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Mitteilungsvorlage (Anl. 1 - StGB-Gutachten zur Kostenfolgeabschätzung Inklusion)

Daten

Kommune
Bedburg
Größe
9,0 MB
Datum
24.09.2013
Erstellt
18.09.13, 08:42
Aktualisiert
18.09.13, 08:42

Inhalt der Datei

Mögliche kommunale Folgekosten der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich in Nordrhein-Westfalen am Beispiel der Stadt Essen und des Kreises Borken Gutachten von Dr. Alexandra Schwarz, Prof. Dr. Horst Weishaupt, Prof. Dr. Kerstin Schneider, Dipl.-Ök. Anna Makles, Dr. Mareike Tarazona im Auftrag des Städtetages Nordrhein-Westfalen, des Landkreistages Nordrhein-Westfalen und des Städte- und Gemeindebundes NordrheinWestfalen Herausgeber: Städtetag Nordrhein-Westfalen Geschäftsstelle Köln, Gereonstraße 18 - 32, 50670 Köln, Tel. 0221/3771-0, Fax 0221/3771-128 Internet: www.staedtetag-nrw.de Landkreistag Nordrhein-Westfalen Geschäftsstelle, Kavalleriestraße 8, 40213 Düsseldorf, Tel. 0211/30 04 91-0, Fax 0211/30 04 91-660 Internet: www.lkt-nrw.de Städte- und Gemeindebund Nordrhein-Westfalen Geschäftsstelle, Kaiserswerther Straße 199-201, 40474 Düsseldorf. Tel. 0211/4587-1, Fax 0211-4587-211 Internet: www.kommunen-in-nrw.de ISBN: 978-3-921784-40-2 Mö gliche kommunale Folgekosten der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich in Nordrhein-Westfalen am Beispiel der Stadt Essen und des Kreises Borken Gutachten im Auftrag des Städtetages Nordrhein-Westfalen, des Landkreistages Nordrhein-Westfalen und des Städte- und Gemeindebundes Nordrhein-Westfalen Juli 2013 Autoren: Alexandra Schwarz1,* Horst Weishaupt2,* Kerstin Schneider1 Anna Makles1 Mareike Tarazona2 1 * 2 * Schumpeter School of Business and Economics Bergische Universität Wuppertal Gaußstr. 20 42097 Wuppertal Kontakt: schwarz@wiwi.uni-wuppertal.de Arbeitseinheit „Steuerung und Finanzierung des Bildungswesens“ Deutsches Institut für Internationale Pädagogische Forschung Schloßstr. 29 60486 Frankfurt am Main Kontakt: weishaupt@dipf.de Inhaltsverzeichnis Ziel und Aufbau des Gutachtens...................................................................................................................................1 1. Einleitung .....................................................................................................................................................................5 1.1. Problemstellung ..............................................................................................................................................5 1.2. Schulorganisatorische Implikationen des Gesetzentwurfs ...........................................................7 1.3. Konnexitätsrelevante Implikationen des Gesetzentwurfs ............................................................7 1.4. Stand der Forschung......................................................................................................................................9 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen ......................................................................................................... 13 2.1 Zur Ausbausituation sonderpädagogischer Förderung in Nordrhein-Westfalen ............. 14 2.2 Private Förderschulen ............................................................................................................................... 23 2.3 Ganztagsbetreuung ..................................................................................................................................... 25 2.4 ‚Inklusionsoffene‘ Eingangsstufe der Grundschule ....................................................................... 26 2.5 Landesweite Implikationen des Gesetzentwurfs für die Klassenbildung ............................ 28 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten .................................... 35 3.1 Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen .......................................................... 36 3.2 Relevante Kostenarten .............................................................................................................................. 47 3.3 Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten ....................................................... 69 3.4 Zur Auswahl der beispielhaft untersuchten Kommunen ............................................................ 73 4. Ergebnisse für die Stadt Essen ......................................................................................................................... 75 4.1 Stand der sonderpädagogischen Förderung .................................................................................... 75 4.2 Status Quo-Prognose .................................................................................................................................. 83 4.3 Modellrechnungen bei Erhöhung der Inklusionsquote ............................................................... 86 4.4 Mögliche kommunale Folgekosten bei Erhöhung der Inklusionsquote ............................ 104 5. Ergebnisse für den Kreis Borken ................................................................................................................. 123 5.1 Stand der sonderpädagogischen Förderung ................................................................................. 124 5.2 Status Quo-Prognose ............................................................................................................................... 130 5.3 Modellrechnungen bei Erhöhung der Inklusionsquote in der Primarstufe ..................... 130 5.4 Mögliche kommunale Folgekosten bei Erhöhung der Inklusionsquote in der Primarstufe ........................................................................................................................................................... 140 6. Zusammenfassung und Fazit ......................................................................................................................... 159 7. Literaturverzeichnis .......................................................................................................................................... 163 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis ................................................................................................................. 165 i Ziel und Aufbau des Gutachtens Ziel und Aufbau des Gutachtens Die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen hat am 19.03.2013 ihren Entwurf für ein Erstes Gesetz zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz) vorgelegt (vgl. NRW LTDrs. 16/2432). Mit diesem Gesetz soll das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (VN-BRK) vom 13. Dezember 2006, das seit dem 26. März 2009 für Deutschland verbindlich ist, und insbesondere Artikel 24 der VN-BRK für Nordrhein-Westfalen umgesetzt werden. Das 9. Schulrechtsänderungsgesetz sieht vor, „[i]nklusive Bildung und Erziehung in allgemeinen Schulen […] im Schulgesetz NRW (SchulG) als Regelfall [zu] veranker[n]. In Umsetzung dessen haben die Eltern grundsätzlich das Recht, dass ihr Kind mit Behinderung eine allgemeine Schule besucht.“ (ebenda, S. 1) Dabei wird die Verantwortung für die Bereitstellung eines entsprechenden schulischen Angebots den kommunalen Schulträgern übertragen: „Schulische Bildungsangebote Gemeinsamen Lernens sind Gegenstand der Schulentwicklungsplanung.“ (ebenda, S. 1) Nach Auffassung der nordrhein-westfälischen Landesregierung führt der Gesetzentwurf nicht zur Übertragung einer neuen Aufgabe oder zur Veränderung bestehender und übertragbarer Aufgaben und auch nicht zu einer wesentlichen Belastung der Gemeinden und Gemeindeverbände (vgl. ebenda, S. 4-5), die gemäß Artikel 78 Abs. 3 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen finanziell auszugleichen wäre.1 Von einer wesentlichen Belastung der Gemeinden und Gemeindeverbände ist auszugehen, wenn die kommunalen Belastungen landesweit über der Bagatellgrenze von 4,5 Mio. Euro liegen (0,25 Euro je Einwohner, vgl. LTDrs. 13/5515, S. 23). Die Gutachter sind gebeten worden, die Konsequenzen des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes für das auf kommunaler Ebene vorzuhaltende Bildungsangebot im Schulbereich zu untersuchen und die sich hieraus möglicherweise ergebende, zusätzliche finanzielle Belastung der Städte, Gemeinden und Kreise abzuschätzen. Die rechtliche Bewertung2 der neuen oder veränderten Schulträgeraufgaben und der hieraus resultierenden finanziellen Belastungen ist nicht Gegenstand des Gutachtens, sondern ausdrücklich nur die Quantifizierung der zusätzlichen finanziellen Lasten. Dabei geht es aber explizit um die Auswirkungen für die einzelnen Schulträger und nicht um die Bilanz von Be- und Entlastungen auf Landesebene. Daher wird im vorliegenden Gutachten am Beispiel von zwei Kommunen in Nordrhein-Westfalen, der Stadt Essen und des Kreises Borken, geprüft, wie hoch die zu erwartenden Kosten für diese Kommunen sind. Die Ergebnisse sind nicht für Nordrhein-Westfalen verallgemeinerbar. Das Gutachten ist wie folgt gegliedert: In Kapitel 1 werden die zentralen Punkte des Gesetzentwurfs im Hinblick auf die mit ihm angestrebte Reform der schulischen Bildung in Nord- 1 2 vgl. hierzu das Gesetz zur Regelung eines Kostenfolgeabschätzungs- und eines Beteiligungsverfahrens gemäß Artikel 78 Abs. 3 der Verfassung für das Land Nordrhein-Westfalen (Konnexitätsausführungsgesetz - KonnexAG) vom 22. Juni 2004, geändert durch Gesetz vom 12. Mai 2009. Dazu liegt bereits ein Gutachten vor (Höfling 2012). 1 Ziel und Aufbau des Gutachtens rhein-Westfalen und die Implikationen für die kommunale Schulentwicklungsplanung beschrieben. Um die folgende beispielhafte Kostenabschätzung besser einordnen zu können, gibt Kapitel 2 einen Überblick zum Stand der sonderpädagogischen Förderung in Förderschulen und in allgemeinen Schulen in Nordrhein-Westfalen, soweit daraus Folgerungen für die Kommunen erwachsen können. In Kapitel 3 werden das methodische Vorgehen und die wesentlichen Annahmen der Studie dargelegt, mit denen die zusätzlichen kommunalen Ausgaben abgeschätzt werden, die sich bei Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz durch Veränderungen in der sächlichen, räumlichen und personellen Ausstattung der Schulen ergeben können. Die Basis dieser Schätzung bildet ein Simulationsmodell, mit dem die Schülerzahlen mit und ohne Erhöhung der Inklusionsquote fortgeschrieben werden. Diese Fortschreibung basiert auf der Schülerprognose für Nordrhein-Westfalen; als Zielwerte für die Inklusionsquoten werden die im Gesetzentwurf dargelegten Zielwerte der Landesregierung übernommen. Danach sollen bis zum Schuljahr 2016/17 rund 65% aller Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen unterrichtet werden. Daneben sind weitere Annahmen erforderlich, etwa zur Größe der Lerngruppen in einem inklusiven Schulsystem. Im Gutachten werden daher die Auswirkungen verschiedener Konzepte geprüft, indem entsprechende Modellvarianten der Inklusion simuliert werden. Es werden die kommunalen Folgekosten für einen ‚Minimalstandard‘ (Inklusion bei unveränderter Klassengröße und nur geringer Anhebung der Ausstattungsstandards), für die geplante ‚Doppelzählung‘ der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf und für eine als pädagogisch wünschenswert erachtete Variante abgeschätzt. Bei dieser erweiterten Reformvariante werden grundsätzlich kleinere Klassen gebildet. In einer weiteren Modellrechnung werden dann ergänzend dazu Standards zur räumlichen Ausstattung angenommen, die mit denen an Förderschulen vergleichbar sind. Außerdem werden in Kapitel 3 ausführlich kommunale Folgekosten der Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem beschrieben, die anschließend für den Grundschulbereich und den Bereich der Sekundarstufe I in der Stadt Essen (Kapitel 4) und für den Grundschulbereich im Kreis Borken (Kapitel 5) geschätzt werden. Diese Kosten umfassen neben den erforderlichen Investitionen in die Schulgebäude (Herstellung von Barrierefreiheit, Schaffung von Differenzierungsräumen etc.) auch die zusätzlichen laufenden Ausgaben, etwa für die Ganztagsbetreuung der Schüler und die Schülerbeförderung. Auch zusätzliche Personalkosten für Integrationshelfer sowie für Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter werden erfasst. Am Beispiel des Kreises Borken kann außerdem dargestellt werden, zu welchen Verschiebungen der Ausgabenlasten das 9. Schulrechtsänderungsgesetz zwischen den Schulträgern – den kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie dem Kreis Borken – führen würde. Zudem können auch Aussagen dazu getroffen werden, welche Schulträger in der Konsequenz deutlich höhere Ausgaben oder finanzielle Entlastungen zu erwarten haben. In beiden Kapiteln werden die jeweils geschätzten Mehrkosten 2 Ziel und Aufbau des Gutachtens abschließend zusammengefasst. Das Gutachten schließt mit einer zusammenfassenden Bewertung der Ergebnisse hinsichtlich der bearbeiteten Fragestellung (Kapitel 6). Im Ergebnis zeigt sich, dass selbst bei einer eingeschränkten Ausstattung der Schulen, die zwar oberhalb der derzeitigen Ausstattung der allgemeinen Schulen, aber deutlich unterhalb der aktuellen Standards an Förderschulen liegt, und konservativer Schätzung der laufenden Kosten in beiden betrachteten Kommunen bis zum Schuljahr 2019/20 erhebliche zusätzliche Ausgaben entstehen, die jeweils deutlich oberhalb der Bagatellgrenze im Sinne des Konnexitätsausführungsgesetzes (KonnexAG) liegen. 3 1. Einleitung 1.1. Problemstellung Die schulische Förderung von Kindern mit Behinderungen verlief in den letzten Jahrzehnten in mehreren Phasen. Zunächst stand der Ausbau eines Förderschulsystems im Vordergrund der Bemühungen, um in speziellen Einrichtungen eine angemessene fachliche Förderung der Kinder mit Behinderungen zu erreichen. Zwar wurde diese schulorganisatorische Konzeption der Förderung von Behinderten schon früh grundlegend in Frage gestellt (Deutscher Bildungsrat 1973), doch änderte dies nichts an der Haltung der Kultusministerien. Nur im Rahmen von Schulversuchen wurde auf Initiative von Eltern und Verbänden zunehmend die Integration einzelner Kinder mit Behinderungen im Regelschulsystem ermöglicht. Auch aufgrund der mit diesen Versuchen gesammelten Erfahrungen sieht schon seit 1994 ein entsprechender Beschluss der Kultusministerkonferenz (KMK) die Integration von Schülern3 mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den anderen allgemeinbildenden Schulen neben der Förderschule vor: „Die Bildung behinderter junger Menschen ist verstärkt als gemeinsame Aufgabe für grundsätzlich alle Schulen anzustreben“ (Empfehlungen zur sonderpädagogischen Förderung in den Schulen in der Bundesrepublik Deutschland, Beschluss der KMK vom 6.5.1994). In der damit einsetzenden zweiten Entwicklungsphase, die „eine eher personenbezogene, individualisierende und nicht mehr vorrangig institutionenbezogene Sichtweise sonderpädagogischer Förderung“ (ebenda) vorsah, hätte bereits die Integration von behinderten Schülern aus der bis dahin bestehenden Versuchsphase in eine flächendeckende Reorganisation sonderpädagogischer Förderung überführt werden können. Die Integration einzelner Schüler in das allgemeinbildende Regelschulsystem vollzog sich aber nur schleppend und mit großen Unterschieden zwischen den Ländern. Auch in der Diskussion um die Reform der Lehrerbildung hatte die Frage der sonderpädagogischen Kompetenz für Lehrkräfte aller Lehrämter ebenfalls keine Bedeutung. Nur knapp ein Fünftel der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf wurden bis 2009 an sonstigen allgemeinbildenden Schulen unterrichtet und dies wurde nur durch eine Erhöhung der sonderpädagogischen Förderquote insgesamt und nicht über eine Rückentwicklung der Förderschule erreicht (Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2010, S. 69; Dietze 2012). Erst die 2009 in Deutschland in Kraft getretene Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (VN) hat die unbefriedigende Situation einer breiten Öffentlichkeit bewusst gemacht und zu politischen Schritten geführt4 und damit die gegenwärtige Phase eingeleitet, die integrative Förderung von Kindern mit Behinderungen gezielt voranzutreiben. Die Auseinandersetzungen mit Fragen sonderpädagogischer Förderung werden nun unter der Perspektive eines 3 4 Im Text wird, sofern nicht anders erforderlich, das generische Maskulinum verwendet. Siehe insbesondere den Beschluss der KMK vom 20.10.2011: Inklusive Bildung von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen in Schulen. 5 1. Einleitung inklusiven Schulsystems geführt und entsprechende Maßnahmen zu diesem Thema intensiviert, z. B. auch zu den Ausbildungsinhalten für alle Lehrämter und zu Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte. Vor allem beginnen die Länder nun damit, auch die Struktur des Angebots neu zu organisieren und – wenigstens für einzelne Förderschwerpunkte – weitgehend auf eine separierte Förderung in Förderschulen zu verzichten. Nachdem es in den letzten 15 Jahren versäumt wurde, schrittweise die Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung einzuleiten, sind nun kurzfristige weitreichende Veränderungen geplant, die nicht ohne Risiken sind, da für viele Lehrkräfte diese Innovation unvorbereitet kommt und sie sich den besonderen Anforderungen häufig nicht gewachsen sehen. In dieser Situation legt die nordrhein-westfälische Landesregierung einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der VN-Behindertenrechtskonvention in den Schulen (Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz, LTDrucks. 16/2432 vom 21.03.2013) vor. Darin werden „inklusive Bildung und Erziehung in allgemeinen Schulen […] als Regelfall verankert“ (ebenda, S. 1). Für die Umsetzung der jetzt geplanten Reformen gibt es insofern keine Vorbilder, weil die Integration einzelner Schüler in eine gegebene Schulstruktur keine so weitgreifende Reform ist wie die geplante Umstrukturierung zu einer inklusiven Schule. Diese Einschätzung leitet sich beispielsweise unmittelbar aus Artikel 24 der VN-Behindertenrechtskonvention ab, wo es unter anderem heißt, dass „b) Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben; c) angemessene Vorkehrungen für die Bedürfnisse des Einzelnen getroffen werden; d) Menschen mit Behinderungen innerhalb des allgemeinen Bildungssystems die notwendige Unterstützung geleistet wird, um ihre erfolgreiche Bildung zu erleichtern […]“ (VN-Behindertenrechtskonvention, Art. 14 Abs. 2). Es gibt zahlreiche Vorstellungen über die pädagogischen Notwendigkeiten, die mit diesem weitreichenden Reformanspruch verbunden sind (z. B. Blooth/Ainscow 2003; Döbert/Weishaupt 2013), und integrative Schulmodelle, die auch als Vorbilder für ein inklusives Schulsystem geeignet sind. Doch obgleich es sich bei der aktuell vorzufindenden Situation nicht um eine inklusive, sondern nach wie vor um eine integrative Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf handelt, übernehmen wir die Begrifflichkeiten der Landesregierung (z. B. Inklusionsquote) und nehmen an, dass mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz eine Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem eingeleitet werden kann. Wichtig erscheint in diesem Zusammenhang aber der Hinweis, dass die mit einer inklusiven Schule verbundenen Anforderungen weit über Maßnahmen hinausgehen, die über äußere Organisationsmaßnahmen und zusätzliche Ressourcen erreichbar sind. 6 1. Einleitung 1.2. Schulorganisatorische Implikationen des Gesetzentwurfs Der für Nordrhein-Westfalen vorgelegte Gesetzentwurf ist durch mehrere nicht eindeutige Regelungen gekennzeichnet. Den Eltern mit einem Kind mit sonderpädagogischem Förderbedarf steht künftig einerseits das Recht zu, das Kind eine allgemeine Schule besuchen zu lassen. Andererseits haben sie aber auch das Recht der Wahl einer Förderschule, die – damit dieses Recht nicht ins Leere läuft – in angemessener Entfernung angeboten werden muss. Die Schulträger in einem Kreis oder einer kreisfreien Stadt erhalten die Möglichkeit, auf die Fortführung aller Förderschulen mit den Förderschwerpunkten Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung und Sprache zu verzichten, können damit aber mit den Elternwünschen in Konflikt geraten. Parallel zum Gesetzentwurf wurde der „Entwurf einer Verordnung über die Größe von Förderschulen und der Schulen für Kranke“ vorgelegt, mit dem die Mindestgröße von Förderschulen festgelegt würde, z. B. auf 144 Schüler an Förderschulen mit dem Förderschwerpunkt Lernen.5 Dieser Entwurf gefährdet den Fortbestand der Mehrzahl der Förderschulen, denn im Schuljahr 2012/2013 unterschreiten bereits 68,7% der Förderschulen6 die im Entwurf genannte Mindestgröße (vgl. LTDrucks. 16/2192 vom 26.2.2013).7 Damit könnte sich für viele Schulträger der Zwang zur Schließung der Förderschulen ergeben. Zunächst aber müssen diese Schulwahlalternativen anbieten. Die Implikationen und Folgen des Gesetzentwurfs für die Eltern, die Schulträger und schließlich die weitere Schulentwicklung des Landes sind kaum zu überblicken. Simulationsrechnungen, mit denen die impliziten Konsequenzen des Gesetzentwurfs in Verbindung mit der Schulgrößenverordnung abgeschätzt werden könnten, wurden nicht vorgelegt. In Teilen der Öffentlichkeit ist dadurch der Eindruck entstanden, dass der Gesetzentwurf Handlungsspielräume eröffnet, die es aber faktisch nicht gibt bestehen bzw. zwingende Regelungsnotwendigkeiten durch das Land bestehen, denen es sich entzieht. So könnten Konflikte in die Regionen verlagert werden und die Bewältigung der Probleme bliebe der Schulaufsicht und den Schulträgern überlassen. 1.3. Konnexitätsrelevante Implikationen des Gesetzentwurfs Für die Schulträger in Nordrhein-Westfalen von besonderer Relevanz ist die Festlegung in dem Gesetzentwurf, dass die geplante inklusive Reorganisation des Schulwesens keine Auswirkun5 6 7 Die aktuell gültige Sechste Verordnung zur Ausführung des Schulverwaltungsgesetzes (6. AVOzSchVG) legt lediglich fest, welche Schülerzahlen an Förderschulen für einen geordneten Schulbetrieb erforderlich sind. Öffentliche, im Verbund geführte Förderschulen, d. h. „[…] Schulen, die mit Genehmigung der oberen Schulaufsichtsbehörde als eine Schule in kooperativer oder integrativer Form geführt werden […]“ (LTDrucks. 16/2192, S. 2). Am 02.07.2013 hat das nordrhein-westfälische Landeskabinett eine überarbeitete Fassung der Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke (MindestgrößenVO) beschlossen, die im zeitlichen Zusammenhang mit der geplanten Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes erlassen werden soll (online verfügbar unter http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_Gemeinsames_Lernen/MindestgroessenVO.pdf, zuletzt abgerufen am 05.07.2013). Diese sieht z. B. für Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen weiterhin eine Mindestgröße von 144 Schülern vor (112 Schüler an Schulen mit allein der Sekundarstufe I). 7 1. Einleitung gen auf die Finanzlage der Gemeinden und Gemeindeverbände habe: „Der Gesetzentwurf führt nach dem derzeitigen Erkenntnisstand nicht zu einer Ausgleichspflicht des Landes gegenüber den Gemeinden und Gemeindeverbände im Sinne des KonnexAG (Konnexitätsausführungsgesetz)“ (LTDrucks. 16/2432, S. 5). Die Landesregierung führt an, dass es schon eine längere Tradition gemeinsamen Lernens von Schülern mit und ohne Behinderungen gibt und damit der Gesetzentwurf keine neue Aufgabe für die Schulträger vorsieht. Auch würden in dem Gesetz keine Anforderungen in Form von Standards festgelegt, die zu finanziellen Belastungen für die Kommunen führen könnten. Schließlich dürften Verursachungsbeiträge Dritter, z. B. durch das elterliche Wahlverhalten oder Entscheidungen im Rahmen der Schulentwicklungsplanung, nicht dem Land zugerechnet werden. Implizit werden konnexitätsrelevante Kosten durchaus für möglich gehalten, jedoch wird bestritten, dass sich dafür gegenwärtig eine tragfähige Datenlage herstellen ließe, zumal sie zu sehr von dem Elternwahlrecht und den Schulträgerentscheidungen abhingen. Das Land hat aber seinerseits wenig unternommen, um zur Aufklärung offener Fragen beizutragen. In ihrem Gutachten im Auftrag des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes NordrheinWestfalen benennen Klemm/Preuss-Lausitz (2011) mehrere Ausgabenpositionen der Schulträger, „auf die eine Ausweitung der Inklusion Rückwirkungen hat oder doch haben kann: • Ausgaben für die individuelle Betreuung und Begleitung einer Schülerin oder eines Schülers (Integrationshelfer – SGB XII), • Ausgaben für nicht lehrendes Personal (Hausmeister, Schulsekretariate), • Ausgaben für die Umrüstung von Schulgebäuden entsprechend inklusionsbedingter Anforderungen, • Ausgaben für die Bewirtschaftung der Schulgebäude und Schulanlagen, • Ausgaben für Schülerfahrtkosten.“ (Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 120) In dem Gutachten werden damit bereits deutliche Hinweise auf mögliche zusätzliche Belastungen der Schulträger gegeben, denen das Land in der Zwischenzeit nicht nachgegangen ist. Offen bleibt in dem zitierten Gutachten die Frage, wodurch der berechnete Mehrbedarf an Lehrkräften entsteht und über welche Lehrämter diese Lehrkräfte verfügen müssen. Oberflächlich betrachtet scheint es sich um Sonderpädagogen zu handeln. Doch gehen die Berechnungen von einer gegenüber heute unveränderten Lehrerstundenzahl für die individuelle sonderpädagogische Förderung der Schüler in inklusiven Klassen aus (z. B. Lernen 2,7). In jener von Klemm/PreussLausitz (2011) vorgestellten Variante, die für den Schulgesetzentwurf übernommen wurde, kommt aber in inklusiven Klassen künftig für jeden integrativ unterrichteten Schüler zusätzlich die Schüler-Lehrer-Relation der aufnehmenden Schulart hinzu (vgl. LTDrucks. 16/2432, S. 2). Dieser Zuschlag lässt sich als Maßnahme der allgemeinen inklusionsbedingten Verbesserung der Personalausstattung ansehen bzw. als Maßnahme zur Senkung der Lerngruppengrößen (vgl. 8 1. Einleitung dazu auch Klemm/Preuß-Lausitz 2011, S. 53-56). Damit würde den allgemeinen pädagogischen Überlegungen entsprochen, dass die integrative Förderung auch eine Begrenzung der maximalen Lerngruppengröße zur Folge haben muss, damit die notwendigen Maßnahmen der Unterrichtsdifferenzierung und der individuellen Förderung möglich sind. Folglich handelt es sich unter dieser Sichtweise bei den zusätzlichen Lehrkräften in erheblichem Umfang um Grundschul- und Sekundarstufenlehrkräfte, die für zusätzliche Lerngruppen/Klassen benötigt werden. Die Senkung von Lerngruppengrößen für Inklusionsklassen bei gleichzeitiger Beibehaltung der Schüler-Lehrer-Relation ist eine grundlegende Annahme des Gesetzentwurfs, deren praktische Umsetzbarkeit von der Landesregierung nicht nachgewiesen wurde und letztlich im Widerspruch zu den eigenen Planungsüberlegungen steht (vgl. z. B. LTDrucks. 16/2432, S. 38). Doch auch über die Frage der zusätzlichen Lehrkräfte hinaus geben die angesprochenen Aspekte in Klemm/Preuss-Lausitz (2011) bereits mehrere Ansatzpunkte, die Position der Landesregierung in Frage zu stellen, die bei den geplanten schulorganisatorischen Änderungen keine Folgen für die Belastung der Schulträger unterstellt, die über ihre bisherigen Aufgaben hinausgehen. Aufgabe des Gutachtens ist es, diese zusätzlichen Belastungen der Schulträger zu überprüfen und zu quantifizieren. 1.4. Stand der Forschung Bei den folgenden Überlegungen und Berechnungen zur Konnexitätsrelevanz des Schulgesetzentwurfs kann auf Vorarbeiten zurückgegriffen werden, die sich teilweise schon sehr differenziert mit den Kostenimplikationen der Umstellung der sonderpädagogischen Förderung von einem schulischen auf ein integratives System auseinandergesetzt haben. Zu nennen ist vor allem die Empfehlung der Bildungskommission des Deutschen Bildungsrats „Zur pädagogischen Förderung behinderter und von Behinderung bedrohter Kinder und Jugendlicher“ aus dem Jahr 1973, die eine ausführliche Kostenschätzung zu den getroffenen Empfehlungen zur Förderung in der Schule beinhaltet (Deutscher Bildungsrat 1973, S. 150-164). Da im Zentrum der Kostenüberlegungen die zusätzlichen Kosten des Ausbaus sonderpädagogischer Förderung standen, sind sie auf die aktuelle Situation nur bedingt übertragbar. Die Kostenüberlegungen für die „Pädagogisch-therapeutischen Stationen“ sind aber auch heute noch bedenkenswert, da mit dem Entwurf für die Neufassung des § 132 Abs. 3 SchulG NRW ein ähnlicher Lernort vorgesehen ist, in dem „Schülerinnen und Schüler befristet mit dem Ziel unterrichtet und erzogen [werden], sie auf die baldige Rückkehr in den Unterricht ihrer allgemeinen Schule vorzubereiten“ (LTDrucks. 16/2432, S. 36). Durch die damals höheren Klassenfrequenzen sind die Ausgangsbedingungen mit der heutigen Situation nicht vergleichbar. Doch erscheinen die generellen Überlegungen nicht überholt: „Hohe Schüler-Lehrer-Relationen stehen einer Individualisierung der Lernanforderungen 9 1. Einleitung entgegen, weil sie vielfach die Organisation differenzierender und individualisierender Maßnahmen verhindern; insbesondere erschweren sie die Integration behinderter Kinder. Aber auch die starre Anwendung festgelegter Klassenfrequenzen innerhalb einer Schule ist nicht angebracht, weil die Zusammenfassung der Schüler in Klassen mit bestimmter Schülerzahl sich nicht für alle unterrichtlichen Situationen eignet. Klassen- und Gruppenfrequenzen müssen flexibel sein. Sie sind an Lernbereichen, Altersstufen und den individuellen Lernmöglichkeiten der in einer Gruppe zusammengefassten Schüler zu orientieren. Das bedeutet, dass die Frequenzen zum Beispiel in einer Gruppe, in der einige Kinder mit bestimmten Sprachbehinderungen gemeinsam mit nichtbehinderten Kindern unterrichtet werden, anders festzulegen sind als in Gruppen, in denen ausschließlich nichtbehinderte Kinder unterrichtet werden.“ (Deutscher Bildungsrat 1973, S. 73). Von Bedeutung für die heutigen Reformüberlegungen ist die in den Kostenüberlegungen der Empfehlung immer wieder durchscheinende Frage nach dem Anteil von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf unter der Bevölkerung im Schulalter. Würde für NordrheinWestfalen beispielsweise nicht von den gegenwärtigen Förderquoten im Bereich Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung und Sprache von 4,6% (Klemm/Preuß-Lausitz 2011, S. 118) ausgegangen, sondern von den Behindertenquoten der KMK-Empfehlung von 1972, dann müsste von 5,5% (und zusätzlich 1% ambulant Sprachtherapiebedürftigen in der Grundschule) ausgegangen werden (Empfehlung zur Ordnung des Sonderschulwesens, Beschluss der KMK vom 16.3.1972). Die Quotenvorgaben des Deutschen Bildungsrats sind noch deutlich höher, wenn auch die von Behinderungen bedrohten und sprachauffälligen Kinder berücksichtigt werden (Deutscher Bildungsrat 1973, S. 36-41). Der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ist aber auch mit Blick auf die zu erwartenden Kosten einer inklusiven Beschulung von grundlegender Bedeutung. Daher wäre eine eindeutige Positionierung der Landesregierung wünschenswert gewesen, zumal künftig im Regelfall auf die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs als Voraussetzung für eine sonderpädagogische Förderung verzichtet werden soll.8 Von Interesse für die weiteren Überlegungen sind auch Modellrechnungen für die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft Hessen von 1991 zur Integration von Behinderten im Schulwesen (Steinert/Rauin/Weishaupt 1991, S. 50 ff.; s. auch Rauin/Steinert/Weishaupt 1993), die von bestimmten Organisationsmodellen integrativen Unterrichts (15+3, 18+2 und 24+1) für die Grundschule ausgegangen sind und unterschiedliche Behindertenquoten unter den Schülern unterstellten. Zentral ist hier vor allem das Ergebnis, dass zusätzlicher Personalbedarf durch 8 10 Der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz sieht vor, dass ein Antrag auf sonderpädagogische Förderung im Regelfall durch die Eltern gestellt wird und nicht wie bisher auf Antrag der Eltern oder der Schule (vgl. LTDrs. 16/2432, S. 17-18). Für die Jahre 2011 und 2012 hat der Landesrechnungshof Nordrhein-Westfalen ermittelt, dass rund 95% der Anträge auf Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs von den Schulen gestellt wurden (vgl. Unterrichtung des Landtags nach § 99 Landeshaushaltsordnung über die Prüfung des Schulbetriebs an öffentlichen Förderschulen vom 25.04.2013, G. K. -172 E 7 – 134). 1. Einleitung sinkende Klassenfrequenzen und die dadurch zusätzlich zu bildenden Klassen weniger bei den Sonderpädagogen entsteht als bei den Grundschullehrkräften. Da in Hessen (wie auch in NRW) keine Daten über die Kapazität der Schulgebäude vorliegen, konnte nicht ermittelt werden, welcher zusätzliche Raumbedarf über die Erweiterung von Schulgebäuden hätte bereitgestellt werden müssen, wenn die Planungsüberlegungen umgesetzt worden wären bzw. in welchem Umfang die vorhandenen Förderschulen in die Organisation eines integrativen Schulsystems hätten eingebunden werden können. Bedeutsam ist folglich der Hinweis auf die Konsequenzen integrativer Unterrichtsmodelle auf den Schulraumbedarf und dabei nicht nur die Möglichkeit der Aufnahme von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Regelschulen, sondern auch die baulichen Voraussetzungen in den Förderschulen, um als Regelschulen genutzt zu werden. Die internationalen Bestrebungen zu einem inklusiven Schulsystem führten bereits zu zahlreichen Publikationen (vgl. www.european-agency.org). Hervorzuheben ist der Bericht zur Finanzierung sonderpädagogischer Förderung (vgl. Meijer 1999), in dem die Vor- und Nachteile unterschiedlicher Finanzierungsstrategien und die mit ihnen verbundenen Anreize diskutiert werden, die häufig nicht in die pädagogisch gewünschte Richtung gehen (vgl. dazu auch PreussLausitz 2008). Zu nennen wäre z. B. die als ‚Ressourcen-Etikettierungs-Dilemma‘ bezeichnete Situation einer Kopplung der Zuweisung zusätzlicher Ressourcen an einen diagnostizierten Förderbedarf der Kinder. Besonders beachtenswert ist in dem Bericht die Forderung nach einer Rechenschaftspflicht der einzelnen Schule, um sicher zu stellen, dass die für sonderpädagogische Förderung den Schulen bereitgestellten Mittel auch zweckgerecht verwendet werden. Die umfangreichsten empirischen Arbeiten zur sonderpädagogischen Förderung in Deutschland legte Preuss-Lausitz (2000, 2002, 2008) vor. Die von ihm referierten Ergebnisse internationaler Studien lassen sich wegen der unterschiedlichen Bedingungen der Schulorganisation und -finanzierung nicht problemlos auf Deutschland übertragen. Ein übertragbarer Befund sind jedoch die durch eine wohnortnahe Integration entstehenden Entlastungen bei den Schülertransportkosten. Seine Analysen heben darauf ab, die Ausgaben je Schüler vergleichend gegenüberzustellen. Dabei lassen sich die systemischen Auswirkungen auf die Unterrichtsorganisation kaum erfassen, die entstehen, wenn an Stelle der Einzelintegration die Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung insgesamt intendiert ist. Die Untersuchungen sind vor allem von dem Interesse geleitet nachzuweisen, dass unter Berücksichtigung der Kosten aller Kostenträger eine integrative Förderung im Vergleich zur Unterrichtung in Förderschulen keine zusätzlichen Kosten verursacht. Aus Schulträgersicht stellen sich nach seinen Berechnungen Entlastungen vor allem dann ein, wenn Förderschulen als Folge der Integration geschlossen werden. Parallelangebote führen vor allem dann zu höheren Belastungen der Kommunen, wenn kleine, nicht ausgelastete Förderschulen bestehen bleiben (vgl. Preuss-Lausitz 2000, 2002 und Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 71). 11 1. Einleitung Um die methodischen Probleme eines Vergleichs, der auf den Ausgaben je Schüler beruht, zu umgehen, wurden für Hessen die Auswirkungen alternativer Modelle der Unterrichtung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf simuliert (vgl. Schwarz 2013). Die Berechnungen konzentrierten sich auf Schüler mit Lernbehinderungen. Teilweise musste mit Annahmen gerechnet werden, weil personenbezogene Daten und Daten über die Klassengrößen der Grundschulen nicht für die Berechnungen bereitgestellt wurden. Dann waren die speziellen Vorgaben für die organisatorische Gestaltung des integrativen Unterrichts in Hessen zu beachten. Auch bei diesen Modellrechnungen ergab sich ein Zusatzbedarf an Grundschulklassen und eine deutliche Verringerung der durchschnittlichen Schulwege der Schüler mit Lernbehinderungen. Die für die Berechnungen zur Verfügung gestellte Datengrundlage gestattete nicht die Verrechnung des Lehrkräftebedarfs insgesamt und des Schulraumbedarfs unter Berücksichtigung der Schulgebäudekapazität, der durch die Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung entsteht. Dadurch ist das Ergebnis unbefriedigend, weil die Methoden für differenzierte Berechnungen zur Verfügung gestanden hätten (vgl. dazu auch Fickermann/Schulzeck/Weishaupt 2000). Insgesamt geben die bisherigen Studien Hinweise darauf, dass sich die Ausgabenbelastung der Schulträger durch die Änderung der sonderpädagogischen Förderung verändert ohne diese im Detail spezifizieren zu können. Entlastungen bei den Schülertransportkosten stehen Zusatzlasten durch die notwendige Erweiterung der allgemeinen Schulen gegenüber. Das Ausmaß der Ent- und Belastungen und die Ausgabenbilanz sind auch abhängig von dem Anteil der Schüler, die als sonderpädagogisch förderbedürftig angesehen und integrativ unterrichtet werden. Zu den weiteren kommunalen Belastungsfaktoren (Lernmittelfreiheit, Integrationshelfer, behindertenspezifische Umbaumaßnahmen von Schulgebäuden) liegen keine uns bekannten wissenschaftlichen Studien vor. 12 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen Nachfolgend wird die Ausgangssituation für die Umsetzung des Entwurfs des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes unter besonderer Beachtung jener Gesichtspunkte dargestellt, die möglicherweise für die Konnexitätsrelevanz der Reform von Bedeutung sind. Dies sind: 1. Die bisherige Betroffenheit der Schulträger von sonderpädagogischer Förderung bzw. die bisherige Zuständigkeit für die Unterhaltung einer Förderschule im Verhältnis zu den künftigen Aufgaben in einem auf wohnortnahe Inklusion ausgerichteten Schulsystem, 2. das Verhältnis von öffentlichen und privaten Trägern von Förderschulen, 3. die Situation ganztägiger Förderung von Schülern in Förderschulen im Vergleich zu den Schülern in allgemeinen Schulen, 4. die Entwicklung der Eingangsstufe der Grundschule für die Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf sowie 5. die landesweiten Implikationen des Gesetzesentwurfs für die Klassenbildung. Die nachfolgenden Analysen hierzu beruhen auf den Daten der Schulstatistik und des aktuellen Schulverzeichnisses des Landes Nordrhein-Westfalen (NRW). Ländervergleichende Statistiken verwenden die von dem Sekretariat der Kultusministerkonferenz veröffentlichten Daten. Unterschieden wird nach den sonderpädagogischen Förderschwerpunkten, wie sie in der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (vgl. Ausbildungsordnung gemäß § 52 SchulG – AO-SF, BASS 13-41 Nr. 2.1) festgelegt sind und nach denen sich auch die Schulstatistik richtet.9 Auf Differenzierungen der Daten nach Geschlecht und Migrationshintergrund bzw. Nationalität wird verzichtet, weil entsprechende Differenzierungen für die Fragestellung des Gutachtens nicht relevant sind. Dennoch soll auf Berichte zu Ungleichheitsaspekten der gegenwärtigen Situation sonderpädagogischer Förderung, die im Umkreis der Gutachter in den letzten Jahren entstanden sind (vgl. Weishaupt/Kemper 2009; Kemper 2011a, 2011b; Kemper/Weishaupt 2011, Dietze 2011, 2012, 2013), verwiesen werden, da sie durch ihre Bezüge zu Nordrhein-Westfalen für den Gegenstand des Gutachtens als Hintergrundinformationen geeignet sind. Da Förderschulen auch allgemeinbildende Schulen sind, verwendet die KMK seit einigen Jahren den Begriff der allgemeinen Schule, der sich auf allgemeinbildende Schulen ohne Förderschulen bezieht. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinen Schulen sind 9 Hierbei handelt es sich um die Förderschwerpunkte Lernen (LE), Emotionale und soziale Entwicklung (ES), Sprache (SQ) – diese drei werden auch zu den Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) zusammengefasst -, Geistige Entwicklung (GG), Körperliche und motorische Entwicklung (KM), Hören und Kommunikation (HK) sowie Sehen (SE). 13 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen folglich alle entsprechenden Schüler, die nicht in Förderschulen unterrichtet werden. Diesem Sprachgebrauch wird hier gefolgt. 2.1 Zur Ausbausituation sonderpädagogischer Förderung in NordrheinWestfalen Nordrhein Westfalen gehört nicht zu den Bundesländern, die in den letzten 15 Jahren eine integrative Unterrichtung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf besonders vorangetrieben haben. Im Schuljahr 2010/2011 wurden nach den Berechnungen der KMK 16,1% der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf integrativ unterrichtet. Dieser Anteil lag deutlich unter dem Bundesdurchschnitt von 22,3% (vgl. Abbildung 1). Nur Niedersachsen (8,5%) und Hessen (14,8%) wiesen 2010 niedrigere Integrationsanteile von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf auf. Abbildung 1: Integrationsquoten im Ländervergleich (in %), 1999 bis 2010 60 BW 50 BY BE BB 40 HB HH HE MV 30 NI NW RP 20 SL SN ST 10 SH TH 0 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 Quelle: Sekretariat der KMK, Sonderpädagogische Förderung in Schulen 2001 bis 2010 (Dokumentation 196); eigene Berechnung, eigene Darstellung Hinweise: Integrationsquote: Anteil der Schüler im Alter der Vollzeitschulpflicht, die mit sonderpädagogischem Förderbedarf in einer allgemeinen Schule und nicht in einer Förderschule unterrichtet werden. Wie in den meisten Ländern der Bundesrepublik zeichnet sich auch in Nordrhein-Westfalen die Entwicklung sonderpädagogischer Förderung im letzten Jahrzehnt dadurch aus, dass die Zunahme der Schüler in integrativen Klassen nicht mit einer gleichzeitigen Rückentwicklung der Förderschule verbunden war, sondern sie sogar noch einen steigenden Anteil der Schüler aufnahmen (insbesondere bis zum Jahr 2010, vgl. Abbildung 2). Selbst in den Jahren 2011 und 2012 14 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen geht die Ausweitung der sonderpädagogischen Förderung an allgemeinen Schulen kaum zu Lasten der Förderschulen. Insofern wird mit dem Entwurf des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes ein grundlegender Wechsel der Integrationspolitik vollzogen, weil es sich nicht mehr um eine additive, bedarfsabhängige Integration handelt. Es ist auch nicht nur eine Ausweitung der Integrationsquoten zu Lasten des Förderschulangebots geplant, sondern es wird ein inklusives Schulsystem angestrebt. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird auf diese prinzipielle Neuorientierung auch hingewiesen: „Eine inklusive Schule ist eine allgemeine Schule mit den personellen und sächlichen Voraussetzungen für die sonderpädagogische Unterstützung der Schülerinnen und Schüler. Hieran zeigt sich das gewandelte Verständnis der sonderpädagogischen Förderung: Nicht die Schülerin oder der Schüler muss sich an das Bildungsangebot der Schule anpassen, sondern umgekehrt diese an die Bedürfnisse der Schülerin und des Schülers“ (LTDrucks. 16/2432, S. 22). Abbildung 2: Förderquote (sonderpädagogische Förderbedarfe insgesamt) nach Förderort in NRW (in %), 1999 bis 2012 8 7 6 1,05 5 0,39 0,41 0,46 0,46 0,49 0,53 0,58 0,65 1,44 1,67 0,86 0,74 0,35 4 3 2 5,07 5,39 4,99 5,24 5,45 5,00 5,30 4,88 5,16 5,24 4,39 4,73 4,96 4,57 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 1 0 Förderschule Allgemeine Schule Quelle: Sekretariat der KMK, Sonderpädagogische Förderung in Schulen 2001 bis 2010 (Dokumentation 196), 2011 und 2012, Statistische Übersichten des MSW NRW; eigene Berechnung, eigene Darstellung Hinweise: Förderquote (insgesamt): Anteil der Schüler der Klassenstufen 1 bis 10 mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allen Schülern, die in Förderschulen und in allgemeinen Schulen unterrichtet wurden. Die geplante Reform führt folglich zu weitreichenden pädagogischen Herausforderungen für die einzelnen Schulen. Für die Schulträger ist es aber eine prinzipielle Abkehr von einem sonderpädagogischen Versorgungssystem über Förderschulen, das in der Regel – wenn überhaupt – nur 15 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen zu einer partiellen Zuständigkeit für die Schüler einzelner Förderschwerpunkte führte, hin zu einem wohnortbezogenen Versorgungssystem für prinzipiell alle Kinder aller Förderschwerpunkte, die in der Gemeinde leben. Folglich bergen die aktuellen Reformbestrebungen auch die Gefahr, die Komplexität der Aufgabe der Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung zu unterschätzen. Dies resultiert daraus, dass es bisher über die Struktur des Angebots, der Angebots-Nachfragebeziehungen, sozialstrukturelle, regionale und geschlechtsspezifische Verwerfungen bei der Inanspruchnahme der Angebote kaum Forschungen und damit keine differenzierten Kenntnisse über die Ausgangssituation in den einzelnen Kommunen gibt. Dies beginnt bereits mit der fehlenden Kenntnis der Gemeinden über die in ihr lebenden Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf, weil die Gemeinden als Schulträger nur dann mit den Kindern befasst sind, wenn sie dort eine Förderschule besuchen oder integrativ unterrichtet werden unabhängig von deren Wohnort. Es ist als eines der zentralen Versäumnisse im Vorfeld der geplanten Reform anzusehen, die gegenwärtigen Wohnort-Schulort-Strukturen sonderpädagogischer Förderung nicht transparent zu machen und die Schulträger nicht über die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in ihrer Gemeinde zu informieren, obwohl der Wohnsitz der Schüler nach Postleitzahlenbezirken von der Schulstatistik erhoben wird.10 Die Analyse von Wohnort-Schulort-Beziehungen kann auch Hinweise auf die Angebotsabhängigkeit der Nachfrage geben und auf bestehende regionale Versorgungsdefizite für einzelne Förderschwerpunkte hinweisen (vgl. Weishaupt 2006, S. 40 ff.)11. Bereits in dem Gutachten von Klemm/Preuss-Lausitz (2011) wird auf die großen Unterschiede in den Förderquoten und dem Anteil integrativ unterrichteter Schüler im Kreisvergleich hingewiesen (vgl. ebenda, S. 64-66), ohne allerdings näher die Ursachen zu analysieren. Selbst die Angebotssituation sonderpädagogischer Förderung lässt sich nur unzureichend erfassen. Das Schulverzeichnis des Landes gibt keine Auskunft darüber, an welchen Schulen Schüler integrativ unterrichtet werden. Der summarischen Übersicht in der Schulstatistik ist zu entnehmen, dass inzwischen an der Hälfte aller allgemeinen Schulen Schüler integrativ unterrichtet werden (vgl. Tabelle 1). Sieht man von den wenigen Sekundar-/ Gemeinschaftsschulen ab, dann sind es vor allem die Hauptschulen, Gesamtschulen und Grund10 11 16 Eine Anfrage zur Bereitstellung der Daten aller Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Förderschwerpunkt und Wohnsitzgemeinde konnte von IT-NRW im engen Zeitrahmen des Gutachtens nicht bedient werden. Die Daten stehen – was eigentlich üblich sein sollte – der Forschung auch nicht in einem Forschungsdatenzentrum für Analysen zur Verfügung, um mögliche datenschutzrechtliche Bedenken zu umgehen. Die Sonderveröffentlichung zur sonderpädagogischen Förderung des Ministeriums ist für die Schulträger wenig aussagekräftig und ergiebig, denn es werden nur Daten nach Schulort der Schüler auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte berichtet. Insofern ist der Hinweis des Landesrechnungshofs auf institutionelle Eigeninteressen des Förderschulsystems zur Ausweitung der Zahl der Förderschüler zu relativieren (vgl. Unterrichtung des Landtags nach § 99 Landeshaushaltsordnung über die Prüfung des Schulbetriebs an öffentlichen Förderschulen, G. K. -172 E 7 – 134 vom 25.04.2013). Ergänzend wäre auf die im Landesdurchschnitt insgesamt nicht von den allgemeinen Empfehlungen (KMK, Deutscher Bildungsrat) abweichende und eher niedrigere Förderquote in Nordrhein-Westfalen hinzuweisen. 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen schulen, die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen. Hier liegen die Anteile der Schulen, die bereits Gemeinsamen Unterricht anbieten, in der entsprechenden Reihenfolge bei 92,6%, 65,1%, 70,6% und 52,7%. An den integrativen Grundschulen wurden 2011/12 landesweit 28,5% der Grundschüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet, an allgemeinen Schulen der Sekundarstufe I 14,2% der Schüler (vgl. Tabelle 2). Tabelle 1: Schulen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Schulform in NRW, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 1.595 Anteil Integrationsschulena) in % an allen Schulen 52,7 Anteil Integrationsschülerb) in % an allen Schülern 2,5 576 375 65,1 4,4 564 215 38,1 0,4 Gesamtschulen 252 178 70,6 1,4 Gemeinschafts-/Sekundarschulen 54 50 92,6 5,6 Anzahl Schulen insgesamt Anzahl Integrationsschulena) 3.028 Haupt-/Volksschulen Realschulen Schulart Grundschulen Gymnasien 627 129 20,6 0,1 Insgesamt 5.101 2.542 49,8 1,5 Quelle: MSW NRW Statistische Übersicht 378, Statistik Telegramm Schuljahr 2012/13, S. 9 und S. 24 Hinweise: a)Schulen, an denen Schüler mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden; b)Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen Tabelle 2: Integrationsquoten in der Primarstufe und der Sekundarstufe I nach sonderpädagogischem Förderbedarf sowie nach Trägerschaft der Schule in NRW (in %), Schuljahr 2011/12 Lern- und Entwicklungsstörungen LE ES SQ Sinnesschädigungen HK SE Öffentlich 46,2 39,3 23,1 13,1 Privat 53,5 10,4 90,0 Insgesamt 46,4 37,1 23,3 Öffentlich 14,5 21,1 28,0 Privat 42,4 8,9 88,9 Insgesamt 15,2 18,9 28,8 16,3 Träger Summe LE-SQ Summe HK-KM Insgesamt GG KM 10,2 11,2 25,9 34,7 15,7 29,2 100,0 100,0 5,3 52,2 25,5 12,2 16,7 13,3 10,6 9,7 27,5 34,5 15,3 28,5 14,4 15,8 2,5 11,1 16,9 6,6 14,2 100,0 100,0 3,0 41,1 18,1 7,5 11,9 17,5 2,7 13,6 17,0 6,8 14,0 Primarstufe Sekundarstufe I Quelle: MSW NRW Statistische Übersicht 377; eigene Berechnungen Hinweise: Sonderpädagogische Förderbedarfe: LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperlich-motorische Entwicklung Nach Förderschwerpunkt, zwischen öffentlichen und privaten Schulen und der Primarstufe und der Sekundarstufe I gibt es große Unterschiede in den Integrationsquoten. Die Schüler mit Lernund Entwicklungsstörungen werden in der Grundschulzeit zu gut einem Drittel (34,5%) und in der Sekundarstufe I zu 17% integrativ unterrichtet. Für die sonstigen Förderschwerpunkte sind die Integrationsquoten insgesamt jeweils weniger als halb so hoch. An öffentlichen Schulen sind 17 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen – mit starken Differenzierungen nach Förderschwerpunkt – die Integrationsquoten höher als an privaten Schulen (vgl. Tabelle 2). 63% der integrativ unterrichteten Schüler der Sekundarstufe I besuchen eine Hauptschule (das sind 3,4% aller Hauptschüler). Insgesamt beträgt der Anteil von Integrationsschülern an den Sekundarstufenschülern 0,7% (9.399 Integrationsschüler von 1.324.948 Schülern insgesamt der Sekundarstufe I, Schuljahr 2011/12). Von den kommunalen Spitzenverbänden wurde bereits darauf hingewiesen, dass nur durch besondere Anstrengungen und Vorleistungen einzelner Schulträger die heutige Situation erreicht werden konnte. Man würde nun erwarten, dass die integrative Förderung vor allem dann einen hohen Stellenwert hat, wenn das Angebot einer Förderschule fehlt. Dies ist für die Frage des weiteren Ausbaus der Integration durchaus von Bedeutung, weil angenommen werden könnte, dass bei einem schulischen Angebot dies weiterhin eher nachgefragt wird und der Ausbau der Integration sich auf Regionen ohne Angebot konzentrieren kann. Für die Schüler mit Sinnesschädigungen lässt sich dieser unterstellte Zusammenhang nicht belegen, obwohl gerade für diese Behinderungsarten eher angenommen wird, dass die Eltern auch eine allgemeinschulische Förderung in Erwägung ziehen. Außerdem ist das schulische Angebot – 15 Förderschulen mit Schwerpunkt Hören und Kommunikation, 12 Förderschulen mit Schwerpunkt Sehen (vgl. Tabelle 3) - auf wenige der insgesamt 53 Kreise und kreisfreien Städte konzentriert. Im Kreisvergleich wohnen in den Regionen mit einer Förderschule mit dem Schwerpunkt Hören 31,6% der Grundschüler und 29,9% der integrativ unterrichteten Schüler in der Primarstufe mit diesem Förderschwerpunkt. Beim Förderschwerpunkt Sehen liegen die beiden Prozentsätze mit 29,3% und 28,6% noch näher beieinander. Auch bezogen auf alle Förderschwerpunkte gibt es keinen statistischen Zusammenhang zwischen der Förderschulbesuchsquote und der Integrationsquote (jeweils Anteile an den Schülern insgesamt, N=53, r=0.069) Wenn sich diese Tendenz einer angebotsunabhängigen Nachfrage nach integrativem Unterricht auch bei höheren Integrationsquoten durchsetzen sollte, dann ist eine geordnete Weiterentwicklung der Förderangebote kaum möglich und die Vorhaltung von ineffizienten Doppelstrukturen unvermeidlich. Angesichts gleichzeitig sinkender Besuchsquoten der Förderschulen, insbesondere seit 2010, entsteht das bereits in dem Gutachten von Klemm/Preuss-Lausitz (2011, S. 67-71) angesprochene Problem der weiteren Unterhaltung wenig ausgelasteter und kleiner Förderschulen (diseconomies of scale). Dem Schulverzeichnis ist zu entnehmen, dass die Förderschulen nach privaten Trägern, nach den von den Landschaftsverbänden getragenen Schulen und den sonstigen öffentlichen Schulen ausgewiesen werden. Nicht differenziert wird zwischen der Trägerschaft von Gemeinden, Schulverbänden und Landkreisen12. So lässt sich nur vermuten, dass etwa die Hälfte der 12 18 Auch die Schulstatistik verweist nur darauf, dass von den öffentlichen Förderschulen 211 von Städten, 133 von Kreisen, 189 von Gemeinden, 23 von Schulverbänden und 77 von den Landschaftsverbänden unterhalten werden (vgl. MSW NRW – Quantita Schuljahr 2011/12, S. 41). Wie viele Gemeinden Schulträger von Förderschulen sind, wird aber nicht veröffentlicht. 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen 396 Gemeinden auch wenigstens eine Förderschule unterhalten.13 Insgesamt findet sich nur in 251 Gemeinden wenigstens ein Förderschulangebot (vgl. Tabelle 3). Wie gesagt ist mit den uns zur Verfügung stehenden Daten nicht zu ermitteln, in welchem Umfang an den Schulen der restlichen Gemeinden Kinder integrativ unterrichtet werden. Wichtiger als die Gesamtbetrachtung ist die Standorthäufigkeit nach Förderschwerpunkten. Dabei wird deutlich, dass in vier der acht Förderbereiche (hier inklusive der Schulen für Kranke) nicht in jedem Kreis/jeder kreisfreien Stadt ein Angebot besteht. Am häufigsten gibt es Schulangebote mit dem Schwerpunkt Lernen, die in 208 Gemeinden bestehen, gefolgt von dem Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung (157 Gemeinden), Sprache (127 Gemeinden) und Geistige Entwicklung (107 Gemeinden). Tabelle 3: Anzahl der Förderschulen und Schulstandortgemeinden nach Förderschwerpunkten und Trägerschaft in NRW, Schuljahr 2012/13 Förderschwerpunkt Träger LE ES SQ Privatschulen 1 24 0 Landschaftsverbände 2 2 10 Kreis/Gemeinde 322 231 152 Insgesamt 325 257 Zahl der Schulen 306 102 Standortgemeinden 208 157 HK Kranke Insgesamt Standortgemeinden 5 5 68 54 33 5 81 42 14 35 880 235 155 52 45 1029 251 117 36 34 693 107 42 43 251 SE GG 0 0 33 15 12 2 5 1 120 162 20 13 71 15 12 127 18 13 KM Quelle: Schulverzeichnis NRW; MSW NRW Statistische Übersicht 378, S. 13 Hinweise: Schulen mit mehreren Förderschwerpunkten werden mehrfach gezählt; ohne 13 Waldorfförderschulen; Sonderpädagogische Förderbedarfe: LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperlich-motorische Entwicklung Insgesamt vermittelt diese Darstellung einen Eindruck von der Vielzahl von Schulträgern, die bisher keine Förderschule oder nur Förderschulen einzelner Förderschwerpunkte unterhalten und sich nun darauf einstellen müssen, den Großteil – wenn nicht alle – Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Schulen der Gemeinde aufzunehmen, die bisher Förderschulen anderer Gemeinden/Kreisen besuchten. Bei Kapazitätsengpässen kann nicht auf eine Förderschule zurückgegriffen werden, die für die Aufnahme der zusätzlichen Schüler mitgenutzt werden könnte. Die folgenden Karten stellen die Situation des Förderschulangebots in NordrheinWestfalen nach den Gemeinden dar. Abbildung 3 soll verdeutlichen, dass in mehr als einem Drittel der Gemeinden Nordrhein-Westfalens keine Förderschule besteht. Nur eine kleine Zahl von Großstädten bietet eine breite Palette von Förderschulen an und kann möglicherweise über die 13 Unter der Annahme, dass jede der 189 kreisangehörigen Gemeinden mit Förderschule nur eine Förderschule unterhält und jede der 22 Großstädte wenigstens eine Förderschule, dann können maximal 211 der 396 Gemeinden eine Förderschule unterhalten. 19 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen Mitnutzung der Förderschulen für ein integrativ umorganisiertes Schulsystem über einen insgesamt ausreichenden Schulraum verfügen. Anders ist die Situation in den Gemeinden ohne Förderschule, die mit einer nicht bekannten zusätzlichen Zahl von Förderschülern befasst sein werden, für die häufig die verfügbaren Schulräume nicht ausreichen dürften. Zu den weitreichenden Reorganisationsproblemen kommt hinzu, dass nicht erfasst werden kann, in welchem Umfang Schulgebäude der Landschaftsverbände, des Kreises oder von Schulverbünden in eine Nutzung durch die Gemeinden überführt werden müssten, damit sie für eine wohnortbezogene Inklusion genutzt werden können. Dies verweist auf das Problem der Doppelfinanzierung von Schulangeboten durch die Kommunen, weil sie sich an der Finanzierung von Schulverbünden und der Schulen der Landschaftsverbände beteiligen, damit Schüler der Gemeinden dort aufgenommen werden können: Diese kommunalen Ausgaben fallen auch dann weiter an, wenn die Schüler der Gemeinde inzwischen an allgemeinen Schulen unterrichtet und die Förderschulen fortgeführt werden. Abbildung 3: Förderschulstandorte und Anzahl bedienter Förderbedarfe je Gemeinde in NRW, Schuljahr 2012/13 Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Berechnung, eigene Darstellung Hinweise: Ohne Schulen für Kranke, mit Schulen privater Träger 20 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen Speziell dargestellt wird in Abbildung 4 die Angebotssituation von Schulen für Lern- und Entwicklungsstörungen (Förderschwerpunkte Lernen (LE), Emotionale und soziale Entwicklung (ES) und Sprache (SQ)). In der Mehrzahl der Gemeinden ist ein öffentliches Angebot für wenigstens einen dieser Förderschwerpunkte vorhanden. Die Legende der Karte informiert auch über die Zahl der Angebote nach den verschiedenen Angebotskonstellationen. Bei diesen sogenannten Lern- und Entwicklungsstörungen haben private Einrichtungen und die Schulen der Landschaftsverbände für die allgemeine Versorgungslage keine oder nur eine vergleichsweise geringe Bedeutung, sodass auf deren Darstellung verzichtet wird. Abbildung 4: Förderschulstandorte nach Förderschwerpunkt (Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung, Sprache) in NRW, Schuljahr 2012/13 Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung Hinweise: Nur Schulen öffentlicher Träger; ohne Schulen der Landschaftsverbände; LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache Für die Förderschwerpunkte Körperliche und motorische Entwicklung (vgl. Abbildung 7), Hören und Kommunikation (vgl. Abbildung 5) sowie Sehen (vgl. Abbildung 6) sind die Landschaftsverbände die wichtigsten Schulträger. Alle Schulen haben, wie aus den Karten deutlich ersichtlich wird, festgelegte Einzugsbereiche, die jeweils mehrere Kreise und kreisfreie Städte umfassen. 21 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen Abbildung 5: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Hören und Kommunikation in NRW, Schuljahr 2012/13 Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung Abbildung 6: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Sehen in NRW, Schuljahr 2012/13 Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung 22 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen 2.2 Private Förderschulen Private Förderschulen haben in Nordrhein-Westfalen im Vergleich zu anderen Bundesländern eine eher untergeordnete Bedeutung für die schulische sonderpädagogische Förderung. Nur 10,5% der Schulen haben private Träger, die von 9,7% der Förderschüler besucht werden (vgl. Tabelle 4). Bezogen auf die drei Förderschwerpunkte, auf die sich das private Schulangebot vornehmlich bezieht (Emotionale und soziale Entwicklung, Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung), kann sich das private Schulangebot aber regional als durchaus bedeutsam für die weitere Schulentwicklung darstellen. Tabelle 4: Schüler in der Primarstufe und der Sekundarstufe I in öffentlichen und privaten Förderschulen nach Förderschwerpunkt in NRW, insgesamt und in Prozent, Schuljahr 2011/1214 Träger Lern-/Entwicklungsstörungen LE ES SQ Sinnesschädigungen HK SE Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf LES HK-KM Insgesamt GG KM Insgesamt 33.611 15.754 12.344 3.744 2.164 18.548 7.198 61.709 31.654 93.363 Öffentlich 33.038 13.006 12.336 3.744 2.164 13.141 6.842 58.380 25.891 84.271 Privat 573 2.748 8 0 0 5.407 356 3.329 5.763 9.092 Privat (in %) 1,70 17,44 0,06 0,00 0,00 29,15 4,95 5,39 18,21 9,74 Quelle: MSW NRW Statistische Übersicht 377; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Waldorfförderschulen; Sonderpädagogische Förderbedarfe: LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperlich-motorische Entwicklung Besonders zu beachten ist die Situation im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung, denn fast ein Drittel dieser Schüler besuchen private Einrichtungen. In Tabelle 5 sind die Kreise aufgeführt, in denen der Anteil der Schüler mit diesem Förderbedarf, die in diesen Regionen private Förderschulen besuchen, über dem Landesdurchschnitt liegt. Dabei wird deutlich, dass in sieben Kreisen nur ein privates Angebot besteht. Der Abbildung 8 ist zu entnehmen, dass aber in allen Kreisen und kreisfreien Städten ein Förderschulangebot mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung vorhanden ist. Für die Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung im Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung sollten diese Gegebenheiten berücksichtigt werden, da in diesem Förderschwerpunkt der Anteil integrativ unterrichteter Kinder mit insgesamt deutlich unter 10% am geringsten ist (vgl. Tabelle 2). 14 Eine Aktualisierung der Tabelle für das Schuljahr 2012/13 anhand von MSW NRW Statistische Übersicht 378 ist nicht möglich, weil dort die Zahlenangaben zwischen S. 13 und S. 62 erheblich abweichen. 23 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen Tabelle 5: Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in der Primar- und Sekundarstufe I in Förderschulen: Kreise in NRW mit einem Privatschüleranteil über dem Landesdurchschnitt, absolut und in Prozent Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung Region öffentlich privat insgesamt % privat Krfr. Stadt Mönchengladbach 259 245 504 48,6 Krfr. Stadt Wuppertal 220 108 328 32,9 Krfr. Stadt Bonn 147 65 212 30,7 Krfr. Stadt Münster 26 193 219 88,1 Kreis Borken 152 507 659 76,9 Kreis Coesfeld 0 298 298 100,0 393 348 741 47,0 0 652 652 100,0 Kreis Recklinghausen Kreis Steinfurt Kreis Warendorf 0 284 284 100,0 Krfr. Stadt Bielefeld 2 498 500 99,6 Kreis Herford 0 239 239 100,0 Kreis Höxter 0 324 324 100,0 Kreis Minden-Lübbecke 0 497 497 100,0 Hochsauerlandkreis 71 188 259 72,6 Kreis Siegen-Wittgenstein 0 302 302 100,0 13.141 5.407 18548 29,2 Nordrhein-Westfalen Quelle: MSW NRW Statistische Übersicht 377; eigene Berechnung Hinweis: Ohne Waldorfförderschulen Abbildung 7: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung in NRW, Schuljahr 2012/13 Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung 24 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen Abbildung 8: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung in NRW, Schuljahr 2012/13 Quelle: Schulverzeichnis NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung 2.3 Ganztagsbetreuung Eine ganztägige pädagogische Betreuung in der Schule ist bisher bei Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Förderschulen eher gegeben als in Grundschulen. Dadurch sind Erwartungshaltungen bei den Eltern behinderter Kinder anzunehmen, die bei der auf Inklusion gerichteten Reorganisation der sonderpädagogischen Förderung zu beachten sind, denen aber nicht ohne weiteres entsprochen werden kann. Hinzu kommen die erhöhten pädagogischen Anforderungen durch die geplante Reform, denen über eine ganztägige Betreuung eher entsprochen werden kann. In der Sekundarstufe I ist das Ganztagsschulangebot zumindest an Hauptschulen und Gesamtschulen so ausgebaut, dass nur in einzelnen regionalen Konstellationen mit einem Angebotsengpass weiterführender allgemeiner Ganztagsschulen zu rechnen ist. Anders ist die Situation in der Primarstufe. Gegenwärtig bestehen in NordrheinWestfalen nur 15 gebundene Ganztagsgrundschulen (vgl. MSW NRW Statistische Übersicht 378, Schuljahr 2012/13, S. 7), weitere 3.755 (12,4%) ‚Schule von 8 bis 1‘ oder mit ‚13plus‘. Die übrigen Grundschulen (2.679) bieten ein offenes Ganztagsangebot, das keine gesicherte Betreuung 25 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen mit Mittagstisch gewährleistet.15 Mehr als ein Drittel der Grundschüler (36,8%) nutzen das Ganztagsschulangebot (vgl. MSW NRW, Statistische Übersicht 378, S. 26). Die Förderschulen in den Förderschwerpunkten Geistige Entwicklung und Körperliche und motorische Entwicklung sind grundsätzlich gebundene Ganztagsschulen. Die Schulen für Lern- und Entwicklungsstörungen sind zu 14,8% gebundene und zu 12,3% erweiterte Ganztagsschulen. Die Schüler mit Lern- und Entwicklungsstörungen besuchen zu 13% Ganztagsschulen, 7,2% gebundene Ganztagsschulen und 5,8% Schulen mit erweitertem Ganztag. Ähnlich ist die Situation bei den Förderschulangeboten für Sinnesbehinderte. Demgegenüber befinden sich nur 0,5% der Grundschüler im gebundenen oder erweiterten Ganztag. Mit der Reorganisation der allgemeinen Schulen zu einem inklusiven Schulsystem sollte keine Verschlechterung der bisherigen Versorgungsqualität verbunden sein. Dazu gehört auch eine verbindliche Ganztagsbetreuung, soweit sie bisher bestand. Dadurch werden Schulträger unter einen zusätzlichen Handlungsdruck gestellt. 2.4 ‚Inklusionsoffene‘ Eingangsstufe der Grundschule 2005 wurde die Eingangsstufe der Grundschule in Nordrhein-Westfalen neu organisiert, um damit eine der Schulentwicklungsmaßnahmen im Anschluss an die Veröffentlichung der PISAErgebnisse 2001 umzusetzen und einer Empfehlung der Kultusministerkonferenz zum Schulanfang nachzukommen (vgl. Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 24.10.1997: Empfehlungen zum Schulanfang). Zentrale Maßnahmen waren: 1. Zurückstellungen bei der Einschulung nur noch aus medizinischen Gründen 2. Förderpläne für alle Kinder 3. Integration der Schulkindergärten in die Grundschulen 4. Dauer der Schuleingangsphase (zwei oder drei Jahre) 5. Organisation des Unterrichts (jahrgangsbezogen/-übergreifend) Mit dieser Reform sollte den zunehmend unterschiedlichen Entwicklungsvoraussetzungen der Kinder über eine Individualisierung des Unterrichts und damit auch eine pädagogische Neugestaltung der Schuleingangsphase entsprochen werden (vgl. dazu Schründer-Lenzen 2009). Da künftig die Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs vermieden werden soll und auf die gemeinsame Förderung aller Kinder in der Eingangsstufe besonderer Wert gelegt wird, müssen dort auch geeignete Bedingungen bestehen, damit diese Erwartungen erfüllt werden können. Aus pädagogischer Sicht stellt sich deshalb die Frage, ob nicht grundsätzlich die Klassenrichtwerte den erhöhten Anforderungen in der Schuleingangsphase angepasst werden müs- 15 26 Die Gesamtzahl der Schulen mit Ganztagsangeboten liegt um 41 über der Gesamtzahl der Grundschulen, d. h. einzelne Schulen werden aufgrund verschiedener Ganztagsangebote doppelt gezählt. Welche Doppelangebote erfasst wurden und ob es Schulen ohne Ganztagsangebote gibt, lässt sich aus den statistischen Informationen nicht erschließen. 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen sen. Aus Sicht der Schulträger muss vor allem bedacht werden, ob sich durch die veränderten Anforderungen an die Schuleingangsstufe der Anteil der Schüler, der die Eingangsstufe in drei statt in zwei Schuljahren durchläuft deutlich erhöhen wird, wodurch ein reformbedingter zusätzlicher Raumbedarf entstehen könnte. Dies ist vor allem deshalb auch anzunehmen, weil die bisherige Entwicklung der Eingangsstufe schlecht dokumentiert ist und die schulstatistischen Daten keine Entwicklungsverläufe in die erwartete Richtung zeigen. In der wissenschaftlichen Fachdiskussion wird die Option jahrgangsübergreifender Unterrichtsorganisation stark befürwortet, weil sie es besser erlaubt, auf die unterschiedlichen Lernvoraussetzungen der Schulanfänger einzugehen und auch über Partnerarbeit und andere Lernumgebungen verbesserte Möglichkeiten sozialen Lernens bietet. Vor diesem Hintergrund ist es sehr ernüchternd zu sehen, dass der Anteil jahrgangsübergreifender Grundschulkassen in der Schuleingangsphase von 20,7% (2005) auf 12,8% (2008) zurückgegangen ist. Seitdem wird in den Statistischen Veröffentlichungen des Ministeriums für Schule und Weiterbildung darüber nicht mehr berichtet. Bisher sind es auch nur Ausnahmefälle unter den Schülern, die die verlängerte Schuleingangsphase durchlaufen. Bei einer jahrgangsgegliederten Eingangsphase lässt sich dies auch kaum organisieren. Insofern verwundert es nicht, dass in den Jahren 2005 bis 2008 mehr als 80% der Schüler im dritten Jahr der Schuleingangsphase jahrgangsübergreifende Lerngruppen besuchten (vgl. Tabelle 6). Tabelle 6: Entwicklung der reformierten Schuleingangsphase der Grundschule in NRW, 2005 bis 2011 Schuljahr 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 Anteil jahrgangsübergreifender Grundschulklassen (in %) 20,71 19,34 14,57 12,79 k .A. k. A. k. A. Anteil Kinder in E3 in jahrgangsübergreifenden Klassen (in %) 69,14 84,66 82,40 84,23 k .A. k. A. k. A. Anteil Kinder in E3 am Grundschülerjahrgang (in %) 0,18 0,31 0,35 0,34 0,59 0,69 0,88 Quelle: MSW NRW Statistische Übersichten, mehrere Jahrgänge; eigene Berechnung Hinweise: E3: drittes Jahr der Eingangsstufe; k. A.: keine Angabe Die weitere Entwicklung bis 2011 lässt eine etwas steigende Wiederholerquote erkennen. Ob dafür der jährlich um einen Monat vorgezogene Einschulungstermin bis 2010 mit verantwortlich zu machen ist, wäre zu klären. Vor dem Hintergrund der Absicht, mit der Verlängerung der Schuleingangsphase Kindern mit Lern- und Entwicklungsdefiziten bei Schulbeginn eine längere Schulstartphase ohne das Stigma des Sitzenbleibens zu ermöglichen, sind die Anteile der Schüler, die die ersten beiden Schuljahre in drei Jahren durchlaufen, sehr niedrig. Berlin hat mit der gleichen Reform in dieser Hinsicht ganz andere Erfahrungen gesammelt. Dort konnte im Schuljahr 2008/09 jeder sechste Zweitklässler nicht in die dritte Klasse versetzt werden, während 27 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen nur 0,7% der Kinder vorzeitig in die dritte Klasse aufsteigen konnten (vgl. Schründer-Lenzen 2009, S. 72). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass auch im Durchschnitt der letzten Jahre etwa 3,5% der Schüler in Nordrhein-Westfalen direkt in eine Förderschule eingeschult wurden (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2012, S. 251)16. Der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz übergeht die Konsequenzen, die sich durch die geplante Reform der sonderpädagogischen Förderung für die Schuleingangsphase ergeben. Dies könnte umso gravierendere Auswirkungen haben, weil offensichtlich die mit der Reform von 2005 verfolgten Absichten bis heute nur sehr begrenzt in den Schulen umgesetzt wurden. Eine ausführliche wissenschaftliche Evaluation der Erfahrungen mit dieser Reform liegt nicht vor. Für die Schulträger sind insbesondere zusätzliche Auswirkungen auf den Schulraumbedarf von Bedeutung, weil sich die durchschnittliche Verweildauer in der Schuleingangsphase in einem für die Schulplanung beachtenswerten Umfang ausdehnen könnte. 2.5 Landesweite Implikationen des Gesetzentwurfs für die Klassenbildung Der Gesetzentwurf der Landesregierung sieht vor, dass für die inklusive Schulorganisation in der Zukunft ein Lehrerstellenmehrbedarf entsteht: „Derzeit lösen Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unabhängig von ihrem Förderort einen Lehrerstellenmehrbedarf nach der Schüler/Lehrer-Relation ihres sonderpädagogischen Förderschwerpunkts aus. Sie werden nicht bei der Berechnung des Lehrerstellenbedarfs des Bildungsgangs der allgemeinen Schule berücksichtigt.“ (LTDrucks. 16/2432, S. 2) Für die Schüler der Sekundarstufe I mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen, die in Integrativen Lerngruppen zieldifferent unterrichtet werden, wird derzeit in der Regel ein Zuschlag von 0,1 Lehrerstellen je Schüler bereitgestellt (vgl. RdErl. des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder v. 19.5.2005, BASS 13-41 Nr. 3). „Voraussichtlich ab dem Schuljahr 2014/15 sollen alle Schülerinnen und Schüler der allgemeinen Schulen – also auch die mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung in allen Förderschwerpunkten – bei der Berechnung des Lehrerstellenbedarfs mit der Relation des jeweiligen Bildungsgangs der allgemeinen Schule, die sie besuchen, berücksichtigt werden. In diesem Fall entstünde in den allgemeinen Schulen ein Lehrerstellenmehrbedarf durch die zusätzliche Berücksichtigung der Schülerinnen und Schüler mit Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung und für Formen innerer und äußerer Differenzierung.“ (LTDrucks. 16/2432, S. 2) Damit werden die Überlegungen der ‚Variante 1‘ des Gutachtens von Klemm/Preuss-Lausitz (2011) für den künftigen Personalbedarf als Folge der Gesetzesreform in NRW übernommen. In dem 16 28 So auch im Schuljahr 2011/12 als 5.406 (3,2%) der Schüler direkt in eine Förderschule eingeschult wurden (ohne Früherziehung und Schulkindergärten), davon nur 19% (1.040) in eine Schule für geistig Behinderte (vgl. MSW NRW Stat. Übers. 375, S. 26). 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen Gutachten wird nicht dargestellt, welche Konsequenzen die Empfehlung für die Entwicklung der Lerngruppen an den Schulen der Primarstufe und der Sekundarstufe I hätte, obwohl sie sich mittelbar aus den Berechnungen des Lehrkräftebedarfs ableiten ließe. Dafür ist noch von Bedeutung, dass der Gesetzentwurf bis 2017 von einer Inklusionsquote in Höhe von 70% bei Lern- und Entwicklungsstörungen und 50% bei anderen Förderschwerpunkten (zusammen etwa 65%) ausgeht (vgl. dazu auch Abschnitt 3.1.3). Dies bedeutet, dass im Landesdurchschnitt 2017 ein Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an der allgemeinen Schule auf 22-23 Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf kommt. Im Durchschnitt etwa also ein Schüler je Klasse. Für die weiteren Überlegungen ist noch der Anteil zieldifferent unterrichteter Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Sekundarstufe I von Bedeutung. Der gegenwärtige Anteil zieldifferent integrativ unterrichteter Schüler in der Sekundarstufe I liegt bei den Lernund Entwicklungsstörungen mit 62% um ca. 10 Prozentpunkte unter dem Anteil an Förderschulen (vgl. Tabelle 7). Diese Differenz ist relativ gering im Vergleich zu den sonstigen Behinderungsarten, denn an den allgemeinen Schulen der Sekundarstufe I liegt der Anteil zieldifferent unterrichteter Schüler in den sonstigen Förderschwerpunkten (HK, SE, GG, KM) nur bei 26% im Vergleich zu 74% an den Förderschulen. In den nächsten Jahren ist bei einer Anhebung der Inklusionsquote zugleich mit einem starken Anstieg des Anteils der zieldifferent zu unterrichtenden Integrationsschüler in der Sekundarstufe I zu rechnen. In der Grundschule sind keine ähnlich großen Veränderungen zu erwarten, wenn man die gegenwärtige Eingruppierung der Schüler nach Förderschwerpunkten als sachgerecht unterstellt. Ausgangspunkt der nachfolgenden Überlegungen zu den Auswirkungen der geplanten Reform auf die Zahl der Klassen ist die ‚Variante 1‘ der Personalbedarfsberechnungen von Klemm/Preuss-Lausitz (2011), deren Schülerzahlen für das Jahr 2015 auch übernommen werden. Als Ausgangsbasis werden die Schülerzahlen des Schuljahres 2012/13 verwendet. Die Grundlage für die Vorausschätzung der Schülerzahlen bis zum Jahr 2017 bilden die prozentualen Schülerzahlenveränderungen der Schülerzahlenprognose 2010 vom Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW).17 Danach ist davon auszugehen, dass sich die Schülerzahlen der Grundschule bis 2017 landesweit um 6,9% verringern. In der Sekundarstufe I beträgt der Schülerzahlenrückgang im gleichen Zeitraum 7,9%. Dann werden die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf entsprechend den Planungswerten für die Entwicklung der Inklusionsquote den Förderschulen und allgemeinen Schulen zugeordnet. Bei den Berechnungen wird 2017 ein Anteil von 64% von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinen Schulen angenommen, die Förderquote bleibt unverändert. Im Grundschulbereich und in der Sekundarstufe I wird als Basisvariante die Umsetzung der inklusiven Unterrichtung bei 17 Verwendet wurden die Daten zum voraussichtlichen Schülerbestand nach Geschlecht und Bildungsstufen für kreisfreie Städte und Kreise nach Jahr. 29 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen konstanten Klassenfrequenzrichtwerten berechnet. Als Reformvariante wird die geplante ‚Doppelzählung‘ der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Weise umgesetzt, dass der Lehrkräftezuweisungsfaktor für die allgemeine Schule (Grundschule: 23,42; Sekundarstufe I: 18,618) als klassenfrequenzwirksam angesehen wird. Dieses Vorgehen schließt an die bereits einleitend zu diesem Abschnitt benannte Diskussion an, die für Gemeinsamen Unterricht19 grundsätzlich kleinere Klassenfrequenzen gegenüber den gegenwärtig in NRW zu beobachtenden vorsieht. Tabelle 7: Zielgleich und zieldifferent unterrichtete Schüler nach allgemeinen Schulen und Förderschulen in NRW, Primarstufe und Sekundarstufe I, absolut und in Prozent, Schuljahr 2011/2012 Anzahl Schüler mit Förderbedarf im zielgleichen und zieldifferenten Unterricht Sinnesschädigungen Lern- und Entwicklungsstörungen Allgemeine Schule LE ES SQ HK SE GG KM Förderschule Insgesamt GS Sek. I GS Sek. I GS Sek. I 0 0 0 0 0 0 zieldifferent 4.913 4.797 5.749 27.862 10.662 32.659 zielgleich 2.867 2.215 4.759 9.306 7.626 11.521 97 98 337 1.352 434 1.450 zielgleich zieldifferent 2.962 802 9.912 1.993 12.874 2.795 zieldifferent 145 34 338 101 483 135 zielgleich 383 237 2.409 1.034 2.792 1.271 zielgleich zieldifferent zielgleich zieldifferent zielgleich 2 3 100 201 102 204 184 116 1.494 487 1678 603 5 4 100 83 105 87 0 0 0 0 0 0 zieldifferent 558 285 5.490 13.058 6.048 13.343 zielgleich 989 616 2.471 3.528 3.460 4.144 zieldifferent 80 49 390 809 470 858 Anteil Schüler mit Förderbedarf im zieldifferenten Unterricht (in %) Allgemeine Schule Förderschule Insgesamt GS Sek. I GS Sek. I GS Sek. I LE-SQ (LES) 46,9 62,0 30,5 72,2 36,1 70,5 HK-KM 29,3 26,0 48,8 73,7 45,9 70,7 Insgesamt 44,0 56,9 37,3 72,7 39,2 70,6 Quelle: MSW NRW, Statistische Übersicht 377, S. 153-154; eigene Berechnung Hinweise: GS: Grundschule, Sek. I: Sekundarstufe I; Sonderpädagogische Förderbedarfe: LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperlichmotorische Entwicklung; LE: Lern- und Entwicklungsstörung Bei der Berechnung wird zunächst die Schülerzahl durch den Lehrkräftezuweisungsfaktor geteilt. Dann wird dieser Wert mit dem Verhältnis von Unterrichtsstunden je Vollzeitlehrereinheit 18 19 30 Bei dem Wert von 18,6 handelt es sich um einen nach der gegenwärtigen Verteilung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen gewichteten Wert der schulartspezifischen Lehrkräftezuweisungsfaktoren. Gemeinsamer Unterricht: abkürzend für Gemeinsamen Unterricht von Kindern/Jugendlichen mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf. 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen und dem Durchschnitt des Unterrichts nach Stundentafel je Klasse (Grundschule: 22,820/24; Sekundarstufe I: 22,4/31,5) multipliziert. Daraus ergibt sich auf Landesebene eine rechnerische Summe zusätzlicher Klassen, die durch die Reform entstehen und zu Mehrbelastungen der Schulträger durch die hierfür benötigten Klassenräume führen können. Dieser Wert markiert den Mindestbedarf, weil durch die Betrachtung auf Landesebene Mehr- und Minderbedarfe einzelner Kommunen saldiert werden, die sich aus der demografischen Situation und der bisherigen Situation sonderpädagogischer Förderung ergeben. Nach der Basisvariante würde sich die Zahl der Grundschulklassen bis 2017 um etwa 1.300 verringern. Die Reformvariante führt im Grundschulbereich 2017 zu einem im Vergleich zu 2012 annähernd gleichen Raumbedarf (vgl. Tabelle 8). Im Jahr 2015 liegt der Raumbedarf, wenn den Vorstellungen von Klemm/Preuss-Lausitz (2011) gefolgt wird, sogar über dem Bedarf von 2012. Die durchschnittliche Klassenfrequenz reduziert sich durch die ‚Doppelzählung‘ der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf um einen Schüler auf 22,2 im Jahr 2017. An diesem Wert orientiert sich eine unserer Berechnungsvarianten für die Beispielregionen (22 Schüler je Klasse an Grundschulen). Tabelle 8: Berechnung des zusätzlichen Klassenbedarfs für die Grundschule als Folge des Schulgesetzentwurfs bis 2017, landesweite Bilanz 2012 2015* 2017 623.879 609.571 580.831 Förderschule 31.270 20.621 15.792 Regelschulea) 15.848 24.030 28.075 Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Insgesamt 47.118 44.651 43.867 Grundschüler insgesamt 670.997 654.222 624.698 Richtwerte für die Berechnung der Klassen Förderschuleb) 8,90 8,80 8,90 Grundschule 23,21 23,21 23,21 22,40 22,24 2.343 1.774 GS ‚Doppelzählung‘ Klassenbedarf nach Förderort Förderschule 3.512 Basisvariante 27.558 Reformvariante Klassen insgesamt 31.070 27.299 26.235 28.290 27.373 30.633 29.148 Hinweise: *Grundlage: Berechnungswege Klemm/Preuß-Lausitz (2011), Tab. 4.6; ohne Freie Waldorfschulen; ohne Schulen für Kranke; a)Für 2017 wird angenommen, dass 64% der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine allgemeine Schule besuchen. b)Trotz geänderter Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler nach Förderschwerpunkt (Lern- und Entwicklungsstörung=57%, Sonstige=43%) bleibt der Richtwert 2017 konstant (Lern- und Entwicklungsstörung Grundschule = 9,6; Sonstige = 8,0). 20 IT.NRW, Statistische Übersicht 378, S 8. Anhand der dortigen Angaben wurde auch der Wert für die Sekundarstufe I berechnet, der wiederum die Gewichtung der gegenwärtigen Verteilung der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen übernimmt. 31 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen Einsparungen an Schulraum sind nach der Reformvariante bei den Förderschulen nur dann absehbar, wenn es tatsächlich gelingt, diese teilweise zu schließen, denn der Raumbedarf würde sich dort für Grundschulkassen an Förderschulen etwa halbieren. In der Sekundarstufe I ergeben sich ähnliche Veränderungen durch die Reformvariante wie in der Grundschule. Auch hier wird der reformbedingte Mehrbedarf durch den Geburtenrückgang nahezu kompensiert (vgl. Tabelle 9), Die durchschnittliche Klassenfrequenz reduziert sich in der Reformvariante durch die ‚Doppelzählung‘ der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf um einen Schüler auf 25,3 im Jahr 2017. An diesem Wert orientieren sich unter anderem unsere Berechnungen für die Beispielregionen, bei denen wir aber nach Schulart differenzierte Klassenfrequenzrichtwerte annehmen (vgl. dazu genauer Abschnitt 3.1.5). Tabelle 9: Berechnung des zusätzlichen Klassenbedarfs für die Sekundarstufe I als Folge des Schulgesetzentwurfs bis 2017, landesweite Bilanz Schüler ohne sonderpädagogischen Förderbedarf 2012 2015 2017 983.948 926.023 906.216 Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf Förderschule 56.145 35.176 22.778 Regelschulea) 12.555 29.343 40.495 Insgesamt 68.700 64.519 63.273 1.052.648 990.542 969.489 Förderschulea) 11,81 12,20 11,70 Sekundarstufe I 26,39 Schüler Sekundarstufe I insgesamt Richtwerte für die Berechnung der Klassen 26,39 26,39 Reformvarianteb) 25,43 25,30 0,1 Lehrerstelle+b) Klassenbedarf nach Förderort 25,37 24,99 2.882 1.947 Förderschule 4.753 Basisvariante 37.754 36.202 35.874 Reformvariante 37.564 37.422 0,1 Lehrerstelle+ 37.662 37.890 Hinweise: Ohne Freie Waldorfschulen; ohne Schulen für Kranke; a)Durch die geänderte Zusammensetzung der Schülerinnen und Schüler nach Förderschwerpunkt sinkt der Richtwert 2017 (Lern- und Entwicklungsstörung=59%, Sonstige=41%; Lern- und Entwicklungsstörung =12,53; Sonstige=10,51). b)Die Werte ergeben sich aus dem errechneten Klassenbedarf. Deutlich wird bezogen auf die Situation in der Sekundarstufe I die mit der Reform verbundene Absenkung der Ausstattungsstandards der allgemeinen Schulen mit Integrationsklassen, weil die Fortführung der Gewährung von 0,1 Lehrkraftstellen je zieldifferent unterrichtetem Schüler (angenommen wurden 70% der Schüler in allgemeinen Schulen mit sonderpädagogischem Förderbedarf, vgl. Tabelle 7) 2017 zu einem Mehrbedarf an 470 Klassen im Vergleich zur Reformvariante führen würde. Auch in der Reformvariante liegen die durchschnittlichen Klassenfrequenzen in der Sekundarstufe I im Jahr 2012 weiterhin über 25 Schülern pro Klasse. In dieser Schulstufe entsteht folglich ein erheblicher Zuwachs an Klassen, wenn der Klassenhöchstwert in In32 2. Entwicklung und Stand der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Nordrhein-Westfalen klusionsklassen auf 25 Schülerinnen und Schüler gesenkt wird, wie dies in anderen Bundesländern praktiziert wird. In der Grundschule und der Sekundarstufe I führt die geplante Reform zu einem Klassenmehrbedarf von etwa landesweit 2.700 Klassen.21 Würde man die gegenwärtigen Zuweisungsstandards für Lehrkräfte in der Sekundarstufe I beibehalten, dann erhöhte sich in der landesweiten Bilanz der zusätzliche Bedarf auf fast 3.150 Klassen. Wenn nur in zwei Prozent der Fälle ein zusätzlicher Baubedarf entsteht, dann würde bei einem Investitionsbedarf für einen Klassenraum von 120.000 Euro bereits die Erheblichkeitsschwelle im Sinne des KonnexAG weit überschritten (vgl. zu den angenommenen Kosten auch Kapitel 3). Auch wenn einzelne Schulträger keine direkten Auswirkungen durch die Reformveränderungen spüren, bleibt die nicht realisierbare Entlastung durch laufende Ausgaben aufgrund des erwarteten Rückgangs der Schülerzahlen. Dabei werden Kommunen ohne Schülerzahlenrückgang und/oder ein nicht vorhandenes Förderschulangebot umso mehr von dieser Strukturreform betroffen sein. Deshalb markieren diese Berechnungen nur die landesweite Bilanz der Auswirkungen der geplanten Reform. Die regionale Variabilität in dieser Entwicklung kann nur über regionale Analysen abgebildet werden. Dies zu leisten ist die Aufgabe der regionalen Fallstudien im Rahmen dieses Gutachtens und der Grund, weshalb sich das Gutachten auf die detaillierte Situationsanalyse in den beiden ausgewählten Regionen bezieht. Eine wirklich aussagekräftige Gesamtberechnung der finanziellen Auswirkungen der geplanten Reform lässt sich nur über eine Ausweitung des im Folgenden gewählten Vorgehens auf alle Regionen in Nordrhein-Westfalen erreichen. 21 Dieser Mehrbedarf ergibt sich rechnerisch aus der jeweiligen Differenz des reformbedingten Klassenbedarfs und des Klassenbedarfs in der Basisvariante (Grundschulen: rund 1.140; Sekundarstufe I: rund 1.560). 33 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Ziel der Studie ist es, die möglichen kommunalen Mehrkosten abzuschätzen, die sich aus dem grundlegenden Richtungswechsel der schulischen Versorgung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf ergeben: der Umstellung von einer vornehmlich auf Förderschulen basierenden Versorgung hin zu einer wohnortnahen Versorgung und der damit verbundenen Zunahme der gemeinsamen Unterrichtung von Kindern und Jugendlichen mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf, wie sie mit dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz intendiert wird. Zugleich ist damit eine weitreichende Umverteilung der Lasten zwischen den Gemeinden verbunden, und zwar von den Trägern der Förderschulen zu den Wohnsitzgemeinden der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Die Abschätzung erfolgt exemplarisch für zwei Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die kreisfreie Stadt Essen und den Kreis Borken mit seinen 17 kreisangehörigen Städten und Gemeinden. Es ist an dieser Stelle zu betonen, dass es sich keineswegs um Modellkommunen handelt. Eine direkte Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen ist nicht möglich. Das methodische Vorgehen wird jedoch so angelegt, dass es grundsätzlich auf jede andere Kommune in Nordrhein-Westfalen übertragbar ist, unabhängig von der konkret betrachteten Art der Gebietskörperschaft (Kreis, Stadt, Gemeinde) und den damit zusammenhängenden Unterschieden in der Trägerschaft der allgemeinen Schulen und der Förderschulen. Um die möglichen kommunalen Folgekosten aus dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetztes abschätzen zu können, muss eine Methodik entwickelt werden, die dies basierend auf den vorliegenden Daten ermöglicht. Im vorliegenden Kapitel wird diese Vorgehensweise nun erläutert und die hierfür erforderlichen Annahmen diskutiert. Bisher existieren weder gängige Datengrundlagen noch bekannte Standards, mit denen solch detaillierte Berechnungen erfolgen können. Auch wurde bereits in Kapitel 1 ausgeführt, dass für entscheidende Größen, die die Entwicklung der kommunalen Folgekosten beeinflussen werden, noch keine Schätzungen vorliegen. Besonders bedeutend sind in diesem Zusammenhang die zu erwartende Nachfrage nach Beschulung von Kindern mit Förderbedarf in allgemeinen Schulen und in Förderschulen (Ausmaß, mit dem die Eltern von ihrem Recht auf Wahl der Schulform Gebrauch machen) und die zu erwartende Entwicklung der Förderquote nach Förderbedarfen (Anteil der Schüler mit einem spezifischen Förderbedarf an allen Schülern). Schätzungen oder Annahmen zu der zweitgenannten Größe wären auch insofern bedeutsam, weil in einem inklusiven Schulsystem die Identifikation von Förderbedarfen entfallen soll, was eine Abkehr von der Etikettierung förderbedürftiger Kinder und Jugendlicher bedeutet (vgl. Abschnitt 1.4). Zu diesen und weiteren Determinanten der zu erwartenden Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem und insbe- 35 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten sondere deren Prognostizierbarkeit sind daher geeignete Annahmen zu treffen. Diese werden in Abschnitt 3.1 erläutert. Die Modellrechnungen zu den schulorganisatorischen Konsequenzen bilden die Grundlage für die Schätzung der möglichen kommunalen Mehrkosten in Folge der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich. Hierzu werden in Abschnitt 3.2 die in diesem Zusammenhang relevanten Kostenarten spezifiziert und die Ergebnisse von Recherchen zu einzelnen Ausgabenpositionen (z. B. für bestimmte Umbaumaßnahmen) dargestellt. Anschließend wird in Abschnitt 3.3 das Vorgehen zur Schätzung der kommunalen Folgekosten beschrieben. 3.1 Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen Die mit dem Entwurf des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes intendierte, zunehmende Integration von Schülern mit Förderbedarf in allgemeine Schulen hätte aus Perspektive der Kommune zur Folge, dass Schüler mit Förderbedarf22 zunehmend in allgemeine Schulen eingeschult werden bzw. in allgemeine Schulen übergehen, während gleichzeitig die Frequentierung der Förderschulen abnimmt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass damit zugleich ein Wechsel der Schulträgerlasten von dem Träger der Förderschule zum Träger der wohnortnahen allgemeinen Schule verbunden ist. Vor allem in den Kreisen ist dies von weitreichender Bedeutung, da nur rund die Hälfte aller kreisangehörigen Städte oder Gemeinden wenigstens eine Förderschule unterhält (vgl. Tabelle 3). In einem ersten Schritt ist abzuschätzen, wie sich im Verlauf dieses Prozesses die Verteilung der Schüler auf die allgemeinen Schulen und die Förderschulen verändert. Konkret ist danach zu fragen, wie viele und welche allgemeinen Schulen (zusätzliche) Schüler mit welchem Förderbedarf aufnehmen werden und welche Förderschulen von dem Rückgang der Schülerzahlen betroffen sind. Daneben ist die Zahl der Förderschüler nach Förderbedarf zu bestimmen, die eine allgemeine Schule anstelle einer Förderschule besuchen werden. 3.1.1 Berücksichtigte Schulstruktur und Schülerschaft Betrachtet werden alle Grundschulen und alle weiterführenden Schulen mit einer Sekundarstufe I in kommunaler Trägerschaft (Stadt, Gemeinde, Kreis), d. h. die Integration von Schülern in die beruflichen Bildungsgänge und die Sekundarstufe II bleibt in der vorliegenden Studie unberücksichtigt. Bei den Förderschulen werden neben jenen in kommunaler Trägerschaft auch die Schulen der Landschaftsverbände berücksichtigt, sofern sie von Schülern aus den untersuchten Kommunen besucht werden. Die Förderschulen der Landschaftsverbände sind hauptsächlich auf die Beschulung und Förderung von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarfen außerhalb 22 36 Die Förderbedarfe werden auch wie folgt abgekürzt: Lernen (LE), Emotionale und soziale Entwicklung (ES), Sprache (SQ) – diese drei werden auch zu den Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) zusammengefasst -, Geistige Entwicklung (GG), Körperliche und motorische Entwicklung (KM), Hören und Kommunikation (HK) sowie Sehen (SE). 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten der Lern- und Entwicklungsstörungen ausgerichtet (vgl. Kapitel 2) und haben festgelegte Einzugsgebiete. Hieraus folgt, dass für die Analyse auch jene Schulen der Landschaftsverbände relevant sind, in deren Einzugsgebiet die jeweils betrachtete Kommune liegt, denn für die zu erwartende Nachfrage nach der Beschulung in allgemeinen Schulen wird, bei Vorliegen eines Förderbedarfs, das Wohnortprinzip zugrunde gelegt. Das bedeutet, dass potenziell jeder Schüler mit Förderbedarf, der in der betrachteten Kommune wohnhaft ist und aktuell bzw. zukünftig eine öffentliche Förderschule besucht bzw. besuchen würde, eine wohnortnahe Beschulung in einer allgemeinen Schule in der betrachteten Kommune nachfragen kann. Förderschüler, die für den Schulbesuch in eine der hier betrachteten Kommune einpendeln, spielen für den möglichen Besuch allgemeiner Schulen eine untergeordnete Rolle. Für die aktuelle und zukünftig zu erwartende Frequentierung der Förderschulen kann diese Gruppe aber quantitativ durchaus von Bedeutung sein. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund der in den Abschnitten 2.1 und 2.2 beschriebenen ungleichen Verteilung der Förderschulen in Nordrhein-Westfalen. So würden bei einer Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetzes zunehmend weniger Förderschüler pendeln und sich die entsprechenden Ausgabenlasten zunehmend in Richtung der Wohnsitzgemeinden und -städte umverteilen. Diese landesweiten Auswirkungen können aber nur im Rahmen einer landesweiten Analyse umfassend bewertet werden, für die Daten zur wohnortbezogenen Verteilung der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf hätten zur Verfügung gestellt werden müssen. Private allgemeine Schulen und private Förderschulen können nicht in die Analyse einbezogen werden, da für sie keine differenzierten Daten (z. B. zu Schülern im Gemeinsamen Unterricht, Schüler nach Förderbedarf, usw.) vorliegen.23 Wie in Kapitel 2 gezeigt wurde, spielen private Träger gerade bei der schulischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarfen in den Bereichen Geistige Entwicklung (GG) und Emotionale und soziale Entwicklung (ES) eine bedeutende Rolle (vgl. Tabelle 3). 3.1.2 Status Quo-Prognose Die Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen erfolgt auf Ebene der einzelnen Schule und getrennt nach Klassenstufen (1 bis 4 an Grundschulen bzw. in der Primarstufe, 5 bis 9 bzw. 10 in der Sekundarstufe I). Die Grundlage der Analyse bildet die Fortschreibung des IstZustandes im aktuellen Schuljahr 2012/13 bis zum Schuljahr 2019/20 anhand der klassenstufenbezogenen Schülerprognose24 für die betreffende Kommune. Diese Status Quo-Prognose wird sowohl für die Schüler mit und ohne Förderbedarf an den allgemeinen Schulen als auch für die Schüler an Förderschulen berechnet. Im Ergebnis für 23 24 Auch bei den kommunalen Schulträgern liegen keine differenzierten Informationen zu den Privatschulen vor. Diese Schülerprognose wird vom Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW) auf Ebene der Kreise und kreisfreien Städte bereitgestellt. 37 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten das Schuljahr 2019/20 bildet diese Prognose die Situation an den Schulen ab, die zu erwarten wäre, wenn das 9. Schulrechtsänderungsgesetz (im derzeit vorliegenden Entwurf) nicht in Kraft treten würde und sowohl die Inklusionsquoten als auch die Förderquoten (jeweils nach Förderbedarf) sich nicht verändern würden. Die Status-Quo-Prognose gibt je Schule und Klassenstufe Auskunft über die Zahl der Schüler ohne Förderbedarf, die Zahl der Schüler mit Förderbedarf nach konkretem Förderbedarf sowie die Zahl und Größe der gebildeten bzw. zukünftig zu bildenden Klassen (Lerngruppen in der Schuleingangsphase bzw. im jahrgangsstufenübergreifenden Unterricht), wofür die in Tabelle 10 dargestellten Richtwerte für die Klassenbildung herangezogen werden (vgl. zur Klassenbildung noch ausführlicher Abschnitt 3.1.5). 3.1.3 Modellierung der Nachfrage nach gemeinsamem Unterricht an allgemeinen Schulen Zentral für die möglichen schulorganisatorischen Konsequenzen des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes sind die Annahmen zu dem Ausmaß, mit dem die Eltern von ihrem Wahlrecht hinsichtlich des Ortes der sonderpädagogischen Förderung Gebrauch machen. Zu dieser zu erwartenden Nachfrage nach Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in allgemeinen Schulen liegen keine Schätzungen vor. Es wird mit dem Entwurf des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes vielmehr implizit unterstellt, dass Eltern die allgemeine Schule als Förderort wünschen. Dass diese Annahme durchaus nachvollziehbar ist, kann zwar aus dem Aufwuchs gemeinsamen Unterrichts in den letzten Jahren abgeleitet werden; evident ist aber auch, dass die Förderschulen in Nordrhein-Westfalen erst seit 2010 einen merklichen Rückgang der Schülerzahlen verzeichnen (vgl. Abschnitt 2.1). Für die Berechnung des zusätzlichen Lehrerstellenbedarfs bis zum Jahr 2017 nimmt die Landesregierung eine „[…] Inklusionsquote von 70% bei den Lern- und Entwicklungsstörungen und von 50% bei den übrigen Förderschwerpunkten (zusammen etwa 65%) […]“ (LTDrucks. 16/2432, S. 3) an. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die Landesregierung eine schrittweise, über die Zeit aufwachsende Integration von Schülern mit Förderbedarf in allgemeine Schulen intendiert. Der Elternwille soll daher ab dem Schuljahr 2014/2015 berücksichtigt werden, sofern erstmalig ein Förderbedarf diagnostiziert wird oder der Übergang von einer Förderschule in die Klassenstufe 5 der Sekundarstufe I erfolgen soll (vgl. Art. 2 Abs. 1 des Gesetzentwurfs, LTDrucks. 16/2432, S. 39). Zum Schuljahr 2015/2016 und in den darauffolgenden Schuljahren soll diese Wahlfreiheit auch für die jeweils nächsthöheren Klassen gelten (vgl. ebenda). Im Rahmen der vorliegenden Studie werden daher folgende Annahmen zur Entwicklung der Inklusionsquote getroffen und in den Berechnungen berücksichtigt: 38 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten • Die Inklusionsquote von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen (LE, ES, SQ) wird bis zum Schuljahr 2019/20 sukzessiv auf 70% bis 80% steigen. • Die Inklusionsquote von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen Geistige Entwicklung (GG), Körperlich-motorische Entwicklung (KM), Hören und Kommunikation (HK) sowie Sehen (SE) wird bis zum Schuljahr 2019/20 sukzessiv auf 40% bis 50% steigen. Insgesamt, d. h. bezogen auf alle Förderbedarfe, wird so eine Inklusionsquote von ca. 70% erreicht. Dabei ist zu beachten, dass aus den landesweiten angestrebten Inklusionsquoten nicht hervorgeht, welche regionale Variation in diesen Zielwerten zugelassen werden soll. Außerdem treten einzelne Förderbedarfe nur selten auf (insbesondere die Sinnesbeeinträchtigungen), sodass die Inklusionsquoten in einigen Regionen schon aufgrund eines zu geringen Mengengerüstes nicht erreicht werden können.25 Zu erwarten ist damit eher eine generelle Anhebung der Inklusionsquote mit weiterhin großen regionalen Unterschieden. Insofern müssen in Teilen des Landes Vorgaben zur Inklusionsquote überschritten werden, damit der angestrebte Landesdurchschnitt erreichbar ist. Da Schüler, die aktuell bzw. zukünftig private Förderschulen besuchen, aufgrund fehlender Daten nicht berücksichtigt werden können (vgl. Abschnitt 3.1.1), wird die beim öffentlichen Schulträger zu erwartende Nachfrage nach Beschulung in allgemeinen Schulen – also die unterstellten Inklusionsquoten – in den Modellrechnungen unter Umständen zu stark durch Schüler bestimmt, die öffentliche Förderschulen besuchen. Für die Abschätzung der kommunalen Mehrkosten in Folge der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich bedeutet dies, dass jene Kosten, die sich durch Verschiebungen von privaten in Richtung der kommunalen Schulträger ergeben, unberücksichtigt bleiben. Unter der Annahme, dass die von der Landesregierung intendierten Inklusionsquoten die zu erwartende Nachfrage widerspiegeln und dies auch für Eltern gilt, die in der aktuellen Situation eine private Förderschule präferieren, werden vermutlich sowohl die zu erwartende Nachfrage als auch die kommunalen Mehrkosten grundlegend unterschätzt. 3.1.4 Bedarf an sonderpädagogischer Förderung Die Förderquote nach Förderbedarfen wird in der vorliegenden Studie nicht variiert, sondern lediglich fortgeschrieben, d. h. es wird angenommen, dass sich der Anteil der förderbedürftigen Schüler an allen Schülern nicht verändert und die Zu- oder Abnahme der Anzahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf lediglich von der Schülerentwicklung (Schülerprognose) insgesamt abhängig ist. Gleiches gilt für die Verteilung der spezifischen Bedarfe (LE, ES, SQ, GG, 25 Hieraus ergeben sich auch die Abweichungen zwischen den von der Landesregierung angestrebten Inklusionsquoten und den Inklusionsquoten, die wir aufgrund dieser technischen Beschränkung für die Simulationen annehmen. 39 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten KM, HK, SE gemäß AO-SF26) innerhalb der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Diese Annahme ist insofern nicht unkritisch, weil der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz in der Regel den Eltern (nicht länger den Eltern oder der Schule) die Möglichkeit gibt, ein Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs zu initiieren (vgl. LTDrucks. 16/2432, S. 16-19). Dies könnte die Zahl der Feststellungsverfahren deutlich reduzieren, obwohl weiterhin von einem Unterstützungsbedarf auszugehen ist. Daneben wird von wissenschaftlicher Seite empfohlen, zumindest bei Lern- und Entwicklungsstörungen auf eine „individuelle Feststellungsdiagnostik zur Sicherung des Förderbedarfs“ zu verzichten (vgl. z. B. Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 28), was ebenfalls eher zu einer rückläufigen Förderquoten führen würde. 3.1.5 Klassenbildung und Größe der Lerngruppen Im Vergleich zur Status Quo-Prognose bedeutet die Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem zunächst, dass die Zahl der Schüler an allgemeinen Schulen zunimmt und die Zahl der Schüler an Förderschulen entsprechend abnimmt. Zu bestimmen sind daher jeweils die zu erwarteten Zahlen der Schüler an allgemeinen Schulen und an Förderschulen insgesamt und nach konkretem Förderbedarf. Für künftige Schuljahre ist daraus abzuleiten, wie viele Klassen an allgemeinen Schulen zu bilden wären. Die Größe der Lerngruppen stellt aus pädagogischer Perspektive eine zentrale Gelingensbedingung für eine qualitativ hochwertige gemeinsame Unterrichtung von Schülern mit und ohne Förderbedarf dar. Zwar garantieren kleine Lerngruppen nicht grundsätzlich einen wirkungsvollen Unterricht; unter Pädagogen und Sonderpädagogen ist aber unumstritten, dass eine differenzierte, individuelle Förderung aller Schüler nur in Lerngruppen möglich ist, wenn die Lerngruppengröße bedarfsgerecht flexibel angepasst werden kann. Als Konsequenz ergibt sich daraus gegenüber den heutigen Standards der Klassenbildung ein niedrigerer Klassenfrequenzrichtwert für die Berechnung der Raumkapazität.27 Allerdings soll an dieser Stelle und im Einklang mit der internationalen Forschung betont werden, dass eine Klassenfrequenzsenkung nur in Verbindung mit einem flankierenden pädagogischen Programm die gewünschte Wirkung erzielen kann. Auch mit Formulierungen im Gesetzentwurf, die auf Formen äußerer und innerer Differenzierung verweisen, die „[…] sich nach dem individuellen Bedarf der Schülerinnen und Schüler an sonderpädagogischer Unterstützung [richten]“ (LTDrucks. 16/2432, S. 52) ist letztlich eine flexiblere Lerngruppengestaltung intendiert, die sich auf den Klassenbildungsfaktor auswirken 26 27 40 AO-SF: Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (Ausbildungsordnung gemäß § 52 SchulG – AOSF; BASS 13-41 Nr. 2.1) Berlin geht bei integrativen Klassen von Klassenfrequenzen in der Grundschule von 24 in der Sekundarstufe I von 25 Schülern aus. In Bremen gelten als Schlüssel für die Klassengröße 17 Regelkinder und 5 Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf. In Sachsen soll bei integrativer Beschulung eine Klassenstärke von 25 Schülern nicht überschritten werden. 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten würde. Aufgrund der zentralen Bedeutung der Lerngruppengrößen für die pädagogische Qualität und die schulische Organisation werden verschiedene Annahmen zur Klassenbildung getroffen und sowohl die schulorganisatorischen Konsequenzen als auch die kommunalen Mehrkosten für diese verschiedenen Varianten abgeschätzt. Die verschiedenen Richtwerte zur Klassenbildung stellen jeweils eine Berechnungsvariante dar und sind nachfolgend beschrieben und begründet. In einer ersten Berechnungsvariante (Basisvariante) werden jene Klassenbildungswerte zugrunde gelegt, die in der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 SchulG festgelegt sind (BASS 11-11 Nr. 1, vgl. Tabelle 10), denn laut dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz behält diese Verordnung explizit ihre Gültigkeit (vgl. LTDrucks. 16/2432, S. 26). Tabelle 10: Zum Schuljahr 2012/13 gültige Klassenbildungswerte nach Schulform Bandbreite Klassenfrequenzrichtwert Untergrenze Obergrenze Grundschulen 24 18 30 Hauptschulen 24 18 30 Realschulen 28 26 30 Gesamtschulen 28 26 30 Gymnasien 28 26 30 Klassenfrequenzrichtwert Klassenfrequenzmindestwert Klassenfrequenzhöchstwert Lernen (LE) 16 11 22 Emotionale und soziale Entwicklung (ES) 11 7 14 Sprache (SQ) 11 7 14 Geistige Entwicklung (GG) 10 6,5 13 Körperliche und motorische Entwicklung (KM) 10 6,5 13 Hören und Kommunikation (HK) 11 7 14 Sehen (SE) 11 7 14 Förderschulen mit Schwerpunkt: Quelle: Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz (BASS 11-11 Nr. 1) Eine Ausnahme hiervon wird im Gesetzentwurf durch die Änderung des § 46 Abs. 4 SchulG NRW für die Sekundarstufe I formuliert: „(4) Die Schulleiterin oder der Schulleiter kann im Einvernehmen mit dem Schulträger die Zahl der in die Klasse 5 einer Schule der Sekundarstufe I oder mit Sekundarstufe I aufzunehmenden Schülerinnen und Schüler begrenzen, wenn 1. ein Angebot für Gemeinsames Lernen (§ 20 Abs. 2) eingerichtet wird, 2. rechnerisch pro Parallelklasse mindestens zwei Schülerinnen und Schüler mit festgestelltem sonderpädagogischem Unterstützungsbedarf aufgenommen werden und 3. im Durchschnitt aller Parallelklassen der jeweilige Klassenfrequenzrichtwert nach der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz nicht unterschritten wird. Die Vorschriften zu den Klassengrößen der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz bleiben unberührt.“ (LTDrucks. 16/2432, S. 26) 41 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen kann also von der Bildung möglichst gleich großer Klassen (vgl. Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 SchulG NRW) innerhalb der Klassenstufe 5 (die dann aber in die weiteren Schuljahre derselben Klassenstufe fortzuschreiben wäre) abgewichen und die Zahl der insgesamt in die Klassenstufe 5 aufzunehmenden Schüler auf ein bestimmtes Vielfaches des Klassenfrequenzrichtwertes beschränkt werden. Kleinere Klassen, in denen Gemeinsamer Unterricht stattfindet, können dann nur erreicht werden, indem Klassen, in denen kein Gemeinsamer Unterricht stattfindet, entsprechend größer ausfallen. Da aber gleichzeitig der sonderpädagogische Förderbedarf künftig in der Regel nicht mehr festgestellt wird, müssen die Vorgaben generell für alle Klassen Anwendung finden.28 Weiterhin widerspricht die oben dargestellte Option der u. a. von Klemm/Preuss-Lausitz (2011) empfohlenen, gleichmäßigen Verteilung der Schüler mit Förderbedarf auf die Parallelklassen einer Klassen- oder Jahrgangsstufe. Realistisch ist also davon auszugehen, dass sich Schüler mit Förderbedarf gleichmäßig auf die Klassen einer Klassenstufe verteilen, auch weil sie besonders im Bereich der Lernund Entwicklungsstörungen bereits kurzfristig nicht (mehr) als solche identifiziert werden können. Auch Klemm/Preuss-Lausitz (2011) weisen in ihrem Gutachten darauf hin, dass „Klassen mit gemeinsamem Unterricht […] von Lehrkräften als fragwürdig betrachtet [werden], wenn sie in der Sekundarstufe über 25 Schüler/innen, in der Grundschule (nach der Schuleingangsphase) über 23 Schüler/innen umfassen.“ (Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 53-54) Klemm/PreussLausitz (2011) empfehlen in ihrem Inklusionskonzept, den Klassenfrequenzrichtwert für Grundschulen auf 23 Schüler, was in etwa der tatsächlich zu beobachtenden, durchschnittlichen Klassengröße in nordrhein-westfälischen Grundschulen entspricht, oder auf 22 Schüler abzusenken. Zu einer Absenkung der oberen Bandbreite bzw. der Klassenfrequenzhöchstwerte äußern sich die Autoren jedoch nur für die Sekundarstufe I (auf 2529), sodass ihre Empfehlung die Möglichkeit offen lässt, große Klassen (bis zu 30 Schüler je Klasse) an Grundschulen zu bilden: „Dieser Hinweis bedeutet nicht, dass nun alle Klassen in NRW unterhalb der genannten Klassenobergrenzen liegen müssen.“ (Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 54) Interessanterweise entsprechen die von Klemm/Preuss-Lausitz (2011) empfohlenen Klassenfrequenzrichtwerte in etwa den durchschnittlichen Klassengrößen, die sich ergeben würden, wenn der zusätzliche Lehrkräftebedarf klassenbildungswirksam würde (vgl. dazu Abschnitt 2.5). Die zweite Berechnungsvariante (Reformvariante) greift diesen Vorschlag, der sich implizit aus den im Gesetzentwurf vorgesehenen, zusätzlichen Lehrerstellen (‚Doppelzählung‘ der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf) ableiten lässt, auf und nimmt bei Grundschulen einen Klassenfrequenzrichtwert von 22 und für die Sekundarstufe I einen Klassenfrequenz28 29 42 vgl. hierzu die Erläuterungen in Abschnitt 1.4 Entspricht dem Klassenfrequenzhöchstwert im Schulversuch zu den Gemeinschaftsschulen in NordrheinWestfalen (vgl. http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Gemeinschaftsschule/Eckpunkte.pdf, zuletzt abgerufen am 30.06.2013; Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 54). 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten richtwert von 2430 Schülern an. Für die Haupt- und Realschulen wird in dieser Variante die Untergrenze der Bandbreite auf 22 angepasst. Mit der dritten Berechnungsvariante (Erweiterte Reformvariante) soll dann noch eine pädagogisch wünschenswerte Klassenbildung simuliert werden, indem bei Grundschulen eine maximale Klassengröße von 23 und in der Sekundarstufe I eine maximale Klassengröße von 25 zugelassen werden, unter Verwendung der Klassenfrequenzrichtwerte aus der zweiten Berechnungsvariante. Die dritte Berechnungsvariante erlaubt also eine konsequente Bildung kleiner Klassen. Die drei Berechnungsvarianten, die bei der Simulation der Klassenbildungen berücksichtigt werden, sind zusammenfassend in Tabelle 11 dargestellt. Tabelle 11: Angenommene Klassenbildungswerte für die Status Quo-Prognose und die Simulationen Grundschulen Status Quo-Prognose Klassenfrequenz- Mindestklassen- Höchstklassenrichtwert größe größe 24 18 30 Basisvariante 24 18 Reformvariante 22 18 30 Erweiterte Reformvariante 22 --- 23 Sekundarstufe I 30 Klassenfrequenz- Mindestklassen- Höchstklassenrichtwert größe größe Status Quo-Prognose Hauptschulen 24 18 30 Realschulen 28 26 30 Gesamtschulen 28 26 30 Gymnasien 28 26 30 Basisvariante Hauptschulen 24 18 30 Realschulen 28 26 30 Gesamtschulen 28 26 30 Gymnasien 28 26 30 Reformvariante Hauptschulen 24 18 30 Realschulen 24 22 30 Gesamtschulen 24 22 30 Gymnasien 28 26 30 Hauptschulen 24 --- 25 Realschulen 24 --- 25 Gesamtschulen 24 --- 25 Gymnasien 28 26 30 Erweiterte Reformvariante 30 Entspricht dem Klassenfrequenzrichtwert im Schulversuch zu den Gemeinschaftsschulen in Nordrhein-Westfalen, der sich an jenem der Hauptschule orientiert, um der Heterogenität der Schülerschaft Rechnung zu tragen (vgl. http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Gemeinschaftsschule/Eckpunkte.pdf, S. 2, zuletzt abgerufen am 30.06.2013). 43 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten In allen Varianten werden Gymnasien nur insofern berücksichtigt, als dass an ihnen auch zukünftig Fälle von zielgleicher Einzelintegration möglich sind, sie werden aber nicht systematisch als Orte gemeinsamen Lernens behandelt. Die insgesamt in Nordrhein-Westfalen und auch in den betrachteten Beispielkommunen vorzufindende Situation, dass Gymnasien in sehr seltenen Fällen Gemeinsamen Unterricht anbieten, wird damit in die Zukunft fortgeschrieben. Dies bedeutet aber nicht, dass Gymnasien sich nicht auch zukünftig an der schulischen Inklusion beteiligen werden. Es soll nicht unerwähnt bleiben, dass die für die Modellrechnung festgelegten Varianten zur Klassenbildung zu nicht praktikablen Lerngruppengrößen führen können. So werden aus der Perspektive der Lehrkräfte und Sonderpädagogen zum Teil noch deutlich kleinere Lerngruppen als sinnvoll angesehen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund und die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordern in einer gemeinsamen Stellungnahme eine Umsetzung des Modells ‚20-5-2‘, wonach die Lerngruppengröße maximal 20 Schüler, davon maximal 5 mit einem Förderbedarf, betragen und jede Lerngruppe personell doppelt besetzt werden sollte (Lehrkraft plus sonderpädagogische Fachkraft, vgl. Landtag NRW, Stellungnahme 16/762, S. 3). Daneben ist zu berücksichtigen, dass sich im Gemeinsamen Unterricht Assistenzpersonen mit im Klassenraum befinden und Schüler mit Förderbedarfen im Bereich der geistigen oder körperlichmotorischen Entwicklung auf einen Rollstuhl oder andere Assistenzen (Gehhilfen o. ä.) angewiesen sein können. Beides schränkt die Größe der Lerngruppen aus Platzgründen entscheidend ein. Außerdem ergeben sich mit dem 8. Schulrechtsänderungsgesetz vom 13. November 2012 für die kommunalen Schulträger individuelle Spielräume bei der Festlegung der Klassengrößen.31 Beispielhaft seien hier die entsprechenden Regelungen des Schulträgers Stadt Essen genannt, nach denen im kommenden Schuljahr 2013/14 in Schuleingangsklassen grundsätzlich nicht mehr als 26 Schüler unterrichtet werden sollen. An Schulen, die sich besonderen pädagogischen Herausforderungen gegenüber sehen, soll dieser Wert auf 23 abgesenkt werden. Vermutlich werden also mit den hier verwendeten Klassenbildungswerten tendenziell Untergrenzen des tatsächlich entstehenden, zusätzlichen Klassen- bzw. Raumbedarfs geschätzt. 3.1.6 Gestaltung des Gemeinsamen Unterrichts Es wird weiter angenommen, dass sich Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen grundsätzlich im Gemeinsamen Unterricht befinden, da Integrative Lerngruppen, die laut Erlass des Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder vom 19.5.2005 zur zieldifferenten Unterrichtung in der Sekundarstufe I eingerichtet werden konnten, nach Art. 2 Abs. 3 des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz zum Schuljahr 2013/2014 letztmalig gebildet und danach auslaufend fortgeführt werden können. In der Konsequenz kann in jeder Klasse der Sekundarstufe I die 31 44 Eine Neufassung der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 Schulgesetz liegt bis dato (Stand: 30.06.2013) nicht vor. 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Situation auftreten, dass zielgleich und zieldifferent unterrichtete Kinder gemeinsam mit Kindern ohne Förderbedarf unterrichtet werden. Anderweitige Annahmen lassen sich hierzu nicht generieren, da der Gesetzentwurf zur pädagogischen Umsetzung keine Aussagen trifft und die Entscheidung über derartige pädagogische Standards den Schulträgern bzw. den Schulen übertragen wird. 3.1.7 Bildung von Schwerpunktschulen Der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz sieht für die Schulträger die Möglichkeit vor, Schwerpunktschulen zu bestimmen: „Auf dem Weg zu einem inklusiven Schulangebot können Schulträger mit Zustimmung der oberen Schulaufsichtsbehörde allgemeine Schulen als Schwerpunktschulen bestimmen. Eine solche Schule umfasst über die Förderschwerpunkte Lernen, Sprache sowie Emotionale und soziale Entwicklung hinaus weitere Förderschwerpunkte, mindestens aber einen weiteren Förderschwerpunkt. […]“ (§ 20 Abs. 6 des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz, LTDrucks. 16/2432, S. 21) Es kann nur vermutet werden, dass diese Option die Schulträger in die Lage versetzen soll, den Inklusionsprozess – im Sinne einer über die Zeit zunehmenden Unterrichtung von Schülern mit Förderbedarf in allgemeinen Schulen – wirtschaftlicher zu gestalten. Denn während Schüler mit Lern- und Entwicklungsstörungen im Grundsatz keine Anforderungen hinsichtlich eines barrierefreien Zugangs mitbringen, sind für die weiteren Förderbedarfe (Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Hören/Kommunikation und Sehen), von denen mindestens einer an einer Schwerpunktschule berücksichtigt werden soll, besondere bauliche Vorkehrungen zu treffen (vgl. hierzu noch genauer Abschnitt 3.2). Allein unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit sollte der Schulträger dann konsequenterweise so wenige Schwerpunktschulen wie möglich bilden, da parallel die Förderschulen (ggf. in geringerer Anzahl) erhalten bleiben. Schwerpunktschulen würden jedoch zu einer Konzentration der Schüler mit Sinnesbeeinträchtigungen und körperlichen bzw. geistigen Behinderungen an einzelnen Schulen führen und damit den Zielen der Inklusion im Grundsatz widersprechen. Auch die Konsequenzen im Hinblick auf die pädagogische Qualität erscheinen nicht absehbar; im Gesetzentwurf findet sich kein Hinweis darauf, inwiefern Schwerpunktschulen mit zusätzlichen Ressourcen hinsichtlich des pädagogischen Personals ausgestattet werden sollen. Vor diesem Hintergrund ist die Bildung von Schwerpunktschulen für den Schulträger allein im Hinblick auf den Investitionsbedarf, der mit dem Inklusionsprozess verbunden ist, eine sinnvolle Alternative. Folgt man dieser Idee der Wirtschaftlichkeit, so erscheint aber vollkommen unklar, warum nicht Förderschulen zu Schwerpunktschulen umgewandelt werden können, in die dann auch Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufzunehmen wären. Denn dort werden im Verlaufe des Inklusionspro- 45 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten zesses Ressourcen freigesetzt und es sind – je nach Schwerpunkt der Förderschule – die räumlichen und ausstattungsbezogenen Voraussetzungen erfüllt. Dies könnte in einer erweiterten Perspektive auch die Schulen der Landschaftsverbände betreffen, wobei dann aber die Frage der Schulträgerschaft zu klären wäre. Weiterhin ist anzunehmen, dass mit der Formulierung „Auf dem Weg zu einem inklusiven Schulangebot…“ eine Übergangsregelung gemeint ist, da in einem inklusiven Schulsystem Schüler mit Förderbedarf gerade nicht länger speziellen Schulen – seien dies nun Förderschulen oder Schwerpunktschulen – zugewiesen werden sollen. Insofern würde die Bildung von Schwerpunktschulen Investitionsbedarfe aufschieben, aber nicht aufheben. Die Bildung von Schwerpunktschulen wird daher im Rahmen der Simulationen nicht als weitere mögliche Variante berücksichtigt, sondern die Konsequenzen dieser Option im Hinblick auf die notwendigen Investitionsbedarfe an entsprechender Stelle diskutiert. 3.1.8 Vorgehen zur Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen Basierend auf den geschilderten Annahmen und gewichtet mit der Stufenzugehörigkeit entsprechend der oben genannten Übergangsvorschriften (Art. 2 des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz) wird die zu erwartende Verteilung der Schüler mit und ohne Förderbedarf auf die allgemeinen Schulen bis zum Schuljahr 2019/20 simuliert und die Zahl der Schüler an Förderschulen entsprechend reduziert. Diese Änderung in der Zuweisung der Schüler erfolgt auf kommunaler Ebene und schulgenau. Schüler mit Förderbedarf, die im Rahmen der Simulationen nicht mehr einer Förderschule, sondern einer allgemeinen Schule zuzuweisen sind, werden basierend auf einer zufälligen räumlichen Verteilung innerhalb des Postleitzahlengebietes, in dem sie wohnen, ihrer wohnortnächsten Schule der geeigneten allgemeinen Schulform zugewiesen. Dabei erfolgen alle Berechnungen und Bewertungen für Grundschulen und weiterführende Schulen der Sekundarstufe I getrennt. Ziel dieses gesamten Vorgehens ist dabei nicht die möglichst exakte Berechnung der an jeder einzelnen Schule zu erwartenden Schüler mit Förderbedarf, sondern die Abschätzung jener Konsequenzen, die sich aus der Steuerungsperspektive der kommunalen Schulträger durch die Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz ergeben können. Je Schule wird auf Basis der Schülerzahlen die Zahl der zu bildenden Klassen geschätzt, die bis zum Schuljahr 2019/20 erforderlich wären. Damit kann der prognostizierte Raumbedarf an den Schulen mit dem tatsächlich vorhandenen Raumangebot abgeglichen werden. Der Raumbedarf umfasst dabei neben den Klassenräumen bzw. Unterrichtsräumen auch den Bedarf an weiteren Räumen, der durch den Gemeinsamen Unterricht entsteht. Hierbei kann es sich um Differenzierungsräume oder auch um Räume handeln, die für die zieldifferente Unterrichtung in der Sekundarstufe I benötigt werden, z. B. Werk- und Hauswirtschaftsräume. Diese Bedarfe und 46 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten weitere Anforderungen, die sich aus dem Gemeinsamen Unterricht ergeben, können zusätzliche Kosten für den Schulträger erzeugen, die im folgenden Abschnitt näher dargestellt sind. 3.2 Relevante Kostenarten Während die Länder das lehrende Personal an Schulen finanzieren, übernehmen die Kommunen in ihrer Verantwortung für die sogenannten äußeren Schulangelegenheiten ihrerseits Ausgaben für eine Reihe weiterer Aufgaben, die im Kontext von Inklusion relevant sein können. Ziel der vorliegenden Studie ist es, den Umfang der Ausgaben abzuschätzen, die durch die Umsetzung der Inklusion im Schulbereich und maßgeblich getrieben durch die schrittweise Erhöhung der Inklusionsquote zusätzlich von den Kommunen zu übernehmen wären. D. h. abzuschätzen, welche finanziellen Konsequenzen sich aus dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz ergeben könnten. Diese Kosten fallen unabhängig von der Entwicklung der Ausgaben der Kommunen an. Um eine analytische Trennung von Ausgaben und Kosten vornehmen zu können, wird diese Differenzierung vorgenommen und nachfolgend der Kostenbegriff verwendet, wenn die kommunalen Folgekosten der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich betrachtet werden. Von Ausgaben wird gesprochen, wenn bereits getätigte oder aufgelaufene Investitionen für Personal, Schülerbeförderung etc. zur Schätzung dieser zukünftig zu erwartenden Kosten herangezogen werden. Wie diese Abgrenzung der zusätzlich anfallenden Kosten erfolgt, wird in Abschnitt 3.3 näher erläutert und tabellarisch zusammengefasst (vgl. Tabelle 12 auf Seite 72). Da sich im Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz keine Angaben zu der konkreten Ausgestaltung des inklusiven Schulsystems im Sinne pädagogischer Standards und Anforderungen an die sächliche, räumliche und sonstige personelle Ausstattung der Schulen finden, wird in diesem Abschnitt zunächst der Versuch unternommen, trotz fehlender Standards Aussagen zu ausgewählten, kommunalen Folgekosten nach ihrer Art und ihrer Höhe zu machen. Diese Darstellung orientiert sich dabei zum einen an den inklusionsrelevanten Aufgaben, die in die Zuständigkeit der Kommunen fallen, und zum anderen an den konkreten Bedarfen im Hinblick auf sächliche, räumliche und personelle Ressourcen, die mit den verschiedenen Förderbedarfen einhergehen. Als Schulträger sind die Kommunen zunächst für die räumliche und sächliche Ausstattung der Schulen zuständig, was Investitionen in den Bau, Erhalt und Unterhalt der Schulgebäude einschließt (§ 79 SchulG NRW). Durch gemeinsames Lernen und inklusive Beschulung werden vor allem Umbaumaßnahmen notwendig, die durch die Aufnahme von z. B. Rollstuhlfahrern notwendig werden können. Auch die sächliche Ausstattung der Schulen einschließlich der Ausstattung mit Lern- und Lehrmitteln sowie Schülerfahrtkosten zählen zu den Kosten, für die der Schulträger aufkommt. Bei wohnortnaher Beschulung wird meist von sinkenden Transportkosten ausgegangen, wenngleich für die Schülergruppe, die auf Spezialtransporte angewiesen ist, auch steigende Transportkosten möglich sind. 47 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Daneben fallen in den Kommunen Ausgaben für Assistenzpersonal an, mit dessen Hilfe die Teilhabe an schulischer Bildung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf ermöglicht werden soll. Der Umfang, mit dem Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf Assistenzpersonal benötigen, hängt vom Grad der Beeinträchtigung und dem Förderort ab. Zu berücksichtigen sind daneben Schulsozialarbeiter und Schulpsychologen sowie weiteres nicht lehrendes Personal für Aufgaben im (offenen) Ganztagsschulbereich. Da sich an allgemeinen Schulen die zu unterstützenden Schüler häufig auf mehrere Klassen bzw. Lerngruppen verteilen, besteht im Vergleich zu Förderschulen seltener die Möglichkeit der sogenannten Poolbildung, bei der nicht eine Assistenzperson für einen Schüler zuständig ist, sondern sich Assistenzpersonen um mehrere Kinder oder Jugendliche kümmern, was zu einem erhöhten Personalbedarf führen kann. Für die Kostenabschätzung sind somit räumliche und sächliche Kosten, einschließlich der Lehr- und Lernmittel, Transportkosten und Kosten für nicht lehrendes Personal relevant. Welche Annahmen zur Höhe der Kosten getroffen werden können, welche kommunale Einrichtung Kostenträger ist und wovon die Höhe der Kosten abhängt, wird im Folgenden näher erläutert. Die Darstellung basiert wesentlich auf eigenen Recherchen zu Erfahrungswerten in nordrhein-westfälischen Kommunen. Diese werden genutzt, um Annahmen zur Höhe der kommunalen Kosten zu generieren, die durch die mit dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz intendierte Zunahme des Gemeinsamen Unterrichts an allgemeinen Schulen verursacht werden können. Dabei haben die aufgeführten Kosten Beispielcharakter und erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Sie können aber als Richtwerte dienen, da in ihre Ermittlung Angaben aus verschiedenen Kommunen in Nordrhein-Westfalen eingeflossen sind. Unabhängig von der Entwicklung der Kosten stellt sich die Frage der Umverteilung von Kosten, indem der kommunale Kostenträger durch die Systemumstellung wechselt. Gerade diese Verschiebung in der Verteilung der kommunalen Lasten ist ein wichtiger Aspekt bei den weiteren Überlegungen. Schließlich ist zu berücksichtigen, in welchem Umfang die Schulträger neben der Ausgaben- auch die Finanzierungsverantwortung haben. Über die Schulpauschale werden Teile der Aufwendungen der Kommunen durch Landeszuwendungen finanziert.32 Sie dient ausschließlich dem Bau und der Unterhaltung von Schulgebäuden und der Finanzierung der Ausstattung von Schulgebäuden. Nicht bezuschusst werden damit die Aufwendungen für den Schülertransport, für Lehr- und Lernmittel und für Personal. Die Frage, wie die kommunalen Kosten im Kontext der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes zu finanzieren wären, ist jedoch nicht Gegenstand des Gutachtens. 32 48 Diese werden jeweils für ein Haushaltsjahr im Gesetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes NordrheinWestfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände (Gemeindefinanzierungsgesetz, GFG) festgelegt. 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten 3.2.1 Kosten des Schulträgers Lehr- und Lernmittel Die Höhe der Lernmittel ist in der Verordnung über die Durchschnittsbeträge und den Eigenanteil (vgl. VO zu § 96 Abs. 5 SchulG, BASS 16-01 Nr. 1) geregelt. Aus dieser Verordnung ergibt sich, welche Durchschnittsbeträge je Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf verausgabt werden dürfen. Somit sind inklusionsbedingte Mehrkosten durch diese Verordnung ‚gedeckelt‘. Laut dieser Verordnung stehen den Förderschulen dieselben Durchschnittsbeträge zu wie den Regelschulen (bis zu 36 Euro für die Primarstufe, bis zu 78 Euro für die Sekundarstufe I). Für den Förderschwerpunkt Sehen sind höhere Beträge angesetzt (maximal bis zu 272 Euro für blinde Schüler der Sekundarstufe I). Da diese Ansätze ohnehin in der Regel bereits als Schülerpauschale komplett ausgeschöpft werden, würden sich bei Verschiebungen von Schülern zwischen Förderschulen und allgemeinen Schulen keine Veränderungen in der Ausgabenhöhe ergeben. Ausnahmen davon ergeben sich in Fällen, in denen Schüler alternativ eine Schule eines anderen öffentlichen Schulträgers (z. B. in der Nachbargemeinde) oder eine Schule der Landschaftsverbände besuchen würden. Dann sind für die betreffenden Schüler die oben genannten Beträge anzusetzen (36 Euro bzw. 78 Euro). Dieser Betrag wird auch für Schüler mit Förderbedarf Sehen angesetzt, um eine doppelte Bewertung der Ausgaben für mit den unten beschriebenen Ausgaben für Lesehilfen zu vermeiden. Lehrmittel als Mittel zur Gestaltung des Unterrichts können somit bei zunehmender Integration von Schülern mit Förderbedarf in allgemeine Schulen zu zusätzlichen Ausgaben führen. Anhand von drei Beispielen aus dem Kreis Borken lässt sich verdeutlichen, wie unterschiedlich die Zuweisungspraxis der Schulträger im Hinblick auf den Gemeinsamen Unterricht ist. Von zwei Gemeinden im Kreis Borken ist den Autoren bekannt, dass sie jeder Schule pro Jahr 2.000 Euro bzw. 5.000 Euro zusätzlich für sächliche Ausstattung im Rahmen des Gemeinsamen Unterrichts gewähren (Raesfeld und Südlohn). In Velen werden seit dem laufenden Schuljahr (2012/13) 50 Euro je Förderschüler zusätzlich zugewiesen, da sich der Bedarf für Lehr- und Lernmittel aufgrund des Gemeinsamen Unterrichts stark erhöht hat. Diese Beispiele zeigen, dass der Gemeinsame Unterricht laufend zusätzliche Ausstattung erfordert und Lehr- und Lernmittel zusätzliche Kosten erzeugen, die hier nur anhand der oben genannten Schülerpauschalen geschätzt werden können, faktisch aber weitaus höher liegen und regional große Unterschiede aufweisen dürften. Sofern bei unterschiedlichen Arten von sonderpädagogischem Förderbedarf Anschaffungen erforderlich sind, die in einer Förderschule von vielen Schülern genutzt werden, würden bestimmte Lehrmittel bei der Verteilung auf mehrere Regelschulen mehrfach anfallen, z. B. spezielle Medien wie Computer und zugehörige Software. Zu entsprechenden Anschaffungen für Kinder und Jugendliche mit Förderbedarf Sehen liegen detaillierte Angaben zu Ausgaben für 49 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Lehr- und Lernmittel vor. Die Stadt Stadtlohn (Kreis Borken) hatte beispielsweise einmalig Ausgaben in Höhe von rund 7.000 Euro für Bildschirmlesegeräte an einer Grundschule. Die Stadt Essen hat ebenfalls ein Bildschirmlesegerät (3.000 Euro) und mehrere Lupen (je 100 Euro) sowie Braillezeilen (6.000 Euro) angeschafft. Bei der Schätzung der Folgekosten werden einmalige Ausgaben von 5.000 Euro angesetzt. Neben einmaligen Anschaffungen fallen für den Förderbedarf Sehen auch laufende Kosten an, z. B. für Spezialfolien (100 Euro pro Jahr und Schüler). Hier wird angenommen, dass diese über die Lernmittelpauschale abgedeckt werden können. Für weitere Förderbedarfe liegen keine Angaben zu speziell benötigten Lehr- und Lernmitteln vor, obwohl diese zumindest auch für den Förderbedarf Hören und Kommunikation anzunehmen sind. Schülerbeförderung In der Landes- und Kommunalpolitik wird derzeit davon ausgegangen, dass Schüler mit Förderschwerpunkten im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen in der Regel keinen Spezialverkehr benötigen. Auch würden für diese Gruppe jene Kosten entfallen, die durch Spezialverkehr aufgrund großer Entfernungen zur nächstgelegenen Förderschule entstehen. Diese Annahmen sind jedoch kritisch zu hinterfragen: (1) Auch Schülern an Regelschulen werden Beförderungskosten erstattet, sofern der Fußweg nicht zumutbar ist, und dies wird auch bei einem Teil der Förderschüler weiterhin der Fall sein. (2) Bei einem Großteil der Schüler an Förderschulen fallen Beförderungskosten beim Schulträger nicht aufgrund der Entfernung zur Förderschule an, sondern weil der Schüler den Schulweg nicht bewältigen kann. Die im ersten Fall entstehenden Kosten beziehen sich auf die Erstattung eines Monatstickets für den Öffentlichen Personennahverkehr; diese Beförderung ist weniger kostenintensiv als der Spezialverkehr. Dabei übernehmen die Schulträger einen großen Teil des fälligen Betrages, zudem gibt es einen Eigenanteil, den die Eltern aufbringen müssen, sofern sie hiervon nicht befreit werden. Aufgrund der unterschiedlichen Tarife von Anbietern in den einzelnen Kommunen variieren die Kosten regional. Die Rahmenbedingungen dieser Erstattungen sind in der Schülerfahrkostenverordnung (vgl. Verordnung zur Ausführung des § 97 Abs. 4 Schulgesetz, SchfkVO, BASS 11-04 Nr. 3.1) des Landes Nordrhein-Westfalen geregelt. Diese sieht sowohl für die Regelschulen als auch die Förderschulen denselben Grundsatz bezüglich der Entfernungen vor: in der Primarstufe gilt als Entfernungsgrenze (mehr als) 2 km, in der Sekundarstufe I (sowie der Jahrgangsstufe 10 des Gymnasiums33) 3,5 km und in der Sekundarstufe II 5 km. Die Kosten der Schülerbeförderung trägt grundsätzlich der Träger der besuchten Schule. In dieser Verordnung ist ebenfalls festgelegt, dass der Eigenanteil der Eltern 12 Euro nicht überschreiten darf. Darüber hinaus ist in der 33 50 Für die 10. Jahrgangsstufe des Gymnasiums gilt eine Sonderregel, der zufolge es hierfür einen Finanzausgleich für die Kommunen gibt. 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten SchfkVO festgelegt, wann die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel als zumutbar angesehen wird. Dies ist zum einen der Fall, wenn die Summe der Fußwegstrecken von der nächsten Haltestelle zur Wohnung und zur Schule nicht länger als ein bzw. zwei Kilometer beträgt.34 Darüber hinaus ist die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nicht zumutbar, wenn „der regelmäßige Schulweg auch bei Ausnutzung der günstigsten Verkehrsverbindungen für die Hin- und Rückfahrt zusammengerechnet mehr als drei Stunden in Anspruch nimmt oder die Schülerin oder der Schüler überwiegend vor sechs Uhr die Wohnung verlassen muss“ (§ 13 Abs. 3 S. 1 SchfkVO). Aus dem zweiten oben genannten Grund fallen aber – auch bei Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen – die Beförderungskosten nicht automatisch auf das Niveau des ÖPNV (jährliche Ausgaben des Schulträgers pro Schüler etwa 230 Euro35) zurück oder entfallen gänzlich, sobald Schüler mit Förderbedarf wohnortnah beschult werden, da sich der Bedarf an Spezialverkehr unabhängig von der Länge bzw. Dauer des Schulweges ergeben kann: „Unabhängig von der Länge des Schulweges entstehen Fahrkosten notwendig, wenn die Schülerin oder der Schüler nicht nur vorübergehend aus gesundheitlichen Gründen oder wegen einer geistigen oder körperlichen Behinderung ein Verkehrsmittel benutzen muss“ (§ 6 Abs. 1 S. 1 SchfkVO). Praktisch ergibt sich der Anspruch auf Schülerspezialverkehr bei Schülern aller Förderschwerpunkte, einschließlich des Schwerpunktes Lernen, aufgrund der (in der Regel ärztlich attestierten) eingeschränkten Befähigung, den Schulweg selbstständig zu bewältigen. Für die Stadt Essen liegt eine detaillierte Aufstellung der Beförderungskosten für Schüler an Förderschulen vor. Hier entfallen im Jahr 2012 etwa 90% der Beförderungskosten für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in Höhe von insgesamt rund 2,5 Millionen Euro auf den Schülerspezialverkehr. Auch bei den Förderschwerpunkten Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung (rund 80% der Beförderungskosten in diesen Förderschwerpunkten) und beim Förderschwerpunkt Sprache (zu 100%) entstehen Beförderungskosten vor allem durch Spezialtransporte. Diese Werte lassen vermuten, dass sich der Bedarf an Schülerspezialverkehr nicht allein aufgrund der Entfernung zur Schule ergibt, da im städtischen Raum Essen öffentliche Verkehrsmittel gut ausgebaut und die Erreichbarkeit eines entfernten Stadtteils in der Regel innerhalb der zumutbaren Zeit (laut SchfkVO) möglich ist. Im Durchschnitt ergeben sich in Essen im Jahr 2012 für Schüler mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung Beförderungskosten von 1.700 Euro bis 2.600 Euro je Schüler, für Schüler mit Förderbedarfen im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) ergeben sich stark schwankende Durchschnittskosten zwischen 140 Euro und 4.300 Euro je Schüler in Abhängig- 34 35 „Die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln ist in der Regel zumutbar, wenn die Länge der einfachen Fußwegstrecke zwischen der Wohnung und der nächstgelegenen Haltestelle sowie zwischen der zur Schule nächstgelegenen Haltestelle und der Schule oder dem Unterrichtsort für die Schülerin oder den Schüler der Grundschule, der entsprechenden Klassen der Förderschule und des Förderschulkindergartens insgesamt nicht mehr als 1,0 km und für die Schülerin oder den Schüler der übrigen Klassen insgesamt nicht mehr als 2,0 km beträgt“ (§ 13 Abs. 2 SchfkVO). Dabei ist der mögliche Eigenanteil der Eltern (12 Euro/Monat) bereits eingerechnet. 51 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten keit der besuchten Förderschule; der Durchschnitt kann mit rund 700 Euro pro Schüler und Jahr angegeben werden. Dabei ist anzunehmen, dass dieser Durchschnitt durch aus anderen Kommunen einpendelnde Schüler, die in Essen eine Förderschule im Bereich LES besuchen, nach oben verzerrt ist. Diese Vermutung wird auch dadurch gestützt, dass der Landschaftsverband Westfalen-Lippe, dessen Förderschulen ein großes Einzugsgebiet haben, für das Jahr 2013 im Schwerpunkt Sprache durchschnittlich 465 Euro, im Schwerpunkt Hören und Kommunikation 752 Euro und im Schwerpunkt Sehen 575 Euro je Schüler für den Schülerspezialverkehr ansetzt. Um in den folgenden Berechnungen das Einsparpotential bei den Schülerbeförderungskosten, das sich durch die Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes ergeben würden, nicht zu unterschätzen, wird im Bereich LES von durchschnittlichen Beförderungskosten von derzeit 700 Euro ausgegangen. Wie bei den Lehr- und Lernmitteln ist die zu erwartende Kostenentwicklung auch davon abhängig, ob Schüler, die einen Spezialtransport auch bei wohnortnaher Beschulung in Anspruch nehmen müssen, sich so auf die Regelschulen verteilen, dass gegebenenfalls mehr Fahrten mit jeweils weniger Schülern stattfinden. Sofern das Ziel dasselbe ist (die nächste Förderschule), kann ein einzelnes Sammeltaxi oder Spezialfahrzeug die Schüler in einer günstigen Reihenfolge abholen. Wenn sich die Schüler auf verschiedene Schulen verteilen, wie dies für die jeweils wohnortnächste allgemeine Schule zu erwarten ist, ist dies unter Umständen nicht mehr möglich, zumindest nicht in laut SchfkVO „zumutbarer Streckenführung“. Somit können sogar zusätzliche Fahrtkosten in diesem Bereich entstehen. In dicht besiedelten Gebieten ist dies möglicherweise weniger bedeutsam, im ländlichen Raum jedoch ist es ein wahrscheinliches Szenario. Ein weiterer kostenrelevanter Aspekt ist der Transport von Schülern mit körperlichen oder motorischen Beeinträchtigungen, die häufig auf Rollstuhltransporte angewiesen sind. Diese besonders kostenintensive Beförderungsart könnte vermehrt in den Zuständigkeitsbereich der Kommune fallen, wenn sich Eltern dieser Kinder für die Beschulung an einer allgemeinen Schule entscheiden. Bislang sind hierfür aufgrund der Trägerschaft der entsprechenden Schulen die Landschaftsverbände zuständig. Die Stadt Bocholt verausgabt jedoch für ein körperbehindertes Kind im Gemeinsamen Unterricht rund 3.600 Euro jährlich für die Taxibeförderung. Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe setzt im Jahr 2013 durchschnittlich rund 2.700 Euro je Schüler mit Körperbehinderung an. Hinsichtlich der Schülertransportkosten ist für die Abschätzung der kommunalen Folgekosten festzuhalten: Kommt es im Zuge der Inklusion zu Verschiebungen zwischen Schulträgern (z. B. von einem Landschaftsverband in Richtung einer Kommune oder zwischen Städten und Gemeinden innerhalb eines Kreises), was insbesondere für Förderschüler außerhalb der Lernund Entwicklungsstörungen der Fall ist, so entstehen dem Träger der allgemeinen Schule zusätzliche Kosten für die Schülerbeförderung. Hier ist bei Schülern mit Förderschwerpunkt Geistige 52 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Entwicklung oder Körperliche und motorische Entwicklung nicht davon auszugehen, dass bei Besuch der allgemeinen Schule auf den Spezialverkehr verzichtet werden kann. Für diesen Spezialverkehr wird ein Ansatz in Höhe von rund 2.500 Euro pro Schüler und Jahr gewählt, obwohl die Angaben aus einigen Kommunen weit höher liegen. Dies ist also ein sehr vorsichtiger bzw. konservativer Schätzwert. Für die Schwerpunkte im Bereich Hören und Kommunikation sowie Sehen erscheinen entsprechende Ansätze von 600 EUR pro Schüler und Jahr sinnvoll. In Fällen, in denen sich der Schulträger nicht ändert (weil alternativ zur allgemeinen Schule eine öffentliche Förderschule innerhalb derselben Kommune besucht würde), so ist von finanziellen Entlastungen des Schulträgers auszugehen, die sich vor allem im Bereich der Lernund Entwicklungsstörungen (LES) ergeben. Hier wird für kreisfreie Städte angenommen, dass sich die Durchschnittsausgaben je Schüler mit LES um 470 Euro reduzieren lassen, d. h. es werden für jeden Schüler mit LES nur noch die Ausgaben in Höhe der ÖPNV-Beförderungskosten angesetzt. Für Schüler der Primarstufe erscheint dieser Ansatz bei konsequent wohnortnaher Beschulung (die Schule wäre prinzipiell zu Fuß erreichbar) zwar unter Umständen zu hoch; er trägt aber der Tatsache Rechnung, dass offenbar ein Großteil der Kinder den Schulweg nicht selbstständig bewältigen kann und daher ein bestimmter (unbekannter) Anteil der Schüler auch weiterhin auf Spezialtransporte angewiesen sein wird. Werden stattdessen Kreise betrachtet, so erscheint es aufgrund der im Durchschnitt größeren und stärker variierenden Distanzen sinnvoll, nicht mit einem Pauschalbetrag zu arbeiten, sondern die potentiellen Einsparungen mit der Verringerung der räumlichen Distanz zur Schule zu gewichten. Das bedeutet, verkürzt sich der Schulweg (Luftlinie) um 30%, so reduzieren sich auch die Beförderungskosten (ausgehend von durchschnittlich 700 Euro) um 30% auf im Durchschnitt 462 Euro.36 Insgesamt können die Auswirkungen der Inklusion auf die Entwicklung der Schülerbeförderungskosten nur grob abgeschätzt werden, da keine Informationen zum Fixkostenanteil und zum variablen Kostenanteil vorliegen (Entfernung zur Schule). Eine genauere Abschätzung wäre nur auf Basis von Individualdaten möglich, die neben der besuchten Schule und dem Förderbedarf des Schülers auch dessen genaue Wohnadresse beinhalten müssten. Diese Informationen stehen den Gutachtern jedoch nicht zur Verfügung. Barrierefreiheit Bei inklusiver Beschulung nehmen Kosten für Umbaumaßnahmen einen hohen Stellenwert ein. Diese Kostenart ist besonders evident und somit auch in der öffentlichen Wahrnehmung präsent, wenn es um die Folgekosten integrativer Beschulung geht. Es handelt sich bei solchen Ausund Umbauten der Schulgebäude und Unterrichtsräume zwar in aller Regel um einmalige, aber besonders kostenintensive Investitionen. Da je nach den baulichen Gegebenheiten an den Schu36 Auch die Stadt Bocholt im Kreis Borken hat für den Taxitransport von drei Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf Ausgaben von jährlich zwischen 440 Euro und 500 Euro ermittelt. 53 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten len große Unterschiede hinsichtlich des Aufwands entstehen, der zum barrierefreien Umbau notwendig ist, ist eine allgemeine Schätzung der zu erwartenden Kosten schwierig. Ein übliches Verfahren zur Beurteilung von Umbaumaßnahmen ist daher die Begutachtung durch Experten hinsichtlich der Eignung der einzelnen Gebäude für einen Umbau unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten.37 Umgangssprachlich ist mit Barrierefreiheit von Gebäuden deren Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer gemeint. Diese Sichtweise greift aber entschieden zu kurz, da die Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, damit sich ein Schüler in einem Schulgebäude gefahrenlos orientieren und bewegen kann, stark nach der Art des Förderbedarfs bzw. der Behinderung variieren und nicht lediglich auf Rollstuhlfahrer beschränkt werden können. Schüler mit Förderbedarfen im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen benötigen kaum spezielle bauliche Vorkehrungen, während diese bei Aufnahme von Schülern mit Förderbedarf in den Bereichen Geistige Entwicklung, Sehen, Hören und Kommunikation sowie Körperliche und motorische Entwicklung unabdingbar sind. Die Ausstattung der Schulen, Schulräume und Flure kann sich dabei an Kriterien orientieren, die von den Landschaftsverbänden entwickelt wurden.38 Hinsichtlich des grundsätzlichen Raumbedarfs, z. B. Größe von Klassenräumen, können Informationen aus den Grundsätzen für die Aufstellung von Raumprogrammen für allgemeine Schulen und Förderschulen (BASS 10-21 Nr. 1) gewonnen werden. Dieser Runderlass ist zwar seit Ende 2010 außer Kraft; in Ermangelung einer rechtlichen Nachfolgeregelung liefert er aber dennoch wichtige Hinweise für die generelle Ausstattung der Schulen. Für Schüler mit körperlichen Behinderungen, die oftmals zielgleich unterrichtet werden und sich demzufolge auf alle Schulformen verteilen können, sind Umbaumaßnahmen erforderlich, die besonders hohe Kosten mit sich bringen. Hier sind zu nennen: Rampen, Behindertentoiletten, Aufzüge. Neben diesen räumlichen Gegebenheiten, die für einzelne Schülergruppen unerlässlich sind, sind einige weitere räumliche Merkmale für das Gelingen des Gemeinsamen Unterrichts notwendig. Damit die Qualität des Unterrichts an allgemeinen Schulen im Vergleich zu Förderschulen nicht wesentlich abnimmt, sind entsprechende Räume und eine angemessene Raumgestaltung unerlässlich. Raumarten, die in inklusiven Schulen und besonders bei Aufnahme von Kindern und Jugendlichen mit Lern- und Entwicklungsstörung sinnvoll sind, sind unter anderem Differenzierungsräume, Bewegungsräume, Rückzugsräume und Räume des (offenen) Ganztags. 37 38 54 Für die beiden in der vorliegenden Studie beispielhaft betrachteten Kommunen wurde der räumliche Ausbaustand jeder einzelnen Schule bewertet. Hieraus wird der Investitionsbedarf je Schule bestimmt, die in den Modellrechnungen Schüler mit Förderbedarf aufnimmt (vgl. hierzu genauer Abschnitt 3.3). Diese Kriterien sind auf Anfrage beim Landschaftsverband Rheinland und beim Landschaftsverband WestfalenLippe erhältlich. 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Rampen Rampen dienen Rollstuhlfahrern dazu, kleinere Hindernisse und wenige Treppenstufen zu überwinden. Die Art, Größe und Zahl der Rampen, die in einem Schulgebäude benötigt werden, um barrierefreien Zugang für körperbehinderte Schüler herzustellen, kann stark variieren. Schon für einzelne Rampen liefern die Recherchen sehr unterschiedliche Ergebnisse zu den Ausgaben. In einigen Fällen hat der Einbau einer Rampe rund 2.600 Euro gekosten (z. B. Stadt Bochum); es finden sich im Kreis Borken aber auch Beispiele von 35.000 Euro bis 42.000 Euro (Stadt Bocholt) für eine Rampe auf einem Schulhof bis hin zu Kosten in Höhe von 60.000 Euro (ebenfalls Stadt Bocholt). Im Durchschnitt liegen die Kosten pro nachträglich eingebaute Rampe bei 20.000 Euro. Aufzüge Aufzüge zählen zu den besonders teuren Anschaffungen im Zuge des barrierefreien Um- und Neubaus von Schulen. Erfahrungswerte aus den Kommunen zeigen auch hier eine enorme Variation in den notwendigen Ausgaben. Im Kreis Borken wurden als konkrete Beispiele bereits geplanter und erfolgter Baumaßnahmen für Aufzüge Kosten von ca. 70.000 Euro (Reken, Ahaus, Gronau) bis 100.000 Euro (ebenfalls Gronau) angegeben, die Stadt Dortmund ermittelte Kosten von über 500.000 Euro für einzelne Aufzüge. Bei vorsichtiger Schätzung kann von Kosten je Aufzug von 100.000 Euro ausgegangen werden. Ob ein Aufzug gebraucht wird, hängt wieder von den örtlichen Gegebenheiten ab. Im Einzelfall können Schulen Klassenräume so verteilen, dass sich der Klassenraum des betroffenen Kindes im Erdgeschoss befindet. Eine solche Minimallösung ist aber bei einer größeren Zahl von Schülern mit einer körperlichen Behinderung gerade an weiterführenden Schulen nicht praktikabel, da sich Fachräume üblicherweise auf das gesamte Schulgebäude verteilen. Sofern mittelbis langfristig für Schüler mit Förderbedarf systemische, allgemein übliche und nicht mehr Regelungen mit Sonderstatus gefunden werden sollen, ist die Herstellung räumlicher Barrierefreiheit durch Aufzüge und Rampen an allen Schulen unumgänglich. Dieser Standard wird in der vorliegenden Studie jedoch nicht angelegt. Zur vorsichtigen Schätzung der kommunalen Folgekosten wird angenommen, dass Barrierefreiheit für Körperbehinderte an Grundschulen durch Rampen hergestellt werden kann und hier keine Aufzüge benötigt werden. Auch wenn dies im Einzelfall nicht zutreffen muss, so lässt sich diese Annahme doch dadurch rechtfertigen, dass an Grundschulen durch das Lernen im Klassenverband die durchgehende Unterrichtung im Erdgeschoss des Schulgebäudes eher realisiert werden kann als an weiterführenden Schulen. Weiterhin wird angenommen, dass die Investition in einen Aufzug an weiterführenden Schulen die Schaffung eines barrierefreien Zugangs zum Schulgebäude einschließt. 55 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Behindertentoiletten sowie Wasch- und Wickelräume (Hygienebereich) Die Bereitstellung von behindertengerechten Toiletten sowie von Wasch- und Wickelräumen kann weitere Baumaßnahmen erfordern. Sie werden insbesondere von körperlich-motorisch und geistig Behinderten benötigt. Erfahrungswerte einzelner Schulträger im Kreis Borken weisen auf Kosten von in der Regel rund 10.000 Euro hin, die im Folgenden angesetzt werden. Auch findet sich eine große Variation in den Ausgaben der Schulträger (Beispiele sind Wuppertal: 10.000 Euro, Bocholt: 23.000 Euro, Reken: 15.000 und 20.000 Euro, Ratingen: 16.700 Euro, Bochum: bis über 70.000 Euro). Raumakustische, visuelle und taktile Maßnahmen Für hör- und sprachbehinderte Kinder können raumakustische Maßnahmen erforderlich werden, beginnend mit der Ausstattung mit Teppichen in den relevanten Räumen. Die Gemeinde Raesfeld im Kreis Borken berichtet Kosten in Höhe von ca. 5.500 Euro je Klassenraum, die im Zuge des Umbaus einer Schule für die Aufnahme hörbehinderter Kinder für Teppichboden, Vorhänge und Schuhregale entstanden sind. Eine andere Kommune stattet im laufenden Jahr den Ganztagsbereich mit einer Akustikdecke für ca. 15.000 Euro aus. In Bochum beliefen sich entsprechende Ausgaben in einer Grundschule auf 21.000 Euro. Daneben benötigen Schüler mit Sinnesbehinderungen visuelle und taktile Orientierungshilfen, z. B. sich verändernde Bodenbeläge zwischen Räumen, entsprechende Gestaltung der Flure und Treppenhäuser, visuelle bzw. akustische Signalgebung, etc. Zu diesen Maßnahmen liegen keine Kostenschätzungen vor. Es wird daher angenommen, dass für die barrierefreie Gestaltung für hör- oder sehbehinderte Schüler pro Schulgebäude jeweils Kosten in Höhe von rund 10.000 Euro entstehen. Angemessene Raumausstattung Zu den Räumen, die nicht nur für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf empfohlen werden, zählen weitere – teilweise spezielle – Gruppen- und Aufenthaltsräume. Diese Raumarten erhalten im Zusammenhang mit inklusiver Beschulung einen höheren Stellenwert. Es besteht in Wissenschaft und Praxis ein Konsens darüber, dass zur angemessenen Förderung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf, gerade bei zieldifferentem Unterricht, ein ausreichend großes Raumangebot vorgehalten werden muss. Damit sind Gruppen- und Aufenthaltsräume insbesondere bei Aufnahme von Schülern mit Förderbedarfen Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) und Geistige Entwicklung (GG) wichtig, denn Schüler mit LES können im Hinblick auf ihre Bedarfe nicht wie Regelschüler behandelt werden. Trotz fehlender körperlicher Beeinträchtigungen ist für diese Schülerschaft ein höherer Raumbedarf anzusetzen. Dieser Raumbedarf kann wiederum anhand des Runderlasses 56 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten zu den Grundsätzen für die Aufstellung von Raumprogrammen (vgl. BASS 10 – 21 Nr. 1) beschrieben werden, an dem sich die Schulträger nach wie vor orientieren (vgl. oben). Für Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen werden sowohl mehr Räume als auch eine höhere Quadratmeterzahl je Schüler empfohlen. Für eine zweizügige Förderschule mit dem Schwerpunkt Lernen sind insgesamt 16 Unterrichtsräume und drei Quadratmeter pro Schüler veranschlagt, während es in einer zweizügigen Schule des Sekundarbereichs I 12 Räume und zwei Quadratmeter pro Schüler sind. Diese Anforderung an den räumlichen Mehrbedarf wird in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt, da ausschließlich bestehende Schulen betrachtet werden, in denen die Klassenräume nicht einfach vergrößert werden können; vielmehr wird der Mehrbedarf an Raum je Schüler explizit durch die Varianten zur Klassenbildung berücksichtigt, in denen kleinere Lerngruppen zugelassen werden. Wie bereits in Abschnitt 3.1.5 erläutert wurde, ist auch aus Platzgründen (z. B. auch durch die Anwesenheit von Integrationshelfern, Pflegern und Therapeuten) im Rahmen der Inklusion mit kleineren Lerngruppen zu kalkulieren, was aber im Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz nicht vorgesehen ist (es sei denn, die zusätzlich veranschlagten Lehrerstellen würden klassenbildungswirksam, vgl. dazu auch Abschnitte 2.5 und 3.1.5). In den Grundsätzen zum Raumprogramm wird weiter darauf hingewiesen, dass die Aufstellung für den Förderschwerpunkt Lernen auch für die anderen Förderschwerpunkte gültig ist, mit Ausnahme der Behinderungsarten mit spezifischem Mehrbedarf. Ausdrücklich wird in diesem Zusammenhang auch auf den gemeinsamen Unterricht hingewiesen: „Der Raumbedarf für die Förderschule mit dem Förderschwerpunkt Lernen ist in der Tabelle (Anlage) ausgewiesen. Für andere Förderschwerpunkte ist der Raumbedarf in analoger Anwendung der Tabelle zu ermitteln. Behinderungsbedingter Mehrbedarf entsprechend den in der Verordnung über die sonderpädagogische Förderung, den Hausunterricht und die Schule für Kranke (AO-SF – BASS 13 – 41 Nr. 2.1) festgelegten Förderschwerpunkten entsteht bei den übrigen Förderschulen oder an allgemein bildenden Schulen, sofern dort gemeinsamer Unterricht für behinderte und nichtbehinderte Schülerinnen und Schüler stattfindet. Hierzu gehören zum Beispiel Therapie- und Gymnastikräume, Abstellflächen für Rollwagen, Sanitär- und Wickelräume, Räume zur Durchführung von Diagnosemaßnahmen.“ (BASS 10 – 21 Nr. 1) Die Quadratmeterzahlen sind als Schülerpauschale angegeben, wie groß der Anteil oder die Anzahl der Förderschüler ist, für die ein erhöhter Raumbedarf vorgehalten werden soll, ist dem Erlass nicht zu entnehmen. Jedoch werden bestimmte Raumarten für Förderschulen aufgeführt, deren Einrichtung an anderen Schularten nicht festgesetzt wurde: Mehrzweckräume39, Gruppenräume und Testräume. Bei einer zweizügigen Förderschule handelt es sich um zwei Mehrzweckräume, 16 Gruppenräume und zwei Testräume. Besonders Differenzierungs-, Bewegungs- 39 Mehrzweckräume sollen auch an Grundschulen vorgehalten werden. 57 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten und Rückzugsräume werden häufig als spezielle Mehrzweck- und Gruppenräume an Schulen eingerichtet. Hinzu kommen Räume des Ganztagsbereichs. Differenzierungsräume Differenzierungsräume werden im nicht integrativen Unterricht zur Gestaltung der Binnendifferenzierung genutzt, mit der individuelles Lernen gefördert werden soll. Diese zusätzlichen Räume, die eine Aufspaltung von Gruppen erlauben, sind nicht nur unter dem Gesichtspunkt zieldifferenten Unterrichtens besonders bedeutsam. Auch bei zielgleichem Unterricht kann durch Bildung von Lerngruppen und Schaffung von Lernecken den Bedürfnissen der Schüler mit Förderbedarf Rechnung getragen werden. Verbindliche Standards zu Notwendigkeit und Anzahl der Differenzierungsräume existieren derzeit nicht. Daraus resultieren diesbezüglich unterschiedliche Standardsetzungen und Einschätzungen in den nordrhein-westfälischen Kommunen. Aus dem oben erwähnten Runderlass zu den Grundsätzen für Raumprogramme und den Raumprogrammen des Landschaftsverbands Westfalen-Lippe wird jedoch ersichtlich, dass an Förderschulen jeder Lerngruppe ein Gruppenraum zugeordnet ist, der etwa die Hälfte der Größe des Klassenraums hat und dem Klassenraum direkt räumlich angegliedert ist. Daher finden sich auch an allgemeinen Schulen Differenzierungsräume, die von je zwei Klassenräumen beidseitig und direkt zugänglich sind. Häufig wird aber ein Differenzierungsraum von vier oder mehr Klassen gemeinsam genutzt. Bei der Schätzung der inklusionsbedingten kommunalen Kosten wird die pädagogisch wünschenswerte Variante (zwei Klassen teilen sich einen Differenzierungsraum) in Kombination mit der erweiterten Reformvariante zur Klassenbildung (‚kleine Klassen‘) berücksichtigt. Ansonsten wird zur vorsichtigen Schätzung der Folgekosten eine eingeschränktere Ausstattung der Schulen simuliert, bei der bis zu zehn Schüler mit Förderbedarf einen Differenzierungsraum gemeinsam nutzen. Bei dieser Variante wird zudem unterstellt, dass sich dieser Raum auch ‚irgendwo‘ im Schulgebäude befinden kann. Bewegungsräume Sogenannte Bewegungsräume bieten den Schülern die Gelegenheit, ihre motorischen Fähigkeiten zu verbessern und zugleich Bewegung und Lernen miteinander zu verbinden. Sie finden sich selten an Regelschulen, können jedoch ebenso von Regelschülern für didaktische Zwecke genutzt werden. Rückzugsräume Auch Rückzugsräume werden von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an Förderschulen vorgehalten. Stille Rückzugsräume (auch: ‚Snoezelenräume‘) können mit besonderem Licht und Liegen ausgestattet werden. Der Landschaftsverband Rheinland hat Kriterien erarbei58 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten tet, die angesichts fehlender rechtlicher Grundsätze für einzelne Behinderungsarten berücksichtigt werden sollten.40 Hierzu zählt der flexiblere Umgang mit Räumen, sowohl Klassenräumen, als auch allen anderen Raumarten, um den Aufgaben im Rahmen inklusiver Beschulung gerecht werden zu können, z. B. auch für Fallbesprechungen oder Beratungen. Lehrküchen/Hauswirtschaftsräume und Werk-/Technikräume Für den zieldifferenten Unterricht in der Sekundarstufe I müssen Lehrküchen und Werk- bzw. Technikräume zur Verfügung stehen (jeweils eine/r pro Schule). Hinsichtlich der räumlichen Ausstattung der allgemeinen Schulen, die Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen, wird bei der Abschätzung der kommunalen Folgekosten zunächst davon ausgegangen, dass vorhandene Räume, die nicht anderweitig genutzt werden, zu Differenzierungs-, Bewegungs- und Ruheräumen umgebaut werden können. Weiterhin wird der Bedarf an Differenzierungsräumen unter den oben beschriebenen Annahmen geschätzt. Es wird angenommen, dass damit auch der Bedarf an Ruhe- und Bewegungsräumen abgedeckt werden kann, obwohl dies im Vergleich zu den Standards an Förderschulen eine eingeschränktere Ausstattung der allgemeinen Schulen und damit eine konservative Schätzung des Raumbedarfs darstellt. Auch die Angaben aus den Kommunen zeigen, dass umgebaute Räume so angelegt wurden, dass sie sowohl zur Differenzierung im Rahmen des Unterrichts als auch für Ausgleichsphasen genutzt werden können. Entsprechende Angaben zu den Umbaukosten liegen in Reken, Südlohn und Velen zwischen 10.000 Euro und 12.000 Euro. Für jeden vorhandenen Raum, der in einen inklusionsbezogenen Mehrzweckraum umgebaut wird, werden daher Umbaukosten in Höhe von 10.000 Euro veranschlagt. Zumindest wenn Schüler mit Förderbedarf Körperlichmotorische Entwicklung und/oder Geistige Entwicklung an einer Schule aufgenommen werden, sollte ein Raum für Therapie- und Pflegemaßnahmen eingerichtet werden. Zu den Umbaukosten für die Bereitstellung eines solchen Raumes liegt den Autoren nur eine Angabe aus der Stadt Gronau vor, die für einen geplanten Schulneubau die Ausgaben für einen medizinischen Bereich auf mindestens 10.000 Euro schätzt. Daher wird auch hier je Therapie-/Pflegeraum mit Umbaukosten von 10.000 Euro gerechnet. Gleiches gilt jeweils für die Einrichtung einer Lehrküche bzw. eines Werkraumes für den zieldifferenten Unterricht in der Sekundarstufe I. Zusätzlicher Raumbedarf Im Rahmen der Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem und dem damit verbundenen Mehrbedarf an Räumen können die an einer Schule vorhandenen Räume gegebenenfalls nicht ausreichen. Aber auch Schulgebäude, die aufgrund von Standortschließungen zur Verfügung 40 Diese Kriterien sind auf Anfrage beim Landschaftsverband Rheinland erhältlich. 59 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten stehen, können nicht ohne weiteres wieder als Schulen genutzt werden und damit einen entstehenden Engpass ausgleichen. Die Recherchen bei verschiedenen Schulträgern haben ergeben, dass geschlossene Schulstandorte in der Regel kurzfristig veräußert werden. Zudem sind geschlossene Schulen als Standort neuer Schulen oder als neuer Teilstandort in der Regel aufgrund ihres Alters und des baulichen Zustandes nicht geeignet, d. h., sie genügen neueren Standards für Raumprogramme nicht oder sind sanierungsbedürftig. Sofern die Räume an den allgemeinen Schulen nicht ausreichen, dürften also in der Regel Erweiterungs- bzw. Neubauten notwendig werden. Die Kosten hierfür können anhand der Bauund Einrichtungskosten je Quadratmeter Fläche abgeschätzt werden. Die Fläche eines Klassenoder Mehrzweckraums wird dabei einheitlich anhand des Bedarfs von 2,5 m2 je Schüler multipliziert mit 24 Schülern je Klasse angenommen.41 Zu den Baukosten je Quadratmeter gibt die Stadt Wuppertal 1.800 Euro an, in Bochum sind es 2.500 Euro je Quadratmeter. Diese Angabe stimmt mit dem von Klemm (2012) verwendeten Wert überein, der in seiner Studie zu den Kosten eines Ausbaus der Ganztagsschulen zwei Quellen angibt, nach denen die Ausgaben je Quadratmeter zwischen 2.100 und 3.000 Euro liegen. Dies deckt sich auch mit den Kostenrichtwerten für Schulbauzuschüsse durch die Landesbank Baden-Württemberg (2.290 Euro bei Grundschulen, 2.400 Euro bei Haupt-, Real- und Förderschulen; Stand: 2006).42 In der vorliegenden Studie werden Kosten je Quadratmeter von 2.000 Euro angesetzt. Damit belaufen sich die geschätzten Kosten für einen neu zu errichtenden Klassen- oder Mehrzweckraum auf 120.000 Euro. Unberücksichtigt bleiben die mit dem zusätzlichen Raumbedarf ebenfalls steigenden Ausgaben für Unterhaltung und Instandhaltung dieser Räume. Ganztagsbereich Förderschulen sind in aller Regel Ganztagsschulen und bieten am Nachmittag weitere Unterstützungsangebote, deren Bedeutung für eine gelingende Entwicklung in Richtung eines inklusiven Schulsystems bereits in Abschnitt 2.3 erläutert wurde. Da davon auszugehen ist, dass Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf ihren Bedarf an verbindlicher ganztägiger Betreuung an allen Schultagen in die allgemeinen Schulen mitbringen, wäre ein weiterer und forcierter Ausbau der Ganztagsangebote insgesamt und insbesondere der gebundenen Ganztagsschule die Konsequenz. Vor dem Hintergrund, dass es auch in Nordrhein-Westfalen ein erklärtes bildungspolitisches Ziel ist, die gebundene Ganztagsbetreuung weiter auszubauen, erscheint es zwar 41 42 60 Zur Vereinfachung der Darstellung wird hier nicht weiter nach den Schulformen unterschieden. An Grundschulen würden die Klassen- und Mehrzweckräume etwas größer ausfallen (24 entspricht dem aktuellen Klassenfrequenzrichtwert), an Real- und Gesamtschulen wären mehr Schüler pro Klasse zu berücksichtigen, deren Raumbedarf pro Schüler aber laut den Grundsätzen für die Aufstellung von Raumprogrammen auch etwas niedriger anzusetzen wäre (2,25 m2 je Schüler, vgl. BASS 10-21 Nr.1). Richtlinien für die Gewährung von Zuschüssen zur Förderung des Schulhausbaus kommunaler Schulträger (Schulbauförderungsrichtlinien – SchBauFR), Verwaltungsvorschrift des Kultusministeriums, Finanzministeriums und Innenministeriums [Baden-Württemberg] vom 3. Februar 2006, Az.: 24 - 6440.02/100. 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten nicht angemessen, entsprechende Bau- und Erweiterungsmaßnahmen in Schulen allein kausal auf die mit dem 9. Schulrechtsänderungsgesetz intendierte Inklusion zurückzuführen. Dennoch würden sich durch die angestrebte, zunehmende Inklusion die Bedarfe der Schüler stark verändern und die Kommunen bereits kurzfristig mit dem Problem konfrontiert werden, dass das von ihnen im Primarbereich nahezu flächendeckend bereitgestellte offene Ganztagsangebot diese Bedarfe nicht mehr deckt. Auch für den Ganztagsbereich finden sich in den Grundsätzen für die Aufstellung von Raumprogrammen (vgl. BASS 10–21 Nr. 1) orientierungsgebende Hinweise. Der Ganztagsbereich einer einzügigen Förderschule Lernen soll 300 Quadratmeter betragen, 400 Quadratmeter sind es bei einer zweizügigen Schule. Im Vergleich dazu werden bei einer zweizügigen Schule des Sekundarbereichs I ohne Förderschüler mit 360 Quadratmeter und bei einer zweizügigen Grundschule mit 240 Quadratmeter deutlich geringere Werte veranschlagt. Natürlich ist nicht anzunehmen, dass ein flächenmäßig kleinerer Ganztagsbereich grundsätzlich gegen die Aufnahme von (weiteren) Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf spricht. Dennoch bringen Förderschüler den zusätzlichen Raumbedarf auch im Ganztagsbereich in die Schulen mit, und nicht zuletzt ist auch ein Ganztagsbereich barrierefrei zu gestalten. Nimmt man an, dass eine entsprechende Erweiterung des Ganztagsbereichs auf den Standard an einer Förderschule z. B. an einer zweizügigen Grundschule baulich umgesetzt werden kann,43 so lassen sich die nötigen Investitionen überschlägig mit 320.000 Euro (160 zusätzliche m2 x 2.000 Euro) angeben. Das bedeutet: Für den sehr unwahrscheinlichen Fall, dass die aufwachsenden Bedarfe an verbindlicher Betreuung im gebundenen Ganztag minimal ausfallen und nur 15 Grundschulen in ganz Nordrhein-Westfalen die beschriebene baulich-räumliche Erweiterung erfahren würden, wäre damit bereits die Erheblichkeitsschwelle der kommunalen Folgekosten im Sinne des KonnexAG überschritten. Und dabei wird nur der Raum für den Ganztagsbereich insgesamt betrachtet und weitere notwendige Investitionen, z. B. für die Kücheneinrichtung, nicht berücksichtigt. Von Relevanz dürften auch die zusätzlich im Ganztagsbetrieb anfallenden Personal- und Sachkosten sein. Die Betreuungskosten des Ganztagsbetriebs werden gemeinsam von Land und Kommune getragen und es ist zunächst darzustellen, von welchem kommunalen Kostenbeitrag hier ausgegangen werden kann. Für eine Betreuungspauschale für Grundschulen kann die Kommune beim Land einen Antrag stellen. Zudem zahlt das Land im Fall einer Bewilligung je Schüler im offenen Ganztagsangebot einer Grundschule einen Festbetrag von 700 Euro, der durch 235 Euro ergänzt werden kann, wenn auf die Zuweisung von 0,1 Lehrerstellen je Schüler verzichtet wird. Auch die Kommunen entrichten je Schüler einen Pflichtanteil von 410 Euro. Für den gebundenen und offenen Ganztag in der Sekundarstufe I sind im Fall der Förderung durch das Land keine Eigenanteile der Kommunen vorgesehen. Förderschulen erhalten im gebunde43 Zu beachten ist, dass in der vorliegenden Studie bestehende Schulen betrachtet werden, bei denen es unwahrscheinlich erscheint, dass der Ganztagsbereich auf einfachem Wege erweitert werden kann. 61 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten nen Ganztag eine Zuweisung in Höhe von 20% der Grundstellenzahl. Hauptschulen im erweiterten Ganztag sowie Förderschulen erhalten 30% der Grundstellenzahl. Die Schülerpauschale bei Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf liegt erheblich höher: Hier wird der doppelte Betrag (1.400 Euro) gewährt, zudem eine Ergänzung um 490 Euro im Fall des Verzichts auf 0,1 Lehrerstellen. Eine weitere Pauschale von 5.500 Euro wird den Schulen „[f]ür andere Betreuungsformen an einer offenen Ganztagsschule (zum Beispiel Frühstücksangebote, Vor- und Übermittagbetreuung, Silentien, Angebote nach 16 Uhr, ergänzende Ferienangebote sowie in Einzelfällen auch bei besonderen Förderangeboten vor 16 Uhr)“ (Rd. Erl. d. Ministeriums für Schule, Jugend und Kinder v. 12.2.2003, ABl. NRW. S. 43) gewährt. Diese Schulpauschale wird mit 6.500 Euro an Förderschulen ebenfalls höher angesetzt. Dass Förderschüler in der Offenen Ganztagbetreuung wesentlich kostenintensiver sind als andere Schüler, wird durch diese Zuweisungspraxis anerkannt. Für weiterführende Schulen stellt das Land Mittel im Rahmen des Programms ‚Geld oder Stellen‘ für den Ganztagsbetrieb in der Höhe von 5.000 Euro je Verzicht auf 0,1 Lehrerstelle bereit (vgl. BASS 11 – 02 Nr. 24) – die Zuweisung von Lehrerstellen basiert auf der Anzahl der Schüler und der Form des Ganztagsbetriebs (offen, gebunden); darüber hinaus wird ein höherer Zuschlag für Hauptschulen und gebundene Förderschulen gewährt. Dass die Förderung durch das Land nicht kostendeckend ist, wird in den Förderrichtlinien des Landes deutlich: „Mit der Pauschale ist kein Anspruch einer offenen Ganztagsschule auf Zuweisung in voller Höhe verbunden.“ Ein freiwilliger Zuschuss des Landes über diese Förderung hinaus ist somit die Regel. Oft gibt es eine pauschale Zuweisung der Kommunen ab der zweiten Gruppe im offenen Ganztag. Ab wann eine zweite Gruppe gebildet wird, kann wiederum nicht verallgemeinert werden. Der Grundlagenerlass zu gebundenen und offenen Ganztagsschulen (vgl. BASS 12 – 63 Nr. 2) besagt hierzu: „Die Teilnehmendenzahl an den einzelnen Angeboten beziehungsweise die Gruppengröße richtet sich nach dem Inhalt der Angebote und den individuellen Bedarfen der Schülerinnen und Schüler.“ In den Beispielkommunen konnten u. a. folgende durchschnittliche Gruppengrößen an Grundschulen ermittelt werden: 24 Schüler je Gruppe in Borken, 21 in Isselburg, 22 in Raesfeld und 26 in Essen. Es gibt jedoch auch größere Gruppen: In Heiden gibt es nur eine Grundschule mit offenem Ganztag, an der 37 Schüler das Ganztagsangebot wahrnehmen, für die nur eine Gruppe eingerichtet wurde. Zudem nehmen Schüler an weiterführenden Schulen oftmals nicht täglich am Ganztagsangebot teil, sodass die Zahlen je nach Wochentag variieren. An Förderschulen ist die Gruppengröße deutlich geringer: In Essen sind durchschnittlich 12 Förderschüler in einer Gruppe. Die Zuschüsse der Kommunen variieren stark, zumal einige Kommunen nur pauschale Zuweisungen pro Schule und andere zusätzliche Schülerpauschalen zahlen, die teilweise an Landeszuschüsse gekoppelt sind. Über die Betreuungspauschalen hinaus fallen weitere Kosten für die Sachausstattung an Ganztagsschulen an, sowohl für Verbrauchsartikel wie auch für Einrich62 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten tungsgegenstände. Beispiele aus dem Kreis Borken, bei denen diese verschiedenen Kostenarten summiert wurden, zeigen starke Variationen die zwischen ca. 130 Euro und ca. 1.800 Euro je Schüler liegen. Niedrige Beträge geben insbesondere einige kleinere Gemeinden aus, bei denen z. B. ein Förderverein die Organisation des offenen Ganztags übernimmt oder große Teile durch Elternbeiträge gedeckt werden (z. B. Heek oder Raesfeld im Kreis Borken). Viele Gemeinden gewähren hierzu oftmals nur einen pauschalen Zuschuss an die Schulen. In anderen Städten und Gemeinden fallen erheblich höhere Ausgaben an, etwa 1.700 Euro je Schüler in Ahaus, ca. 1.600 Euro in Bocholt und Heiden und ca. 1.100 Euro in Isselburg. Beispiele für Ausgaben bei Förderschulen stammen aus den Städten Bocholt und Essen: In Bocholt werden rund 4.600 Euro je Förderschüler ausgegeben, in Essen sind es nur für die Personalausgaben bereits rund 3.900 Euro. (Personal ist jedoch im Allgemeinen die größte Ausgabenposition, das zeigt das Beispiel Isselburg: Hier macht das Personal etwa 85% aller Ausgaben aus). Diese beispielhafte Aufstellung verdeutlicht wiederum den erheblichen Zuschlag bei Förderschülern. Da es sich nicht um einen Pauschalbetrag handelt, sondern auch um Ausgaben für Einrichtungs- und Verbrauchsgegenstände, die bei gemeinsamem Unterricht an mehreren Schulen vorgehalten werden sollte, ist damit zu rechnen, dass die Ausgaben bei Umsetzung der Inklusion steigen. Für die Abschätzung der kommunalen Folgekosten einer zunehmenden Integration von Schülern mit Förderbedarf bedeutet dies zweierlei: Zum einen sollten allgemeine Schulen, die Orte sonderpädagogischer Förderung sind oder werden können, ein Ganztagsangebot vorhalten, das zunehmend in gebundener Form ausgestaltet sein sollte. Zum anderen entstehen bei den durchschnittlichen laufenden Kosten des Ganztagsbetriebs je Schüler– im Gegensatz zu etwa den Schülerbeförderungskosten - auch dann zusätzliche Ausgaben beim Schulträger, wenn Verschiebungen der Schülerzahlen zwischen Förderschulen und allgemeinen Schulen desselben Schulträgers betrachtet werden. Denn die Betreuung im Ganztag erfolgt – wie dargestellt – in Gruppen und diese (dann kleineren) Gruppen inklusive des betreuenden Personals bestehen auch an den Förderschulen fort, solange diese nicht aufgelöst werden. Die laufenden Kosten der Ganztagsangebote bilden daher einen Teil der Kosten, die durch das Vorhalten schulischer Doppelstrukturen (allgemeine Schulen und Förderschulen) beim Schulträger entstehen. Pro Schüler und Jahr kann – bei vorsichtiger Schätzung unter der Annahme, dass für den Primarbereich sämtliche möglichen Zuschüsse des Landes gewährt werden – dann von zusätzlichen, laufenden kommunalen Kosten in Höhe von rund 2.000 Euro je Schüler im Primarbereich und von mindestens rund 4.000 Euro im Sekundarbereich I, in dem keine schülerspezifischen Landeszuschüsse gezahlt werden, ausgegangen werden. Zu beachten ist, dass Ausgaben der Schulträger für Fortbildungsbedarfe des nicht lehrenden Personals, z. B. der Erzieher im Ganztagsbereich, in der vorliegenden Studie nicht berücksichtigt werden. 63 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter Neben den Integrationshelfern, die Schüler mit Förderbedarf bei der Bewältigung des Schulalltages und des Schulweges unterstützen (vgl. dazu Abschnitt 3.2.2), wird weiteres nicht lehrendes Personal an den Schulen mit Gemeinsamen Unterricht benötigt, das für übergeordnete Belange der Unterrichtsorganisation zur Verfügung und den Schülern, Lehrern und Eltern beratend zur Seite steht. Hierzu zählen Schulpsychologen und Sozialarbeiter (vgl. hierzu auch Klemm/Preuss-Lausitz 2011, S. 105 ff.). Die Recherchen bei den Kommunen haben ergeben, dass die Einbindung dieses Personals für unabdingbar erachtet wird, wenn Inklusion qualitativ hochwertig gelingen soll. Konkrete Vorschläge, wie viel Personal mit welcher Qualifikation hierfür als notwendig zu erachten ist, werden in den Kommunen aktuell diskutiert. Erste Vorschläge weisen darauf hin, dass je inklusiver Schule ein Schulpsychologe zur Verfügung stehen sollte, der sich um übergeordnete Belange der Unterrichtsorganisation im Gemeinsamen Unterricht kümmert und nicht nur Schülern, Lehrern und nicht lehrendem Personal beratend zur Seite steht, sondern auch die Elternarbeit zu Fragen des Gemeinsamen Unterrichts übernehmen könnte. Im Zusammenhang mit der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich ist mit einem besonderen Mehrbedarf an Unterstützung durch die Schulpsychologie zu rechnen.44 Im Schulalltag wird daneben ein Schulsozialarbeiter45 je Klassenstufe, in der gemeinsamer Unterricht stattfindet, als sinnvoll angesehen. Während die Ausgabenlast für die Schulsozialarbeit zum überwiegenden Teil bei den Kommunen liegt, ist die Schulpsychologie in Nordrhein-Westfalen eine gemeinsame Aufgabe des Landes und der Kommunen; Schulpsychologen sind sowohl beim Land als auch bei den Kommunen angestellt. Somit gehen wir im Weiteren davon aus, dass die Kommunen als Schulträger 50% dieser Ausgaben tragen. Für die Stelle eines Sozialarbeiters können jährliche Kosten von 45.000 Euro und für die Stelle eines Schulpsychologen 60.000 Euro angesetzt werden. In einer vorsichtigen Schätzung soll weiterhin davon ausgegangen werden, dass je inklusiver Schule mit mehr als vier Schülern (Grundschulen) bzw. mit sechs Schülern (weiterführende Schulen) mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine halbe Stelle eines Schulpsychologen und eine Stelle eines Schulsozialarbeiters für die Bewältigung der beschriebenen Aufgaben ausreichend wäre, auch wenn dies nicht den von Seiten der Kommunen sowie des lehrenden und nicht lehrenden 44 45 64 „Schulpsychologie unterstützt die Schulen, die Lehrerinnen und Lehrer sowie in den Schulen tätige pädagogische Fachkräfte bei der Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags, sowie die Schülerinnen und Schüler sowie die Eltern bei Schulproblemen und Erziehungsfragen mit den Erkenntnissen und Methoden der Psychologie.“ (Runderlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung des Landes Nordrhein-Westfalen vom 07.02.2007, S. 2) Die Aufgabenbereiche der Schulpsychologie können u. a. folgende Angebotsformen umfassen: „Unterstützung von Schulen bei der Entwicklung, Umsetzung und Evaluation von systemisch angelegten Förderkonzepten und Angeboten der Beratung zur Vorbeugung, Vermeidung und Bewältigung von Lernschwierigkeiten, Lernstörungen und Verhaltensstörungen sowie zu besonderen Begabungen; […]; Einzelfallhilfe für Schülerinnen und Schüler zur Vorbeugung und Vermeidung von Lernschwierigkeiten und auffälligen Verhaltensweisen […]“ ( ebenda). Bei Schulsozialarbeit handelt es sich um Kooperationen zwischen Jugendhilfe und Schule. „Schulsozialarbeit soll wie die Jugendsozialarbeit insbesondere dazu beitragen, individuelle und gesellschaftliche Benachteiligungen durch besondere sozialpädagogische Maßnahmen auszugleichen.“ (RdErl. d. Ministeriums für Schule und Weiterbildung v. 23.01.2008 zur Beschäftigung von Fachkräften für Schulsozialarbeit in Nordrhein-Westfalen, S. 2). 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Personals diskutierten Standards für den Gemeinsamen Unterricht entspricht. Dieses Personal wird nur für inklusive Schulen mit mehr als vier bzw. sechs Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf angesetzt, weil in diesen Fällen anzunehmen ist, dass auch gesamtschulisch bzw. jahrgangsstufenübergreifend Planungs- und Koordinierungsbedarf besteht und ein nicht unwesentlicher Beratungsbedarf bei Schülern und Eltern auftritt. 3.2.2 Kosten des Sozialhilfeträgers und des Jugendamtes Integrationshelfer46 übernehmen gemäß SGB XII der Sozialhilfeträger oder gemäß SGB VIII das Jugendamt – in beiden Fällen sind die Kommunen Kostenträger. Lediglich für Schüler mit Anspruch auf Behandlungspflege werden die Kosten der Integrationshilfe von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen. Beim Sozialhilfeträger kann ein Antrag auf Finanzierung von Eingliederungshilfe im Fall einer körperlichen und geistigen Behinderung gestellt werden, beim Jugendamt ein Antrag im Fall einer seelischen Behinderung.47 Der Entscheidung über Gewährung dieser Mittel liegt eine Einzelfallprüfung zugrunde, die sich auf ärztliche oder psychologische Gutachten stützt. Ziel der Integrationshilfe ist es, den Schulbesuch von Schülern mit Behinderungen zu ermöglichen, insbesondere den Schulbesuch von Regelschulen: „Leistungen der Eingliederungshilfe sind neben den Leistungen nach den §§ 26, 33, 41 und 55 des Neunten Buches insbesondere 1. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung, insbesondere im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht und zum Besuch weiterführender Schulen einschließlich der Vorbereitung hierzu […]“ (§ 54 Abs. 1 SGB XII). In diesem Kontext sind die Assistenzleistungen durch Integrationshilfe vielfältig. Hierzu heißt es im Wegweiser zum Lernen im Gemeinsamen Unterricht des Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen (2012, S. 28): „Das Sozialamt finanziert so genannte Integrationshelfer, die betreuende, pflegende und allgemeinpädagogische Hilfen leisten. Grundsätzlich trägt der Lehrer die Verantwortung für die Wissensvermittlung. Aber auch die Integrationshelferin kann pädagogische Aufgaben unter Anleitung und Vorbereitung des Lehrers wahrnehmen. Pädagogische und pflegerische Aufgaben sind häufig nicht klar voneinander zu trennen.“ Stattdessen unterstützen sie die Schüler bei der Kommunikation, bei praktischen Dingen des schulischen Alltags, bei der Aneignung der Unterrichtsinhalte etc. Einheitliche Standards für die Aufgaben der Integrationshilfe gibt es allerdings nicht. Standards gibt es ebenso wenig bei der Bezahlung und Qualifikation der Integrationshelfer. Einen großen Einfluss übt die geforderte Qualifikation der Integrationshelfer aus und damit ein46 47 Da es sich um Leistungen der Eingliederungshilfe handelt, wird von Integrationshilfen/-helfern und nicht von Inklusionshilfen/-helfern gesprochen. Gemäß § 35a SGB VIII „(1) Kinder oder Jugendliche haben Anspruch auf Eingliederungshilfe, wenn 1. ihre seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für ihr Lebensalter typischen Zustand abweicht, und 2. daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist oder eine solche Beeinträchtigung zu erwarten ist […] (4) Ist gleichzeitig Hilfe zur Erziehung zu leisten, so sollen Einrichtungen, Dienste und Personen in Anspruch genommen werden, die geeignet sind, sowohl die Aufgaben der Eingliederungshilfe zu erfüllen als auch den erzieherischen Bedarf zu decken.“ 65 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten hergehend die Betreuungsqualität und die Betreuungskontinuität. In einigen Kommunen bilden Studierende sonder- bzw. heilpädagogischer Studiengänge, die ein Studienpraktikum absolvieren, einen großen Teil der Integrationshelfer. Auch Freiwillige, die ein soziales Jahr oder den Bundesfreiwilligendienst absolvieren, werden für die Integrationshilfe eingesetzt. Diese Personengruppen haben keinen pädagogischen Abschluss. Entsprechend ist die Bezahlung dieser Personen deutlich geringer als die Bezahlung von Integrationshelfern, die eine pädagogische Ausbildung oder ein pädagogisches bzw. psychologisches Studium absolviert haben. Es kann somit grundsätzlich zwischen ‚Nicht-Fachkräften‘ und Fachkräften unterschieden werden. Aufgrund der Begrenzung der Tätigkeit im Rahmen von Praktika und Freiwilligendiensten ist bei den Kräften ohne Abschluss die Kontinuität der Betreuung nicht gewährleistet. Teilweise werden hiervon noch angelernte Kräfte unterschieden. Das Verhältnis dieser Personengruppen in der Integrationshilfe hängt nicht zuletzt mit den Zielen und Standards der Kommunen zusammen. In Kommunen, die derzeit noch hohe Standards aufweisen, rechnen diese bei steigendem Bedarf an Integrationshilfe damit, dass diese nicht überall gehalten werden können – zum einen aus finanziellen Gründen, zum anderen durch möglichen Fachkräftemangel. Aufgrund der Einzelfallprüfung ist davon auszugehen, dass es Unterschiede zwischen den Kommunen gibt, wie viele Integrationshelfer für einen bestimmten Förderbedarf genehmigt werden. Es lassen sich dennoch Annahmen treffen, wie groß der Anteil an Schüler ist, die Integrationshilfe erhalten. Zwar ist es bislang die Regel, dass ein Integrationshelfer je Schüler zugewiesen wird, dennoch ist bei einigen Behinderungsarten auch eine Poollösung denkbar, bei der mehrere Schüler von einem Integrationshelfer betreut werden können. Darüber hinaus ist zu beachten, dass die Betreuungszeit der Integrationshelfer erheblich variieren kann. Gewährt werden Betreuungszeiten von einigen Stunden in der Woche bis zu einer Vollzeitbetreuung in Abhängigkeit von der Behinderungsart und -schwere. Eine Tätigkeitsbeschreibung und der Bedarf werden von den Eltern, ggf. unterstützt durch die Schule, bei der Beantragung der Integrationshilfe vorgelegt. Die Eltern haben gemäß § 9 SGB IX auch ein Wunsch- und Wahlrecht bei der Auswahl eines Integrationshelfers („Bei der Entscheidung über die Leistungen und bei der Ausführung der Leistungen zur Teilhabe wird berechtigten Wünschen der Leistungsberechtigten entsprochen. […] Den besonderen Bedürfnissen behinderter Mütter und Väter bei der Erfüllung ihres Erziehungsauftrages sowie den besonderen Bedürfnissen behinderter Kinder wird Rechnung getragen“). Erfahrungswerte einzelner Kommunen zum Jahresgehalt eines Integrationshelfer belaufen sich auf 15.000 bis 30.000 Euro. Für den Stundenlohn lassen sich unterschiedliche Spannen je nach Qualifikation finden. In der Stadt Essen liegt der Stundensatz für Nicht-Fachkräfte bei 16,50 Euro, während für Fachkräfte 33,34 Euro anfallen. Im Vergleich mit anderen Kommunen liegt Essen im mittleren Bereich. Der Einsatz von Fachkräften in der Integrationshilfe ist jedoch selten: In nur ca. 3-5 Prozent der Fälle übernehmen Fachkräfte die Integrationshilfe. Der zeitli66 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten che Betreuungsumfang variiert nach den Förderbedarfen der Kinder und Jugendlichen. Für die Förderschwerpunkte Körperlich-motorische Entwicklung und Geistige Entwicklung ist die wöchentliche Stundenzahl für die Betreuung relativ hoch einzuschätzen: 15-20 Stunden je Fall werden hier seitens der Kommunen angenommen, bei Kindern mit Lern- und Entwicklungsstörungen werden 10-15 Stunden angenommen. Mit Hilfe der bisherigen Ausgaben und Fallzahlen lässt sich für die Stadt Essen ein Durchschnittswert für Integrationshilfe je Fall angeben: Seit 2009 wurden jährlich je Fall zwischen ca. 10.900 und 11.700 Euro bezahlt; im Durchschnitt sind es 11.364 Euro. Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der benötigten Integrationshelfer nicht unerheblich sein wird bzw. zunimmt, wenn Kinder und Jugendliche mit Unterstützungsbedarf zunehmend in allgemeinen Schulen unterrichtet werden. Im Kreis Borken werden aktuell Integrationshelfer für neun Kinder vom Kreisjugendamt bezahlt, die Ausgaben liegen zwischen 8.000 und 14.000 Euro. Hinzu kommen sieben Schüler in der Stadt Borken mit 6.000 bis 11.000 Euro und in der Stadt Bocholt sind es 16 Fälle mit Ausgaben in Höhe von 7.000 bis 30.000 Euro. Weitere 51 Schüler erhalten Integrationshilfe, die vom Kreissozialamt bezahlt wird. Mit Ausnahme von einem Kind, für das nur ca. 900 Euro verausgabt werden, liegt die Spanne hier zwischen 4.900 und 21.000 Euro pro Fall. Die durchschnittlichen Ausgaben je Fall liegen im Kreis Borken bei 10.836 Euro und somit nahe an dem Durchschnittsbetrag von 11.364 Euro in Essen. Dabei liegen die Ausgaben für die einzelne Kommune ggf. unter oder über diesem Durchschnittswert (zwischen 8.800 Euro bei der Stadt Borken und 14.100 bei der Stadt Bocholt). Das Kreissozialamt des Kreises Borken verausgabt durchschnittlich 10.100 Euro je Fall, beim Kreisjugendamt sind es 9.600 Euro. Insgesamt werden somit vom Kreis Borken (ohne Berücksichtigung der Jugend- und Sozialämter in den kreisangehörigen Städten) von den unterschiedlichen Kostenträgern in 83 Fällen Integrationshelfer bezahlt, in 22 Fällen befinden sich die Schüler an Förderschulen. Mit 8% ist der Anteil an Schülern, denen Fachkräfte zur Seite gestellt werden, auch hier eher klein, liegt aber etwas über dem entsprechenden Anteil in der Stadt Essen. Für den Kreis Borken konnte zudem die besuchte Schulart ermittelt werden. Dabei stellt sich heraus, dass ein Großteil der Schüler mit Integrationshilfe an Grundschulen gemeinsam unterrichtet wird: Im Kreis Borken werden 73% im gemeinsamen Unterricht, insbesondere an Grundschulen (55%), unterrichtet. 27% der Schüler, die Integrationshilfe erhalten, sind an den Förderschulen zu finden. Der große Anteil der Integrationshelfer in Grundschulen ist ein deutliches Indiz dafür, dass Integrationshilfe bei der Teilnahme an inklusiver Beschulung zunimmt und entsprechend weiter zunehmen wird. Allerdings liegen nur wenige Informationen dazu vor, wie sich die Inanspruchnahme nach den sonderpädagogischen Bedarfen der Kinder und Jugendlichen verteilt. So ist für die Förderschwerpunkte Lernen und Sprache eine Integrationshilfe nach SGB VIII oder XII nicht vorgesehen. Jedoch zeigt die Erfahrung aus den Kommunen, dass auch bei Lernbehinderungen Integrationshilfe sinnvoll ist und eingesetzt wird. Zu den Schülern 67 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten mit Förderschwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung zählen auch autistische Kinder, die eine intensive Betreuung durch Integrationshelfer benötigen. Jedes dieser Kinder wird vermutlich Assistenz durch Integrationshilfe in Anspruch nehmen müssen. Eine Schätzung seitens der Kommunen für den gesamten Förderschwerpunkt liegt bei einer Betreuungsquote von einem Integrationshelfer für jeden dritten Schüler mit diesem Förderbedarf. Bei Kindern und Jugendlichen mit Sinnesschädigungen oder Sinnesbeeinträchtigungen sind Integrationshilfen zum Nachteilsausgleich besonders relevant. Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf im Bereich Hören und Kommunikation bedürfen oftmals Unterstützung zur Visualisierung. Dabei sind Integrationshelfer besonders dienlich, wenn sie Gebärdensprache beherrschen. Sehbehinderte Schüler können z. B. durch Verbalisierung und Verschriftlichung unterstützt werden. Eine vorsichtige Schätzung ist, dass jeder zweite Schüler Unterstützung durch Integrationshilfe benötigt. Die Inanspruchnahme eines Integrationshelfers durch Schüler mit Förderbedarf im Bereich der Körperlich-motorischen Entwicklung variiert entsprechend der Möglichkeit, dass diese Personen zugleich pflegerische Aufgaben wahrnehmen. Grundsätzlich benötigen alle Schüler mit diesem Förderschwerpunkt Unterstützung. Oftmals werden hierfür jedoch spezielle therapeutische und medizinische Fachkräfte benötigt, die gegebenenfalls (anteilig) von den Krankenkassen finanziert werden. Daher liegen die Schätzungen für den Bedarf an Integrationshilfe bei 30 bis 100%. Für den Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung ist ebenso wie bei autistischen Schüler anzunehmen, dass jedes Kind Integrationshilfe benötigt. Dies liegt u. a. daran, dass sie in der Regel ein mangelndes Gefahrenbewusstsein haben. Für die Kostenabschätzung wird jedoch nicht nur die Information benötigt, in welchem Maße Kinder und Jugendliche mit einem spezifischen Förderbedarf Integrationshilfen in Anspruch nehmen, sondern auch, inwiefern diese Inanspruchnahme höher ausfällt, wenn die Schüler eine allgemeine Schule statt eine Förderschule besuchen. Diese Information liegt lediglich für die Stadt Dortmund und auch nur für den Bereich der Sozialhilfe vor. Hier zeigt sich, dass zu der zusätzlichen Inanspruchnahme von Integrationshilfen in den Schwerpunkten der Lern- und Entwicklungsstörungen, Sehen sowie Hören und Kommunikation aufgrund geringer Fallzahlen keine Aussagen möglich sind. Sie werden daher bei der Kostenschätzung nicht berücksichtigt. Für die Förderschwerpunkte Körperlich-motorische Entwicklung und Geistige Entwicklung ergeben die Zahlen, dass die Inanspruchnahme von Integrationshilfen bei Besuch einer allgemeinen Schulen um rund 50% höher ausfällt als bei Besuch einer Förderschule (rund 63% zu 12% bei Förderschwerpunkt Körperlich-motorische Entwicklung, rund 71% zu 22% bei Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung). Auch wenn dies zu einer vermutlich erheblichen Unterschätzung der zusätzlichen Kosten des Sozialhilfeträgers führt, werden die Mehrkosten nur für Schüler mit einem dieser beiden Förderbedarfe geschätzt und mögliche zusätzliche Ausgaben des Jugendhilfeträgers aufgrund der fehlenden Informationen nicht berücksichtigt. Angesetzt 68 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten wird eine Fallpauschale je Integrationshelfer in Höhe von 11.000 Euro pro Jahr, die sich aus den bereits berichteten Durchschnittsausgaben der Beispielkommunen ergibt. 3.3 Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Die Abschätzung der kommunalen Folgekosten, die mit der Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetzes verbunden wären, erfordert es, die in Abschnitt 3.2 beschriebenen kommunalen Kosten so zu systematisieren und zeitlich abzugrenzen, dass sie tatsächlich als durch den intendierten Entwicklungsprozess verursachte Mehrkosten verstanden werden können. Hierzu dient zunächst die Status Quo-Prognose bis zum Schuljahr 2019/20 (vgl. Abschnitt 3.1.2), die für jedes betrachtete Schuljahr die Referenzgrößen im Hinblick auf die Schülerzahlen und die Klassenbildung angibt. Die durch die sukzessive Erhöhung der Inklusionsquote erreichbare, zunehmende Unterrichtung der Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen wird grundsätzlich als Differenz zu dieser Referenzgröße bestimmt. Gleiches gilt für die Zahl der zu bildenden Klassen, wobei in den Simulationen drei verschiedene Varianten für die Klassenbildung unterstellt werden (vgl. Abschnitt 3.1.5). Aus der Zahl der Klassen ergibt sich die Zahl der benötigten Unterrichtsräume und - als Differenz zu den im Schulgebäude verfügbaren Räumen - die Zahl der Räume, die für einen Umbau zu z. B. einem Differenzierungs- oder Fachraum zur Verfügung stehen. Bereits in der Basisvariante, bei der sich die Klassenbildung an den Klassenbildungswerten der gültigen Verordnung orientiert, können Fälle auftreten, in denen die verfügbaren Unterrichts-/ Klassenräume für die Unterrichtung aller Klassen nicht ausreichen und zusätzliche Klassenräume errichtet werden müssen. Die hieraus resultierenden Investitionskosten werden berechnet und für die beiden Beispielkommunen berichtet. Inwiefern es sich bei den Kosten für zusätzliche Unterrichtsräume in der Basisvariante zur Klassenbildung um eine reformbedingte Zusatzlast handelt, ist letztlich rechtlich zu klären und nicht Gegenstand des Gutachtens. Die kommunalen Mehrkosten werden grundsätzlich nach den Kostenarten und den Simulationsvarianten getrennt dargestellt, um einen systematischen Vergleich der in den Varianten jeweils entstehenden Mehrkosten zu ermöglichen. Hinsichtlich des Ausbaustandes der Schulen im Hinblick auf die räumliche Ausstattung und die Barrierefreiheit der Schulen wird als Referenzzeitpunkt das aktuelle Schuljahr 2012/13 gewählt, d. h. kommunale Investitionen, die bis zum Schuljahr 2012/13 getätigt wurden, bleiben unberücksichtigt. Auch in der Fortschreibung unter Status Quo-Annahmen bis zum Schuljahr 2019/20 befinden sich Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen. Diese Fälle von Integration sind nicht auf das 9. Schulrechtsänderungsgesetz zurückzuführen und bleiben bei der Schätzung der kommunalen Mehrkosten unberücksichtigt. So werden z. B. Investitionsbedarfe in die Barrierefreiheit von Schulen (z. B. Rampen oder Aufzüge) nur dann in den Berechnungen 69 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten berücksichtigt, wenn eine Schule erstmals oder zusätzlich Schüler mit dem betreffenden Förderbedarf (z. B. im Bereich der Körperlichen und motorischen Entwicklung) aufnimmt. In Kooperation mit den Schulträgern in den Beispielkommunen (Stadt Essen und Kreis Borken) wurde der Status Quo in Form von Informationen zur räumlichen und sächlichen Ausstattung der Schulen zum aktuellen Schuljahr erhoben. Die Eignung der Schulstandorte wurde dahingehend beurteilt, ob an ihnen Schüler mit Förderbedarf aufgenommen werden können. Diese Beurteilung erfolgt getrennt nach den sonderpädagogischen Förderbedarfen, wobei die Bedarfe Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung sowie Sprache zu den Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) zusammengefasst wurden. Die dieser Beurteilung zugrunde liegenden Kriterien nach Förderbedarf orientieren sich an den in Abschnitt 3.2 beschriebenen Anforderungen an Schulstandorte im Hinblick auf die angemessene Raumausstattung und die Barrierefreiheit des Schulgebäudes. Die Erhebung der an den einzelnen Schulstandorten verfügbaren Räume ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung unabdingbar, da durch den Rückgang der Schülerzahlen bereits jetzt, aber auch in Zukunft Räume ungenutzt bleiben, die dann für zusätzliche Klassen, für Differenzierungs- bzw. Mehrzweckräume und in der Sekundarstufe I auch für Fachräume für den zieldifferenten Unterricht genutzt werden können. Die Nutzung der bestehenden Räume und Gebäude, die ohne das 9. Schulrechtsänderungsgesetz nicht mehr genutzt und damit auch nicht von den Kommunen unterhalten werden müssten, beschreibt die Entlastung der Kommunen, die nicht realisiert werden kann. Diese Opportunitätskosten dürfen bei der Analyse der entstehenden Kosten nicht unberücksichtigt bleiben. Neben den notwendigen Investitionen in die sächliche und räumliche Ausstattung der Schulen ist auch zu beachten, ob durch die zunehmende Beschulung von Schülern mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen höhere laufende Kosten beim kommunalen Schulträger anfallen. Denn würde ein Schüler anstatt eine Förderschule in kommunaler Trägerschaft eine allgemeinen Schule in kommunaler Trägerschaft besuchen, so fallen beim kommunalen Schulträger nur dann zusätzliche Kosten an, wenn die Beschulung an der allgemeinen Schule höhere Kosten verursacht als an der Förderschule. Diese Frage wurde bereits im Zusammenhang mit einzelnen Kostenarten in Abschnitt 3.2 diskutiert. Eindeutige Fälle liegen immer dann vor, wenn der Schüler alternativ zur allgemeinen Schule eine Schule der Landschaftsverbände besuchen würde, sich die Schulträgerschaft damit ändert und die mit der Beschulung dieses Schülers verbundenen, relevanten Kosten in die Ausgabenverantwortung der Kommune übergehen, die Träger der allgemeinen Schule ist. Dies gilt umso mehr, wenn es bei einer betrachteten Kommune um eine kreisfreie Stadt handelt. Im Fall eines Kreises sind jedoch auch die Kostenverschiebungen innerhalb des Kreises relevant, d. h. Kostenverschiebungen zwischen dem Kreis als Schulträger und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie zwischen den kreisangehörigen Städten und Gemeinden untereinander. Mögliche Kostenverschiebungen zwischen öffentlichen und privaten Schulträgern können jedoch nicht berücksichtigt werden (vgl. Abschnitt 3.1.1). 70 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Die Vorgehensweise zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten lässt sich wie folgt darstellen: Basierend auf der Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen werden in einem weiteren Schritt die Schulen (Grundschulen, Schulen der Sekundarstufe I), die Klassenstufen je Schule und die Schüler mit Förderbedarf (nach Art des Förderbedarfs) bestimmt, die in den einzelnen Schuljahren 2013/14 bis 2019/20 mit Inklusion befasst wären, da sie – im Fall der Schulen und Stufen - zusätzlich oder erstmalig Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen oder – im Fall der Schüler – die allgemeine Schule anstatt der Förderschule besuchen. Diese Positionen bilden die Bezugsgrößen für die einzelnen Kostenarten, die im vorangegangenen Abschnitt beschrieben wurden, sofern sie im oben beschriebenen Sinne relevant werden. In einem letzten Schritt wird dann berücksichtigt, dass mit der Zunahme der Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen die Zahl der Schüler an Förderschulen in gleichem Maße sukzessiv zurückgeht. Dann ist zu prüfen, inwiefern hierdurch Ressourcen freigesetzt würden, die für das allgemeine Schulsystem und den Gemeinsamen Unterricht genutzt werden können. Die nachfolgende Aufstellung (vgl. Tabelle 12) gibt einen Überblick zu den relevanten Kostenarten nach Förderbedarfen, den Bezugsgrößen und der voraussichtlichen Fälligkeit der Ausgaben (einmalig bzw. laufend pro Jahr) und fasst damit die Annahmen zu den einzelnen Kostenpositionen, die in Abschnitt 3.2 beschrieben wurden, und zu deren geschätzter Höhe (je Schüler, je Schule etc.) noch einmal zusammen. 71 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Tabelle 12: Schätzungen zu den kommunalen Folgekosten nach Kostenart, Bezugsgröße, Fälligkeit und Förderbedarf Förderbedarf (des Schülers bzw. Betroffenheit der Schule) Kostenart Bezugsgröße Lehr-/ Lernmittel Schüler Lernen Emotionale und soziale Wirkung# Fälligkeit (LE) Entwicklung (ES) Sprache (SQ) Geistige Entwicklung Körperlich-motorische (GG) Entwicklung (KM) Hören und Kommuni- Sehen kation (HK) (SE) + Einmalig --- --- --- ↔ Laufend --- --- Schüler ↔/+ Laufend Herstellung von Barrierefreiheit* Schule + Einmalig Schule/ Klassen + Einmalig Umgestaltung/Umbau zu Differenzierungs-/Mehrzweckraum :10.000 Schule + Einmalig t. n. z. Schule + Einmalig Fachraum für zieldifferenten Unterricht (nur Sekundarstufe I): 10.000 Schule + Einmalig Klassen-/Mehrzweck-/Fachraum: 120.000 Schüler + Laufend 2.000 (Primarstufe) 4.000 (Sekundarstufe I) Zu schaffender Raum in Schulen* Ganztagsbetreuung2 5.000 36 (Primarstufe)/78 (Sekundarstufe I) falls Kommune nicht Träger der alternativen Förderschule ist [+] 700 falls Kommune nicht Träger der alternativen Förderschule ist; 2.500 falls Kommune nicht Träger der alternativen Fördersonst Entlastung des kommunalen Schulträgers: schule ist; Kreisfreie Stadt: [-] 470 sonst: keine Be-/Entlastung Kreis: [-] (700 * Reduktion Schulweg in %) Zugang (Rampe): 20.000 Hygienebereich1: Aufzug (inkl. barrierefreier Zugang ------10.000 zum Schulgebäude): 100.000 Hygienebereich1: 10.000 Schülerbeförderung Räumliche Ausstattung* --- t. n. z. t. n. z. Therapie-/Pflegeraum1: 10.000 600 falls Kommune nicht Träger der alternativen Förderschule ist; sonst: keine Be-/ Entlastung 10.000 10.000 t. n. z. t. n. z. Schulpsychologie Schule + Laufend 15.000 (25% v. 60.000) je Schule mit mindestens vier Schülern (Primarstufe) bzw. mindestens sechs Schülern (Sekundarstufe I) mit Förderbedarf Schulsozialarbeit Schule + Laufend 45.000 je Schule mit mindestens vier Schülern (Primarstufe) bzw. mindestens sechs Schülern (Sekundarstufe I) mit Förderbedarf Integrationshilfen Schüler + Laufend k. A. k. A. k. A, 11.000 (Zunahme der bewilligten Anträge um 50%) k. A. k. A. Quelle: Eigene Recherchen, eigene Zusammenstellung Hinweise: ---: Keine zusätzlichen Kosten beim Träger der allgemeinen Schule anzunehmen; k. A.: Zusätzliche Kosten anzunehmen, können jedoch nicht geschätzt werden; t .n. z: Trifft nicht zu, hier fällt grundsätzlich kein Investitionsbedarf an; *Investition erforderlich falls Schule Schüler mit Förderbedarf X aufnimmt und Anforderungen an Ausstattung nicht erfüllt sind; 1Bei gleichzeitigem Vorliegen mehrerer Förderbedarfe (GG, KM) an den einzelnen Schulen werden die Anforderungen/Investitionen nur einfach berücksichtigt; 2Ausstattung der Schule mit Ganztagsbereich vorausgesetzt; zur Folgekostenabschätzung für die Einrichtung eines Ganztagsbereichs, vgl. Abschnitt 3.2.1; #Wirkungsrichtung der Mehrkosten: + erzeugt zusätzliche kommunale Kosten, ↔ Umverteilung von Kosten zwischen kommunalen Schulträgern (Städte, Gemeinden, Kreise) 72 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten 3.4 Zur Auswahl der beispielhaft untersuchten Kommunen Die Abschätzung der kommunalen Kosten, die aus der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich in Nordrhein-Westfalen folgen würden, erfolgt beispielhaft für die kreisfreie Großstadt Essen und den eher ländlich strukturierten und im Vergleich dünner besiedelten Kreis Borken (vgl. Tabelle 13). Die Wahl fiel aus mehreren Gründen auf diese zwei Kommunen: Zunächst sollte eine kreisfreie Stadt und ein Kreis gewählt werden, um die Auswirkungen der Inklusion von dem Hintergrund der Schulträgerschaft beleuchten zu können. Denn während in kreisfreien Städten in der Regel die Trägerschaft der öffentlichen Förderschulen und der allgemeinen Schulen zusammenfällt, sind in Kreisen die kreisangehörigen Städte und Gemeinden die Träger der allgemeinen Schulen (von Ausnahmen bei den Gesamtschulen abgesehen), während die Trägerschaft der Förderschulen häufig beim Kreis liegt. Folglich stellen sich die Herausforderungen des Inklusionsprozesses und die bisherigen Erfahrungen mit sonderpädagogischer Förderung für kreisangehörige Städte und Gemeinden gänzlich anders dar als für kreisfreie Städte. Von zentraler Bedeutung ist auch die unterschiedliche Ausgangssituation, in der sich beide Kommunen im Hinblick auf den Rückgang der Schülerzahlen befinden. Während die Stadt Essen diesbezüglich die ‚Talsohle‘ bereits durchschritten hat und insbesondere für die Grundschulen in den nächsten Jahren mit konstanten Anmeldezahlen rechnen kann, sind für den Kreis Borken weiterhin rückläufige Schülerzahlen in allen Schulstufen zu erwarten. So wird z. B. für die erste Jahrgangsstufe (Einschulungen) erwartet, dass die Schülerzahlen im Schuljahr 2019/20 im Vergleich zum aktuellen Schuljahr um 10 Prozentpunkte zurückgehen, d. h. die Einschulungen werden 90% des Wertes des aktuellen Schuljahres betragen. Für die Jahrgangsstufe 7 wird für 2019/20 sogar ein Rückgang auf rund 86% des diesjährigen Wertes erwartet. Hieraus folgt unmittelbar die Erwartung, dass im Kreis Borken die Effekte der demografischen Entlastung, die sich durch freigesetzte Ressourcen aufgrund rückläufiger Schülerzahlen im Schulsystem ergeben, deutlich stärker ausfallen als in der Stadt Essen. Die Kommunen sollten insgesamt hinsichtlich der Bevölkerungsdichte, der Altersstruktur der Bevölkerung und der Wirtschaftskraft möglichst verschieden sein, um Stand und Umsetzung der Inklusion im Schulbereich auch vor dem Hintergrund der regionalstrukturellen Variation in Nordrhein-Westfalen beschreiben zu können. So sind die Ergebnisse der vorliegenden Studie auch vor dem Hintergrund der jeweiligen kommunalen Haushaltslage zu beurteilen. Die Kredite und Schulden der Stadt Essen, die zu den Haushaltssicherungskommunen in NRW zählt, beliefen sich im Jahr 2012 auf rund 6.669 Euro je Einwohner, in Borken auf nur 1.030 Euro pro Einwohner (Landesdurchschnitt: 3.256 Euro lt. IT.NRW) und es liegt die Vermutung nahe, dass im Kreis Borken die finanziellen Gestaltungsspielräume, auch für Investitionen in ein inklusives Schulsystem, größer sind als in der Stadt Essen. 73 3. Methodisches Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten Tabelle 13: Ausgewählte Kennzahlen zur regionalstrukturellen Einordnung der beiden Beispielkommunen Essen, kreisfreie Stadt Borken, Kreis (17 kreisangehörige Städte und Gemeinden) 573.468 369.107 2.726,40 260,0 19.064 18.859 42.939,319 25.641,58 12,5 4,2 6.669 1.030 Bevölkerungsstand (Einwohner), 31.12.2011 Bevölkerungsdichte (Einwohner je km2), 31.12.2011 Verfügbares Einkommen der privaten Haushalte je Einwohner, 2009 (in EUR) Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, 2009 (in EUR) Arbeitslosenquote bezogen auf alle Erwerbspersonen, 2012 (in %) Kredite und Schulden je Einwohner (in EUR, 31.12.2012) Quellen: Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen (IT.NRW), Landesdatenbank NRW (abgerufen am 29.05.2013) Die Stadt Essen, der Kreis Borken, die kreisangehörigen Städte und Gemeinden des Kreises Borken sowie der Landschaftsverband Rheinland und der Landschaftsverband Westfalen-Lippe haben umfangreiche Informationen zur Verfügung gestellt, die es zusammen mit dem beim Landesbetrieb Information und Technik Nordrhein-Westfalen verfügbaren Schulverzeichnis und den recherchierten, potenziellen Folgekosten der Inklusion ermöglichen, eine beispielhafte Folgekostenabschätzung für diese Kommunen vorzunehmen. 74 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Nachdem in Kapitel 3 das methodische Vorgehen zur Abschätzung der kommunalen Folgekosten, die sich aus der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes ergeben würden, dargestellt wurde, erfolgt in diesem Abschnitt die Beschreibung der Ergebnisse für die Stadt Essen. Ausgehend von dem Stand der sonderpädagogischen Förderung, wie er sich in Essen im aktuellen Schuljahr 2012/13 darstellt (vgl. Abschnitt 4.1), wird dieser Status Quo mit der Schülerprognose bis in das Schuljahr 2019/20 fortgeschrieben (vgl. Abschnitt 4.2). In Abschnitt 4.3 werden dann die schulorganisatorischen Konsequenzen, die sich aus der Erhöhung der Inklusionsquote ergeben, simuliert und besonders mit Blick auf die Schülerzahlen (nach spezifischem Förderbedarf), die Zahl der zu bildenden Klassen und die resultierenden Klassengrößen beschrieben. Dabei werden in den Modellrechnungen unterschiedliche Varianten zur Klassenbildung zugrunde gelegt (vgl. dazu Abschnitt 3.1.5). Die Ergebnisse der Modellrechnungen stellen bezüglich der Zusammensetzung der Schüler hinsichtlich ihrer Förderbedarfe und der pädagogischen Standards zur Klassenbildung mögliche, alternative Entwicklungen an den öffentlichen Schulen in Essen bis zum Schuljahr 2019/20 dar, jeweils unter der Bedingung, dass das 9. Schulrechtsänderungsgesetz in der aktuell vorliegenden Fassung umgesetzt wird. Diese möglichen Konsequenzen dieser Entwicklungen hinsichtlich der notwendigen räumlichen, sächlichen und personellen Ausstattung der Schulen werden in Abschnitt 4.4 mit den in Tabelle 12 dargestellten Kosten bewertet.48 4.1 Stand der sonderpädagogischen Förderung Im Schuljahr 2012/13 werden an öffentlichen Schulen in Essen insgesamt 45.672 Schüler in der Primarstufe und der Sekundarstufe I unterrichtet (vgl. Tabelle 14). 3.690 Schüler haben einen sonderpädagogischen Förderbedarf, das entspricht einem Anteil von rund 8% aller hier betrachteten Schüler. Damit liegt die Förderquote um rund einen Prozentpunkt über dem landesweiten Durchschnitt für das Jahr 2012 (vgl. Abbildung 2 auf Seite 15). An Förderschulen werden 2.976 Schüler, also rund 81% aller Schüler mit Förderbedarf, unterrichtet, d. h., die Förderschulbesuchsquote liegt unter dem Landesdurchschnitt (rund 84% im Schuljahr 2010/11, vgl. Abschnitt 2.1). Der Anteil der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf liegt an allgemeinen Schulen lediglich bei 1,67%. Wie auch landesweit zu beobachten, haben in Essen von den Schülern mit Förderbedarf die meisten Bedarfe im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen (LES); 2.717 von 3.690 Schülern (rd. 74%). Unter den in Essen an öffentlichen Schulen unter- 48 Die Fortschreibung des Status Quo sowie die Simulation erfolgen auf Basis der genauen Schülerzahlen, differenziert nach Förderbedarf. Für die Darstellung der Ergebnisse werden in den Tabellen alle Fallzahlen < 3, die die IstSituation betreffen, zu 3 aufgerundet. Hierdurch können die berichteten Integrationsquoten, insbesondere bei selten auftretenden Förderbedarfen, geringfügig zu hoch ausfallen. Diese Quoten sollten daher nicht überbewertet werden. 75 4. Ergebnisse für die Stadt Essen richteten Schülern mit Förderbedarf sind Sehbehinderungen besonders selten (12 Schüler). Dies ist darauf zurückzuführen, dass sehbehinderte Schüler überwiegend an Schulen des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) außerhalb von Essen unterrichtet werden. In Essen selbst finden sich eine Schule für Kranke und 20 öffentliche Förderschulen, von denen 16 in städtischer Trägerschaft sind (drei mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung, elf mit Schwerpunkten im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen, eine Förderschule Sprache im Primarbereich und eine Förderschule mit Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung in der Sekundarstufe). Daneben unterhält der LVR in Essen vier Förderschulen, eine mit dem Schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung, zwei mit dem Schwerpunkt Hören und Kommunikation (für die Primar- und Sekundarstufe getrennt) und eine Förderschule mit Schwerpunkt Sprache (nur Sekundarstufe). Tabelle 14: Schüler an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen in Essen nach Schulstufe und Förderbedarf, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 Absolut Anzahl Schüler Förderschule Allgemeine Schule SekSekPrimar- undar- Primar- undarstufe stufe I stufe stufe I 986 1.990 18.548 24.148 Insgesamt SekPrimar- undarstufe stufe I 19.534 26138 Insgesamt AllgeFördermeine schule Schule 2.976 42.696 Gesamt 45.672 mit Förderbedarf 986 1.990 433 281 1.419 2.271 2.976 714 3.690 mit spF LES 599 1.524 349 245 948 1769 2.123 594 2.717 mit spF GG 194 243 39 3 233 246 437 42 479 mit spF HK 100 98 10 9 110 107 198 19 217 mit spF KM 93 125 30 17 123 142 218 47 265 mit spF SE 0 0 5 7 5 7 0 12 12 ohne Förderbedarf 0 0 18.115 23.867 18.115 23.867 0 41.982 41.982 Insgesamt AllgeFördermeine schule Schule 100,00 1,67 Gesamt 8,08 Förderschule Allgemeine Schule SekSekPrimar- undar- Primar- undarstufe stufe I stufe stufe I mit Förderbedarf 100,00 100,00 2,33 1,16 Anteil an allen Schülern (in %) Insgesamt SekPrimar- undarstufe stufe I 7,26 8,69 mit spF LES 60,75 76,58 1,88 1,01 4,85 6,77 71,34 1,39 5,95 mit spF GG 19,68 12,21 0,21 0,01 1,19 0,94 14,68 0,10 1,05 mit spF HK 10,14 4,92 0,05 0,04 0,56 0,41 6,65 0,04 0,48 mit spF KM 9,43 6,28 0,16 0,07 0,63 0,54 7,33 0,11 0,58 mit spF SE 0,00 0,00 0,03 0,03 0,03 0,03 0,00 0,03 0,03 ohne Förderbedarf 0,00 0,00 97,67 98,84 92,74 91,31 0,00 98,33 91,92 Quelle: Stadt Essen; eigene Berechnung Hinweise: Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; spF: sonderpädagogischer Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen. 76 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Die Stadt Essen ist zum Schuljahr 2012/13 Träger von insgesamt 130 allgemeinen Schulen, hiervon sind 87 Grundschulen49, fünf Hauptschulen, 13 Realschulen, acht Gesamtschulen und 17 Gymnasien (vgl. Tabelle 15). Bezogen auf den Gemeinsamen Unterricht von Kindern und Jugendlichen mit und ohne Förderbedarf sind die Hauptschulen zu diesem Schuljahr am besten aufgestellt: 4 von 5 Hauptschulen bieten bereits Gemeinsamen Unterricht bzw. Integrative Lerngruppen an, in denen insgesamt 88 Schüler mit Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) unterrichtet werden – dies entspricht 4,8% aller Schüler an Hauptschulen. An 6 der 8 Gesamtschulen werden 141 Schüler integrativ unterrichtet. Während an den weiterführenden Schulen hauptsächlich Schüler mit Lern- und Entwicklungsstörungen gemeinsam unterrichtet werden, findet sich an den 43 integrativen Grundschulen die gesamte Bandbreite der sonderpädagogischen Förderbedarfe. So werden an den Grundschulen in Essen auch 39 Kinder mit Förderbedarf Geistige Entwicklung und 30 Kinder mit Förderbedarf im Bereich der Körperlichen und motorischen Entwicklung unterrichtet. Die geringste Integrationstätigkeit weisen die Gymnasien auf. Nur 6 der 17 Schulen bieten gemeinsamen Unterricht an, auf sie entfallen insgesamt lediglich 19 Schüler mit Förderbedarf. Tabelle 15: Schulen mit und Schüler im Gemeinsamen Unterricht in Essen nach Schulform, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 Schulen Schulform GS Insgesamt 87 Schüler Schüler nach Förderbedarf mit GU 43 Insgesamt 18.548 mit Förderbedarf 433 LES 349 GG 39 HK 10 KM 30 SE 5 HS 5 4 1.832 88 88 0 0 0 0 RS 13 10 6.849 35 28 0 4 3 0 GES 8 6 7.335 141 116 3 3 15 4 GYM 17 6 8.132 19 13 0 3 0 3 Gesamt 130 69 42.696 716 594 42 20 48 12 Schulen Schüler Insgesamt 87 Anteil mit GU 49,43 Insgesamt 18.548 HS 5 80,00 RS 13 76,92 GES 8 GYM Gesamt Schulform GS Anteil an Schülern mit Förderbedarf Anteil mit Förderbedarf 2,33 LES 80,60 GG 9,01 HK 2,31 KM 6,93 SE 1,15 1.832 4,80 100,00 6.849 0,51 80,00 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 11,43 8,57 0,00 75,00 7.335 1,92 82,27 2,13 2,13 10,64 2,84 17 35,29 8.132 0,23 68,42 0,00 15,79 0,00 15,79 130 53,08 42.696 1,68 82,96 5,87 2,79 6,70 1,68 Quelle: Stadt Essen; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; GU: Gemeinsamer Unterricht; Schulformen: GS: Grundschulen, HS: Hauptschulen, RS: Realschulen, GES: Gesamtschulen, GYM: Gymnasien; Förderbedarf: LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen; GU: Gemeinsamer Unterricht; Fallzahlen < 3 zu 3 aufgerundet. 49 Darunter befinden sich drei Grundschulen, die keine Schüler mehr aufnehmen, da sie auslaufen. 77 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Wird der Stand der Integration nun aus Sicht der Schüler mit Förderbedarf betrachtet, so ist zunächst die relevante Bezugsgröße zu bestimmen. Als Bezugsgröße wird im Folgenden die Referenzstichprobe gewählt, die alle Schüler mit Förderbedarf umfasst, welche in Essen wohnen und innerhalb Essens eine allgemeine Schule oder eine Förderschule in öffentlicher Trägerschaft (Stadt Essen oder LVR) oder eine Schule des LVR außerhalb von Essen besuchen.50 Dann berechnet sich die Integrationsquote als der Anteil der Referenzstichprobe, der bereits an allgemeinen Schulen unterrichtet wird. Für Schüler mit Förderbedarf in der Primarstufe beträgt die Integrationsquote zum Schuljahr 2012/13 insgesamt (über alle Förderbedarfe) 32,96%, in der Sekundarstufe I 13,47% (vgl. Tabelle 16). Die höchste Integrationsquote wird in der Primarstufe bei Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen erreicht (41,45%). Für Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung fällt sie sowohl in der Primarstufe als auch in der Sekundarstufe I am niedrigsten aus (16,88% bzw. 1,23%). Tabelle 16: Schüler im Gemeinsamen Unterricht und Integrationsquote in der Primarstufe und der Sekundarstufe I an allgemeinen öffentlichen Schulen in Essen, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 Schulstufe Primarstufe Sekundarstufe I Insgesamt Kennzahl Schüler bereits in GU Referenzstichprobea) Integrationsquote Schüler bereits in GU Referenzstichprobea) Integrationsquote Schüler bereits in GU Referenzstichprobea) Integrationsquote LES 349 842 41,45 245 1.628 15,05 594 2.470 24,05 Förderbedarf GG KM HK 39 30 10 231 127 48 16,88 23,62 20,83 3 17 9 243 153 46 1,23 11,11 19,57 42 47 19 474 280 94 8,86 16,79 20,21 SE 5 17 29,41 7 16 43,75 12 33 36,36 Summe GG-SE 84 423 19,86 36 458 7,86 120 881 13,62 Gesamt 433 1.265 32,96 281 2.086 13,47 714 3.351 21,31 Quelle: Stadt Essen; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die in Essen bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen. Förderbedarf: LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen; GU: Gemeinsamer Unterricht. Die in Tabelle 16 angegebene Referenzstichprobe kennzeichnet – abzüglich der Schüler, die sich bereits im Gemeinsamen Unterricht befinden – die Zahl der Schüler, die potenziell eine allgemeine Schule anstatt einer Förderschule besuchen könnten. Hier zeigt sich für die vergleichsweise selten auftretenden Förderbedarfe eine deutliche Abweichung der Referenzstichprobe von der Zahl der Schüler mit Förderbedarf, die unter Zugrundelegung der landesdurchschnittlichen Förderquote zu erwarten wäre. Beispielsweise wohnen in Essen insgesamt 33 Schüler mit Förderbedarf Sehen, die im Gemeinsamen Unterricht sind oder an einer LVR-Schule (außerhalb von Essen) unterrichtet werden. Mit der landesweiten Förderquote von durchschnittlich 0,3% 50 78 Die Schule für Kranke bleibt unberücksichtigt. Schüler an privaten Förderschulen und Schüler die öffentliche Förderschulen außerhalb von Essen besuchen, die nicht vom LVR getragen werden, werden nicht berücksichtigt. Hierzu liegen den Gutachtern keine Daten vor. 4. Ergebnisse für die Stadt Essen für den Förderbedarf Sehen wären hier allein in der Primarstufe rund 60 Kinder mit dem Förderbedarf Sehen zu erwarten. Da es in NRW keine privaten Förderschulen mit dem Schwerpunkt Sehen gibt, kann diese Differenz entweder darauf zurückgeführt werden, dass Kinder mit Sehbehinderung öffentliche Förderschulen außerhalb von Essen (keine LVR-Schulen) besuchen oder Eltern sehbehinderter Kinder eher Wohngemeinden wählen, in denen ein entsprechendes Förderschulangebot besteht. Worauf die Differenz tatsächlich zurückzuführen ist, kann mit den vorliegenden Daten nicht aufgeklärt werden. Sollte die erste Erklärung zutreffen, so würde die künftig zu erwartende Nachfrage nach inklusiver Beschulung in Essen und damit der zu erwartende Investitionsbedarf der Stadt Essen, z. B. in die Barrierefreiheit und spezielle Lernmittel für Sehbehinderte (vgl. Abschnitte 4.4.2 und 4.4.3) systematisch unterschätzt. Trifft die zweite Erklärung zu,51 so bedeutet dies, dass sich neben den Förderschulen auch die Schüler mit bestimmten Förderbedarfen regional sehr ungleich verteilen und damit werden auch die zu erwartenden Investitionsbedarfe in den nordrhein-westfälischen Kommunen in Folge des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes ungleich verteilt sein. Auch dann werden die zu erwartende Nachfrage und der Investitionsbedarf vermutlich unterschätzt, da sich Eltern bei einem inklusiven Schulsystem als weniger mobil erweisen könnten. Die nachfolgende Abbildung 9 zeigt die Standorte der Essener Schulen nach Schulform. Deutlich ist zu sehen, dass sich die Schulen auf den Essener Norden konzentrieren. Dort findet sich auch der größte Teil der altersrelevanten Bevölkerung (vgl. dazu auch Abbildung 11). Aus Abbildung 10 lässt sich ableiten, wie sich die Schüler, die in Essen wohnen und von denen erfasst werden konnte, dass sie eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen, über die Stadt verteilen. Für Kinder, die einen Förderbedarf haben, jedoch bereits an Regelschulen unterrichtet werden, liegt keine räumliche Herkunftsinformation vor, sodass diese bei der Darstellung nicht berücksichtigt werden konnten. 51 Diese Erklärung ist vermutlich zutreffend, da sich beispielsweise für das Land Hessen und die Region um die Stadt Marburg, in der sich eine große Blindenschule befindet, ähnliche Konzentrationsprozesse von Schülern mit Förderbedarf Sehen finden. 79 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Abbildung 9: Standorte der öffentlichen Schulen in Essen nach Schulform, Schuljahr 2012/13 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung Hinweis: Darunter drei auslaufende Grundschulen und eine ausgelaufene Hauptschule. 80 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Abbildung 10: Standorte der Förderschulen und Wohnorte der Schüler mit Förderbedarf in Essen, Schuljahr 2012/13 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung Hinweise: Darunter auch vier LVR-Förderschulen; dargestellt sind jene Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und in Essen eine öffentliche Förderschule oder außerhalb Essens eine Förderschule des Landschaftsverbandes Rheinland besuchen. 81 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Abbildung 11: Bevölkerung im Alter von 0 bis unter 19 Jahren in Essen nach Stadtteilen, 2012 Quelle: Stadt Essen, Stand: 31.12.2012; eigene Darstellung 82 4. Ergebnisse für die Stadt Essen 4.2 Status Quo-Prognose Nachdem der Stand der sonderpädagogischen Förderung in Essen dargestellt wurde, wird nun in einem ersten Schritt die im aktuellen Schuljahr 2012/13 vorzufindende Situation an den Schulen in Trägerschaft der Stadt Essen auf Basis der Schülerprognose fortgeschrieben. Da Essen in den kommenden Jahren kaum noch Veränderungen in den Schülerzahlen nach Klassenstufe zu erwarten hat, zeigen die Status Quo-Prognosen nach Schulform erwartungsgemäß, dass sich die Schülerzahlen, die Zahl der zu bildenden Klassen und damit auch die durchschnittliche Klassengröße nur geringfügig verändern. Lediglich bei den Hauptschulen zeigen sich größere Abweichungen (vgl. Tabelle 18). Dies ist darauf zurückzuführen, dass die Klassen im Rahmen der Status Quo-Prognose anhand der entsprechenden Ausführungsverordnung gebildet werden (vgl. Abschnitt 3.1.5). Das bedeutet, dass für die Hauptschulen ein Klassenfrequenzrichtwert von 24 Schülern und Unter- bzw. Obergrenzen von 18 bzw. 30 Schülern je Klasse angenommen werden. Da die Größen der Hauptschulklassen häufiger als an anderen Schulformen unterhalb des Klassenfrequenzrichtwertes liegen, wundert es nicht, dass eine strenge Anwendung der Richtwerte zur Klassenbildung eine Zusammenlegung von Schulklassen zur Folge hätte. Bezogen auf die Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen und an Förderschulen, werden die Schülerzahlen ebenfalls auf Basis der Schülerprognose für Essen fortgeschrieben. Deren zu erwartende Verteilung auf die allgemeinen Schulen nach Schulformen ändert sich in der Status Quo-Prognose daher nur wenig. Änderungen in der absoluten Zahl der Schüler sind also nur durch die Hochrechnungsfaktoren der Schülerprognose in den entsprechenden Schuljahren verursacht. Dazu gilt es zu beachten, dass die Prognose der Schüler- und Klassenzahlen klassenstufenbezogen erfolgt; daher kann es zu Rundungsdifferenzen kommen, wenn in verschiedenen Auswertungen auf die Schulformen oder die Primar- bzw. Sekundarstufe aggregiert wird. Die folgenden Schätzungen der Schülerzahlen und Klassen sind daher nur bedingt mit den Tabellen aus dem vorangegangenen Abschnitt vergleichbar. Essen zählt zu den Kommunen, die die ‚Talsohle‘ des Rückgangs der Schülerzahlen bereits durchschritten haben: Hier ist grundsätzlich bis 2016/17 mit einem leichten Anstieg der Schülerzahlen in der Primarstufe zu rechnen. Ab 2016/17 fallen die Zahlen jedoch wieder. Ausgehend von insgesamt 18.548 Schülern an öffentlichen Grundschulen in Essen, lässt sich daher für das Schuljahr 2016/17 zunächst ein leichter Anstieg der Schülerzahlen prognostizieren (auf 18.886 in 2016/17, vgl. Tabelle 17). In 2019/20 wird jedoch wieder ein mit 2012/13 vergleichbares Niveau erreicht (18.371 Schüler in 2019/20). Da die Stadt Essen in den vergangenen Jahren durch Schulschließungen das Angebot im Grundschulbereich der gesunkenen Nachfrage angepasst hat, ist eine demografische Entlastung der Grundschulen in Essen in den kommenden Jahren nicht zu erwarten. Das heißt, es wird in Essen nicht möglich sein, z. B. kleinere Klassen zu bilden oder frei werdende Klassenräume alternativ zu nutzen. Wenn überhaupt, wird ein solcher 83 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Effekt bis 2019/20 sehr gering ausfallen. Die Grundschulen werden daher bei einer steigenden Nachfrage von Eltern mit Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Gemeinsamem Unterricht über kurz oder lang vor neue Herausforderungen gestellt (zusätzliche Klassen, Differenzierungsräume, Barrierefreiheit etc.). Haben die Grundschulen im Schuljahr 2012/13 durchschnittlich 8,64 Klassen je Schule werden es im Schuljahr 2016/17 unter der Berücksichtigung der Entwicklung der Schülerzahlen 8,97 Klassen sein. Im Schuljahr 2019/20 wird der Bedarf noch bei durchschnittlich 8,76 Klassen liegen. Auch die durchschnittlichen Klassengrößen ändern sich kaum. Gleiches gilt für die jahrgangsstufenbezogenen Durchschnitte (vgl. Tabelle 17). Tabelle 17: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Grundschulen Anzahl Schüler darunter mit Förderbedarf Durchschnitt Schule KlasKlassensenanzahl größe 8,64 24,49 Durchschnitt Stufe KlasKlassensenanzahl größe 2,16 24,73 LES GG KM HK SE 18.548 mit Förderbedarf 417 349 39 30 10 5 2016/17 18.886 432 363 39 31 10 5 8,97 24,97 2,24 24,39 2019/20 18.371 415 348 39 30 10 5 8,76 24,27 2,19 24,18 Schuljahr Insgesamt Ist 2012/13 Prognose Prognose Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich. Tabelle ist nur bedingt mit erster Tabelle (Stand der sonderpädagogischen Förderung) vergleichbar. Förderbedarf: LES: Lernund Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen. Für die weiterführenden Schulen ist die Fortschreibung der Schüler- und Klassenzahlen jeweils nach Schulform (vgl. Tabelle 18 bis Tabelle 21) sowie insgesamt (vgl. Tabelle 22) angegeben. Bis zum Schuljahr 2016/17 ist demnach zunächst ein leichter Rückgang der Schülerzahlen zu erwarten. Im Schuljahr 2019/20 befinden sich die Schülerzahlen wieder auf einem mit dem Schuljahr 2012/13 vergleichbaren Niveau. Auch bei den weiterführenden Schulen ist zum Schuljahr 2019/20 daher kaum mit einer demografischen Entlastung der Schulen zu rechnen. Tabelle 18: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Hauptschulen LES GG KM HK SE 88 0 0 0 0 Durchschnitt Schule KlasKlassensenanzahl größe 17,20 21,58 86 86 0 0 0 0 15,00 20,89 2,50 22,85 89 89 0 0 0 0 15,60 21,38 2,60 22,73 Anzahl Schüler Schuljahr Insgesamt Ist 2012/13 1.832 mit Förderbedarf 88 Prognose 2016/17 1.738 Prognose 2019/20 1.787 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 17 84 darunter mit Förderbedarf Durchschnitt Stufe KlasKlassensenanzahl größe 2,87 21,85 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 19: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Realschulen LES GG KM HK SE 28 0 3 4 0 Durchschnitt Schule KlasKlassensenanzahl größe 19,31 27,31 34 28 0 2 4 0 19,31 26,44 3,22 26,50 35 29 0 2 4 0 19,31 27,06 3,22 27,15 Anzahl Schüler Schuljahr Insgesamt Ist 2012/13 6.849 mit Förderbedarf 35 Prognose 2016/17 6.611 Prognose 2019/20 6.773 darunter mit Förderbedarf Durchschnitt Stufe KlasKlassensenanzahl größe 3,22 27,40 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 17; Fallzahlen < 3 in der Ist-Situation zu 3 aufgerundet. Tabelle 20 Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Gesamtschulen LES GG KM HK SE 7.335 mit Förderbedarf 141 116 3 15 3 4 Durchschnitt Schule KlasKlassensenanzahl größe 33,25 27,58 2016/17 7.086 139 116 3 15 2 4 33,25 26,70 5,54 26,78 2019/20 7.260 141 117 3 15 2 4 33,25 27,32 5,54 27,40 Anzahl Schüler Schuljahr insgesamt Ist 2012/13 Prognose Prognose darunter mit Förderbedarf Durchschnitt Stufe KlasKlassensenanzahl größe 5,54 27,67 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 17; ohne Sekundarstufe II; Fallzahlen < 3 in der Ist-Situation zu 3 aufgerundet. Tabelle 21: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Gymnasien LES GG KM HK SE 13 0 0 3 3 Durchschnitt Schule KlasKlassensenanzahl größe 17,59 26,94 20 13 0 0 3 3 17,59 26,53 3,52 26,71 20 13 0 0 3 3 17,59 27,40 3,52 27,60 Anzahl Schüler Schuljahr insgesamt Ist 2012/13 8.132 mit Förderbedarf 19 Prognose 2016/17 8.011 Prognose 2019/20 8.269 darunter mit Förderbedarf Durchschnitt Stufe KlasKlassensenanzahl größe 3,52 27,14 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 17; ohne Sekundarstufe II Tabelle 22: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt Ist 2012/13 Anzahl Schüler mit insgeFördersamt bedarf 24.148 281 Prognose 2016/17 23.446 279 243 3 17 9 7 Prognose 2019/20 24.089 285 248 3 17 9 7 Schuljahr darunter mit Förderbedarf LES GG KM HK SE 245 3 17 9 7 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 17; ohne Sekundarstufe II 85 4. Ergebnisse für die Stadt Essen 4.3 Modellrechnungen bei Erhöhung der Inklusionsquote Basierend auf den Status Quo-Prognosen und den in Abschnitt 3.2 beschriebenen Annahmen wird nun eine Zunahme der Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen simuliert. Beginnend mit dem Schuljahr 2012/13 nimmt pro Schuljahr der Anteil der Schüler mit Förderbedarf an den allgemeinen Schulen zu, sodass bis zum Schuljahr 2019/20 eine Inklusionsquote von über 60% erreicht werden kann. Dabei wird die Inklusionsquote für Förderbedarfe im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) höher angesetzt (ca. 70-80%) als die Quote für die übrigen Förderbedarfe (Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Hören und Kommunikation sowie Sehen, zusammen ca. 40-50%). 4.3.1 Prognose der Schülerzahlen und schulorganisatorischen Konsequenzen für Grundschulen Am Beispiel der Primarstufe wird das Vorgehen näher erläutert. Tabelle 23 ist zu entnehmen, dass im Schuljahr 2012/13 insgesamt 18.548 Schüler in der Primarstufe der öffentlichen allgemeinen Schulen sind. 417 dieser Schüler haben einen Förderbedarf und werden bereits gemeinsam mit Kindern ohne Förderbedarf unterrichtet. Das Ziel ist nun, Schüler mit einem Förderbedarf, der häufig erst während der Grundschulzeit diagnostiziert wird, weiterhin an Regelgrundschulen zu unterrichten und nicht an Förderschulen abzugeben. Auch Einschulungen von Kindern mit Förderbedarf erfolgen dann in die allgemeine Schule. Daneben sollen diese Schüler wie auch Schüler ohne Förderbedarf - wohnortnah beschult werden, d. h. jedes Kind, bei dem in der Primarstufe ein Förderbedarf diagnostiziert wird, sollte (auch weiterhin) an seiner wohnortnächsten Grundschule unterrichtet werden. Es wird im Folgenden also unterstellt, dass die Inklusionsquote von Jahr zu Jahr steigt und die Schüler, bei denen ein Förderbedarf diagnostiziert wurde, immer auf ihre wohnortnächste Schule gehen (vgl. auch Abschnitt 3.2). Tabelle 23 zeigt das Ergebnis dieser Simulation für die Grundschulen in Essen. Zunächst ist zu sehen, dass im Vergleich zur Status Quo-Prognose die Anzahl der Schüler mit Förderbedarf bereits in 2016/17 um 226 Schüler und in 2019/20 um 385 Schüler steigt. Aufgrund einer höheren angestrebten Inklusionsquote von Kindern mit Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) steigt die Zahl der Schüler mit diesem Förderbedarf deutlich stärker als die der Schüler mit anderen Förderbedarfen. Der zweite Teil der Tabelle 23 zeigt die zu erwartenden neuen Schülerzahlen, insgesamt und nach Förderbedarf. In diesen Zahlen ist also sowohl die Schülerprognose als auch die angestrebte Inklusionsquote berücksichtigt. In 2016/17 sind demnach 19.112 Schüler in der Primarstufe, 658 haben einen Förderbedarf und werden an Grundschulen in Essen unterrichtet. In 2019/20 haben dann von 18.756 Schülern in der Primarstufe 800 einen Förderbedarf. Die Inklusionsquote steigt von 32,96% in 2012/13 (bezogen auf alle Förderbedarfe) auf 86 4. Ergebnisse für die Stadt Essen 50,77% in 2016/17 und 63,69% in 2019/20. Die Inklusionsquote für Förderbedarfe im Bereich LES liegt – wie beabsichtigt - deutlich über den Quoten der anderen Förderbedarfe. Tabelle 23: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Grundschulen Zunahme der Schüler nach FOEB Schuljahr mit FOEB LES GG KM HK Ist 2012/13 0 0 0 0 Prog. 2016/17 226 170 31 Prog. 2019/20 385 289 51 Neue Schülerzahlen SE Sch. insg. mit FOEB LES GG KM HK SE 0 0 18.548 417 349 39 30 10 5 15 6 3 19.112 658 533 71 46 16 9 32 10 4 18.756 800 637 89 61 20 9 Referenzstichprobea) Inklusionsquote (Schüler mit FOEB Insgesamt) Schuljahr LES GG KM HK SE LES GG KM HK SE GG-SE ALLE Ist 2012/13 842 231 127 48 17 41,45 16,88 23,62 20,83 29,41 19,86 32,96 Prog. 2016/17 865 235 128 50 18 61,62 30,21 35,94 32,00 50,00 32,95 50,77 Prog. 2019/20 836 229 126 48 17 76,20 38,86 48,41 41,67 52,94 42,62 63,69 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die in Essen bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen. Diese Summe wird mit der Schülerprognose ebenfalls bis 2019/20 fortgeschrieben; FOEB: Förderbedarf; LES: Lernund Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen Die Erhöhung der Inklusionsquoten bis zum Schuljahr 2019/20 auf insgesamt über 60% hat entscheidende Konsequenzen für die Gesamtzahl der Schüler, die an Grundschulen unterrichtet werden, für die Anzahl der Klassen, die benötigt und gegebenenfalls neu gebildet werden müssen, sowie für die durchschnittlichen Klassengrößen. Die folgende Tabelle 24 zeigt, wie sich die veränderten Schülerzahlen auf alle im Schuljahr 2016/17 und 2019/20 bestehenden 84 Grundschulen auswirken. Aus Tabelle 25 ist zu entnehmen, wie sich die Klassenzahl und die durchschnittlichen Klassengrößen im Vergleich zur Status Quo-Prognose ändern. Im Durchschnitt werden in den 84 Grundschulen in Essen im Schuljahr 2012/13 218,8 Schüler je Schule unterrichtet. Wird die Inklusionsquote nicht erhöht werden, d. h. lediglich die Ist-Situation auf Basis der Schülerprognose fortgeschrieben, wären in 2016/17 durchschnittlich 222,7 und in 2019/20 durchschnittlich 216,68 Schüler auf den Grundschulen. An den Grundschulen haben bei diesen Bedingungen zum Schuljahr 2016/17 im Durchschnitt 4,85 Schüler einen Förderbedarf. In 2019/20 wären es 4,71 Schüler. Durch die Erhöhung der Inklusionsquote in der Simulation erhöht sich dieser Wert jedoch zum Teil deutlich. Während in der Fortschreibung im Schuljahr 2016/17 insgesamt 407 Schüler an den Grundschulen einen Förderbedarf haben, sind es in der Simulation der Schulrechtsänderung zum selben Schuljahr 627. Dies entspricht einer durchschnittlichen Zahl von 7,46 Schülern mit Förderbedarf je Grundschule. In 2019/20 steigt dieser Durchschnitt auf 9,33 Schüler. Verglichen mit der Status Quo87 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Variante wird jede Grundschule im Durchschnitt von fast doppelt so vielen Schülern mit Förderbedarf besucht. 2019/ 2016/ 2012/ 20 17 13 Tabelle 24: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen Anzahl Schüler Anzahl Schüler mit Förderbedarf Anzahl Schüler Anzahl Schüler mit Förderbedarf Anzahl Schüler Anzahl Schüler mit Förderbedarf arith. Mittel 218,80 Status Quo Std. Abw. 58,72 Summe 18.379 Erhöhung der Inklusionsquote arith. Mittel Std. Abw. Summe 4,71 9,28 396 222,70 59,81 18.707 225,42 59,92 18.935 4,85 9,61 407 7,46 10,27 627 216,68 58,23 18.201 221,26 58,58 18.586 4,71 9,28 396 9,33 10,45 784 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; dargestellt sind die 84 Grundschulen, die nach derzeitigem Stand bis zum Schuljahr 2016/17 bzw. 2019/20 fortbestehen werden. Bereits in Abschnitt 4.2 wurde erläutert, dass die demografische Entlastung an den Grundschulen in Essen, wenn überhaupt, gering ausfällt. Dies wird auch durch die in der Tabelle 25 dargestellten durchschnittlichen Klassengrößen und die Anzahl der Klassen bestätigt. Im Vergleich zu 2012/13 werden allein in der Status Quo-Variante zum Schuljahr 2016/17 28 Klassen zusätzlich gebildet (772 - 744). In 2019/20 werden im Vergleich zu 2012/13 noch 10 zusätzliche Klassen benötigt (754 – 744). Auch die Fortschreibung der Schülerzahlen und die resultierende Klassenbildung zeigen also, dass in Essen zukünftig tendenziell wieder zusätzliche Klassen gebildet werden müssen. Nun ist anzunehmen, dass durch die Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes und die damit verbundene Erhöhung der Inklusionsquote der Bedarf an zusätzlichen Klassen zunehmen wird, da nun mehr Schüler an den allgemeinen Grundschulen unterrichtet werden als bisher. Die Auswirkung dieser Erhöhung im Vergleich zu 2012/13 und im Vergleich zur Status Quo-Fortschreibung ist ebenfalls in Tabelle 25 dargestellt. So haben im Schuljahr 2012/13 noch 5% der 84 Grundschulen 5 oder weniger Klassen und 25% 8 Klassen oder weniger, im Schuljahr 2016/17 sind es bereits 6 bzw. 8 Klassen. 5% der Grundschulen haben in 2012/13 12 oder mehr Klassen, in 2019/20 sind es 13 oder mehr Klassen. Die durchschnittliche Klassengröße je Schule beläuft sich in 2012/13 auf 24,69 (im arithmetischen Mittel). Dabei haben jedoch auch 5% der Grundschulen Klassen, die mehr als 27,5 Schüler im Durchschnitt aufweisen. Bezogen auf die Fortschreibung der Schülerzahlen und die Erhöhung der Integrationsquote verschieben sich diese Werte. In 2016/17 weisen die Grundschulen durchschnittliche Klassengrößen von 25,5 oder mehr Schülern auf. In 2019/20 liegt die durchschnittliche Anzahl an Klassen bei 9,11 je Schule und die durchschnittliche Klassengröße bei 24,69. Insgesamt, so zeigt die Simulation, werden im Vergleich zu 2012/13 in 2016/17 39 Klassen mehr existieren (783 – 744). In 88 4. Ergebnisse für die Stadt Essen 2019/20 immerhin noch 21 Klassen mehr (765 – 744). Auf die Erhöhung der Inklusionsquote können in 2016/17 11 Klassen und in 2019/20 ebenfalls 11 Klassen zurückgeführt werden. Tabelle 25: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen arith. Mittel Std. Abw. 5,00 Perzentile (Anteil Schulen) 25% 50% 75% 95% Status Quo 8,00 8,00 11,00 12,00 8,86 22,13 23,21 24,69 2019/ 2016/ 20 17 2019/ 2016/ 2012/ 20 17 13 5% Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen 24,75 26,25 27,50 Min. Max. Gesamt 2,31 4,00 16,00 744 1,81 20,57 29,13 5,00 8,00 8,00 12,00 14,00 9,19 2,47 4,00 16,00 21,78 23,15 24,06 25,68 27,25 24,27 1,90 16,75 28,13 5,00 8,00 8,00 11,50 13,00 8,98 2,32 4,00 16,00 21,75 22,96 24,27 25,20 27,00 24,12 1,95 16,38 28,38 6,00 Simulation (Erhöhung der Inklusionsquote) 8,00 8,00 12,00 14,00 9,32 2,47 4,00 16,00 21,92 22,90 24,00 25,50 27,25 24,22 1,86 17,38 27,88 6,00 8,00 8,00 11,50 13,00 9,11 2,28 4,00 16,00 20,83 23,54 24,69 26,08 27,88 24,69 2,19 17,38 29,25 772 754 783 765 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; dargestellt sind die 84 Grundschulen, die nach derzeitigem Stand bis zum Schuljahr 2016/17 bzw. 2019/20 fortbestehen werden. Anhand Tabelle 25 lässt sich bereits zeigen, dass bei Erhöhung der Inklusionsquote zusätzliche Klassen gebildet werden müssen. Allerdings zeigt diese Tabelle nicht, wie viele Schulen wie viele Klassen zu bilden haben, die durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz zusätzlich entstehen. Diese schulorganisatorischen Konsequenzen, die sich ausschließlich aus der Zunahme der Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Grundschulen ergeben, sind in Tabelle 26 angegeben. Hier finden sich jene Schulen, die entweder bereits Gemeinsamen Unterricht anbieten und entsprechend der Simulation zusätzliche Förderschüler aufnehmen oder Schulen, die erstmalig Förderschüler aufnehmen. Wie in Abschnitt 3.1.5 beschrieben sind dabei weiterhin die Klassenbildungswerte der Verordnung zur Ausführung von § 93 Abs. 2 SchulG NRW angelegt worden. Für Grundschulen liegt der Klassenfrequenzrichtwert bei 24 Schülern. Die Bandbreite liegt bei mindestens 18 und höchstens 30 Schülern. Orientiert sich die Klassenbildung an allen Grundschulen an diesen Werten, so können weder im Vergleich zur Status Quo-Prognose noch im Vergleich zu 2012/13, wie bereits beschrieben, in 2016/17 oder 2019/20 Klassen zusammengelegt werden, d. h. unabhängig davon, ob eine Schule zusätzlich oder erstmalig Förderschüler aufnimmt, können im Vergleich zur Status Quo-Prognose keine räumlichen Kapazitäten freigesetzt werden. Dies ist, wie bereits in Abschnitt 4.2 beschrieben, darauf zurückzuführen, dass die Schülerprognose für Essen einen leicht positiven Trend bzw. eine konstante Entwicklung ausweist. An 62 der 84 Grundschulen, die noch in Essen zum Schuljahr 2016/17 bestehen und zusätzlich oder erstmalig Schüler mit Förderbedarf aufnehmen, ergeben sich im Vergleich zur Status Quo-Variante allerdings keine schul89 4. Ergebnisse für die Stadt Essen organisatorischen Konsequenzen. Dabei meinen schulorganisatorische Konsequenzen in diesem Zusammenhang lediglich, ob zusätzliche Klassen gebildet werden müssen. Die Tabelle trifft keine Aussage dazu, ob nicht ein anderer Raumbedarf (z. B. für Differenzierungsräume) entstehen wird oder andere Maßnahmen (z. B. bauliche Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit) notwendig sind. Von den insgesamt 72 Grundschulen, die im Schuljahr 2016/17 Schüler mit Förderbedarf unterrichten, haben 10 schulorganisatorische Konsequenzen zu tragen. So müssen 9 Grundschulen bis zum Schuljahr 2016/17 eine weitere Klasse bilden. Eine Grundschule muss sogar 2 Klassen bilden. Damit wären an 10 Grundschulen in Essen insgesamt 11 zusätzliche Klassen zu bilden. Zu beachten ist, dass sich diese vergleichsweise geringe Erhöhung der Klassenanzahl auch darauf zurückführen lässt, dass die Schüler mit Förderbedarf ihrer wohnortnächsten Grundschule zugewiesen werden, d. h. sie verteilen sich relativ gleichmäßig auf alle Grundschulen im Stadtgebiet. Bei einer Bildung von Schwerpunktgrundschulen würde es mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu kommen, dass nur wenige Grundschulen zusätzliche, aber dafür mehr Klassen bilden müssen. Tabelle 26: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen, Basisvariante Klassenbildung 2012/13 2016/17 2019/20 -1 0 0 0 0 0 62 68 1 0 9 9 2 0 1 1 3 0 0 0 Anzahl betroffener Schulen 0 72 78 Anteil betroffener Schulen 0,00 85,71 92,86 Differenz Klassenbildung 0 11 11 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich. Bis zum Schuljahr 2019/20 sind dann insgesamt an 10 von 84 Grundschulen neue Klassen zu bilden. Zudem erhöht sich der Anteil der Schulen, die (zusätzlich oder erstmalig) mit Inklusion befasst sind. Da nun rund 800 Schüler mit Förderbedarf inklusiv und wohnortnah unterrichtet werden, bieten 78 der 84 Grundschulen (92,86%) entweder erstmalig oder zusätzlich Gemeinsamen Unterricht an. Die nachfolgenden Abbildungen (vgl. Abbildung 12 und Abbildung 13) verdeutlichen diese Zunahme der mit Inklusion befassten Grundschulen im gesamten Stadtgebiet Essens in 2016/17 und 2019/20 jeweils im Vergleich zu 2012/13. 90 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Abbildung 12: Standorte der öffentlichen Grundschulen in Essen nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2016/17 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung 91 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Abbildung 13: Standorte der öffentlichen Grundschulen in Essen nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2019/20 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung 92 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Die oben beschriebenen schulorganisatorischen Konsequenzen aus der sukzessiven Erhöhung der Inklusionsquote hängen natürlich maßgeblich von den Klassenbildungsfaktoren ab. Nachfolgend werden daher noch die weiteren Varianten zur Klassenbildung an den Grundschulen beschrieben. Die Reformvariante zeigt, wie sich die Klassenbildung verändert, wenn der Klassenfrequenzrichtwert auf 22 herabgesetzt wird, die Unter- bzw. Obergrenze von 18 bzw. 30 Schülern jedoch bestehen bleibt (vgl. Tabelle 27). In der erweiterten Reformvariante werden grundsätzlich kleine Klassen bevorzugt. Bei dieser Variante wird die Untergrenze aufgelöst und die Obergrenze auf 23 Schüler gelegt. Der Richtwert bleibt bei 22 Schülern je Klasse (vgl. Tabelle 28). Tabelle 27: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen, Reformvariante Klassenbildung 2012/13 2016/17 2019/20 -1 0 0 0 0 0 27 28 1 0 27 31 2 0 12 10 3 0 5 9 4 0 1 0 Anzahl betroffener Schulen 0 72 78 Anteil betroffener Schulen 0,00 85,71 92,86 Differenz Klassenbildung 0 70 78 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 26 Tabelle 28: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen, erweiterte Reformvariante Klassenbildung 2012/13 2016/17 2019/20 -1 0 0 0 0 0 2 1 1 0 9 8 2 0 18 17 3 0 23 23 4 0 20 29 Anzahl betroffener Schulen 0 72 78 Anteil betroffener Schulen 0,00 85,71 92,86 Differenz Klassenbildung 0 194 227 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 26 In der Reformvariante werden – verglichen mit der Basisvariante – nicht mehr 11, sondern 78 zusätzliche Klassen benötigt, um den veränderten Anforderungen der gemeinsamen Unterrichtung von Kindern mit und ohne Förderbedarf durch kleinere Klassen gerecht zu werden. Die Zunahme um 67 Klassen ist die Folge der ‚Doppelzählung‘ von Schülern mit sonderpädagogi- 93 4. Ergebnisse für die Stadt Essen schem Förderbedarf. In der erweiterten Reformvariante müssen 227 neue Klassen geschaffen werden, wenn der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz in Kraft tritt und die Schüler an inklusiven Schulen grundsätzlich in kleineren Klassen unterrichtet werden. Aus der Erhöhung der Inklusionsquoten in der Primarstufe ergeben sich ebenfalls Konsequenzen für die Förderschulen in Essen. Je mehr Schüler mit Förderbedarf von Jahr zu Jahr an Grundschulen unterrichtet werden, desto weniger Förderschüler besuchen die Förderschulen. Folglich sinken nicht nur die Schülerzahlen an Förderschulen in städtischer Trägerschaft, sondern auch die Förderschulbesuchsquote. In 2012 beträgt die Förderschulbesuchsquote im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen z. B. 71% bezogen auf die Referenzstichprobe (vgl. Abschnitt 4.1). Für den Förderbedarf Geistige Entwicklung liegt die Förderschulbesuchsquote mit fast 84% deutlich höher. Die Förderschulbesuchsquote von 0% in den weiteren Förderbedarfen bedeutet lediglich, dass kein entsprechendes Förderschulangebot in Trägerschaft der Stadt Essen besteht. Diese Kinder werden entweder an den Schulen des LVR unterrichtet oder besuchen öffentliche oder private Förderschulen außerhalb von Essen. Da in Förderschulen meistens alle Klassenstufen zusammen unterrichtet werden, wird auf die Konsequenzen, die sich aus der Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz für die Förderschulen ergeben, zusammenfassend in Abschnitt 4.4.8 eingegangen. 94 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 29: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR Schulen), Schülerzahlen in der Primarstufe Ist 2012/13 Anzahl Schüler mit Förderbedarf 792 Prognose 2016/17 803 605 198 0 0 0 -201 -170 -31 0 0 0 602 435 166 0 0 0 Prognose 2019/20 784 591 192 0 0 0 -339 -288 -51 0 0 0 444 303 142 0 0 0 Jahr darunter mit Förderbedarf Abnahme der Schüler nach FOEB Neue Schülerzahlen LES GG KM HK SE mit FOEB LES GG KM HK SE mit FOEB LES GG KM HK SE 598 194 0 0 0 0 0 0 0 0 0 792 598 194 0 0 0 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen. Tabelle 30: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR Schulen), Förderschulbesuchsquoten in der Primarstufe Jahr Referenzstichprobea) (Schüler mit FOEB Insgesamt) LES GG KM HK SE Förderschulbesuchsquote LES GG KM HK SE GG-SE ALLE Ist 2012/13 842 231 127 48 17 71,02 83,98 0,00 0,00 0,00 45,86 62,61 Prognose 2016/17 865 235 128 50 18 50,29 70,64 0,00 0,00 0,00 38,52 46,45 Prognose 2019/20 836 229 126 48 17 36,24 62,01 0,00 0,00 0,00 33,81 35,35 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW, eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen; a) Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die in Essen bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen. Diese Summe wird mit der Schülerprognose ebenfalls bis 2019/20 fortgeschrieben. 95 4. Ergebnisse für die Stadt Essen 4.3.2 Prognose der Schülerzahlen und schulorganisatorischen Konsequenzen für weiterführende Schulen Wie für die Primarstufe werden in der Simulation auch für die Sekundarstufe I die Inklusionsquoten sukzessiv über die kommenden Schuljahre erhöht. Dabei werden die Schüler mit Förderbedarf in der Sekundarstufe I ebenfalls ihrer wohnortnächsten weiterführenden Schule zugewiesen. Wie bereits in Abschnitt 3.3 erläutert, wird dabei nicht berücksichtigt, um welche Schulform es sich handelt, wobei die Gymnasien jedoch von der hier durchgeführten Simulation ausgeschlossen werden.52 Das bedeutet, dass Haupt-, Real- und Gesamtschulen gleichgewichtig als Orte des Gemeinsamen Unterrichts angesehen werden. Die folgenden Tabellen zeigen eine Zusammenfassung der Simulationsergebnisse für diese drei Schulformen. Ausgehend von der Status Quo-Prognose in Tabelle 22 steigen die Schülerzahlen von 24.148 in 2012/13 auf 25.324 in 2016/19. Insgesamt beträgt die Inklusionsquote zum Schuljahr 2016/17 48,26% und zum Schuljahr 2019/20 73,81%. 1.519 Schüler, die sich in der Sekundarstufe I befinden und einen Förderbedarf haben, werden dann im Schuljahr 2019/20 im Gemeinsamen Unterricht an einer allgemeinen weiterführenden Schule beschult (vgl. Tabelle 31). Tabelle 31: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt Zunahme der Schüler nach FOEB Neue Schülerzahlen Schuljahr mit FOEB LES GG KM HK SE Sch. insg. mit FOEB LES GG KM HK SE Ist 2012/13 0 0 0 0 0 0 24.148 281 245 3 17 9 7 Prog. 2016/17 688 553 83 45 9 3 24.134 969 795 86 61 18 10 Prog. 2019/20 1.234 992 140 79 21 8 25.324 1.519 1.241 143 96 30 15 Referenzstichprobea) (Schüler mit FOEB Insgesamt) Inklusionsquote Schuljahr LES GG KM HK SE LES GG KM HK SE GG-SE ALLE Ist 2012/13 1.628 243 153 46 16 15,05 1,23 11,11 19,57 43,75 7,86 13,47 Prog. 2016/17 1.566 235 146 45 16 50,77 36,60 41,78 40,00 62,50 39,59 48,26 Prog. 2019/20 1.607 241 148 46 16 77,22 59,34 64,86 65,22 93,75 62,97 73,81 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die in Essen bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen. Diese Summe wird mit der Schülerprognose ebenfalls bis 2019/20 fortgeschrieben. Bezogen auf die durchschnittlichen Schülerzahlen je Schule und die durchschnittlichen Klassengrößen ergeben sich die in den folgenden Tabellen (Tabelle 32 und Tabelle 33) dargestellten Konsequenzen. Die Klassenbildungswerte, die sich ausschließlich aus der Erhöhung der Inklusionsquoten ergeben, sind in Tabelle 34 dargestellt. 52 96 vgl. hierzu Abschnitt 3.1.5 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 32: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt 2019/ 2016/ 2012/ 20 17 13 Status Quo Anzahl Schüler Anzahl Schüler mit Förderbedarf Anzahl Schüler Anzahl Schüler mit Förderbedarf Anzahl Schüler Anzahl Schüler mit Förderbedarf Erhöhung der Inklusionsquote arith. Mittel Std. Abw. Summe 616,00 257,59 16.016 10,08 15,20 262 593,58 250,02 15.433 arith. Mittel Std. Abw. Summe 620,12 254,79 16.123 10,00 15,18 260 36,46 20,76 948 608,46 255,71 15.820 655,96 262,52 17.055 10,19 15,43 265 57,58 27,55 1.497 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II Tabelle 33: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt 2019/ 2016/ 2012/ 20 17 13 Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen 12,00 2019/ 2016/ 20 17 5% Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Perzentile (Anteil Schulen) 25% 50% 75% Status Quo 17,00 21,00 30,00 95% arith. Mittel Std. Abw. Min. Max. Gesamt 603 36,00 23,19 8,85 10,00 47,00 21,05 26,00 26,88 27,89 29,58 26,29 2,70 20,12 30,58 11,00 21,80 17,00 24,86 21,50 26,08 27,00 27,50 36,00 28,28 22,54 25,84 8,29 1,95 11,00 20,91 43,00 28,67 586 11,00 22,47 18,00 24,29 21,50 25,95 28,00 27,38 36,00 28,38 23,15 25,75 8,31 2,02 11,00 21,55 45,00 28,94 602 12,00 Simulation (Erhöhung der Inklusionsquote) 19,00 22,00 28,00 38,00 23,81 8,55 11,00 44,00 619 22,13 24,47 25,92 26,65 28,32 25,61 1,74 21,83 28,34 14,00 19,00 22,50 30,00 40,00 24,96 8,56 12,00 46,00 21,94 22,78 24,56 26,15 27,11 24,31 2,02 18,71 27,24 649 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II Anders als bei den Grundschulen ergibt sich bei den weiterführenden Schulen in der Status QuoVariante durch die Anpassung der Klassengrößen die Situation, dass bis zum Schuljahr 2016/17 17 Klassen und bis zum Schuljahr 2019/20 eine Klasse weniger gebildet werden müssen/muss (586 - 603 bzw. 602 - 603, vgl. Tabelle 33). Da jedoch durch die Erhöhung der Inklusionsquote jedes Jahr mehr Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf die allgemeinen weiterführenden Schulen besuchen, wird dieser Effekt mehr als kompensiert und es müssen sogar zusätzliche Klassen gebildet werden. So müssen im Schuljahr 2016/17 33 und im Schuljahr 2019/20 47 zusätzliche Klassen gebildet werden (vgl. Tabelle 33 und Tabelle 34). Da wie bei den Grundschulen für die Klassenbildung zunächst die Basisvariante, die sich nach den Klassenbildungswerten in der Ausführungsverordnung richtet (vgl. Abschnitt 3.1.5), herangezogen wird, fallen auch diese Ergebnisse recht moderat aus. Konkret bedeutet das, dass in dieser Variante an den 97 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Hauptschulen der Klassenfrequenzrichtwert bei 24 liegt (bei einer minimalen bzw. maximalen Klassengröße von 18 bzw. 30). Bei den Real- und Gesamtschulen liegt der Richtwert bei 28 Schülern, das Minimum liegt bei 26 und das Maximum bei 30 Schülern. Die Simulation zeigt, dass alle weiterführenden Schulen in Essen zusätzlich oder erstmalig Schüler mit Förderbedarf aufnehmen und dass bis zum Schuljahr 2016/17 33 und bis zum Schuljahr 2019/20 47 zusätzliche Klassen gebildet werden. Dabei müssen in 2016/17 beispielsweise 10 Schulen jeweils eine Klasse bilden, 8 Schulen jeweils zwei, eine Schule drei Klassen und eine Schule sogar vier Klassen. Tabelle 34: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen, Basisvariante Klassenbildung 2012/13 2016/17 2019/20 -1 0 0 0 0 0 6 4 1 0 10 10 2 0 8 2 3 0 1 8 4 0 1 1 5 0 0 1 Anzahl Schulen 26 26 26 Differenz Klassenbildung 0 33 47 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Gymnasien; ohne Sekundarstufe II; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich. Werden die Klassenfrequenzrichtwerte jedoch herabgesetzt oder die Obergrenze für die Klassengröße festgesetzt, so ergeben sich noch weiterreichende Konsequenzen. Im Falle der Reformvariante müssen zum Schuljahr 2019/20 102 Klassen gebildet werden (vgl. Tabelle 35). In der erweiterten Reformvariante (‚kleine Klassen‘) sogar 160 Klassen (vgl. Tabelle 36). Dabei sei an dieser Stelle erneut darauf hingewiesen, dass diese Änderungen ausschließlich durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz verursacht werden. Abbildung 14 zeigt, dass bereits in 2016/17 alle weiterführenden Schulen (bis auf die nicht betrachteten Gymnasien) von dieser Änderung betroffen sind. An dieser Situation wird sich bis 2019/20 nichts ändern. Tabelle 37 und Tabelle 38 zeigen auf, welche Konsequenzen sich für die Entwicklung der Schülerzahlen an den Förderschulen in der Trägerschaft der Stadt Essen ergeben. Die Zahl der Förderschüler, die der Sekundarstufe I zuzuordnen sind, wird ausgehend von 1.579 Schülern im Schuljahr 2012/13 auf 917 im Schuljahr 2016/17 und weiter auf 481 im Schuljahr 2019/20 zurückgehen. 98 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 35: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen, Reformvariante Klassenbildung 2012/13 2016/17 2019/20 -1 0 1 0 0 0 4 3 1 0 7 2 2 0 1 6 3 0 4 2 4 0 0 4 5 0 3 3 6 0 2 1 7 0 1 2 8 0 2 0 9 0 0 1 10 0 1 0 11 0 0 2 Anzahl Schulen 26 26 26 Differenz Klassenbildung 0 80 102 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 34 Tabelle 36: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen, erweiterte Reformvariante Klassenbildung 2012/13 2016/17 2019/20 1 0 0 0 2 0 1 1 3 0 4 3 4 0 6 3 5 0 4 3 6 0 3 8 7 0 2 2 8 0 3 1 9 0 1 1 10 0 2 2 11 0 0 1 12 0 0 1 Anzahl Schulen 26 26 26 Differenz Klassenbildung 0 143 160 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 34 99 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Abbildung 14: Standorte der öffentlichen weiterführenden Schulen in Essen nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation ab 2016/17 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung 100 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 37: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR-Schulen), Schülerzahlen in der Sekundarstufe I Ist 2012/13 Anzahl Schüler mit Förderbedarf 1.579 Prognose 2016/17 1.513 1.278 235 0 0 0 -599 -515 -84 0 0 0 917 763 154 0 0 0 Prognose 2019/20 1.552 1.312 240 0 0 0 -1.065 -926 -139 0 0 0 481 382 99 0 0 0 Jahr darunter mit Förderbedarf Abnahme der Schüler nach FOEB Neue Schülerzahlen LES GG KM HK SE mit FOEB LES GG KM HK SE mit FOEB LES GG KM HK SE 1.336 243 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1.579 1.336 243 0 0 0 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen Tabelle 38: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR-Schulen), Förderschulbesuchsquoten in der Sekundarstufe I Jahr Referenzstichprobea) (Schüler mit FOEB Insgesamt) LES GG KM HK SE Förderschulbesuchsquote LES GG KM HK SE GG-SE ALLE Ist 2012/13 1.628 243 153 46 16 82,06 100,00 0,00 0,00 0,00 53,06 75,70 Prognose 2016/17 1.566 235 146 45 16 48,72 65,53 0,00 0,00 0,00 34,84 45,67 Prognose 2019/20 1.607 241 148 46 16 23,77 41,08 0,00 0,00 0,00 21,95 23,37 Quelle: Stadt Essen, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen; a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die in Essen bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die in Essen wohnen und eine öffentliche Förderschule in Essen oder eine LVR-Schule außerhalb von Essen besuchen. 101 4. Ergebnisse für die Stadt Essen 4.3.3 Schulorganisatorische Konsequenzen für die Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen In den beiden vorangegangenen Abschnitten ist bereits für den Primarbereich und den Sekundarbereich dargestellt worden, wie sich die Erhöhung der Inklusionsquoten auf die Schülerzahlen an den Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen insgesamt auswirken. Faktisch unterrichten Förderschulen jedoch beide Bildungsstufen; in Essen findet sich nur eine städtische Förderschule (mit dem Schwerpunkt Emotionale und soziale Entwicklung), an der ausschließlich Schüler in der Sekundarstufe I unterrichtet werden. Die Konsequenzen, die sich aus der Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz für die Förderschulen ergeben würden, sollen daher an dieser Stelle zusammengefasst werden. Tabelle 39 zeigt für die 16 Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen zunächst die Schülerzahlen für das aktuelle Schuljahr 2012/13 und die Prognose der Schülerzahlen bei Fortschreibung des Status Quo. Wie auch an den allgemeinen Schulen wären die Veränderungen in den Schülerzahlen marginal. Die Status Quo-Prognose bildet hier die Situation ab, die entstehen würde, wenn Eltern von Schülern mit Förderbedarf zukünftig in gleichem Maße die Förderschule (oder die allgemeine Schule) als Förderort nachfragen wie dies im Schuljahr 2012/13 der Fall ist. Am 02.07.2013 hat das nordrhein-westfälische Landeskabinett die Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke (MindestgrößenVO53) beschlossen, die im zeitlichen Zusammenhang mit der geplanten Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes erlassen werden soll. Diese Verordnung sieht für die Fortführung von Förderschulen eine Mindestgröße der Schule entsprechend ihrem Förderschwerpunkt vor. Förderschulen, die diese Mindestgröße nicht erreichen, dürfen spätestens ab dem Schuljahr 2015/16 keine Schüler mehr aufnehmen. Dies hätte zu Beginn des aktuellen Schuljahres 2012/13 bereits auf sieben der zehn Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen/Emotionale und soziale Entwicklung zugetroffen. Da Schüler potentiell bis zum Ende der Schulpflicht an Förderschulen verbleiben können, könnte dieser Prozess des Auslaufens bis 2024 dauern. Wie die Simulation zeigt, wären die Förderschulen mit den Schwerpunkten Geistige Entwicklung und Sprache von dieser Regelung voraussichtlich auch dann nicht betroffen, wenn der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz umgesetzt wird. Es ist nicht absehbar, wie sich die Stadt Essen als Schulträger in dieser Situation verhalten kann, da keine Abschätzungen zu der zukünftig zu erwartenden Nachfrage nach Beschulung an Förderschulen vorliegen. Um dieser Planungsunsicherheit zu begegnen könnte eine Alternative darin bestehen, Förderschulen im Verbund zu führen bzw. bestehende Verbundlösungen weiterzuentwickeln; für diese Verbünde sieht die Verordnung ebenfalls 53 Online verfügbar unter http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_Gemeinsames_Lernen/MindestgroessenVO.pdf (zuletzt abgerufen am 05.07.2013). 102 4. Ergebnisse für die Stadt Essen eine Mindestgröße von 144 Schülern vor.54 Für die Bewertung der Ressourcen, die an zu schließenden Förderschulen freigesetzt werden, wird in Abschnitt 4.4 davon ausgegangen, dass aufgrund der unklaren Entwicklung der Nachfrage die Hälfte der zehn Förderschulstandorte im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen erhalten bleibt. Von den Förderschulen mit dem Schwerpunkt Lernen (und Emotionale und soziale Entwicklung) werden aber langfristig nur noch zwei bestehen bleiben können, an die dann auch noch neue Schüler aufgenommen werden. Unter Umständen müssten diese Schulen in einer Übergangsphase mit Teilstandorten geführt werden, da der Raumbestand zunächst nicht ausreichen dürfte. Tabelle 39: Schülerzahlen an Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen, Ist-Situation 2012/13, Status Quo-Prognose und Simulation 2019/20 Schülerzahlen im Schuljahr 2012/13 130 Schülerzahlen lt. Status QuoPrognose für das Schuljahr 2019/20 137 Schülerzahlen lt. Simulation für das Schuljahr 2019/20 48 Mindestgröße lt. MindestgrößenVO 144 LE, ES 191 189 51 144 LE, ES 92 88 21 144 LE, ES, SQ 160 149 54 144 LE, ES 137 137 45 144 LE, ES 137 133 34 144 LE, ES 103 108 35 144 LE, ES 185 182 62 144 LE, ES 126 121 30 144 Schule mit Schwerpunkt(en) LE, ES LE, ES 96 95 32 144 SQ (nur Primarstufe) 282 270 171 33 ES (nur Sekundarstufe I) 100 104 33 55 ES 191 192 70 88 GG 134 134 74 50 GG 146 142 81 50 GG 159 156 86 50 Quelle: Stadt Essen; eigene Berechnung Hinweis: Förderbedarf: LE: Lernen, ES: Emotionale und soziale Entwicklung, SQ: Sprache, GG: Geistige Entwicklung. Dabei ist auch zu beachten, dass die Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen auch von Schülern besucht werden, die außerhalb von Essen wohnen (Einpendler). Die Verteilung dieser Schüler auf die Förderschulen kann aber nicht bestimmt werden. Nach Auskunft der Stadt Essen gibt es mit umliegenden Kommunen entsprechende Vereinbarungen, Förderschüler aufzunehmen, insbesondere dann, wenn die Kommune selbst kein entsprechendes Förderschulangebot hat. Bei der Schließung von Förderschulstandorten wäre dieser Aspekt mit zu berücksichtigen, 54 Abweichungen hiervon sind möglich für Förderschulen allein der Sekundarstufe I und für Verbünde von Förderschulen, die verschiedene Förderschwerpunkte verbinden (vgl. § 1 MindestgrößenVO). 103 4. Ergebnisse für die Stadt Essen da die Kommunen auch schulgesetzlich angehalten sind, bei ihrer Schulentwicklungsplanung zu kooperieren. 4.4 Mögliche kommunale Folgekosten bei Erhöhung der Inklusionsquote Zur Bewertung der möglichen kommunalen Folgekosten der Umsetzung der Inklusion im Schulbereich, wie sie der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vorsieht, werden die zuvor beschriebenen schulorganisatorischen Konsequenzen mit den in Tabelle 12 (vgl. Seite 72) angegebenen Kosten gewichtet. Dabei sind unter den schulorganisatorische Konsequenzen nicht nur die Anzahl zusätzlich zu bildender Klassen zu verstehen, sondern auch jene Erfordernisse, die sich aus der Beschulung von Schülern mit spezifischen Förderbedarfen ergeben. Diese Erfordernisse wurden in Abschnitt 3.2 ausführlich beschrieben. Dargelegt wurde in Abschnitt 3.3, dass zu unterscheiden ist zwischen jenen kommunalen Kosten, die sich durch die Umsetzung der Inklusion im Schulbereich beim Schulträger zusätzlich ergeben, und jenen Kosten, die zwischen den öffentlichen Schulträgern umverteilt werden. So stellen Baumaßnahmen an allgemeinen Schulen, z. B. zur Herstellung eines barrierefreien Zugangs zum Schulgebäude, zusätzliche Kosten für den Schulträger dar. Bestimmte Anteile der Schülerbeförderungskosten hingegen sind ein Beispiel für die Umverteilung von Ausgabenlasten zwischen der kreisfreien Stadt Essen und dem Landschaftsverband Rheinland. Besucht ein in Essen wohnhafter Schüler mit Förderbedarf Sehen eine Förderschule des LVR, so trägt der LVR als Schulträger die mit der Beförderung des Schülers verbundenen Kosten; besucht der Schüler z. B. eine Grundschule in Essen, so trägt die Stadt Essen die Beförderungskosten (Schulträgerprinzip). Im Folgenden werden die verschiedenen Kostenblöcke, entsprechend der Beschreibung in Abschnitt 3.2 und Tabelle 12, im Einzelnen aufgeführt. 4.4.1 Investitionsbedarf für Räume und räumliche Ausstattung Unterrichts- und Differenzierungsräume Bereits in Abschnitt 4.3 wurde aufgezeigt, welche schulorganisatorischen Konsequenzen sich aus der Erhöhung der Inklusionsquoten für die einzelnen Schulen im Hinblick auf die zu bildenden Klassen ergeben. Nun wird dieser zusätzliche Bedarf an Klassenräumen mit der aktuell vorhandenen Raumausstattung an den Schulen abgeglichen und es wird geprüft, ob jene Schulen, die zusätzlich oder erstmalig Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen, über ausreichend Klassenräume verfügen. Sind in einer Schule noch genügend freie Räume verfügbar, wird angenommen, dass diese ohne zusätzlichen Investitionsbedarf als Unterrichtsräume genutzt werden können. Fehlen Klassenräume, so müssen diese (an)gebaut werden. Gleich verhält es sich mit den notwendigen Differenzierungsräumen: Solange noch Räume in der Schule verfügbar sind, die als Differenzierungsräume genutzt werden können, existiert lediglich ein Inves104 4. Ergebnisse für die Stadt Essen titionsbedarf für deren Umgestaltung. Ansonsten müssen auch diese Räume (an)gebaut werden. Hinsichtlich der Differenzierungsräume wird dabei davon ausgegangen, dass bis zu 10 Schüler einen Differenzierungsraum gemeinsam nutzen können. In Kombination mit der pädagogisch wünschenswerten Variante für die Klassenbildung (erweiterte Reformvariante, ‚kleine Klassen‘) wird als weitere Variante berechnet, welcher Investitionsbedarf entsteht, wenn sich konsequent zwei Klassen einen Differenzierungsraum teilen. Betrachtet wird dabei die Situation im Schuljahr 2019/20 als hier angenommener vorläufiger Endpunkt des Prozesses, in dessen Verlauf die Inklusionsquote an Essener Schulen sukzessiv erhöht wird. Entsprechend den Ergebnissen der Basisvariante, in der beispielsweise an den Grundschulen zum Schuljahr 2019/20 insgesamt 11 zusätzliche Klassen gebildet werden müssen, entsteht hinsichtlich der Klassenräume kein Investitionsbedarf, da die betreffenden Grundschulen noch über ausreichend Unterrichtsräume verfügen. Bei den weiterführenden Schulen müssen an sechs Realschulen insgesamt neun neue Klassenräume angebaut werden. In einer Gesamtschule fehlen zwei Räume. Insgesamt ergibt sich hierdurch ein Investitionsbedarf für die Errichtung zusätzlicher Klassenräume in Höhe von 1,32 Mio. Euro. Zu Differenzierungsräumen müssten an 83 Schulen insgesamt 138 Räume umgebaut und an 31 Schulen 94 Räume neu gebaut werden. Ersteres löst Investitionen in Höhe von 1,38 Mio. Euro aus. Der Neubau bzw. Anbau von Differenzierungsräumen führt zu Investitionen in Höhe von 11,28 Mio. Euro (vgl. Tabelle 40). Dabei ist zu beachten, dass mit der Basisvariante – zum Teil deutlich – größere Lerngruppen simuliert werden als diese aktuell an den Schulen in Essen zu beobachten sind. In der Reformvariante, bei der der Klassenfrequenzrichtwert abgesenkt wird (allerdings bei unveränderten Bandbreiten für die Klassenbildung), entstünden in der Summe Investitionen in Höhe von 21,21 Mio. Euro (vgl. Tabelle 41), d. h. im Vergleich zur Basisvariante beläuft sich der Mehraufwand auf 7,23 Mio. Euro. Da die Zahl der zu bildenden Klassen zunimmt, sind die Schulen zunehmend räumlich ausgelastet. An Grundschulen müssen 16 Klassenräume (an)gebaut werden, auch stehen weniger Klassenräume als potentielle Differenzierungsräume zur Verfügung: nur noch 63 Klassenräume können zu Differenzierungsräumen umgebaut, 32 müssen neu gebaut werden. Wird die Größe der Klassen konsequent nach oben begrenzt (erweiterte Reformvariante), so ergibt sich ein Investitionsbedarf von 36,6 Mio. Euro. Wird hier in einer weiteren Berechnungsvariante beachtet, dass sich in einem pädagogisch wünschenswerten Szenario zwei Klassen einen Differenzierungsraum teilen, so wäre dies mit einer weiteren und erheblichen Steigerung des Investitionsbedarfs verbunden. Die Kosten für die Umsetzung dieses Konzeptes belaufen sich bis zum Schuljahr 2019/20 auf insgesamt rund 83 Mio. Euro. 105 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 40: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, Basisvariante Anzahl Schulen, mit Investitionsbedarf Schulform GS HS RS GES Gesamt Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume 0 0 6 1 7 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 67 5 4 7 83 Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 14 3 11 3 31 Anzahl Räume Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume 0 0 9 2 11 Hinweis: GS: Grundschulen, HS: Hauptschulen, RS: Realschulen, GES: Gesamtschulen. 106 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 76 17 9 36 138 Investitionsbedarf Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 18 9 55 12 94 Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume: 120.000 Euro je Raum 0 0 1.080.000 240.000 1.320.000 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen: 10.000 Euro je Raum 760.000 170.000 90.000 360.000 1.380.000 Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen: 120.000 Euro je Raum 2.160.000 1.080.000 6.600.000 1.440.000 11.280.000 Gesamt 2.920.000 1.250.000 7.770.000 2.040.000 13.980.000 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 41: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, Reformvariante Anzahl Schulen, mit Investitionsbedarf Schulform GS HS RS GES Gesamt Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume 12 0 6 2 20 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 56 5 5 5 71 Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 23 3 11 6 43 Anzahl Räume Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume 16 0 18 6 40 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 63 17 8 17 105 Investitionsbedarf Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 32 9 56 31 128 Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume: 120.000 Euro je Raum 1.920.000 0 2.160.000 720.000 4.800.000 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen: 10.000 Euro je Raum 630.000 170.000 80.000 170.000 1.050.000 Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen: 120.000 Euro je Raum 3.840.000 1.080.000 6.720.000 3.720.000 15.360.000 Gesamt 6.390.000 1.250.000 8.960.000 4.610.000 21.210.000 Hinweis: GS: Grundschulen, HS: Hauptschulen, RS: Realschulen, GES: Gesamtschulen. 107 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 42: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, erweiterte Reformvariante Anzahl Schulen, mit Investitionsbedarf Schulform GS HS RS GES Gesamt Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume 34 1 11 4 50 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 38 4 2 1 45 Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 42 3 12 7 64 Anzahl Räume Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume 77 1 45 14 137 Hinweis: GS: Grundschulen, HS: Hauptschulen, RS: Realschulen, GES: Gesamtschulen. 108 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 42 13 3 14 72 Investitionsbedarf Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 54 13 61 34 162 Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume: 120.000 Euro je Raum 9.240.000 120.000 5.400.000 1.680.000 16.440.000 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen: 10.000 Euro je Raum 420.000 130.000 30.000 140.000 720.000 Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen: 120.000 Euro je Raum 6.480.000 1.560.000 7.320.000 4.080.000 19.440.000 Gesamt 16.140.000 1.810.000 12.750.000 5.900.000 36.600.000 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 43: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, erweiterte Reformvariante mit einem Differenzierungsraum je zwei Klassen mit Gemeinsamen Unterricht (unabhängig von der Zahl der Schüler mit Förderbedarf) Anzahl Schulen, mit Investitionsbedarf Schulform GS HS RS GES Gesamt Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume 34 1 11 4 50 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 29 4 2 4 39 Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 50 3 13 8 74 Anzahl Räume Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume 77 1 45 14 137 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 77 19 6 15 117 Investitionsbedarf Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen 241 12 159 133 545 Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume: 120.000 Euro je Raum 9.240.000 120.000 5.400.000 1.680.000 16.440.000 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen: 10.000 Euro je Raum 770.000 190.000 60.000 150.000 1.170.000 Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen: 120.000 Euro je Raum 28.920.000 1.440.000 19.080.000 15.960.000 65.400.000 Gesamt 38.930.000 1.750.000 24.540.000 17.790.000 83.010.000 109 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Fachräume für den zieldifferenten Unterricht An den Schulen der Sekundarstufe I, die Schüler zieldifferent unterrichten, sind entsprechende Fachräume für diesen Unterricht vorzusehen, in der Regel mindestens ein Hauswirtschaftsraum/Lehrküche und ein Werk-/Technikraum. Der hieraus resultierende Investitionsbedarf entsteht aber nicht an allen Schulen der Sekundarstufe I, da insgesamt acht Schulen bereits entsprechende Vorkehrungen für integrative Lerngruppen getroffen haben. Für die Schulen, an denen bis spätestens zum Schuljahr 2019/20 ebenfalls zieldifferent unterrichtet wird, entstehen der Stadt Essen Kosten in Höhe von geschätzt 360.000 Euro für die Einrichtung dieser Fachräume. Dabei wird zur vorsichtigen Schätzung unterstellt, dass die Räume, die zu diesen Fachräumen umgebaut und eingerichtet werden können, an den Schulen vorhanden sind (z. B. andere Fachräume oder Mehrzweckräume) und selbst an räumlich ausgelasteten Schulen keine Bauinvestitionen erzeugen. Tabelle 44: Anzahl weiterführender Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf für die Einrichtung von Fachräumen, Schuljahr 2019/20 Hauptschule 3 2 Investitionsbedarf für die Einrichtung von je zwei Fachräumen (Hauswirtschafts- und Werkraum) 20.000 Euro je Schule 40.000 Realschule 1 12 240.000 Gesamtschule 4 4 80.000 Gesamt 8 18 360.000 Investitionsbedarf vorhanden Schulform Nein Ja Therapie-/Pflegeräume An Schulen, die Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung und/oder Schüler mit Förderbedarf Körperliche und motorische Entwicklung aufnehmen, ist ein Raum für therapeutische und pflegerische Maßnahmen einzurichten. Der hiermit verbundene Investitionsbedarf entsteht an denselben Schulen, die auch einen behindertengerechten Hygienebereich benötigen (vgl. dazu Tabelle 45). Bei einem pauschalen Investitionsbedarf von 10.000 Euro entstehen hierdurch bis zum Schuljahr 2019/20 der Stadt Essen Mehrkosten in Höhe von 580.000 Euro. Dabei wird auch hier unterstellt, dass die Einrichtung eines Therapie- und Pflegeraums keine weiteren Bauinvestitionen erzeugt. 4.4.2 Investitionsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit Auch bei den Kosten, die der Stadt Essen für die Herstellung von Barrierefreiheit entstehen, handelt es sich um einmalige Investitionen, die mit Blick auf das Schuljahr 2019/20 dargestellt werden, d. h. die aufgelisteten Investitionen werden bei Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz spätestens zum Schuljahr 2019/20 notwendig. Berücksichtigt 110 4. Ergebnisse für die Stadt Essen wird auch hier der Ausbaustand der Schulen im Schuljahr 2012/13, d. h. für Schulen, die bereits als barrierefrei gelten, sind keine weiteren Investitionen erforderlich. Diese Schulen werden bei der Bewertung daher nicht berücksichtigt. So gelten z. B. 3 der 84 Grundschulen in Essen als barrierefrei für Schüler mit schwerer körperlicher Behinderung. Wird ein pauschaler Investitionsbedarf von 10.000 Euro für taktile Maßnahmen, optische Signalgebung etc. zugrunde gelegt, so entstehen der Stadt Essen bis zum Schuljahr 2019/20 insgesamt Kosten in Höhe von 470.000 Euro für die barrierefreie Gestaltung der Schulen, die von Schülern mit Förderbedarfen Sehen und/oder Hören und Kommunikation besucht werden. Im Hinblick auf den barrierefreien Zugang für Schüler mit Förderbedarf im Bereich Körperliche und motorische Entwicklung müssen an 34 Grundsachulen Rampen installiert werden, wodurch Kosten in Höhe von 680.000 Euro entstehen. Die Notwendigkeit von Aufzügen in Grundschulen konnte nicht überprüft werden und wird bei Schätzung der Folgekosten nicht berücksichtigt (vgl. hierzu Abschnitt 3.2.1). Für die Herstellung von Barrierefreiheit in Schulen der Sekundarstufe I wird ein pauschaler Investitionsbedarf von 100.000 Euro unterstellt, der an 22 Schulen entsteht und damit bis zum Schuljahr 2019/20 Kosten in Höhe von rund 2,2 Mio. Euro verursacht. An Schulen, die Schüler mit Förderbedarf in den Bereichen Geistige Entwicklung oder Körperliche und motorische Entwicklung aufnehmen, ist außerdem ein barrierefreier Hygienebereich vorzusehen, der neben einer behindertengerechten Toilette auch eine Wasch- und Wickelmöglichkeit beinhalten sollte. Dieser Bedarf entsteht in der Simulation an insgesamt 58 Schulen und bedeutet bis zum Schuljahr 2019/20 Investitionen in Höhe von 580.000 Euro. 111 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 45: Anzahl Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit, Schuljahr 2019/20 Barrierefreier Hygienebereich Investitionsbedarf vorhanden Schulform Grundschule Investitionsbedarf in Euro (10.000 je Schule) Nein Ja Gesamt 50 34 340.000 Hauptschule 1 4 40.000 Realschule 0 13 130.000 Gesamtschule 1 7 70.000 Gesamt 69 58 580.000 Barrierefreiheit im Schulgebäude Investitionsbedarf vorhanden für Schulform Investitionsbedarf (in Euro) Hören/ Sehen Kommunikation (10.000 je Schule) (10.000 je Schule) 150.000 80.000 Hören/Kommunikation Sehen 15 8 Hauptschule 3 2 30.000 20.000 Realschule 10 1 100.000 10.000 Gesamtschule 5 3 50.000 30.000 Gesamt 33 14 330.000 140.000 Grundschule Barrierefreier Zugang zu Gebäude und Räumen Investitionsbedarf (in Euro) Investitionsbedarf vorhanden für Schulform Rampe Aufzug Rampe (20.000 je Schule) Aufzug (inkl. Zugang) (100.000 je Schule) Grundschule 34 . 680.000 0 Hauptschule . 4 0 400.000 Realschule . 11 0 1.100.000 Gesamtschule . 7 0 700.000 34 22 680.000 2.200.000 Gesamt 4.4.3 Investitionsbedarf und laufende Kosten für Lehr-/Lernmittel Im Schuljahr 2019/20 werden sich bei der geplanten Erhöhung der Inklusionsquoten in der Simulation insgesamt (d. h. in der Primar- und Sekundarstufe I) 24 Schüler55 mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Schulen in Essen befinden, für die bis spätestens zu diesem Schuljahr spezielle Lernmittel angeschafft werden müssten. Nach der Status Quo-Prognose besuchen 12 Schüler mit Förderbedarf Sehen allgemeine Schulen in Essen, sodass die Investitionen um die notwendigen oder bereits notwendig gewordenen Ausgaben für diese Schüler reduziert werden (unter der Annahme, dass die angeschafften Lesehilfen und Lesegeräte von anderen Schülern weiter verwendet werden können). Bis zum Schuljahr 2019/20 ergibt sich dann im Vergleich zur Situation unter Status Quo-Annahmen ein zusätzlicher Investitionsbedarf für diese Lernmittel in Höhe von 60.000 Euro. 55 Hier handelt es sich vermutlich um eine deutliche Unterschätzung der Schülerzahl und damit auch des resultierenden Investitionsbedarfs (vgl. hierzu die Erläuterungen in Abschnitt 4.1). 112 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 46: Anzahl Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und einmaliger Investitionsbedarf für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Ist 2012/13 12 Status Quo 2016/17 2019/20 12 12 Simulation 2016/17 2019/20 18 24 Betrag (pauschal) 5.000 Investitionsbedarf bis 2016/17 Bis 2019/20 30.000 60.000 Zusätzliche laufende Kosten für Lehr- und Lernmittel ergeben sich für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die in der Status Quo-Variante alternativ eine Schule des LVR besuchen (Umschichtung der Kosten vom LVR in Richtung des Schulträgers Stadt Essen). Von den Schülern mit den Förderbedarfen Sehen, Hören und Kommunikation sowie Körperliche und motorische Entwicklung sind bei der Schätzung dieser Kosten wiederum nur Schüler zu berücksichtigen, die erst in der Konsequenz des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes eine allgemeine Schule besuchen. Die laufenden Mehrkosten für Lehr- und Lernmittel steigen daher entsprechend der Differenz in den Schülerzahlen zwischen der Status Quo-Prognose und der Prognose bei Erhöhung der Inklusionsquote (Simulation). Sie belaufen sich für das Schuljahr 2016/17 auf insgesamt rund 5.400 Euro und steigen bis zum Schuljahr 2019/20 auf jährlich rund 10.300 Euro. Tabelle 47: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Laufende Mehrkosten im Schuljahr 2016/17 (in Euro) Anzahl Schüler mit Förderbedarf 2016/17 Schulform GS HS RS GES Gesamt KM 30 0 2 15 47 HK 10 0 4 2 19 SE 5 0 0 4 12 KM 45 6 26 31 108 HK 16 3 7 5 34 SE 8 2 1 4 18 Differenz Simulation zu Status Quo KM HK SE 15 6 3 6 3 2 24 3 1 16 3 0 61 15 6 30 0 2 15 47 10 0 4 2 19 5 0 0 4 12 62 11 44 44 161 20 6 13 8 50 9 4 1 7 24 32 11 42 29 114 Status Quo Simulation 2019/20 GS HS RS GES Gesamt 10 6 9 6 31 4 4 1 3 12 Primarstufe (pauschal): 36 Sekundarstufe I (pauschal): 78 864 858 2.184 1.482 864 4.524 Laufende Mehrkosten im Schuljahr 2019/20 (in Euro) 1.656 1.638 4.056 2.964 1.656 8.658 Hinweise: GS: Grundschule, HS: Hauptschule, RS: Realschule, GES: Gesamtschule; LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen. 4.4.4 Laufende Kosten für Ganztagsbetreuung (Schülerpauschale) Bei der Schätzung der zusätzlichen kommunalen Kosten für die Betreuung der Schüler mit Förderbedarf im Ganztagsbetrieb werden wiederum die Ausgaben für jene Schüler nicht berücksichtigt, die sich unter Status Quo-Annahmen (ohne Einfluss der Umsetzung des 9. Schulrechts113 4. Ergebnisse für die Stadt Essen änderungsgesetzes) ohnehin an allgemeinen Schulen befinden. Im Schuljahr 2016/17 belaufen sich die so geschätzten zusätzlichen Kosten der Ganztagsbetreuung im Primarbereich auf rund 444.000 Euro und in der Sekundarstufe I auf rund 2,8 Mio. Euro jährlich (vgl. Tabelle 48). Durch die zunehmend inklusive Beschulung von Schülern mit Förderbedarf in allgemeine Schulen steigen die jährlichen Mehrkosten bis zum Schuljahr auf insgesamt 5,75 Mio. Euro. Inwiefern personelle Ressourcen der im Zeitverlauf zunehmend geringer ausgelasteten Förderschulen hier zu einer finanziellen Entlastung führen können, wird in Abschnitt 4.4.8 diskutiert. 114 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 48: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Ganztagsbetrieb, Schülerpauschale, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 2016/17 Status Quo Simulation Laufende Mehrkosten im Schuljahr 2016/17 Pauschale Pauschale Primarstufe Sekundarstufe I 2.000 4.000 Schulform LES GG KM HK SE Gesamt LES GG KM HK SE Gesamt Grundschule 360 39 30 10 5 444 527 70 45 16 8 666 Diff. Simulation – Status Quo 222 Hauptschule 86 0 0 0 0 86 194 13 6 3 2 218 132 528.000 444.000 Realschule 28 0 2 4 0 34 294 43 26 7 1 371 337 1.348.000 Gesamtschule 115 3 15 2 4 139 296 33 31 5 4 369 230 920.000 Gesamt 602 42 47 19 12 722 1.324 159 108 34 18 1.643 921 2019/20 Status Quo Simulation 444.000 2.796.000 Laufende Mehrkosten im Schuljahr 2019/20 Pauschale Pauschale Primarstufe Sekundarstufe I 2.000 4.000 Schulform LES GG KM HK SE Gesamt LES GG KM HK SE Gesamt Grundschule 349 39 30 10 5 433 640 90 62 20 9 821 Diff. Simulation – Status Quo 388 Hauptschule 89 0 0 0 0 89 297 21 11 6 4 339 250 1.000.000 776.000 Realschule 28 0 2 4 0 34 503 69 44 13 1 630 596 2.384.000 Gesamtschule 117 3 15 2 4 141 426 54 44 8 7 539 398 1.592.000 Gesamt 596 42 47 19 12 716 1.879 234 161 50 24 2.348 1.632 776.000 4.976.000 Hinweise: LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen. 115 4. Ergebnisse für die Stadt Essen 4.4.5 Laufende Kosten für Schulpsychologie und Schulsozialarbeit Anzunehmen ist, dass an Schulen, an denen mindestens vier Schüler (Primarstufe) bzw. mindestens sechs (Sekundarstufe I) Schüler mit Förderbedarf unterrichtet werden, zusätzlicher Bedarf an Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern besteht (vgl. Abschnitt 3.2.1).56 Basierend auf der Simulation haben im Schuljahr 2016/17 von den allgemeinen Schulen in Essen 70 einen Bedarf an Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern. Mit diesem Bedarf sind kommunale Kosten in Höhe von geschätzt 4,2 Mio. Euro für das Schuljahr 2016/17 verbunden. Dieser Bedarf steigt mit der weiteren Umsetzung der Inklusion in den nachfolgenden Jahren weiter an; im Schuljahr 2019/20 besteht an 87 Schulen ein entsprechender Bedarf, der Ausgaben von insgesamt 5,22 Mio. Euro verursacht. Tabelle 49: Anzahl Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf für Schulpsychologie und Schulsozialarbeit, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Laufende Mehrkosten im Schuljahr 2016/17 2016/17 Schulform Grundschule Bedarf Schulpsychologie/ -sozialarbeit vorhanden Nein Ja 40 44 Schulpsychologie Schulsozialarbeit Gesamt 15.000 45.000 84 660.000 1.980.000 Hauptschule 0 5 5 75.000 225.000 Realschule 0 13 13 195.000 585.000 Gesamtschule 0 8 8 120.000 360.000 Gesamt 57 70 127 1.050.000 3.150.000 Laufende Mehrkosten im Schuljahr 2019/20 2019/20 Schulform Bedarf Schulpsychologie/ -sozialarbeit vorhanden Nein Ja Schulpsychologie Schulsozialarbeit Gesamt 15.000 45.000 Grundschule 23 61 84 915.000 2.745.000 Hauptschule 0 5 5 75.000 225.000 Realschule 0 13 13 195.000 585.000 Gesamtschule 0 8 8 120.000 360.000 Gesamt 40 87 127 1.305.000 3.915.000 4.4.6 Laufende Kosten für Schülerbeförderung Die Stadt Essen ist Träger von Förderschulen mit den Schwerpunkten Lernen, Emotionale und soziale Entwicklung, Sprache und Geistige Entwicklung. Daher bleiben bei der Schätzung der Schülerbeförderungskosten jene Positionen unberücksichtigt, die für die Beförderung von Schü56 Dieser Bedarf an Schulsozialarbeit und Schulpsychologie fällt zusätzlich zu den bisherigen Aufgaben von Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern an (vgl. Abschnitt 3.2.1). Im Schuljahr 2012/13 beschäftigt die Stadt Essen einen Schulsozialarbeiter (Personalkosten jährlich rund 56.600 Euro) und weiteres Personal für ambulante Unterstützungshilfe an Förder- und Regelschulen in Kooperation verschiedener Träger (Förderschulen, allgemeine Schulen, Diakoniewerk Essen, Jugendamt Essen; Gesamtkosten jährlich rund 100.000 Euro). Außerdem sind bei der Stadt Essen insgesamt 7,5 Stellen Schulpsychologie eingerichtet, davon sind vier Landesstellen. Insgesamt verausgabt die Stadt Essen im aktuellen Schuljahr rund 256.00 Euro für Schulpsychologie. 116 4. Ergebnisse für die Stadt Essen lern mit Förderbedarf Geistige Entwicklung zu allgemeinen Schulen entstehen. Diese fallen auch weiterhin beim selben Schulträger (der Stadt Essen) an. Zusätzliche Kosten entstehen der Stadt Essen aber für die Beförderung der Schüler mit Förderbedarfen in den Bereichen Körperliche und motorische Entwicklung, Sehen sowie Hören und Kommunikation. Die entsprechenden Förderschulen für Kinder mit diesen Förderbedarfen sind in der Trägerschaft des LVR, der auch für deren Beförderungskosten aufkommt. Besuchen die Schüler aber allgemeine Schulen, so übernimmt die Stadt Essen als Schulträger die Beförderungskosten. Für finanzielle Entlastung sorgen die geringeren Ausgaben für die Beförderung von Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen, die eine allgemeine Schule anstelle einer städtischen Förderschule besuchen.57 Im Jahr 2016/17 stehen den zusätzlichen Ausgaben in Höhe von geschätzt 165.100 Euro Entlastungen in Höhe von 339.400 Euro gegenüber. Im Schuljahr 2019/20, in dem im Rahmen der Simulation das Maximum der Inklusionsquote erreicht wird, wird die Stadt Essen im Vergleich zu den Ausgaben unter Status Quo-Annahmen Einsparungen bei den Schülerbeförderungskosten in Höhe von rund 292.000 Euro erzielen. Dabei ist zu beachten, dass es sich hier bei den Schülerbeförderungskosten um zwischen den Schulträgern (Stadt Essen und Landschaftsverband Rheinland) verschobene Ausgabenlasten handelt und der Landschaftsverband Rheinland von den Kommunen getragen wird.58 4.4.7 Laufende Kosten für Integrationshilfen Zur den laufenden Kosten für Integrationshilfen wurde die Annahme getroffen, dass 50%59 der Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung oder Körperliche und motorische Entwicklung eine Integrationshilfe beantragen, die je Schüler beim Sozialhilfeträger Ausgaben von geschätzt jährlich 11.000 Euro verursacht (vgl. Abschnitt 3.2.2). Basierend auf der Simulation belaufen sich die zusätzlichen Kosten der Stadt Essen für Integrationshilfen im Schuljahr 2016/17 auf geschätzt rund 980.000 Euro und steigen bis zum Schuljahr 2019/20 auf rund 1,7 Mio. Euro jährlich. Zu beachten ist, dass aufgrund fehlender belastbarer Informationen zur Inanspruchnahme von Integrationshilfen von Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen und Schülern mit Förderbedarf in den Bereichen Sehen und Hören/Kommunikation für diese Gruppen die entsprechenden Ausgaben nicht geschätzt werden können. Es ist davon auszugehen, dass die beschriebenen Mehrkosten für Integrationshilfen eine Untergrenze der tatsächlich zusätzlich anfallenden Ausgaben darstellen. 57 58 59 vgl. hierzu auch die Erläuterungen in Abschnitt 3.2.1 vgl. hierzu auch die Anmerkungen in Abschnitt 3.3 Dieser Anteil ist bereits bereinigt um den Anteil der Schüler, die an einer Förderschule unterrichtet werden und eine Integrationshilfe beantragen (vgl. Abschnitt 3.2.2). 117 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 50: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Schülerbeförderung Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Schuljahr 2016/17 Status Quo Gesamt KM HK SE KM HK SE KM HK SE 47 19 12 108 34 18 61 15 6 Anzahl Schüler mit Förderbedarf LES 602 Laufende Kosten (KM pauschal: 2.500, HK/SE pauschal: 600) KM HK und SE Gesamt Diff. Simulation – Status Quo Simulation 1324 152.500 12.600 165.100 Laufende Entlastung (LES pauschal: 470) 722 -339.340 Saldo: -174.240 Schuljahr 2019/20 Status Quo Gesamt KM HK SE KM HK SE KM HK SE 47 19 12 161 50 24 114 31 12 Anzahl Schüler mit Förderbedarf LES 596 Laufende Kosten KM pauschal: 2.500, HK/SE pauschal: 600) KM HK und SE Gesamt Diff. Simulation – Status Quo Simulation 1879 285.000 25.800 310.800 Laufende Entlastung (LES pauschal: 470) 1283 -603.010 Saldo: -292.210 Hinweise: LES: Lern- und Entwicklungsstörungen, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen. Tabelle 51: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Integrationshilfen, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Schulform GG KM Gesamt GG KM Gesamt GG KM Gesamt Grundschule 39 30 69 70 45 115 31 15 46 Laufende Kosten (Pauschale: 11.000, Faktor 50%) 253.000 Hauptschule 0 0 0 13 6 19 13 6 19 104.500 2016/17 Status Quo Diff. Status Quo Simulation Simulation Realschule 0 2 2 43 26 69 43 24 67 368.500 Gesamtschule 3 15 18 33 31 64 30 16 46 253.000 Gesamt 42 47 89 159 108 267 117 KM Gesamt GG Schulform GG KM Gesamt Grundschule 39 30 69 90 62 152 51 32 83 979.000 Laufende Kosten (Pauschale: 11.000, Faktor 50%) 456.500 Hauptschule 0 0 0 21 11 32 21 11 32 176.000 Realschule 0 2 2 69 44 113 69 42 111 610.500 Gesamtschule 3 15 18 54 44 98 51 29 80 440.000 Gesamt 42 47 89 234 161 395 192 114 306 1.683.000 2019/20 Status Quo Simulation GG 61 178 Diff. Status Quo Simulation Hinweise: GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung. 118 KM Gesamt 4. Ergebnisse für die Stadt Essen 4.4.8 Potentiell nutzbare Ressourcen der Förderschulstandorte Als Ergebnis der Simulation war in Abschnitt 4.3.3 dargestellt worden, dass die Zahl der Schüler an Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen stark zurückgehen wird, wenn die mit dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz intendierten Inklusionsquoten tatsächlich bis zum Schuljahr 2019/20 erreicht werden. In der Konsequenz wurde die Vermutung angestellt, dass die Hälfte der Förderschulen mit Schwerpunkt Lernen und Emotionale und soziale Entwicklung durch die Bildung von Schulverbünden erhalten bleiben sollte, um auch weiterhin die Nachfrage nach Beschulung an Förderschulen in diesen Schwerpunkten decken zu können. Gleichzeitig würden dann fünf Förderschulen für eine alternative Nutzung zur Verfügung stehen. Diese Schulen sind für den Gemeinsamen Unterricht optimal ausgestattet, dürften sich aber aufgrund fehlender Fachräume eher für die Nutzung als Grundschulen anbieten. Die angesprochenen Förderschulen verfügen über 15 bis maximal 18 Unterrichtsräume und würden daher die Einrichtung einer zwei- bis dreizügigen Grundschule ermöglichen. Dies würde aber nur bedingt zu geringeren Investitionen in die Standorte der Essener Grundschulen führen, da dort die in Abschnitt 3.2.1 beschriebenen Baumaßnahmen, insbesondere im Hinblick auf die Bereitstellung und Einrichtung von Differenzierungsräumen, wenn auch in etwas geringerer Zahl, trotzdem anfallen würden. Bedeutender erscheint aber der ebenfalls in Abschnitt 3.2.1 beschriebene Umstand, dass die Förderschulen erst nach ihrem Auslaufen und damit erst nach dem Schuljahr 2019/20 genutzt werden könnten. Hier sieht die Verordnung über die Schulgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke60 vor, dass der Schulträger Klassen der auslaufenden Schule an eine allgemeine Schule verlagern kann. Selbst wenn für eine derartige Kooperation geeignete Grundschulen und weiterführende Schulen gefunden werden können, die insbesondere die notwendige sächliche und räumliche Ausstattung für die Aufnahme von Förderschulklassen aufweisen, erscheint die praktische Umsetzbarkeit eines solchen Vorhabens doch sehr fraglich, da es auch die entsprechende Bereitschaft von Schülern, Lehrern und Eltern erfordert. Außerdem lassen sich auf diesem Wege keine baulich-räumlichen Veränderungen an den allgemeinen Schulen vermeiden. Von den hier betrachteten Förderschulstandorten werden sechs im offenen Ganztag geführt. Bei Schließung von fünf Standorten könnte das pädagogische Personal (Personalkosten je Standort rund 100.000 Euro/Jahr), das Küchenpersonal (rund 10.500 Euro/Jahr) und die Ausgaben für Honorarkräfte (rund 8.000 Euro/Jahr) an andere Ganztagsschulen umverteilt werden. Im Hinblick auf die in Abschnitt 4.4.4 beschriebenen Betreuungskosten der Schüler mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen in Höhe von mehr als 5 Mio. Euro im Schuljahr 2019/20 (unter den Simulationsannahmen) würde dies aber nur eine marginale finanzielle Entlastung des Schulträgers bedeuten. 60 Diese Verordnung wurde am 02.07.2013 durch das nordrhein-westfälische Landeskabinett beschlossen und soll im zeitlichen Zusammenhang mit der geplanten Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes erlassen werden; online verfügbar unter http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_Gemeinsames_Lernen/ MindestgroessenVO.pdf (zuletzt abgerufen am 05.07.2013). 119 4. Ergebnisse für die Stadt Essen 4.4.9 Zusammenfassung der möglichen kommunalen Folgekosten Die Ergebnisse zu den Schätzungen der möglichen kommunalen Folgekosten der Umsetzung der Inklusion in den Grundschulen und den weiterführenden Schulen der Sekundarstufe I in der Stadt Essen, wie sie der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vorsieht, sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengefasst (Tabelle 52). Bis zum Schuljahr 2019/20, dem Zielzeitpunkt der Modellrechnung, fallen in der Stadt Essen unabhängig von der Klassenbildungsvariante einmalige Investitionen in Höhe von geschätzt rund 4,93 Mio. Euro für die Herstellung von Barrierefreiheit, für die Anschaffung von Lernmitteln und für die Einrichtung von Therapie- und Pflegeräumen sowie von Fachräumen für den zieldifferenten Unterricht in der Sekundarstufe I an. Darüber hinaus ergeben sich erhebliche Investitionsbedarfe für den Umbau von Klassen- und Mehrzweckräumen zu Differenzierungsräumen und die Errichtung zusätzlicher Räume durch Fälle, in denen die in den Schulen verfügbaren Räume nicht mehr ausreichen. Diese Investitionen variieren mit den Annahmen, die zur Klassenbildung getroffen werden. Bereits in der Basisvariante, bei der sich die Klassenbildung an den weiterhin gültigen Klassenbildungswerten der entsprechenden Ausführungsverordnung orientiert, entstehen der Stadt Essen zusätzliche Kosten für den Umbau und die Errichtung der erforderlichen Räume in Höhe von rund 14 Mio. Euro. Wird der Klassenfrequenzrichtwert abgesenkt, z. B. auf 22 statt 24 in Grundschulklassen (Reformvariante), so steigen die notwendigen Investitionsausgaben um rund 7 Mio. Euro auf 21 Mio. Euro. In beiden Varianten wird die pädagogisch nicht wünschenswerte Möglichkeit zugelassen, dass dennoch große Klassen mit bis zu 30 Schülern gebildet werden können. In der erweiterten Reformvariante erfolgt daher eine Begrenzung der Klassengrößen, was zu einem nochmal deutlich höheren Investitionsbedarf führt. Wird schließlich unterstellt, dass jeweils zwei dieser kleinen Klassen ein Differenzierungsraum für die gemeinsame Nutzung zur Verfügung steht, was dem diesbezüglichen Standard an Förderschulen entspricht, so resultiert hieraus für die Stadt Essen ein Investitionsbedarf von 83 Mio. Euro bis zum Schuljahr 2019/20. Die zusätzlichen laufenden Ausgaben für die Ganztagsbetreuung der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf an allgemeinen Schulen würde im Jahr 2019/20 rund 5,7 Mio. Euro kosten. Hinzu kommen Kosten für Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter, Lehr- und Lernmittel und Integrationshilfen, sodass sich die laufenden Kosten auf jährlich rund 12 Mio. Euro summieren. Hierbei wurden die Entlastungen, die bei den Schülerbeförderungskosten entstehen (im Jahr 2019/20 rund 600.000), bereits verrechnet. 120 4. Ergebnisse für die Stadt Essen Tabelle 52: Zusammenfassende Darstellung der einmaligen Investitionen und laufenden Mehrkosten für die Stadt Essen nach den unterschiedlichen Klassenbildungsvarianten (Primarstufe und Sekundarstufe I) Einmalige Investitionen (die bis spät. 2019/20 erfolgen), in Euro Errichtung zusätzlicher Klassen- bzw. Unterrichtsräume Umbau/Einrichtung v. Differenzierungs-/Mehrzweckräumen Errichtung v. Differenzierungs-/Mehrzweckräumen Einrichtung Fachräume für den zieldifferenten Unterricht Einrichtung von Therapie- und Pflegeräumen Einrichtung barrierefreier Hygienebereiche Herstellung von Barrierefreiheit im Schulgebäude Herstellung barrierefreier Zugängen zu Gebäuden und Räumen Anschaffung von Lehr-und Lernmittel (SE) Summe einmalige Investitionen Nachrichtlich: Davon entfallen auf den Primarbereich: Laufende Mehrkosten (am Beispiel von 2019/20), in Euro Lehr- und Lernmittel Ganztagsbetreuung Schulpsychologie Schulsozialarbeit Schülerbeförderungskosten (HK, GG, KM und SE) Schülerbeförderungskosten (LES) Integrationshilfen Summe laufende Kosten Nachrichtlich: Davon entfallen auf den Primarbereich: Basisvariante 1.320.000 1.380.000 11.280.000 360.000 580.000 580.000 470.000 2.880.000 60.000 18.910.000 23,96% Basis: Klassenbildungsvariante Erweiterte Reformvariante Reformvariante 4.800.000 16.440.000 1.050.000 720.000 15.360.000 19.440.000 360.000 360.000 580.000 580.000 580.000 580.000 470.000 470.000 2.880.000 2.880.000 60.000 60.000 26.140.000 41.530.000 30,60% 42,74% Erweiterte Reformvariante* 16.440.000 1.170.000 65.400.000 360.000 580.000 580.000 470.000 2.880.000 60.000 87.940.000 46,10% Alle Varianten 10.314 5.752.000 1.305.000 3.915.000 310.800 -603.010 1.683.000 12.373.104 39,15% Hinweise: Erweiterte Reformvariante*: Erweiterte Reformvariante plus ein Differenzierungsraum je zwei Klassen mit Gemeinsamem Unterricht (vgl. Abschnitte 3.1.5 und 3.2.1). 121 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Nachdem in Kapitel 4 die Konsequenzen der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes für die kreisfreie Stadt Essen simuliert wurden, wird nun die zweite Beispielkommune, der Kreis Borken, betrachtet. Die Schritte der Analyse erfolgen analog zum Vorgehen in Kapitel 4, damit die Ergebnisse vergleichbar sind. Da im Kreis Borken zum Schuljahr 2013/14 insgesamt 16 Haupt- und Realschulen auslaufen und/oder in Gesamt- oder Sekundarschulen an alten oder neuen Standorten übergehen, ist eine Simulation der Konsequenzen des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes für die Sekundarstufe I im Kreis Borken nur schwer möglich. Insbesondere würde dies zahlreiche Annahmen zur künftig zu erwartenden Verteilung der Schüler mit und ohne sonderpädagogischen Förderung auf diese neuen Schulen erfordern. Außerdem ist nicht für alle neuen und zusammengefassten Schulen bekannt, wie sich die räumliche Situation an diesen Schulen darstellen wird und ob nicht aktuell noch in die Ausstattung dieser Schulen investiert wird. Da am Beispiel des Kreises insbesondere die Kostenverschiebungen zwischen den kreisangehörigen Städten und Gemeinden sowie dem Kreis verdeutlicht werden sollen, erfolgt die Simulation der zu erwartenden Entwicklung bis zum Schuljahr 2019/20 nur für den Grundschulbereich.61 Zunächst wird in Abschnitt 5.1 der Stand der sonderpädagogischen Förderung im Kreisgebiet62 Borken dargestellt. Im Anschluss erfolgt für die Grundschulen des Kreises eine Hochrechnung der Ist-Situation (Status Quo-Prognose), bei der die Schülerzahlen bis in das Schuljahr 2019/20 fortgeschrieben werden. In Abschnitt 5.3 werden dann die möglichen Konsequenzen aus der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes für die Grundschulen des Kreises simuliert. Zunächst wird geprüft, wie sich die Schüler- und Klassenzahlen unter dem neuen Gesetz entwickeln würden. Wie auch für Essen werden unterschiedliche Varianten zur Klassenbildung (Basisvariante, Reformvariante und erweiterte Reformvariante63) erläutert und im Hinblick auf die sich hierdurch ergebenden kommunalen Folgekosten diskutiert. Die Ergebnisse der Modellrechnungen stellen bezüglich der Zusammensetzung der Schüler hinsichtlich ihrer Förderbedarfe und der pädagogischen Standards zur Klassenbildung mögliche, alternative Entwicklungen an den Grundschulen im Kreis Borken bis zum Schuljahr 2019/20 dar, jeweils unter der Bedingung, dass das 9. Schulrechtsänderungsgesetz in der aktuell vorliegenden Fassung umgesetzt wird. Diese möglichen Entwicklungen werden in Abschnitt 61 62 63 Die Fortschreibung des Status Quo sowie die Simulation erfolgen auf Basis der genauen Schülerzahlen, differenziert nach Förderbedarf. Für die Darstellung der Ergebnisse werden in den Tabellen alle Fallzahlen < 3, die die IstSituation betreffen, zu 3 aufgerundet. Hierdurch können die berichteten Integrationsquoten, insbesondere bei selten auftretenden Förderbedarfen, geringfügig zu hoch ausfallen. Diese Quoten sollten daher nicht überbewertet werden. Da der Kreis Borken selbst auch Träger von Förderschulen ist, wird in Fällen, in denen dies erforderlich erscheint, vom Kreisgebiet Borken gesprochen, womit dann eindeutig die Gebietskörperschaft gemeint ist. vgl. zu den Varianten zur Klassenbildung Abschnitt 3.1.5; Basisvariante: Klassenbildung laut Ausführungsverordnung zum Schulgesetz; Reformvariante: Klassenbildung bei Absenkung des Klassenfrequenzrichtwertes; Erweiterte Reformvariante: Beschränkung der maximalen Klassengröße (‚kleine Klassen‘) 123 5. Ergebnisse für den Kreis Borken 5.4 mit den in Tabelle 12 dargestellten Kosten bewertet. Dabei wird für den Kreis Borken deutlich, wie sich die Gesetzesänderung auf die Umverteilung der Kosten zwischen den Schulträgern im Kreisgebiet auswirkt. Diese Umverteilung folgt aus der zunehmenden Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den Grundschulen in Trägerschaft der kreisangehörigen Städte und Gemeinden. 5.1 Stand der sonderpädagogischen Förderung Im Schuljahr 2012/13 werden im Kreis Borken insgesamt 37.379 Schüler unterrichtet (vgl. Tabelle 53). Davon sind 15.846 Schüler in der Primarstufe und 21.533 in der Sekundarstufe I. Von den Schülern in der Primarstufe haben 903 einen sonderpädagogischen Förderbedarf, in der Sekundarstufe sind es 1.115 Schüler. Dabei weisen, wie in Essen, insgesamt die meisten Schüler einen Förderbedarf im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen auf (1.639 Schüler). Tabelle 53: Schüler an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen im Kreis Borken nach Schulstufe und Förderbedarf, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 Absolut Anzahl Schüler Förderschule Allgemeine Schule SekSekPrimar- undar- Primar- undarstufe stufe stufe I stufe I 557 955 15.289 20.578 Insgesamt SekPrimar- undarstufe stufe I 15.846 21.533 Insgesamt AllgeFördermeine schule Schule 1.512 35.867 Gesamt 37.379 mit Förderbedarf 557 955 346 160 903 1.115 1.512 506 2.018 mit spF LES 419 766 308 146 727 912 1.185 454 1.639 mit spF GG 68 84 0 5 68 89 152 5 157 mit spF HK 0 0 17 3 17 3 0 20 20 mit spF KM 70 105 18 3 88 108 175 21 196 mit spF SE 0 0 3 3 3 3 0 6 6 ohne Förderbedarf 0 0 14.943 20.418 14.943 20.418 0 35.361 35.361 Insgesamt AllgeFördermeine schule Schule 100,00 1,41 Gesamt 5,40 Förderschule Allgemeine Schule Anteil an allen Schülern (in %) SekSekPrimar- undar- Primar- undarstufe stufe I stufe stufe I mit Förderbedarf 100,00 100,00 2,26 0,78 Insgesamt SekPrimar- undarstufe stufe I 5,70 5,18 mit spF LES 75,22 80,21 2,01 0,71 4,59 4,24 78,37 1,27 4,38 mit spF GG 12,21 8,80 0,00 0,02 0,43 0,41 10,05 0,01 0,42 mit spF HK 0,00 0,00 0,11 0,01 0,11 0,01 0,00 0,06 0,05 mit spF KM 12,57 10,99 0,12 0,01 0,56 0,50 11,57 0,06 0,52 mit spF SE 0,00 0,00 0,02 0,01 0,02 0,01 0,00 0,02 0,02 ohne Förderbedarf 0,00 0,00 97,74 99,22 94,30 94,82 0,00 98,59 94,60 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken; eigene Berechnung Hinweise: Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; spF: sonderpädagogischer Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen; es fehlen Informationen zu zwei Hauptschulen, zwei Realschulen und einer Verbundschule/Sekundarschule; Fallzahlen < 3 zu 3 aufgerundet. 124 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Auch im Kreis Borken ist der gemeinsame Unterricht bereits gut etabliert. Von den insgesamt 2.018 Schülern mit Förderbedarf sind 506 an allgemeinen Schulen im Gemeinsamen Unterricht, dies entspricht einem Anteil von 1,41% aller Schüler an allgemeinen Schulen. An den allgemeinen Schulen werden zudem fünf Kinder mit Förderbedarf im Bereich Geistige Entwicklung (GG), 20 Kinder mit Förderbedarf Hören und Kommunikation (HK), 21 Kinder mit Förderbedarf im Bereich der Körperlich und motorischen Entwicklung (KM) und sechs Kinder mit Förderbedarf Sehen (SE) unterrichtet.64 Insgesamt ist zu beachten, dass private Schulen und Schüler an privaten Schulen nicht berücksichtigt werden. Der Kreis Borken ist Träger von drei Förderschulen im Kreisgebiet Borken (mit den Schwerpunkten Geistige Entwicklung, Sprache und Emotionale und soziale Entwicklung), wobei zwei dieser Schulen noch jeweils einen Teilstandort unterhalten. Daneben gibt es eine Schule für Kranke (Träger: Kreis Borken) und sechs Förderschulen in Trägerschaft von kreisangehörigen Städten (alle mit Schwerpunkten im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen). Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) unterhält eine Förderschule im Kreis Borken mit dem Schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung. Von den insgesamt 64 öffentlichen Grundschulen im Kreis Borken65 werden bereits an 54 Grundschulen (84,38%) Schüler mit Förderbedarf im Gemeinsamen Unterricht beschult (vgl. Tabelle 54). Bei den weiterführenden Schulen sind im Kreis Borken – wie auch in der kreisfreien Stadt Essen – die Hauptschulen am besten aufgestellt. 12 von 18 bieten bereits Gemeinsamen Unterricht an, hinzu kommen 3 Verbundschulen66, die ebenfalls Gemeinsamen Unterricht anbieten. Von den insgesamt acht Gymnasien bietet nur eines Gemeinsamen Unterricht an. Von den Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den weiterführenden allgemeinen Schulen weisen die meisten (rund 90% der Schüler) Förderbedarfe im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen auf. 64 65 66 Zahlen zum Teil aus Datenschutzgründen auf nächsthöhere Anzahl Schüler aufgerundet. Es können nicht alle weiterführenden Schulen im Kreis Borken betrachtet werden, da nicht alle kreisangehörigen Städte und Gemeinden die notwendigen Informationen zur Verfügung stellen konnten. Es fehlen insgesamt Informationen zu zwei Hauptschulen, zwei Realschulen und einer Verbundschule/Sekundarschule. Hier handelt es sich im aktuellen Schuljahr sämtlich um Verbundschulen. Ab dem Schuljahr 2013/14 entstehen im Kreisgebiet Borken mehrere Sekundarschulen, sodass für diese Schulformen die gemeinsame Abkürzung VSEK verwendet wird. 125 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Tabelle 54: Schulen mit und Schüler im Gemeinsamen Unterricht im Kreis Borken nach Schulform, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 Schulen Schüler Schüler nach Förderbedarf Schulform GS Insgesamt 64 mit GU 54 Insgesamt 15.289 mit Förderbedarf 346 HS 18 12 5.231 113 107 3 0 0 3 RS 13 3 8.087 12 6 3 3 0 0 VSEK 3 3 1.339 33 33 0 0 0 0 GYM 8 1 5.921 6 0 0 0 3 3 Gesamt 106 73 35.867 510 454 6 20 21 9 Schulen Schüler LES 308 GG 0 HK 17 KM 18 SE 3 Anteil an Schülern mit Förderbedarf Schulform GS Insgesamt 64 Anteil mit GU 84,38 Insgesamt 15.289 Anteil mit Förderbedarf 2,26 LES 89,02 GG 0,00 HK 4,91 KM 5,20 SE 0,87 HS 18 66,67 5.231 2,16 94,69 2,65 0,00 0,00 2,65 RS 13 23,08 8.087 0,15 50,00 25,00 25,00 0,00 0,00 VSEK 3 100,00 1.339 2,46 100,00 0,00 0,00 0,00 0,00 GYM 8 12,50 5.921 0,10 0,00 0,00 0,00 50,00 50,00 Gesamt 106 68,87 35.867 1,42 89,02 1,18 3,92 4,12 1,76 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen; es fehlen Informationen zu zwei Hauptschulen, zwei Realschulen und einer Verbundschule/Sekundarschule; Schüler an Teilstandorten von Grundschulen werden an der Stammschule erfasst; GS: Grundschulen, HS: Hauptschulen, RS: Realschulen, VSEK: Verbund/Sekundarschulen, GYM: Gymnasien; GU: Gemeinsamer Unterricht; Fallzahlen < 3 zu 3 aufgerundet. Das aktuell (2012/2013) erreichte Niveau der Integration von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an allgemeinen Schulen ist der nachfolgenden Tabelle 55 zu entnehmen. Hier werden als Referenzstichprobe alle Schüler mit Förderbedarf definiert, die im Kreisgebiet Borken wohnen und innerhalb des Kreises eine öffentliche allgemeine Schule oder eine Förderschule in öffentlicher Trägerschaft (Kreis Borken oder LWL) oder eine Schule des LWL außerhalb des Kreisgebiets Borken besuchen. In den Grundschulen liegt die Integrationsquote bei insgesamt 40,71%. Dabei ist, wie auch für die Stadt Essen zu beobachten, die Integration von Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen absolut am größten (308 Schüler). Die Integrationsquoten für die weiteren Förderschwerpunkte liegen deutlich über der Integrationsquote der Schüler mit Lern- und Entwicklungsstörungen; dabei sind aber die im Vergleich zur Stadt Essen deutlich geringeren Fallzahlen – auch in der Referenzstichprobe – zu beachten. Bei den weiterführenden Schulen ist die Integrationsquote mit lediglich 14,08% wesentlich geringer. 126 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Tabelle 55: Schüler im Gemeinsamen Unterricht und Integrationsquote in der Primarstufe und der Sekundarstufe I an allgemeinen öffentlichen Schulen im Kreis Borken, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 Schulstufe Primarstufe Sekundarstufe I Insgesamt Kennzahl Schüler bereits in GU Referenzstichprobea) Integrationsquote Schüler bereits in GU Referenzstichprobea) Integrationsquote Schüler bereits in GU Referenzstichprobea) Integrationsquote LES 308 729 42,25 146 911 16,03 454 1.640 27,68 GG 0 68 0,00 5 89 5,62 5 157 3,18 Förderbedarf KM HK SE 17 18 3 27 21 5 62,96 85,71 60,00 3 3 3 12 9 3 25,00 33,33 100,00 20 21 6 39 30 8 51,28 70,00 75,00 GG-SE 38 121 31,40 14 113 12,39 52 234 22,22 Gesamt 346 850 40,71 160 1.136 14,08 502 1.985 25,29 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; ohne Sekundarstufe II; a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die im Kreis Borken bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die im Kreis Borken wohnen und eine Förderschule im Kreis oder außerhalb des Kreises besuchen; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen; GU: Gemeinsamer Unterricht; es fehlen Informationen zu zwei Grundschulen, zwei Hauptschulen, einer Realschule und einer Verbundschule/Sekundarschule; Fallzahlen < 3 zu 3 aufgerundet. Wie für die Stadt Essen zeigt sich auch im Kreis Borken, dass die Zahl der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarfen im Bereich Sehen und Hören/Kommunikation deutlich geringer ausfällt als unter Zugrundelegung der landesdurchschnittlichen Förderquote zu erwarten wäre (vgl. die Erläuterungen in Abschnitt 4.1). Zudem gehört das Kreisgebiet Borken zu den Regionen, in denen der Anteil der Schüler mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung an Privatschulen deutlich über dem Landesdurchschnitt liegt (vgl. Tabelle 5). Im Kreisgebiet Borken befinden sich drei private Förderschulen mit dem Schwerpunkt Geistige Entwicklung mit insgesamt rund 500 Schülern. Da zu den privaten Schulen die notwendigen Informationen nicht vorliegen, können diese Schüler in der Analyse nicht berücksichtigt werden. Daher wird auch für diesen Förderbedarf die künftig zu erwartende Nachfrage nach Gemeinsamem Unterricht (bei Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes) unterschätzt und damit auch der resultierende Investitionsbedarf. Die nachfolgende Abbildung 15 zeigt die Standorte der öffentlichen Schulen im Kreis Borken nach Schulform und Abbildung 16 zeigt die Verteilung der Schüler, die im Kreisgebiet Borken wohnen und eine öffentliche Förderschule im Kreis Borken oder eine LWL-Schule außerhalb des Kreises besuchen. Da für einen Großteil der Schüler die Wohnortinformation lediglich auf Gemeindeebene vorliegt, werden diese Kinder zufällig innerhalb der Gemeinden verteilt.67 67 Aus den einzelnen genauen Wohnortinformationen konnten jedoch auch genaue Verortungen der Schüler vorgenommen werden. Diese Verortungen zeigen, dass sich die Schüler dort konzentrieren, wo auch die Schuldichte am höchsten ist. Für die Förderschulen wurde die räumliche Verteilung der Schüler zum Teil auf Basis der Zuständigkeitsgebiete der Förderschulen geschätzt. 127 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Abbildung 15: Standorte der öffentlichen Schulen im Kreis Borken nach Schulform, Schuljahr 2012/13 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung Hinweise: Darunter auch eine LWL-Förderschule, Teilstandorte von Grund- oder Förderschulen sowie auslaufende Schulen. 128 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Abbildung 16: Standorte der Förderschulen und Wohnorte der Schüler mit Förderbedarf im Kreis Borken, Schuljahr 2012/13 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung Hinweise: Darunter auch eine LWL-Förderschule sowie Teilstandorte von Förderschulen; dargestellt sind jene Schüler mit Förderbedarf, die im Kreis Borken wohnen und im Kreis Borken eine öffentliche Förderschule oder außerhalb des Kreises eine Förderschule des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe besuchen. 129 5. Ergebnisse für den Kreis Borken 5.2 Status Quo-Prognose Anders als für die Stadt Essen wird für das Kreisgebiet Borken ein Rückgang der Schülerzahlen bis zum Schuljahr 2019/20 erwartet. Die Schülerprognose, d. h. die Fortschreibung der IstSituation bis zum Schuljahr 2019/20, weist also erhebliche Potenziale einer demografischen Entlastung aus. Während im Schuljahr 2012/13 noch 15.289 Schüler an Grundschulen unterrichtet werden, werden es im Schuljahr 2016/17 nur noch 14.147 und im Schuljahr 2019/20 nur noch 13.433 sein (vgl. Tabelle 56). Diese rückläufige Entwicklung trifft auch auf Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf zu. Daher können die Klassen kleiner werden und/oder Klassen zusammengelegt werden. Während es in 2012/13 noch 10,22 Klassen je Grundschule gibt, reichen unter der Status Quo-Variante, in der die Klassen anhand der gültigen Ausführungsverordnung gebildet werden, im Schuljahr 2019/20 bereits 9,06 Klassen je Grundschule aus. Zusätzlich sinken die durchschnittlichen Klassengrößen im Vergleich zur aktuellen Situation im Schuljahr 2012/13. Somit können viele von diesen künftig eigentlich zu schließenden Klassen für den sich durch den Entwurf zum 9. Schulrechtsänderungsgesetz ergebenden Mehrbedarf genutzt werden. Hierfür werden im Folgenden die zu erwartenden Schülerzahlen nach der Erhöhung der Inklusionsquoten simuliert. Tabelle 56: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für den Kreis Borken, Grundschulen Anzahl Schüler darunter mit Förderbedarf Durchschnitt Schule KlasKlassensenanzahl größe 10,22 23,11 Durchschnitt Stufe KlasKlassensenanzahl größe 2,55 23,26 LES GG KM HK SE 15.289 mit Förderbedarf 346 308 0 18 17 3 2016/17 14.147 322 287 0 17 16 3 9,44 21,38 2,36 23,41 2019/20 13.433 303 270 0 16 15 3 9,06 20,32 2,27 23,06 Schuljahr Insgesamt Ist 2012/13 Prognose Prognose Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich. Tabelle ist nur bedingt mit erster Tabelle (Stand der sonderpädagogischen Förderung) vergleichbar; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen. 5.3 Modellrechnungen bei Erhöhung der Inklusionsquote in der Primarstufe Mit dem Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz ist die Zielsetzung verbunden, die Inklusionsquote an allgemeinen Schulen schrittweise zu erhöhen. Basierend auf der Status QuoPrognose wird für den Kreis Borken die über die Zeit zunehmende Beschulung von Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den Grundschulen simuliert. Ausgehend von einer Erhöhung der Inklusionsquote an Grundschulen bis zum Schuljahr 2019/20 auf ca. 70% zeigt sich für die Schuljahre 2016/17 und 2019/20 das in Tabelle 57 dargestellte Bild. Anders als in Essen 130 5. Ergebnisse für den Kreis Borken sinken im Kreis Borken die Schülerzahlen an den Grundschulen weiter, auch wenn zusätzliche Schüler mit Förderbedarf an den Grundschulen aufgenommen werden. Im Schuljahr 2016/17 werden insgesamt 446 Schüler mit Förderbedarf an den Grundschulen beschult, d. h. 124 mehr als in der Status-Quo Variante (Fortschreibung auf Basis der Schülerprognose). In 2019/20 sind bereits 206 Förderschüler mehr an den Grundschulen, insgesamt also 509 Schüler. Anders als im aktuellen Schuljahr 2012/13 werden dann auch Schüler mit Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung im Gemeinsamen Unterricht beschult. Die Inklusionsquote ist bei den Förderbedarfen im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen (LES) etwas geringer als in Essen, liegt jedoch fast bei den angestrebten 70%.68 Die hohen Inklusionsquoten bei den anderen Förderbedarfen sind auf die geringen Fallzahlen in den Förderschwerpunkten Geistige Entwicklung (GG), Körperliche und motorische Entwicklung (KM), Hören und Kommunikation (HK) sowie Sehen (SE) zurückzuführen. Tabelle 57: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Grundschulen Zunahme der Schüler nach FOEB Schuljahr mit FOEB LES GG KM HK Ist 2012/13 0 0 0 0 0 Prog. 2016/17 124 93 22 7 2 Prog. 2019/20 206 154 41 8 2 Neue Schülerzahlen SE Sch. insg. mit FOEB LES GG KM HK SE 0 15.289 346 308 0 18 17 3 0 14.272 446 379 22 24 18 3 1 13.640 509 424 41 24 17 4 Referenzstichprobea) Inklusionsquote (Schüler mit FOEB Insgesamt) Schuljahr LES GG KM HK SE LES GG KM HK SE GG-SE ALLE Ist 2012/13 729 68 27 21 5 42,25 0,00 66,67 80,95 60,00 31,40 40,71 Prog. 2016/17 676 63 25 19 5 56,07 34,92 96,00 94,74 60,00 59,82 56,60 Prog. 2019/20 638 60 24 18 4 66,46 68,33 100,00 94,44 100,00 81,13 68,41 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die im Kreis Borken bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die im Kreis Borken wohnen und eine öffentliche Förderschule im Kreis Borken oder eine LWL-Schule außerhalb des Kreises besuchen. Diese Summe wird mit der Schülerprognose ebenfalls bis 2019/20 fortgeschrieben; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, SE: Sehen. Folgt man den Ergebnissen der Simulation, wären an den Grundschulen im Kreis Borken in 2016/17 im Durchschnitt 7,17 Schüler mit Förderbedarf zu beschulen (im Vergleich zu 5,22 in der Status Quo-Variante, vgl. Tabelle 58). Dadurch sinken die Schülerzahlen insgesamt nicht in dem Ausmaß wie in der Status Quo-Variante. In 2019/20 sind insgesamt 13.588 Schüler an den Grundschulen und 7,98 Schüler haben im Durchschnitt je Grundschule einen Förderbedarf. Dies sind zusätzlich rund 3 Kinder pro Schule im Vergleich zur Status Quo-Prognose. 68 Abweichungen von der angestrebten Inklusionsquote nach Förderschwerpunkten haben technische Gründe und sind auf das über die Zeit schwankende und zudem geringe Mengengerüst in einzelnen Förderschwerpunkten zurückzuführen (vgl. Abschnitt 5.1). 131 5. Ergebnisse für den Kreis Borken 2019/ 2016/ 2012/ 20 17 13 Tabelle 58: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen Anzahl Schüler Anzahl Schüler mit Förderbedarf Anzahl Schüler Anzahl Schüler mit Förderbedarf Anzahl Schüler Anzahl Schüler mit Förderbedarf Status Quo-Prognose arith. Mittel Std. Abw. Summe 241,75 78,88 15.230 Erhöhung der Inklusionsquote arith. Mittel Std. Abw. Summe 5,49 7,11 346 223,71 72,89 14.094 225,73 72,80 14.221 5,22 6,59 329 7,17 6,35 452 212,38 69,34 13.380 215,68 69,49 13.588 4,90 6,23 309 7,98 6,34 503 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; dargestellt sind die 63 Grundschulen, die nach derzeitigem Stand bis zum Schuljahr 2016/17 bzw. 2019/20 fortbestehen werden. Tabelle 59: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen 5,00 Perzentile (Anteil Schulen) 25% 50% 75% 95% Status Quo 8,00 10,00 12,00 15,00 10,33 19,00 21,88 23,00 24,73 25,77 5,00 8,00 9,00 12,00 13,00 18,88 21,38 23,73 25,10 26,50 2019/ 2016/ 2012/ 20 17 13 Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen 2019/ 2016/ 20 17 5% Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen Anzahl Klassen Durchschnittliche Klassengrößen arith. Mittel Std. Abw. Min. Max. 2,94 4,00 17,00 23,16 2,12 18,00 28,33 9,54 2,73 4,00 17,00 23,24 2,38 16,63 28,25 5,00 8,00 8,00 11,00 12,00 9,16 2,51 4,00 16,00 18,14 21,25 22,88 24,92 27,00 22,92 2,71 16,63 28,63 5,00 Simulation (Erhöhung der Inklusionsquote) 8,00 9,00 12,00 13,00 9,60 2,72 4,00 17,00 19,13 21,50 23,58 24,77 26,75 23,28 2,35 16,88 28,38 5,00 8,00 9,00 12,00 13,00 9,29 2,52 4,00 16,00 19,13 22,67 24,18 25,93 28,38 24,05 2,74 16,88 29,63 Gesamt 651 601 577 605 585 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; dargestellt sind die 63 Grundschulen, die nach derzeitigem Stand bis zum Schuljahr 2016/17 bzw. 2019/20 fortbestehen werden. Die rückläufigen Schülerzahlen im Kreis Borken haben entscheidenden Einfluss auf die Anzahl der Klassen und die durchschnittlichen Klassengrößen, die in den Schuljahren 2016/17 und 2019/20 zu erwarten sind. In der Status Quo-Prognose, d. h. ohne Wirkung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes, werden an den Grundschulen im Kreis Borken im Schuljahr 2016/17 noch 601 Klassen benötigt, im Schuljahr 2012/13 sind es hingegen noch 651 Klassen (vgl. Tabelle 59). Bis zum Schuljahr 2019/20 reduziert sich dieser Wert weiter auf 577 Klassen. Insgesamt könnten durch die sinkenden Schülerzahlen bis zum Schuljahr 2019/20 74 Klassen eingespart oder deutlich kleinere Klassen gebildet werden. Diese Differenz kennzeichnet die demografische Entlastung, die die Träger der Grundschulen im Kreis Borken zu erwarten haben. Von Interesse ist dann, inwiefern dieses theoretische Einsparpotenzial genutzt werden kann, um bei einer zu132 5. Ergebnisse für den Kreis Borken nehmenden Anzahl an Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf eine pädagogisch wünschenswerte Klassenbildung vorzunehmen. Hierzu zeigt Tabelle 59 zunächst nur, dass durch die gestiegene Inklusion im Schuljahr 2016/17 605 Klassen und im Schuljahr 2019/20 585 Klassen benötigt werden. Die sich aus den rückläufigen Schülerzahlen ergebende demografische Entlastung kann also für die Aufnahme von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf an den Grundschulen genutzt werden. Die Differenz zwischen der Klassenzahl in 2019/20 unter der Status Quo-Prognose und jener, die sich durch die Erhöhung der Inklusionsquote im selben Schuljahr ergibt, kennzeichnet aber auch die demografische Entlastung, die den Trägern der Grundschulen im Kreis Borken durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz entgeht (siehe unten). Da die Status Quo-Prognose keine Veränderungen in den Richtwerten zur Klassenbildung vorsieht, werden in der Konsequenz die Klassen im Durchschnitt wieder etwas größer (24,05 zu 22,92 Schüler je Klasse, vgl. Tabelle 59). Erst wenn die Klassenbildungswerte nachfolgend variiert werden, kann beurteilt werden, inwiefern die demografische Entlastung auch für die Bildung kleinerer Klassen genutzt werden kann. Betrachtet wird hierzu zunächst die Basisvariante, bei der die Klassenbildung anhand der in der entsprechenden Ausführungsverordnung angegebenen Richtwerte erfolgt (24 Schüler als Richtwert bei einer Untergrenze von 18 und einer Obergrenze von 30 Schülern, vgl. dazu auch Abschnitt 3.1.5). Bezogen auf die einzelnen Schulen hat die Erhöhung der Inklusionsquote im Vergleich zur Status Quo-Prognose an 52 Grundschulen im Schuljahr 2019/20 keine Konsequenzen für die Klassenbildung (vgl. Tabelle 60).69 Insgesamt entsteht durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz ein Mehrbedarf in Höhe von acht Klassen durch Kinder mit Förderbedarf, die an Grundschulen unterrichtet werden (585 Klassen – 577 Klassen, vgl. Tabelle 59). An 6 Schulen wird jeweils eine Klasse aus der demografischen Entwicklung erhalten bleiben, d. h. im Vergleich zur Status Quo-Prognose kann jeweils eine Klasse weniger zusammengelegt werden. Eine Grundschule wird zwei Klassen weiterhin erhalten, die sie unter der Status Quo-Prognose sonst auflösen könnte (vgl. Tabelle 60 und Tabelle 59). Über den weiteren Raumbedarf (z. B. für Differenzierungsräume) gibt Tabelle 60 allerdings keine Auskunft. Auch andere Maßnahmen, wie z. B. bauliche Maßnahmen zur Herstellung von Barrierefreiheit, werden an dieser Stelle noch nicht diskutiert. Ähnlich wie in Essen steigt auch im Kreis Borken die Zahl der mit Inklusion befassten Schulen. 59 der 63 Grundschulen, die nach der Fortschreibung im Kreis Borken bestehen bleiben, wären von der Schulrechtsänderung betroffen. Diese Schulen nehmen erstmalig oder zusätzlich zum bestehenden Gemeinsamen Unterricht Schüler mit sonderpädagogischem Förder- 69 Es sei noch einmal darauf hingewiesen, dass im Schuljahr 2019/20 vermutlich rund 100 Förderschüler mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung inklusiv zu unterrichten wären, die sich derzeit an privaten Förderschulen befinden. 133 5. Ergebnisse für den Kreis Borken bedarf auf. Abbildung 17 und Abbildung 18 zeigen die betroffenen Schulen für die beiden betrachteten Schuljahre. Tabelle 60: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen, Basisvariante Klassenbildung 2012/13 2016/17 2019/20 0 0 44 52 1 0 4 6 2 0 0 1 3 0 0 0 Anzahl betroffener Schulen 0 48 59 Anteil betroffener Schulen 0,00 76,19 93,65 Differenz Klassenbildung 0 4 8 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich. 134 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Abbildung 17: Standorte der öffentlichen Grundschulen im Kreis Borken nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2016/17 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung 135 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Abbildung 18: Standorte der öffentlichen Grundschulen im Kreis Borken, nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2019/20 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Verortung, eigene Darstellung 136 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Die demografische Entlastung, die sich aus der Status Quo-Prognose ergibt, fällt jedoch geringer aus, wenn im Sinne pädagogisch sinnvollerer Klassengrößen die Richtwerte und die Mindestund Höchstgrößen für Grundschulklassen variiert werden. Können im Schuljahr 2016/17 in der Status Quo-Prognose 50 Klassen weniger gebildet werden, so werden bei einer Herabsenkung des Klassenfrequenzrichtwertes von 24 auf 22 Schüler (Reformvariante) 39 Klassen von diesen 50 erhalten bleiben. In 2019/20 wären es 52 von 74 Klassen. Hingegen wird in der erweiterten Reformvariante (‚kleine Klassen‘), bei der der Klassenfrequenzrichtwert auf 22 und die Höchstgrenze auf 23 Schüler gesenkt wird, die demografische Entlastung vollständig aufgebraucht und es müssen noch zusätzliche Klassen gebildet werden. Im Jahr 2016/17 werden 106 Klassen benötigt, d. h., es müssen zusätzlich 56 Klassen eingerichtet werden. In 2019/20 müssen 57 Klassen zusätzlich eingerichtet werden (Zu bildende Klassen in 2019/20: 131 Klassen, nach Status Quo noch zur Verfügung stehende Klassen: 74), um pädagogisch sinnvolle Größen der Lerngruppen zu erreichen (vgl. hierzu Abschnitt 3.1.5). Tabelle 61: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen, Reformvariante Klassenbildung 2012/13 2016/17 2019/20 -1 0 0 0 0 0 27 25 1 0 9 23 2 0 6 4 3 0 6 7 4 0 0 0 Anzahl betroffener Schulen 0 48 59 Anteil betroffener Schulen 0,00 79,19 93,65 Differenz Klassenbildung 0 39 52 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 60 Tabelle 62: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen, erweiterte Reformvariante Klassenbildung 2012/13 2016/17 2019/20 -1 0 0 0 0 0 6 8 1 0 9 11 2 0 9 11 3 0 17 18 4 0 7 11 Anzahl betroffener Schulen 0 48 59 Anteil betroffener Schulen 0,00 76,19 93,65 Differenz Klassenbildung 0 106 131 Quelle und Hinweise: siehe Tabelle 60 137 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Aus der Erhöhung der Inklusionsquoten in der Primarstufe ergeben sich ebenfalls Konsequenzen für die Förderschulen im Kreisgebiet Borken. Je mehr Schüler mit Förderbedarf von Jahr zu Jahr an allgemeinen Grundschulen unterrichtet werden, desto weniger Schüler mit Förderbedarf besuchen die Förderschulen. Folglich sinken nicht nur die Schülerzahlen an Förderschulen, sondern auch die Förderschulbesuchsquote (vgl. Tabelle 63 und Tabelle 64). In 2012 beträgt die Förderschulbesuchsquote im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen 57,48% bezogen auf die Referenzstichprobe (vgl. Abschnitt 5.1). Dabei ist zu beachten, dass in Förderschulen regelmäßig alle Klassenstufen unterrichtet werden und daher hier lediglich der Effekt beschrieben wird, der sich aus der Unterrichtung von Schülern an allgemeinen Schulen ergibt, die der Primarstufe zuzuordnen sind. Da für das Kreisgebiet Borken die erstmalige Situation simuliert wird, dass Kinder mit Förderbedarf im Bereich Geistige Entwicklung an Grundschulen unterrichtet werden, reduziert sich die Förderschulbesuchsquote für diesen Förderschwerpunkt von 100% auf 30%.70 Die Förderschulbesuchsquote von 0% in den weiteren Förderbedarfen bedeutet, dass an den öffentlichen Förderschulen im Kreisgebiet Borken keine Kinder mit diesen Förderbedarfen unterrichtet werden, da kein entsprechendes Angebot in Trägerschaft des Kreises oder der kreisangehörigen Städte vorliegt. Diese Schüler werden daher entweder an privaten Förderschulen, den Förderschulen des LWL oder öffentlichen Förderschulen außerhalb des Kreises Borken unterrichtet. 70 Diese Förderschulbesuchsquote bezieht sich – wie auch in der gesamten Analyse – lediglich auf die Förderschulen in öffentlicher Trägerschaft. 138 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Tabelle 63: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Förderschulen (ohne LWL-Schule), Schülerzahlen in der Primarstufe Ist 2012/13 Anzahl Schüler mit Förderbedarf 487 Prognose 2016/17 450 387 63 0 0 0 -114 -92 -22 0 0 0 336 295 41 0 0 0 Prognose 2019/20 427 367 60 0 0 0 -195 -153 -41 0 0 0 232 214 18 0 0 0 Jahr darunter mit Förderbedarf Abnahme der Schüler nach FOEB Neue Schülerzahlen LES GG KM HK SE mit FOEB LES GG KM HK SE mit FOEB LES GG KM HK SE 419 68 0 0 0 0 0 0 0 0 0 487 419 68 0 0 0 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen. Tabelle 64: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Förderschulen (ohne LWL-Schule), Förderschulbesuchsquoten in der Primarstufe Jahr Referenzstichprobea) (Schüler mit FOEB Insgesamt) LES GG KM HK SE Förderschulbesuchsquote LES GG KM HK SE GG-SE ALLE Ist 2012/13 729 68 27 21 5 57,48 100,00 0,00 0,00 0,00 56,20 57,29 Prognose 2016/17 676 63 25 19 5 43,64 65,08 0,00 0,00 0,00 36,61 42,64 Prognose 2019/20 638 60 24 18 4 33,54 30,00 0,00 0,00 0,00 16,98 31,18 Quelle: Daten der Schulträger im Kreis Borken, IT.NRW; eigene Berechnung Hinweise: Ohne Privatschulen; Rundungsdifferenzen durch Schätzungen der Förderbedarfe nach Stufe möglich: a)Die Referenzstichprobe beinhaltet alle Schüler, die im Kreis Borken bereits inklusiv unterrichtet werden plus alle Schüler mit Förderbedarf, die im Kreis Borken wohnen und eine öffentliche Förderschule im Kreis Borken oder eine LWL-Schule außerhalb des Kreises besuchen. Diese Summe wird mit der Schülerprognose ebenfalls bis 2019/20 fortgeschrieben; FOEB: Förderbedarf; LES: Lern- und Entwicklungsstörung, GG: Geistige Entwicklung, KM: Körperliche und motorische Entwicklung, HK: Hören und Kommunikation, SE: Sehen. 139 5. Ergebnisse für den Kreis Borken 5.4 Mögliche kommunale Folgekosten bei Erhöhung der Inklusionsquote in der Primarstufe Zur Bewertung der möglichen kommunalen Folgekosten der Umsetzung der Inklusion im Primarbereich des Kreises Borken, wie sie der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vorsieht, werden die zuvor beschriebenen schulorganisatorischen Konsequenzen mit den in Tabelle 12 auf S. 72 angegebenen Kosten gewichtet. Zu berücksichtigen sind dabei nicht nur die Anzahl zusätzlich zu bildender Klassen, sondern auch Erfordernisse aus der Beschulung von Schülern mit spezifischen Förderbedarfen. Diese Erfordernisse wurden in Abschnitt 3.2 ausführlich beschrieben. Dabei wurde in Abschnitt 3.2 auch die Unterscheidung zwischen kommunalen Mehrkosten durch die Umsetzung der Inklusion (z. B. für den Umbau oder die Erweiterung von Schulgebäuden) und Kosten, die zwischen den öffentlichen Schulträgern umverteilt werden, vorgenommen (vgl. auch zusammenfassend Tabelle 12 auf S. 72). Ein Beispiel für die Umverteilung von Ausgabenlasten zwischen den Schulträgern sind die Schülerbeförderungskosten. Am Beispiel des Kreises Borken und seiner 17 kreisangehörigen Städte und Gemeinden können diese Kostenumverteilungen für den Grundschulbereich im Detail dargestellt werden. Im Folgenden werden die verschiedenen Kostenblöcke einzeln aufgeführt und beschrieben. 5.4.1 Investitionsbedarf für Räume und räumliche Ausstattung Unterrichts- und Differenzierungsräume In Abschnitt 5.3 wurden die schulorganisatorischen Konsequenzen aus der Erhöhung der Inklusionsquoten für die einzelnen Grundschulen im Kreis Borken im Hinblick auf die zu bildenden Klassen beschrieben. Nun wird dieser Bedarf an Klassenräumen mit der aktuell vorhandenen Raumausstattung an den Schulen abgeglichen. Es wird geprüft, ob Schulen, die zusätzlich oder erstmalig Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf aufnehmen, über ausreichend Räume verfügen, um nicht nur Klassen, sondern auch Differenzierungsräume einzurichten. Sind in einer Schule noch genügend freie Räume verfügbar, wird angenommen, dass diese ohne zusätzlichen Investitionsbedarf als Unterrichtsräume genutzt werden können. Für die Einrichtung von Differenzierungsräumen wird lediglich ein Investitionsbedarf für deren Umgestaltung angesetzt, solange das noch vorhandene Raumangebot der Schule die Einrichtung von Differenzierungsräumen zulässt. Andernfalls müssen diese Räume (an)gebaut werden. Hinsichtlich der Anzahl an benötigten Differenzierungsräumen im Schuljahr 2019/20 wird dabei davon ausgegangen, dass bis zu 10 Schüler mit einem sonderpädagogischen Förderbedarf einen Differenzierungsraum gemeinsam nutzen können. In Kombination mit der pädagogisch wünschenswerten Variante für die Klassenbildung (erweiterte Reformvariante, ‚kleine Klassen‘) wird außerdem berechnet, welcher Investitionsbedarf entsteht, wenn sich konsequent zwei Klassen einen Differenzie- 140 5. Ergebnisse für den Kreis Borken rungsraum teilen, wie dies derzeit Standard an Förderschulen ist (vgl. auch die Erläuterungen in Abschnitt 3.2.1). Die Stadt Gescher im Kreis Borken konnte keine Informationen über die Raumausstattung ihrer Schulen liefern, sodass die nachfolgenden Bewertungen des Raumbedarfs für die Grundschulen in Trägerschaft der weiteren 16 kreisangehörigen Städte und Gemeinden erfolgen. Da allerdings die Anzahl der Schüler an den Grundschulen in Gescher und die Anzahl der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf, die in Gescher leben, bekannt sind, kann eine Kostenbewertung für die schülerbezogenen Positionen (insbesondere laufende Ausgaben je Schüler) erfolgen. Daher wird die Stadt Gescher in den Tabellen der nachfolgenden Abschnitte mitgeführt. Entsprechend der Basisvariante, in der an den Grundschulen zum Schuljahr 2019/20 im Vergleich zur Status Quo-Prognose insgesamt 8 Klassen erhalten werden müssen, entsteht hinsichtlich der Klassenräume kein Investitionsbedarf, da auf Grund der demografischen Entwicklung, insbesondere der schulrelevanten Bevölkerung, noch ausreichend Unterrichtsräume für die Unterrichtung dieser Klassen zur Verfügung stehen. Zu Differenzierungsräumen müssten an 29 Schulen insgesamt 35 Räume umgebaut und an 12 Schulen müssten 16 Räume neu gebaut werden. Der Umbau zu Differenzierungsräumen löst Investitionen in Höhe von 350.000 Euro aus. Der Neubau bzw. Anbau von Differenzierungsräumen führt zu erforderlichen Investitionen in Höhe von 1,92 Mio. Euro (vgl. Tabelle 65). In der Reformvariante, in der der Klassenfrequenzrichtwert abgesenkt wird, entstehen im Grundschulbereich in der Summe Investitionen in Höhe von 3,38 Mio. Euro (vgl. ebenfalls Tabelle 65), d. h. im Vergleich zur Basisvariante noch einmal Investitionen von zusätzlich 1,11 Mio. Euro. Denn trotz der demografischen Entlastung muss eine Grundschule zwei Klassenräume (an)bauen und es bleibt insgesamt weniger Raumangebot für mögliche Differenzierungsräume. Wird die Größe der Klassen konsequent nach oben begrenzt (erweiterte Reformvariante), so ergibt sich für die Grundschulen ein Investitionsbedarf von 9,6 Mio. Euro. Wird darüber hinaus mit der pädagogisch wünschenswerten Variante eines Differenzierungsraums für zwei Klassen gerechnet (erweiterte Reformvariante*), so ist dies mit einer weiteren und erheblichen Steigerung des Investitionsbedarfs verbunden. Die Kosten für die Umsetzung dieses Konzeptes im Primarbereich belaufen sich bis zum Schuljahr 2019/20 auf insgesamt rund 32 Mio. Euro. 141 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Tabelle 65: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Investitionsform an Grundschulen im Kreis Borken, Schuljahr 2019/20, verschiedene Varianten Anzahl Schulen, mit Investitionsbedarf Anzahl Räume Umbau/ Bau/ Umbau/ Bau/ Bau/ Einrichtung Errichtung Bau/ Einrichtung Errichtung Errichtung v. Differen- v. Differen- Errichtung v. Differen- v. Differenzierungs-/ zusätzlicher zierungs-/ zierungs-/ zusätzlicher zierungs-/ KlassenMehrzweck- MehrzweckKlassenMehrzweck- Mehrzweckräume räumen räumen räume räumen räumen Variante Basisvariante 0 29 12 0 35 16 Reformvariante 1 24 17 2 26 24 erweiterte 26 12 29 41 12 38 Reformvariante erweiterte 26 18 47 41 28 226 Reformvariante* Investitionsbedarf Bau/ Errichtung zusätzlicher Klassenräume: 120.000 Euro je Raum 0 240.000 Umbau/ Einrichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen: 10.000 Euro je Raum 350.000 260.000 Bau/ Errichtung v. Differenzierungs-/ Mehrzweckräumen: 120.000 Euro je Raum 1.920.000 2.880.000 Gesamt 2.270.000 3.380.000 4.920.000 120.000 4.560.000 9.600.000 4.920.000 280.000 27.120.000 32.320.000 Hinweis: *erweiterte Reformvariante mit einem Differenzierungsraum je zwei Klassen mit Gemeinsamen Unterricht (unabhängig von der Zahl der Schüler mit Förderbedarf) 142 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Therapie-/Pflegeräume An Schulen, die Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung und/oder Schüler mit Förderbedarf Körperliche und motorische Entwicklung aufnehmen, ist ein Raum für therapeutische und pflegerische Maßnahmen einzurichten (vgl. dazu auch Abschnitt 3.2.1). Der hiermit verbundene Investitionsbedarf entsteht an denselben Schulen, die auch einen behindertengerechten Hygienebereich benötigen (vgl. dazu Tabelle 66). Bei einem pauschalen Investitionsbedarf von 10.000 Euro entstehen den Trägern der Grundschulen so bis zum Schuljahr 2019/20 Folgekosten in Höhe von 270.000 Euro. Dabei wird allerdings unterstellt, dass die Einrichtung eines Therapie- und Pflegeraums keine weiteren Bauinvestitionen erzeugt. 5.4.2 Investitionsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit Auch die Kosten für die Herstellung von Barrierefreiheit an den Grundschulen im Kreisgebiet Borken sind einmalige Investitionskosten, die bei Umsetzung des Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz spätestens bis zum Schuljahr 2019/20 notwendig werden. Berücksichtigt wird auch hier der Ausbaustand der Schulen im Schuljahr 2012/13, d. h. für Schulen, die bereits als barrierefrei gelten, entsteht kein zusätzlicher Investitionsbedarf. Außerdem werden in die Bewertung nur Grundschulen einbezogen, die erstmals oder zusätzlich Schüler mit den hier betrachteten Förderbedarfen aufnehmen. Für einen barrierefreien Zugang für Schüler mit Förderbedarf im Bereich Körperliche und motorische Entwicklung müssten 9 Grundschulen Rampen installieren, wodurch Kosten in Höhe von 180.000 Euro entstehen. Die Notwendigkeit von Aufzügen in Grundschulen konnte nicht überprüft werden und wird bei der Schätzung der Folgekosten nicht berücksichtigt (vgl. dazu Abschnitt 3.2.1). An Schulen, die Schüler mit Förderbedarf in den Bereichen Geistige Entwicklung oder Körperliche und motorische Entwicklung aufnehmen, ist außerdem ein barrierefreier Hygienebereich vorzusehen, der neben einer behindertengerechten Toilette auch eine Wasch- und Wickelmöglichkeit beinhalten sollte. Dieser Bedarf entsteht in der Simulation an insgesamt 27 Schulen und bedeutet bis zum Schuljahr 2019/20 Investitionen in Höhe von 270.000 Euro (vgl. Tabelle 66). 143 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Tabelle 66: Anzahl Grundschulen im Kreis Borken nach Investitionsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit, Schuljahr 2019/20 Barrierefreier Hygienebereich Investitionsbedarf vorhanden Schulform Grundschule Investitionsbedarf in Euro (10.000 je Schule) Nein Ja Gesamt 36 27 270.000 Barrierefreiheit im Schulgebäude Investitionsbedarf (in Euro) Hören/Kommunikation Sehen Hören/ Kommunikation (10.000 je Schule) 2 1 20.000 Investitionsbedarf vorhanden für Schulform Grundschule Sehen (10.000 je Schule) 10.000 Barrierefreier Zugang zu Gebäude und Räumen Investitionsbedarf (in Euro) Investitionsbedarf vorhanden für Schulform Grundschule 5.4.3 Rampe Aufzug Rampe (20.000 je Schule) 9 . 180.000 Aufzug (inkl. Zugang) (100.000 je Schule) . Investitionsbedarf und laufende Kosten für Lehr-/Lernmittel Im Schuljahr 2019/20 werden laut den Ergebnissen der Simulation insgesamt 4 Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Grundschulen im Kreis Borken unterrichtet, für die bis spätestens zu diesem Schuljahr spezielle Lernmittel angeschafft werden müssten. Zu diesem Zeitpunkt wären nach der Status Quo-Prognose bereits drei Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Grundschulen, sodass die Investitionen um die notwendigen oder bereits notwendig gewordenen Ausgaben für diese Schüler reduziert werden (unter der Annahme, dass die angeschafften Lesehilfen und Lesegeräte von anderen Schülern weiter verwendet werden können). Bis zum Schuljahr 2019/20 ergibt sich dann im Vergleich zur Situation unter Status QuoAnnahmen ein zusätzlicher Investitionsbedarf für diese Lernmittel in Höhe von 5.000 Euro. Genau wie in der Stadt Essen ist auch für den Kreis Borken davon auszugehen, dass der Investitionsbedarf in spezielle Lernmittel für Schüler mit Sehbehinderung unterschätzt wird (vgl. Abschnitt 5.1). Tabelle 67: Anzahl Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Grundschulen im Kreis Borken und einmaliger Investitionsbedarf für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Ist 2012/13 3 Status Quo-Prognose 2016/17 2019/20 3 3 Simulation 2016/17 2019/20 3 4 Betrag (pauschal) 5.000 Investitionsbedarf bis 2016/17 Bis 2019/20 0 5.000 Zusätzliche laufende Ausgaben für Lehr- und Lernmittel ergeben sich für Schüler mit Förderbedarf, die – alternativ zur Förderschule – eine Grundschule eines Schulträgers besuchen, der nicht Träger der sonst besuchten Förderschule ist. Daher werden die laufenden Kosten nach Träger 144 5. Ergebnisse für den Kreis Borken der Förderschule und Träger der Grundschule ausgewiesen. Anhand Tabelle 68 zeigt sich, dass gerade die kreisangehörigen Städte und Gemeinden mit laufenden Kosten für Lehr- und Lernmittel zu rechnen haben, die selbst keine Förderschule tragen und in denen viele Schüler wohnen, die sonst eine Förderschule in Trägerschaft des Kreises Borken, des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) oder einer anderen kreisangehörigen Stadt besuchen würden. Diese kreisangehörigen Städte und Gemeinden haben aufgrund des ‚Schulträgerprinzips‘ die entsprechenden Kosten für Lehr- und Lernmittel zu tragen. Kreisangehörigen Städten, die selbst Träger von Förderschulen sind, entstehen nur dann zusätzliche Kosten, wenn sie auch Schüler an den Grundschulen unterrichten, die sonst an einer Förderschule in Trägerschaft des Kreises Borken oder des LWL unterrichtet würden. Daher sind Kosten, die nicht zusätzlich entstehen, sondern lediglich zwischen den Grundschulen und den Förderschulen desselben Schulträgers verschoben werden, farblich gekennzeichnet. Diese fallen auch nicht in die Berechnung der gesamten Mehrkosten in den nachfolgenden Tabellen. Die Kosten, die den Schulträgern der Grundschulen durch das 9. Schulrechtsänderungsgesetz im Primarbereich zusätzlich entstehen, belaufen sich im Schuljahr 2016/17 auf 3.816 Euro und im Schuljahr 2019/20 auf 6.012 Euro (vgl. Tabelle 68). 145 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Tabelle 68: Laufende Kosten für Lehr- und Lernmittel nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Schuljahr 2016/17 (Betrag (pauschal) 36 Euro) Träger der Förderschule Träger der Grundschule Kreis Borken Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gescher (St.) Gronau (St.) Heek (Gem.) Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) Reken (Gem.) Rhede (St.) Schöppingen (Gem.) Stadtlohn (St.) Südlohn (Gem.) Velen (St.) Vreden (St.) 288 252 324 288 324 108 144 180 180 288 144 36 216 144 144 108 LWL 36 36 36 36 Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gronau (St.) Stadtlohn (St.) 180 Vreden (St.) Mehrkosten 72 324 Gesamt 396 288 360 360 324 144 180 216 216 360 252 72 216 180 144 108 3.816 Vreden (St.) Mehrkosten 72 648 360 720 432 540 252 108 288 324 468 468 252 144 216 216 360 216 6.012 108 72 36 216 36 36 36 36 72 36 36 72 72 36 Schuljahr 2019/20 (Betrag (pauschal) 36 Euro) Träger der Förderschule Träger der Grundschule Kreis Borken Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gescher (St.) Gronau (St.) Heek (Gem.) Heiden (Gem.) Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) Reken (Gem.) Rhede (St.) Schöppingen (Gem.) Stadtlohn (St.) Südlohn (Gem.) Velen (St.) Vreden (St.) 504 324 684 360 504 216 108 180 288 432 396 144 108 216 180 324 216 LWL 72 36 36 Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gronau (St.) Stadtlohn (St.) 180 216 108 72 36 36 252 108 36 36 72 36 36 72 144 36 36 612 Gesamt Hinweis: Die farblich hinterlegten Felder Kennzeichen die Verschiebungen beim selben Schulträger. 5.4.4 Laufende Kosten für Ganztagsbetreuung (Schülerpauschale) Für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf fallen im Ganztagsbetrieb einer allgemeinen Schule zusätzliche Kosten an (vgl. Abschnitt 3.2.1). Bei der Schätzung der zusätzlichen kommunalen Kosten für die Betreuung der Grundschüler mit Förderbedarf im Ganztagsbetrieb werden wiederum nur die Ausgaben für Schüler berücksichtigt, die unter Status Quo-Annahmen (ohne Einfluss der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes) nicht ohnehin an allgemeinen Schulen unterrichtet würden. Zudem wird auch hier unterschieden, ob lediglich eine Ver146 5. Ergebnisse für den Kreis Borken schiebung innerhalb desselben Schulträgers oder eine Verschiebung zwischen Schulträgern erfolgt. Im Schuljahr 2016/17 fallen so insgesamt Kosten in Höhe von 212.000 Euro an, im Schuljahr 2019/20 belaufen sich die Kosten für die Träger der Grundschulen im Primarbereich auf 334.000 Euro. Tabelle 69: Laufende Kosten für den Ganztagsbetrieb (Schülerpauschale) nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Schuljahr 2016/17 (Betrag (pauschal) 2.000 Euro) Träger der Förderschule Träger der Grundschule Kreis Borken Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gescher (St.) Gronau (St.) Heek (Gem.) Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) Reken (Gem.) Rhede (St.) Schöppingen (Gem.) Stadtlohn (St.) Südlohn (Gem.) Velen (St.) Vreden (St.) 16.000 14.000 18.000 16.000 18.000 6.000 8.000 10.000 10.000 16.000 8.000 2.000 12.000 8.000 8.000 6.000 LWL 2.000 2.000 2.000 2.000 Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gronau (St.) Stadtlohn (St.) 10.000 Vreden (St.) Mehrkosten 4.000 Gesamt 22.000 16.000 20.000 20.000 18.000 8.000 10.000 12.000 12.000 20.000 14.000 4.000 12.000 10.000 8.000 6.000 212.000 Vreden (St.) Mehrkosten 4.000 36.000 20.000 40.000 24.000 30.000 14.000 6.000 16.000 18.000 26.000 26.000 14.000 8.000 12.000 12.000 20.000 12.000 334.000 6.000 4.000 2.000 12.000 2.000 2.000 2.000 2.000 4.000 2.000 2.000 4.000 4.000 2.000 18.000 Schuljahr 2019/20 (Betrag (pauschal) 2.000 Euro) Träger der Förderschule Träger der Grundschule Kreis Borken Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gescher (St.) Gronau (St.) Heek (Gem.) Heiden (Gem.) Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) Reken (Gem.) Rhede (St.) Schöppingen (Gem.) Stadtlohn (St.) Südlohn (Gem.) Velen (St.) Vreden (St.) 28.000 18.000 38.000 20.000 28.000 12.000 6.000 10.000 16.000 24.000 22.000 8.000 6.000 12.000 10.000 18.000 12.000 LWL 4.000 2.000 2.000 Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gronau (St.) Stadtlohn (St.) 10.000 12.000 6.000 4.000 2.000 2.000 14.000 6.000 2.000 2.000 4.000 2.000 2.000 4.000 8.000 2.000 2.000 34.000 Gesamt Hinweis: Die farblich hinterlegten Felder Kennzeichen die Verschiebungen beim selben Schulträger. 5.4.5 Laufende Kosten für Schulpsychologie und Schulsozialarbeit An Grundschulen, an denen mindestens vier Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf unterrichtet werden, kann von einem Bedarf an Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern aus147 5. Ergebnisse für den Kreis Borken gegangen werden (vgl. Abschnitt 3.2.1). Unter dieser Annahme ergibt sich im Schuljahr 2016/17 an 46 Grundschulen im Kreis Borken ein Bedarf an Schulpsychologen und Schulsozialarbeitern. Mit diesem Bedarf sind kommunale Mehrkosten für den Grundschulbereich in Höhe von 2,76 Mio. Euro für das Schuljahr 2016/17 verbunden. Dieser Bedarf steigt mit der zunehmenden Inklusion von Schülern mit Förderbedarf in den nachfolgenden Jahren weiter an; im Schuljahr 2019/20 besteht an 53 Schulen ein entsprechender Bedarf, der Ausgaben von insgesamt rund 3,18 Mio. Euro verursacht. Auch für den Kreis Borken gilt, dass räumliche Ressourcen, aber auch qualifiziertes Personal, das im Zuge der Umsetzung der Inklusion möglicherweise an den Förderschulen freigesetzt werden kann, erst mittel- bis langfristig zur Verfügung steht (vgl. dazu Abschnitt 3.3). Von zentraler Bedeutung für die potentielle Verfügbarkeit dieses Personals und dessen Einsatz an den Grundschulen dürfte aber sein, dass lediglich 26 der 46 Grundschulen mit diesem Bedarf von kreisangehörigen Städten getragen werden, die selbst Träger einer Förderschule sind. Die Träger der weiteren 20 Grundschulen mit Bedarf an Schulpsychologie und Schulsozialarbeit werden vor die neue Aufgabe gestellt, in ihren Grundschulen die beschriebene Betreuung und Beratung durch Psychologen und Sozialpädagogen zu gewährleisten, ohne dabei auf Personal mit entsprechender Erfahrung und Qualifikation zurückgreifen zu können.71 Tabelle 70: Anzahl Grundschulen im Kreis Borken nach Investitionsbedarf für Schulpsychologie und Schulsozialarbeit, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Träger der Grundschule Gemeinde Stadt Summe Grundschulträger ist auch Träger einer Förderschule Nein Ja 11 . 9 26 20 26 Träger der Grundschule Gemeinde Stadt Summe Grundschulträger ist auch Träger einer Förderschule Nein Ja 11 . 10 32 20 32 5.4.6 Schuljahr 2016/17 Anz. SchulpsycholoSchulen mit gie Inv.-Bedarf (15.000) 11 165.000 35 525.000 46 690.000 Schuljahr 2019/20 Anz. SchulpsycholoSchulen mit gie Inv.-Bedarf (15.000) 11 165.000 42 630.000 53 795.000 Schulsozialarbeit (45.000) Gesamt 495.000 1.575.000 2.070.000 660.000 2.100.000 2.760.000 Schulsozialarbeit (45.000) Gesamt 495.000 1.890.000 2.385.000 660.000 2.520.000 3.180.000 Laufende Kosten für Schülerbeförderung Als Träger der Grundschulen entstehen den kreisangehörigen Städten und Gemeinden des Kreises Borken zusätzliche Kosten für die Beförderung der Schüler mit Förderbedarfen in den Bereichen Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Sehen sowie Hören und Kommunikation. Denn die entsprechenden Förderschulen für Kinder mit diesen Förderbedarfen sind in der Trägerschaft des LWL oder des Kreises Borken (Schwerpunkt Geistige Entwicklung), 71 Im Kreis Borken sind bereits im Schuljahr 2012/13 entsprechende Fachkräfte in der Schulberatungsstelle des Kreises Borken beschäftigt. Dabei handelt es sich um fünf Fachkräfte, von denen zwei vom Kreis Borken finanziert werden (drei Landesstellen). 148 5. Ergebnisse für den Kreis Borken der auch für deren Beförderungskosten aufkommt. Besuchen diese Schüler aber Grundschulen, so übernimmt die jeweilige Gemeinde bzw. kreisangehörige Stadt als Schulträger die Beförderungskosten (vgl. Tabelle 71). Für finanzielle Entlastungen sorgen die geringeren Ausgaben für die Beförderung von Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen, die eine allgemeine Schule anstelle einer Förderschule besuchen (vgl. Tabelle 72 bzw. Tabelle 73). Diese Förderschulen befinden sich entweder in Trägerschaft des Kreises (zwei Schulen) oder der kreisangehörigen Städte (sechs Schulen). Tabelle 71: Laufende Kosten für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Sehen sowie Hören und Kommunikation, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Träger der Grundschule Träger der Grundschule Schuljahr 2016/17 (Betrag (pauschal) 2.500 Euro je GG/KM; 600 Euro je HK/SE) Träger der Förderschule Kreis Borken LWL Mehrkosten Ahaus (St.) 5.000 5.000 Bocholt (St.) 2.500 2.500 Borken (St.) 15.000 2.500 17.500 Gescher (St.) 5.000 2.500 7.500 Gronau (St.) Heek (Gem.) 600 600 Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) 10.000 2.500 12.500 Reken (Gem.) 7.500 3.100 10.600 Rhede (St.) 2.500 2.500 Schöppingen (Gem.) 2.500 2.500 Stadtlohn (St.) 2.500 2.500 Südlohn (Gem.) 7.500 2.500 10.000 Velen (St.) 5.000 5.000 Vreden (St.) 2.500 2.500 Gesamt 81.200 Schuljahr 2019/20 (Betrag (pauschal) 2.500 Euro je GG/KM; 600 Euro je HK/SE) Träger der Förderschule Kreis Borken LWL Mehrkosten Ahaus (St.) 5.000 2.500 7.500 Bocholt (St.) 2.500 2.500 Borken (St.) 32.500 2.500 35.000 Gescher (St.) 5.000 5.000 Gronau (St.) 600 600 Heek (Gem.) 600 600 Heiden (Gem.) 5.000 5.000 Isselburg (St.) 0 Legden (Gem.) 0 Raesfeld (Gem.) 15.000 2.500 17.500 Reken (Gem.) 15.000 3.100 18.100 Rhede (St.) 2.500 2.500 Schöppingen (Gem.) 2.500 2.500 Stadtlohn (St.) 2.500 2.500 Südlohn (Gem.) 10.000 2.500 12.500 Velen (St.) 12.500 12.500 Vreden (St.) 2.500 2.500 Gesamt 126.800 149 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Im Jahr 2016/17 entstehen für Schüler mit den Förderbedarfen Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Sehen sowie Hören und Kommunikation bei den Schulträgern der Grundschulen zusätzliche Ausgaben in Höhe von 81.200 Euro. In 2019/20 liegen diese Kosten bei 126.800 Euro, da durch die Umsetzung der Inklusion in diesem Schuljahr noch einmal mehr Schüler mit entsprechendem sonderpädagogischem Förderbedarf öffentliche Grundschulen im Kreisgebiet Borken besuchen. Trotz einiger Einsparpotenziale (vgl. Tabelle 72 und Tabelle 73) werden durch die Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes in den meisten kreisangehörigen Gemeinden und Städten zusätzliche Kosten für die Schülerbeförderung anfallen. So entstehen beispielsweise der Stadt Ahaus im Schuljahr 2016/17 zusätzliche Beförderungskosten in Höhe von 2.671 Euro, da nun Schüler, die sonst eine Förderschule in der Trägerschaft des Kreises, des LWL oder einer anderen kreisangehörigen Stadt besuchen würden, an einer öffentlichen Grundschule in Ahaus unterrichtet werden. Obwohl in Ahaus durch die kürzeren Schulwege geschätzte Entlastungen in Höhe von 2.037 Euro entstehen (vgl. Tabelle 73), reichen diese nicht aus, um die Mehrkosten (2.671 Euro, vgl. Tabelle 73) zu decken. Die Stadt Ahaus hat also trotz der Einsparungen bei den Schülern, für die sich die Schulträgerschaft nicht ändert, im Schuljahr 2016/17 (2019/20) Mehrkosten in Höhe von 634 (671) Euro für den Schülertransport zu erwarten. Insgesamt ergeben sich in 2016/17 für nur drei Grundschulträger in der Summe Entlastungen bei den Schülerbeförderungskosten, auf die meisten kommen zusätzliche Kosten zu. Insgesamt sind im Kreis Borken in 2016/17 zusätzlich 9.589 Euro an Schülerbeförderungskosten nur für den Grundschulbereich zu erwarten, in 2019/20 sind es 13.045 Euro. 150 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Tabelle 72: Laufende Kosten für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schüler mit Förderbedarf Lern- und Entwicklungsstörungen, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Schuljahr 2016/17 (Betrag 700 Euro x neue Distanz/alte Distanz) Träger der Förderschule Träger der Grundschule Kreis Borken Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gescher (St.) Gronau (St.) Heek (Gem.) Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) Reken (Gem.) Rhede (St.) Schöppingen (Gem.) Stadtlohn (St.) Südlohn (Gem.) Velen (St.) Vreden (St.) 984 5.752 310 1.357 807 603 440 585 136 477 1.638 95 2.472 158 668 549 LWL Ahaus (St.) 700 1.463 Bocholt (St.) Borken (St.) Gronau (St.) Stadtlohn (St.) Vreden (St.) Mehrkosten 987 4.292 2.671 5.752 310 1.526 807 603 459 621 136 477 1.782 95 2.472 158 668 549 Vreden (St.) Mehrkosten 987 2.702 6.191 536 2.194 1.116 937 59 634 1.547 643 586 1.348 286 2.320 158 986 996 523 400 169 1.838 19 36 144 887 Schuljahr 2019/20 (Betrag 700 Euro x neue Distanz/alte Distanz) Träger der Förderschule Träger der Grundschule Kreis Borken Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gescher (St.) Gronau (St.) Heek (Gem.) Heiden (Gem.) Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) Reken (Gem.) Rhede (St.) Schöppingen (Gem.) Stadtlohn (St.) Südlohn (Gem.) Velen (St.) Vreden (St.) 2.002 6.191 536 2.017 1.116 937 59 553 1.511 643 586 1.204 286 2.320 158 854 996 LWL Ahaus (St.) 700 1.469 Bocholt (St.) Borken (St.) Gronau (St.) Stadtlohn (St.) 788 811 177 2.255 81 36 144 2.279 132 8.062 Hinweis: Die farblich hinterlegten Felder Kennzeichen die Verschiebungen beim selben Schulträger. 151 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Tabelle 73: Kostensaldo für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schüler mit Förderbedarf Lern- und Entwicklungsstörungen, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Schuljahr 2016/17 (Betrag 700 Euro x neue Distanz/alte Distanz) Träger der Förderschule Ahaus (St.) Träger der Grundschule Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gescher (St.) Gronau (St.) Heek (Gem.) Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) Reken (Gem.) Rhede (St.) Schöppingen (Gem.) Stadtlohn (St.) Südlohn (Gem.) Velen (St.) Vreden (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gronau (St.) Stadtlohn (St.) Vreden (St.) -2.037 -1.577 -1.000 -2.362 -513 -2.008 Mehrkosten (Übertrag) Saldo 2.671 5.752 310 1.526 807 603 459 621 136 477 1.782 95 2.472 158 668 549 19.086 634 4.175 -690 1.526 -1.555 603 459 621 136 477 1.782 95 1.959 158 668 -1.459 9.589 Mehrkosten (Übertrag) Saldo 2.702 6.191 536 2.194 1.116 937 59 634 1.547 643 586 1.348 286 2.320 158 986 996 22.243 671 3.479 -753 2.194 -1.529 937 59 634 1.547 643 586 1.348 286 1.799 158 986 -2.842 13.045 Schuljahr 2019/20 (Betrag 700 Euro x neue Distanz/alte Distanz) Träger der Förderschule Ahaus (St.) Träger der Grundschule Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gescher (St.) Gronau (St.) Heek (Gem.) Heiden (Gem.) Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) Reken (Gem.) Rhede (St.) Schöppingen (Gem.) Stadtlohn (St.) Südlohn (Gem.) Velen (St.) Vreden (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gronau (St.) Stadtlohn (St.) Vreden (St.) -2.031 -2.712 -1.289 -2.645 -521 -3.838 Hinweis: Die farblich hinterlegten Felder Kennzeichen die Verschiebungen beim selben Schulträger. 5.4.7 Laufende Kosten für Integrationshilfen Zu den laufenden Kosten für Integrationshilfen wurde die Annahme getroffen, dass 50%72 der Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung oder Körperliche und motorische Entwicklung eine Integrationshilfe beantragen, die je Schüler beim Sozialhilfeträger Ausgaben von geschätzt jährlich 11.000 Euro verursacht (vgl. Abschnitt 3.2.2). Legt man diese Kosten zugrunde, so ergeben sich im Kreis Borken kommunale Mehrkosten für Integrationshilfen für Grundschüler im Schuljahr 2016/17 (2019/20) von geschätzt rund 176.000 (275.000) Euro jährlich. Zu beachten ist, dass aufgrund fehlender belastbarer Informationen zur Inanspruchnahme von Integrations72 Dieser Anteil ist bereits bereinigt um den Anteil der Schüler, die an einer Förderschule unterrichtet werden und eine Integrationshilfe beantragen (vgl. Abschnitt 3.2.1 und 3.2.2). 152 5. Ergebnisse für den Kreis Borken hilfen von Schülern mit Lern- und Entwicklungsstörungen und Schülern mit Förderbedarf in den Bereichen Sehen und Hören/Kommunikation für diese Gruppen die entsprechenden Ausgaben nicht geschätzt werden können. Aus gleichem Grund bleiben die bei den Jugendhilfeträgern zusätzlich anfallenden Kosten gänzlich unberücksichtigt. Die beschriebenen zusätzlichen Ausgaben für Integrationshilfen sind damit als Untergrenze der tatsächlich zusätzlich zu erwartenden Ausgaben für Integrationshilfen im Grundschulbereich zu interpretieren. Tabelle 74: Laufende Kosten für Integrationshilfen nach Trägerschaft der Grundschule im Kreis Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 Träger der Grundschule Schuljahr 2016/17 (Betrag 11.000 Euro x 50% der Schüler mit GG/KM) Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gescher (St.) Gronau (St.) Heek (Gem.) Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) Reken (Gem.) Rhede (St.) Schöppingen (Gem.) Stadtlohn (St.) Südlohn (Gem.) Velen (St.) Vreden (St.) Träger der Förderschule Kreis Borken LWL 11.000 5.500 33.000 5.500 11.000 5.500 Träger der Grundschule 27.500 22.000 5.500 5.500 5.500 5.500 16.500 5.500 22.000 11.000 11.000 5.500 5.500 Gesamt 176.000 Schuljahr 2019/20 (Betrag 11.000 Euro x 50% der Schüler mit GG/KM) Ahaus (St.) Bocholt (St.) Borken (St.) Gescher (St.) Gronau (St.) Heek (Gem.) Heiden (Gem.) Isselburg (St.) Legden (Gem.) Raesfeld (Gem.) Reken (Gem.) Rhede (St.) Schöppingen (Gem.) Stadtlohn (St.) Südlohn (Gem.) Velen (St.) Vreden (St.) 22.000 16.500 Mehrkosten 11.000 5.500 38.500 16.500 5.500 5.500 5.500 5.500 Träger der Förderschule Kreis Borken LWL 11.000 5.500 5.500 71.500 5.500 11.000 11.000 33.000 33.000 5.500 22.000 27.500 5.500 Mehrkosten 16.500 5.500 77.000 11.000 11.000 5.500 5.500 5.500 5.500 5.500 Gesamt 38.500 38.500 5.500 5.500 5.500 27.500 27.500 5.500 275.000 153 5. Ergebnisse für den Kreis Borken 5.4.8 Potentiell nutzbare Ressourcen der Förderschulstandorte Da für den Kreis Borken ausschließlich die zu erwartenden Konsequenzen des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes für den Grundschulbereich betrachtet werden und die Entwicklung in der Sekundarstufe I unberücksichtigt bleibt, wird die simulierte Entwicklung der Schülerzahlen an den Förderschulen nicht im Detail dargestellt. In der Tendenz ergeben sich aber für die Förderschulen in Trägerschaft des Kreises Borken ähnliche Konsequenzen wie für jene in Trägerschaft der Stadt Essen. Für den Kreis Borken ist aber zu berücksichtigen, dass die Förderschulen mit Schwerpunkt im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen jeweils ein regionales, wohnortnahes Angebot zur Verfügung stellen, das bei Schließung einzelner Standorte nicht mehr gegeben wäre. In der Konsequenz werden die Schulträger im Kreis Borken – zumindest in einer Übergangsphase – sowohl Plätze im Gemeinsamen Unterricht an allgemeinen Schulen als auch Plätze an Förderschulen vorhalten müssen. Das Vorhalten dieser Doppelstruktur wird finanzielle Mehrbelastungen erzeugen, insbesondere bei den verbleibenden städtischen Schulträgern der Förderschulen. Hier kann – wie auch in der Stadt Essen – eine Alternative darin bestehen, die bereits bestehenden Verbünde von Förderschulen zu erweitern, um einzelne Förderschulstandorte zu sichern. Auch im Kreis Borken wären personelle und räumliche Ressourcen an auslaufenden Förderschulstandorten nicht ad hoc, sondern erst mittel- bis langfristig verfügbar (vgl. dazu die entsprechenden Erläuterungen in Abschnitt 4.4.8). Für die sonderpädagogische Förderung im Kreisgebiet Borken hätte das 9. Schulrechtsänderungsgesetz aber auch in anderer Hinsicht weitreichende Konsequenzen. Sechs der Förderschulen im Kreisgebiet (in Bocholt, Borken, Stadtlohn, Ahaus, Vreden und Gronau) werden im Rahmen des nordrhein-westfälischen Schulversuchs ‚Kompetenzzentren für sonderpädagogische Förderung‘ als Kompetenzzentren mit definierten Einzugsgebieten geführt.73 Ziel dieses Schulversuchs ist unter anderem, präventive schulische und außerschulische Unterstützungsangebote – vornehmlich im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen – zu machen und hierbei möglichst eng mit den allgemeinen Schulen zu kooperieren. In der Folge ist im Kreisgebiet Borken – wie mit dem Schulversuch intendiert – ein Rückgang der Verfahren zur Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs festzustellen.74 Gleichzeitig werden im Schuljahr 2012/13 mehr als 1.100 Kinder und Jugendliche75 präventiv gefördert, ohne dass bei Ihnen ein sonderpädagogischer Förderbedarf festgestellt wurde. Mit der Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes würde der Schulversuch mit Ablauf des Schuljahres 2013/14 enden und die Kompetenzzentren als Förderschulen weitergeführt (vgl. LTDrs. 16/2432, S. 39). Die Regelungen der 73 74 75 Die Möglichkeit des Ausbaus der Förderschulen zu Kompetenzzentren basiert auf § 20 Abs. 5 SchulG NRW. So ist laut Auskunft des Schulamtes für den Kreis Borken der Anteil der Schulanfänger, für die ein Neuantrag auf Feststellung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen gestellt wurde (§ 5 AO-SF), von 4,90% im Schuljahr 2009/19 auf 1,42% im Schuljahr 2010/11 und weiter auf 0,96% im Schuljahr 2011/12 gesunken. Diese Kinder und Jugendlichen sind Bestandteil keiner Statistik; die Angaben wurden bei fünf der sechs Kompetenzzentren im Kreisgebiet Borken erhoben. 154 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Mindestgrößenverordnung76 würden auch für diese Förderschulen entsprechend gelten; die Schulträger müssten die notwendigen schulorganisatorischen Beschlüsse spätestens zum Schuljahr 2016/17 fassen, falls diese Förderschulen zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Mindestgrößenverordnung die Mindestgröße entsprechend ihres Förderschwerpunktes unterschreiten. Da den präventiv geförderten Kindern dann keine Ressourcen zugewiesen wären (aufgrund des fehlenden Etiketts ‚Förderbedarf‘), erscheint aus heutiger Sicht vollkommen unklar, wie diese Kinder zukünftig weiter gefördert werden können. Eine Weiterführung des bestehenden Konzeptes präventiver Förderung würde unter den genannten Umständen vermutlich den Einsatz zusätzlicher kommunaler Mittel erfordern. 5.4.9 Zusammenfassung der möglichen kommunalen Folgekosten Die Ergebnisse zu den Schätzungen der möglichen kommunalen Folgekosten der Umsetzung der Inklusion in den Grundschulen im Kreis Borken, wie sie der Entwurf für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz vorsieht, sind in der nachfolgenden Übersicht zusammengefasst (vgl. Tabelle 75). Bis zum Schuljahr 2019/20, dem Zielzeitpunkt der Modellrechnung, fallen hier im Grundschulbereich unabhängig von der Klassenbildungsvariante einmalige Investitionen in Höhe von geschätzt 755.000 Euro für die Herstellung von Barrierefreiheit, für die Anschaffung von Lernmitteln sowie für die Einrichtung von Therapie- und Pflegeräumen an. Darüber hinaus ergeben sich auch im Kreis Borken erhebliche Investitionsbedarfe für den Umbau von Klassen- und Mehrzweckräumen zu Differenzierungsräumen. Trotz der im Kreis Borken rückläufigen Schülerzahlen müssen die Träger der Grundschulen im Kreis Borken in die Errichtung zusätzlicher Räume investieren, da an einigen Schulen die verfügbaren Räume nicht ausreichen. Diese Investitionen variieren mit den Annahmen, die zur Klassenbildung getroffen werden. Bereits in der Basisvariante, bei der sich die Klassenbildung an den weiterhin gültigen Klassenbildungswerten der entsprechenden Ausführungsverordnung orientiert, entstehen im Kreis Borken zusätzliche Kosten für den Umbau und die Errichtung der erforderlichen Räume in Höhe von rund 2,3 Mio. Euro. Wird der Klassenfrequenzrichtwert abgesenkt, z. B. auf 22 statt 24 in Grundschulklassen (Reformvariante), so steigen die notwendigen Investitionsausgaben um rund 1,1 Mio. Euro auf 3,4 Mio. Euro. In beiden Varianten wird die pädagogisch nicht wünschenswerte Möglichkeit zugelassen, dass große Klassen mit bis zu 30 Schülern gebildet werden können. In der erweiterten Reformvariante (‚kleine Klassen‘) erfolgt daher eine Begrenzung der Klassengrößen, was zu einem nochmal deutlich höheren Investitionsbedarf führt. Wird schließlich unterstellt, dass jeweils zwei dieser Klassen ein Differenzierungsraum für die gemeinsame Nutzung 76 Die vom nordrhein-westfälischen Landeskabinett beschlossene Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke (MindestgrößenVO) soll im zeitlichen Zusammenhang mit der geplanten Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes erlassen werden, vgl. hierzu auch Abschnitt 1.2. Die MindestgrößenVO ist online verfügbar unter http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_Gemeinsames_Lernen/ MindestgroessenVO.pdf (zuletzt abgerufen am 05.07.2013). 155 5. Ergebnisse für den Kreis Borken zur Verfügung steht, was dem diesbezüglichen Standard an Förderschulen entspricht, so resultiert hieraus für die Grundschulträger im Kreis Borken ein Investitionsbedarf von über 32 Mio. Euro bis zum Schuljahr 2019/20. Die Ganztagsbetreuung der Kinder und Jugendlichen mit Förderbedarf an Grundschulen wird im Jahr 2019/20 zusätzlich rund 334.000 Euro kosten. Hinzu kommen Kosten für Schulpsychologen und Schulsozialarbeiter, Lehr- und Lernmittel und Integrationshilfen, sodass sich die laufenden Kosten auf jährlich rund 3,9 Mio. Euro summieren. Hierbei wurden die Kostenverschiebungen zwischen den Schulträgern berücksichtigt und die möglichen Entlastungen einzelner Schulträger bei den Schülerbeförderungskosten bereits verrechnet, die sich aus der wohnortnahen Beschulung von Schülern mit Förderbedarfen im Bereich der Lern- und Entwicklungsstörungen ergeben. 156 5. Ergebnisse für den Kreis Borken Tabelle 75: Zusammenfassende Darstellung der einmaligen Investitionen und laufenden Mehrkosten für den Kreis Borken nach den unterschiedlichen Klassenbildungsvarianten (nur Primarstufe) Basis: Klassenbildungsvariante Einmalige Investitionen (die bis spät. 2019/20 erfolgen), in Euro Basisvariante Errichtung zusätzlicher Klassen- bzw. Unterrichtsräume Umbau/Einrichtung v. Differenzierungs-/Mehrzweckräumen Errichtung v. Differenzierungs-/Mehrzweckräumen Einrichtung von Therapie- und Pflegeräumen Einrichtung barrierefreier Hygienebereiche Herstellung von Barrierefreiheit im Schulgebäude Herstellung barrierefreier Zugänge zu Gebäuden und Räumen Anschaffung von Lehr-und Lernmittel (SE) Summe einmalige Investitionen 0 350.000 1.920.000 270.000 270.000 30.000 180.000 5.000 3.025.000 Laufende Mehrkosten (am Beispiel von 2019/20), in Euro Lehr- und Lernmittel Ganztagsbetreuung Schulpsychologie Schulsozialarbeit Schülerbeförderungskosten (HK, GG, KM und SE) Schülerbeförderungskosten (LES) Integrationshilfen Summe laufende Kosten Alle Varianten 6.012 334.000 795.000 2.385.000 126.800 13.045 275.000 3.934.857 Reformvariante Erweiterte Reformvariante 240.000 260.000 2.880.000 270.000 270.000 30.000 180.000 5.000 4.135.000 4.920.000 120.000 4.560.000 270.000 270.000 30.000 180.000 5.000 10.355.000 Erweiterte Reformvariante * 4.920.000 280.000 27.120.000 270.000 270.000 30.000 180.000 5.000 33.075.000 Hinweis: Erweiterte Reformvariante*: Erweiterte Reformvariante plus ein Differenzierungsraum je zwei Klassen mit Gemeinsamem Unterricht (vgl. Abschnitte 3.1.5 und 3.2.1). 157 6. Zusammenfassung und Fazit Ziel des vorliegenden Gutachtens ist es, die möglichen, zusätzlichen kommunalen Kosten in Folge des von der nordrhein-westfälischen Landesregierung vorgelegten Entwurfs für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz zu beschreiben und zu quantifizieren. Mit dem Gesetzentwurf wird ein grundlegender Richtungswechsel in der schulischen Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf intendiert: Die Umstellung von einer vornehmlich auf Förderschulen basierenden Versorgung hin zu einer inklusiven, wohnortnahen Versorgung. Damit soll Artikel 24 der VN-Behindertenrechtskonvention an den Schulen in NordrheinWestfalen umgesetzt werden. Über die Analyse der gegenwärtigen Situation sonderpädagogischer Förderung konnte zunächst der mit dem Gesetzentwurf beabsichtigte Richtungswechsel in der sonderpädagogischen Förderung verdeutlicht werden: Die Ausweitung integrativer Förderung hat die Entwicklung der Förderschulen bisher kaum betroffen. Sie bilden nach wie vor die Grundlage des schulischen Versorgungssystems für Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf. Mit der Umstellung der sonderpädagogischen Förderung auf ein wohnortbezogenes, inklusives Angebot sind folglich weitreichende Reorganisationsaufgaben für die Schulträger und erhebliche Lastenverschiebungen zwischen den Schulträgern verbunden. Das hoch konzentrierte Förderschulangebot in einigen sonderpädagogischen Förderbereichen lässt starke Zweifel daran aufkommen, wie über eine Selbstkoordination der Schulträger untereinander eine geordnete Reorganisation sonderpädagogischer Förderung landesweit erreicht werden kann.77 Die mit diesem Gutachten vorgelegten Ergebnisse zeigen für zwei beispielhaft ausgewählte Kommunen, dass die mit diesem Prozess verbundenen Kosten, die den Schulträgern für die Ausstattung der Schulen und den Einsatz zusätzlicher Personal- und Sachmittel entstehen, erheblich sind. Selbst bei einer Ausstattung der Schulen, die zwar oberhalb der derzeitigen Ausstattung der allgemeinen Schulen, aber deutlich unterhalb der aktuellen Standards an Förderschulen liegt, und konservativer Ansätze bei den laufenden Kosten entstehen in beiden betrachteten Kommunen bis zum Schuljahr 2019/20 beträchtliche zusätzliche Ausgaben. So belaufen sich die geschätzten Investitionskosten der Stadt Essen für den Umbau und die Ausstattung der erforderlichen Klassen- und Differenzierungsräume, der Fach- und Therapieräume sowie für die Herstellung von barrierefreien Zugängen zu den Schulgebäuden bis zum Schuljahr 2019/20 auf mindestens 18 Mio. Euro. Diese Summe ist als Untergrenze zu interpretieren, da annahmegemäß in einer Basisvariante weiterhin große Klassen mit bis zu 30 Schülern gebildet werden können. Auch erhalten in den Simulationen die Schüler mit Förderbedarf kein größeres Gewicht bei der Bestimmung der zulässigen Klassengröße. Wird darüber hinaus die 77 Im zeitlichen Zusammenhang mit der Verabschiedung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes soll die vom Landeskabinett beschlossene Verordnung über die Mindestgrößen der Förderschulen und der Schulen für Kranke erlassen werden (online verfügbar unter http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Inklusion_Gemeinsames_Lernen/ MindestgroessenVO.pdf, zuletzt abgerufen am 05.07.2013). Aus dieser Verordnung könnte sich für die Träger der öffentlichen Förderschulen stärker als bisher die Notwendigkeit ergeben, kleine Förderschulen zu schließen. 159 6. Zusammenfassung und Fazit ‚Doppelzählung‘ der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf berücksichtigt und der Klassenfrequenzrichtwert entsprechend abgesenkt, so entstehen zusätzlich einmalige Aufwendungen für die Stadt Essen in Höhe von 7,2 Mio. Euro. Hinzu kommen erhebliche zusätzliche laufende Ausgaben durch die Umschichtung zwischen Sachaufwandsträgern. Selbst wenn nur diese kommunalen Aufwendungen als reformbedingte Mehraufwendungen angesehen werden, überschreiten diese Ausgaben bereits deutlich die Erheblichkeitsschwelle im Sinne des KonnexAG. In einer pädagogisch sinnvolleren, erweiterten Reformvariante, bei der die Größe der Klassen z. B. an weiterführenden inklusiven Schulen auf 25 Schüler begrenzt ist, belaufen sich die notwendigen Investitionen im selben Zeitraum schon auf mehr als 40 Mio. Euro. Zusätzliche Kosten, das zeigen die Berechnungen, entstehen sogar in Kommunen wie dem Kreis Borken, für den in den kommenden Jahren ein Rückgang der Schülerzahlen um 20% erwartet wird. Erwartete und in den Haushalten bereits eingeplante Entlastungen durch den starken Schülerzahlenrückgang ließen sich dort durch die Reform nicht mehr realisieren. Am Beispiel der Primarstufe im Kreis Borken kann gezeigt werden, dass bei Zunahme der Inklusionsquote die erwartete Entlastung der Schulträger durch den Rückgang der Schülerzahlen nicht nur vollständig aufgebraucht wird, sondern sogar noch zusätzlicher Raumbedarf entsteht. Im Kreis Borken wären bereits in der Basisvariante und nur für den Grundschulbereich Investitionen in Höhe von geschätzt rund 3 Mio. Euro erforderlich. In einer landesweiten Betrachtung würde dieser Investitionsbedarf durch Verschiebung von Kosten und durch die Umverteilung zwischen Schulträgern vermutlich in den landesweiten Durchschnitten verschwinden. Für Fragen der Schulentwicklung und die Ressourcenplanung der Schulträger ist er jedoch äußerst relevant. Die Umsetzung des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes in seiner vorliegenden Form hätte insgesamt eine weitreichende Umverteilung der Lasten zwischen den Kommunen zur Konsequenz. Die Lasten würden zum einen von den Trägern der Förderschulen auf die Wohnsitzgemeinden der Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf verlagert. Zum anderen entstünden aber zusätzliche Kosten für die Kommunen, die nicht an anderer Stelle wegfallen. Die Ausgabenumschichtungen zwischen den Kommunen bedeuten auch einen Verwaltungsmehraufwand, der aber hier nicht weiter quantifiziert werden kann. Zudem wird auch zukünftig regional ein Förderschulangebot vorzuhalten sein, wenn das Recht der Eltern auf Wahl der Schulform nicht ins Leere laufen soll. In einer zeitlich nicht absehbaren Übergangsphase sind von den Schulträgern daher entsprechende Doppelstrukturen vorzuhalten. Die angestrebte geringere Frequentierung der Förderschulen und die Aufgabe der Förderschulstandorte kann vermutlich erst auf lange Sicht zu einer finanziellen Entlastung der Schulträger führen. Eine gewisse Unsicherheit ergibt sich zudem durch die privaten Förderschulen. Da die notwendigen Daten für private Schulen nicht zur Verfügung stehen, konnten Schüler an privaten Förderschulen bei den Berechnungen nicht berücksichtigt werden. Es ist zu vermuten, dass durch die Nichtberücksich160 6. Zusammenfassung und Fazit tigung der Schüler an privaten Förderschulen die tatsächlich zu erwartende Nachfrage nach Gemeinsamem Unterricht und damit auch die notwendigen Investitionen in die Ausstattung der öffentlichen allgemeinen Schulen unterschätzt werden. Auch die These, dass die Kommunen bei den Schülerbeförderungskosten enorm entlastet werden könnten, wurde im Gutachten geprüft und widerlegt. Zwar werden die Ausgaben der Schulträger bei einer wohnortnahen Beschulung von Kindern und Jugendlichen mit sonderpädagogischem Förderbedarf insgesamt sinken; jedoch kommt es zwischen den Städten und Gemeinden innerhalb eines Kreises und dem Kreis selbst zu erheblichen Verschiebungen. Zusätzliche Kosten für die Schülerbeförderung haben dann insbesondere jene Städte und Gemeinden zu tragen, die selbst nicht Träger einer Förderschule sind, also auch nicht durch die geringere Nachfrage nach Förderschulangeboten entlastet werden. Diese Kommunen stehen – dies hat sich ebenfalls am Beispiel des Kreises Borken gezeigt – auch insgesamt vor neuen Aufgaben. Wenn Schüler, die bislang Förderschulen in benachbarten Städten besucht haben, in Zukunft wohnortnah in allgemeinen Schulen beschult werden, dann müssen die Wohngemeinden zukünftig mit den personellen, sächlichen und räumlichen Erfordernissen des Gemeinsamen Unterrichts befasst sein. Und dies umfasst neben der Ausstattung der Schulgebäude auch zusätzliche Ausgaben für nicht lehrendes Personal wie Schulpsychologen und Sozialarbeiter und für Integrationshilfen, soweit die jeweilige Kommune hierfür Kostenträger ist. Soll hier ein Minimalstandard in der Unterstützung der Kinder, Jugendlichen und Eltern in und außerhalb der Schule gewahrt bleiben, kommen erhebliche Mehrkosten auf die Kommunen zu. Für den Kreis Borken liegen im hier betrachteten Zieljahr 2019/20 die zusätzlichen jährlichen Kosten für dieses Personal allein für den Grundschulbereich bei rund 3 Mio. Euro. Die Abschätzung der schulorganisatorischen Konsequenzen und der kommunalen Mehrkosten in Folge des 9. Schulrechtsänderungsgesetzes erfolgen im vorliegenden Gutachten exemplarisch für zwei Kommunen in Nordrhein-Westfalen, die kreisfreie Stadt Essen und den Kreis Borken. Hierbei handelt es sich keineswegs um Modellkommunen; eine direkte Übertragung der Ergebnisse auf andere Kommunen in Nordrhein-Westfalen ist nicht möglich. Das methodische Vorgehen wurde jedoch so gewählt, dass es grundsätzlich auf jede andere Kommune in Nordrhein-Westfalen übertragbar ist, unabhängig von der konkret betrachteten Art der Gebietskörperschaft (Kreis, Stadt, Gemeinde, ggf. Landschaftsverband) und den damit zusammenhängenden Unterschieden in der Trägerschaft der allgemeinen Schulen und der Förderschulen. Das Gutachten zeigt daher, dass die Daten für eine solche Kostenfolgeabschätzung vorhanden sind und es durchaus einen geeigneten Analyserahmen zur Abschätzung der schulorganisatorischen und finanziellen Konsequenzen des Gesetzentwurfs gibt. Das Gutachten entwickelt eine Methodik und liefert Berechnungsergebnisse für eine quantitative Einschätzung der finanziellen Herausforderungen, die sich aus der kommunalen Planungsperspektive durch die Gesetzesände161 6. Zusammenfassung und Fazit rung ergeben. Damit ist es möglich, eine umfassende Kostenfolgeabschätzung für das 9. Schulrechtsänderungsgesetz für alle Kommunen in NRW vorzunehmen. Die hier vorgelegten Ergebnisse für die beiden Beispielkommunen weisen bereits auf eine erhebliche finanzielle Mehrbelastung der Kommunen hin. Der Umsetzung der Reform kommt der Schülerzahlenrückgang entgegen, der es in der landesweiten Perspektive ermöglicht, im Rahmen der vorhandenen Angebotsstrukturen zusätzliche Aufgaben zu realisieren. Die Auswirkungen der geplanten Reform werden zwar unter Berücksichtigung der zu erwartenden Entwicklungen berechnet, die Reformauswirkungen aber nicht mit demografischen Entlastungen bilanziert. Die geplante Reform steht mit der demografischen Entwicklung in keinem sachlogischen Zusammenhang. Für die Kommunen sind durch die angestrebte Reform bereits geplante demografische Entlastungen (z. B. die Auflösung von Schulstandorten) nicht mehr realisierbar. Insofern entstehen den Kommunen auch dann Zusatzlasten, wenn diese zu keinen steigenden Ausgaben führen. Der Gesetzentwurf macht keine Aussagen zu pädagogischen oder schulorganisatorischen Standards, die für die Entwicklung hin zu einem inklusiven Schulsystem unabdingbar erscheinen. In dem vorliegenden Gutachten müssen daher Annahmen getroffen werden, die nicht notwendigerweise den hohen Standards an Förderschulen entsprechen, sondern nur einen möglichen Mindeststandard beschreiben könnten. Letztlich muss aber eine umfassende Diskussion mit Pädagogen und Fachwissenschaftlern klären, welche Ausstattungsstandards in einem inklusiven Schulsystem einzuhalten sind. Die Standards werden die Höhe der kommunalen Kosten maßgeblich bestimmen und die betroffenen Kommunen müssen durch einen entsprechenden finanziellen Ausgleich entlastet werden. Erst dann können die Schulträger ihren Beitrag zum Gelingen qualitativ hochwertiger, inklusiver Bildung und damit zur Umsetzung der VNBehindertenrechtskonvention leisten. 162 7. Literaturverzeichnis Autorengruppe Bildungsberichterstattung (2010). 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Schwerpunkt Hören und Kommunikation in NRW, Schuljahr 2012/13 .......................................................................................................................................... 22 Abbildung 6: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Sehen in NRW, Schuljahr 2012/13 ............ 22 Abbildung 7: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Körperliche und motorische Entwicklung in NRW, Schuljahr 2012/13 ........................................................................................................................ 24 Abbildung 8: Förderschulstandorte mit Schwerpunkt Geistige Entwicklung in NRW, Schuljahr 2012/13............................................................................................................................................................... 25 Abbildung 9: Standorte der öffentlichen Schulen in Essen nach Schulform, Schuljahr 2012/13.. 80 Abbildung 10: Standorte der Förderschulen und Wohnorte der Schüler mit Förderbedarf in Essen, Schuljahr 2012/13 ............................................................................................................................ 81 Abbildung 11: Bevölkerung im Alter von 0 bis unter 19 Jahren in Essen nach Stadtteilen, 2012 82 Abbildung 12: Standorte der öffentlichen Grundschulen in Essen nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2016/17 ................................................................................ 91 Abbildung 13: Standorte der öffentlichen Grundschulen in Essen nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2019/20 ................................................................................ 92 Abbildung 14: Standorte der öffentlichen weiterführenden Schulen in Essen nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation ab 2016/17 ............................................... 100 Abbildung 15: Standorte der öffentlichen Schulen im Kreis Borken nach Schulform, Schuljahr 2012/13............................................................................................................................................................ 128 Abbildung 16: Standorte der Förderschulen und Wohnorte der Schüler mit Förderbedarf im Kreis Borken, Schuljahr 2012/13 .......................................................................................................... 129 Abbildung 17: Standorte der öffentlichen Grundschulen im Kreis Borken nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2016/17 ..................................................... 135 Abbildung 18: Standorte der öffentlichen Grundschulen im Kreis Borken, nach Gemeinsamem Unterricht, Ist-Situation 2012/13 und Simulation 2019/20 ..................................................... 136 165 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Schulen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach Schulform in NRW, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 ......................................................................................... 17 Tabelle 2: Integrationsquoten in der Primarstufe und der Sekundarstufe I nach sonderpädagogischem Förderbedarf sowie nach Trägerschaft der Schule in NRW (in %), Schuljahr 2011/12 .......................................................................................................................................... 17 Tabelle 3: Anzahl der Förderschulen und Schulstandortgemeinden nach Förderschwerpunkten und Trägerschaft in NRW, Schuljahr 2012/13 .................................................................................... 19 Tabelle 4: Schüler in der Primarstufe und der Sekundarstufe I in öffentlichen und privaten Förderschulen nach Förderschwerpunkt in NRW, insgesamt und in Prozent, Schuljahr 2011/12............................................................................................................................................................... 23 Tabelle 5: Schüler mit dem Förderschwerpunkt Geistige Entwicklung in der Primar- und Sekundarstufe I in Förderschulen: Kreise in NRW mit einem Privatschüleranteil über dem Landesdurchschnitt, absolut und in Prozent ............................................................................. 24 Tabelle 6: Entwicklung der reformierten Schuleingangsphase der Grundschule in NRW, 2005 bis 2011 ...................................................................................................................................................................... 27 Tabelle 7: Zielgleich und zieldifferent unterrichtete Schüler nach allgemeinen Schulen und Förderschulen in NRW, Primarstufe und Sekundarstufe I, absolut und in Prozent, Schuljahr 2011/2012..................................................................................................................................... 30 Tabelle 8: Berechnung des zusätzlichen Klassenbedarfs für die Grundschule als Folge des Schulgesetzentwurfs bis 2017, landesweite Bilanz .......................................................................... 31 Tabelle 9: Berechnung des zusätzlichen Klassenbedarfs für die Sekundarstufe I als Folge des Schulgesetzentwurfs bis 2017, landesweite Bilanz .......................................................................... 32 Tabelle 10: Zum Schuljahr 2012/13 gültige Klassenbildungswerte nach Schulform ........................ 41 Tabelle 11: Angenommene Klassenbildungswerte für die Status Quo-Prognose und die Simulationen...................................................................................................................................................... 43 Tabelle 12: Schätzungen zu den kommunalen Folgekosten nach Kostenart, Bezugsgröße, Fälligkeit und Förderbedarf ........................................................................................................................ 72 Tabelle 13: Ausgewählte Kennzahlen zur regionalstrukturellen Einordnung der beiden Beispielkommunen ......................................................................................................................................... 74 Tabelle 14: Schüler an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen in Essen nach Schulstufe und Förderbedarf, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13............................................................ 76 Tabelle 15: Schulen mit und Schüler im Gemeinsamen Unterricht in Essen nach Schulform, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 ......................................................................................... 77 Tabelle 16: Schüler im Gemeinsamen Unterricht und Integrationsquote in der Primarstufe und der Sekundarstufe I an allgemeinen öffentlichen Schulen in Essen, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 ........................................................................................................................ 78 166 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Tabelle 17: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Grundschulen .................................................................................................................................................... 84 Tabelle 18: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Hauptschulen .................................................................................................................................................... 84 Tabelle 19: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Realschulen ................................................................................................................................................................................. 85 Tabelle 20 Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Gesamtschulen.................................................................................................................................................. 85 Tabelle 21: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, Gymnasien ................................................................................................................................................................................. 85 Tabelle 22: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für die Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt ......................................................................................................... 85 Tabelle 23: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Grundschulen ......................................... 87 Tabelle 24: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen ............................................. 88 Tabelle 25: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen .................................... 89 Tabelle 26: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen, Basisvariante ........................................................................................................ 90 Tabelle 27: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen, Reformvariante ................................................................................................... 93 Tabelle 28: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, Grundschulen, erweiterte Reformvariante............................................................................. 93 Tabelle 29: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR Schulen), Schülerzahlen in der Primarstufe ............................................................................................................. 95 Tabelle 30: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR Schulen), Förderschulbesuchsquoten in der Primarstufe .................................................................................. 95 Tabelle 31: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt ................................................................................................................................................................................. 96 Tabelle 32: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt... 97 167 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Tabelle 33: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen insgesamt ............................................................................................................................................................ 97 Tabelle 34: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen, Basisvariante ................................................................................... 98 Tabelle 35: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen, Reformvariante ............................................................................... 99 Tabelle 36: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote in der Stadt Essen, weiterführende Schulen, erweiterte Reformvariante ........................................................ 99 Tabelle 37: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR-Schulen), Schülerzahlen in der Sekundarstufe I .................................................................................................. 101 Tabelle 38: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für die Stadt Essen, Förderschulen (ohne LVR-Schulen), Förderschulbesuchsquoten in der Sekundarstufe I ....................................................................... 101 Tabelle 39: Schülerzahlen an Förderschulen in Trägerschaft der Stadt Essen, Ist-Situation 2012/13, Status Quo-Prognose und Simulation 2019/20 .......................................................... 103 Tabelle 40: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, Basisvariante............................... 106 Tabelle 41: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, Reformvariante .......................... 107 Tabelle 42: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, erweiterte Reformvariante ... 108 Tabelle 43: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Schulform und Investitionsform in der Stadt Essen, Schuljahr 2019/20, erweiterte Reformvariante mit einem Differenzierungsraum je zwei Klassen mit Gemeinsamen Unterricht (unabhängig von der Zahl der Schüler mit Förderbedarf) ..................................................................................... 109 Tabelle 44: Anzahl weiterführender Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf für die Einrichtung von Fachräumen, Schuljahr 2019/20 ......................................................................... 110 Tabelle 45: Anzahl Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit, Schuljahr 2019/20 .................................................................................................... 112 Tabelle 46: Anzahl Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und einmaliger Investitionsbedarf für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und 2019/20............................................................................................................................................................ 113 Tabelle 47: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ................. 113 168 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Tabelle 48: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Ganztagsbetrieb, Schülerpauschale, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ........ 115 Tabelle 49: Anzahl Schulen in der Stadt Essen nach Investitionsbedarf für Schulpsychologie und Schulsozialarbeit, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ................................................................... 116 Tabelle 50: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Schülerbeförderung Schuljahre 2016/17 und 2019/20 .................... 118 Tabelle 51: Anzahl Schüler nach Förderbedarf an allgemeinen Schulen in der Stadt Essen und laufende Kosten für Integrationshilfen, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ....................... 118 Tabelle 52: Zusammenfassende Darstellung der einmaligen Investitionen und laufenden Mehrkosten für die Stadt Essen nach den unterschiedlichen Klassenbildungsvarianten (Primarstufe und Sekundarstufe I) ....................................................................................................... 121 Tabelle 53: Schüler an öffentlichen allgemeinbildenden Schulen im Kreis Borken nach Schulstufe und Förderbedarf, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 ............................................... 124 Tabelle 54: Schulen mit und Schüler im Gemeinsamen Unterricht im Kreis Borken nach Schulform, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 ............................................................... 126 Tabelle 55: Schüler im Gemeinsamen Unterricht und Integrationsquote in der Primarstufe und der Sekundarstufe I an allgemeinen öffentlichen Schulen im Kreis Borken, absolut und in Prozent, Schuljahr 2012/13 ..................................................................................................................... 127 Tabelle 56: Status Quo-Prognose auf Basis der Schülerprognose für den Kreis Borken, Grundschulen ................................................................................................................................................. 130 Tabelle 57: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Grundschulen ................................. 131 Tabelle 58: Schüler insgesamt und Schüler mit Förderbedarf je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen.............................................. 132 Tabelle 59: Anzahl Klassen und durchschnittliche Klassengröße je Schule, Status Quo-Prognose und Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen..................................... 132 Tabelle 60: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen, Basisvariante .................................................................................................. 134 Tabelle 61: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen, Reformvariante ............................................................................................. 137 Tabelle 62: Schulorganisatorische Konsequenzen der Erhöhung der Inklusionsquote im Kreis Borken, Grundschulen, erweiterte Reformvariante....................................................................... 137 Tabelle 63: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Förderschulen (ohne LWLSchule), Schülerzahlen in der Primarstufe......................................................................................... 139 169 Abbildungs- und Tabellenverzeichnis Tabelle 64: Ist-Situation und Prognose der Schülerzahlen auf Basis der Schülerprognose und der Erhöhung der Inklusionsquoten für den Kreis Borken, Förderschulen (ohne LWLSchule), Förderschulbesuchsquoten in der Primarstufe.............................................................. 139 Tabelle 65: Investitionsbedarf für Klassen- und Differenzierungsräume nach Investitionsform an Grundschulen im Kreis Borken, Schuljahr 2019/20, verschiedene Varianten ................... 142 Tabelle 66: Anzahl Grundschulen im Kreis Borken nach Investitionsbedarf zur Herstellung von Barrierefreiheit, Schuljahr 2019/20 .................................................................................................... 144 Tabelle 67: Anzahl Schüler mit Förderbedarf Sehen an allgemeinen Grundschulen im Kreis Borken und einmaliger Investitionsbedarf für Lehr- und Lernmittel, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 .................................................................................................................................................. 144 Tabelle 68: Laufende Kosten für Lehr- und Lernmittel nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ....................................................................................... 146 Tabelle 69: Laufende Kosten für den Ganztagsbetrieb (Schülerpauschale) nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ...................................................... 147 Tabelle 70: Anzahl Grundschulen im Kreis Borken nach Investitionsbedarf für Schulpsychologie und Schulsozialarbeit, Schuljahre 2016/17 und 2019/20.......................................................... 148 Tabelle 71: Laufende Kosten für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schüler mit Förderbedarf Geistige Entwicklung, Körperliche und motorische Entwicklung, Sehen sowie Hören und Kommunikation, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 .............................................................................................................................................................................. 149 Tabelle 72: Laufende Kosten für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schüler mit Förderbedarf Lern- und Entwicklungsstörungen, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ............................................................................................................................... 151 Tabelle 73: Kostensaldo für Schülerbeförderung nach Trägerschaft der Schule im Kreis Borken, Schüler mit Förderbedarf Lern- und Entwicklungsstörungen, Schuljahre 2016/17 und 2019/20............................................................................................................................................................ 152 Tabelle 74: Laufende Kosten für Integrationshilfen nach Trägerschaft der Grundschule im Kreis Borken, Schuljahre 2016/17 und 2019/20 ....................................................................................... 153 Tabelle 75: Zusammenfassende Darstellung der einmaligen Investitionen und laufenden Mehrkosten für den Kreis Borken nach den unterschiedlichen Klassenbildungsvarianten (nur Primarstufe) ......................................................................................................................................... 157 170