle und taktile Maßnahmen
Für hör- und sprachbehinderte Kinder können raumakustische Maßnahmen erforderlich werden, beginnend mit der Ausstattung mit Teppichen in den relevanten Räumen. Die Gemeinde
Raesfeld im Kreis Borken berichtet Kosten in Höhe von ca. 5.500 Euro je Klassenraum, die im
Zuge des Umbaus einer Schule für die Aufnahme hörbehinderter Kinder für Teppichboden, Vorhänge und Schuhregale entstanden sind. Eine andere Kommune stattet im laufenden Jahr den
Ganztagsbereich mit einer Akustikdecke für ca. 15.000 Euro aus. In Bochum beliefen sich entsprechende Ausgaben in einer Grundschule auf 21.000 Euro.
Daneben benötigen Schüler mit Sinnesbehinderungen visuelle und taktile Orientierungshilfen, z. B. sich verändernde Bodenbeläge zwischen Räumen, entsprechende Gestaltung der
Flure und Treppenhäuser, visuelle bzw. akustische Signalgebung, etc. Zu diesen Maßnahmen
liegen keine Kostenschätzungen vor. Es wird daher angenommen, dass für die barrierefreie Gestaltung für hör- oder sehbehinderte Schüler pro Schulgebäude jeweils Kosten in Höhe von rund
10.000 Euro entstehen.
Angemessene Raumausstattung
Zu den Räumen, die nicht nur für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf empfohlen
werden, zählen weitere – teilweise spezielle – Gruppen- und Aufenthaltsräume. Diese Raumarten erhalten im Zusammenhang mit inklusiver Beschulung einen höheren Stellenwert. Es besteht in Wissenschaft und Praxis ein Konsens darüber, dass zur angemessenen Förderung von
Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, gerade bei zieldifferentem Unterricht, ein
ausreichend großes Raumangebot vorgehalten werden muss.
Damit sind Gruppen- und Aufenthaltsräume insbesondere bei Aufnahme von Schülern
mit Förderbedarfen Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) und Geistige Entwicklung (GG)
wichtig, denn Schüler mit LES können im Hinblick auf ihre Bedarfe nicht wie Regelschüler behandelt werden. Trotz fehlender körperlicher Beeinträchtigungen ist für diese Schülerschaft ein
höherer Raumbedarf anzusetzen. Dieser Raumbedarf kann wiederum anhand des Runderlasses
56
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
zu den Grundsätzen für die Aufstellung von Raumprogrammen (vgl. BASS 10 – 21 Nr. 1) beschrieben werden, an dem sich die Schulträger nach wie vor orientieren (vgl. oben).
Für Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen werden sowohl mehr Räume als auch
eine höhere Quadratmeterzahl je Schüler empfohlen. Für eine zweizügige Förderschule mit dem
Schwerpunkt Lernen sind insgesamt 16 Unterrichtsräume und drei Quadratmeter pro Schüler
veranschlagt, während es in einer zweizügigen Schule des Sekundarbereichs I 12 Räume und
zwei Quadratmeter pro Schüler sind. Diese Anforderung an den räumlichen Mehrbedarf wird in
der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt, da ausschließlich bestehende Schulen betrachtet
werden, in denen die Klassenräume nicht einfach vergrößert werden können; vielmehr wird der
Mehrbedarf an Raum je Schüler explizit durch die Varianten zur Klassenbildung berücksichtigt,
in denen kleinere Lerngruppen zugelassen werden. Wie bereits in Abschnitt 3.1.5 erläutert wurde, ist auch aus Platzgründen (z. B. auch durch die Anwesenheit von Integrationshelfern, Pflegern und Therapeuten) im Rahmen der Inklusion mit kleineren Lerngruppen zu kalkulieren, was
aber im Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz nicht vorgesehen ist (es sei denn, die
zusätzlich veranschlagten Lehrerstellen würden klassenbildungswirksam, vgl. dazu auch Abschnitte 2.5 und 3.1.5).
In den Grundsätzen zum Raumprogramm wird weiter darauf hingewiesen, dass die Aufstellung für den Förderschwerpunkt Lernen auch für die anderen Förderschwerpunkte gültig ist,
mit Ausnahme der Behinderungsarten mit spezifischem Mehrbedarf. Ausdrücklich wird in diesem Zusammenhang auch auf den gemeinsamen Unterricht hingewiesen:
„Der Raumbedarf für die Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen ist in der
Tabelle (Anlage) ausgewiesen. Für andere Förderschwerpunkte ist der Raumbedarf in analoger Anwendung der Tabelle zu ermitteln. Behinderungsbedingter Mehrbedarf entsprechend den in der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht
und die Schule für Kranke (AO-SF – BASS 13 – 41 Nr. 2.1) festgelegten Förderschwerpunkten
entsteht bei den übrigen Förderschulen oder an allgemein bildenden Schulen, sofern dort
gemeinsamer Unterricht für behinderte und nichtbehinderte Schülerinnen und Schüler stattfindet. Hierzu gehören zum Beispiel Therapie- und Gymnastikräume, Abstellflächen für
Rollwagen, Sanitär- und Wickelräume, Räume zur Durchführung von Diagnosemaßnahmen.“
(BASS 10 – 21 Nr. 1)
Die Quadratmeterzahlen sind als Schülerpauschale angegeben, wie groß der Anteil oder die Anzahl der Förderschüler ist, für die ein erhöhter Raumbedarf vorgehalten werden soll, ist dem
Erlass nicht zu entnehmen. Jedoch werden bestimmte Raumarten für Förderschulen aufgeführt,
deren Einrichtung an anderen Schularten nicht festgesetzt wurde: Mehrzweckräume39, Gruppenräume und Testräume. Bei einer zweizügigen Förderschule handelt es sich um zwei Mehrzweckräume, 16 Gruppenräume und zwei Testräume. Besonders Differenzierungs-, Bewegungs-
39
Mehrzweckräume sollen auch an Grundschulen vorgehalten werden.
57
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
und Rückzugsräume werden häufig als spezielle Mehrzweck- und Gruppenräume an Schulen
eingerichtet. Hinzu kommen Räume des Ganztagsbereichs.
Differenzierungsräume
Differenzierungsräume werden im nicht integrativen Unterricht zur Gestaltung der Binnendifferenzierung genutzt, mit der individuelles Lernen gefördert werden soll. Diese zusätzlichen Räume, die eine Aufspaltung von Gruppen erlauben, sind nicht nur unter dem Gesichtspunkt zieldifferenten Unterrichtens besonders bedeutsam. Auch bei zielgleichem Unterricht kann durch Bildung von Lerngruppen und Schaffung von Lernecken den Bedürfnissen der Schüler mit Förderbedarf Rechnung getragen werden. Verbindliche Standards zu Notwendigkeit und Anzahl der
Differenzierungsräume existieren derzeit nicht. Daraus resultieren diesbezüglich unterschiedliche Standardsetzungen und Einschätzungen in den nordrhein-westfälischen Kommunen. Aus
dem oben erwähnten Runderlass zu den Grundsätzen für Raumprogramme und den Raumprogrammen des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe wird jedoch ersichtlich, dass an Förderschulen jeder Lerngruppe ein Gruppenraum zugeordnet ist, der etwa die Hälfte der Größe des
Klassenraums hat und dem Klassenraum direkt räumlich angegliedert ist. Daher finden sich
auch an allgemeinen Schulen Differenzierungsräume, die von je zwei Klassenräumen beidseitig
und direkt zugänglich sind. Häufig wird aber ein Differenzierungsraum von vier oder mehr Klassen gemeinsam genutzt. Bei der Schätzung der inklusionsbedingten kommunalen Kosten wird
die pädagogisch wünschenswerte Variante (zwei Klassen teilen sich einen Differenzierungsraum) in Kombination mit der erweiterten Reformvariante zur Klassenbildung (‚kleine Klassen‘)
berücksichtigt. Ansonsten wird zur vorsichtigen Schätzung der Folgekosten eine eingeschränktere Ausstattung der Schulen simuliert, bei der bis zu zehn Schüler mit Förderbedarf einen Differenzierungsraum gemeinsam nutzen. Bei dieser Variante wird zudem unterstellt, dass sich dieser Raum auch ‚irgendwo‘ im Schulgebäude befinden kann.
Bewegungsräume
Sogenannte Bewegungsräume bieten den Schülern die Gelegenheit, ihre motorischen Fähigkeiten zu verbessern und zugleich Bewegung und Lernen miteinander zu verbinden. Sie finden sich
selten an Regelschulen, können jedoch ebenso von Regelschülern für didaktische Zwecke genutzt werden.
Rückzugsräume
Auch Rückzugsräume werden von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Förderschulen vorgehalten. Stille Rückzugsräume (auch: ‚Snoezelenräume‘) können mit besonderem
Licht und Liegen ausgestattet werden. Der Landschaftsverband Rheinland hat Kriterien erarbei58
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
tet, die angesichts fehlender rechtlicher Grundsätze für einzelne Behinderungsarten berücksichtigt werden sollten.40 Hierzu zählt der flexiblere Umgang mit Räumen, sowohl Klassenräumen,
als auch allen anderen Raumarten, um den Aufgaben im Rahmen inklusiver Beschulung gerecht
werden zu können, z. B. auch für Fallbesprechungen oder Beratungen.
Lehrküchen/Hauswirtschaftsräume und Werk-/Technikräume
Für den zieldifferenten Unterricht in der Sekundarstufe I müssen Lehrküchen und Werk- bzw.
Technikräume zur Verfügung stehen (jeweils eine/r pro Schule).
Hinsichtlich der räumlichen Ausstattung der allgemeinen Schulen, die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen, wird bei der Abschätzung der kommunalen Folgekosten
zunächst davon ausgegangen, dass vorhandene Räume, die nicht anderweitig genutzt werden, zu
Differenzierungs-, Bewegungs- und Ruheräumen umgebaut werden können. Weiterhin wird der
Bedarf an Differenzierungsräumen unter den oben beschriebenen Annahmen geschätzt. Es wird
angenommen, dass damit auch der Bedarf an Ruhe- und Bewegungsräumen abgedeckt werden
kann, obwohl dies im Vergleich zu den Standards an Förderschulen eine eingeschränktere Ausstattung der allgemeinen Schulen und damit eine konservative Schätzung des Raumbedarfs darstellt. Auch die Angaben aus den Kommunen zeigen, dass umgebaute Räume so angelegt wurden, dass sie sowohl zur Differenzierung im Rahmen des Unterrichts als auch für Ausgleichsphasen genutzt werden können. Entsprechende Angaben zu den Umbaukosten liegen in Reken, Südlohn und Velen zwischen 10.000 Euro und 12.000 Euro. Für jeden vorhandenen Raum, der in
einen inklusionsbezogenen Mehrzweckraum umgebaut wird, werden daher Umbaukosten in
Höhe von 10.000 Euro veranschlagt. Zumindest wenn Schüler mit Förderbedarf Körperlichmotorische Entwicklung und/oder Geistige Entwicklung an einer Schule aufgenommen werden,
sollte ein Raum für Therapie- und Pflegemaßnahmen eingerichtet werden. Zu den Umbaukosten
für die Bereitstellung eines solchen Raumes liegt den Autoren nur eine Angabe aus der Stadt
Gronau vor, die für einen geplanten Schulneubau die Ausgaben für einen medizinischen Bereich
auf mindestens 10.000 Euro schätzt. Daher wird auch hier je Therapie-/Pflegeraum mit Umbaukosten von 10.000 Euro gerechnet. Gleiches gilt jeweils für die Einrichtung einer Lehrküche bzw.
eines Werkraumes für den zieldifferenten Unterricht in der Sekundarstufe I.
Zusätzlicher Raumbedarf
Im Rahmen der Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem und dem damit verbundenen
Mehrbedarf an Räumen können die an einer Schule vorhandenen Räume gegebenenfalls nicht
ausreichen. Aber auch Schulgebäude, die aufgrund von Standortschließungen zur Verfügung
40
Diese Kriterien sind auf Anfrage beim Landschaftsverband Rheinland erhältlich.
59
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
stehen, können nicht ohne weiteres wieder als Schulen genutzt werden und damit einen entstehenden Engpass ausgleichen. Die Recherchen bei verschiedenen Schulträgern haben ergeben,
dass geschlossene Schulstandorte in der Regel kurzfristig veräußert werden. Zudem sind geschlossene Schulen als Standort neuer Schulen oder als neuer Teilstandort in der Regel aufgrund
ihres Alters und des baulichen Zustandes nicht geeignet, d. h., sie genügen neueren Standards für
Raumprogramme nicht oder sind sanierungsbedürftig.
Sofern die Räume an den allgemeinen Schulen nicht ausreichen, dürften also in der Regel
Erweiterungs- bzw. Neubauten notwendig werden. Die Kosten hierfür können anhand der Bauund Einrichtungskosten je Quadratmeter Fläche abgeschätzt werden. Die Fläche eines Klassenoder Mehrzweckraums wird dabei einheitlich anhand des Bedarfs von 2,5 m2 je Schüler multipliziert mit 24 Schülern je Klasse angenommen.41 Zu den Baukosten je Quadratmeter gibt die
Stadt Wuppertal 1.800 Euro an, in Bochum sind es 2.500 Euro je Quadratmeter. Diese Angabe
stimmt mit dem von Klemm (2012) verwendeten Wert überein, der in seiner Studie zu den Kosten eines Ausbaus der Ganztagsschulen zwei Quellen angibt, nach denen die Ausgaben je Quadratmeter zwischen 2.100 und 3.000 Euro liegen. Dies deckt sich auch mit den Kostenrichtwerten
für Schulbauzuschüsse durch die Landesbank Baden-Württemberg (2.290 Euro bei Grundschulen, 2.400 Euro bei Haupt-, Real- und Förderschulen; Stand: 2006).42 In der vorliegenden Studie
werden Kosten je Quadratmeter von 2.000 Euro angesetzt. Damit belaufen sich die geschätzten
Kosten für einen neu zu errichtenden Klassen- oder Mehrzweckraum auf 120.000 Euro. Unberücksichtigt bleiben die mit dem zusätzlichen Raumbedarf ebenfalls steigenden Ausgaben für
Unterhaltung und Instandhaltung dieser Räume.
Ganztagsbereich
Förderschulen sind in aller Regel Ganztagsschulen und bieten am Nachmittag weitere Unterstützungsangebote, deren Bedeutung für eine gelingende Entwicklung in Richtung eines inklusiven
Schulsystems bereits in Abschnitt 2.3 erläutert wurde. Da davon auszugehen ist, dass Schüler
mit sonderpädagogischem Förderbedarf ihren Bedarf an verbindlicher ganztägiger Betreuung
an allen Schultagen in die allgemeinen Schulen mitbringen, wäre ein weiterer und forcierter
Ausbau der Ganztagsangebote insgesamt und insbesondere der gebundenen Ganztagsschule die
Konsequenz. Vor dem Hintergrund, dass es auch in Nordrhein-Westfalen ein erklärtes bildungspolitisches Ziel ist, die gebundene Ganztagsbetreuung weiter auszubauen, erscheint es zwar
41
42
60
Zur Vereinfachung der Darstellung wird hier nicht weiter nach den Schulformen unterschieden. An Grundschulen
würden die Klassen- und Mehrzweckräume etwas größer ausfallen (24 entspricht dem aktuellen Klassenfrequenzrichtwert), an Real- und Gesamtschulen wären mehr Schüler pro Klasse zu berücksichtigen, deren Raumbedarf pro Schüler aber laut den Grundsätzen für die Aufstellung von Raumprogrammen auch etwas niedriger anzusetzen wäre (2,25 m2 je Schüler, vgl. BASS 10-21 Nr.1).
Richtlinien für die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung des Schulhausbaus kommunaler Schulträger
(Schulbauförderungsrichtlinien – SchBauFR), Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums, Finanzministeriums
und Innenministeriums [Baden-Württemberg] vom 3. Februar 2006, Az.: 24 - 6440.02/100.
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
nicht angemessen, entsprechende Bau- und Erweiterungsmaßnahmen in Schulen allein kausal
auf die mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz intendierte Inklusion zurückzuführen. Dennoch
würden sich durch die angestrebte, zunehmende Inklusion die Bedarfe der Schüler stark verändern und die Kommunen bereits kurzfristig mit dem Problem konfrontiert werden, dass das von
ihnen im Primarbereich nahezu flächendeckend bereitgestellte offene Ganztagsangebot diese
Bedarfe nicht mehr deckt.
Auch für den Ganztagsbereich finden sich in den Grundsätzen für die Aufstellung von
Raumprogrammen (vgl. BASS 10–21 Nr. 1) orientierungsgebende Hinweise. Der Ganztagsbereich einer einzügigen Förderschule Lernen soll 300 Quadratmeter betragen, 400 Quadratmeter
sind es bei einer zweizügigen Schule. Im Vergleich dazu werden bei einer zweizügigen Schule
des Sekundarbereichs I ohne Förderschüler mit 360 Quadratmeter und bei einer zweizügigen
Grundschule mit 240 Quadratmeter deutlich geringere Werte veranschlagt. Natürlich ist nicht
anzunehmen, dass ein flächenmäßig kleinerer Ganztagsbereich grundsätzlich gegen die Aufnahme von (weiteren) Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf spricht. Dennoch bringen Förderschüler den zusätzlichen Raumbedarf auch im Ganztagsbereich in die Schulen mit,
und nicht zuletzt ist auch ein Ganztagsbereich barrierefrei zu gestalten. Nimmt man an, dass eine
entsprechende Erweiterung des Ganztagsbereichs auf den Standard an einer Förderschule z. B.
an einer zweizügigen Grundschule baulich umgesetzt werden kann,43 so lassen sich die nötigen
Investitionen überschlägig mit 320.000 Euro (160 zusätzliche m2 x 2.000 Euro) angeben. Das
bedeutet: Für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass die aufwachsenden Bedarfe an verbindlicher Betreuung im gebundenen Ganztag minimal ausfallen und nur 15 Grundschulen in ganz
Nordrhein-Westfalen die beschriebene baulich-räumliche Erweiterung erfahren würden, wäre
damit bereits die Erheblichkeitsschwelle der kommunalen Folgekosten im Sinne des KonnexAG
überschritten. Und dabei wird nur der Raum für den Ganztagsbereich insgesamt betrachtet und
weitere notwendige Investitionen, z. B. für die Kücheneinrichtung, nicht berücksichtigt.
Von Relevanz dürften auch die zusätzlich im Ganztagsbetrieb anfallenden Personal- und
Sachkosten sein. Die Betreuungskosten des Ganztagsbetriebs werden gemeinsam von Land und
Kommune getragen und es ist zunächst darzustellen, von welchem kommunalen Kostenbeitrag
hier ausgegangen werden kann. Für eine Betreuungspauschale für Grundschulen kann die
Kommune beim Land einen Antrag stellen. Zudem zahlt das Land im Fall einer Bewilligung je
Schüler im offenen Ganztagsangebot einer Grundschule einen Festbetrag von 700 Euro, der
durch 235 Euro ergänzt werden kann, wenn auf die Zuweisung von 0,1 Lehrerstellen je Schüler
verzichtet wird. Auch die Kommunen entrichten je Schüler einen Pflichtanteil von 410 Euro. Für
den gebundenen und offenen Ganztag in der Sekundarstufe I sind im Fall der Förderung durch
das Land keine Eigenanteile der Kommunen vorgesehen. Förderschulen erhalten im gebunde43
Zu beachten ist, dass in der vorliegenden Studie bestehende Schulen betrachtet werden, bei denen es unwahrscheinlich erscheint, dass der Ganztagsbereich auf einfachem Wege erweitert werden kann.
61
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
nen Ganztag eine Zuweisung in Höhe von 20% der Grundstellenzahl. Hauptschulen im erweiterten Ganztag sowie Förderschulen erhalten 30% der Grundstellenzahl. Die Schülerpauschale bei
Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf liegt erheblich höher: Hier wird der doppelte
Betrag (1.400 Euro) gewährt, zudem eine Ergänzung um 490 Euro im Fall des Verzichts auf
0,1 Lehrerstellen. Eine weitere Pauschale von 5.500 Euro wird den Schulen „[f]ür andere Betreuungsformen an einer offenen Ganztagsschule (zum Beispiel Frühstücksangebote, Vor- und
Übermittagbetreuung, Silentien, Angebote nach 16 Uhr, ergänzende Ferienangebote sowie in
Einzelfällen auch bei besonderen Förderangeboten vor 16 Uhr)“ (Rd. Erl. d. Ministeriums für
Schule, Jugend und Kinder v. 12.2.2003, ABl. NRW. S. 43) gewährt. Diese Schulpauschale wird
mit 6.500 Euro an Förderschulen ebenfalls höher angesetzt. Dass Förderschüler in der Offenen
Ganztagbetreuung wesentlich kostenintensiver sind als andere Schüler, wird durch diese Zuweisungspraxis anerkannt.
Für weiterführende Schulen stellt das Land Mittel im Rahmen des Programms ‚Geld oder
Stellen‘ für den Ganztagsbetrieb in der Höhe von 5.000 Euro je Verzicht auf 0,1 Lehrerstelle bereit (vgl. BASS 11 – 02 Nr. 24) – die Zuweisung von Lehrerstellen basiert auf der Anzahl der
Schüler und der Form des Ganztagsbetriebs (offen, gebunden); darüber hinaus wird ein höherer
Zuschlag für Hauptschulen und gebundene Förderschulen gewährt.
Dass die Förderung durch das Land nicht kostendeckend ist, wird in den Förderrichtlinien des Landes deutlich: „Mit der Pauschale ist kein Anspruch einer offenen Ganztagsschule auf
Zuweisung in voller Höhe verbunden.“ Ein freiwilliger Zuschuss des Landes über diese Förderung hinaus ist somit die Regel. Oft gibt es eine pauschale Zuweisung der Kommunen ab der
zweiten Gruppe im offenen Ganztag. Ab wann eine zweite Gruppe gebildet wird, kann wiederum
nicht verallgemeinert werden. Der Grundlagenerlass zu gebundenen und offenen Ganztagsschulen (vgl. BASS 12 – 63 Nr. 2) besagt hierzu: „Die Teilnehmendenzahl an den einzelnen Angeboten
beziehungsweise die Gruppengröße richtet sich nach dem Inhalt der Angebote und den individuellen Bedarfen der Schülerinnen und Schüler.“ In den Beispielkommunen konnten u. a. folgende durchschnittliche Gruppengrößen an Grundschulen ermittelt werden: 24 Schüler je Gruppe in Borken, 21 in Isselburg, 22 in Raesfeld und 26 in Essen. Es gibt jedoch auch größere Gruppen: In Heiden gibt es nur eine Grundschule mit offenem Ganztag, an der 37 Schüler das Ganztagsangebot wahrnehmen, für die nur eine Gruppe eingerichtet wurde. Zudem nehmen Schüler
an weiterführenden Schulen oftmals nicht täglich am Ganztagsangebot teil, sodass die Zahlen je
nach Wochentag variieren. An Förderschulen ist die Gruppengröße deutlich geringer: In Essen
sind durchschnittlich 12 Förderschüler in einer Gruppe.
Die Zuschüsse der Kommunen variieren stark, zumal einige Kommunen nur pauschale
Zuweisungen pro Schule und andere zusätzliche Schülerpauschalen zahlen, die teilweise an Landeszuschüsse gekoppelt sind. Über die Betreuungspauschalen hinaus fallen weitere Kosten für
die Sachausstattung an Ganztagsschulen an, sowohl für Verbrauchsartikel wie auch für Einrich62
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
tungsgegenstände. Beispiele aus dem Kreis Borken, bei denen diese verschiedenen Kostenarten
summiert wurden, zeigen starke Variationen die zwischen ca. 130 Euro und ca. 1.800 Euro je
Schüler liegen. Niedrige Beträge geben insbesondere einige kleinere Gemeinden aus, bei denen
z. B. ein Förderverein die Organisation des offenen Ganztags übernimmt oder große Teile durch
Elternbeiträge gedeckt werden (z. B. Heek oder Raesfeld im Kreis Borken). Viele Gemeinden
gewähren hierzu oftmals nur einen pauschalen Zuschuss an die Schulen. In anderen Städten und
Gemeinden fallen erheblich höhere Ausgaben an, etwa 1.700 Euro je Schüler in Ahaus, ca.
1.600 Euro in Bocholt und Heiden und ca. 1.100 Euro in Isselburg. Beispiele für Ausgaben bei
Förderschulen stammen aus den Städten Bocholt und Essen: In Bocholt werden rund 4.600 Euro
je Förderschüler ausgegeben, in Essen sind es nur für die Personalausgaben bereits rund
3.900 Euro. (Personal ist jedoch im Allgemeinen die größte Ausgabenposition, das zeigt das Beispiel Isselburg: Hier macht das Personal etwa 85% aller Ausgaben aus). Diese beispielhafte Aufstellung verdeutlicht wiederum den erheblichen Zuschlag bei Förderschülern. Da es sich nicht
um einen Pauschalbetrag handelt, sondern auch um Ausgaben für Einrichtungs- und Verbrauchsgegenstände, die bei gemeinsamem Unterricht an mehreren Schulen vorgehalten werden sollte, ist damit zu rechnen, dass die Ausgaben bei Umsetzung der Inklusion steigen.
Für die Abschätzung der kommunalen Folgekosten einer zunehmenden Integration von
Schülern mit Förderbedarf bedeutet dies zweierlei: Zum einen sollten allgemeine Schulen, die
Orte sonderpädagogischer Förderung sind oder werden können, ein Ganztagsangebot vorhalten,
das zunehmend in gebundener Form ausgestaltet sein sollte. Zum anderen entstehen bei den
durchschnittlichen laufenden Kosten des Ganztagsbetriebs je Schüler– im Gegensatz zu etwa den
Schülerbeförderungskosten - auch dann zusätzliche Ausgaben beim Schulträger, wenn Verschiebungen der Schülerzahlen zwischen Förderschulen und allgemeinen Schulen desselben Schulträgers betrachtet werden. Denn die Betreuung im Ganztag erfolgt – wie dargestellt – in Gruppen
und diese (dann kleineren) Gruppen inklusive des betreuenden Personals bestehen auch an den
Förderschulen fort, solange diese nicht aufgelöst werden. Die laufenden Kosten der Ganztagsangebote bilden daher einen Teil der Kosten, die durch das Vorhalten schulischer Doppelstrukturen (allgemeine Schulen und Förderschulen) beim Schulträger entstehen. Pro Schüler und Jahr
kann – bei vorsichtiger Schätzung unter der Annahme, dass für den Primarbereich sämtliche
möglichen Zuschüsse des Landes gewährt werden – dann von zusätzlichen, laufenden kommunalen Kosten in Höhe von rund 2.000 Euro je Schüler im Primarbereich und von mindestens
rund 4.000 Euro im Sekundarbereich I, in dem keine schülerspezifischen Landeszuschüsse gezahlt werden, ausgegangen werden. Zu beachten ist, dass Ausgaben der Schulträger für Fortbildungsbedarfe des nicht lehrenden Personals, z. B. der Erzieher im Ganztagsbereich, in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt werden.
63
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter
Neben den Integrationshelfern, die Schüler mit Förderbedarf bei der Bewältigung des Schulalltages und des Schulweges unterstützen (vgl. dazu Abschnitt 3.2.2), wird weiteres nicht lehrendes Personal an den Schulen mit Gemeinsamen Unterricht benötigt, das für übergeordnete Belange der Unterrichtsorganisation zur Verfügung und den Schülern, Lehrern und Eltern beratend
zur Seite steht. Hierzu zählen Schulpsychologen und Sozialarbeiter (vgl. hierzu auch
Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 105 ff.). Die Recherchen bei den Kommunen haben ergeben, dass
die Einbindung dieses Personals für unabdingbar erachtet wird, wenn Inklusion qualitativ
hochwertig gelingen soll. Konkrete Vorschläge, wie viel Personal mit welcher Qualifikation hierfür als notwendig zu erachten ist, werden in den Kommunen aktuell diskutiert. Erste Vorschläge
weisen darauf hin, dass je inklusiver Schule ein Schulpsychologe zur Verfügung stehen sollte, der
sich um übergeordnete Belange der Unterrichtsorganisation im Gemeinsamen Unterricht kümmert und nicht nur Schülern, Lehrern und nicht lehrendem Personal beratend zur Seite steht,
sondern auch die Elternarbeit zu Fragen des Gemeinsamen Unterrichts übernehmen könnte. Im
Zusammenhang mit der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich ist mit einem besonderen
Mehrbedarf an Unterstützung durch die Schulpsychologie zu rechnen.44 Im Schulalltag wird daneben ein Schulsozialarbeiter45 je Klassenstufe, in der gemeinsamer Unterricht stattfindet, als
sinnvoll angesehen.
Während die Ausgabenlast für die Schulsozialarbeit zum überwiegenden Teil bei den
Kommunen liegt, ist die Schulpsychologie in Nordrhein-Westfalen eine gemeinsame Aufgabe des
Landes und der Kommunen; Schulpsychologen sind sowohl beim Land als auch bei den Kommunen angestellt. Somit gehen wir im Weiteren davon aus, dass die Kommunen als Schulträger
50% dieser Ausgaben tragen. Für die Stelle eines Sozialarbeiters können jährliche Kosten von
45.000 Euro und für die Stelle eines Schulpsychologen 60.000 Euro angesetzt werden. In einer
vorsichtigen Schätzung soll weiterhin davon ausgegangen werden, dass je inklusiver Schule mit
mehr als vier Schülern (Grundschulen) bzw. mit sechs Schülern (weiterführende Schulen) mit
sonderpädagogischem Förderbedarf eine halbe Stelle eines Schulpsychologen und eine Stelle
eines Schulsozialarbeiters für die Bewältigung der beschriebenen Aufgaben ausreichend wäre,
auch wenn dies nicht den von Seiten der Kommunen sowie des lehrenden und nicht lehrenden
44
45
64
„Schulpsychologie unterstützt die Schulen, die Lehrerinnen und Lehrer sowie in den Schulen tätige pädagogische
Fachkräfte bei der Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags, sowie die Schülerinnen und Schüler sowie
die Eltern bei Schulproblemen und Erziehungsfragen mit den Erkenntnissen und Methoden der Psychologie.“
(Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 07.02.2007,
S. 2) Die Aufgabenbereiche der Schulpsychologie können u. a. folgende Angebotsformen umfassen: „Unterstützung
von Schulen bei der Entwicklung, Umsetzung und Evaluation von systemisch angelegten Förderkonzepten und
Angeboten der Beratung zur Vorbeugung, Vermeidung und Bewältigung von Lernschwierigkeiten, Lernstörungen
und Verhaltensstörungen sowie zu besonderen Begabungen; […]; Einzelfallhilfe für Schülerinnen und Schüler zur
Vorbeugung und Vermeidung von Lernschwierigkeiten und auffälligen Verhaltensweisen […]“ ( ebenda).
Bei Schulsozialarbeit handelt es sich um Kooperationen zwischen Jugendhilfe und Schule. „Schulsozialarbeit soll
wie die Jugendsozialarbeit insbesondere dazu beitragen, individuelle und gesellschaftliche Benachteiligungen
durch besondere sozialpädagogische Maßnahmen auszugleichen.“ (RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung v. 23.01.2008 zur Beschäftigung von Fachkräften für Schulsozialarbeit in Nordrhein-Westfalen, S. 2).
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Personals diskutierten Standards für den Gemeinsamen Unterricht entspricht. Dieses Personal
wird nur für inklusive Schulen mit mehr als vier bzw. sechs Schülern mit sonderpädagogischem
Förderbedarf angesetzt, weil in diesen Fällen anzunehmen ist, dass auch gesamtschulisch bzw.
jahrgangsstufenübergreifend Planungs- und Koordinierungsbedarf besteht und ein nicht unwesentlicher Beratungsbedarf bei Schülern und Eltern auftritt.
3.2.2
Kosten des Sozialhilfeträgers und des Jugendamtes
Integrationshelfer46 übernehmen gemäß SGB XII der Sozialhilfeträger oder gemäß SGB VIII das
Jugendamt – in beiden Fällen sind die Kommunen Kostenträger. Lediglich für Schüler mit Anspruch auf Behandlungspflege werden die Kosten der Integrationshilfe von der gesetzlichen
Krankenversicherung übernommen. Beim Sozialhilfeträger kann ein Antrag auf Finanzierung
von Eingliederungshilfe im Fall einer körperlichen und geistigen Behinderung gestellt werden,
beim Jugendamt ein Antrag im Fall einer seelischen Behinderung.47 Der Entscheidung über Gewährung dieser Mittel liegt eine Einzelfallprüfung zugrunde, die sich auf ärztliche oder psychologische Gutachten stützt. Ziel der Integrationshilfe ist es, den Schulbesuch von Schülern mit
Behinderungen zu ermöglichen, insbesondere den Schulbesuch von Regelschulen:
„Leistungen der Eingliederungshilfe sind neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und
55 des Neunten Buches insbesondere 1. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen
einschließlich der Vorbereitung hierzu […]“ (§ 54 Abs. 1 SGB XII).
In diesem Kontext sind die Assistenzleistungen durch Integrationshilfe vielfältig. Hierzu heißt es
im Wegweiser zum Lernen im Gemeinsamen Unterricht des Beauftragten der Bundesregierung
für die Belange behinderter Menschen (2012, S. 28): „Das Sozialamt finanziert so genannte Integrationshelfer, die betreuende, pflegende und allgemeinpädagogische Hilfen leisten. Grundsätzlich trägt der Lehrer die Verantwortung für die Wissensvermittlung. Aber auch die Integrationshelferin kann pädagogische Aufgaben unter Anleitung und Vorbereitung des Lehrers wahrnehmen. Pädagogische und pflegerische Aufgaben sind häufig nicht klar voneinander zu trennen.“ Stattdessen unterstützen sie die Schüler bei der Kommunikation, bei praktischen Dingen
des schulischen Alltags, bei der Aneignung der Unterrichtsinhalte etc.
Einheitliche Standards für die Aufgaben der Integrationshilfe gibt es allerdings nicht.
Standards gibt es ebenso wenig bei der Bezahlung und Qualifikation der Integrationshelfer. Einen großen Einfluss übt die geforderte Qualifikation der Integrationshelfer aus und damit ein46
47
Da es sich um Leistungen der Eingliederungshilfe handelt, wird von Integrationshilfen/-helfern und nicht von
Inklusionshilfen/-helfern gesprochen.
Gemäß § 35a SGB VIII „(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und 2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist […] (4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste
und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu
erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken.“
65
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
hergehend die Betreuungsqualität und die Betreuungskontinuität. In einigen Kommunen bilden
Studierende sonder- bzw. heilpädagogischer Studiengänge, die ein Studienpraktikum absolvieren, einen großen Teil der Integrationshelfer. Auch Freiwillige, die ein soziales Jahr oder den
Bundesfreiwilligendienst absolvieren, werden für die Integrationshilfe eingesetzt. Diese Personengruppen haben keinen pädagogischen Abschluss. Entsprechend ist die Bezahlung dieser Personen deutlich geringer als die Bezahlung von Integrationshelfern, die eine pädagogische Ausbildung oder ein pädagogisches bzw. psychologisches Studium absolviert haben. Es kann somit
grundsätzlich zwischen ‚Nicht-Fachkräften‘ und Fachkräften unterschieden werden. Aufgrund
der Begrenzung der Tätigkeit im Rahmen von Praktika und Freiwilligendiensten ist bei den Kräften ohne Abschluss die Kontinuität der Betreuung nicht gewährleistet. Teilweise werden hiervon noch angelernte Kräfte unterschieden. Das Verhältnis dieser Personengruppen in der Integrationshilfe hängt nicht zuletzt mit den Zielen und Standards der Kommunen zusammen. In
Kommunen, die derzeit noch hohe Standards aufweisen, rechnen diese bei steigendem Bedarf an
Integrationshilfe damit, dass diese nicht überall gehalten werden können – zum einen aus finanziellen Gründen, zum anderen durch möglichen Fachkräftemangel.
Aufgrund der Einzelfallprüfung ist davon auszugehen, dass es Unterschiede zwischen
den Kommunen gibt, wie viele Integrationshelfer für einen bestimmten Förderbedarf genehmigt
werden. Es lassen sich dennoch Annahmen treffen, wie groß der Anteil an Schüler ist, die Integrationshilfe erhalten. Zwar ist es bislang die Regel, dass ein Integrationshelfer je Schüler zugewiesen wird, dennoch ist bei einigen Behinderungsarten auch eine Poollösung denkbar, bei der
mehrere Schüler von einem Integrationshelfer betreut werden können. Darüber hinaus ist zu
beachten, dass die Betreuungszeit der Integrationshelfer erheblich variieren kann. Gewährt
werden Betreuungszeiten von einigen Stunden in der Woche bis zu einer Vollzeitbetreuung in
Abhängigkeit von der Behinderungsart und -schwere. Eine Tätigkeitsbeschreibung und der Bedarf werden von den Eltern, ggf. unterstützt durch die Schule, bei der Beantragung der Integrationshilfe vorgelegt. Die Eltern haben gemäß § 9 SGB IX auch ein Wunsch- und Wahlrecht bei der
Auswahl eines Integrationshelfers („Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten
entsprochen. […] Den besonderen Bedürfnissen behinderter Mütter und Väter bei der Erfüllung
ihres Erziehungsauftrages sowie den besonderen Bedürfnissen behinderter Kinder wird Rechnung getragen“).
Erfahrungswerte einzelner Kommunen zum Jahresgehalt eines Integrationshelfer belaufen sich auf 15.000 bis 30.000 Euro. Für den Stundenlohn lassen sich unterschiedliche Spannen
je nach Qualifikation finden. In der Stadt Essen liegt der Stundensatz für Nicht-Fachkräfte bei
16,50 Euro, während für Fachkräfte 33,34 Euro anfallen. Im Vergleich mit anderen Kommunen
liegt Essen im mittleren Bereich. Der Einsatz von Fachkräften in der Integrationshilfe ist jedoch
selten: In nur ca. 3-5 Prozent der Fälle übernehmen Fachkräfte die Integrationshilfe. Der zeitli66
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
che Betreuungsumfang variiert nach den Förderbedarfen der Kinder und Jugendlichen. Für die
Förderschwerpunkte Körperlich-motorische Entwicklung und Geistige Entwicklung ist die wöchentliche Stundenzahl für die Betreuung relativ hoch einzuschätzen: 15-20 Stunden je Fall
werden hier seitens der Kommunen angenommen, bei Kindern mit Lern- und Entwicklungsstörungen werden 10-15 Stunden angenommen. Mit Hilfe der bisherigen Ausgaben und Fallzahlen
lässt sich für die Stadt Essen ein Durchschnittswert für Integrationshilfe je Fall angeben: Seit
2009 wurden jährlich je Fall zwischen ca. 10.900 und 11.700 Euro bezahlt; im Durchschnitt sind
es 11.364 Euro. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der benötigten Integrationshelfer nicht
unerheblich sein wird bzw. zunimmt, wenn Kinder und Jugendliche mit Unterstützungsbedarf
zunehmend in allgemeinen Schulen unterrichtet werden.
Im Kreis Borken werden aktuell Integrationshelfer für neun Kinder vom Kreisjugendamt
bezahlt, die Ausgaben liegen zwischen 8.000 und 14.000 Euro. Hinzu kommen sieben Schüler in
der Stadt Borken mit 6.000 bis 11.000 Euro und in der Stadt Bocholt sind es 16 Fälle mit Ausgaben in Höhe von 7.000 bis 30.000 Euro. Weitere 51 Schüler erhalten Integrationshilfe, die vom
Kreissozialamt bezahlt wird. Mit Ausnahme von einem Kind, für das nur ca. 900 Euro verausgabt
werden, liegt die Spanne hier zwischen 4.900 und 21.000 Euro pro Fall. Die durchschnittlichen
Ausgaben je Fall liegen im Kreis Borken bei 10.836 Euro und somit nahe an dem Durchschnittsbetrag von 11.364 Euro in Essen. Dabei liegen die Ausgaben für die einzelne Kommune ggf. unter
oder über diesem Durchschnittswert (zwischen 8.800 Euro bei der Stadt Borken und 14.100 bei
der Stadt Bocholt). Das Kreissozialamt des Kreises Borken verausgabt durchschnittlich
10.100 Euro je Fall, beim Kreisjugendamt sind es 9.600 Euro.
Insgesamt werden somit vom Kreis Borken (ohne Berücksichtigung der Jugend- und Sozialämter in den kreisangehörigen Städten) von den unterschiedlichen Kostenträgern in 83 Fällen Integrationshelfer bezahlt, in 22 Fällen befinden sich die Schüler an Förderschulen. Mit 8%
ist der Anteil an Schülern, denen Fachkräfte zur Seite gestellt werden, auch hier eher klein, liegt
aber etwas über dem entsprechenden Anteil in der Stadt Essen.
Für den Kreis Borken konnte zudem die besuchte Schulart ermittelt werden. Dabei stellt
sich heraus, dass ein Großteil der Schüler mit Integrationshilfe an Grundschulen gemeinsam
unterrichtet wird: Im Kreis Borken werden 73% im gemeinsamen Unterricht, insbesondere an
Grundschulen (55%), unterrichtet. 27% der Schüler, die Integrationshilfe erhalten, sind an den
Förderschulen zu finden. Der große Anteil der Integrationshelfer in Grundschulen ist ein deutliches Indiz dafür, dass Integrationshilfe bei der Teilnahme an inklusiver Beschulung zunimmt
und entsprechend weiter zunehmen wird. Allerdings liegen nur wenige Informationen dazu vor,
wie sich die Inanspruchnahme nach den sonderpädagogischen Bedarfen der Kinder und Jugendlichen verteilt. So ist für die Förderschwerpunkte Lernen und Sprache eine Integrationshilfe
nach SGB VIII oder XII nicht vorgesehen. Jedoch zeigt die Erfahrung aus den Kommunen, dass
auch bei Lernbehinderungen Integrationshilfe sinnvoll ist und eingesetzt wird. Zu den Schülern
67
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
mit Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung zählen auch autistische Kinder, die
eine intensive Betreuung durch Integrationshelfer benötigen. Jedes dieser Kinder wird vermutlich Assistenz durch Integrationshilfe in Anspruch nehmen müssen. Eine Schätzung seitens der
Kommunen für den gesamten Förderschwerpunkt liegt bei einer Betreuungsquote von einem
Integrationshelfer für jeden dritten Schüler mit diesem Förderbedarf. Bei Kindern und Jugendlichen mit Sinnesschädigungen oder Sinnesbeeinträchtigungen sind Integrationshilfen zum Nachteilsausgleich besonders relevant. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich
Hören und Kommunikation bedürfen oftmals Unterstützung zur Visualisierung. Dabei sind Integrationshelfer besonders dienlich, wenn sie Gebärdensprache beherrschen. Sehbehinderte
Schüler können z. B. durch Verbalisierung und Verschriftlichung unterstützt werden. Eine vorsichtige Schätzung ist, dass jeder zweite Schüler Unterstützung durch Integrationshilfe benötigt.
Die Inanspruchnahme eines Integrationshelfers durch Schüler mit Förderbedarf im Bereich der
Körperlich-motorischen Entwicklung variiert entsprechend der Möglichkeit, dass diese Personen zugleich pflegerische Aufgaben wahrnehmen. Grundsätzlich benötigen alle Schüler mit diesem Förderschwerpunkt Unterstützung. Oftmals werden hierfür jedoch spezielle therapeutische
und medizinische Fachkräfte benötigt, die gegebenenfalls (anteilig) von den Krankenkassen finanziert werden. Daher liegen die Schätzungen für den Bedarf an Integrationshilfe bei 30 bis
100%. Für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung ist ebenso wie bei autistischen Schüler
anzunehmen, dass jedes Kind Integrationshilfe benötigt. Dies liegt u. a. daran, dass sie in der
Regel ein mangelndes Gefahrenbewusstsein haben.
Für die Kostenabschätzung wird jedoch nicht nur die Information benötigt, in welchem
Maße Kinder und Jugendliche mit einem spezifischen Förderbedarf Integrationshilfen in Anspruch nehmen, sondern auch, inwiefern diese Inanspruchnahme höher ausfällt, wenn die Schüler eine allgemeine Schule statt eine Förderschule besuchen. Diese Information liegt lediglich für
die Stadt Dortmund und auch nur für den Bereich der Sozialhilfe vor. Hier zeigt sich, dass zu der
zusätzlichen Inanspruchnahme von Integrationshilfen in den Schwerpunkten der Lern- und
Entwicklungsstörungen, Sehen sowie Hören und Kommunikation aufgrund geringer Fallzahlen
keine Aussagen möglich sind. Sie werden daher bei der Kostenschätzung nicht berücksichtigt.
Für die Förderschwerpunkte Körperlich-motorische Entwicklung und Geistige Entwicklung ergeben die Zahlen, dass die Inanspruchnahme von Integrationshilfen bei Besuch einer allgemeinen Schulen um rund 50% höher ausfällt als bei Besuch einer Förderschule (rund 63% zu 12%
bei Förderschwerpunkt Körperlich-motorische Entwicklung, rund 71% zu 22% bei Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung). Auch wenn dies zu einer vermutlich erheblichen Unterschätzung der zusätzlichen Kosten des Sozialhilfeträgers führt, werden die Mehrkosten nur für
Schüler mit einem dieser beiden Förderbedarfe geschätzt und mögliche zusätzliche Ausgaben
des Jugendhilfeträgers aufgrund der fehlenden Informationen nicht berücksichtigt. Angesetzt
68
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
wird eine Fallpauschale je Integrationshelfer in Höhe von 11.000 Euro pro Jahr, die sich aus den
bereits berichteten Durchschnittsausgaben der Beispielkommunen ergibt.
3.3
Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Die Abschätzung der kommunalen Folgekosten, die mit der Umsetzung des Entwurfs für das
9. Schulrechtsänderungsgesetzes verbunden wären, erfordert es, die in Abschnitt 3.2 beschriebenen kommunalen Kosten so zu systematisieren und zeitlich abzugrenzen, dass sie tatsächlich
als durch den intendierten Entwicklungsprozess verursachte Mehrkosten verstanden werden
können. Hierzu dient zunächst die Status Quo-Prognose bis zum Schuljahr 2019/20 (vgl. Abschnitt 3.1.2), die für jedes betrachtete Schuljahr die Referenzgrößen im Hinblick auf die Schülerzahlen und die Klassenbildung angibt. Die durch die sukzessive Erhöhung der Inklusionsquote erreichbare, zunehmende Unterrichtung der Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen wird grundsätzlich als Differenz zu dieser Referenzgröße bestimmt.
Gleiches gilt für die Zahl der zu bildenden Klassen, wobei in den Simulationen drei verschiedene Varianten für die Klassenbildung unterstellt werden (vgl. Abschnitt 3.1.5). Aus der
Zahl der Klassen ergibt sich die Zahl der benötigten Unterrichtsräume und - als Differenz zu den
im Schulgebäude verfügbaren Räumen - die Zahl der Räume, die für einen Umbau zu z. B. einem
Differenzierungs- oder Fachraum zur Verfügung stehen. Bereits in der Basisvariante, bei der sich
die Klassenbildung an den Klassenbildungswerten der gültigen Verordnung orientiert, können
Fälle auftreten, in denen die verfügbaren Unterrichts-/ Klassenräume für die Unterrichtung aller
Klassen nicht ausreichen und zusätzliche Klassenräume errichtet werden müssen. Die hieraus
resultierenden Investitionskosten werden berechnet und für die beiden Beispielkommunen berichtet. Inwiefern es sich bei den Kosten für zusätzliche Unterrichtsräume in der Basisvariante
zur Klassenbildung um eine reformbedingte Zusatzlast handelt, ist letztlich rechtlich zu klären
und nicht Gegenstand des Gutachtens. Die kommunalen Mehrkosten werden grundsätzlich nach
den Kostenarten und den Simulationsvarianten getrennt dargestellt, um einen systematischen
Vergleich der in den Varianten jeweils entstehenden Mehrkosten zu ermöglichen.
Hinsichtlich des Ausbaustandes der Schulen im Hinblick auf die räumliche Ausstattung
und die Barrierefreiheit der Schulen wird als Referenzzeitpunkt das aktuelle Schuljahr 2012/13
gewählt, d. h. kommunale Investitionen, die bis zum Schuljahr 2012/13 getätigt wurden, bleiben
unberücksichtigt. Auch in der Fortschreibung unter Status Quo-Annahmen bis zum Schuljahr
2019/20 befinden sich Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen. Diese Fälle von Integration sind nicht auf das 9. Schulrechtsänderungsgesetz zurückzuführen und bleiben bei der
Schätzung der kommunalen Mehrkosten unberücksichtigt. So werden z. B. Investitionsbedarfe in
die Barrierefreiheit von Schulen (z. B. Rampen oder Aufzüge) nur dann in den Berechnungen
69
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
berücksichtigt, wenn eine Schule erstmals oder zusätzlich Schüler mit dem betreffenden Förderbedarf (z. B. im Bereich der Körperlichen und motorischen Entwicklung) aufnimmt.
In Kooperation mit den Schulträgern in den Beispielkommunen (Stadt Essen und Kreis
Borken) wurde der Status Quo in Form von Informationen zur räumlichen und sächlichen Ausstattung der Schulen zum aktuellen Schuljahr erhoben. Die Eignung der Schulstandorte wurde
dahingehend beurteilt, ob an ihnen Schüler mit Förderbedarf aufgenommen werden können.
Diese Beurteilung erfolgt getrennt nach den sonderpädagogischen Förderbedarfen, wobei die
Bedarfe Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung sowie Sprache zu den Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) zusammengefasst wurden. Die dieser Beurteilung zugrunde liegenden
Kriterien nach Förderbedarf orientieren sich an den in Abschnitt 3.2 beschriebenen Anforderungen an Schulstandorte im Hinblick auf die angemessene Raumausstattung und die Barrierefreiheit des Schulgebäudes. Die Erhebung der an den einzelnen Schulstandorten verfügbaren
Räume ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung unabdingbar, da durch den
Rückgang der Schülerzahlen bereits jetzt, aber auch in Zukunft Räume ungenutzt bleiben, die
dann für zusätzliche Klassen, für Differenzierungs- bzw. Mehrzweckräume und in der Sekundarstufe I auch für Fachräume für den zieldifferenten Unterricht genutzt werden können. Die Nutzung der bestehenden Räume und Gebäude, die ohne das 9. Schulrechtsänderungsgesetz nicht
mehr genutzt und damit auch nicht von den Kommunen unterhalten werden müssten, beschreibt die Entlastung der Kommunen, die nicht realisiert werden kann. Diese Opportunitätskosten dürfen bei der Analyse der entstehenden Kosten nicht unberücksichtigt bleiben.
Neben den notwendigen Investitionen in die sächliche und räumliche Ausstattung der
Schulen ist auch zu beachten, ob durch die zunehmende Beschulung von Schülern mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen höhere laufende Kosten beim kommunalen Schulträger anfallen.
Denn würde ein Schüler anstatt eine Förderschule in kommunaler Trägerschaft eine allgemeinen Schule in kommunaler Trägerschaft besuchen, so fallen beim kommunalen Schulträger nur
dann zusätzliche Kosten an, wenn die Beschulung an der allgemeinen Schule höhere Kosten verursacht als an der Förderschule. Diese Frage wurde bereits im Zusammenhang mit einzelnen
Kostenarten in Abschnitt 3.2 diskutiert. Eindeutige Fälle liegen immer dann vor, wenn der Schüler alternativ zur allgemeinen Schule eine Schule der Landschaftsverbände besuchen würde, sich
die Schulträgerschaft damit ändert und die mit der Beschulung dieses Schülers verbundenen,
relevanten Kosten in die Ausgabenverantwortung der Kommune übergehen, die Träger der allgemeinen Schule ist. Dies gilt umso mehr, wenn es bei einer betrachteten Kommune um eine
kreisfreie Stadt handelt. Im Fall eines Kreises sind jedoch auch die Kostenverschiebungen innerhalb des Kreises relevant, d. h. Kostenverschiebungen zwischen dem Kreis als Schulträger und
den kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie zwischen den kreisangehörigen Städten
und Gemeinden untereinander. Mögliche Kostenverschiebungen zwischen öffentlichen und privaten Schulträgern können jedoch nicht berücksichtigt werden (vgl. Abschnitt 3.1.1).
70
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Die Vorgehensweise zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten lässt sich wie folgt darstellen: Basierend auf der Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen werden in einem
weiteren Schritt die Schulen (Grundschulen, Schulen der Sekundarstufe I), die Klassenstufen je
Schule und die Schüler mit Förderbedarf (nach Art des Förderbedarfs) bestimmt, die in den einzelnen Schuljahren 2013/14 bis 2019/20 mit Inklusion befasst wären, da sie – im Fall der Schulen und Stufen - zusätzlich oder erstmalig Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen oder – im Fall der Schüler – die allgemeine Schule anstatt der Förderschule besuchen.
Diese Positionen bilden die Bezugsgrößen für die einzelnen Kostenarten, die im vorangegangenen Abschnitt beschrieben wurden, sofern sie im oben beschriebenen Sinne relevant werden. In
einem letzten Schritt wird dann berücksichtigt, dass mit der Zunahme der Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen die Zahl der Schüler an Förderschulen in gleichem Maße sukzessiv zurückgeht. Dann ist zu prüfen, inwiefern hierdurch Ressourcen freigesetzt würden, die für
das allgemeine Schulsystem und den Gemeinsamen Unterricht genutzt werden können.
Die nachfolgende Aufstellung (vgl. Tabelle 12) gibt einen Überblick zu den relevanten
Kostenarten nach Förderbedarfen, den Bezugsgrößen und der voraussichtlichen Fälligkeit der
Ausgaben (einmalig bzw. laufend pro Jahr) und fasst damit die Annahmen zu den einzelnen Kostenpositionen, die in Abschnitt 3.2 beschrieben wurden, und zu deren geschätzter Höhe (je Schüler, je Schule etc.) noch einmal zusammen.
71
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Tabelle 12: Schätzungen zu den kommunalen Folgekosten nach Kostenart, Bezugsgröße, Fälligkeit und Förderbedarf
Förderbedarf (des Schülers bzw. Betroffenheit der Schule)
Kostenart
Bezugsgröße
Lehr-/
Lernmittel
Schüler
Lernen Emotionale und soziale
Wirkung# Fälligkeit
(LE)
Entwicklung (ES)
Sprache
(SQ)
Geistige Entwicklung Körperlich-motorische
(GG)
Entwicklung (KM)
Hören und Kommuni- Sehen
kation (HK)
(SE)
+
Einmalig
---
---
---
↔
Laufend
---
---
Schüler
↔/+
Laufend
Herstellung von
Barrierefreiheit*
Schule
+
Einmalig
Schule/
Klassen
+
Einmalig
Umgestaltung/Umbau zu Differenzierungs-/Mehrzweckraum :10.000
Schule
+
Einmalig
t. n. z.
Schule
+
Einmalig
Fachraum für zieldifferenten Unterricht (nur Sekundarstufe I): 10.000
Schule
+
Einmalig
Klassen-/Mehrzweck-/Fachraum: 120.000
Schüler
+
Laufend
2.000 (Primarstufe)
4.000 (Sekundarstufe I)
Zu schaffender
Raum in Schulen*
Ganztagsbetreuung2
5.000
36 (Primarstufe)/78 (Sekundarstufe I) falls Kommune nicht Träger der alternativen Förderschule ist
[+] 700 falls Kommune nicht Träger der alternativen Förderschule ist;
2.500 falls Kommune nicht Träger der alternativen Fördersonst Entlastung des kommunalen Schulträgers: schule ist;
Kreisfreie Stadt: [-] 470
sonst: keine Be-/Entlastung
Kreis: [-] (700 * Reduktion Schulweg in %)
Zugang (Rampe): 20.000
Hygienebereich1:
Aufzug (inkl. barrierefreier Zugang
------10.000
zum Schulgebäude): 100.000
Hygienebereich1: 10.000
Schülerbeförderung
Räumliche
Ausstattung*
---
t. n. z.
t. n. z.
Therapie-/Pflegeraum1: 10.000
600 falls Kommune nicht Träger
der alternativen Förderschule ist;
sonst: keine Be-/ Entlastung
10.000
10.000
t. n. z.
t. n. z.
Schulpsychologie
Schule
+
Laufend
15.000 (25% v. 60.000) je Schule mit mindestens vier Schülern (Primarstufe) bzw. mindestens sechs Schülern (Sekundarstufe I) mit Förderbedarf
Schulsozialarbeit
Schule
+
Laufend
45.000 je Schule mit mindestens vier Schülern (Primarstufe) bzw. mindestens sechs Schülern (Sekundarstufe I) mit Förderbedarf
Integrationshilfen
Schüler
+
Laufend
k. A.
k. A.
k. A,
11.000
(Zunahme der bewilligten Anträge um 50%)
k. A.
k. A.
Quelle: Eigene Recherchen, eigene Zusammenstellung
Hinweise: ---: Keine zusätzlichen Kosten beim Träger der allgemeinen Schule anzunehmen; k. A.: Zusätzliche Kosten anzunehmen, können jedoch nicht geschätzt werden; t .n. z: Trifft nicht zu,
hier fällt grundsätzlich kein Investitionsbedarf an; *Investition erforderlich falls Schule Schüler mit Förderbedarf X aufnimmt und Anforderungen an Ausstattung nicht erfüllt sind; 1Bei gleichzeitigem Vorliegen mehrerer Förderbedarfe (GG, KM) an den einzelnen Schulen werden die Anforderungen/Investitionen nur einfach berücksichtigt; 2Ausstattung der Schule mit Ganztagsbereich vorausgesetzt; zur Folgekostenabschätzung für die Einrichtung eines Ganztagsbereichs, vgl. Abschnitt 3.2.1; #Wirkungsrichtung der Mehrkosten: + erzeugt zusätzliche kommunale Kosten, ↔ Umverteilung von Kosten zwischen kommunalen Schulträgern (Städte, Gemeinden, Kreise)
72
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
3.4
Zur Auswahl der beispielhaft untersuchten Kommunen
Die Abschätzung der kommunalen Kosten, die aus der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich
in Nordrhein-Westfalen folgen würden, erfolgt beispielhaft für die kreisfreie Großstadt Essen
und den eher ländlich strukturierten und im Vergleich dünner besiedelten Kreis Borken (vgl.
Tabelle 13). Die Wahl fiel aus mehreren Gründen auf diese zwei Kommunen: Zunächst sollte eine
kreisfreie Stadt und ein Kreis gewählt werden, um die Auswirkungen der Inklusion von dem
Hintergrund der Schulträgerschaft beleuchten zu können. Denn während in kreisfreien Städten
in der Regel die Trägerschaft der öffentlichen Förderschulen und der allgemeinen Schulen zusammenfällt, sind in Kreisen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden die Träger der allgemeinen Schulen (von Ausnahmen bei den Gesamtschulen abgesehen), während die Trägerschaft
der Förderschulen häufig beim Kreis liegt. Folglich stellen sich die Herausforderungen des Inklusionsprozesses und die bisherigen Erfahrungen mit sonderpädagogischer Förderung für
kreisangehörige Städte und Gemeinden gänzlich anders dar als für kreisfreie Städte.
Von zentraler Bedeutung ist auch die unterschiedliche Ausgangssituation, in der sich
beide Kommunen im Hinblick auf den Rückgang der Schülerzahlen befinden. Während die Stadt
Essen diesbezüglich die ‚Talsohle‘ bereits durchschritten hat und insbesondere für die Grundschulen in den nächsten Jahren mit konstanten Anmeldezahlen rechnen kann, sind für den Kreis
Borken weiterhin rückläufige Schülerzahlen in allen Schulstufen zu erwarten. So wird z. B. für
die erste Jahrgangsstufe (Einschulungen) erwartet, dass die Schülerzahlen im Schuljahr
2019/20 im Vergleich zum aktuellen Schuljahr um 10 Prozentpunkte zurückgehen, d. h. die Einschulungen werden 90% des Wertes des aktuellen Schuljahres betragen. Für die Jahrgangsstufe
7 wird für 2019/20 sogar ein Rückgang auf rund 86% des diesjährigen Wertes erwartet. Hieraus
folgt unmittelbar die Erwartung, dass im Kreis Borken die Effekte der demografischen Entlastung, die sich durch freigesetzte Ressourcen aufgrund rückläufiger Schülerzahlen im Schulsystem ergeben, deutlich stärker ausfallen als in der Stadt Essen.
Die Kommunen sollten insgesamt hinsichtlich der Bevölkerungsdichte, der Altersstruktur der Bevölkerung und der Wirtschaftskraft möglichst verschieden sein, um Stand und Umsetzung der Inklusion im Schulbereich auch vor dem Hintergrund der regionalstrukturellen Variation in Nordrhein-Westfalen beschreiben zu können. So sind die Ergebnisse der vorliegenden
Studie auch vor dem Hintergrund der jeweiligen kommunalen Haushaltslage zu beurteilen. Die
Kredite und Schulden der Stadt Essen, die zu den Haushaltssicherungskommunen in NRW zählt,
beliefen sich im Jahr 2012 auf rund 6.669 Euro je Einwohner, in Borken auf nur 1.030 Euro pro
Einwohner (Landesdurchschnitt: 3.256 Euro lt. IT.NRW) und es liegt die Vermutung nahe, dass
im Kreis Borken die finanziellen Gestaltungsspielräume, auch für Investitionen in ein inklusives
Schulsystem, größer sind als in der Stadt Essen.
73
3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten
Tabelle 13: Ausgewählte Kennzahlen zur regionalstrukturellen Einordnung der beiden Beispielkommunen
Essen,
kreisfreie Stadt
Borken, Kreis
(17 kreisangehörige
Städte und Gemeinden)
573.468
369.107
2.726,40
260,0
19.064
18.859
42.939,319
25.641,58
12,5
4,2
6.669
1.030
Bevölkerungsstand (Einwohner),
31.12.2011
Bevölkerungsdichte (Einwohner je km2),
31.12.2011
Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner,
2009 (in EUR)
Bruttoinlandsprodukt je Einwohner,
2009 (in EUR)
Arbeitslosenquote bezogen auf alle Erwerbspersonen,
2012 (in %)
Kredite und Schulden je Einwohner
(in EUR, 31.12.2012)
Quellen: Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), Landesdatenbank NRW (abgerufen am
29.05.2013)
Die Stadt Essen, der Kreis Borken, die kreisangehörigen Städte und Gemeinden des Kreises Borken sowie der Landschaftsverband Rheinland und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe
haben umfangreiche Informationen zur Verfügung gestellt, die es zusammen mit dem beim Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen verfügbaren Schulverzeichnis und
den recherchierten, potenziellen Folgekosten der Inklusion ermöglichen, eine beispielhafte Folgekostenabschätzung für diese Kommunen vorzunehmen.
74
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Nachdem in Kapitel 3 das methodische Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten, die sich aus der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes ergeben würden, dargestellt wurde, erfolgt in diesem Abschnitt die Beschreibung der Ergebnisse für die Stadt Essen.
Ausgehend von dem Stand der sonderpädagogischen Förderung, wie er sich in Essen im aktuellen Schuljahr 2012/13 darstellt (vgl. Abschnitt 4.1), wird dieser Status Quo mit der Schülerprognose bis in das Schuljahr 2019/20 fortgeschrieben (vgl. Abschnitt 4.2). In Abschnitt 4.3 werden
dann die schulorganisatorischen Konsequenzen, die sich aus der Erhöhung der Inklusionsquote
ergeben, simuliert und besonders mit Blick auf die Schülerzahlen (nach spezifischem Förderbedarf), die Zahl der zu bildenden Klassen und die resultierenden Klassengrößen beschrieben.
Dabei werden in den Modellrechnungen unterschiedliche Varianten zur Klassenbildung zugrunde gelegt (vgl. dazu Abschnitt 3.1.5). Die Ergebnisse der Modellrechnungen stellen bezüglich der
Zusammensetzung der Schüler hinsichtlich ihrer Förderbedarfe und der pädagogischen Standards zur Klassenbildung mögliche, alternative Entwicklungen an den öffentlichen Schulen in
Essen bis zum Schuljahr 2019/20 dar, jeweils unter der Bedingung, dass das 9. Schulrechtsänderungsgesetz in der aktuell vorliegenden Fassung umgesetzt wird. Diese möglichen Konsequenzen dieser Entwicklungen hinsichtlich der notwendigen räumlichen, sächlichen und personellen
Ausstattung der Schulen werden in Abschnitt 4.4 mit den in Tabelle 12 dargestellten Kosten
bewertet.48
4.1
Stand der sonderpädagogischen Förderung
Im Schuljahr 2012/13 werden an öffentlichen Schulen in Essen insgesamt 45.672 Schüler in der
Primarstufe und der Sekundarstufe I unterrichtet (vgl. Tabelle 14). 3.690 Schüler haben einen
sonderpädagogischen Förderbedarf, das entspricht einem Anteil von rund 8% aller hier betrachteten Schüler. Damit liegt die Förderquote um rund einen Prozentpunkt über dem landesweiten
Durchschnitt für das Jahr 2012 (vgl. Abbildung 2 auf Seite 15). An Förderschulen werden
2.976 Schüler, also rund 81% aller Schüler mit Förderbedarf, unterrichtet, d. h., die Förderschulbesuchsquote liegt unter dem Landesdurchschnitt (rund 84% im Schuljahr 2010/11, vgl. Abschnitt 2.1). Der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf liegt an allgemeinen
Schulen lediglich bei 1,67%. Wie auch landesweit zu beobachten, haben in Essen von den Schülern mit Förderbedarf die meisten Bedarfe im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen
(LES); 2.717 von 3.690 Schülern (rd. 74%). Unter den in Essen an öffentlichen Schulen unter-
48
Die Fortschreibung des Status Quo sowie die Simulation erfolgen auf Basis der genauen Schülerzahlen, differenziert nach Förderbedarf. Für die Darstellung der Ergebnisse werden in den Tabellen alle Fallzahlen < 3, die die IstSituation betreffen, zu 3 aufgerundet. Hierdurch können die berichteten Integrationsquoten, insbesondere bei selten auftretenden Förderbedarfen, geringfügig zu hoch ausfallen. Diese Quoten sollten daher nicht überbewertet
werden.
75
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
richteten Schülern mit Förderbedarf sind Sehbehinderungen besonders selten (12 Schüler). Dies
ist darauf zurückzuführen, dass sehbehinderte Schüler überwiegend an Schulen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) außerhalb von Essen unterrichtet werden. In Essen selbst
finden sich eine Schule für Kranke und 20 öffentliche Förderschulen, von denen 16 in städtischer
Trägerschaft sind (drei mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung, elf mit Schwerpunkten im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen, eine Förderschule Sprache im Primarbereich und
eine Förderschule mit Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung in der Sekundarstufe).
Daneben unterhält der LVR in Essen vier Förderschulen, eine mit dem Schwerpunkt Körperliche
und motorische Entwicklung, zwei mit dem Schwerpunkt Hören und Kommunikation (für die
Primar- und Sekundarstufe getrennt) und eine Förderschule mit Schwerpunkt Sprache (nur Sekundarstufe).
Tabelle 14: Schüler an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen in Essen nach Schulstufe und Förderbedarf, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13
Absolut
Anzahl Schüler
Förderschule
Allgemeine Schule
SekSekPrimar- undar- Primar- undarstufe
stufe I
stufe
stufe I
986
1.990 18.548 24.148
Insgesamt
SekPrimar- undarstufe
stufe I
19.534
26138
Insgesamt
AllgeFördermeine
schule
Schule
2.976 42.696
Gesamt
45.672
mit Förderbedarf
986
1.990
433
281
1.419
2.271
2.976
714
3.690
mit spF LES
599
1.524
349
245
948
1769
2.123
594
2.717
mit spF GG
194
243
39
3
233
246
437
42
479
mit spF HK
100
98
10
9
110
107
198
19
217
mit spF KM
93
125
30
17
123
142
218
47
265
mit spF SE
0
0
5
7
5
7
0
12
12
ohne Förderbedarf
0
0
18.115
23.867
18.115
23.867
0
41.982
41.982
Insgesamt
AllgeFördermeine
schule
Schule
100,00
1,67
Gesamt
8,08
Förderschule
Allgemeine Schule
SekSekPrimar- undar- Primar- undarstufe
stufe I
stufe
stufe I
mit Förderbedarf 100,00 100,00
2,33
1,16
Anteil an allen
Schülern (in %)
Insgesamt
SekPrimar- undarstufe
stufe I
7,26
8,69
mit spF LES
60,75
76,58
1,88
1,01
4,85
6,77
71,34
1,39
5,95
mit spF GG
19,68
12,21
0,21
0,01
1,19
0,94
14,68
0,10
1,05
mit spF HK
10,14
4,92
0,05
0,04
0,56
0,41
6,65
0,04
0,48
mit spF KM
9,43
6,28
0,16
0,07
0,63
0,54
7,33
0,11
0,58
mit spF SE
0,00
0,00
0,03
0,03
0,03
0,03
0,00
0,03
0,03
ohne Förderbedarf
0,00
0,00
97,67
98,84
92,74
91,31
0,00
98,33
91,92
Quelle: Stadt Essen; eigene Berechnung
Hinweise: Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; ohne Privatschulen; ohne
Sekundarstufe II; spF: sonderpädagogischer Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen.
76
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Die Stadt Essen ist zum Schuljahr 2012/13 Träger von insgesamt 130 allgemeinen Schulen, hiervon sind 87 Grundschulen49, fünf Hauptschulen, 13 Realschulen, acht Gesamtschulen und
17 Gymnasien (vgl. Tabelle 15). Bezogen auf den Gemeinsamen Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Förderbedarf sind die Hauptschulen zu diesem Schuljahr am besten
aufgestellt: 4 von 5 Hauptschulen bieten bereits Gemeinsamen Unterricht bzw. Integrative Lerngruppen an, in denen insgesamt 88 Schüler mit Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) unterrichtet werden – dies entspricht 4,8% aller Schüler an Hauptschulen. An 6 der 8 Gesamtschulen
werden 141 Schüler integrativ unterrichtet. Während an den weiterführenden Schulen hauptsächlich Schüler mit Lern- und Entwicklungsstörungen gemeinsam unterrichtet werden, findet
sich an den 43 integrativen Grundschulen die gesamte Bandbreite der sonderpädagogischen
Förderbedarfe. So werden an den Grundschulen in Essen auch 39 Kinder mit Förderbedarf Geistige Entwicklung und 30 Kinder mit Förderbedarf im Bereich der Körperlichen und motorischen
Entwicklung unterrichtet. Die geringste Integrationstätigkeit weisen die Gymnasien auf. Nur
6 der 17 Schulen bieten gemeinsamen Unterricht an, auf sie entfallen insgesamt lediglich
19 Schüler mit Förderbedarf.
Tabelle 15: Schulen mit und Schüler im Gemeinsamen Unterricht in Essen nach Schulform, absolut
und in Prozent, Schuljahr 2012/13
Schulen
Schulform
GS
Insgesamt
87
Schüler
Schüler nach Förderbedarf
mit GU
43
Insgesamt
18.548
mit
Förderbedarf
433
LES
349
GG
39
HK
10
KM
30
SE
5
HS
5
4
1.832
88
88
0
0
0
0
RS
13
10
6.849
35
28
0
4
3
0
GES
8
6
7.335
141
116
3
3
15
4
GYM
17
6
8.132
19
13
0
3
0
3
Gesamt
130
69
42.696
716
594
42
20
48
12
Schulen
Schüler
Insgesamt
87
Anteil
mit GU
49,43
Insgesamt
18.548
HS
5
80,00
RS
13
76,92
GES
8
GYM
Gesamt
Schulform
GS
Anteil an Schülern mit Förderbedarf
Anteil mit
Förderbedarf
2,33
LES
80,60
GG
9,01
HK
2,31
KM
6,93
SE
1,15
1.832
4,80 100,00
6.849
0,51
80,00
0,00
0,00
0,00
0,00
0,00
11,43
8,57
0,00
75,00
7.335
1,92
82,27
2,13
2,13
10,64
2,84
17
35,29
8.132
0,23
68,42
0,00
15,79
0,00
15,79
130
53,08
42.696
1,68
82,96
5,87
2,79
6,70
1,68
Quelle: Stadt Essen; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; GU: Gemeinsamer Unterricht; Schulformen: GS: Grundschulen, HS:
Hauptschulen, RS: Realschulen, GES: Gesamtschulen, GYM: Gymnasien; Förderbedarf: LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE:
Sehen; GU: Gemeinsamer Unterricht; Fallzahlen < 3 zu 3 aufgerundet.
49
Darunter befinden sich drei Grundschulen, die keine Schüler mehr aufnehmen, da sie auslaufen.
77
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Wird der Stand der Integration nun aus Sicht der Schüler mit Förderbedarf betrachtet, so ist
zunächst die relevante Bezugsgröße zu bestimmen. Als Bezugsgröße wird im Folgenden die Referenzstichprobe gewählt, die alle Schüler mit Förderbedarf umfasst, welche in Essen wohnen
und innerhalb Essens eine allgemeine Schule oder eine Förderschule in öffentlicher Trägerschaft
(Stadt Essen oder LVR) oder eine Schule des LVR außerhalb von Essen besuchen.50 Dann berechnet sich die Integrationsquote als der Anteil der Referenzstichprobe, der bereits an allgemeinen Schulen unterrichtet wird. Für Schüler mit Förderbedarf in der Primarstufe beträgt die
Integrationsquote zum Schuljahr 2012/13 insgesamt (über alle Förderbedarfe) 32,96%, in der
Sekundarstufe I 13,47% (vgl. Tabelle 16). Die höchste Integrationsquote wird in der Primarstufe
bei Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen erreicht (41,45%). Für Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung fällt sie sowohl in der Primarstufe als auch in der Sekundarstufe I
am niedrigsten aus (16,88% bzw. 1,23%).
Tabelle 16: Schüler im Gemeinsamen Unterricht und Integrationsquote in der Primarstufe und der
Sekundarstufe I an allgemeinen öffentlichen Schulen in Essen, absolut und in Prozent, Schuljahr
2012/13
Schulstufe
Primarstufe
Sekundarstufe I
Insgesamt
Kennzahl
Schüler bereits in GU
Referenzstichprobea)
Integrationsquote
Schüler bereits in GU
Referenzstichprobea)
Integrationsquote
Schüler bereits in GU
Referenzstichprobea)
Integrationsquote
LES
349
842
41,45
245
1.628
15,05
594
2.470
24,05
Förderbedarf
GG
KM
HK
39
30
10
231
127
48
16,88
23,62
20,83
3
17
9
243
153
46
1,23
11,11
19,57
42
47
19
474
280
94
8,86
16,79
20,21
SE
5
17
29,41
7
16
43,75
12
33
36,36
Summe
GG-SE
84
423
19,86
36
458
7,86
120
881
13,62
Gesamt
433
1.265
32,96
281
2.086
13,47
714
3.351
21,31
Quelle: Stadt Essen; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die in Essen bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen. Förderbedarf: LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen;
GU: Gemeinsamer Unterricht.
Die in Tabelle 16 angegebene Referenzstichprobe kennzeichnet – abzüglich der Schüler, die sich
bereits im Gemeinsamen Unterricht befinden – die Zahl der Schüler, die potenziell eine allgemeine Schule anstatt einer Förderschule besuchen könnten. Hier zeigt sich für die vergleichsweise selten auftretenden Förderbedarfe eine deutliche Abweichung der Referenzstichprobe
von der Zahl der Schüler mit Förderbedarf, die unter Zugrundelegung der landesdurchschnittlichen Förderquote zu erwarten wäre. Beispielsweise wohnen in Essen insgesamt 33 Schüler mit
Förderbedarf Sehen, die im Gemeinsamen Unterricht sind oder an einer LVR-Schule (außerhalb
von Essen) unterrichtet werden. Mit der landesweiten Förderquote von durchschnittlich 0,3%
50
78
Die Schule für Kranke bleibt unberücksichtigt. Schüler an privaten Förderschulen und Schüler die öffentliche Förderschulen außerhalb von Essen besuchen, die nicht vom LVR getragen werden, werden nicht berücksichtigt.
Hierzu liegen den Gutachtern keine Daten vor.
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
für den Förderbedarf Sehen wären hier allein in der Primarstufe rund 60 Kinder mit dem Förderbedarf Sehen zu erwarten. Da es in NRW keine privaten Förderschulen mit dem Schwerpunkt
Sehen gibt, kann diese Differenz entweder darauf zurückgeführt werden, dass Kinder mit Sehbehinderung öffentliche Förderschulen außerhalb von Essen (keine LVR-Schulen) besuchen
oder Eltern sehbehinderter Kinder eher Wohngemeinden wählen, in denen ein entsprechendes
Förderschulangebot besteht. Worauf die Differenz tatsächlich zurückzuführen ist, kann mit den
vorliegenden Daten nicht aufgeklärt werden. Sollte die erste Erklärung zutreffen, so würde die
künftig zu erwartende Nachfrage nach inklusiver Beschulung in Essen und damit der zu erwartende Investitionsbedarf der Stadt Essen, z. B. in die Barrierefreiheit und spezielle Lernmittel für
Sehbehinderte (vgl. Abschnitte 4.4.2 und 4.4.3) systematisch unterschätzt. Trifft die zweite Erklärung zu,51 so bedeutet dies, dass sich neben den Förderschulen auch die Schüler mit bestimmten Förderbedarfen regional sehr ungleich verteilen und damit werden auch die zu erwartenden
Investitionsbedarfe in den nordrhein-westfälischen Kommunen in Folge des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes ungleich verteilt sein. Auch dann werden die zu erwartende Nachfrage und der
Investitionsbedarf vermutlich unterschätzt, da sich Eltern bei einem inklusiven Schulsystem als
weniger mobil erweisen könnten.
Die nachfolgende Abbildung 9 zeigt die Standorte der Essener Schulen nach Schulform.
Deutlich ist zu sehen, dass sich die Schulen auf den Essener Norden konzentrieren. Dort findet
sich auch der größte Teil der altersrelevanten Bevölkerung (vgl. dazu auch Abbildung 11). Aus
Abbildung 10 lässt sich ableiten, wie sich die Schüler, die in Essen wohnen und von denen erfasst werden konnte, dass sie eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen, über die Stadt verteilen. Für Kinder, die einen Förderbedarf haben,
jedoch bereits an Regelschulen unterrichtet werden, liegt keine räumliche Herkunftsinformation
vor, sodass diese bei der Darstellung nicht berücksichtigt werden konnten.
51
Diese Erklärung ist vermutlich zutreffend, da sich beispielsweise für das Land Hessen und die Region um die Stadt
Marburg, in der sich eine große Blindenschule befindet, ähnliche Konzentrationsprozesse von Schülern mit Förderbedarf Sehen finden.
79
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Abbildung 9: Standorte der öffentlichen Schulen in Essen nach Schulform, Schuljahr 2012/13
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
Hinweis: Darunter drei auslaufende Grundschulen und eine ausgelaufene Hauptschule.
80
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Abbildung 10: Standorte der Förderschulen und Wohnorte der Schüler mit Förderbedarf in Essen,
Schuljahr 2012/13
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
Hinweise: Darunter auch vier LVR-Förderschulen; dargestellt sind jene Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen
und in Essen eine öffentliche Förderschule oder außerhalb Essens eine Förderschule des Landschaftsverbandes Rheinland
besuchen.
81
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Abbildung 11: Bevölkerung im Alter von 0 bis unter 19 Jahren in Essen nach Stadtteilen, 2012
Quelle: Stadt Essen, Stand: 31.12.2012; eigene Darstellung
82
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
4.2
Status Quo-Prognose
Nachdem der Stand der sonderpädagogischen Förderung in Essen dargestellt wurde, wird nun
in einem ersten Schritt die im aktuellen Schuljahr 2012/13 vorzufindende Situation an den
Schulen in Trägerschaft der Stadt Essen auf Basis der Schülerprognose fortgeschrieben. Da Essen in den kommenden Jahren kaum noch Veränderungen in den Schülerzahlen nach Klassenstufe zu erwarten hat, zeigen die Status Quo-Prognosen nach Schulform erwartungsgemäß, dass
sich die Schülerzahlen, die Zahl der zu bildenden Klassen und damit auch die durchschnittliche
Klassengröße nur geringfügig verändern. Lediglich bei den Hauptschulen zeigen sich größere
Abweichungen (vgl. Tabelle 18). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Klassen im Rahmen
der Status Quo-Prognose anhand der entsprechenden Ausführungsverordnung gebildet werden
(vgl. Abschnitt 3.1.5). Das bedeutet, dass für die Hauptschulen ein Klassenfrequenzrichtwert von
24 Schülern und Unter- bzw. Obergrenzen von 18 bzw. 30 Schülern je Klasse angenommen werden. Da die Größen der Hauptschulklassen häufiger als an anderen Schulformen unterhalb des
Klassenfrequenzrichtwertes liegen, wundert es nicht, dass eine strenge Anwendung der Richtwerte zur Klassenbildung eine Zusammenlegung von Schulklassen zur Folge hätte.
Bezogen auf die Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen und an Förderschulen,
werden die Schülerzahlen ebenfalls auf Basis der Schülerprognose für Essen fortgeschrieben.
Deren zu erwartende Verteilung auf die allgemeinen Schulen nach Schulformen ändert sich in
der Status Quo-Prognose daher nur wenig. Änderungen in der absoluten Zahl der Schüler sind
also nur durch die Hochrechnungsfaktoren der Schülerprognose in den entsprechenden Schuljahren verursacht. Dazu gilt es zu beachten, dass die Prognose der Schüler- und Klassenzahlen
klassenstufenbezogen erfolgt; daher kann es zu Rundungsdifferenzen kommen, wenn in verschiedenen Auswertungen auf die Schulformen oder die Primar- bzw. Sekundarstufe aggregiert
wird. Die folgenden Schätzungen der Schülerzahlen und Klassen sind daher nur bedingt mit den
Tabellen aus dem vorangegangenen Abschnitt vergleichbar.
Essen zählt zu den Kommunen, die die ‚Talsohle‘ des Rückgangs der Schülerzahlen bereits durchschritten haben: Hier ist grundsätzlich bis 2016/17 mit einem leichten Anstieg der
Schülerzahlen in der Primarstufe zu rechnen. Ab 2016/17 fallen die Zahlen jedoch wieder. Ausgehend von insgesamt 18.548 Schülern an öffentlichen Grundschulen in Essen, lässt sich daher
für das Schuljahr 2016/17 zunächst ein leichter Anstieg der Schülerzahlen prognostizieren (auf
18.886 in 2016/17, vgl. Tabelle 17). In 2019/20 wird jedoch wieder ein mit 2012/13 vergleichbares Niveau erreicht (18.371 Schüler in 2019/20). Da die Stadt Essen in den vergangenen Jahren durch Schulschließungen das Angebot im Grundschulbereich der gesunkenen Nachfrage
angepasst hat, ist eine demografische Entlastung der Grundschulen in Essen in den kommenden
Jahren nicht zu erwarten. Das heißt, es wird in Essen nicht möglich sein, z. B. kleinere Klassen zu
bilden oder frei werdende Klassenräume alternativ zu nutzen. Wenn überhaupt, wird ein solcher
83
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Effekt bis 2019/20 sehr gering ausfallen. Die Grundschulen werden daher bei einer steigenden
Nachfrage von Eltern mit Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Gemeinsamem
Unterricht über kurz oder lang vor neue Herausforderungen gestellt (zusätzliche Klassen, Differenzierungsräume, Barrierefreiheit etc.). Haben die Grundschulen im Schuljahr 2012/13 durchschnittlich 8,64 Klassen je Schule werden es im Schuljahr 2016/17 unter der Berücksichtigung
der Entwicklung der Schülerzahlen 8,97 Klassen sein. Im Schuljahr 2019/20 wird der Bedarf
noch bei durchschnittlich 8,76 Klassen liegen. Auch die durchschnittlichen Klassengrößen ändern sich kaum. Gleiches gilt für die jahrgangsstufenbezogenen Durchschnitte (vgl. Tabelle 17).
Tabelle 17: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Grundschulen
Anzahl Schüler
darunter mit Förderbedarf
Durchschnitt
Schule
KlasKlassensenanzahl größe
8,64
24,49
Durchschnitt
Stufe
KlasKlassensenanzahl größe
2,16
24,73
LES
GG
KM
HK
SE
18.548
mit
Förderbedarf
417
349
39
30
10
5
2016/17
18.886
432
363
39
31
10
5
8,97
24,97
2,24
24,39
2019/20
18.371
415
348
39
30
10
5
8,76
24,27
2,19
24,18
Schuljahr
Insgesamt
Ist
2012/13
Prognose
Prognose
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich. Tabelle
ist nur bedingt mit erster Tabelle (Stand der sonderpädagogischen Förderung) vergleichbar. Förderbedarf: LES: Lernund Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und
Kommunikation, SE: Sehen.
Für die weiterführenden Schulen ist die Fortschreibung der Schüler- und Klassenzahlen jeweils
nach Schulform (vgl. Tabelle 18 bis Tabelle 21) sowie insgesamt (vgl. Tabelle 22) angegeben. Bis
zum Schuljahr 2016/17 ist demnach zunächst ein leichter Rückgang der Schülerzahlen zu erwarten. Im Schuljahr 2019/20 befinden sich die Schülerzahlen wieder auf einem mit dem Schuljahr 2012/13 vergleichbaren Niveau. Auch bei den weiterführenden Schulen ist zum Schuljahr
2019/20 daher kaum mit einer demografischen Entlastung der Schulen zu rechnen.
Tabelle 18: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Hauptschulen
LES
GG
KM
HK
SE
88
0
0
0
0
Durchschnitt
Schule
KlasKlassensenanzahl größe
17,20
21,58
86
86
0
0
0
0
15,00
20,89
2,50
22,85
89
89
0
0
0
0
15,60
21,38
2,60
22,73
Anzahl Schüler
Schuljahr
Insgesamt
Ist
2012/13
1.832
mit
Förderbedarf
88
Prognose
2016/17
1.738
Prognose
2019/20
1.787
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 17
84
darunter mit Förderbedarf
Durchschnitt
Stufe
KlasKlassensenanzahl größe
2,87
21,85
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 19: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Realschulen
LES
GG
KM
HK
SE
28
0
3
4
0
Durchschnitt
Schule
KlasKlassensenanzahl größe
19,31
27,31
34
28
0
2
4
0
19,31
26,44
3,22
26,50
35
29
0
2
4
0
19,31
27,06
3,22
27,15
Anzahl Schüler
Schuljahr
Insgesamt
Ist
2012/13
6.849
mit
Förderbedarf
35
Prognose
2016/17
6.611
Prognose
2019/20
6.773
darunter mit Förderbedarf
Durchschnitt
Stufe
KlasKlassensenanzahl größe
3,22
27,40
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 17; Fallzahlen < 3 in der Ist-Situation zu 3 aufgerundet.
Tabelle 20 Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Gesamtschulen
LES
GG
KM
HK
SE
7.335
mit
Förderbedarf
141
116
3
15
3
4
Durchschnitt
Schule
KlasKlassensenanzahl größe
33,25
27,58
2016/17
7.086
139
116
3
15
2
4
33,25
26,70
5,54
26,78
2019/20
7.260
141
117
3
15
2
4
33,25
27,32
5,54
27,40
Anzahl Schüler
Schuljahr
insgesamt
Ist
2012/13
Prognose
Prognose
darunter mit Förderbedarf
Durchschnitt
Stufe
KlasKlassensenanzahl größe
5,54
27,67
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 17; ohne Sekundarstufe II; Fallzahlen < 3 in der Ist-Situation zu 3 aufgerundet.
Tabelle 21: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Gymnasien
LES
GG
KM
HK
SE
13
0
0
3
3
Durchschnitt
Schule
KlasKlassensenanzahl größe
17,59
26,94
20
13
0
0
3
3
17,59
26,53
3,52
26,71
20
13
0
0
3
3
17,59
27,40
3,52
27,60
Anzahl Schüler
Schuljahr
insgesamt
Ist
2012/13
8.132
mit
Förderbedarf
19
Prognose
2016/17
8.011
Prognose
2019/20
8.269
darunter mit Förderbedarf
Durchschnitt
Stufe
KlasKlassensenanzahl größe
3,52
27,14
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 17; ohne Sekundarstufe II
Tabelle 22: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, weiterführende
Schulen insgesamt
Ist
2012/13
Anzahl Schüler
mit
insgeFördersamt
bedarf
24.148
281
Prognose
2016/17
23.446
279
243
3
17
9
7
Prognose
2019/20
24.089
285
248
3
17
9
7
Schuljahr
darunter mit Förderbedarf
LES
GG
KM
HK
SE
245
3
17
9
7
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 17; ohne Sekundarstufe II
85
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
4.3
Modellrechnungen bei Erhöhung der Inklusionsquote
Basierend auf den Status Quo-Prognosen und den in Abschnitt 3.2 beschriebenen Annahmen
wird nun eine Zunahme der Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen simuliert. Beginnend mit dem Schuljahr 2012/13 nimmt pro Schuljahr der Anteil der Schüler mit Förderbedarf
an den allgemeinen Schulen zu, sodass bis zum Schuljahr 2019/20 eine Inklusionsquote von
über 60% erreicht werden kann. Dabei wird die Inklusionsquote für Förderbedarfe im Bereich
der Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) höher angesetzt (ca. 70-80%) als die Quote für die
übrigen Förderbedarfe (Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Hören
und Kommunikation sowie Sehen, zusammen ca. 40-50%).
4.3.1
Prognose der Schülerzahlen und schulorganisatorischen Konsequenzen für
Grundschulen
Am Beispiel der Primarstufe wird das Vorgehen näher erläutert. Tabelle 23 ist zu entnehmen,
dass im Schuljahr 2012/13 insgesamt 18.548 Schüler in der Primarstufe der öffentlichen allgemeinen Schulen sind. 417 dieser Schüler haben einen Förderbedarf und werden bereits gemeinsam mit Kindern ohne Förderbedarf unterrichtet. Das Ziel ist nun, Schüler mit einem Förderbedarf, der häufig erst während der Grundschulzeit diagnostiziert wird, weiterhin an Regelgrundschulen zu unterrichten und nicht an Förderschulen abzugeben. Auch Einschulungen von Kindern mit Förderbedarf erfolgen dann in die allgemeine Schule. Daneben sollen diese Schüler wie auch Schüler ohne Förderbedarf - wohnortnah beschult werden, d. h. jedes Kind, bei dem in
der Primarstufe ein Förderbedarf diagnostiziert wird, sollte (auch weiterhin) an seiner wohnortnächsten Grundschule unterrichtet werden. Es wird im Folgenden also unterstellt, dass die Inklusionsquote von Jahr zu Jahr steigt und die Schüler, bei denen ein Förderbedarf diagnostiziert
wurde, immer auf ihre wohnortnächste Schule gehen (vgl. auch Abschnitt 3.2).
Tabelle 23 zeigt das Ergebnis dieser Simulation für die Grundschulen in Essen. Zunächst
ist zu sehen, dass im Vergleich zur Status Quo-Prognose die Anzahl der Schüler mit Förderbedarf
bereits in 2016/17 um 226 Schüler und in 2019/20 um 385 Schüler steigt. Aufgrund einer höheren angestrebten Inklusionsquote von Kindern mit Lern- und Entwicklungsstörungen (LES)
steigt die Zahl der Schüler mit diesem Förderbedarf deutlich stärker als die der Schüler mit anderen Förderbedarfen. Der zweite Teil der Tabelle 23 zeigt die zu erwartenden neuen Schülerzahlen, insgesamt und nach Förderbedarf. In diesen Zahlen ist also sowohl die Schülerprognose
als auch die angestrebte Inklusionsquote berücksichtigt. In 2016/17 sind demnach 19.112 Schüler in der Primarstufe, 658 haben einen Förderbedarf und werden an Grundschulen in Essen
unterrichtet. In 2019/20 haben dann von 18.756 Schülern in der Primarstufe 800 einen Förderbedarf. Die Inklusionsquote steigt von 32,96% in 2012/13 (bezogen auf alle Förderbedarfe) auf
86
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
50,77% in 2016/17 und 63,69% in 2019/20. Die Inklusionsquote für Förderbedarfe im Bereich
LES liegt – wie beabsichtigt - deutlich über den Quoten der anderen Förderbedarfe.
Tabelle 23: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Grundschulen
Zunahme der Schüler nach FOEB
Schuljahr
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
Ist
2012/13
0
0
0
0
Prog.
2016/17
226
170
31
Prog.
2019/20
385
289
51
Neue Schülerzahlen
SE
Sch.
insg.
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
SE
0
0
18.548
417
349
39
30
10
5
15
6
3
19.112
658
533
71
46
16
9
32
10
4
18.756
800
637
89
61
20
9
Referenzstichprobea)
Inklusionsquote
(Schüler mit FOEB Insgesamt)
Schuljahr
LES
GG
KM
HK
SE
LES
GG
KM
HK
SE
GG-SE
ALLE
Ist
2012/13
842
231
127
48
17
41,45
16,88
23,62
20,83
29,41
19,86
32,96
Prog.
2016/17
865
235
128
50
18
61,62
30,21
35,94
32,00
50,00
32,95
50,77
Prog.
2019/20
836
229
126
48
17
76,20
38,86
48,41
41,67
52,94
42,62
63,69
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; a)Die
Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die in Essen bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen. Diese Summe wird mit der Schülerprognose ebenfalls bis 2019/20 fortgeschrieben; FOEB: Förderbedarf; LES: Lernund Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und
Kommunikation, SE: Sehen
Die Erhöhung der Inklusionsquoten bis zum Schuljahr 2019/20 auf insgesamt über 60% hat
entscheidende Konsequenzen für die Gesamtzahl der Schüler, die an Grundschulen unterrichtet
werden, für die Anzahl der Klassen, die benötigt und gegebenenfalls neu gebildet werden müssen, sowie für die durchschnittlichen Klassengrößen. Die folgende Tabelle 24 zeigt, wie sich die
veränderten Schülerzahlen auf alle im Schuljahr 2016/17 und 2019/20 bestehenden 84 Grundschulen auswirken. Aus Tabelle 25 ist zu entnehmen, wie sich die Klassenzahl und die durchschnittlichen Klassengrößen im Vergleich zur Status Quo-Prognose ändern.
Im Durchschnitt werden in den 84 Grundschulen in Essen im Schuljahr 2012/13
218,8 Schüler je Schule unterrichtet. Wird die Inklusionsquote nicht erhöht werden, d. h. lediglich die Ist-Situation auf Basis der Schülerprognose fortgeschrieben, wären in 2016/17 durchschnittlich 222,7 und in 2019/20 durchschnittlich 216,68 Schüler auf den Grundschulen. An den
Grundschulen haben bei diesen Bedingungen zum Schuljahr 2016/17 im Durchschnitt
4,85 Schüler einen Förderbedarf. In 2019/20 wären es 4,71 Schüler. Durch die Erhöhung der
Inklusionsquote in der Simulation erhöht sich dieser Wert jedoch zum Teil deutlich. Während in
der Fortschreibung im Schuljahr 2016/17 insgesamt 407 Schüler an den Grundschulen einen
Förderbedarf haben, sind es in der Simulation der Schulrechtsänderung zum selben Schuljahr
627. Dies entspricht einer durchschnittlichen Zahl von 7,46 Schülern mit Förderbedarf je Grundschule. In 2019/20 steigt dieser Durchschnitt auf 9,33 Schüler. Verglichen mit der Status Quo87
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Variante wird jede Grundschule im Durchschnitt von fast doppelt so vielen Schülern mit Förderbedarf besucht.
2019/ 2016/ 2012/
20
17
13
Tabelle 24: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und
Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen
Anzahl Schüler
Anzahl Schüler mit
Förderbedarf
Anzahl Schüler
Anzahl Schüler mit
Förderbedarf
Anzahl Schüler
Anzahl Schüler mit
Förderbedarf
arith. Mittel
218,80
Status Quo
Std. Abw.
58,72
Summe
18.379
Erhöhung der Inklusionsquote
arith. Mittel
Std. Abw.
Summe
4,71
9,28
396
222,70
59,81
18.707
225,42
59,92
18.935
4,85
9,61
407
7,46
10,27
627
216,68
58,23
18.201
221,26
58,58
18.586
4,71
9,28
396
9,33
10,45
784
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; dargestellt sind die 84 Grundschulen, die nach derzeitigem Stand bis zum Schuljahr
2016/17 bzw. 2019/20 fortbestehen werden.
Bereits in Abschnitt 4.2 wurde erläutert, dass die demografische Entlastung an den Grundschulen in Essen, wenn überhaupt, gering ausfällt. Dies wird auch durch die in der Tabelle 25 dargestellten durchschnittlichen Klassengrößen und die Anzahl der Klassen bestätigt. Im Vergleich zu
2012/13 werden allein in der Status Quo-Variante zum Schuljahr 2016/17 28 Klassen zusätzlich
gebildet (772 - 744). In 2019/20 werden im Vergleich zu 2012/13 noch 10 zusätzliche Klassen
benötigt (754 – 744). Auch die Fortschreibung der Schülerzahlen und die resultierende Klassenbildung zeigen also, dass in Essen zukünftig tendenziell wieder zusätzliche Klassen gebildet
werden müssen.
Nun ist anzunehmen, dass durch die Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes
und die damit verbundene Erhöhung der Inklusionsquote der Bedarf an zusätzlichen Klassen
zunehmen wird, da nun mehr Schüler an den allgemeinen Grundschulen unterrichtet werden als
bisher. Die Auswirkung dieser Erhöhung im Vergleich zu 2012/13 und im Vergleich zur Status
Quo-Fortschreibung ist ebenfalls in Tabelle 25 dargestellt. So haben im Schuljahr 2012/13 noch
5% der 84 Grundschulen 5 oder weniger Klassen und 25% 8 Klassen oder weniger, im Schuljahr
2016/17 sind es bereits 6 bzw. 8 Klassen. 5% der Grundschulen haben in 2012/13 12 oder mehr
Klassen, in 2019/20 sind es 13 oder mehr Klassen. Die durchschnittliche Klassengröße je Schule
beläuft sich in 2012/13 auf 24,69 (im arithmetischen Mittel). Dabei haben jedoch auch 5% der
Grundschulen Klassen, die mehr als 27,5 Schüler im Durchschnitt aufweisen. Bezogen auf die
Fortschreibung der Schülerzahlen und die Erhöhung der Integrationsquote verschieben sich
diese Werte. In 2016/17 weisen die Grundschulen durchschnittliche Klassengrößen von 25,5
oder mehr Schülern auf. In 2019/20 liegt die durchschnittliche Anzahl an Klassen bei 9,11 je
Schule und die durchschnittliche Klassengröße bei 24,69. Insgesamt, so zeigt die Simulation,
werden im Vergleich zu 2012/13 in 2016/17 39 Klassen mehr existieren (783 – 744). In
88
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
2019/20 immerhin noch 21 Klassen mehr (765 – 744). Auf die Erhöhung der Inklusionsquote
können in 2016/17 11 Klassen und in 2019/20 ebenfalls 11 Klassen zurückgeführt werden.
Tabelle 25: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose und
Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen
arith.
Mittel
Std.
Abw.
5,00
Perzentile (Anteil Schulen)
25%
50%
75%
95%
Status Quo
8,00
8,00
11,00
12,00
8,86
22,13
23,21
24,69
2019/ 2016/
20
17
2019/ 2016/ 2012/
20
17
13
5%
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
24,75
26,25
27,50
Min.
Max.
Gesamt
2,31
4,00
16,00
744
1,81
20,57
29,13
5,00
8,00
8,00
12,00
14,00
9,19
2,47
4,00
16,00
21,78
23,15
24,06
25,68
27,25
24,27
1,90
16,75
28,13
5,00
8,00
8,00
11,50
13,00
8,98
2,32
4,00
16,00
21,75
22,96
24,27
25,20
27,00
24,12
1,95
16,38
28,38
6,00
Simulation (Erhöhung der Inklusionsquote)
8,00
8,00
12,00
14,00
9,32
2,47
4,00
16,00
21,92
22,90
24,00
25,50
27,25
24,22
1,86
17,38
27,88
6,00
8,00
8,00
11,50
13,00
9,11
2,28
4,00
16,00
20,83
23,54
24,69
26,08
27,88
24,69
2,19
17,38
29,25
772
754
783
765
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; dargestellt sind die 84 Grundschulen, die nach derzeitigem Stand bis zum Schuljahr
2016/17 bzw. 2019/20 fortbestehen werden.
Anhand Tabelle 25 lässt sich bereits zeigen, dass bei Erhöhung der Inklusionsquote zusätzliche
Klassen gebildet werden müssen. Allerdings zeigt diese Tabelle nicht, wie viele Schulen wie viele
Klassen zu bilden haben, die durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz zusätzlich entstehen. Diese schulorganisatorischen Konsequenzen, die sich ausschließlich aus der Zunahme der Schüler
mit Förderbedarf an allgemeinen Grundschulen ergeben, sind in Tabelle 26 angegeben. Hier
finden sich jene Schulen, die entweder bereits Gemeinsamen Unterricht anbieten und entsprechend der Simulation zusätzliche Förderschüler aufnehmen oder Schulen, die erstmalig Förderschüler aufnehmen. Wie in Abschnitt 3.1.5 beschrieben sind dabei weiterhin die Klassenbildungswerte der Verordnung zur Ausführung von § 93 Abs. 2 SchulG NRW angelegt worden. Für
Grundschulen liegt der Klassenfrequenzrichtwert bei 24 Schülern. Die Bandbreite liegt bei mindestens 18 und höchstens 30 Schülern.
Orientiert sich die Klassenbildung an allen Grundschulen an diesen Werten, so können
weder im Vergleich zur Status Quo-Prognose noch im Vergleich zu 2012/13, wie bereits beschrieben, in 2016/17 oder 2019/20 Klassen zusammengelegt werden, d. h. unabhängig davon,
ob eine Schule zusätzlich oder erstmalig Förderschüler aufnimmt, können im Vergleich zur Status Quo-Prognose keine räumlichen Kapazitäten freigesetzt werden. Dies ist, wie bereits in Abschnitt 4.2 beschrieben, darauf zurückzuführen, dass die Schülerprognose für Essen einen leicht
positiven Trend bzw. eine konstante Entwicklung ausweist. An 62 der 84 Grundschulen, die
noch in Essen zum Schuljahr 2016/17 bestehen und zusätzlich oder erstmalig Schüler mit Förderbedarf aufnehmen, ergeben sich im Vergleich zur Status Quo-Variante allerdings keine schul89
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
organisatorischen Konsequenzen. Dabei meinen schulorganisatorische Konsequenzen in diesem
Zusammenhang lediglich, ob zusätzliche Klassen gebildet werden müssen. Die Tabelle trifft keine Aussage dazu, ob nicht ein anderer Raumbedarf (z. B. für Differenzierungsräume) entstehen
wird oder andere Maßnahmen (z. B. bauliche Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit)
notwendig sind. Von den insgesamt 72 Grundschulen, die im Schuljahr 2016/17 Schüler mit
Förderbedarf unterrichten, haben 10 schulorganisatorische Konsequenzen zu tragen. So müssen
9 Grundschulen bis zum Schuljahr 2016/17 eine weitere Klasse bilden. Eine Grundschule muss
sogar 2 Klassen bilden. Damit wären an 10 Grundschulen in Essen insgesamt 11 zusätzliche
Klassen zu bilden. Zu beachten ist, dass sich diese vergleichsweise geringe Erhöhung der Klassenanzahl auch darauf zurückführen lässt, dass die Schüler mit Förderbedarf ihrer wohnortnächsten Grundschule zugewiesen werden, d. h. sie verteilen sich relativ gleichmäßig auf alle
Grundschulen im Stadtgebiet. Bei einer Bildung von Schwerpunktgrundschulen würde es mit
hoher Wahrscheinlichkeit dazu kommen, dass nur wenige Grundschulen zusätzliche, aber dafür
mehr Klassen bilden müssen.
Tabelle 26: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, Grundschulen, Basisvariante
Klassenbildung
2012/13
2016/17
2019/20
-1
0
0
0
0
0
62
68
1
0
9
9
2
0
1
1
3
0
0
0
Anzahl betroffener Schulen
0
72
78
Anteil betroffener Schulen
0,00
85,71
92,86
Differenz Klassenbildung
0
11
11
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich.
Bis zum Schuljahr 2019/20 sind dann insgesamt an 10 von 84 Grundschulen neue Klassen zu
bilden. Zudem erhöht sich der Anteil der Schulen, die (zusätzlich oder erstmalig) mit Inklusion
befasst sind. Da nun rund 800 Schüler mit Förderbedarf inklusiv und wohnortnah unterrichtet
werden, bieten 78 der 84 Grundschulen (92,86%) entweder erstmalig oder zusätzlich Gemeinsamen Unterricht an. Die nachfolgenden Abbildungen (vgl. Abbildung 12 und Abbildung 13)
verdeutlichen diese Zunahme der mit Inklusion befassten Grundschulen im gesamten Stadtgebiet Essens in 2016/17 und 2019/20 jeweils im Vergleich zu 2012/13.
90
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Abbildung 12: Standorte der öffentlichen Grundschulen in Essen nach Gemeinsamem Unterricht,
Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2016/17
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
91
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Abbildung 13: Standorte der öffentlichen Grundschulen in Essen nach Gemeinsamem Unterricht,
Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2019/20
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
92
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Die oben beschriebenen schulorganisatorischen Konsequenzen aus der sukzessiven Erhöhung
der Inklusionsquote hängen natürlich maßgeblich von den Klassenbildungsfaktoren ab. Nachfolgend werden daher noch die weiteren Varianten zur Klassenbildung an den Grundschulen beschrieben. Die Reformvariante zeigt, wie sich die Klassenbildung verändert, wenn der Klassenfrequenzrichtwert auf 22 herabgesetzt wird, die Unter- bzw. Obergrenze von 18 bzw. 30 Schülern jedoch bestehen bleibt (vgl. Tabelle 27). In der erweiterten Reformvariante werden grundsätzlich kleine Klassen bevorzugt. Bei dieser Variante wird die Untergrenze aufgelöst und die
Obergrenze auf 23 Schüler gelegt. Der Richtwert bleibt bei 22 Schülern je Klasse (vgl. Tabelle
28).
Tabelle 27: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, Grundschulen, Reformvariante
Klassenbildung
2012/13
2016/17
2019/20
-1
0
0
0
0
0
27
28
1
0
27
31
2
0
12
10
3
0
5
9
4
0
1
0
Anzahl betroffener Schulen
0
72
78
Anteil betroffener Schulen
0,00
85,71
92,86
Differenz Klassenbildung
0
70
78
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 26
Tabelle 28: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, Grundschulen, erweiterte Reformvariante
Klassenbildung
2012/13
2016/17
2019/20
-1
0
0
0
0
0
2
1
1
0
9
8
2
0
18
17
3
0
23
23
4
0
20
29
Anzahl betroffener Schulen
0
72
78
Anteil betroffener Schulen
0,00
85,71
92,86
Differenz Klassenbildung
0
194
227
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 26
In der Reformvariante werden – verglichen mit der Basisvariante – nicht mehr 11, sondern
78 zusätzliche Klassen benötigt, um den veränderten Anforderungen der gemeinsamen Unterrichtung von Kindern mit und ohne Förderbedarf durch kleinere Klassen gerecht zu werden. Die
Zunahme um 67 Klassen ist die Folge der ‚Doppelzählung‘ von Schülern mit sonderpädagogi-
93
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
schem Förderbedarf. In der erweiterten Reformvariante müssen 227 neue Klassen geschaffen
werden, wenn der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz in Kraft tritt und die Schüler
an inklusiven Schulen grundsätzlich in kleineren Klassen unterrichtet werden.
Aus der Erhöhung der Inklusionsquoten in der Primarstufe ergeben sich ebenfalls Konsequenzen für die Förderschulen in Essen. Je mehr Schüler mit Förderbedarf von Jahr zu Jahr an
Grundschulen unterrichtet werden, desto weniger Förderschüler besuchen die Förderschulen.
Folglich sinken nicht nur die Schülerzahlen an Förderschulen in städtischer Trägerschaft, sondern auch die Förderschulbesuchsquote. In 2012 beträgt die Förderschulbesuchsquote im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen z. B. 71% bezogen auf die Referenzstichprobe (vgl.
Abschnitt 4.1). Für den Förderbedarf Geistige Entwicklung liegt die Förderschulbesuchsquote
mit fast 84% deutlich höher. Die Förderschulbesuchsquote von 0% in den weiteren Förderbedarfen bedeutet lediglich, dass kein entsprechendes Förderschulangebot in Trägerschaft der
Stadt Essen besteht. Diese Kinder werden entweder an den Schulen des LVR unterrichtet oder
besuchen öffentliche oder private Förderschulen außerhalb von Essen. Da in Förderschulen
meistens alle Klassenstufen zusammen unterrichtet werden, wird auf die Konsequenzen, die
sich aus der Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz für die Förderschulen ergeben, zusammenfassend in Abschnitt 4.4.8 eingegangen.
94
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 29: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR Schulen), Schülerzahlen in der Primarstufe
Ist
2012/13
Anzahl
Schüler
mit Förderbedarf
792
Prognose
2016/17
803
605
198
0
0
0
-201
-170
-31
0
0
0
602
435
166
0
0
0
Prognose
2019/20
784
591
192
0
0
0
-339
-288
-51
0
0
0
444
303
142
0
0
0
Jahr
darunter mit Förderbedarf
Abnahme der Schüler nach FOEB
Neue Schülerzahlen
LES
GG
KM
HK
SE
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
SE
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
SE
598
194
0
0
0
0
0
0
0
0
0
792
598
194
0
0
0
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen.
Tabelle 30: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR Schulen), Förderschulbesuchsquoten in der Primarstufe
Jahr
Referenzstichprobea)
(Schüler mit FOEB Insgesamt)
LES
GG
KM
HK
SE
Förderschulbesuchsquote
LES
GG
KM
HK
SE
GG-SE
ALLE
Ist
2012/13
842
231
127
48
17
71,02
83,98
0,00
0,00
0,00
45,86
62,61
Prognose
2016/17
865
235
128
50
18
50,29
70,64
0,00
0,00
0,00
38,52
46,45
Prognose
2019/20
836
229
126
48
17
36,24
62,01
0,00
0,00
0,00
33,81
35,35
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW, eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen; a) Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die in Essen bereits inklusiv unterrichtet
werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen. Diese Summe wird mit der
Schülerprognose ebenfalls bis 2019/20 fortgeschrieben.
95
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
4.3.2
Prognose der Schülerzahlen und schulorganisatorischen Konsequenzen für weiterführende Schulen
Wie für die Primarstufe werden in der Simulation auch für die Sekundarstufe I die Inklusionsquoten sukzessiv über die kommenden Schuljahre erhöht. Dabei werden die Schüler mit Förderbedarf in der Sekundarstufe I ebenfalls ihrer wohnortnächsten weiterführenden Schule zugewiesen. Wie bereits in Abschnitt 3.3 erläutert, wird dabei nicht berücksichtigt, um welche
Schulform es sich handelt, wobei die Gymnasien jedoch von der hier durchgeführten Simulation
ausgeschlossen werden.52 Das bedeutet, dass Haupt-, Real- und Gesamtschulen gleichgewichtig
als Orte des Gemeinsamen Unterrichts angesehen werden. Die folgenden Tabellen zeigen eine
Zusammenfassung der Simulationsergebnisse für diese drei Schulformen.
Ausgehend von der Status Quo-Prognose in Tabelle 22 steigen die Schülerzahlen von
24.148 in 2012/13 auf 25.324 in 2016/19. Insgesamt beträgt die Inklusionsquote zum Schuljahr
2016/17 48,26% und zum Schuljahr 2019/20 73,81%. 1.519 Schüler, die sich in der Sekundarstufe I befinden und einen Förderbedarf haben, werden dann im Schuljahr 2019/20 im Gemeinsamen Unterricht an einer allgemeinen weiterführenden Schule beschult (vgl. Tabelle 31).
Tabelle 31: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt
Zunahme der Schüler nach FOEB
Neue Schülerzahlen
Schuljahr
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
SE
Sch.
insg.
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
SE
Ist
2012/13
0
0
0
0
0
0
24.148
281
245
3
17
9
7
Prog.
2016/17
688
553
83
45
9
3
24.134
969
795
86
61
18
10
Prog.
2019/20
1.234
992
140
79
21
8
25.324
1.519
1.241
143
96
30
15
Referenzstichprobea)
(Schüler mit FOEB Insgesamt)
Inklusionsquote
Schuljahr
LES
GG
KM
HK
SE
LES
GG
KM
HK
SE
GG-SE
ALLE
Ist
2012/13
1.628
243
153
46
16
15,05
1,23
11,11
19,57
43,75
7,86
13,47
Prog.
2016/17
1.566
235
146
45
16
50,77
36,60
41,78
40,00
62,50
39,59
48,26
Prog.
2019/20
1.607
241
148
46
16
77,22
59,34
64,86
65,22
93,75
62,97
73,81
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach
Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche
und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler,
die in Essen bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen. Diese Summe wird mit der Schülerprognose ebenfalls bis 2019/20 fortgeschrieben.
Bezogen auf die durchschnittlichen Schülerzahlen je Schule und die durchschnittlichen Klassengrößen ergeben sich die in den folgenden Tabellen (Tabelle 32 und Tabelle 33) dargestellten
Konsequenzen. Die Klassenbildungswerte, die sich ausschließlich aus der Erhöhung der Inklusionsquoten ergeben, sind in Tabelle 34 dargestellt.
52
96
vgl. hierzu Abschnitt 3.1.5
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 32: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und
Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt
2019/ 2016/ 2012/
20
17
13
Status Quo
Anzahl Schüler
Anzahl Schüler
mit Förderbedarf
Anzahl Schüler
Anzahl Schüler
mit Förderbedarf
Anzahl Schüler
Anzahl Schüler
mit Förderbedarf
Erhöhung der Inklusionsquote
arith. Mittel
Std. Abw.
Summe
616,00
257,59
16.016
10,08
15,20
262
593,58
250,02
15.433
arith. Mittel
Std. Abw.
Summe
620,12
254,79
16.123
10,00
15,18
260
36,46
20,76
948
608,46
255,71
15.820
655,96
262,52
17.055
10,19
15,43
265
57,58
27,55
1.497
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II
Tabelle 33: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose und
Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt
2019/ 2016/ 2012/
20
17
13
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
12,00
2019/ 2016/
20
17
5%
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Perzentile (Anteil Schulen)
25%
50%
75%
Status Quo
17,00
21,00
30,00
95%
arith.
Mittel
Std.
Abw.
Min.
Max.
Gesamt
603
36,00
23,19
8,85
10,00
47,00
21,05
26,00
26,88
27,89
29,58
26,29
2,70
20,12
30,58
11,00
21,80
17,00
24,86
21,50
26,08
27,00
27,50
36,00
28,28
22,54
25,84
8,29
1,95
11,00
20,91
43,00
28,67
586
11,00
22,47
18,00
24,29
21,50
25,95
28,00
27,38
36,00
28,38
23,15
25,75
8,31
2,02
11,00
21,55
45,00
28,94
602
12,00
Simulation (Erhöhung der Inklusionsquote)
19,00
22,00
28,00
38,00
23,81
8,55
11,00
44,00
619
22,13
24,47
25,92
26,65
28,32
25,61
1,74
21,83
28,34
14,00
19,00
22,50
30,00
40,00
24,96
8,56
12,00
46,00
21,94
22,78
24,56
26,15
27,11
24,31
2,02
18,71
27,24
649
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II
Anders als bei den Grundschulen ergibt sich bei den weiterführenden Schulen in der Status QuoVariante durch die Anpassung der Klassengrößen die Situation, dass bis zum Schuljahr 2016/17
17 Klassen und bis zum Schuljahr 2019/20 eine Klasse weniger gebildet werden müssen/muss
(586 - 603 bzw. 602 - 603, vgl. Tabelle 33). Da jedoch durch die Erhöhung der Inklusionsquote
jedes Jahr mehr Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf die allgemeinen weiterführenden Schulen besuchen, wird dieser Effekt mehr als kompensiert und es müssen sogar zusätzliche
Klassen gebildet werden. So müssen im Schuljahr 2016/17 33 und im Schuljahr 2019/20
47 zusätzliche Klassen gebildet werden (vgl. Tabelle 33 und Tabelle 34). Da wie bei den Grundschulen für die Klassenbildung zunächst die Basisvariante, die sich nach den Klassenbildungswerten in der Ausführungsverordnung richtet (vgl. Abschnitt 3.1.5), herangezogen wird, fallen
auch diese Ergebnisse recht moderat aus. Konkret bedeutet das, dass in dieser Variante an den
97
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Hauptschulen der Klassenfrequenzrichtwert bei 24 liegt (bei einer minimalen bzw. maximalen
Klassengröße von 18 bzw. 30). Bei den Real- und Gesamtschulen liegt der Richtwert bei
28 Schülern, das Minimum liegt bei 26 und das Maximum bei 30 Schülern. Die Simulation zeigt,
dass alle weiterführenden Schulen in Essen zusätzlich oder erstmalig Schüler mit Förderbedarf
aufnehmen und dass bis zum Schuljahr 2016/17 33 und bis zum Schuljahr 2019/20
47 zusätzliche Klassen gebildet werden. Dabei müssen in 2016/17 beispielsweise 10 Schulen
jeweils eine Klasse bilden, 8 Schulen jeweils zwei, eine Schule drei Klassen und eine Schule sogar
vier Klassen.
Tabelle 34: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, weiterführende Schulen, Basisvariante
Klassenbildung
2012/13
2016/17
2019/20
-1
0
0
0
0
0
6
4
1
0
10
10
2
0
8
2
3
0
1
8
4
0
1
1
5
0
0
1
Anzahl Schulen
26
26
26
Differenz Klassenbildung
0
33
47
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Gymnasien; ohne Sekundarstufe II; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der
Förderbedarfe nach Stufe möglich.
Werden die Klassenfrequenzrichtwerte jedoch herabgesetzt oder die Obergrenze für die Klassengröße festgesetzt, so ergeben sich noch weiterreichende Konsequenzen. Im Falle der Reformvariante müssen zum Schuljahr 2019/20 102 Klassen gebildet werden (vgl. Tabelle 35). In
der erweiterten Reformvariante (‚kleine Klassen‘) sogar 160 Klassen (vgl. Tabelle 36). Dabei sei
an dieser Stelle erneut darauf hingewiesen, dass diese Änderungen ausschließlich durch das
9. Schulrechtsänderungsgesetz verursacht werden. Abbildung 14 zeigt, dass bereits in 2016/17
alle weiterführenden Schulen (bis auf die nicht betrachteten Gymnasien) von dieser Änderung
betroffen sind. An dieser Situation wird sich bis 2019/20 nichts ändern.
Tabelle 37 und Tabelle 38 zeigen auf, welche Konsequenzen sich für die Entwicklung der
Schülerzahlen an den Förderschulen in der Trägerschaft der Stadt Essen ergeben. Die Zahl der
Förderschüler, die der Sekundarstufe I zuzuordnen sind, wird ausgehend von 1.579 Schülern im
Schuljahr 2012/13 auf 917 im Schuljahr 2016/17 und weiter auf 481 im Schuljahr 2019/20 zurückgehen.
98
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 35: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, weiterführende Schulen, Reformvariante
Klassenbildung
2012/13
2016/17
2019/20
-1
0
1
0
0
0
4
3
1
0
7
2
2
0
1
6
3
0
4
2
4
0
0
4
5
0
3
3
6
0
2
1
7
0
1
2
8
0
2
0
9
0
0
1
10
0
1
0
11
0
0
2
Anzahl Schulen
26
26
26
Differenz Klassenbildung
0
80
102
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 34
Tabelle 36: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, weiterführende Schulen, erweiterte Reformvariante
Klassenbildung
2012/13
2016/17
2019/20
1
0
0
0
2
0
1
1
3
0
4
3
4
0
6
3
5
0
4
3
6
0
3
8
7
0
2
2
8
0
3
1
9
0
1
1
10
0
2
2
11
0
0
1
12
0
0
1
Anzahl Schulen
26
26
26
Differenz Klassenbildung
0
143
160
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 34
99
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Abbildung 14: Standorte der öffentlichen weiterführenden Schulen in Essen nach Gemeinsamem
Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation ab 2016/17
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
100
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 37: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR-Schulen), Schülerzahlen in der Sekundarstufe I
Ist
2012/13
Anzahl
Schüler
mit
Förderbedarf
1.579
Prognose
2016/17
1.513
1.278
235
0
0
0
-599
-515
-84
0
0
0
917
763
154
0
0
0
Prognose
2019/20
1.552
1.312
240
0
0
0
-1.065
-926
-139
0
0
0
481
382
99
0
0
0
Jahr
darunter mit Förderbedarf
Abnahme der Schüler nach FOEB
Neue Schülerzahlen
LES
GG
KM
HK
SE
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
SE
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
SE
1.336
243
0
0
0
0
0
0
0
0
0
1.579
1.336
243
0
0
0
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen
Tabelle 38: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR-Schulen), Förderschulbesuchsquoten in der Sekundarstufe I
Jahr
Referenzstichprobea)
(Schüler mit FOEB Insgesamt)
LES
GG
KM
HK
SE
Förderschulbesuchsquote
LES
GG
KM
HK
SE
GG-SE
ALLE
Ist
2012/13
1.628
243
153
46
16
82,06
100,00
0,00
0,00
0,00
53,06
75,70
Prognose
2016/17
1.566
235
146
45
16
48,72
65,53
0,00
0,00
0,00
34,84
45,67
Prognose
2019/20
1.607
241
148
46
16
23,77
41,08
0,00
0,00
0,00
21,95
23,37
Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen; a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die in Essen bereits inklusiv unterrichtet
werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen.
101
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
4.3.3
Schulorganisatorische Konsequenzen für die Förderschulen in Trägerschaft der
Stadt Essen
In den beiden vorangegangenen Abschnitten ist bereits für den Primarbereich und den Sekundarbereich dargestellt worden, wie sich die Erhöhung der Inklusionsquoten auf die Schülerzahlen
an den Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen insgesamt auswirken. Faktisch unterrichten Förderschulen jedoch beide Bildungsstufen; in Essen findet sich nur eine städtische Förderschule (mit dem Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung), an der ausschließlich Schüler in der Sekundarstufe I unterrichtet werden. Die Konsequenzen, die sich aus der Umsetzung
des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz für die Förderschulen ergeben würden,
sollen daher an dieser Stelle zusammengefasst werden.
Tabelle 39 zeigt für die 16 Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen zunächst die
Schülerzahlen für das aktuelle Schuljahr 2012/13 und die Prognose der Schülerzahlen bei Fortschreibung des Status Quo. Wie auch an den allgemeinen Schulen wären die Veränderungen in
den Schülerzahlen marginal. Die Status Quo-Prognose bildet hier die Situation ab, die entstehen
würde, wenn Eltern von Schülern mit Förderbedarf zukünftig in gleichem Maße die Förderschule (oder die allgemeine Schule) als Förderort nachfragen wie dies im Schuljahr 2012/13 der Fall
ist.
Am 02.07.2013 hat das nordrhein-westfälische Landeskabinett die Verordnung über die
Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke (MindestgrößenVO53) beschlossen, die im zeitlichen Zusammenhang mit der geplanten Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes erlassen werden soll. Diese Verordnung sieht für die Fortführung von Förderschulen eine Mindestgröße der Schule entsprechend ihrem Förderschwerpunkt vor. Förderschulen, die diese Mindestgröße nicht erreichen, dürfen spätestens ab dem Schuljahr 2015/16 keine
Schüler mehr aufnehmen. Dies hätte zu Beginn des aktuellen Schuljahres 2012/13 bereits auf
sieben der zehn Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen/Emotionale und soziale Entwicklung
zugetroffen. Da Schüler potentiell bis zum Ende der Schulpflicht an Förderschulen verbleiben
können, könnte dieser Prozess des Auslaufens bis 2024 dauern. Wie die Simulation zeigt, wären
die Förderschulen mit den Schwerpunkten Geistige Entwicklung und Sprache von dieser Regelung voraussichtlich auch dann nicht betroffen, wenn der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz umgesetzt wird. Es ist nicht absehbar, wie sich die Stadt Essen als Schulträger in
dieser Situation verhalten kann, da keine Abschätzungen zu der zukünftig zu erwartenden Nachfrage nach Beschulung an Förderschulen vorliegen. Um dieser Planungsunsicherheit zu begegnen könnte eine Alternative darin bestehen, Förderschulen im Verbund zu führen bzw. bestehende Verbundlösungen weiterzuentwickeln; für diese Verbünde sieht die Verordnung ebenfalls
53
Online verfügbar unter http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_Gemeinsames_Lernen/MindestgroessenVO.pdf (zuletzt abgerufen am 05.07.2013).
102
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
eine Mindestgröße von 144 Schülern vor.54 Für die Bewertung der Ressourcen, die an zu schließenden Förderschulen freigesetzt werden, wird in Abschnitt 4.4 davon ausgegangen, dass aufgrund der unklaren Entwicklung der Nachfrage die Hälfte der zehn Förderschulstandorte im
Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen erhalten bleibt. Von den Förderschulen mit dem
Schwerpunkt Lernen (und Emotionale und soziale Entwicklung) werden aber langfristig nur
noch zwei bestehen bleiben können, an die dann auch noch neue Schüler aufgenommen werden.
Unter Umständen müssten diese Schulen in einer Übergangsphase mit Teilstandorten geführt
werden, da der Raumbestand zunächst nicht ausreichen dürfte.
Tabelle 39: Schülerzahlen an Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen, Ist-Situation 2012/13,
Status Quo-Prognose und Simulation 2019/20
Schülerzahlen
im Schuljahr
2012/13
130
Schülerzahlen lt.
Status QuoPrognose
für das Schuljahr
2019/20
137
Schülerzahlen lt.
Simulation für
das
Schuljahr
2019/20
48
Mindestgröße lt. MindestgrößenVO
144
LE, ES
191
189
51
144
LE, ES
92
88
21
144
LE, ES, SQ
160
149
54
144
LE, ES
137
137
45
144
LE, ES
137
133
34
144
LE, ES
103
108
35
144
LE, ES
185
182
62
144
LE, ES
126
121
30
144
Schule mit
Schwerpunkt(en)
LE, ES
LE, ES
96
95
32
144
SQ (nur Primarstufe)
282
270
171
33
ES (nur Sekundarstufe I)
100
104
33
55
ES
191
192
70
88
GG
134
134
74
50
GG
146
142
81
50
GG
159
156
86
50
Quelle: Stadt Essen; eigene Berechnung
Hinweis: Förderbedarf: LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache, GG: Geistige Entwicklung.
Dabei ist auch zu beachten, dass die Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen auch von
Schülern besucht werden, die außerhalb von Essen wohnen (Einpendler). Die Verteilung dieser
Schüler auf die Förderschulen kann aber nicht bestimmt werden. Nach Auskunft der Stadt Essen
gibt es mit umliegenden Kommunen entsprechende Vereinbarungen, Förderschüler aufzunehmen, insbesondere dann, wenn die Kommune selbst kein entsprechendes Förderschulangebot
hat. Bei der Schließung von Förderschulstandorten wäre dieser Aspekt mit zu berücksichtigen,
54
Abweichungen hiervon sind möglich für Förderschulen allein der Sekundarstufe I und für Verbünde von Förderschulen, die verschiedene Förderschwerpunkte verbinden (vgl. § 1 MindestgrößenVO).
103
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
da die Kommunen auch schulgesetzlich angehalten sind, bei ihrer Schulentwicklungsplanung zu
kooperieren.
4.4
Mögliche kommunale Folgekosten bei Erhöhung der Inklusionsquote
Zur Bewertung der möglichen kommunalen Folgekosten der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich, wie sie der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vorsieht, werden die zuvor
beschriebenen schulorganisatorischen Konsequenzen mit den in Tabelle 12 (vgl. Seite 72) angegebenen Kosten gewichtet. Dabei sind unter den schulorganisatorische Konsequenzen nicht nur
die Anzahl zusätzlich zu bildender Klassen zu verstehen, sondern auch jene Erfordernisse, die
sich aus der Beschulung von Schülern mit spezifischen Förderbedarfen ergeben. Diese Erfordernisse wurden in Abschnitt 3.2 ausführlich beschrieben. Dargelegt wurde in Abschnitt 3.3, dass zu
unterscheiden ist zwischen jenen kommunalen Kosten, die sich durch die Umsetzung der Inklusion im Schulbereich beim Schulträger zusätzlich ergeben, und jenen Kosten, die zwischen den
öffentlichen Schulträgern umverteilt werden. So stellen Baumaßnahmen an allgemeinen Schulen, z. B. zur Herstellung eines barrierefreien Zugangs zum Schulgebäude, zusätzliche Kosten für
den Schulträger dar. Bestimmte Anteile der Schülerbeförderungskosten hingegen sind ein Beispiel für die Umverteilung von Ausgabenlasten zwischen der kreisfreien Stadt Essen und dem
Landschaftsverband Rheinland. Besucht ein in Essen wohnhafter Schüler mit Förderbedarf Sehen eine Förderschule des LVR, so trägt der LVR als Schulträger die mit der Beförderung des
Schülers verbundenen Kosten; besucht der Schüler z. B. eine Grundschule in Essen, so trägt die
Stadt Essen die Beförderungskosten (Schulträgerprinzip). Im Folgenden werden die verschiedenen Kostenblöcke, entsprechend der Beschreibung in Abschnitt 3.2 und Tabelle 12, im Einzelnen
aufgeführt.
4.4.1
Investitionsbedarf für Räume und räumliche Ausstattung
Unterrichts- und Differenzierungsräume
Bereits in Abschnitt 4.3 wurde aufgezeigt, welche schulorganisatorischen Konsequenzen sich
aus der Erhöhung der Inklusionsquoten für die einzelnen Schulen im Hinblick auf die zu bildenden Klassen ergeben. Nun wird dieser zusätzliche Bedarf an Klassenräumen mit der aktuell vorhandenen Raumausstattung an den Schulen abgeglichen und es wird geprüft, ob jene Schulen,
die zusätzlich oder erstmalig Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen, über
ausreichend Klassenräume verfügen. Sind in einer Schule noch genügend freie Räume verfügbar,
wird angenommen, dass diese ohne zusätzlichen Investitionsbedarf als Unterrichtsräume genutzt werden können. Fehlen Klassenräume, so müssen diese (an)gebaut werden. Gleich verhält
es sich mit den notwendigen Differenzierungsräumen: Solange noch Räume in der Schule verfügbar sind, die als Differenzierungsräume genutzt werden können, existiert lediglich ein Inves104
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
titionsbedarf für deren Umgestaltung. Ansonsten müssen auch diese Räume (an)gebaut werden.
Hinsichtlich der Differenzierungsräume wird dabei davon ausgegangen, dass bis zu 10 Schüler
einen Differenzierungsraum gemeinsam nutzen können. In Kombination mit der pädagogisch
wünschenswerten Variante für die Klassenbildung (erweiterte Reformvariante, ‚kleine Klassen‘)
wird als weitere Variante berechnet, welcher Investitionsbedarf entsteht, wenn sich konsequent
zwei Klassen einen Differenzierungsraum teilen. Betrachtet wird dabei die Situation im Schuljahr 2019/20 als hier angenommener vorläufiger Endpunkt des Prozesses, in dessen Verlauf die
Inklusionsquote an Essener Schulen sukzessiv erhöht wird.
Entsprechend den Ergebnissen der Basisvariante, in der beispielsweise an den Grundschulen zum Schuljahr 2019/20 insgesamt 11 zusätzliche Klassen gebildet werden müssen, entsteht hinsichtlich der Klassenräume kein Investitionsbedarf, da die betreffenden Grundschulen
noch über ausreichend Unterrichtsräume verfügen. Bei den weiterführenden Schulen müssen an
sechs Realschulen insgesamt neun neue Klassenräume angebaut werden. In einer Gesamtschule
fehlen zwei Räume. Insgesamt ergibt sich hierdurch ein Investitionsbedarf für die Errichtung
zusätzlicher Klassenräume in Höhe von 1,32 Mio. Euro. Zu Differenzierungsräumen müssten an
83 Schulen insgesamt 138 Räume umgebaut und an 31 Schulen 94 Räume neu gebaut werden.
Ersteres löst Investitionen in Höhe von 1,38 Mio. Euro aus. Der Neubau bzw. Anbau von Differenzierungsräumen führt zu Investitionen in Höhe von 11,28 Mio. Euro (vgl. Tabelle 40). Dabei
ist zu beachten, dass mit der Basisvariante – zum Teil deutlich – größere Lerngruppen simuliert
werden als diese aktuell an den Schulen in Essen zu beobachten sind.
In der Reformvariante, bei der der Klassenfrequenzrichtwert abgesenkt wird (allerdings
bei unveränderten Bandbreiten für die Klassenbildung), entstünden in der Summe Investitionen
in Höhe von 21,21 Mio. Euro (vgl. Tabelle 41), d. h. im Vergleich zur Basisvariante beläuft sich
der Mehraufwand auf 7,23 Mio. Euro. Da die Zahl der zu bildenden Klassen zunimmt, sind die
Schulen zunehmend räumlich ausgelastet. An Grundschulen müssen 16 Klassenräume
(an)gebaut werden, auch stehen weniger Klassenräume als potentielle Differenzierungsräume
zur Verfügung: nur noch 63 Klassenräume können zu Differenzierungsräumen umgebaut,
32 müssen neu gebaut werden. Wird die Größe der Klassen konsequent nach oben begrenzt
(erweiterte Reformvariante), so ergibt sich ein Investitionsbedarf von 36,6 Mio. Euro. Wird hier
in einer weiteren Berechnungsvariante beachtet, dass sich in einem pädagogisch wünschenswerten Szenario zwei Klassen einen Differenzierungsraum teilen, so wäre dies mit einer weiteren und erheblichen Steigerung des Investitionsbedarfs verbunden. Die Kosten für die Umsetzung dieses Konzeptes belaufen sich bis zum Schuljahr 2019/20 auf insgesamt rund 83 Mio.
Euro.
105
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 40: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, Basisvariante
Anzahl Schulen, mit Investitionsbedarf
Schulform
GS
HS
RS
GES
Gesamt
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume
0
0
6
1
7
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
67
5
4
7
83
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
14
3
11
3
31
Anzahl Räume
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume
0
0
9
2
11
Hinweis: GS: Grundschulen, HS: Hauptschulen, RS: Realschulen, GES: Gesamtschulen.
106
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
76
17
9
36
138
Investitionsbedarf
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
18
9
55
12
94
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume:
120.000
Euro
je Raum
0
0
1.080.000
240.000
1.320.000
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen:
10.000 Euro
je Raum
760.000
170.000
90.000
360.000
1.380.000
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen:
120.000
Euro
je Raum
2.160.000
1.080.000
6.600.000
1.440.000
11.280.000
Gesamt
2.920.000
1.250.000
7.770.000
2.040.000
13.980.000
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 41: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, Reformvariante
Anzahl Schulen, mit Investitionsbedarf
Schulform
GS
HS
RS
GES
Gesamt
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume
12
0
6
2
20
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
56
5
5
5
71
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
23
3
11
6
43
Anzahl Räume
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume
16
0
18
6
40
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
63
17
8
17
105
Investitionsbedarf
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
32
9
56
31
128
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume:
120.000
Euro
je Raum
1.920.000
0
2.160.000
720.000
4.800.000
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen:
10.000 Euro
je Raum
630.000
170.000
80.000
170.000
1.050.000
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen:
120.000
Euro
je Raum
3.840.000
1.080.000
6.720.000
3.720.000
15.360.000
Gesamt
6.390.000
1.250.000
8.960.000
4.610.000
21.210.000
Hinweis: GS: Grundschulen, HS: Hauptschulen, RS: Realschulen, GES: Gesamtschulen.
107
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 42: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, erweiterte Reformvariante
Anzahl Schulen, mit Investitionsbedarf
Schulform
GS
HS
RS
GES
Gesamt
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume
34
1
11
4
50
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
38
4
2
1
45
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
42
3
12
7
64
Anzahl Räume
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume
77
1
45
14
137
Hinweis: GS: Grundschulen, HS: Hauptschulen, RS: Realschulen, GES: Gesamtschulen.
108
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
42
13
3
14
72
Investitionsbedarf
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
54
13
61
34
162
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume:
120.000
Euro
je Raum
9.240.000
120.000
5.400.000
1.680.000
16.440.000
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen:
10.000 Euro
je Raum
420.000
130.000
30.000
140.000
720.000
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen:
120.000
Euro
je Raum
6.480.000
1.560.000
7.320.000
4.080.000
19.440.000
Gesamt
16.140.000
1.810.000
12.750.000
5.900.000
36.600.000
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 43: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, erweiterte Reformvariante mit einem Differenzierungsraum je zwei Klassen mit Gemeinsamen Unterricht (unabhängig von der Zahl der Schüler mit Förderbedarf)
Anzahl Schulen, mit Investitionsbedarf
Schulform
GS
HS
RS
GES
Gesamt
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume
34
1
11
4
50
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
29
4
2
4
39
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
50
3
13
8
74
Anzahl Räume
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume
77
1
45
14
137
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
77
19
6
15
117
Investitionsbedarf
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen
241
12
159
133
545
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume:
120.000
Euro
je Raum
9.240.000
120.000
5.400.000
1.680.000
16.440.000
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen:
10.000 Euro
je Raum
770.000
190.000
60.000
150.000
1.170.000
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen:
120.000
Euro
je Raum
28.920.000
1.440.000
19.080.000
15.960.000
65.400.000
Gesamt
38.930.000
1.750.000
24.540.000
17.790.000
83.010.000
109
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Fachräume für den zieldifferenten Unterricht
An den Schulen der Sekundarstufe I, die Schüler zieldifferent unterrichten, sind entsprechende
Fachräume für diesen Unterricht vorzusehen, in der Regel mindestens ein Hauswirtschaftsraum/Lehrküche und ein Werk-/Technikraum. Der hieraus resultierende Investitionsbedarf
entsteht aber nicht an allen Schulen der Sekundarstufe I, da insgesamt acht Schulen bereits entsprechende Vorkehrungen für integrative Lerngruppen getroffen haben. Für die Schulen, an denen bis spätestens zum Schuljahr 2019/20 ebenfalls zieldifferent unterrichtet wird, entstehen
der Stadt Essen Kosten in Höhe von geschätzt 360.000 Euro für die Einrichtung dieser Fachräume. Dabei wird zur vorsichtigen Schätzung unterstellt, dass die Räume, die zu diesen Fachräumen umgebaut und eingerichtet werden können, an den Schulen vorhanden sind (z. B. andere
Fachräume oder Mehrzweckräume) und selbst an räumlich ausgelasteten Schulen keine Bauinvestitionen erzeugen.
Tabelle 44: Anzahl weiterführender Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf für die Einrichtung von Fachräumen, Schuljahr 2019/20
Hauptschule
3
2
Investitionsbedarf für die Einrichtung von je
zwei Fachräumen (Hauswirtschafts- und Werkraum)
20.000 Euro je Schule
40.000
Realschule
1
12
240.000
Gesamtschule
4
4
80.000
Gesamt
8
18
360.000
Investitionsbedarf vorhanden
Schulform
Nein
Ja
Therapie-/Pflegeräume
An Schulen, die Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung und/oder Schüler mit Förderbedarf Körperliche und motorische Entwicklung aufnehmen, ist ein Raum für therapeutische und
pflegerische Maßnahmen einzurichten. Der hiermit verbundene Investitionsbedarf entsteht an
denselben Schulen, die auch einen behindertengerechten Hygienebereich benötigen (vgl. dazu
Tabelle 45). Bei einem pauschalen Investitionsbedarf von 10.000 Euro entstehen hierdurch bis
zum Schuljahr 2019/20 der Stadt Essen Mehrkosten in Höhe von 580.000 Euro. Dabei wird auch
hier unterstellt, dass die Einrichtung eines Therapie- und Pflegeraums keine weiteren Bauinvestitionen erzeugt.
4.4.2
Investitionsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit
Auch bei den Kosten, die der Stadt Essen für die Herstellung von Barrierefreiheit entstehen,
handelt es sich um einmalige Investitionen, die mit Blick auf das Schuljahr 2019/20 dargestellt
werden, d. h. die aufgelisteten Investitionen werden bei Umsetzung des Entwurfs für das
9. Schulrechtsänderungsgesetz spätestens zum Schuljahr 2019/20 notwendig. Berücksichtigt
110
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
wird auch hier der Ausbaustand der Schulen im Schuljahr 2012/13, d. h. für Schulen, die bereits
als barrierefrei gelten, sind keine weiteren Investitionen erforderlich. Diese Schulen werden bei
der Bewertung daher nicht berücksichtigt. So gelten z. B. 3 der 84 Grundschulen in Essen als
barrierefrei für Schüler mit schwerer körperlicher Behinderung. Wird ein pauschaler Investitionsbedarf von 10.000 Euro für taktile Maßnahmen, optische Signalgebung etc. zugrunde gelegt,
so entstehen der Stadt Essen bis zum Schuljahr 2019/20 insgesamt Kosten in Höhe von
470.000 Euro für die barrierefreie Gestaltung der Schulen, die von Schülern mit Förderbedarfen
Sehen und/oder Hören und Kommunikation besucht werden. Im Hinblick auf den barrierefreien
Zugang für Schüler mit Förderbedarf im Bereich Körperliche und motorische Entwicklung müssen an 34 Grundsachulen Rampen installiert werden, wodurch Kosten in Höhe von 680.000 Euro
entstehen. Die Notwendigkeit von Aufzügen in Grundschulen konnte nicht überprüft werden
und wird bei Schätzung der Folgekosten nicht berücksichtigt (vgl. hierzu Abschnitt 3.2.1). Für
die Herstellung von Barrierefreiheit in Schulen der Sekundarstufe I wird ein pauschaler Investitionsbedarf von 100.000 Euro unterstellt, der an 22 Schulen entsteht und damit bis zum Schuljahr 2019/20 Kosten in Höhe von rund 2,2 Mio. Euro verursacht. An Schulen, die Schüler mit
Förderbedarf in den Bereichen Geistige Entwicklung oder Körperliche und motorische Entwicklung aufnehmen, ist außerdem ein barrierefreier Hygienebereich vorzusehen, der neben einer
behindertengerechten Toilette auch eine Wasch- und Wickelmöglichkeit beinhalten sollte. Dieser Bedarf entsteht in der Simulation an insgesamt 58 Schulen und bedeutet bis zum Schuljahr
2019/20 Investitionen in Höhe von 580.000 Euro.
111
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 45: Anzahl Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit, Schuljahr 2019/20
Barrierefreier Hygienebereich
Investitionsbedarf vorhanden
Schulform
Grundschule
Investitionsbedarf in Euro (10.000 je Schule)
Nein
Ja
Gesamt
50
34
340.000
Hauptschule
1
4
40.000
Realschule
0
13
130.000
Gesamtschule
1
7
70.000
Gesamt
69
58
580.000
Barrierefreiheit im Schulgebäude
Investitionsbedarf vorhanden für
Schulform
Investitionsbedarf (in Euro)
Hören/
Sehen
Kommunikation
(10.000 je Schule)
(10.000 je Schule)
150.000
80.000
Hören/Kommunikation
Sehen
15
8
Hauptschule
3
2
30.000
20.000
Realschule
10
1
100.000
10.000
Gesamtschule
5
3
50.000
30.000
Gesamt
33
14
330.000
140.000
Grundschule
Barrierefreier Zugang zu Gebäude und Räumen
Investitionsbedarf (in Euro)
Investitionsbedarf vorhanden für
Schulform
Rampe
Aufzug
Rampe
(20.000 je Schule)
Aufzug (inkl. Zugang)
(100.000 je Schule)
Grundschule
34
.
680.000
0
Hauptschule
.
4
0
400.000
Realschule
.
11
0
1.100.000
Gesamtschule
.
7
0
700.000
34
22
680.000
2.200.000
Gesamt
4.4.3
Investitionsbedarf und laufende Kosten für Lehr-/Lernmittel
Im Schuljahr 2019/20 werden sich bei der geplanten Erhöhung der Inklusionsquoten in der Simulation insgesamt (d. h. in der Primar- und Sekundarstufe I) 24 Schüler55 mit Förderbedarf
Sehen an allgemeinen Schulen in Essen befinden, für die bis spätestens zu diesem Schuljahr spezielle Lernmittel angeschafft werden müssten. Nach der Status Quo-Prognose besuchen 12 Schüler mit Förderbedarf Sehen allgemeine Schulen in Essen, sodass die Investitionen um die notwendigen oder bereits notwendig gewordenen Ausgaben für diese Schüler reduziert werden
(unter der Annahme, dass die angeschafften Lesehilfen und Lesegeräte von anderen Schülern
weiter verwendet werden können). Bis zum Schuljahr 2019/20 ergibt sich dann im Vergleich
zur Situation unter Status Quo-Annahmen ein zusätzlicher Investitionsbedarf für diese Lernmittel in Höhe von 60.000 Euro.
55
Hier handelt es sich vermutlich um eine deutliche Unterschätzung der Schülerzahl und damit auch des resultierenden Investitionsbedarfs (vgl. hierzu die Erläuterungen in Abschnitt 4.1).
112
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 46: Anzahl Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und
einmaliger Investitionsbedarf für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Ist
2012/13
12
Status Quo
2016/17 2019/20
12
12
Simulation
2016/17 2019/20
18
24
Betrag
(pauschal)
5.000
Investitionsbedarf
bis 2016/17
Bis 2019/20
30.000
60.000
Zusätzliche laufende Kosten für Lehr- und Lernmittel ergeben sich für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die in der Status Quo-Variante alternativ eine Schule des LVR besuchen
(Umschichtung der Kosten vom LVR in Richtung des Schulträgers Stadt Essen). Von den Schülern mit den Förderbedarfen Sehen, Hören und Kommunikation sowie Körperliche und motorische Entwicklung sind bei der Schätzung dieser Kosten wiederum nur Schüler zu berücksichtigen, die erst in der Konsequenz des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes eine allgemeine Schule
besuchen. Die laufenden Mehrkosten für Lehr- und Lernmittel steigen daher entsprechend der
Differenz in den Schülerzahlen zwischen der Status Quo-Prognose und der Prognose bei Erhöhung der Inklusionsquote (Simulation). Sie belaufen sich für das Schuljahr 2016/17 auf insgesamt rund 5.400 Euro und steigen bis zum Schuljahr 2019/20 auf jährlich rund 10.300 Euro.
Tabelle 47: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Laufende Mehrkosten im Schuljahr 2016/17 (in Euro)
Anzahl Schüler mit Förderbedarf
2016/17
Schulform
GS
HS
RS
GES
Gesamt
KM
30
0
2
15
47
HK
10
0
4
2
19
SE
5
0
0
4
12
KM
45
6
26
31
108
HK
16
3
7
5
34
SE
8
2
1
4
18
Differenz Simulation zu
Status Quo
KM HK
SE
15
6
3
6
3
2
24
3
1
16
3
0
61
15
6
30
0
2
15
47
10
0
4
2
19
5
0
0
4
12
62
11
44
44
161
20
6
13
8
50
9
4
1
7
24
32
11
42
29
114
Status Quo
Simulation
2019/20
GS
HS
RS
GES
Gesamt
10
6
9
6
31
4
4
1
3
12
Primarstufe
(pauschal):
36
Sekundarstufe I
(pauschal):
78
864
858
2.184
1.482
864
4.524
Laufende Mehrkosten im Schuljahr 2019/20 (in Euro)
1.656
1.638
4.056
2.964
1.656
8.658
Hinweise: GS: Grundschule, HS: Hauptschule, RS: Realschule, GES: Gesamtschule; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen,
GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen.
4.4.4
Laufende Kosten für Ganztagsbetreuung (Schülerpauschale)
Bei der Schätzung der zusätzlichen kommunalen Kosten für die Betreuung der Schüler mit Förderbedarf im Ganztagsbetrieb werden wiederum die Ausgaben für jene Schüler nicht berücksichtigt, die sich unter Status Quo-Annahmen (ohne Einfluss der Umsetzung des 9. Schulrechts113
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
änderungsgesetzes) ohnehin an allgemeinen Schulen befinden. Im Schuljahr 2016/17 belaufen
sich die so geschätzten zusätzlichen Kosten der Ganztagsbetreuung im Primarbereich auf rund
444.000 Euro und in der Sekundarstufe I auf rund 2,8 Mio. Euro jährlich (vgl. Tabelle 48). Durch
die zunehmend inklusive Beschulung von Schülern mit Förderbedarf in allgemeine Schulen steigen die jährlichen Mehrkosten bis zum Schuljahr auf insgesamt 5,75 Mio. Euro. Inwiefern personelle Ressourcen der im Zeitverlauf zunehmend geringer ausgelasteten Förderschulen hier zu
einer finanziellen Entlastung führen können, wird in Abschnitt 4.4.8 diskutiert.
114
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 48: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Ganztagsbetrieb, Schülerpauschale, Schuljahre
2016/17 und 2019/20
2016/17
Status Quo
Simulation
Laufende Mehrkosten
im Schuljahr 2016/17
Pauschale
Pauschale
Primarstufe
Sekundarstufe I
2.000
4.000
Schulform
LES
GG
KM
HK
SE
Gesamt
LES
GG
KM
HK
SE
Gesamt
Grundschule
360
39
30
10
5
444
527
70
45
16
8
666
Diff. Simulation –
Status Quo
222
Hauptschule
86
0
0
0
0
86
194
13
6
3
2
218
132
528.000
444.000
Realschule
28
0
2
4
0
34
294
43
26
7
1
371
337
1.348.000
Gesamtschule
115
3
15
2
4
139
296
33
31
5
4
369
230
920.000
Gesamt
602
42
47
19
12
722
1.324
159
108
34
18
1.643
921
2019/20
Status Quo
Simulation
444.000
2.796.000
Laufende Mehrkosten
im Schuljahr 2019/20
Pauschale
Pauschale
Primarstufe
Sekundarstufe I
2.000
4.000
Schulform
LES
GG
KM
HK
SE
Gesamt
LES
GG
KM
HK
SE
Gesamt
Grundschule
349
39
30
10
5
433
640
90
62
20
9
821
Diff. Simulation –
Status Quo
388
Hauptschule
89
0
0
0
0
89
297
21
11
6
4
339
250
1.000.000
776.000
Realschule
28
0
2
4
0
34
503
69
44
13
1
630
596
2.384.000
Gesamtschule
117
3
15
2
4
141
426
54
44
8
7
539
398
1.592.000
Gesamt
596
42
47
19
12
716
1.879
234
161
50
24
2.348
1.632
776.000
4.976.000
Hinweise: LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen.
115
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
4.4.5
Laufende Kosten für Schulpsychologie und Schulsozialarbeit
Anzunehmen ist, dass an Schulen, an denen mindestens vier Schüler (Primarstufe) bzw. mindestens sechs (Sekundarstufe I) Schüler mit Förderbedarf unterrichtet werden, zusätzlicher Bedarf
an Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern besteht (vgl. Abschnitt 3.2.1).56 Basierend auf der
Simulation haben im Schuljahr 2016/17 von den allgemeinen Schulen in Essen 70 einen Bedarf
an Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern. Mit diesem Bedarf sind kommunale Kosten in
Höhe von geschätzt 4,2 Mio. Euro für das Schuljahr 2016/17 verbunden. Dieser Bedarf steigt mit
der weiteren Umsetzung der Inklusion in den nachfolgenden Jahren weiter an; im Schuljahr
2019/20 besteht an 87 Schulen ein entsprechender Bedarf, der Ausgaben von insgesamt
5,22 Mio. Euro verursacht.
Tabelle 49: Anzahl Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf für Schulpsychologie und
Schulsozialarbeit, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Laufende Mehrkosten im Schuljahr 2016/17
2016/17
Schulform
Grundschule
Bedarf Schulpsychologie/
-sozialarbeit vorhanden
Nein
Ja
40
44
Schulpsychologie
Schulsozialarbeit
Gesamt
15.000
45.000
84
660.000
1.980.000
Hauptschule
0
5
5
75.000
225.000
Realschule
0
13
13
195.000
585.000
Gesamtschule
0
8
8
120.000
360.000
Gesamt
57
70
127
1.050.000
3.150.000
Laufende Mehrkosten im Schuljahr 2019/20
2019/20
Schulform
Bedarf Schulpsychologie/
-sozialarbeit vorhanden
Nein
Ja
Schulpsychologie
Schulsozialarbeit
Gesamt
15.000
45.000
Grundschule
23
61
84
915.000
2.745.000
Hauptschule
0
5
5
75.000
225.000
Realschule
0
13
13
195.000
585.000
Gesamtschule
0
8
8
120.000
360.000
Gesamt
40
87
127
1.305.000
3.915.000
4.4.6
Laufende Kosten für Schülerbeförderung
Die Stadt Essen ist Träger von Förderschulen mit den Schwerpunkten Lernen, Emotionale und
soziale Entwicklung, Sprache und Geistige Entwicklung. Daher bleiben bei der Schätzung der
Schülerbeförderungskosten jene Positionen unberücksichtigt, die für die Beförderung von Schü56
Dieser Bedarf an Schulsozialarbeit und Schulpsychologie fällt zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben von Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern an (vgl. Abschnitt 3.2.1). Im Schuljahr 2012/13 beschäftigt die Stadt Essen einen Schulsozialarbeiter (Personalkosten jährlich rund 56.600 Euro) und weiteres Personal für ambulante Unterstützungshilfe an Förder- und Regelschulen in Kooperation verschiedener Träger (Förderschulen, allgemeine
Schulen, Diakoniewerk Essen, Jugendamt Essen; Gesamtkosten jährlich rund 100.000 Euro). Außerdem sind bei
der Stadt Essen insgesamt 7,5 Stellen Schulpsychologie eingerichtet, davon sind vier Landesstellen. Insgesamt
verausgabt die Stadt Essen im aktuellen Schuljahr rund 256.00 Euro für Schulpsychologie.
116
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
lern mit Förderbedarf Geistige Entwicklung zu allgemeinen Schulen entstehen. Diese fallen auch
weiterhin beim selben Schulträger (der Stadt Essen) an. Zusätzliche Kosten entstehen der Stadt
Essen aber für die Beförderung der Schüler mit Förderbedarfen in den Bereichen Körperliche
und motorische Entwicklung, Sehen sowie Hören und Kommunikation. Die entsprechenden Förderschulen für Kinder mit diesen Förderbedarfen sind in der Trägerschaft des LVR, der auch für
deren Beförderungskosten aufkommt. Besuchen die Schüler aber allgemeine Schulen, so übernimmt die Stadt Essen als Schulträger die Beförderungskosten. Für finanzielle Entlastung sorgen
die geringeren Ausgaben für die Beförderung von Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen, die eine allgemeine Schule anstelle einer städtischen Förderschule besuchen.57 Im Jahr
2016/17 stehen den zusätzlichen Ausgaben in Höhe von geschätzt 165.100 Euro Entlastungen in
Höhe von 339.400 Euro gegenüber. Im Schuljahr 2019/20, in dem im Rahmen der Simulation
das Maximum der Inklusionsquote erreicht wird, wird die Stadt Essen im Vergleich zu den Ausgaben unter Status Quo-Annahmen Einsparungen bei den Schülerbeförderungskosten in Höhe
von rund 292.000 Euro erzielen. Dabei ist zu beachten, dass es sich hier bei den Schülerbeförderungskosten um zwischen den Schulträgern (Stadt Essen und Landschaftsverband Rheinland)
verschobene Ausgabenlasten handelt und der Landschaftsverband Rheinland von den Kommunen getragen wird.58
4.4.7
Laufende Kosten für Integrationshilfen
Zur den laufenden Kosten für Integrationshilfen wurde die Annahme getroffen, dass 50%59 der
Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung oder Körperliche und motorische Entwicklung
eine Integrationshilfe beantragen, die je Schüler beim Sozialhilfeträger Ausgaben von geschätzt
jährlich 11.000 Euro verursacht (vgl. Abschnitt 3.2.2). Basierend auf der Simulation belaufen
sich die zusätzlichen Kosten der Stadt Essen für Integrationshilfen im Schuljahr 2016/17 auf
geschätzt rund 980.000 Euro und steigen bis zum Schuljahr 2019/20 auf rund 1,7 Mio. Euro
jährlich. Zu beachten ist, dass aufgrund fehlender belastbarer Informationen zur Inanspruchnahme von Integrationshilfen von Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen und Schülern
mit Förderbedarf in den Bereichen Sehen und Hören/Kommunikation für diese Gruppen die
entsprechenden Ausgaben nicht geschätzt werden können. Es ist davon auszugehen, dass die
beschriebenen Mehrkosten für Integrationshilfen eine Untergrenze der tatsächlich zusätzlich
anfallenden Ausgaben darstellen.
57
58
59
vgl. hierzu auch die Erläuterungen in Abschnitt 3.2.1
vgl. hierzu auch die Anmerkungen in Abschnitt 3.3
Dieser Anteil ist bereits bereinigt um den Anteil der Schüler, die an einer Förderschule unterrichtet werden und
eine Integrationshilfe beantragen (vgl. Abschnitt 3.2.2).
117
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 50: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Schülerbeförderung Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Schuljahr 2016/17
Status Quo
Gesamt
KM
HK
SE
KM
HK
SE
KM
HK
SE
47
19
12
108
34
18
61
15
6
Anzahl Schüler
mit Förderbedarf LES
602
Laufende Kosten
(KM pauschal: 2.500,
HK/SE pauschal: 600)
KM
HK und SE
Gesamt
Diff. Simulation –
Status Quo
Simulation
1324
152.500
12.600
165.100
Laufende Entlastung
(LES pauschal: 470)
722
-339.340
Saldo:
-174.240
Schuljahr 2019/20
Status Quo
Gesamt
KM
HK
SE
KM
HK
SE
KM
HK
SE
47
19
12
161
50
24
114
31
12
Anzahl Schüler
mit Förderbedarf LES
596
Laufende Kosten
KM pauschal: 2.500,
HK/SE pauschal: 600)
KM
HK und SE
Gesamt
Diff. Simulation –
Status Quo
Simulation
1879
285.000
25.800
310.800
Laufende Entlastung
(LES pauschal: 470)
1283
-603.010
Saldo:
-292.210
Hinweise: LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen.
Tabelle 51: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Integrationshilfen, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Schulform
GG
KM
Gesamt
GG
KM
Gesamt
GG
KM
Gesamt
Grundschule
39
30
69
70
45
115
31
15
46
Laufende Kosten
(Pauschale:
11.000,
Faktor 50%)
253.000
Hauptschule
0
0
0
13
6
19
13
6
19
104.500
2016/17
Status Quo
Diff. Status Quo
Simulation
Simulation
Realschule
0
2
2
43
26
69
43
24
67
368.500
Gesamtschule
3
15
18
33
31
64
30
16
46
253.000
Gesamt
42
47
89
159
108
267
117
KM
Gesamt
GG
Schulform
GG
KM
Gesamt
Grundschule
39
30
69
90
62
152
51
32
83
979.000
Laufende Kosten
(Pauschale:
11.000,
Faktor 50%)
456.500
Hauptschule
0
0
0
21
11
32
21
11
32
176.000
Realschule
0
2
2
69
44
113
69
42
111
610.500
Gesamtschule
3
15
18
54
44
98
51
29
80
440.000
Gesamt
42
47
89
234
161
395
192
114
306
1.683.000
2019/20
Status Quo
Simulation
GG
61
178
Diff. Status Quo
Simulation
Hinweise: GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung.
118
KM
Gesamt
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
4.4.8
Potentiell nutzbare Ressourcen der Förderschulstandorte
Als Ergebnis der Simulation war in Abschnitt 4.3.3 dargestellt worden, dass die Zahl der Schüler
an Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen stark zurückgehen wird, wenn die mit dem
Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz intendierten Inklusionsquoten tatsächlich bis
zum Schuljahr 2019/20 erreicht werden. In der Konsequenz wurde die Vermutung angestellt,
dass die Hälfte der Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen und Emotionale und soziale Entwicklung durch die Bildung von Schulverbünden erhalten bleiben sollte, um auch weiterhin die
Nachfrage nach Beschulung an Förderschulen in diesen Schwerpunkten decken zu können.
Gleichzeitig würden dann fünf Förderschulen für eine alternative Nutzung zur Verfügung stehen.
Diese Schulen sind für den Gemeinsamen Unterricht optimal ausgestattet, dürften sich aber aufgrund fehlender Fachräume eher für die Nutzung als Grundschulen anbieten. Die angesprochenen Förderschulen verfügen über 15 bis maximal 18 Unterrichtsräume und würden daher die
Einrichtung einer zwei- bis dreizügigen Grundschule ermöglichen. Dies würde aber nur bedingt
zu geringeren Investitionen in die Standorte der Essener Grundschulen führen, da dort die in
Abschnitt 3.2.1 beschriebenen Baumaßnahmen, insbesondere im Hinblick auf die Bereitstellung
und Einrichtung von Differenzierungsräumen, wenn auch in etwas geringerer Zahl, trotzdem
anfallen würden. Bedeutender erscheint aber der ebenfalls in Abschnitt 3.2.1 beschriebene Umstand, dass die Förderschulen erst nach ihrem Auslaufen und damit erst nach dem Schuljahr
2019/20 genutzt werden könnten. Hier sieht die Verordnung über die Schulgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke60 vor, dass der Schulträger Klassen der auslaufenden Schule
an eine allgemeine Schule verlagern kann. Selbst wenn für eine derartige Kooperation geeignete
Grundschulen und weiterführende Schulen gefunden werden können, die insbesondere die notwendige sächliche und räumliche Ausstattung für die Aufnahme von Förderschulklassen aufweisen, erscheint die praktische Umsetzbarkeit eines solchen Vorhabens doch sehr fraglich, da es
auch die entsprechende Bereitschaft von Schülern, Lehrern und Eltern erfordert. Außerdem
lassen sich auf diesem Wege keine baulich-räumlichen Veränderungen an den allgemeinen Schulen vermeiden. Von den hier betrachteten Förderschulstandorten werden sechs im offenen
Ganztag geführt. Bei Schließung von fünf Standorten könnte das pädagogische Personal (Personalkosten je Standort rund 100.000 Euro/Jahr), das Küchenpersonal (rund 10.500 Euro/Jahr)
und die Ausgaben für Honorarkräfte (rund 8.000 Euro/Jahr) an andere Ganztagsschulen umverteilt werden. Im Hinblick auf die in Abschnitt 4.4.4 beschriebenen Betreuungskosten der Schüler
mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen in Höhe von mehr als 5 Mio. Euro im Schuljahr
2019/20 (unter den Simulationsannahmen) würde dies aber nur eine marginale finanzielle Entlastung des Schulträgers bedeuten.
60
Diese Verordnung wurde am 02.07.2013 durch das nordrhein-westfälische Landeskabinett beschlossen und soll
im zeitlichen Zusammenhang mit der geplanten Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes erlassen
werden; online verfügbar unter http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_Gemeinsames_Lernen/
MindestgroessenVO.pdf (zuletzt abgerufen am 05.07.2013).
119
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
4.4.9
Zusammenfassung der möglichen kommunalen Folgekosten
Die Ergebnisse zu den Schätzungen der möglichen kommunalen Folgekosten der Umsetzung der
Inklusion in den Grundschulen und den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I in der
Stadt Essen, wie sie der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vorsieht, sind in der
nachfolgenden Übersicht zusammengefasst (Tabelle 52). Bis zum Schuljahr 2019/20, dem Zielzeitpunkt der Modellrechnung, fallen in der Stadt Essen unabhängig von der Klassenbildungsvariante einmalige Investitionen in Höhe von geschätzt rund 4,93 Mio. Euro für die Herstellung von
Barrierefreiheit, für die Anschaffung von Lernmitteln und für die Einrichtung von Therapie- und
Pflegeräumen sowie von Fachräumen für den zieldifferenten Unterricht in der Sekundarstufe I
an. Darüber hinaus ergeben sich erhebliche Investitionsbedarfe für den Umbau von Klassen- und
Mehrzweckräumen zu Differenzierungsräumen und die Errichtung zusätzlicher Räume durch
Fälle, in denen die in den Schulen verfügbaren Räume nicht mehr ausreichen. Diese Investitionen variieren mit den Annahmen, die zur Klassenbildung getroffen werden. Bereits in der Basisvariante, bei der sich die Klassenbildung an den weiterhin gültigen Klassenbildungswerten der
entsprechenden Ausführungsverordnung orientiert, entstehen der Stadt Essen zusätzliche Kosten für den Umbau und die Errichtung der erforderlichen Räume in Höhe von rund 14 Mio. Euro.
Wird der Klassenfrequenzrichtwert abgesenkt, z. B. auf 22 statt 24 in Grundschulklassen (Reformvariante), so steigen die notwendigen Investitionsausgaben um rund 7 Mio. Euro auf
21 Mio. Euro. In beiden Varianten wird die pädagogisch nicht wünschenswerte Möglichkeit zugelassen, dass dennoch große Klassen mit bis zu 30 Schülern gebildet werden können. In der
erweiterten Reformvariante erfolgt daher eine Begrenzung der Klassengrößen, was zu einem
nochmal deutlich höheren Investitionsbedarf führt. Wird schließlich unterstellt, dass jeweils
zwei dieser kleinen Klassen ein Differenzierungsraum für die gemeinsame Nutzung zur Verfügung steht, was dem diesbezüglichen Standard an Förderschulen entspricht, so resultiert hieraus für die Stadt Essen ein Investitionsbedarf von 83 Mio. Euro bis zum Schuljahr 2019/20. Die
zusätzlichen laufenden Ausgaben für die Ganztagsbetreuung der Kinder und Jugendlichen mit
Förderbedarf an allgemeinen Schulen würde im Jahr 2019/20 rund 5,7 Mio. Euro kosten. Hinzu
kommen Kosten für Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter, Lehr- und Lernmittel und Integrationshilfen, sodass sich die laufenden Kosten auf jährlich rund 12 Mio. Euro summieren. Hierbei wurden die Entlastungen, die bei den Schülerbeförderungskosten entstehen (im Jahr
2019/20 rund 600.000), bereits verrechnet.
120
4. Ergebnisse für die Stadt Essen
Tabelle 52: Zusammenfassende Darstellung der einmaligen Investitionen und laufenden Mehrkosten für die Stadt Essen nach den unterschiedlichen Klassenbildungsvarianten (Primarstufe und Sekundarstufe I)
Einmalige Investitionen (die bis spät. 2019/20 erfolgen), in Euro
Errichtung zusätzlicher Klassen- bzw. Unterrichtsräume
Umbau/Einrichtung v. Differenzierungs-/Mehrzweckräumen
Errichtung v. Differenzierungs-/Mehrzweckräumen
Einrichtung Fachräume für den zieldifferenten Unterricht
Einrichtung von Therapie- und Pflegeräumen
Einrichtung barrierefreier Hygienebereiche
Herstellung von Barrierefreiheit im Schulgebäude
Herstellung barrierefreier Zugängen zu Gebäuden und Räumen
Anschaffung von Lehr-und Lernmittel (SE)
Summe einmalige Investitionen
Nachrichtlich: Davon entfallen auf den Primarbereich:
Laufende Mehrkosten (am Beispiel von 2019/20), in Euro
Lehr- und Lernmittel
Ganztagsbetreuung
Schulpsychologie
Schulsozialarbeit
Schülerbeförderungskosten (HK, GG, KM und SE)
Schülerbeförderungskosten (LES)
Integrationshilfen
Summe laufende Kosten
Nachrichtlich: Davon entfallen auf den Primarbereich:
Basisvariante
1.320.000
1.380.000
11.280.000
360.000
580.000
580.000
470.000
2.880.000
60.000
18.910.000
23,96%
Basis: Klassenbildungsvariante
Erweiterte
Reformvariante
Reformvariante
4.800.000
16.440.000
1.050.000
720.000
15.360.000
19.440.000
360.000
360.000
580.000
580.000
580.000
580.000
470.000
470.000
2.880.000
2.880.000
60.000
60.000
26.140.000
41.530.000
30,60%
42,74%
Erweiterte
Reformvariante*
16.440.000
1.170.000
65.400.000
360.000
580.000
580.000
470.000
2.880.000
60.000
87.940.000
46,10%
Alle Varianten
10.314
5.752.000
1.305.000
3.915.000
310.800
-603.010
1.683.000
12.373.104
39,15%
Hinweise: Erweiterte Reformvariante*: Erweiterte Reformvariante plus ein Differenzierungsraum je zwei Klassen mit Gemeinsamem Unterricht (vgl. Abschnitte 3.1.5 und 3.2.1).
121
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Nachdem in Kapitel 4 die Konsequenzen der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes
für die kreisfreie Stadt Essen simuliert wurden, wird nun die zweite Beispielkommune, der Kreis
Borken, betrachtet. Die Schritte der Analyse erfolgen analog zum Vorgehen in Kapitel 4, damit
die Ergebnisse vergleichbar sind. Da im Kreis Borken zum Schuljahr 2013/14 insgesamt
16 Haupt- und Realschulen auslaufen und/oder in Gesamt- oder Sekundarschulen an alten oder
neuen Standorten übergehen, ist eine Simulation der Konsequenzen des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes für die Sekundarstufe I im Kreis Borken nur schwer möglich. Insbesondere würde
dies zahlreiche Annahmen zur künftig zu erwartenden Verteilung der Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderung auf diese neuen Schulen erfordern. Außerdem ist nicht für alle
neuen und zusammengefassten Schulen bekannt, wie sich die räumliche Situation an diesen
Schulen darstellen wird und ob nicht aktuell noch in die Ausstattung dieser Schulen investiert
wird. Da am Beispiel des Kreises insbesondere die Kostenverschiebungen zwischen den kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie dem Kreis verdeutlicht werden sollen, erfolgt die
Simulation der zu erwartenden Entwicklung bis zum Schuljahr 2019/20 nur für den Grundschulbereich.61
Zunächst wird in Abschnitt 5.1 der Stand der sonderpädagogischen Förderung im Kreisgebiet62 Borken dargestellt. Im Anschluss erfolgt für die Grundschulen des Kreises eine Hochrechnung der Ist-Situation (Status Quo-Prognose), bei der die Schülerzahlen bis in das Schuljahr
2019/20 fortgeschrieben werden. In Abschnitt 5.3 werden dann die möglichen Konsequenzen
aus der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes für die Grundschulen des Kreises simuliert. Zunächst wird geprüft, wie sich die Schüler- und Klassenzahlen unter dem neuen Gesetz
entwickeln würden. Wie auch für Essen werden unterschiedliche Varianten zur Klassenbildung
(Basisvariante, Reformvariante und erweiterte Reformvariante63) erläutert und im Hinblick auf
die sich hierdurch ergebenden kommunalen Folgekosten diskutiert.
Die Ergebnisse der Modellrechnungen stellen bezüglich der Zusammensetzung der Schüler hinsichtlich ihrer Förderbedarfe und der pädagogischen Standards zur Klassenbildung mögliche, alternative Entwicklungen an den Grundschulen im Kreis Borken bis zum Schuljahr
2019/20 dar, jeweils unter der Bedingung, dass das 9. Schulrechtsänderungsgesetz in der aktuell vorliegenden Fassung umgesetzt wird. Diese möglichen Entwicklungen werden in Abschnitt
61
62
63
Die Fortschreibung des Status Quo sowie die Simulation erfolgen auf Basis der genauen Schülerzahlen, differenziert nach Förderbedarf. Für die Darstellung der Ergebnisse werden in den Tabellen alle Fallzahlen < 3, die die IstSituation betreffen, zu 3 aufgerundet. Hierdurch können die berichteten Integrationsquoten, insbesondere bei selten auftretenden Förderbedarfen, geringfügig zu hoch ausfallen. Diese Quoten sollten daher nicht überbewertet
werden.
Da der Kreis Borken selbst auch Träger von Förderschulen ist, wird in Fällen, in denen dies erforderlich erscheint,
vom Kreisgebiet Borken gesprochen, womit dann eindeutig die Gebietskörperschaft gemeint ist.
vgl. zu den Varianten zur Klassenbildung Abschnitt 3.1.5; Basisvariante: Klassenbildung laut Ausführungsverordnung zum Schulgesetz; Reformvariante: Klassenbildung bei Absenkung des Klassenfrequenzrichtwertes; Erweiterte Reformvariante: Beschränkung der maximalen Klassengröße (‚kleine Klassen‘)
123
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
5.4 mit den in Tabelle 12 dargestellten Kosten bewertet. Dabei wird für den Kreis Borken deutlich, wie sich die Gesetzesänderung auf die Umverteilung der Kosten zwischen den Schulträgern
im Kreisgebiet auswirkt. Diese Umverteilung folgt aus der zunehmenden Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den Grundschulen in Trägerschaft der kreisangehörigen Städte und Gemeinden.
5.1
Stand der sonderpädagogischen Förderung
Im Schuljahr 2012/13 werden im Kreis Borken insgesamt 37.379 Schüler unterrichtet (vgl. Tabelle 53). Davon sind 15.846 Schüler in der Primarstufe und 21.533 in der Sekundarstufe I. Von
den Schülern in der Primarstufe haben 903 einen sonderpädagogischen Förderbedarf, in der
Sekundarstufe sind es 1.115 Schüler. Dabei weisen, wie in Essen, insgesamt die meisten Schüler
einen Förderbedarf im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen auf (1.639 Schüler).
Tabelle 53: Schüler an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen im Kreis Borken nach Schulstufe
und Förderbedarf, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13
Absolut
Anzahl Schüler
Förderschule
Allgemeine Schule
SekSekPrimar- undar- Primar- undarstufe
stufe
stufe I
stufe I
557
955 15.289 20.578
Insgesamt
SekPrimar- undarstufe
stufe I
15.846 21.533
Insgesamt
AllgeFördermeine
schule
Schule
1.512 35.867
Gesamt
37.379
mit Förderbedarf
557
955
346
160
903
1.115
1.512
506
2.018
mit spF LES
419
766
308
146
727
912
1.185
454
1.639
mit spF GG
68
84
0
5
68
89
152
5
157
mit spF HK
0
0
17
3
17
3
0
20
20
mit spF KM
70
105
18
3
88
108
175
21
196
mit spF SE
0
0
3
3
3
3
0
6
6
ohne Förderbedarf
0
0
14.943
20.418
14.943
20.418
0
35.361
35.361
Insgesamt
AllgeFördermeine
schule
Schule
100,00
1,41
Gesamt
5,40
Förderschule
Allgemeine Schule
Anteil an allen
Schülern (in %)
SekSekPrimar- undar- Primar- undarstufe
stufe I
stufe
stufe I
mit Förderbedarf 100,00 100,00
2,26
0,78
Insgesamt
SekPrimar- undarstufe
stufe I
5,70
5,18
mit spF LES
75,22
80,21
2,01
0,71
4,59
4,24
78,37
1,27
4,38
mit spF GG
12,21
8,80
0,00
0,02
0,43
0,41
10,05
0,01
0,42
mit spF HK
0,00
0,00
0,11
0,01
0,11
0,01
0,00
0,06
0,05
mit spF KM
12,57
10,99
0,12
0,01
0,56
0,50
11,57
0,06
0,52
mit spF SE
0,00
0,00
0,02
0,01
0,02
0,01
0,00
0,02
0,02
ohne Förderbedarf
0,00
0,00
97,74
99,22
94,30
94,82
0,00
98,59
94,60
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken; eigene Berechnung
Hinweise: Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; ohne Privatschulen; ohne
Sekundarstufe II; spF: sonderpädagogischer Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen; es fehlen Informationen
zu zwei Hauptschulen, zwei Realschulen und einer Verbundschule/Sekundarschule; Fallzahlen < 3 zu 3 aufgerundet.
124
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Auch im Kreis Borken ist der gemeinsame Unterricht bereits gut etabliert. Von den insgesamt
2.018 Schülern mit Förderbedarf sind 506 an allgemeinen Schulen im Gemeinsamen Unterricht,
dies entspricht einem Anteil von 1,41% aller Schüler an allgemeinen Schulen. An den allgemeinen Schulen werden zudem fünf Kinder mit Förderbedarf im Bereich Geistige Entwicklung (GG),
20 Kinder mit Förderbedarf Hören und Kommunikation (HK), 21 Kinder mit Förderbedarf im
Bereich der Körperlich und motorischen Entwicklung (KM) und sechs Kinder mit Förderbedarf
Sehen (SE) unterrichtet.64 Insgesamt ist zu beachten, dass private Schulen und Schüler an privaten Schulen nicht berücksichtigt werden.
Der Kreis Borken ist Träger von drei Förderschulen im Kreisgebiet Borken (mit den
Schwerpunkten Geistige Entwicklung, Sprache und Emotionale und soziale Entwicklung), wobei
zwei dieser Schulen noch jeweils einen Teilstandort unterhalten. Daneben gibt es eine Schule für
Kranke (Träger: Kreis Borken) und sechs Förderschulen in Trägerschaft von kreisangehörigen
Städten (alle mit Schwerpunkten im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen). Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) unterhält eine Förderschule im Kreis Borken mit dem
Schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung.
Von den insgesamt 64 öffentlichen Grundschulen im Kreis Borken65 werden bereits an
54 Grundschulen (84,38%) Schüler mit Förderbedarf im Gemeinsamen Unterricht beschult (vgl.
Tabelle 54). Bei den weiterführenden Schulen sind im Kreis Borken – wie auch in der kreisfreien
Stadt Essen – die Hauptschulen am besten aufgestellt. 12 von 18 bieten bereits Gemeinsamen
Unterricht an, hinzu kommen 3 Verbundschulen66, die ebenfalls Gemeinsamen Unterricht anbieten. Von den insgesamt acht Gymnasien bietet nur eines Gemeinsamen Unterricht an. Von den
Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den weiterführenden allgemeinen Schulen
weisen die meisten (rund 90% der Schüler) Förderbedarfe im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen auf.
64
65
66
Zahlen zum Teil aus Datenschutzgründen auf nächsthöhere Anzahl Schüler aufgerundet.
Es können nicht alle weiterführenden Schulen im Kreis Borken betrachtet werden, da nicht alle kreisangehörigen
Städte und Gemeinden die notwendigen Informationen zur Verfügung stellen konnten. Es fehlen insgesamt Informationen zu zwei Hauptschulen, zwei Realschulen und einer Verbundschule/Sekundarschule.
Hier handelt es sich im aktuellen Schuljahr sämtlich um Verbundschulen. Ab dem Schuljahr 2013/14 entstehen im
Kreisgebiet Borken mehrere Sekundarschulen, sodass für diese Schulformen die gemeinsame Abkürzung VSEK
verwendet wird.
125
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Tabelle 54: Schulen mit und Schüler im Gemeinsamen Unterricht im Kreis Borken nach Schulform,
absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13
Schulen
Schüler
Schüler nach Förderbedarf
Schulform
GS
Insgesamt
64
mit GU
54
Insgesamt
15.289
mit
Förderbedarf
346
HS
18
12
5.231
113
107
3
0
0
3
RS
13
3
8.087
12
6
3
3
0
0
VSEK
3
3
1.339
33
33
0
0
0
0
GYM
8
1
5.921
6
0
0
0
3
3
Gesamt
106
73
35.867
510
454
6
20
21
9
Schulen
Schüler
LES
308
GG
0
HK
17
KM
18
SE
3
Anteil an Schülern mit Förderbedarf
Schulform
GS
Insgesamt
64
Anteil
mit GU
84,38
Insgesamt
15.289
Anteil mit
Förderbedarf
2,26
LES
89,02
GG
0,00
HK
4,91
KM
5,20
SE
0,87
HS
18
66,67
5.231
2,16
94,69
2,65
0,00
0,00
2,65
RS
13
23,08
8.087
0,15
50,00
25,00
25,00
0,00
0,00
VSEK
3
100,00
1.339
2,46 100,00
0,00
0,00
0,00
0,00
GYM
8
12,50
5.921
0,10
0,00
0,00
0,00
50,00
50,00
Gesamt
106
68,87
35.867
1,42
89,02
1,18
3,92
4,12
1,76
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, HK:
Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen; es fehlen Informationen zu zwei
Hauptschulen, zwei Realschulen und einer Verbundschule/Sekundarschule; Schüler an Teilstandorten von Grundschulen
werden an der Stammschule erfasst; GS: Grundschulen, HS: Hauptschulen, RS: Realschulen, VSEK: Verbund/Sekundarschulen, GYM: Gymnasien; GU: Gemeinsamer Unterricht; Fallzahlen < 3 zu 3 aufgerundet.
Das aktuell (2012/2013) erreichte Niveau der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen ist der nachfolgenden Tabelle 55 zu entnehmen.
Hier werden als Referenzstichprobe alle Schüler mit Förderbedarf definiert, die im Kreisgebiet
Borken wohnen und innerhalb des Kreises eine öffentliche allgemeine Schule oder eine Förderschule in öffentlicher Trägerschaft (Kreis Borken oder LWL) oder eine Schule des LWL außerhalb des Kreisgebiets Borken besuchen. In den Grundschulen liegt die Integrationsquote bei
insgesamt 40,71%. Dabei ist, wie auch für die Stadt Essen zu beobachten, die Integration von
Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen absolut am größten (308 Schüler). Die Integrationsquoten für die weiteren Förderschwerpunkte liegen deutlich über der Integrationsquote der
Schüler mit Lern- und Entwicklungsstörungen; dabei sind aber die im Vergleich zur Stadt Essen
deutlich geringeren Fallzahlen – auch in der Referenzstichprobe – zu beachten. Bei den weiterführenden Schulen ist die Integrationsquote mit lediglich 14,08% wesentlich geringer.
126
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Tabelle 55: Schüler im Gemeinsamen Unterricht und Integrationsquote in der Primarstufe und der
Sekundarstufe I an allgemeinen öffentlichen Schulen im Kreis Borken, absolut und in Prozent,
Schuljahr 2012/13
Schulstufe
Primarstufe
Sekundarstufe I
Insgesamt
Kennzahl
Schüler bereits in GU
Referenzstichprobea)
Integrationsquote
Schüler bereits in GU
Referenzstichprobea)
Integrationsquote
Schüler bereits in GU
Referenzstichprobea)
Integrationsquote
LES
308
729
42,25
146
911
16,03
454
1.640
27,68
GG
0
68
0,00
5
89
5,62
5
157
3,18
Förderbedarf
KM
HK
SE
17
18
3
27
21
5
62,96
85,71
60,00
3
3
3
12
9
3
25,00
33,33 100,00
20
21
6
39
30
8
51,28
70,00
75,00
GG-SE
38
121
31,40
14
113
12,39
52
234
22,22
Gesamt
346
850
40,71
160
1.136
14,08
502
1.985
25,29
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die im Kreis Borken bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die im Kreis Borken wohnen und eine Förderschule im Kreis oder außerhalb des Kreises besuchen; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, HK:
Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen; GU: Gemeinsamer Unterricht; es
fehlen Informationen zu zwei Grundschulen, zwei Hauptschulen, einer Realschule und einer Verbundschule/Sekundarschule; Fallzahlen < 3 zu 3 aufgerundet.
Wie für die Stadt Essen zeigt sich auch im Kreis Borken, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarfen im Bereich Sehen und Hören/Kommunikation deutlich geringer ausfällt als unter Zugrundelegung der landesdurchschnittlichen Förderquote zu erwarten wäre (vgl.
die Erläuterungen in Abschnitt 4.1). Zudem gehört das Kreisgebiet Borken zu den Regionen, in
denen der Anteil der Schüler mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung an Privatschulen
deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt (vgl. Tabelle 5). Im Kreisgebiet Borken befinden sich
drei private Förderschulen mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung mit insgesamt rund
500 Schülern. Da zu den privaten Schulen die notwendigen Informationen nicht vorliegen, können diese Schüler in der Analyse nicht berücksichtigt werden. Daher wird auch für diesen Förderbedarf die künftig zu erwartende Nachfrage nach Gemeinsamem Unterricht (bei Umsetzung
des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes) unterschätzt und damit auch der resultierende Investitionsbedarf. Die nachfolgende Abbildung 15 zeigt die Standorte der öffentlichen Schulen im Kreis
Borken nach Schulform und Abbildung 16 zeigt die Verteilung der Schüler, die im Kreisgebiet
Borken wohnen und eine öffentliche Förderschule im Kreis Borken oder eine LWL-Schule außerhalb des Kreises besuchen. Da für einen Großteil der Schüler die Wohnortinformation lediglich auf Gemeindeebene vorliegt, werden diese Kinder zufällig innerhalb der Gemeinden verteilt.67
67
Aus den einzelnen genauen Wohnortinformationen konnten jedoch auch genaue Verortungen der Schüler vorgenommen werden. Diese Verortungen zeigen, dass sich die Schüler dort konzentrieren, wo auch die Schuldichte am
höchsten ist. Für die Förderschulen wurde die räumliche Verteilung der Schüler zum Teil auf Basis der Zuständigkeitsgebiete der Förderschulen geschätzt.
127
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Abbildung 15: Standorte der öffentlichen Schulen im Kreis Borken nach Schulform, Schuljahr 2012/13
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
Hinweise: Darunter auch eine LWL-Förderschule, Teilstandorte von Grund- oder Förderschulen sowie auslaufende Schulen.
128
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Abbildung 16: Standorte der Förderschulen und Wohnorte der Schüler mit Förderbedarf im Kreis Borken, Schuljahr 2012/13
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
Hinweise: Darunter auch eine LWL-Förderschule sowie Teilstandorte von Förderschulen; dargestellt sind jene Schüler mit Förderbedarf, die im Kreis Borken wohnen und im Kreis Borken eine
öffentliche Förderschule oder außerhalb des Kreises eine Förderschule des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe besuchen.
129
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
5.2
Status Quo-Prognose
Anders als für die Stadt Essen wird für das Kreisgebiet Borken ein Rückgang der Schülerzahlen
bis zum Schuljahr 2019/20 erwartet. Die Schülerprognose, d. h. die Fortschreibung der IstSituation bis zum Schuljahr 2019/20, weist also erhebliche Potenziale einer demografischen
Entlastung aus. Während im Schuljahr 2012/13 noch 15.289 Schüler an Grundschulen unterrichtet werden, werden es im Schuljahr 2016/17 nur noch 14.147 und im Schuljahr 2019/20
nur noch 13.433 sein (vgl. Tabelle 56). Diese rückläufige Entwicklung trifft auch auf Schüler mit
sonderpädagogischem Förderbedarf zu. Daher können die Klassen kleiner werden und/oder
Klassen zusammengelegt werden. Während es in 2012/13 noch 10,22 Klassen je Grundschule
gibt, reichen unter der Status Quo-Variante, in der die Klassen anhand der gültigen Ausführungsverordnung gebildet werden, im Schuljahr 2019/20 bereits 9,06 Klassen je Grundschule
aus. Zusätzlich sinken die durchschnittlichen Klassengrößen im Vergleich zur aktuellen Situation
im Schuljahr 2012/13. Somit können viele von diesen künftig eigentlich zu schließenden Klassen
für den sich durch den Entwurf zum 9. Schulrechtsänderungsgesetz ergebenden Mehrbedarf
genutzt werden. Hierfür werden im Folgenden die zu erwartenden Schülerzahlen nach der Erhöhung der Inklusionsquoten simuliert.
Tabelle 56: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für den Kreis Borken, Grundschulen
Anzahl Schüler
darunter mit Förderbedarf
Durchschnitt
Schule
KlasKlassensenanzahl größe
10,22
23,11
Durchschnitt
Stufe
KlasKlassensenanzahl größe
2,55
23,26
LES
GG
KM
HK
SE
15.289
mit
Förderbedarf
346
308
0
18
17
3
2016/17
14.147
322
287
0
17
16
3
9,44
21,38
2,36
23,41
2019/20
13.433
303
270
0
16
15
3
9,06
20,32
2,27
23,06
Schuljahr
Insgesamt
Ist
2012/13
Prognose
Prognose
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich. Tabelle
ist nur bedingt mit erster Tabelle (Stand der sonderpädagogischen Förderung) vergleichbar; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation,
SE: Sehen.
5.3
Modellrechnungen bei Erhöhung der Inklusionsquote in der Primarstufe
Mit dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz ist die Zielsetzung verbunden, die Inklusionsquote an allgemeinen Schulen schrittweise zu erhöhen. Basierend auf der Status QuoPrognose wird für den Kreis Borken die über die Zeit zunehmende Beschulung von Schülern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf an den Grundschulen simuliert. Ausgehend von einer Erhöhung der Inklusionsquote an Grundschulen bis zum Schuljahr 2019/20 auf ca. 70% zeigt sich für
die Schuljahre 2016/17 und 2019/20 das in Tabelle 57 dargestellte Bild. Anders als in Essen
130
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
sinken im Kreis Borken die Schülerzahlen an den Grundschulen weiter, auch wenn zusätzliche
Schüler mit Förderbedarf an den Grundschulen aufgenommen werden. Im Schuljahr 2016/17
werden insgesamt 446 Schüler mit Förderbedarf an den Grundschulen beschult, d. h. 124 mehr
als in der Status-Quo Variante (Fortschreibung auf Basis der Schülerprognose). In 2019/20 sind
bereits 206 Förderschüler mehr an den Grundschulen, insgesamt also 509 Schüler. Anders als im
aktuellen Schuljahr 2012/13 werden dann auch Schüler mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung im Gemeinsamen Unterricht beschult.
Die Inklusionsquote ist bei den Förderbedarfen im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) etwas geringer als in Essen, liegt jedoch fast bei den angestrebten 70%.68 Die
hohen Inklusionsquoten bei den anderen Förderbedarfen sind auf die geringen Fallzahlen in den
Förderschwerpunkten Geistige Entwicklung (GG), Körperliche und motorische Entwicklung
(KM), Hören und Kommunikation (HK) sowie Sehen (SE) zurückzuführen.
Tabelle 57: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Grundschulen
Zunahme der Schüler nach FOEB
Schuljahr
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
Ist
2012/13
0
0
0
0
0
Prog.
2016/17
124
93
22
7
2
Prog.
2019/20
206
154
41
8
2
Neue Schülerzahlen
SE
Sch.
insg.
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
SE
0
15.289
346
308
0
18
17
3
0
14.272
446
379
22
24
18
3
1
13.640
509
424
41
24
17
4
Referenzstichprobea)
Inklusionsquote
(Schüler mit FOEB Insgesamt)
Schuljahr
LES
GG
KM
HK
SE
LES
GG
KM
HK
SE
GG-SE
ALLE
Ist
2012/13
729
68
27
21
5
42,25
0,00
66,67
80,95
60,00
31,40
40,71
Prog.
2016/17
676
63
25
19
5
56,07
34,92
96,00
94,74
60,00
59,82
56,60
Prog.
2019/20
638
60
24
18
4
66,46
68,33
100,00
94,44
100,00
81,13
68,41
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; a)Die
Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die im Kreis Borken bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit
Förderbedarf, die im Kreis Borken wohnen und eine öffentliche Förderschule im Kreis Borken oder eine LWL-Schule außerhalb des Kreises besuchen. Diese Summe wird mit der Schülerprognose ebenfalls bis 2019/20 fortgeschrieben; FOEB:
Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen.
Folgt man den Ergebnissen der Simulation, wären an den Grundschulen im Kreis Borken in
2016/17 im Durchschnitt 7,17 Schüler mit Förderbedarf zu beschulen (im Vergleich zu 5,22 in
der Status Quo-Variante, vgl. Tabelle 58). Dadurch sinken die Schülerzahlen insgesamt nicht in
dem Ausmaß wie in der Status Quo-Variante. In 2019/20 sind insgesamt 13.588 Schüler an den
Grundschulen und 7,98 Schüler haben im Durchschnitt je Grundschule einen Förderbedarf. Dies
sind zusätzlich rund 3 Kinder pro Schule im Vergleich zur Status Quo-Prognose.
68
Abweichungen von der angestrebten Inklusionsquote nach Förderschwerpunkten haben technische Gründe und
sind auf das über die Zeit schwankende und zudem geringe Mengengerüst in einzelnen Förderschwerpunkten zurückzuführen (vgl. Abschnitt 5.1).
131
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
2019/ 2016/ 2012/
20
17
13
Tabelle 58: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und
Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen
Anzahl Schüler
Anzahl Schüler mit
Förderbedarf
Anzahl Schüler
Anzahl Schüler mit
Förderbedarf
Anzahl Schüler
Anzahl Schüler mit
Förderbedarf
Status Quo-Prognose
arith. Mittel
Std. Abw.
Summe
241,75
78,88
15.230
Erhöhung der Inklusionsquote
arith. Mittel
Std. Abw.
Summe
5,49
7,11
346
223,71
72,89
14.094
225,73
72,80
14.221
5,22
6,59
329
7,17
6,35
452
212,38
69,34
13.380
215,68
69,49
13.588
4,90
6,23
309
7,98
6,34
503
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; dargestellt sind die 63 Grundschulen, die nach derzeitigem Stand bis zum Schuljahr
2016/17 bzw. 2019/20 fortbestehen werden.
Tabelle 59: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose und
Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen
5,00
Perzentile (Anteil Schulen)
25%
50%
75%
95%
Status Quo
8,00
10,00
12,00
15,00
10,33
19,00
21,88
23,00
24,73
25,77
5,00
8,00
9,00
12,00
13,00
18,88
21,38
23,73
25,10
26,50
2019/ 2016/ 2012/
20
17
13
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
2019/ 2016/
20
17
5%
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
Anzahl Klassen
Durchschnittliche
Klassengrößen
arith.
Mittel
Std.
Abw.
Min.
Max.
2,94
4,00
17,00
23,16
2,12
18,00
28,33
9,54
2,73
4,00
17,00
23,24
2,38
16,63
28,25
5,00
8,00
8,00
11,00
12,00
9,16
2,51
4,00
16,00
18,14
21,25
22,88
24,92
27,00
22,92
2,71
16,63
28,63
5,00
Simulation (Erhöhung der Inklusionsquote)
8,00
9,00
12,00
13,00
9,60
2,72
4,00
17,00
19,13
21,50
23,58
24,77
26,75
23,28
2,35
16,88
28,38
5,00
8,00
9,00
12,00
13,00
9,29
2,52
4,00
16,00
19,13
22,67
24,18
25,93
28,38
24,05
2,74
16,88
29,63
Gesamt
651
601
577
605
585
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; dargestellt sind die 63 Grundschulen, die nach derzeitigem Stand bis zum Schuljahr
2016/17 bzw. 2019/20 fortbestehen werden.
Die rückläufigen Schülerzahlen im Kreis Borken haben entscheidenden Einfluss auf die Anzahl
der Klassen und die durchschnittlichen Klassengrößen, die in den Schuljahren 2016/17 und
2019/20 zu erwarten sind. In der Status Quo-Prognose, d. h. ohne Wirkung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes, werden an den Grundschulen im Kreis Borken im Schuljahr 2016/17 noch
601 Klassen benötigt, im Schuljahr 2012/13 sind es hingegen noch 651 Klassen (vgl. Tabelle 59).
Bis zum Schuljahr 2019/20 reduziert sich dieser Wert weiter auf 577 Klassen. Insgesamt könnten durch die sinkenden Schülerzahlen bis zum Schuljahr 2019/20 74 Klassen eingespart oder
deutlich kleinere Klassen gebildet werden. Diese Differenz kennzeichnet die demografische Entlastung, die die Träger der Grundschulen im Kreis Borken zu erwarten haben. Von Interesse ist
dann, inwiefern dieses theoretische Einsparpotenzial genutzt werden kann, um bei einer zu132
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
nehmenden Anzahl an Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine pädagogisch wünschenswerte Klassenbildung vorzunehmen. Hierzu zeigt Tabelle 59 zunächst nur, dass durch die
gestiegene Inklusion im Schuljahr 2016/17 605 Klassen und im Schuljahr 2019/20 585 Klassen
benötigt werden. Die sich aus den rückläufigen Schülerzahlen ergebende demografische Entlastung kann also für die Aufnahme von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den
Grundschulen genutzt werden. Die Differenz zwischen der Klassenzahl in 2019/20 unter der
Status Quo-Prognose und jener, die sich durch die Erhöhung der Inklusionsquote im selben
Schuljahr ergibt, kennzeichnet aber auch die demografische Entlastung, die den Trägern der
Grundschulen im Kreis Borken durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz entgeht (siehe unten).
Da die Status Quo-Prognose keine Veränderungen in den Richtwerten zur Klassenbildung vorsieht, werden in der Konsequenz die Klassen im Durchschnitt wieder etwas größer (24,05 zu
22,92 Schüler je Klasse, vgl. Tabelle 59). Erst wenn die Klassenbildungswerte nachfolgend variiert werden, kann beurteilt werden, inwiefern die demografische Entlastung auch für die Bildung kleinerer Klassen genutzt werden kann.
Betrachtet wird hierzu zunächst die Basisvariante, bei der die Klassenbildung anhand
der in der entsprechenden Ausführungsverordnung angegebenen Richtwerte erfolgt (24 Schüler
als Richtwert bei einer Untergrenze von 18 und einer Obergrenze von 30 Schülern, vgl. dazu
auch Abschnitt 3.1.5). Bezogen auf die einzelnen Schulen hat die Erhöhung der Inklusionsquote
im Vergleich zur Status Quo-Prognose an 52 Grundschulen im Schuljahr 2019/20 keine Konsequenzen für die Klassenbildung (vgl. Tabelle 60).69 Insgesamt entsteht durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz ein Mehrbedarf in Höhe von acht Klassen durch Kinder mit Förderbedarf, die
an Grundschulen unterrichtet werden (585 Klassen – 577 Klassen, vgl. Tabelle 59). An 6 Schulen
wird jeweils eine Klasse aus der demografischen Entwicklung erhalten bleiben, d. h. im Vergleich
zur Status Quo-Prognose kann jeweils eine Klasse weniger zusammengelegt werden. Eine
Grundschule wird zwei Klassen weiterhin erhalten, die sie unter der Status Quo-Prognose sonst
auflösen könnte (vgl. Tabelle 60 und Tabelle 59). Über den weiteren Raumbedarf (z. B. für Differenzierungsräume) gibt Tabelle 60 allerdings keine Auskunft. Auch andere Maßnahmen, wie
z. B. bauliche Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit, werden an dieser Stelle noch
nicht diskutiert.
Ähnlich wie in Essen steigt auch im Kreis Borken die Zahl der mit Inklusion befassten
Schulen. 59 der 63 Grundschulen, die nach der Fortschreibung im Kreis Borken bestehen bleiben, wären von der Schulrechtsänderung betroffen. Diese Schulen nehmen erstmalig oder zusätzlich zum bestehenden Gemeinsamen Unterricht Schüler mit sonderpädagogischem Förder-
69
Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass im Schuljahr 2019/20 vermutlich rund 100 Förderschüler mit
Schwerpunkt Geistige Entwicklung inklusiv zu unterrichten wären, die sich derzeit an privaten Förderschulen befinden.
133
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
bedarf auf. Abbildung 17 und Abbildung 18 zeigen die betroffenen Schulen für die beiden betrachteten Schuljahre.
Tabelle 60: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen, Basisvariante
Klassenbildung
2012/13
2016/17
2019/20
0
0
44
52
1
0
4
6
2
0
0
1
3
0
0
0
Anzahl betroffener Schulen
0
48
59
Anteil betroffener Schulen
0,00
76,19
93,65
Differenz Klassenbildung
0
4
8
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich.
134
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Abbildung 17: Standorte der öffentlichen Grundschulen im Kreis Borken nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2016/17
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
135
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Abbildung 18: Standorte der öffentlichen Grundschulen im Kreis Borken, nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2019/20
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung
136
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Die demografische Entlastung, die sich aus der Status Quo-Prognose ergibt, fällt jedoch geringer
aus, wenn im Sinne pädagogisch sinnvollerer Klassengrößen die Richtwerte und die Mindestund Höchstgrößen für Grundschulklassen variiert werden. Können im Schuljahr 2016/17 in der
Status Quo-Prognose 50 Klassen weniger gebildet werden, so werden bei einer Herabsenkung
des Klassenfrequenzrichtwertes von 24 auf 22 Schüler (Reformvariante) 39 Klassen von diesen
50 erhalten bleiben. In 2019/20 wären es 52 von 74 Klassen.
Hingegen wird in der erweiterten Reformvariante (‚kleine Klassen‘), bei der der Klassenfrequenzrichtwert auf 22 und die Höchstgrenze auf 23 Schüler gesenkt wird, die demografische
Entlastung vollständig aufgebraucht und es müssen noch zusätzliche Klassen gebildet werden.
Im Jahr 2016/17 werden 106 Klassen benötigt, d. h., es müssen zusätzlich 56 Klassen eingerichtet werden. In 2019/20 müssen 57 Klassen zusätzlich eingerichtet werden (Zu bildende Klassen
in 2019/20: 131 Klassen, nach Status Quo noch zur Verfügung stehende Klassen: 74), um pädagogisch sinnvolle Größen der Lerngruppen zu erreichen (vgl. hierzu Abschnitt 3.1.5).
Tabelle 61: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen, Reformvariante
Klassenbildung
2012/13
2016/17
2019/20
-1
0
0
0
0
0
27
25
1
0
9
23
2
0
6
4
3
0
6
7
4
0
0
0
Anzahl betroffener Schulen
0
48
59
Anteil betroffener Schulen
0,00
79,19
93,65
Differenz Klassenbildung
0
39
52
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 60
Tabelle 62: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen, erweiterte Reformvariante
Klassenbildung
2012/13
2016/17
2019/20
-1
0
0
0
0
0
6
8
1
0
9
11
2
0
9
11
3
0
17
18
4
0
7
11
Anzahl betroffener Schulen
0
48
59
Anteil betroffener Schulen
0,00
76,19
93,65
Differenz Klassenbildung
0
106
131
Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 60
137
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Aus der Erhöhung der Inklusionsquoten in der Primarstufe ergeben sich ebenfalls Konsequenzen für die Förderschulen im Kreisgebiet Borken. Je mehr Schüler mit Förderbedarf von Jahr zu
Jahr an allgemeinen Grundschulen unterrichtet werden, desto weniger Schüler mit Förderbedarf
besuchen die Förderschulen. Folglich sinken nicht nur die Schülerzahlen an Förderschulen, sondern auch die Förderschulbesuchsquote (vgl. Tabelle 63 und Tabelle 64). In 2012 beträgt die
Förderschulbesuchsquote im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen 57,48% bezogen
auf die Referenzstichprobe (vgl. Abschnitt 5.1). Dabei ist zu beachten, dass in Förderschulen
regelmäßig alle Klassenstufen unterrichtet werden und daher hier lediglich der Effekt beschrieben wird, der sich aus der Unterrichtung von Schülern an allgemeinen Schulen ergibt, die der
Primarstufe zuzuordnen sind. Da für das Kreisgebiet Borken die erstmalige Situation simuliert
wird, dass Kinder mit Förderbedarf im Bereich Geistige Entwicklung an Grundschulen unterrichtet werden, reduziert sich die Förderschulbesuchsquote für diesen Förderschwerpunkt von
100% auf 30%.70 Die Förderschulbesuchsquote von 0% in den weiteren Förderbedarfen bedeutet, dass an den öffentlichen Förderschulen im Kreisgebiet Borken keine Kinder mit diesen Förderbedarfen unterrichtet werden, da kein entsprechendes Angebot in Trägerschaft des Kreises
oder der kreisangehörigen Städte vorliegt. Diese Schüler werden daher entweder an privaten
Förderschulen, den Förderschulen des LWL oder öffentlichen Förderschulen außerhalb des
Kreises Borken unterrichtet.
70
Diese Förderschulbesuchsquote bezieht sich – wie auch in der gesamten Analyse – lediglich auf die Förderschulen
in öffentlicher Trägerschaft.
138
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Tabelle 63: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Förderschulen (ohne LWL-Schule), Schülerzahlen in der Primarstufe
Ist
2012/13
Anzahl
Schüler
mit
Förderbedarf
487
Prognose
2016/17
450
387
63
0
0
0
-114
-92
-22
0
0
0
336
295
41
0
0
0
Prognose
2019/20
427
367
60
0
0
0
-195
-153
-41
0
0
0
232
214
18
0
0
0
Jahr
darunter mit Förderbedarf
Abnahme der Schüler nach FOEB
Neue Schülerzahlen
LES
GG
KM
HK
SE
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
SE
mit
FOEB
LES
GG
KM
HK
SE
419
68
0
0
0
0
0
0
0
0
0
487
419
68
0
0
0
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen.
Tabelle 64: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Förderschulen (ohne LWL-Schule), Förderschulbesuchsquoten in der Primarstufe
Jahr
Referenzstichprobea)
(Schüler mit FOEB Insgesamt)
LES
GG
KM
HK
SE
Förderschulbesuchsquote
LES
GG
KM
HK
SE
GG-SE
ALLE
Ist
2012/13
729
68
27
21
5
57,48
100,00
0,00
0,00
0,00
56,20
57,29
Prognose
2016/17
676
63
25
19
5
43,64
65,08
0,00
0,00
0,00
36,61
42,64
Prognose
2019/20
638
60
24
18
4
33,54
30,00
0,00
0,00
0,00
16,98
31,18
Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung
Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich: a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die im Kreis Borken bereits
inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die im Kreis Borken wohnen und eine öffentliche Förderschule im Kreis Borken oder eine LWL-Schule außerhalb des Kreises
besuchen. Diese Summe wird mit der Schülerprognose ebenfalls bis 2019/20 fortgeschrieben; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen.
139
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
5.4
Mögliche kommunale Folgekosten bei Erhöhung der Inklusionsquote
in der Primarstufe
Zur Bewertung der möglichen kommunalen Folgekosten der Umsetzung der Inklusion im Primarbereich des Kreises Borken, wie sie der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vorsieht, werden die zuvor beschriebenen schulorganisatorischen Konsequenzen mit den in Tabelle
12 auf S. 72 angegebenen Kosten gewichtet. Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur die Anzahl
zusätzlich zu bildender Klassen, sondern auch Erfordernisse aus der Beschulung von Schülern
mit spezifischen Förderbedarfen. Diese Erfordernisse wurden in Abschnitt 3.2 ausführlich beschrieben. Dabei wurde in Abschnitt 3.2 auch die Unterscheidung zwischen kommunalen Mehrkosten durch die Umsetzung der Inklusion (z. B. für den Umbau oder die Erweiterung von Schulgebäuden) und Kosten, die zwischen den öffentlichen Schulträgern umverteilt werden, vorgenommen (vgl. auch zusammenfassend Tabelle 12 auf S. 72). Ein Beispiel für die Umverteilung
von Ausgabenlasten zwischen den Schulträgern sind die Schülerbeförderungskosten. Am Beispiel des Kreises Borken und seiner 17 kreisangehörigen Städte und Gemeinden können diese
Kostenumverteilungen für den Grundschulbereich im Detail dargestellt werden. Im Folgenden
werden die verschiedenen Kostenblöcke einzeln aufgeführt und beschrieben.
5.4.1
Investitionsbedarf für Räume und räumliche Ausstattung
Unterrichts- und Differenzierungsräume
In Abschnitt 5.3 wurden die schulorganisatorischen Konsequenzen aus der Erhöhung der Inklusionsquoten für die einzelnen Grundschulen im Kreis Borken im Hinblick auf die zu bildenden
Klassen beschrieben. Nun wird dieser Bedarf an Klassenräumen mit der aktuell vorhandenen
Raumausstattung an den Schulen abgeglichen. Es wird geprüft, ob Schulen, die zusätzlich oder
erstmalig Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen, über ausreichend Räume
verfügen, um nicht nur Klassen, sondern auch Differenzierungsräume einzurichten. Sind in einer
Schule noch genügend freie Räume verfügbar, wird angenommen, dass diese ohne zusätzlichen
Investitionsbedarf als Unterrichtsräume genutzt werden können. Für die Einrichtung von Differenzierungsräumen wird lediglich ein Investitionsbedarf für deren Umgestaltung angesetzt, solange das noch vorhandene Raumangebot der Schule die Einrichtung von Differenzierungsräumen zulässt. Andernfalls müssen diese Räume (an)gebaut werden. Hinsichtlich der Anzahl an
benötigten Differenzierungsräumen im Schuljahr 2019/20 wird dabei davon ausgegangen, dass
bis zu 10 Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf einen Differenzierungsraum
gemeinsam nutzen können. In Kombination mit der pädagogisch wünschenswerten Variante für
die Klassenbildung (erweiterte Reformvariante, ‚kleine Klassen‘) wird außerdem berechnet,
welcher Investitionsbedarf entsteht, wenn sich konsequent zwei Klassen einen Differenzie-
140
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
rungsraum teilen, wie dies derzeit Standard an Förderschulen ist (vgl. auch die Erläuterungen in
Abschnitt 3.2.1).
Die Stadt Gescher im Kreis Borken konnte keine Informationen über die Raumausstattung ihrer Schulen liefern, sodass die nachfolgenden Bewertungen des Raumbedarfs für die
Grundschulen in Trägerschaft der weiteren 16 kreisangehörigen Städte und Gemeinden erfolgen. Da allerdings die Anzahl der Schüler an den Grundschulen in Gescher und die Anzahl der
Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die in Gescher leben, bekannt sind, kann eine
Kostenbewertung für die schülerbezogenen Positionen (insbesondere laufende Ausgaben je
Schüler) erfolgen. Daher wird die Stadt Gescher in den Tabellen der nachfolgenden Abschnitte
mitgeführt.
Entsprechend der Basisvariante, in der an den Grundschulen zum Schuljahr 2019/20 im
Vergleich zur Status Quo-Prognose insgesamt 8 Klassen erhalten werden müssen, entsteht hinsichtlich der Klassenräume kein Investitionsbedarf, da auf Grund der demografischen Entwicklung, insbesondere der schulrelevanten Bevölkerung, noch ausreichend Unterrichtsräume für
die Unterrichtung dieser Klassen zur Verfügung stehen. Zu Differenzierungsräumen müssten an
29 Schulen insgesamt 35 Räume umgebaut und an 12 Schulen müssten 16 Räume neu gebaut
werden. Der Umbau zu Differenzierungsräumen löst Investitionen in Höhe von 350.000 Euro
aus. Der Neubau bzw. Anbau von Differenzierungsräumen führt zu erforderlichen Investitionen
in Höhe von 1,92 Mio. Euro (vgl. Tabelle 65).
In der Reformvariante, in der der Klassenfrequenzrichtwert abgesenkt wird, entstehen
im Grundschulbereich in der Summe Investitionen in Höhe von 3,38 Mio. Euro (vgl. ebenfalls
Tabelle 65), d. h. im Vergleich zur Basisvariante noch einmal Investitionen von zusätzlich
1,11 Mio. Euro. Denn trotz der demografischen Entlastung muss eine Grundschule zwei Klassenräume (an)bauen und es bleibt insgesamt weniger Raumangebot für mögliche Differenzierungsräume. Wird die Größe der Klassen konsequent nach oben begrenzt (erweiterte Reformvariante), so ergibt sich für die Grundschulen ein Investitionsbedarf von 9,6 Mio. Euro. Wird darüber
hinaus mit der pädagogisch wünschenswerten Variante eines Differenzierungsraums für zwei
Klassen gerechnet (erweiterte Reformvariante*), so ist dies mit einer weiteren und erheblichen
Steigerung des Investitionsbedarfs verbunden. Die Kosten für die Umsetzung dieses Konzeptes
im Primarbereich belaufen sich bis zum Schuljahr 2019/20 auf insgesamt rund 32 Mio. Euro.
141
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Tabelle 65: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Investitionsform an Grundschulen im Kreis Borken, Schuljahr 2019/20, verschiedene Varianten
Anzahl Schulen, mit Investitionsbedarf
Anzahl Räume
Umbau/
Bau/
Umbau/
Bau/
Bau/
Einrichtung Errichtung
Bau/
Einrichtung Errichtung
Errichtung v. Differen- v. Differen- Errichtung v. Differen- v. Differenzierungs-/ zusätzlicher zierungs-/
zierungs-/
zusätzlicher zierungs-/
KlassenMehrzweck- MehrzweckKlassenMehrzweck- Mehrzweckräume
räumen
räumen
räume
räumen
räumen
Variante
Basisvariante
0
29
12
0
35
16
Reformvariante
1
24
17
2
26
24
erweiterte
26
12
29
41
12
38
Reformvariante
erweiterte
26
18
47
41
28
226
Reformvariante*
Investitionsbedarf
Bau/
Errichtung
zusätzlicher
Klassenräume:
120.000
Euro
je Raum
0
240.000
Umbau/
Einrichtung
v. Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen:
10.000 Euro
je Raum
350.000
260.000
Bau/
Errichtung v.
Differenzierungs-/
Mehrzweckräumen:
120.000
Euro
je Raum
1.920.000
2.880.000
Gesamt
2.270.000
3.380.000
4.920.000
120.000
4.560.000
9.600.000
4.920.000
280.000
27.120.000
32.320.000
Hinweis: *erweiterte Reformvariante mit einem Differenzierungsraum je zwei Klassen mit Gemeinsamen Unterricht (unabhängig von der Zahl der Schüler mit Förderbedarf)
142
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Therapie-/Pflegeräume
An Schulen, die Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung und/oder Schüler mit Förderbedarf Körperliche und motorische Entwicklung aufnehmen, ist ein Raum für therapeutische und
pflegerische Maßnahmen einzurichten (vgl. dazu auch Abschnitt 3.2.1). Der hiermit verbundene
Investitionsbedarf entsteht an denselben Schulen, die auch einen behindertengerechten Hygienebereich benötigen (vgl. dazu Tabelle 66). Bei einem pauschalen Investitionsbedarf von
10.000 Euro entstehen den Trägern der Grundschulen so bis zum Schuljahr 2019/20 Folgekosten in Höhe von 270.000 Euro. Dabei wird allerdings unterstellt, dass die Einrichtung eines Therapie- und Pflegeraums keine weiteren Bauinvestitionen erzeugt.
5.4.2
Investitionsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit
Auch die Kosten für die Herstellung von Barrierefreiheit an den Grundschulen im Kreisgebiet
Borken sind einmalige Investitionskosten, die bei Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz spätestens bis zum Schuljahr 2019/20 notwendig werden. Berücksichtigt wird auch hier der Ausbaustand der Schulen im Schuljahr 2012/13, d. h. für Schulen, die
bereits als barrierefrei gelten, entsteht kein zusätzlicher Investitionsbedarf. Außerdem werden
in die Bewertung nur Grundschulen einbezogen, die erstmals oder zusätzlich Schüler mit den
hier betrachteten Förderbedarfen aufnehmen. Für einen barrierefreien Zugang für Schüler mit
Förderbedarf im Bereich Körperliche und motorische Entwicklung müssten 9 Grundschulen
Rampen installieren, wodurch Kosten in Höhe von 180.000 Euro entstehen. Die Notwendigkeit
von Aufzügen in Grundschulen konnte nicht überprüft werden und wird bei der Schätzung der
Folgekosten nicht berücksichtigt (vgl. dazu Abschnitt 3.2.1). An Schulen, die Schüler mit Förderbedarf in den Bereichen Geistige Entwicklung oder Körperliche und motorische Entwicklung
aufnehmen, ist außerdem ein barrierefreier Hygienebereich vorzusehen, der neben einer behindertengerechten Toilette auch eine Wasch- und Wickelmöglichkeit beinhalten sollte. Dieser Bedarf entsteht in der Simulation an insgesamt 27 Schulen und bedeutet bis zum Schuljahr
2019/20 Investitionen in Höhe von 270.000 Euro (vgl. Tabelle 66).
143
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Tabelle 66: Anzahl Grundschulen im Kreis Borken nach Investitionsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit, Schuljahr 2019/20
Barrierefreier Hygienebereich
Investitionsbedarf vorhanden
Schulform
Grundschule
Investitionsbedarf in Euro (10.000 je Schule)
Nein
Ja
Gesamt
36
27
270.000
Barrierefreiheit im Schulgebäude
Investitionsbedarf (in Euro)
Hören/Kommunikation
Sehen
Hören/
Kommunikation
(10.000 je Schule)
2
1
20.000
Investitionsbedarf vorhanden für
Schulform
Grundschule
Sehen
(10.000 je Schule)
10.000
Barrierefreier Zugang zu Gebäude und Räumen
Investitionsbedarf (in Euro)
Investitionsbedarf vorhanden für
Schulform
Grundschule
5.4.3
Rampe
Aufzug
Rampe
(20.000 je Schule)
9
.
180.000
Aufzug (inkl. Zugang)
(100.000 je Schule)
.
Investitionsbedarf und laufende Kosten für Lehr-/Lernmittel
Im Schuljahr 2019/20 werden laut den Ergebnissen der Simulation insgesamt 4 Schüler mit
Förderbedarf Sehen an allgemeinen Grundschulen im Kreis Borken unterrichtet, für die bis spätestens zu diesem Schuljahr spezielle Lernmittel angeschafft werden müssten. Zu diesem Zeitpunkt wären nach der Status Quo-Prognose bereits drei Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Grundschulen, sodass die Investitionen um die notwendigen oder bereits notwendig
gewordenen Ausgaben für diese Schüler reduziert werden (unter der Annahme, dass die angeschafften Lesehilfen und Lesegeräte von anderen Schülern weiter verwendet werden können).
Bis zum Schuljahr 2019/20 ergibt sich dann im Vergleich zur Situation unter Status QuoAnnahmen ein zusätzlicher Investitionsbedarf für diese Lernmittel in Höhe von 5.000 Euro. Genau wie in der Stadt Essen ist auch für den Kreis Borken davon auszugehen, dass der Investitionsbedarf in spezielle Lernmittel für Schüler mit Sehbehinderung unterschätzt wird (vgl. Abschnitt 5.1).
Tabelle 67: Anzahl Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Grundschulen im Kreis Borken
und einmaliger Investitionsbedarf für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Ist
2012/13
3
Status Quo-Prognose
2016/17 2019/20
3
3
Simulation
2016/17 2019/20
3
4
Betrag
(pauschal)
5.000
Investitionsbedarf
bis 2016/17
Bis 2019/20
0
5.000
Zusätzliche laufende Ausgaben für Lehr- und Lernmittel ergeben sich für Schüler mit Förderbedarf, die – alternativ zur Förderschule – eine Grundschule eines Schulträgers besuchen, der nicht
Träger der sonst besuchten Förderschule ist. Daher werden die laufenden Kosten nach Träger
144
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
der Förderschule und Träger der Grundschule ausgewiesen. Anhand Tabelle 68 zeigt sich, dass
gerade die kreisangehörigen Städte und Gemeinden mit laufenden Kosten für Lehr- und Lernmittel zu rechnen haben, die selbst keine Förderschule tragen und in denen viele Schüler wohnen, die sonst eine Förderschule in Trägerschaft des Kreises Borken, des Landschaftsverbandes
Westfalen-Lippe (LWL) oder einer anderen kreisangehörigen Stadt besuchen würden. Diese
kreisangehörigen Städte und Gemeinden haben aufgrund des ‚Schulträgerprinzips‘ die entsprechenden Kosten für Lehr- und Lernmittel zu tragen. Kreisangehörigen Städten, die selbst Träger
von Förderschulen sind, entstehen nur dann zusätzliche Kosten, wenn sie auch Schüler an den
Grundschulen unterrichten, die sonst an einer Förderschule in Trägerschaft des Kreises Borken
oder des LWL unterrichtet würden. Daher sind Kosten, die nicht zusätzlich entstehen, sondern
lediglich zwischen den Grundschulen und den Förderschulen desselben Schulträgers verschoben werden, farblich gekennzeichnet. Diese fallen auch nicht in die Berechnung der gesamten
Mehrkosten in den nachfolgenden Tabellen. Die Kosten, die den Schulträgern der Grundschulen
durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz im Primarbereich zusätzlich entstehen, belaufen sich
im Schuljahr 2016/17 auf 3.816 Euro und im Schuljahr 2019/20 auf 6.012 Euro (vgl. Tabelle 68).
145
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Tabelle 68: Laufende Kosten für Lehr- und Lernmittel nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Schuljahr 2016/17 (Betrag (pauschal) 36 Euro)
Träger der Förderschule
Träger der Grundschule
Kreis
Borken
Ahaus (St.)
Bocholt (St.)
Borken (St.)
Gescher (St.)
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
Reken (Gem.)
Rhede (St.)
Schöppingen (Gem.)
Stadtlohn (St.)
Südlohn (Gem.)
Velen (St.)
Vreden (St.)
288
252
324
288
324
108
144
180
180
288
144
36
216
144
144
108
LWL
36
36
36
36
Ahaus
(St.)
Bocholt
(St.)
Borken
(St.)
Gronau
(St.)
Stadtlohn
(St.)
180
Vreden
(St.)
Mehrkosten
72
324
Gesamt
396
288
360
360
324
144
180
216
216
360
252
72
216
180
144
108
3.816
Vreden
(St.)
Mehrkosten
72
648
360
720
432
540
252
108
288
324
468
468
252
144
216
216
360
216
6.012
108
72
36
216
36
36
36
36
72
36
36
72
72
36
Schuljahr 2019/20 (Betrag (pauschal) 36 Euro)
Träger der Förderschule
Träger der Grundschule
Kreis
Borken
Ahaus (St.)
Bocholt (St.)
Borken (St.)
Gescher (St.)
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
Heiden (Gem.)
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
Reken (Gem.)
Rhede (St.)
Schöppingen (Gem.)
Stadtlohn (St.)
Südlohn (Gem.)
Velen (St.)
Vreden (St.)
504
324
684
360
504
216
108
180
288
432
396
144
108
216
180
324
216
LWL
72
36
36
Ahaus
(St.)
Bocholt
(St.)
Borken
(St.)
Gronau
(St.)
Stadtlohn
(St.)
180
216
108
72
36
36
252
108
36
36
72
36
36
72
144
36
36
612
Gesamt
Hinweis: Die farblich hinterlegten Felder Kennzeichen die Verschiebungen beim selben Schulträger.
5.4.4
Laufende Kosten für Ganztagsbetreuung (Schülerpauschale)
Für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf fallen im Ganztagsbetrieb einer allgemeinen Schule zusätzliche Kosten an (vgl. Abschnitt 3.2.1). Bei der Schätzung der zusätzlichen
kommunalen Kosten für die Betreuung der Grundschüler mit Förderbedarf im Ganztagsbetrieb
werden wiederum nur die Ausgaben für Schüler berücksichtigt, die unter Status Quo-Annahmen
(ohne Einfluss der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes) nicht ohnehin an allgemeinen Schulen unterrichtet würden. Zudem wird auch hier unterschieden, ob lediglich eine Ver146
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
schiebung innerhalb desselben Schulträgers oder eine Verschiebung zwischen Schulträgern erfolgt. Im Schuljahr 2016/17 fallen so insgesamt Kosten in Höhe von 212.000 Euro an, im Schuljahr 2019/20 belaufen sich die Kosten für die Träger der Grundschulen im Primarbereich auf
334.000 Euro.
Tabelle 69: Laufende Kosten für den Ganztagsbetrieb (Schülerpauschale) nach Trägerschaft der
Schule im Kreis Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Schuljahr 2016/17 (Betrag (pauschal) 2.000 Euro)
Träger der Förderschule
Träger der Grundschule
Kreis
Borken
Ahaus (St.)
Bocholt (St.)
Borken (St.)
Gescher (St.)
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
Reken (Gem.)
Rhede (St.)
Schöppingen (Gem.)
Stadtlohn (St.)
Südlohn (Gem.)
Velen (St.)
Vreden (St.)
16.000
14.000
18.000
16.000
18.000
6.000
8.000
10.000
10.000
16.000
8.000
2.000
12.000
8.000
8.000
6.000
LWL
2.000
2.000
2.000
2.000
Ahaus
(St.)
Bocholt
(St.)
Borken
(St.)
Gronau
(St.)
Stadtlohn
(St.)
10.000
Vreden
(St.)
Mehrkosten
4.000
Gesamt
22.000
16.000
20.000
20.000
18.000
8.000
10.000
12.000
12.000
20.000
14.000
4.000
12.000
10.000
8.000
6.000
212.000
Vreden
(St.)
Mehrkosten
4.000
36.000
20.000
40.000
24.000
30.000
14.000
6.000
16.000
18.000
26.000
26.000
14.000
8.000
12.000
12.000
20.000
12.000
334.000
6.000
4.000
2.000
12.000
2.000
2.000
2.000
2.000
4.000
2.000
2.000
4.000
4.000
2.000
18.000
Schuljahr 2019/20 (Betrag (pauschal) 2.000 Euro)
Träger der Förderschule
Träger der Grundschule
Kreis
Borken
Ahaus (St.)
Bocholt (St.)
Borken (St.)
Gescher (St.)
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
Heiden (Gem.)
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
Reken (Gem.)
Rhede (St.)
Schöppingen (Gem.)
Stadtlohn (St.)
Südlohn (Gem.)
Velen (St.)
Vreden (St.)
28.000
18.000
38.000
20.000
28.000
12.000
6.000
10.000
16.000
24.000
22.000
8.000
6.000
12.000
10.000
18.000
12.000
LWL
4.000
2.000
2.000
Ahaus
(St.)
Bocholt
(St.)
Borken
(St.)
Gronau
(St.)
Stadtlohn
(St.)
10.000
12.000
6.000
4.000
2.000
2.000
14.000
6.000
2.000
2.000
4.000
2.000
2.000
4.000
8.000
2.000
2.000
34.000
Gesamt
Hinweis: Die farblich hinterlegten Felder Kennzeichen die Verschiebungen beim selben Schulträger.
5.4.5
Laufende Kosten für Schulpsychologie und Schulsozialarbeit
An Grundschulen, an denen mindestens vier Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf
unterrichtet werden, kann von einem Bedarf an Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern aus147
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
gegangen werden (vgl. Abschnitt 3.2.1). Unter dieser Annahme ergibt sich im Schuljahr 2016/17
an 46 Grundschulen im Kreis Borken ein Bedarf an Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern.
Mit diesem Bedarf sind kommunale Mehrkosten für den Grundschulbereich in Höhe von
2,76 Mio. Euro für das Schuljahr 2016/17 verbunden. Dieser Bedarf steigt mit der zunehmenden
Inklusion von Schülern mit Förderbedarf in den nachfolgenden Jahren weiter an; im Schuljahr
2019/20 besteht an 53 Schulen ein entsprechender Bedarf, der Ausgaben von insgesamt rund
3,18 Mio. Euro verursacht. Auch für den Kreis Borken gilt, dass räumliche Ressourcen, aber auch
qualifiziertes Personal, das im Zuge der Umsetzung der Inklusion möglicherweise an den Förderschulen freigesetzt werden kann, erst mittel- bis langfristig zur Verfügung steht (vgl. dazu
Abschnitt 3.3). Von zentraler Bedeutung für die potentielle Verfügbarkeit dieses Personals und
dessen Einsatz an den Grundschulen dürfte aber sein, dass lediglich 26 der 46 Grundschulen mit
diesem Bedarf von kreisangehörigen Städten getragen werden, die selbst Träger einer Förderschule sind. Die Träger der weiteren 20 Grundschulen mit Bedarf an Schulpsychologie und
Schulsozialarbeit werden vor die neue Aufgabe gestellt, in ihren Grundschulen die beschriebene
Betreuung und Beratung durch Psychologen und Sozialpädagogen zu gewährleisten, ohne dabei
auf Personal mit entsprechender Erfahrung und Qualifikation zurückgreifen zu können.71
Tabelle 70: Anzahl Grundschulen im Kreis Borken nach Investitionsbedarf für Schulpsychologie und
Schulsozialarbeit, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Träger der
Grundschule
Gemeinde
Stadt
Summe
Grundschulträger ist auch
Träger einer Förderschule
Nein
Ja
11
.
9
26
20
26
Träger der
Grundschule
Gemeinde
Stadt
Summe
Grundschulträger ist auch
Träger einer Förderschule
Nein
Ja
11
.
10
32
20
32
5.4.6
Schuljahr 2016/17
Anz.
SchulpsycholoSchulen mit
gie
Inv.-Bedarf
(15.000)
11
165.000
35
525.000
46
690.000
Schuljahr 2019/20
Anz.
SchulpsycholoSchulen mit
gie
Inv.-Bedarf
(15.000)
11
165.000
42
630.000
53
795.000
Schulsozialarbeit
(45.000)
Gesamt
495.000
1.575.000
2.070.000
660.000
2.100.000
2.760.000
Schulsozialarbeit
(45.000)
Gesamt
495.000
1.890.000
2.385.000
660.000
2.520.000
3.180.000
Laufende Kosten für Schülerbeförderung
Als Träger der Grundschulen entstehen den kreisangehörigen Städten und Gemeinden des Kreises Borken zusätzliche Kosten für die Beförderung der Schüler mit Förderbedarfen in den Bereichen Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Sehen sowie Hören und
Kommunikation. Denn die entsprechenden Förderschulen für Kinder mit diesen Förderbedarfen
sind in der Trägerschaft des LWL oder des Kreises Borken (Schwerpunkt Geistige Entwicklung),
71
Im Kreis Borken sind bereits im Schuljahr 2012/13 entsprechende Fachkräfte in der Schulberatungsstelle des
Kreises Borken beschäftigt. Dabei handelt es sich um fünf Fachkräfte, von denen zwei vom Kreis Borken finanziert
werden (drei Landesstellen).
148
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
der auch für deren Beförderungskosten aufkommt. Besuchen diese Schüler aber Grundschulen,
so übernimmt die jeweilige Gemeinde bzw. kreisangehörige Stadt als Schulträger die Beförderungskosten (vgl. Tabelle 71). Für finanzielle Entlastungen sorgen die geringeren Ausgaben für
die Beförderung von Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen, die eine allgemeine Schule
anstelle einer Förderschule besuchen (vgl. Tabelle 72 bzw. Tabelle 73). Diese Förderschulen
befinden sich entweder in Trägerschaft des Kreises (zwei Schulen) oder der kreisangehörigen
Städte (sechs Schulen).
Tabelle 71: Laufende Kosten für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken,
Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Sehen
sowie Hören und Kommunikation, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Träger der Grundschule
Träger der Grundschule
Schuljahr 2016/17 (Betrag (pauschal) 2.500 Euro je GG/KM; 600 Euro je HK/SE)
Träger der Förderschule
Kreis Borken
LWL
Mehrkosten
Ahaus (St.)
5.000
5.000
Bocholt (St.)
2.500
2.500
Borken (St.)
15.000
2.500
17.500
Gescher (St.)
5.000
2.500
7.500
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
600
600
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
10.000
2.500
12.500
Reken (Gem.)
7.500
3.100
10.600
Rhede (St.)
2.500
2.500
Schöppingen (Gem.)
2.500
2.500
Stadtlohn (St.)
2.500
2.500
Südlohn (Gem.)
7.500
2.500
10.000
Velen (St.)
5.000
5.000
Vreden (St.)
2.500
2.500
Gesamt
81.200
Schuljahr 2019/20 (Betrag (pauschal) 2.500 Euro je GG/KM; 600 Euro je HK/SE)
Träger der Förderschule
Kreis Borken
LWL
Mehrkosten
Ahaus (St.)
5.000
2.500
7.500
Bocholt (St.)
2.500
2.500
Borken (St.)
32.500
2.500
35.000
Gescher (St.)
5.000
5.000
Gronau (St.)
600
600
Heek (Gem.)
600
600
Heiden (Gem.)
5.000
5.000
Isselburg (St.)
0
Legden (Gem.)
0
Raesfeld (Gem.)
15.000
2.500
17.500
Reken (Gem.)
15.000
3.100
18.100
Rhede (St.)
2.500
2.500
Schöppingen (Gem.)
2.500
2.500
Stadtlohn (St.)
2.500
2.500
Südlohn (Gem.)
10.000
2.500
12.500
Velen (St.)
12.500
12.500
Vreden (St.)
2.500
2.500
Gesamt
126.800
149
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Im Jahr 2016/17 entstehen für Schüler mit den Förderbedarfen Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Sehen sowie Hören und Kommunikation bei den Schulträgern
der Grundschulen zusätzliche Ausgaben in Höhe von 81.200 Euro. In 2019/20 liegen diese Kosten bei 126.800 Euro, da durch die Umsetzung der Inklusion in diesem Schuljahr noch einmal
mehr Schüler mit entsprechendem sonderpädagogischem Förderbedarf öffentliche Grundschulen im Kreisgebiet Borken besuchen.
Trotz einiger Einsparpotenziale (vgl. Tabelle 72 und Tabelle 73) werden durch die Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes in den meisten kreisangehörigen Gemeinden und
Städten zusätzliche Kosten für die Schülerbeförderung anfallen. So entstehen beispielsweise der
Stadt Ahaus im Schuljahr 2016/17 zusätzliche Beförderungskosten in Höhe von 2.671 Euro, da
nun Schüler, die sonst eine Förderschule in der Trägerschaft des Kreises, des LWL oder einer
anderen kreisangehörigen Stadt besuchen würden, an einer öffentlichen Grundschule in Ahaus
unterrichtet werden. Obwohl in Ahaus durch die kürzeren Schulwege geschätzte Entlastungen
in Höhe von 2.037 Euro entstehen (vgl. Tabelle 73), reichen diese nicht aus, um die Mehrkosten
(2.671 Euro, vgl. Tabelle 73) zu decken. Die Stadt Ahaus hat also trotz der Einsparungen bei den
Schülern, für die sich die Schulträgerschaft nicht ändert, im Schuljahr 2016/17 (2019/20)
Mehrkosten in Höhe von 634 (671) Euro für den Schülertransport zu erwarten. Insgesamt ergeben sich in 2016/17 für nur drei Grundschulträger in der Summe Entlastungen bei den Schülerbeförderungskosten, auf die meisten kommen zusätzliche Kosten zu. Insgesamt sind im Kreis
Borken in 2016/17 zusätzlich 9.589 Euro an Schülerbeförderungskosten nur für den Grundschulbereich zu erwarten, in 2019/20 sind es 13.045 Euro.
150
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Tabelle 72: Laufende Kosten für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken,
Schüler mit Förderbedarf Lern- und Entwicklungsstörungen, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Schuljahr 2016/17 (Betrag 700 Euro x neue Distanz/alte Distanz)
Träger der Förderschule
Träger der Grundschule
Kreis
Borken
Ahaus (St.)
Bocholt (St.)
Borken (St.)
Gescher (St.)
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
Reken (Gem.)
Rhede (St.)
Schöppingen (Gem.)
Stadtlohn (St.)
Südlohn (Gem.)
Velen (St.)
Vreden (St.)
984
5.752
310
1.357
807
603
440
585
136
477
1.638
95
2.472
158
668
549
LWL
Ahaus
(St.)
700
1.463
Bocholt
(St.)
Borken
(St.)
Gronau
(St.)
Stadtlohn
(St.)
Vreden
(St.)
Mehrkosten
987
4.292
2.671
5.752
310
1.526
807
603
459
621
136
477
1.782
95
2.472
158
668
549
Vreden
(St.)
Mehrkosten
987
2.702
6.191
536
2.194
1.116
937
59
634
1.547
643
586
1.348
286
2.320
158
986
996
523
400
169
1.838
19
36
144
887
Schuljahr 2019/20 (Betrag 700 Euro x neue Distanz/alte Distanz)
Träger der Förderschule
Träger der Grundschule
Kreis
Borken
Ahaus (St.)
Bocholt (St.)
Borken (St.)
Gescher (St.)
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
Heiden (Gem.)
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
Reken (Gem.)
Rhede (St.)
Schöppingen (Gem.)
Stadtlohn (St.)
Südlohn (Gem.)
Velen (St.)
Vreden (St.)
2.002
6.191
536
2.017
1.116
937
59
553
1.511
643
586
1.204
286
2.320
158
854
996
LWL
Ahaus
(St.)
700
1.469
Bocholt
(St.)
Borken
(St.)
Gronau
(St.)
Stadtlohn
(St.)
788
811
177
2.255
81
36
144
2.279
132
8.062
Hinweis: Die farblich hinterlegten Felder Kennzeichen die Verschiebungen beim selben Schulträger.
151
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Tabelle 73: Kostensaldo für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken,
Schüler mit Förderbedarf Lern- und Entwicklungsstörungen, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Schuljahr 2016/17 (Betrag 700 Euro x neue Distanz/alte Distanz)
Träger der Förderschule
Ahaus
(St.)
Träger der Grundschule
Ahaus (St.)
Bocholt (St.)
Borken (St.)
Gescher (St.)
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
Reken (Gem.)
Rhede (St.)
Schöppingen (Gem.)
Stadtlohn (St.)
Südlohn (Gem.)
Velen (St.)
Vreden (St.)
Bocholt
(St.)
Borken
(St.)
Gronau
(St.)
Stadtlohn
(St.)
Vreden
(St.)
-2.037
-1.577
-1.000
-2.362
-513
-2.008
Mehrkosten
(Übertrag)
Saldo
2.671
5.752
310
1.526
807
603
459
621
136
477
1.782
95
2.472
158
668
549
19.086
634
4.175
-690
1.526
-1.555
603
459
621
136
477
1.782
95
1.959
158
668
-1.459
9.589
Mehrkosten
(Übertrag)
Saldo
2.702
6.191
536
2.194
1.116
937
59
634
1.547
643
586
1.348
286
2.320
158
986
996
22.243
671
3.479
-753
2.194
-1.529
937
59
634
1.547
643
586
1.348
286
1.799
158
986
-2.842
13.045
Schuljahr 2019/20 (Betrag 700 Euro x neue Distanz/alte Distanz)
Träger der Förderschule
Ahaus
(St.)
Träger der Grundschule
Ahaus (St.)
Bocholt (St.)
Borken (St.)
Gescher (St.)
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
Heiden (Gem.)
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
Reken (Gem.)
Rhede (St.)
Schöppingen (Gem.)
Stadtlohn (St.)
Südlohn (Gem.)
Velen (St.)
Vreden (St.)
Bocholt
(St.)
Borken
(St.)
Gronau
(St.)
Stadtlohn
(St.)
Vreden
(St.)
-2.031
-2.712
-1.289
-2.645
-521
-3.838
Hinweis: Die farblich hinterlegten Felder Kennzeichen die Verschiebungen beim selben Schulträger.
5.4.7
Laufende Kosten für Integrationshilfen
Zu den laufenden Kosten für Integrationshilfen wurde die Annahme getroffen, dass 50%72 der
Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung oder Körperliche und motorische Entwicklung
eine Integrationshilfe beantragen, die je Schüler beim Sozialhilfeträger Ausgaben von geschätzt
jährlich 11.000 Euro verursacht (vgl. Abschnitt 3.2.2). Legt man diese Kosten zugrunde, so ergeben sich im Kreis Borken kommunale Mehrkosten für Integrationshilfen für Grundschüler im
Schuljahr 2016/17 (2019/20) von geschätzt rund 176.000 (275.000) Euro jährlich. Zu beachten
ist, dass aufgrund fehlender belastbarer Informationen zur Inanspruchnahme von Integrations72
Dieser Anteil ist bereits bereinigt um den Anteil der Schüler, die an einer Förderschule unterrichtet werden und
eine Integrationshilfe beantragen (vgl. Abschnitt 3.2.1 und 3.2.2).
152
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
hilfen von Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen und Schülern mit Förderbedarf in den
Bereichen Sehen und Hören/Kommunikation für diese Gruppen die entsprechenden Ausgaben
nicht geschätzt werden können. Aus gleichem Grund bleiben die bei den Jugendhilfeträgern zusätzlich anfallenden Kosten gänzlich unberücksichtigt. Die beschriebenen zusätzlichen Ausgaben
für Integrationshilfen sind damit als Untergrenze der tatsächlich zusätzlich zu erwartenden Ausgaben für Integrationshilfen im Grundschulbereich zu interpretieren.
Tabelle 74: Laufende Kosten für Integrationshilfen nach Trägerschaft der Grundschule im Kreis
Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
Träger der Grundschule
Schuljahr 2016/17 (Betrag 11.000 Euro x 50% der Schüler mit GG/KM)
Ahaus (St.)
Bocholt (St.)
Borken (St.)
Gescher (St.)
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
Reken (Gem.)
Rhede (St.)
Schöppingen (Gem.)
Stadtlohn (St.)
Südlohn (Gem.)
Velen (St.)
Vreden (St.)
Träger der Förderschule
Kreis Borken
LWL
11.000
5.500
33.000
5.500
11.000
5.500
Träger der Grundschule
27.500
22.000
5.500
5.500
5.500
5.500
16.500
5.500
22.000
11.000
11.000
5.500
5.500
Gesamt
176.000
Schuljahr 2019/20 (Betrag 11.000 Euro x 50% der Schüler mit GG/KM)
Ahaus (St.)
Bocholt (St.)
Borken (St.)
Gescher (St.)
Gronau (St.)
Heek (Gem.)
Heiden (Gem.)
Isselburg (St.)
Legden (Gem.)
Raesfeld (Gem.)
Reken (Gem.)
Rhede (St.)
Schöppingen (Gem.)
Stadtlohn (St.)
Südlohn (Gem.)
Velen (St.)
Vreden (St.)
22.000
16.500
Mehrkosten
11.000
5.500
38.500
16.500
5.500
5.500
5.500
5.500
Träger der Förderschule
Kreis Borken
LWL
11.000
5.500
5.500
71.500
5.500
11.000
11.000
33.000
33.000
5.500
22.000
27.500
5.500
Mehrkosten
16.500
5.500
77.000
11.000
11.000
5.500
5.500
5.500
5.500
5.500
Gesamt
38.500
38.500
5.500
5.500
5.500
27.500
27.500
5.500
275.000
153
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
5.4.8
Potentiell nutzbare Ressourcen der Förderschulstandorte
Da für den Kreis Borken ausschließlich die zu erwartenden Konsequenzen des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes für den Grundschulbereich betrachtet werden und die Entwicklung in der Sekundarstufe I unberücksichtigt bleibt, wird die simulierte Entwicklung der Schülerzahlen an den
Förderschulen nicht im Detail dargestellt. In der Tendenz ergeben sich aber für die Förderschulen in Trägerschaft des Kreises Borken ähnliche Konsequenzen wie für jene in Trägerschaft der
Stadt Essen. Für den Kreis Borken ist aber zu berücksichtigen, dass die Förderschulen mit
Schwerpunkt im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen jeweils ein regionales, wohnortnahes Angebot zur Verfügung stellen, das bei Schließung einzelner Standorte nicht mehr gegeben wäre. In der Konsequenz werden die Schulträger im Kreis Borken – zumindest in einer
Übergangsphase – sowohl Plätze im Gemeinsamen Unterricht an allgemeinen Schulen als auch
Plätze an Förderschulen vorhalten müssen. Das Vorhalten dieser Doppelstruktur wird finanzielle Mehrbelastungen erzeugen, insbesondere bei den verbleibenden städtischen Schulträgern der
Förderschulen. Hier kann – wie auch in der Stadt Essen – eine Alternative darin bestehen, die
bereits bestehenden Verbünde von Förderschulen zu erweitern, um einzelne Förderschulstandorte zu sichern. Auch im Kreis Borken wären personelle und räumliche Ressourcen an auslaufenden Förderschulstandorten nicht ad hoc, sondern erst mittel- bis langfristig verfügbar (vgl.
dazu die entsprechenden Erläuterungen in Abschnitt 4.4.8).
Für die sonderpädagogische Förderung im Kreisgebiet Borken hätte das 9. Schulrechtsänderungsgesetz aber auch in anderer Hinsicht weitreichende Konsequenzen. Sechs der Förderschulen im Kreisgebiet (in Bocholt, Borken, Stadtlohn, Ahaus, Vreden und Gronau) werden im
Rahmen des nordrhein-westfälischen Schulversuchs ‚Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung‘ als Kompetenzzentren mit definierten Einzugsgebieten geführt.73 Ziel dieses
Schulversuchs ist unter anderem, präventive schulische und außerschulische Unterstützungsangebote – vornehmlich im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen – zu machen und hierbei
möglichst eng mit den allgemeinen Schulen zu kooperieren. In der Folge ist im Kreisgebiet Borken – wie mit dem Schulversuch intendiert – ein Rückgang der Verfahren zur Feststellung eines
sonderpädagogischen Förderbedarfs festzustellen.74 Gleichzeitig werden im Schuljahr 2012/13
mehr als 1.100 Kinder und Jugendliche75 präventiv gefördert, ohne dass bei Ihnen ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde. Mit der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes würde der Schulversuch mit Ablauf des Schuljahres 2013/14 enden und die Kompetenzzentren als Förderschulen weitergeführt (vgl. LTDrs. 16/2432, S. 39). Die Regelungen der
73
74
75
Die Möglichkeit des Ausbaus der Förderschulen zu Kompetenzzentren basiert auf § 20 Abs. 5 SchulG NRW.
So ist laut Auskunft des Schulamtes für den Kreis Borken der Anteil der Schulanfänger, für die ein Neuantrag auf
Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen gestellt
wurde (§ 5 AO-SF), von 4,90% im Schuljahr 2009/19 auf 1,42% im Schuljahr 2010/11 und weiter auf 0,96% im
Schuljahr 2011/12 gesunken.
Diese Kinder und Jugendlichen sind Bestandteil keiner Statistik; die Angaben wurden bei fünf der sechs Kompetenzzentren im Kreisgebiet Borken erhoben.
154
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Mindestgrößenverordnung76 würden auch für diese Förderschulen entsprechend gelten; die
Schulträger müssten die notwendigen schulorganisatorischen Beschlüsse spätestens zum Schuljahr 2016/17 fassen, falls diese Förderschulen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Mindestgrößenverordnung die Mindestgröße entsprechend ihres Förderschwerpunktes unterschreiten.
Da den präventiv geförderten Kindern dann keine Ressourcen zugewiesen wären (aufgrund des
fehlenden Etiketts ‚Förderbedarf‘), erscheint aus heutiger Sicht vollkommen unklar, wie diese
Kinder zukünftig weiter gefördert werden können. Eine Weiterführung des bestehenden Konzeptes präventiver Förderung würde unter den genannten Umständen vermutlich den Einsatz
zusätzlicher kommunaler Mittel erfordern.
5.4.9
Zusammenfassung der möglichen kommunalen Folgekosten
Die Ergebnisse zu den Schätzungen der möglichen kommunalen Folgekosten der Umsetzung der
Inklusion in den Grundschulen im Kreis Borken, wie sie der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vorsieht, sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengefasst (vgl. Tabelle 75).
Bis zum Schuljahr 2019/20, dem Zielzeitpunkt der Modellrechnung, fallen hier im Grundschulbereich unabhängig von der Klassenbildungsvariante einmalige Investitionen in Höhe von geschätzt 755.000 Euro für die Herstellung von Barrierefreiheit, für die Anschaffung von Lernmitteln sowie für die Einrichtung von Therapie- und Pflegeräumen an. Darüber hinaus ergeben sich
auch im Kreis Borken erhebliche Investitionsbedarfe für den Umbau von Klassen- und Mehrzweckräumen zu Differenzierungsräumen. Trotz der im Kreis Borken rückläufigen Schülerzahlen müssen die Träger der Grundschulen im Kreis Borken in die Errichtung zusätzlicher Räume
investieren, da an einigen Schulen die verfügbaren Räume nicht ausreichen.
Diese Investitionen variieren mit den Annahmen, die zur Klassenbildung getroffen werden. Bereits in der Basisvariante, bei der sich die Klassenbildung an den weiterhin gültigen Klassenbildungswerten der entsprechenden Ausführungsverordnung orientiert, entstehen im Kreis
Borken zusätzliche Kosten für den Umbau und die Errichtung der erforderlichen Räume in Höhe
von rund 2,3 Mio. Euro. Wird der Klassenfrequenzrichtwert abgesenkt, z. B. auf 22 statt 24 in
Grundschulklassen (Reformvariante), so steigen die notwendigen Investitionsausgaben um rund
1,1 Mio. Euro auf 3,4 Mio. Euro. In beiden Varianten wird die pädagogisch nicht wünschenswerte
Möglichkeit zugelassen, dass große Klassen mit bis zu 30 Schülern gebildet werden können. In
der erweiterten Reformvariante (‚kleine Klassen‘) erfolgt daher eine Begrenzung der Klassengrößen, was zu einem nochmal deutlich höheren Investitionsbedarf führt. Wird schließlich unterstellt, dass jeweils zwei dieser Klassen ein Differenzierungsraum für die gemeinsame Nutzung
76
Die vom nordrhein-westfälischen Landeskabinett beschlossene Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke (MindestgrößenVO) soll im zeitlichen Zusammenhang mit der geplanten Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes erlassen werden, vgl. hierzu auch Abschnitt 1.2. Die MindestgrößenVO ist online verfügbar unter http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_Gemeinsames_Lernen/
MindestgroessenVO.pdf (zuletzt abgerufen am 05.07.2013).
155
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
zur Verfügung steht, was dem diesbezüglichen Standard an Förderschulen entspricht, so resultiert hieraus für die Grundschulträger im Kreis Borken ein Investitionsbedarf von über 32 Mio.
Euro bis zum Schuljahr 2019/20. Die Ganztagsbetreuung der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf an Grundschulen wird im Jahr 2019/20 zusätzlich rund 334.000 Euro kosten. Hinzu
kommen Kosten für Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter, Lehr- und Lernmittel und Integrationshilfen, sodass sich die laufenden Kosten auf jährlich rund 3,9 Mio. Euro summieren. Hierbei wurden die Kostenverschiebungen zwischen den Schulträgern berücksichtigt und die möglichen Entlastungen einzelner Schulträger bei den Schülerbeförderungskosten bereits verrechnet,
die sich aus der wohnortnahen Beschulung von Schülern mit Förderbedarfen im Bereich der
Lern- und Entwicklungsstörungen ergeben.
156
5. Ergebnisse für den Kreis Borken
Tabelle 75: Zusammenfassende Darstellung der einmaligen Investitionen und laufenden Mehrkosten für den Kreis Borken nach den unterschiedlichen Klassenbildungsvarianten (nur Primarstufe)
Basis: Klassenbildungsvariante
Einmalige Investitionen (die bis spät. 2019/20 erfolgen), in Euro
Basisvariante
Errichtung zusätzlicher Klassen- bzw. Unterrichtsräume
Umbau/Einrichtung v. Differenzierungs-/Mehrzweckräumen
Errichtung v. Differenzierungs-/Mehrzweckräumen
Einrichtung von Therapie- und Pflegeräumen
Einrichtung barrierefreier Hygienebereiche
Herstellung von Barrierefreiheit im Schulgebäude
Herstellung barrierefreier Zugänge zu Gebäuden und Räumen
Anschaffung von Lehr-und Lernmittel (SE)
Summe einmalige Investitionen
0
350.000
1.920.000
270.000
270.000
30.000
180.000
5.000
3.025.000
Laufende Mehrkosten (am Beispiel von 2019/20), in Euro
Lehr- und Lernmittel
Ganztagsbetreuung
Schulpsychologie
Schulsozialarbeit
Schülerbeförderungskosten (HK, GG, KM und SE)
Schülerbeförderungskosten (LES)
Integrationshilfen
Summe laufende Kosten
Alle Varianten
6.012
334.000
795.000
2.385.000
126.800
13.045
275.000
3.934.857
Reformvariante
Erweiterte
Reformvariante
240.000
260.000
2.880.000
270.000
270.000
30.000
180.000
5.000
4.135.000
4.920.000
120.000
4.560.000
270.000
270.000
30.000
180.000
5.000
10.355.000
Erweiterte
Reformvariante
*
4.920.000
280.000
27.120.000
270.000
270.000
30.000
180.000
5.000
33.075.000
Hinweis: Erweiterte Reformvariante*: Erweiterte Reformvariante plus ein Differenzierungsraum je zwei Klassen mit Gemeinsamem Unterricht (vgl. Abschnitte 3.1.5 und 3.2.1).
157
6. Zusammenfassung und Fazit
Ziel des vorliegenden Gutachtens ist es, die möglichen, zusätzlichen kommunalen Kosten in Folge des von der nordrhein-westfälischen Landesregierung vorgelegten Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz zu beschreiben und zu quantifizieren. Mit dem Gesetzentwurf wird ein
grundlegender Richtungswechsel in der schulischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen
mit sonderpädagogischem Förderbedarf intendiert: Die Umstellung von einer vornehmlich auf
Förderschulen basierenden Versorgung hin zu einer inklusiven, wohnortnahen Versorgung.
Damit soll Artikel 24 der VN-Behindertenrechtskonvention an den Schulen in NordrheinWestfalen umgesetzt werden. Über die Analyse der gegenwärtigen Situation sonderpädagogischer Förderung konnte zunächst der mit dem Gesetzentwurf beabsichtigte Richtungswechsel in
der sonderpädagogischen Förderung verdeutlicht werden: Die Ausweitung integrativer Förderung hat die Entwicklung der Förderschulen bisher kaum betroffen. Sie bilden nach wie vor die
Grundlage des schulischen Versorgungssystems für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Mit der Umstellung der sonderpädagogischen Förderung auf ein wohnortbezogenes,
inklusives Angebot sind folglich weitreichende Reorganisationsaufgaben für die Schulträger und
erhebliche Lastenverschiebungen zwischen den Schulträgern verbunden. Das hoch konzentrierte Förderschulangebot in einigen sonderpädagogischen Förderbereichen lässt starke Zweifel
daran aufkommen, wie über eine Selbstkoordination der Schulträger untereinander eine geordnete Reorganisation sonderpädagogischer Förderung landesweit erreicht werden kann.77
Die mit diesem Gutachten vorgelegten Ergebnisse zeigen für zwei beispielhaft ausgewählte Kommunen, dass die mit diesem Prozess verbundenen Kosten, die den Schulträgern für
die Ausstattung der Schulen und den Einsatz zusätzlicher Personal- und Sachmittel entstehen,
erheblich sind. Selbst bei einer Ausstattung der Schulen, die zwar oberhalb der derzeitigen Ausstattung der allgemeinen Schulen, aber deutlich unterhalb der aktuellen Standards an Förderschulen liegt, und konservativer Ansätze bei den laufenden Kosten entstehen in beiden betrachteten Kommunen bis zum Schuljahr 2019/20 beträchtliche zusätzliche Ausgaben.
So belaufen sich die geschätzten Investitionskosten der Stadt Essen für den Umbau und
die Ausstattung der erforderlichen Klassen- und Differenzierungsräume, der Fach- und Therapieräume sowie für die Herstellung von barrierefreien Zugängen zu den Schulgebäuden bis zum
Schuljahr 2019/20 auf mindestens 18 Mio. Euro. Diese Summe ist als Untergrenze zu interpretieren, da annahmegemäß in einer Basisvariante weiterhin große Klassen mit bis zu 30 Schülern
gebildet werden können. Auch erhalten in den Simulationen die Schüler mit Förderbedarf kein
größeres Gewicht bei der Bestimmung der zulässigen Klassengröße. Wird darüber hinaus die
77
Im zeitlichen Zusammenhang mit der Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes soll die vom Landeskabinett beschlossene Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke erlassen werden (online verfügbar unter http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_Gemeinsames_Lernen/
MindestgroessenVO.pdf, zuletzt abgerufen am 05.07.2013). Aus dieser Verordnung könnte sich für die Träger der
öffentlichen Förderschulen stärker als bisher die Notwendigkeit ergeben, kleine Förderschulen zu schließen.
159
6. Zusammenfassung und Fazit
‚Doppelzählung‘ der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf berücksichtigt und der
Klassenfrequenzrichtwert entsprechend abgesenkt, so entstehen zusätzlich einmalige Aufwendungen für die Stadt Essen in Höhe von 7,2 Mio. Euro. Hinzu kommen erhebliche zusätzliche
laufende Ausgaben durch die Umschichtung zwischen Sachaufwandsträgern. Selbst wenn nur
diese kommunalen Aufwendungen als reformbedingte Mehraufwendungen angesehen werden,
überschreiten diese Ausgaben bereits deutlich die Erheblichkeitsschwelle im Sinne des KonnexAG. In einer pädagogisch sinnvolleren, erweiterten Reformvariante, bei der die Größe der
Klassen z. B. an weiterführenden inklusiven Schulen auf 25 Schüler begrenzt ist, belaufen sich
die notwendigen Investitionen im selben Zeitraum schon auf mehr als 40 Mio. Euro.
Zusätzliche Kosten, das zeigen die Berechnungen, entstehen sogar in Kommunen wie
dem Kreis Borken, für den in den kommenden Jahren ein Rückgang der Schülerzahlen um 20%
erwartet wird. Erwartete und in den Haushalten bereits eingeplante Entlastungen durch den
starken Schülerzahlenrückgang ließen sich dort durch die Reform nicht mehr realisieren. Am
Beispiel der Primarstufe im Kreis Borken kann gezeigt werden, dass bei Zunahme der Inklusionsquote die erwartete Entlastung der Schulträger durch den Rückgang der Schülerzahlen nicht
nur vollständig aufgebraucht wird, sondern sogar noch zusätzlicher Raumbedarf entsteht. Im
Kreis Borken wären bereits in der Basisvariante und nur für den Grundschulbereich Investitionen in Höhe von geschätzt rund 3 Mio. Euro erforderlich. In einer landesweiten Betrachtung
würde dieser Investitionsbedarf durch Verschiebung von Kosten und durch die Umverteilung
zwischen Schulträgern vermutlich in den landesweiten Durchschnitten verschwinden. Für Fragen der Schulentwicklung und die Ressourcenplanung der Schulträger ist er jedoch äußerst relevant.
Die Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes in seiner vorliegenden Form hätte
insgesamt eine weitreichende Umverteilung der Lasten zwischen den Kommunen zur Konsequenz. Die Lasten würden zum einen von den Trägern der Förderschulen auf die Wohnsitzgemeinden der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf verlagert. Zum anderen entstünden aber zusätzliche Kosten für die Kommunen, die nicht an anderer Stelle wegfallen. Die Ausgabenumschichtungen zwischen den Kommunen bedeuten auch einen Verwaltungsmehraufwand, der aber hier nicht weiter quantifiziert werden kann. Zudem wird auch zukünftig regional
ein Förderschulangebot vorzuhalten sein, wenn das Recht der Eltern auf Wahl der Schulform
nicht ins Leere laufen soll. In einer zeitlich nicht absehbaren Übergangsphase sind von den
Schulträgern daher entsprechende Doppelstrukturen vorzuhalten. Die angestrebte geringere
Frequentierung der Förderschulen und die Aufgabe der Förderschulstandorte kann vermutlich
erst auf lange Sicht zu einer finanziellen Entlastung der Schulträger führen. Eine gewisse Unsicherheit ergibt sich zudem durch die privaten Förderschulen. Da die notwendigen Daten für
private Schulen nicht zur Verfügung stehen, konnten Schüler an privaten Förderschulen bei den
Berechnungen nicht berücksichtigt werden. Es ist zu vermuten, dass durch die Nichtberücksich160
6. Zusammenfassung und Fazit
tigung der Schüler an privaten Förderschulen die tatsächlich zu erwartende Nachfrage nach Gemeinsamem Unterricht und damit auch die notwendigen Investitionen in die Ausstattung der
öffentlichen allgemeinen Schulen unterschätzt werden.
Auch die These, dass die Kommunen bei den Schülerbeförderungskosten enorm entlastet
werden könnten, wurde im Gutachten geprüft und widerlegt. Zwar werden die Ausgaben der
Schulträger bei einer wohnortnahen Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf insgesamt sinken; jedoch kommt es zwischen den Städten und Gemeinden innerhalb eines Kreises und dem Kreis selbst zu erheblichen Verschiebungen. Zusätzliche Kosten für die Schülerbeförderung haben dann insbesondere jene Städte und Gemeinden zu
tragen, die selbst nicht Träger einer Förderschule sind, also auch nicht durch die geringere Nachfrage nach Förderschulangeboten entlastet werden.
Diese Kommunen stehen – dies hat sich ebenfalls am Beispiel des Kreises Borken gezeigt – auch insgesamt vor neuen Aufgaben. Wenn Schüler, die bislang Förderschulen in benachbarten Städten besucht haben, in Zukunft wohnortnah in allgemeinen Schulen beschult werden,
dann müssen die Wohngemeinden zukünftig mit den personellen, sächlichen und räumlichen
Erfordernissen des Gemeinsamen Unterrichts befasst sein. Und dies umfasst neben der Ausstattung der Schulgebäude auch zusätzliche Ausgaben für nicht lehrendes Personal wie Schulpsychologen und Sozialarbeiter und für Integrationshilfen, soweit die jeweilige Kommune hierfür
Kostenträger ist. Soll hier ein Minimalstandard in der Unterstützung der Kinder, Jugendlichen
und Eltern in und außerhalb der Schule gewahrt bleiben, kommen erhebliche Mehrkosten auf
die Kommunen zu. Für den Kreis Borken liegen im hier betrachteten Zieljahr 2019/20 die zusätzlichen jährlichen Kosten für dieses Personal allein für den Grundschulbereich bei rund
3 Mio. Euro.
Die Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen und der kommunalen Mehrkosten in Folge des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes erfolgen im vorliegenden Gutachten
exemplarisch für zwei Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die kreisfreie Stadt Essen und den
Kreis Borken. Hierbei handelt es sich keineswegs um Modellkommunen; eine direkte Übertragung der Ergebnisse auf andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen ist nicht möglich. Das methodische Vorgehen wurde jedoch so gewählt, dass es grundsätzlich auf jede andere Kommune
in Nordrhein-Westfalen übertragbar ist, unabhängig von der konkret betrachteten Art der Gebietskörperschaft (Kreis, Stadt, Gemeinde, ggf. Landschaftsverband) und den damit zusammenhängenden Unterschieden in der Trägerschaft der allgemeinen Schulen und der Förderschulen.
Das Gutachten zeigt daher, dass die Daten für eine solche Kostenfolgeabschätzung vorhanden
sind und es durchaus einen geeigneten Analyserahmen zur Abschätzung der schulorganisatorischen und finanziellen Konsequenzen des Gesetzentwurfs gibt. Das Gutachten entwickelt eine
Methodik und liefert Berechnungsergebnisse für eine quantitative Einschätzung der finanziellen
Herausforderungen, die sich aus der kommunalen Planungsperspektive durch die Gesetzesände161
6. Zusammenfassung und Fazit
rung ergeben. Damit ist es möglich, eine umfassende Kostenfolgeabschätzung für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz für alle Kommunen in NRW vorzunehmen. Die hier vorgelegten Ergebnisse für die beiden Beispielkommunen weisen bereits auf eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung der Kommunen hin.
Der Umsetzung der Reform kommt der Schülerzahlenrückgang entgegen, der es in der
landesweiten Perspektive ermöglicht, im Rahmen der vorhandenen Angebotsstrukturen zusätzliche Aufgaben zu realisieren. Die Auswirkungen der geplanten Reform werden zwar unter Berücksichtigung der zu erwartenden Entwicklungen berechnet, die Reformauswirkungen aber
nicht mit demografischen Entlastungen bilanziert. Die geplante Reform steht mit der demografischen Entwicklung in keinem sachlogischen Zusammenhang. Für die Kommunen sind durch die
angestrebte Reform bereits geplante demografische Entlastungen (z. B. die Auflösung von Schulstandorten) nicht mehr realisierbar. Insofern entstehen den Kommunen auch dann Zusatzlasten,
wenn diese zu keinen steigenden Ausgaben führen.
Der Gesetzentwurf macht keine Aussagen zu pädagogischen oder schulorganisatorischen
Standards, die für die Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem unabdingbar erscheinen. In dem vorliegenden Gutachten müssen daher Annahmen getroffen werden, die nicht notwendigerweise den hohen Standards an Förderschulen entsprechen, sondern nur einen möglichen Mindeststandard beschreiben könnten. Letztlich muss aber eine umfassende Diskussion
mit Pädagogen und Fachwissenschaftlern klären, welche Ausstattungsstandards in einem inklusiven Schulsystem einzuhalten sind. Die Standards werden die Höhe der kommunalen Kosten
maßgeblich bestimmen und die betroffenen Kommunen müssen durch einen entsprechenden
finanziellen Ausgleich entlastet werden. Erst dann können die Schulträger ihren Beitrag zum
Gelingen qualitativ hochwertiger, inklusiver Bildung und damit zur Umsetzung der VNBehindertenrechtskonvention leisten.
162
7. Literaturverzeichnis
Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010). Bildung in Deutschland 2010. Bielefeld: Bertelsmann.
Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2012). Bildung in Deutschland 2012. Bielefeld: Bertelsmann.
Blooth, T. & Ainscow, M. (2003): Index für Inklusion. Lernen und Teilhabe in der Schule der Vielfalt entwickeln. Übersetzt, für deutschsprachige Verhältnisse bearbeitet und herausgegeben von I. Boban & A. Hinz, Halle-Wittenberg: Martin-Luther-Universität.
Deutscher Bildungsrat (1973): Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung
bedrohter Kinder und Jugendlicher. Bonn: Deutscher Bildungsrat (Hrsg.).
Dietze, T. (2013): Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der
Grundschule - zur Situation in den 16 Bundesländern. Zeitschrift für Grundschulforschung,
1/2013, S. 34-44.
Dietze, T. (2012): Zum Stand der sonderpädagogischen Förderung in Deutschland - die Schulstatistik 2010/11. Zeitschrift für Heilpädagogik, 1/2012, S. 26-31.
Dietze, T. (2011): Sonderpädagogische Förderung in Zahlen. Ergebnisse der Schulstatistik
2009/10 mit einem Schwerpunkt auf der Analyse regionaler Disparitäten. Inklusiononline.net, Nr. 2/2011.
Döbert, H. & Weishaupt, H. (Hrsg.) (2013): Inklusive Bildung professionell gestalten. Situationsanalyse und Handlungsempfehlungen. Münster: Waxmann.
Fickermann, D., Schulzeck, U. & Weishaupt, H. (2000): Die Kosten-Wirksamkeitsanalyse als methodischer Ansatz zur Bewertung alternativer Schulnetze. Bericht über eine Simulationsstudie. Zeitschrift für Pädagogik, 46(1), S. 61-80.
Höfling, W. (2012): Rechtsfragen zur Umsetzung der Inklusion im Schulbereich. Köln: Städtetag
Nordrhein-Westfalen (Hrsg.).
Kemper, T. & Weishaupt, H. (2011): Zur Bildungsbeteiligung ausländischer Schüler an Förderschulen – unter besonderer Berücksichtigung der spezifischen Staatsangehörigkeit. Zeitschrift für Heilpädagogik, 62(10), S. 419-431.
Kemper, T. (2011a): Integrative Beschulung von deutschen und nichtdeutschen Schülern mit
sonderpädagogischem Förderbedarf. SchulVerwaltung NRW, 22(5), S. 154-156.
Kemper, T. (2011b): Sonderpädagogischer Förderbedarf von deutschen und nichtdeutschen
Schülern in NRW. SchulVerwaltung NRW, 22(4), S. 117-118.
Klemm, K. & Preuss-Lausitz, U. (2011): Auf dem Weg zur schulischen Inklusion. Empfehlungen
zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskommission im Bereich der allgemeinen Schulen. Online verfügbar unter: http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_
Gemeinsames_Lernen/Gutachten_Auf_dem_Weg_zur_schulischen_Inklusion/NRW_
Inklusionskonzept_2011__-_neue_Version_08_07_11.pdf
(zuletzt abgerufen am 30.06.2013).
Klemm, K. (2012): Was kostet der gebundene Ganztag? Gütersloh: Bertelsmann Stiftung.
Meijer, J. W. (1999): Finanzierung der sonderpädagogischen Förderung. Eine Studie über den
Zusammenhang zwischen Finanzierung und sonderpädagogischer bzw. integrativer För163
7. Literaturverzeichnis
derung in 17 europäischen Ländern, Middelfart: European Agency for Development in
Special Needs Education.
Preuss-Lausitz, U. (2000): Gesamtbetrachtung sonderpädagogischer Kosten im gemeinsamen
Unterricht und im Sonderschulsystem. Ergebnisse einer empirischen Studie. Zeitschrift für
Heilpädagogik, 51(3), S. 95-101.
Preuss-Lausitz, U. (2002): Untersuchungen zur Finanzierung sonderpädagogischer Förderung in
integrativen und separaten Schulen. In: Eberwein, H. & Knauer, S. (Hrsg.): Integrationspädagogik, Weinheim/Basel: Beltz, S. 514-524.
Preuss-Lausitz, U. (2008): Probleme der Definition und Sicherung von Ressourcen sonderpädagogischer Förderung. In: Arnold, K.-H., Jaumann-Graumann, O. & Rakhkochkine, A. (Hrsg.):
Handbuch Förderung. Weinheim/Basel: Beltz, S. 457-463.
Rauin, U., Steinert, B. & Weishaupt, H. (1991): Modellrechnungen zur Schulentwicklung in den
90er Jahren. Hessische Lehrerzeitung, Nr. 44/1991, S. 4-8.
Schründer-Lenzen, A. (2009): Die “neue Schuleingangsstufe”. In: Merkens, H., Schründer-Lenzen,
A. & Kuper, H. (Hrsg.): Ganztagsorganisation im Grundschulbereich. Münster: Waxmann, S.
57-75.
Schwarz, A. (2013): Applying Location Planning Algorithms to Schools: The Case of Special Education in Hesse (Germany). In: Lausen, B. et al. (eds.), Algorithms from and for Nature and
Life, Studies in Classification, Data Analysis and Knowledge Organization, Heidelberg/Berlin: Springer.
Steinert, B./Rauin, U. & Weishaupt, H. (1991): Rahmenbedingungen für mehr Schulqualität in
Hessen: Modellrechnungen zur Schulentwicklung in den 90er Jahren, Frankfurt am Main
(unveröff. Manuskript).
Weishaupt, H. & Kemper, T. (2009): Zur nationalitätenspezifischen und regionalen Bildungsbenachteiligung ausländischer Schüler unter besonderer Berücksichtigung des Förderschulbesuchs. In: Sylvester, I., Sieh, I., Menz, M., Fuchs, H.-W. & Behrendt, J. (Hrsg.): Bildung, Recht, Chancen. Münster: Waxmann, S. 97-111.
Weishaupt, H. (2006): Veränderungen im elementaren und sekundären Bildungsbereich durch
demographischen Wandel. In: Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Demographischer Wandel – Auswirkungen auf das Bildungssystem. Statistik und Wissenschaft, Band 6, Wiesbaden: Statistisches Bundesamt, S. 26 – 44.
164
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Integrationsquoten im Ländervergleich (in %), 1999 bis 2010 ...................................... 14
Abbildung 2: Förderquote (sonderpädagogische Förderbedarfe insgesamt) nach Förderort in
NRW (in %), 1999 bis 2012 ........................................................................................................................ 15
Abbildung 3: Förderschulstandorte und Anzahl bedienter Förderbedarfe je Gemeinde in NRW,
Schuljahr 2012/13 .......................................................................................................................................... 20
Abbildung 4: Förderschulstandorte nach Förderschwerpunkt (Lernen, Emotionale und soziale
Entwicklung, Sprache) in NRW, Schuljahr 2012/13 ......................................................................... 21
Abbildung 5: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Hören und Kommunikation in NRW,
Schuljahr 2012/13 .......................................................................................................................................... 22
Abbildung 6: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Sehen in NRW, Schuljahr 2012/13 ............ 22
Abbildung 7: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung
in NRW, Schuljahr 2012/13 ........................................................................................................................ 24
Abbildung 8: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung in NRW, Schuljahr
2012/13............................................................................................................................................................... 25
Abbildung 9: Standorte der öffentlichen Schulen in Essen nach Schulform, Schuljahr 2012/13.. 80
Abbildung 10: Standorte der Förderschulen und Wohnorte der Schüler mit Förderbedarf in
Essen, Schuljahr 2012/13 ............................................................................................................................ 81
Abbildung 11: Bevölkerung im Alter von 0 bis unter 19 Jahren in Essen nach Stadtteilen, 2012 82
Abbildung 12: Standorte der öffentlichen Grundschulen in Essen nach Gemeinsamem Unterricht,
Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2016/17 ................................................................................ 91
Abbildung 13: Standorte der öffentlichen Grundschulen in Essen nach Gemeinsamem Unterricht,
Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2019/20 ................................................................................ 92
Abbildung 14: Standorte der öffentlichen weiterführenden Schulen in Essen nach Gemeinsamem
Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation ab 2016/17 ............................................... 100
Abbildung 15: Standorte der öffentlichen Schulen im Kreis Borken nach Schulform, Schuljahr
2012/13............................................................................................................................................................ 128
Abbildung 16: Standorte der Förderschulen und Wohnorte der Schüler mit Förderbedarf im
Kreis Borken, Schuljahr 2012/13 .......................................................................................................... 129
Abbildung 17: Standorte der öffentlichen Grundschulen im Kreis Borken nach Gemeinsamem
Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2016/17 ..................................................... 135
Abbildung 18: Standorte der öffentlichen Grundschulen im Kreis Borken, nach Gemeinsamem
Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2019/20 ..................................................... 136
165
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Schulen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Schulform in NRW,
absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 ......................................................................................... 17
Tabelle 2: Integrationsquoten in der Primarstufe und der Sekundarstufe I nach
sonderpädagogischem Förderbedarf sowie nach Trägerschaft der Schule in NRW (in %),
Schuljahr 2011/12 .......................................................................................................................................... 17
Tabelle 3: Anzahl der Förderschulen und Schulstandortgemeinden nach Förderschwerpunkten
und Trägerschaft in NRW, Schuljahr 2012/13 .................................................................................... 19
Tabelle 4: Schüler in der Primarstufe und der Sekundarstufe I in öffentlichen und privaten
Förderschulen nach Förderschwerpunkt in NRW, insgesamt und in Prozent, Schuljahr
2011/12............................................................................................................................................................... 23
Tabelle 5: Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in der Primar- und
Sekundarstufe I in Förderschulen: Kreise in NRW mit einem Privatschüleranteil über
dem Landesdurchschnitt, absolut und in Prozent ............................................................................. 24
Tabelle 6: Entwicklung der reformierten Schuleingangsphase der Grundschule in NRW, 2005 bis
2011 ...................................................................................................................................................................... 27
Tabelle 7: Zielgleich und zieldifferent unterrichtete Schüler nach allgemeinen Schulen und
Förderschulen in NRW, Primarstufe und Sekundarstufe I, absolut und in Prozent,
Schuljahr 2011/2012..................................................................................................................................... 30
Tabelle 8: Berechnung des zusätzlichen Klassenbedarfs für die Grundschule als Folge des
Schulgesetzentwurfs bis 2017, landesweite Bilanz .......................................................................... 31
Tabelle 9: Berechnung des zusätzlichen Klassenbedarfs für die Sekundarstufe I als Folge des
Schulgesetzentwurfs bis 2017, landesweite Bilanz .......................................................................... 32
Tabelle 10: Zum Schuljahr 2012/13 gültige Klassenbildungswerte nach Schulform ........................ 41
Tabelle 11: Angenommene Klassenbildungswerte für die Status Quo-Prognose und die
Simulationen...................................................................................................................................................... 43
Tabelle 12: Schätzungen zu den kommunalen Folgekosten nach Kostenart, Bezugsgröße,
Fälligkeit und Förderbedarf ........................................................................................................................ 72
Tabelle 13: Ausgewählte Kennzahlen zur regionalstrukturellen Einordnung der beiden
Beispielkommunen ......................................................................................................................................... 74
Tabelle 14: Schüler an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen in Essen nach Schulstufe und
Förderbedarf, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13............................................................ 76
Tabelle 15: Schulen mit und Schüler im Gemeinsamen Unterricht in Essen nach Schulform,
absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 ......................................................................................... 77
Tabelle 16: Schüler im Gemeinsamen Unterricht und Integrationsquote in der Primarstufe und
der Sekundarstufe I an allgemeinen öffentlichen Schulen in Essen, absolut und in
Prozent, Schuljahr 2012/13 ........................................................................................................................ 78
166
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Tabelle 17: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen,
Grundschulen .................................................................................................................................................... 84
Tabelle 18: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen,
Hauptschulen .................................................................................................................................................... 84
Tabelle 19: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Realschulen
................................................................................................................................................................................. 85
Tabelle 20 Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen,
Gesamtschulen.................................................................................................................................................. 85
Tabelle 21: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Gymnasien
................................................................................................................................................................................. 85
Tabelle 22: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen,
weiterführende Schulen insgesamt ......................................................................................................... 85
Tabelle 23: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Grundschulen ......................................... 87
Tabelle 24: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und
Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen ............................................. 88
Tabelle 25: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose
und Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen .................................... 89
Tabelle 26: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, Grundschulen, Basisvariante ........................................................................................................ 90
Tabelle 27: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, Grundschulen, Reformvariante ................................................................................................... 93
Tabelle 28: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, Grundschulen, erweiterte Reformvariante............................................................................. 93
Tabelle 29: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR Schulen),
Schülerzahlen in der Primarstufe ............................................................................................................. 95
Tabelle 30: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR Schulen),
Förderschulbesuchsquoten in der Primarstufe .................................................................................. 95
Tabelle 31: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt
................................................................................................................................................................................. 96
Tabelle 32: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und
Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt... 97
167
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Tabelle 33: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose
und Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen
insgesamt ............................................................................................................................................................ 97
Tabelle 34: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, weiterführende Schulen, Basisvariante ................................................................................... 98
Tabelle 35: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, weiterführende Schulen, Reformvariante ............................................................................... 99
Tabelle 36: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt
Essen, weiterführende Schulen, erweiterte Reformvariante ........................................................ 99
Tabelle 37: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR-Schulen),
Schülerzahlen in der Sekundarstufe I .................................................................................................. 101
Tabelle 38: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR-Schulen),
Förderschulbesuchsquoten in der Sekundarstufe I ....................................................................... 101
Tabelle 39: Schülerzahlen an Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen, Ist-Situation
2012/13, Status Quo-Prognose und Simulation 2019/20 .......................................................... 103
Tabelle 40: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und
Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, Basisvariante............................... 106
Tabelle 41: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und
Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, Reformvariante .......................... 107
Tabelle 42: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und
Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, erweiterte Reformvariante ... 108
Tabelle 43: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und
Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, erweiterte Reformvariante mit
einem Differenzierungsraum je zwei Klassen mit Gemeinsamen Unterricht (unabhängig
von der Zahl der Schüler mit Förderbedarf) ..................................................................................... 109
Tabelle 44: Anzahl weiterführender Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf für die
Einrichtung von Fachräumen, Schuljahr 2019/20 ......................................................................... 110
Tabelle 45: Anzahl Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf zur Herstellung von
Barrierefreiheit, Schuljahr 2019/20 .................................................................................................... 112
Tabelle 46: Anzahl Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen
und einmaliger Investitionsbedarf für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und
2019/20............................................................................................................................................................ 113
Tabelle 47: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und
laufende Kosten für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ................. 113
168
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Tabelle 48: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an Schulen in der Stadt Essen und laufende
Kosten für Ganztagsbetrieb, Schülerpauschale, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ........ 115
Tabelle 49: Anzahl Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf für Schulpsychologie und
Schulsozialarbeit, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ................................................................... 116
Tabelle 50: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und
laufende Kosten für Schülerbeförderung Schuljahre 2016/17 und 2019/20 .................... 118
Tabelle 51: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und
laufende Kosten für Integrationshilfen, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ....................... 118
Tabelle 52: Zusammenfassende Darstellung der einmaligen Investitionen und laufenden
Mehrkosten für die Stadt Essen nach den unterschiedlichen Klassenbildungsvarianten
(Primarstufe und Sekundarstufe I) ....................................................................................................... 121
Tabelle 53: Schüler an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen im Kreis Borken nach Schulstufe
und Förderbedarf, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 ............................................... 124
Tabelle 54: Schulen mit und Schüler im Gemeinsamen Unterricht im Kreis Borken nach
Schulform, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 ............................................................... 126
Tabelle 55: Schüler im Gemeinsamen Unterricht und Integrationsquote in der Primarstufe und
der Sekundarstufe I an allgemeinen öffentlichen Schulen im Kreis Borken, absolut und in
Prozent, Schuljahr 2012/13 ..................................................................................................................... 127
Tabelle 56: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für den Kreis Borken,
Grundschulen ................................................................................................................................................. 130
Tabelle 57: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Grundschulen ................................. 131
Tabelle 58: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und
Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen.............................................. 132
Tabelle 59: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose
und Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen..................................... 132
Tabelle 60: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis
Borken, Grundschulen, Basisvariante .................................................................................................. 134
Tabelle 61: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis
Borken, Grundschulen, Reformvariante ............................................................................................. 137
Tabelle 62: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis
Borken, Grundschulen, erweiterte Reformvariante....................................................................... 137
Tabelle 63: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Förderschulen (ohne LWLSchule), Schülerzahlen in der Primarstufe......................................................................................... 139
169
Abbildungs- und Tabellenverzeichnis
Tabelle 64: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der
Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Förderschulen (ohne LWLSchule), Förderschulbesuchsquoten in der Primarstufe.............................................................. 139
Tabelle 65: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Investitionsform an
Grundschulen im Kreis Borken, Schuljahr 2019/20, verschiedene Varianten ................... 142
Tabelle 66: Anzahl Grundschulen im Kreis Borken nach Investitionsbedarf zur Herstellung von
Barrierefreiheit, Schuljahr 2019/20 .................................................................................................... 144
Tabelle 67: Anzahl Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Grundschulen im Kreis
Borken und einmaliger Investitionsbedarf für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17
und 2019/20 .................................................................................................................................................. 144
Tabelle 68: Laufende Kosten für Lehr- und Lernmittel nach Trägerschaft der Schule im Kreis
Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ....................................................................................... 146
Tabelle 69: Laufende Kosten für den Ganztagsbetrieb (Schülerpauschale) nach Trägerschaft der
Schule im Kreis Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ...................................................... 147
Tabelle 70: Anzahl Grundschulen im Kreis Borken nach Investitionsbedarf für Schulpsychologie
und Schulsozialarbeit, Schuljahre 2016/17 und 2019/20.......................................................... 148
Tabelle 71: Laufende Kosten für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis
Borken, Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische
Entwicklung, Sehen sowie Hören und Kommunikation, Schuljahre 2016/17 und 2019/20
.............................................................................................................................................................................. 149
Tabelle 72: Laufende Kosten für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis
Borken, Schüler mit Förderbedarf Lern- und Entwicklungsstörungen, Schuljahre
2016/17 und 2019/20 ............................................................................................................................... 151
Tabelle 73: Kostensaldo für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken,
Schüler mit Förderbedarf Lern- und Entwicklungsstörungen, Schuljahre 2016/17 und
2019/20............................................................................................................................................................ 152
Tabelle 74: Laufende Kosten für Integrationshilfen nach Trägerschaft der Grundschule im Kreis
Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ....................................................................................... 153
Tabelle 75: Zusammenfassende Darstellung der einmaligen Investitionen und laufenden
Mehrkosten für den Kreis Borken nach den unterschiedlichen Klassenbildungsvarianten
(nur Primarstufe) ......................................................................................................................................... 157
170