Daten
Kommune
Bedburg
Größe
2,1 MB
Datum
25.02.2014
Erstellt
19.02.14, 18:05
Aktualisiert
19.02.14, 18:05
Stichworte
Inhalt der Datei
Bebauungsplan Nr. 5 zwischen Marienstrasse,
Schulgasse und Pützer Strasse
in Bedburg-Kirchherten
Artenschutzprüfung (ASP)
Bebauungsplan Nr. 5 zwischen Marienstrasse,
Schulgasse und Pützer Strasse
in Bedburg-Kirchherten
Artenschutzprüfung (ASP)
Gutachten im Auftrag der
LA CITTÁ STADTPLANUNG
Bearbeiter:
Dr. Thomas Esser
Dipl.-Biol. Annika Keller
Dipl.-Biol. Jochen Weglau
KÖLNER BÜRO FÜR FAUNISTIK
Moltkestr. 28
50674 Köln
www.kbff.de
Köln, im Oktober 2013
Inhalt
1. Anlass und Rechtsgrundlagen ............................................................................. 3
1.1 Anlass .......................................................................................................................... 3
1.2 Rechtsgrundlagen ........................................................................................................ 4
1.2.1 Artenschutzrechtliche Vorgaben des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) .... 4
1.2.2 Begriffsdefinitionen ................................................................................................ 8
2. Beschreibung des Vorhabensbereichs ............................................................. 12
3. Vorgehensweise und Methodik .......................................................................... 15
3.1 Vorgehensweise und Fragestellung............................................................................ 15
3.2 Auswahl artenschutzrechtlich relevanter Arten ........................................................... 16
3.3 Methodik und Datengrundlagen.................................................................................. 16
3.3.1 Avifauna............................................................................................................... 16
3.3.2 Fledermäuse ........................................................................................................ 17
3.3.3 Amphibien und Reptilien ...................................................................................... 17
4. Beschreibung des Vorhabens und seiner Auswirkungen ............................... 18
5. Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten ......................................... 21
5.1 Europäische Vogelarten ............................................................................................. 22
5.2 Fledermäuse .............................................................................................................. 23
6. Konfliktprognose: Betroffenheit artenschutzrechtlich relevanter Arten ........ 24
6.1 Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung artenschutzrelevanter
Beeinträchtigungen ..................................................................................................... 24
6.2 Artenschutzrechtliche Prüfung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 unter
Berücksichtigung von Abs. 5 Satz 2 BNatSchG .......................................................... 25
6.2.1 Europäische Vogelarten ....................................................................................... 25
6.2.2 Weitere planungsrelevante Arten ......................................................................... 28
7. Prüfung von Ausnahmetatbeständen ................................................................ 29
8. Zusammenfassung und Fazit: Artenschutzrechtliche Zulässigkeit des
Bebauungsplans Nr. 5 in Bedburg-Kirchherten ............................................... 30
9. Literatur und sonstige verwendete Quellen ...................................................... 31
K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
1.1 Anlass
§ 44 des BNatSchG enthält für bestimmte Tier- und Pflanzenarten Verbotstatbestände, die
ihrem Schutz dienen. Diese Schutzbestimmungen gelten, unabhängig von speziellen
Schutzgebieten, für Pflanzen- und Tierarten, die nach § 7 BNatSchG besonders und/oder
streng geschützt sind. Sie gelten für diese Arten selbst (z.B. für das Sammeln, Verletzen
oder Töten), aber auch für von ihnen zum Überleben benötigte Lebensräume bzw. Lebensraumstrukturen.
Eingriffsbedingte Veränderungen von Natur und Landschaft bedürfen immer dann einer
Überprüfung artenschutzrechtlicher Belange, wenn nicht von vorneherein auszuschließen ist,
dass bestimmte geschützte Arten, und zwar Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie, wildlebende Vogelarten sowie Arten, die nach einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1
Nummer 2 BNatSchG aufgeführt sind, von einem Vorhaben betroffen sein könnten (siehe
hierzu auch Kapitel 1.2). Zu beachten sind hierbei zunächst die Verbotstatbestände des § 44
Abs. 1 BNatSchG, wonach es nicht zu einer Tötung oder Verletzung von Individuen artenschutzrechtlich relevanter Arten (§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), zu einer erheblichen Störung
(§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG) oder zu einer Zerstörung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten
(§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG) dieser Arten kommen darf. § 44 Abs. 5 BNatSchG regelt den
Eingriff im Falle der Betroffenheit der Fortpflanzungs- und Ruhestätten und im Hinblick auf
damit unvermeidbare Beeinträchtigungen von Individuen artenschutzrechtlich relevanter Tierarten weiter (nähere Ausführungen siehe nachfolgendes Kapitel 1.2).
Mit der Aufstellung des Bebauungsplanes Nr. 5 in Bedburg-Kirchherten zwischen Marienstrasse, Schulgasse und Pützer Strasse sollen die planungsrechtlichen Voraussetzungen zur
Ansiedlung von freistehenden Familienwohnhäusern – primär für den örtlichen Bedarf in Anpassung an die vorhandene Nachfrage – geschaffen werden.
Neben der Bereitstellung weiterer Bauflächen wird mit der Planung zugleich die Voraussetzungen zur Verdichtung des Innenbereichs geschaffen und damit eine weitere Inanspruchnahme von Außenbereichsflächen verhindert.
Bei dem Plangebiet handelt es sich um einen kleineren, weitestgehend unbebauten Freibereich. Die Flächen innerhalb des Plangebietes werden landwirtschaftlich als Fettweide /
Pferdekoppel genutzt. Durch die Beanspruchung der landwirtschaftlichen Flächen im Plangebiet kann es potenziell zu einer Betroffenheit von Arten kommen, die unter die Schutzbestimmungen des § 44 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG, Zugriffsverbote) fallen. In der
vorliegenden artenschutzrechtlichen Betrachtung soll dargestellt werden, ob und - wenn ja welche artenschutzrechtlichen Konflikte im Zusammenhang mit der geplanten Bebauung
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
entstehen können. Weiterhin wird geklärt, ob das Vorhaben aus artenschutzrechtlicher Sicht
als zulässig einzustufen ist.
1.2 Rechtsgrundlagen
Zu beachten sind zunächst die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG, wonach es
nicht zu einer Tötung oder Verletzung von Individuen artenschutzrechtlich relevanter Arten
(§ 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG), zu einer erheblichen Störung (§ 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG)
oder zu einer Zerstörung der Fortpflanzungs- und Ruhestätten (§ 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG)
dieser Arten kommen darf. Bei zulässigen Eingriffen gelten diese Maßgaben jedoch nur nach
§ 44 Abs. 5 S. 2-5 BNatSchG (nähere Ausführungen siehe nachfolgendes Kapitel).
Kann ein Zugriffsverbot nicht ausgeschlossen werden, ist im Weiteren zu prüfen, ob der Erteilung einer Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG Hindernisse entgegenstehen.
Die Anforderungen des Artenschutzes sind in der Verwaltungsvorschrift des Landes NRW
zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinien 92/43/EWG (FFHRL) und 2009/147/EG (V-RL) näher beschrieben (Rd.Erl. des MUNLV vom 13. April 2010, III
4 - 616.06.01.17, in der Fassung der 1. Änderung vom 15.9.2010). Daran orientiert sich die
vorliegende Prüfung.
Unter den grundsätzlich artenschutzrechtlich relevanten Arten befinden sich zahlreiche häufig vorkommende und allgemein verbreitete Arten, die alle einen günstigen Erhaltungszustand haben. Im Regelfall kann bei diesen Arten davon ausgegangen werden, dass nicht
gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoßen wird. Für die artenschutzrechtliche
Prüfung besonders bedeutsam sind demgegenüber die sog. planungsrelevanten Arten. Hierbei handelt es sich um eine naturschutzfachliche begründete Auswahl derjenigen geschützten Arten, die bei einer Artenschutzprüfung im Sinne einer Art-für-Art-Betrachtung einzeln zu
bearbeiten sind. Das LANUV bestimmt die für NRW planungsrelevanten Arten nach einheitlichen
naturschutzfachlichen
Kriterien
(LANUV,
Stand
2012,
http://www.naturschutz-
fachinformationen-nrw.de/artenschutz/; unter: Downloads). Die aktuelle Liste der planungsrelevanten Arten ist Gegenstand der vorliegenden Prüfung.
Die Vorgaben der §§ 44 und 45 BNatSchG bilden die Grundlage für jede artenschutzrechtliche Prüfung. Sie werden daher nachfolgend erläutert.
1.2.1
Artenschutzrechtliche
Vorgaben
des
Bundesnaturschutzgesetzes
(BNatSchG)
Die artenschutzrechtlichen Regelungen des BNatSchG finden sich in § 44 mit den dort dargestellten Verboten. Nach § 44 Abs. 1 BNatSchG ist es verboten,
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
1.
wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu
entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
2.
wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und
Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn
sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art
verschlechtert,
3.
Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören,
4.
wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen
oder zu zerstören
(Zugriffsverbote)
Die Zugriffsverbote werden für nach § 15 BNatSchG zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft sowie für Vorhaben im Sinne des § 18 Abs. 2 S. 1 BNatSchG, also auch für Vorhaben
im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, eingeschränkt. Danach sind die Verbotstatbestände des § 44 Absatz 1 BNatSchG nach dessen Absatz 5 unter folgenden Voraussetzungen nicht verletzt:
(5) Für nach § 15 zulässige Eingriffe in Natur und Landschaft sowie für Vorhaben im
Sinne des § 18 Absatz 2 Satz 1, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuches zulässig sind, gelten die Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote nach Maßgabe der
Sätze 2 bis 5. Sind in Anhang IV Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführte
Tierarten, europäische Vogelarten oder solche Arten betroffen, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Absatz 1 Nummer 2 aufgeführt sind, liegt ein Verstoß gegen
das Verbot des Absatzes 1 Nummer 3 und im Hinblick auf damit verbundene unvermeidbare Beeinträchtigungen wild lebender Tiere auch gegen das Verbot des Absatzes 1 Nummer 1 nicht vor, soweit die ökologische Funktion der von dem Eingriff oder
Vorhaben betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Soweit erforderlich, können auch vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen festgesetzt werden. Für Standorte wild lebender Pflanzen der in
Anhang IV Buchstabe b der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Arten gelten die Sätze 2 und 3 entsprechend. Sind andere besonders geschützte Arten betroffen, liegt bei
Handlungen zur Durchführung eines Eingriffs oder Vorhabens kein Verstoß gegen die
Zugriffs-, Besitz- und Vermarktungsverbote vor.
Die Frage, ob die ökologische Funktion betroffener Fortpflanzungs- und Ruhestätten im
räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird, erfordert im Hinblick auf das Vorhandensein geeigneter Fortpflanzungs- und Ruhestätten im Raum eine artspezifische Prüfung.
Hierbei können vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen berücksichtigt werden.
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
Im Hinblick auf § 44 Abs. 1 Nr. 2 ist die Erheblichkeit von Störwirkungen maßgeblich.
Mit Blick auf gesetzlich vorgeschriebene Prüfungen werden die Zugriffs- und Besitzverbote
ebenfalls eingeschränkt (§ 44 Abs. 6 BNatSchG):
(6) Die Zugriffs- und Besitzverbote gelten nicht für Handlungen zur Vorbereitung gesetzlich vorgeschriebener Prüfungen, die von fachkundigen Personen unter größtmöglicher Schonung der untersuchten Exemplare und der übrigen Tier- und Pflanzenwelt im notwendigen Umfang vorgenommen werden. Die Anzahl der verletzten
oder getöteten Exemplare von europäischen Vogelarten und Arten der in Anhang IV
Buchstabe a der Richtlinie 92/43/EWG aufgeführten Tierarten ist von der fachkundigen Person der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde jährlich
mitzuteilen.
Sollte die artenschutzrechtliche Betroffenheit geschützter Arten unter Beachtung des § 44
Abs. 1 und Abs. 5 BNatSchG nicht ausgeschlossen werden können, ist die Ausnahmeregelung des § 45 Abs. 7 BNatSchG zu prüfen. Maßgeblich für das hier zu prüfende Vorhaben
sind folgende Absätze:
(7) Die nach Landesrecht zuständigen Behörden sowie im Falle des Verbringens aus
dem Ausland das Bundesamt für Naturschutz können von den Verboten des § 44 im
Einzelfall weitere Ausnahmen zulassen
1.
im Interesse der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Landesverteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder
der maßgeblich günstigen Auswirkungen auf die Umwelt oder
2.
aus anderen zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses
einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art.
Eine Ausnahme darf nur zugelassen werden, wenn zumutbare Alternativen nicht gegeben sind und sich der Erhaltungszustand der Populationen einer Art nicht verschlechtert, soweit nicht Artikel 16 Abs. 1 der Richtlinie 92/43/EWG weitergehende
Anforderungen enthält. Artikel 16 Abs. 3 der Richtlinie 92/43/EWG und Artikel 9 Abs.
2 der Richtlinie 79/409/EWG sind zu beachten. Die Landesregierungen können Ausnahmen auch allgemein durch Rechtsverordnung zulassen (…).
Das BNatSchG nimmt Bezug auf Artikel 16 Absatz 1 sowie Absatz 3 der FFH-Richtlinie
(Richtlinie 92/43/EWG). Artikel 16 Absatz 1 FFH-Richtlinie lautet:
(1) Sofern es keine anderweitige zufrieden stellende Lösung gibt und unter der Bedingung, dass die Populationen der betroffenen Art in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet trotz der Ausnahmeregelung ohne Beeinträchtigung in einem günstigen Erhal6
K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
tungszustand verweilen, können die Mitgliedstaaten von den Bestimmungen der Artikel 12, 13 und 14 sowie des Artikels 15 Buchstaben a) und b) im folgenden Sinne
abweichen:
a) zum Schutz der wildlebenden Tiere und Pflanzen und zur Erhaltung der natürlichen
Lebensräume;
b) zur Verhütung ernster Schäden insbesondere an Kulturen und in der Tierhaltung
sowie an Wäldern, Fischgründen und Gewässern sowie an sonstigen Formen von Eigentum;
c) im Interesse der Volksgesundheit und der öffentlichen Sicherheit oder aus anderen
zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art oder positiver Folgen für die Umwelt;
d) zu Zwecken der Forschung und des Unterrichts, der Bestandsauffüllung und Wiederansiedlung und der für diese Zwecke erforderlichen Aufzucht, einschließlich der
künstlichen Vermehrung von Pflanzen;
e) um unter strenger Kontrolle, selektiv und in beschränktem Ausmaß die Entnahme
oder Haltung einer begrenzten und von den zuständigen einzelstaatlichen Behörden
spezifizierten Anzahl von Exemplaren bestimmter Tier- und Pflanzenarten des Anhangs IV zu erlauben.
Aus Artikel 16 der FFH-Richtlinie wird deutlich, dass eine Ausnahme von den artenschutzrechtlichen Verboten der FFH-Richtlinie nur dann zu erzielen ist, wenn keine anderweitigen
zufrieden stellenden Lösungen vorhanden sind. Zudem ist immer zu beachten, dass entstehende Beeinträchtigungen nie so weit gehen dürfen, dass der günstige Erhaltungszustand
einer Art in Frage gestellt ist. Erst dann kann es zur Prüfung der weiteren Ausnahmetatbestände nach Artikel 16 Abs. 1 a) bis e) kommen, wonach weitere Voraussetzungen, etwa
zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses, erfüllt sein müssen.
Artikel 16 Absätze 2 und 3 der FFH-Richtlinie betreffen die Kontrolle von artenschutzrechtlichen Ausnahmen. Sie haben folgenden Inhalt:
(2) Die Mitgliedstaaten legen der Kommission alle zwei Jahre einen mit dem vom Ausschuss
festgelegten Modell übereinstimmenden Bericht über die nach Absatz 1 genehmigten Ausnahmen vor. Die Kommission nimmt zu diesen Ausnahmen binnen zwölf Monaten nach Erhalt des Berichts Stellung und unterrichtet darüber den Ausschuss.
(3) In den Berichten ist folgendes anzugeben:
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
a) die Arten, für die die Ausnahmeregelung gilt, und der Grund der Ausnahme, einschließlich der Art der Risiken sowie gegebenenfalls der verworfenen Alternativlösungen und der
benutzten wissenschaftlichen Daten;
b) die für Fang oder Tötung von Tieren zugelassenen Mittel, Einrichtungen oder Methoden und die Gründe für ihren Gebrauch;
c) die zeitlichen und örtlichen Umstände der Ausnahmegenehmigungen;
d) die Behörde, die befugt ist, zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt
sind, bzw. zu kontrollieren, ob sie erfüllt sind, und die beschließen kann, welche Mittel,
Einrichtungen oder Methoden innerhalb welcher Grenzen und von welchen Stellen verwendet werden dürfen sowie welche Personen mit der Durchführung betraut werden;
e) die angewandten Kontrollmaßnahmen und die erzielten Ergebnisse.
Auch Artikel 9 Absatz 2 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG) wird in § 45 Abs. 7
BNatSchG angesprochen. Danach gilt für die Ausnahmen von artenschutzrechtlichen Verboten:
(2) In den abweichenden Bestimmungen ist anzugeben,
-
für welche Vogelarten die Abweichungen gelten,
-
die zugelassenen Fang- oder Tötungsmittel, -einrichtungen und -methoden,
-
die Art der Risiken und die zeitlichen und örtlichen Umstände, unter denen diese
Abweichungen getroffen werden können,
-
die Stelle, die befugt ist zu erklären, dass die erforderlichen Voraussetzungen gegeben sind, und zu beschließen, welche Mittel, Einrichtungen und Methoden in welchem Rahmen von wem angewandt werden können,
-
welche Kontrollen vorzunehmen sind.
Auch hier wird die Kontrollpflicht für Ausnahmen im Falle wildlebender Vogelarten angesprochen.
1.2.2 Begriffsdefinitionen
Das BNatSchG nimmt teilweise konkret Bezug auf die artenschutzrechtlichen Vorgaben der
FFH-Richtlinie (insbesondere Artikel 16). Daher werden nachfolgend die im BNatSchG verwendeten Begriffe unter Berücksichtigung europarechtlicher Vorgaben interpretiert.
Die Inhalte des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG bedürfen keiner näheren Begriffsdefinition. Sie
beziehen sich eindeutig auf die Individuen und ihre Entwicklungsstadien und verbieten den
Fang, das Nachstellen, Verletzen oder Töten. Sie sind individuenbezogen anzuwenden.
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
Der Begriff der „Störung“ entsprechend § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG lässt sich in Anlehnung
an die Ausführungen der EU-Kommission zur FFH-Richtlinie näher definieren. Störungen
können durch Beunruhigungen und Scheuchwirkungen infolge von Bewegung, Lärm, Licht
oder Maschinen eintreten (LÜTTMANN 2007, TRAUTNER 2008). Auch Zerschneidungswirkungen (z.B. Silhouettenwirkungen von technischen Bauwerken) werden demnach als Störwirkungen bezeichnet. Das Maß der Störung hängt von Parametern wie Intensität, Dauer und
Wiederholungsfrequenz auftretender Störungen ab. In einem so genannten „Guidance document“ zur Anwendung der artenschutzrechtlichen Regelungen der FFH-Richtlinie (siehe
EUROPEAN COMMISSION 2005, 2007, Kapitel II.3.2.) werden Störungen immer dann als relevant betrachtet, wenn sie negativen Einfluss auf die Überlebenschancen, den Fortpflanzungserfolg oder die Reproduktionsfähigkeit der zu schützenden Arten haben. Alle Störungen, die zu einer Abnahme der Verbreitung einer Art im Raum führen, sind ebenfalls eingeschlossen. Damit sind Störungen artspezifisch unterschiedlich zu definieren, da sich die
Empfindlichkeit gegenüber störenden Einflüssen auch artspezifisch unterscheidet.
Ähnlich wie die EU-Kommission äußert sich das MINISTERIUM FÜR UMWELT UND NATURSCHUTZ,
LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAUCHERSCHUTZ DES LANDES NRW (MUNLV 2008). Al-
lerdings beinhaltet der Störungstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG einen populationsbezogenen Ansatz. Danach ist für das Eintreten des Störungstatbestands entscheidend,
dass es zu einem negativen Einfluss auf Populationsniveau kommt, indem die Fitness der
betroffenen Individuen populationsrelevant verringert wird (KIEL 2005). Entscheidend ist hiernach, „wie sich die Störung auf die Überlebenschancen, die Reproduktionsfähigkeit und den
Fortpflanzungserfolg der Individuen der lokalen Population auswirkt“ (siehe MUNLV 2008).
Letztendlich sind lokale Populationen also nach dem Angebot geeigneter Habitate vor Ort,
den Lebensraumansprüchen der betroffenen Arten sowie ihrer räumlichen Verbreitung und
ihres Erhaltungszustands abzugrenzen.
Das MUNLV (2008) wählt für Lokalpopulationen einen pragmatischen Ansatz. Danach sind
diese weniger populationsbiologisch oder genetisch zu definieren, sondern am ehesten als
lokale Dichtenzentren bzw. Konzentrationen. In einigen Fällen sind dies zugleich die Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der Arten (etwa bei einigen Fledermäusen oder Amphibien). In
zahlreichen Fällen kann es aber auch sinnvoll sein, Landschaftseinheiten (Waldgebiete,
Grünlandkomplexe u.a.) als Lebensräume lokaler Populationen zu definieren. Arten mit sehr
großen Aktionsräumen wiederum bedürfen ggf. einer noch weiteren Definition des Begriffs
der lokalen Population. Hier können Gemeindegebiete oder Kreisgebiete herangezogen
werden, um Beeinträchtigungen lokaler Populationen näher zu bestimmen. Ob dem pragmatischen Ansatz des MUNL (2008) gefolgt wird, oder dieser in Abhängigkeit der ökologischen
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
Voraussetzungen einzelner Arten abgeändert werden muss, lässt sich erst bei näherer Betrachtung der einzelnen betroffenen Arten belastbar aussagen.
Da die Frage der „Erheblichkeit“ einer Störung damit verbunden ist, dass sich der Erhaltungszustand lokaler Populationen verschlechtern könnte ist die Bewertung des AusgangsErhaltungszustands einer lokalen Population von großer Bedeutung. Bei verbreiteten, nicht
konzentriert auftretenden Arten wird dieser nicht so schnell beeinträchtigt werden, während
konzentriert auftretende Arten mit einem ungünstigen Erhaltungszustand bereits bei geringeren Auswirkungen auf lokaler Ebene beeinträchtigt werden können (siehe MUNLV 2008).
Als Fortpflanzungsstätten werden alle Teillebensräume bezeichnet, die für die Paarung und
Niederkunft sowie ggf. die nachfolgende Jungenaufzucht erforderlich sind. Sie decken auch
die Umgebung der Nester oder die Orte der Niederkunft ab, wenn diese für die Nachwuchspflege benötigt werden. Fortpflanzungsstätten können somit Balzplätze, Paarungsquartiere,
Nistplätze usw. umfassen (siehe EUROPEAN COMMISSION 2005, 2007, Kapitel II.3.4. vgl. auch
Begriffsdefinition des MUNLV 2008).
Ruhestätten sind die Bereiche, die von Tieren aufgesucht werden, wenn diese nicht aktiv
sind. Hierzu gehören Plätze, die zur Thermoregulation, als Rast- oder Schlafplätze, Verstecke oder für die Überwinterung genutzt werden. Die LANA (2007) bezeichnet die Fortpflanzungs- und Ruhestätten zusammenfassend als „Lebensstätten“ der zu schützenden Arten.
Fortpflanzungs- und Ruhestätten können artspezifisch in unterschiedlicher Weise eingegrenzt werden. Es ist möglich, nur die Bereiche, in denen eine konkrete Art tatsächlich vorkommt, kleinräumig als Fortpflanzungs- und Ruhestätten zu bezeichnen, sofern sich das
Vorkommen einer Art hierauf beschränkt. Dem steht eine weitere Definition gegenüber, die
die Gesamtheit geeigneter Bereiche zur Fortpflanzungs- und Ruhestätte erklärt. Die Europäische Kommission bevorzugt die weitere Definition (siehe EUROPEAN COMMISSION 2005,
2007, Kapitel II.3.4.b), schränkt aber zugleich ein, dass für Arten mit größeren Aktionsradien
eine Beschränkung auf einen klar abgegrenzten Raum sinnvoll erscheint.
Das MUNLV (2008) kommt zu dem Ansatz, dass Arten mit geringen Raumansprüchen eher
nach der weiten Definition, also der Gesamtheit geeigneter Fortpflanzungs- und Ruhestätten
im betrachteten Raum, Arten mit großen Aktionsradien dagegen eher mit einer engeren, auf
besonders geeignete Teillebensräume eingegrenzten Sichtweise, behandelt werden sollten.
Bei Vögeln sollte in der Regel nicht nur das eigentliche Nest, sondern das gesamte Revier
als Fortpflanzungsstätte betrachtet werden. Nur bei Arten, die große Brutreviere nutzen und
ihre Nahrungsreviere weiträumig und unspezifisch aufsuchen, kann die Lebensstätte auf das
eigentliche Nest mit einer geeigneten störungsarmen Ruhezone beschränkt werden (siehe
MUNLV 2008).
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
1. Anlass und Rechtsgrundlagen
Auch der Begriff der Beschädigung bedarf einer näheren Betrachtung. Nach Darstellung der
Europäischen Kommission (EUROPEAN COMMISSION 2005, 2007, Kapitel II.3.4.c) stellt eine
Beschädigung eine materielle Verschlechterung dar, die im Gegensatz zur Vernichtung
schleichend erfolgen und zur graduellen Verschlechterung der Funktionalität einer Stätte
führt. Dies mag ein langsamer Prozess sein, der streng genommen nicht immer mit einer
physischen Beschädigung, sondern eher mit einer sukzessiven Beeinträchtigung einhergehen kann. Entscheidend für die Aussage, ob eine Handlung zur Beschädigung eines Lebensraumes einer Art führt, sind Ursache-Wirkungs-Prognosen. Als Beschädigungen sind auf
jeden Fall alle Handlungen zu bezeichnen, die nachweislich zur Beeinträchtigung der Funktion von einer (je nach Art tatsächlich oder potenziell genutzten) Fortpflanzungs- oder Ruhestätte führen.
Auch die Frage der „Absichtlichkeit“ bei dem Inkaufnehmen artenschutzrechtlicher Beeinträchtigungen ist durch den EuGH im so genannten „Caretta-Caretta-Urteil“ vom 30.01.2002,
Rs. C-103/00 (siehe unter http://curia.europa.eu) thematisiert worden. Danach ist eine Handlung dann als absichtlich zu bezeichnen, wenn sie in Kenntnis aller Umstände, folglich im
Bewusstsein des Vorkommens der geschützten Arten und der beeinträchtigenden Wirkung
der Handlung vorgenommen wird. Eine unmittelbare Absicht des Tötens von Anhang IV –
Arten oder der Störung derselben muss nicht vorhanden sein. Das Wissen um die voraussichtliche Wirkung des eigenen Handelns im Zusammenhang mit dem ebenfalls bekannten
Vorkommen von Anhang IV – Arten reicht aus, um dieses als absichtlich zu bezeichnen (siehe EUROPEAN COMMISSION 2005, 2007, Kapitel II.3.).
Ein Vorhaben ist somit unter folgenden Maßgaben durchführbar:
a.
Es entstehen keine Konflikte mit artenschutzrechtlich relevanten Arten oder
b.
die entstehenden Konflikte können mit Hilfe geeigneter Maßnahmen vermieden oder
soweit gemindert werden, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nicht eintreten oder
c.
es verbleiben Beeinträchtigungen; das Vorhaben erfüllt aber die Voraussetzungen der
artenschutzrechtlichen Ausnahmeregelungen im Sinne des § 45 Abs. 7 BNatSchG (letzterer in Verbindung mit Artikel 16 Absatz 1 FFH-Richtlinie unter Beachtung der Artikel 16
Absatz 3 FFH-Richtlinie und Artikel 9 Absatz 2 Vogelschutzrichtlinie).
Alle Varianten, die nicht unter die Ergebnisse der Punkte a. bis c. fallen, sind aus artenschutzrechtlicher Sicht unzulässig.
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
2. Beschreibung des Vorhabensbereichs
2. Beschreibung des Vorhabensbereichs
Das Plangebiet (Abbildung 1 und 2) grenzt im Südosten an das Grundstück des Alten- und
Pflegeheims „Maria Hilf“. Im Westen wird das Plangebiet von den bebauten Grundstücken an
der Schulgasse begrenzt.
Im südlichen Teil des Plangebietes werden bestehende Stellplätze und Nebengebäude in
Abstimmung mit den Grundstückseigentümern überplant (Wohngebiet und Verkehrsfläche).
Die nördliche Begrenzung wird von einem unbefestigten Flurweg gebildet.
Die Flächen innerhalb des Plangebietes werden landwirtschaftlich als Fettweide / Pferdekoppel genutzt. Entlang der südöstlichen Grenze besteht zum Alten- und Pflegeheim hin ein
begrünter Erdwall, der als visuelle und lärmschutztechnische Abschirmung dient. Dieser liegt
außerhalb des Plangebietes. Ein darüber hinausgehender Bewuchs (z.B. Sträucher oder
Hecken) ist innerhalb des Plangebietes nicht vorhanden.
Abbildung 1: Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 5 / Kirchherten.
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2. Beschreibung des Vorhabensbereichs
Abbildung 2: Blick auf das Plangebiet.
Abbildung 3: Blick auf das im Südosten angrenzende Alten- und Pflegeheims „Maria Hilf“.
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2. Beschreibung des Vorhabensbereichs
Abbildung 4: Blick von Osten auf den Bereich der Planstraße (links das Alten- und
Pflegeheim „Maria Hilf“).
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3. Vorgehensweise und Methodik
3. Vorgehensweise und Methodik
3.1 Vorgehensweise und Fragestellung
In Bezug auf den Artenschutz müssen folgende Aspekte behandelt werden:
Es muss eine Vorstellung davon erarbeitet werden, wie sich artenschutzrechtlich relevante Arten im Wirkungsbereich des Vorhabens verteilen. Bedeutung haben dabei europarechtlich geschützte Arten (europäische Vogelarten und Anhang IV Arten der FFH-RL)
und solche Arten, die in einer Rechtsverordnung nach § 54 Abs.1 Nr. 2 aufgeführt sind,
da sie den unter 1.2 dargestellten artenschutzrechtlichen Verbotstatbeständen unterliegen und zudem Grundlage sind, die Zulässigkeit des Eingriffs bewerten zu können.
Es ist der Tatbestand der Tötung oder Verletzung von Individuen artenschutzrechtlich
relevanter Arten nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG abzuprüfen.
Im Hinblick auf das Störungsverbot ist nach § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG zu prüfen, ob
sich der Erhaltungszustand ggf. betroffener lokaler Populationen streng geschützter Arten und wildlebender Vogelarten vorhabenbedingt verschlechtern könnte.
Unter Berücksichtigung des § 44 Abs. 5 BNatSchG ist bei zulässigen Eingriffen zu prüfen, ob Fortpflanzungs- oder Ruhestätten von Arten des Anhangs IV der FFH-Richtlinie
oder europäische Vogelarten im Sinne § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG im Einflussbereich
des Vorhabens auftreten und beeinträchtigt werden können. Das Verbot des § 44 Abs. 1
Nr. 3 BNatSchG ist nicht verletzt, soweit die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt wird. Gleiches gilt für das Verbot des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG, soweit die danach verbotene
Handlung unvermeidbar mit einer Beeinträchtigung nach Abs. 1 Nr. 3 verbunden ist.
Unmittelbar anwendbar ist das Artenschutzrecht der §§ 44 ff BNatSchG auf der Ebene
der Vorhabenzulassung.
Falls ein Verbotstatbestand nicht auszuschließen ist, ist abzuprüfen, inwiefern eine Ausnahme nach § 45 Abs. 7 BNatSchG gewährt werden kann. In diesem Zusammenhang
ist eine Begründung zum Vorliegen der Ausnahmevoraussetzungen, insbesondere zu
zumutbaren Alternativen und zur Frage des Erhaltungszustands betroffener Arten als
Folge des Vorhabens, erforderlich.
Ein Vorhaben ist unter folgenden Maßgaben durchführbar:
a.
Es entstehen keine Konflikte mit artenschutzrechtlich relevanten Arten oder
b.
die entstehenden Konflikte können mit Hilfe geeigneter Maßnahmen vermieden oder
soweit gemindert werden, dass die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände nicht
eintreten oder
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c.
3. Vorgehensweise und Methodik
es verbleiben Beeinträchtigungen; das Vorhaben erfüllt aber die Voraussetzungen
der artenschutzrechtlichen Ausnahmeregelungen im Sinne des § 45 Abs. 7
BNatSchG (letzterer in Verbindung mit Artikel 16 Absatz 1 FFH-Richtlinie unter Beachtung der Artikel 16 Absatz 3 FFH-Richtlinie und Artikel 9 Absatz 2 Vogelschutzrichtlinie).
Alle Varianten, die nicht unter die Ergebnisse der Punkte a. bis c. fallen, sind aus artenschutzrechtlicher Sicht unzulässig.
3.2 Auswahl artenschutzrechtlich relevanter Arten
Den Vorgaben des § 44 Abs. 1 Nrn. 1, 3 und 4 BNatSchG folgend gelten die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände für sämtliche besonders geschützten Arten (vgl. Kapitel
1.2.2), § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG gilt nur für die streng geschützten Arten und die wildlebenden Vogelarten. Mit Blick auf § 44 Abs. 5 BNatSchG beschränkt sich die artenschutzrechtliche Prüfung auf die Arten des Anhangs IV der FFH-RL und auf die wildlebenden Vogelarten. Die übrigen, nur national besonders und streng geschützten Arten unterliegen der
Eingriffsregelung und sind daher im Rahmen der artenschutzrechtlichen Prüfung nicht zu
berücksichtigen.
3.3 Methodik und Datengrundlagen
Für die vorliegende Artenschutzprüfung wird auf vorhandene Datenquellen zurückgegriffen.
Des Weiteren erfolgt eine Einschätzung der Lebensraumeignung der betroffenen Flächen für
artenschutzrechtlich relevante Tierarten aufgrund einer Ortsbesichtigung. Im Folgenden werden die berücksichtigten Artengruppen kurz aufgeführt.
3.3.1 Avifauna
Zur Abklärung des Vorkommens planungsrelevanter Vogelarten wurden die Landschaftsinformationssammlung des Landes NRW (LINFOS) sowie die Angaben zu Artvorkommen im
betreffenden Messtischblatt ausgewertet. Des Weiteren wurde im Rahmen einer Ortsbegehung die Lebensraumeignung der betreffenden Flächen für Vögel überprüft. Daraufhin erfolgte eine Einschätzung bezüglich des Vorkommens wildlebender Vogelarten innerhalb des
Vorhabensbereichs. Aufgrund der begrenzten Biotopausstattung des Vorhabensbereichs
(Fettweide/Pferdekoppel) ist diese Vorgehensweise zur Ermittlung des Artenpotentials als
ausreichend anzusehen.
16
K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
3. Vorgehensweise und Methodik
3.3.2 Fledermäuse
Innerhalb des Vorhabensbereichs befinden sich weder Gebäude noch Gehölze oder Bäume,
die potentiell Quartiermöglichkeiten für Fledermäuse zur Verfügung stellen könnten. Das
Vorkommen von Fortpflanzungs- und / oder Ruhestätten kann somit ausgeschlossen werden. Denkbar ist jedoch eine - aufgrund der strukturarmen Ausprägung jedoch – sporadische
Nutzung des Bereichs als untergeordneter Nahrungsraum.
3.3.3 Amphibien und Reptilien
Aufgrund der Habitatausstattung des Vorhabensbereichs ist das Vorkommen von Fortpflanzungs- und / oder Ruhestätten für artenschutzrechtlich relevante Amphibien- und / oder
Reptilienarten auszuschließen. Im Bereich der Vorhabensfläche befinden sich keine Gewässer, die z.B. Amphibien als Fortpflanzungsstätten dienen könnten. Eine Beeinträchtigung der
Artengruppen Amphibien und Reptilien kann somit ausgeschlossen werden. Sie werden
demnach nicht weiter behandelt.
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4. Vorhabensbeschreibung
4. Beschreibung des Vorhabens und seiner Auswirkungen
Das Plangebiet befindet sich im östlichen Teil des Bedburger Stadtteils Kirchherten.
Die Plangebietsgrenze wird im Südosten durch das Grundstück des Alten- und Pflegeheims
„Maria Hilf“ gebildet. Im Westen wird das geplante Baugebiet durch die bebauten Grundstücke an der Schulgasse begrenzt. Die nördliche Begrenzung wird von einem unbefestigten
Flurweg gebildet und grenzt im Nordosten an das Wegeflurstück Nr. 134.
Das städtebauliche Konzept sieht eine lockere Bebauung mit freistehenden Familienwohnhäusern in maximal zweigeschossiger Bauweise vor (Abbildung 5).
Abbildung 5: Vorabzug des Bebauungsplans vom 05.08.2013.
Das Plangebiet ist über die Anbindungen an die Marienstraße gut mit dem örtlichen Verkehrsnetz verknüpft. Die Verbindung zur Ortsmitte und zum übergeordneten Verkehr ist damit gegeben. Die Autobahnanschlussstelle A 61 – Bedburg befindet sich in einem Abstand
von ca. 5 km östlich des Plangebietes.
Das im Nordosten des Plangebietes verlaufende Wegeflurstück 134 ist zurzeit nicht befestigt
und dient lediglich als Zufahrt für die Bewirtschaftung der angrenzenden Flächen. Die Parzelle wird in Teilen für die Anbindung des Plangebietes an die Marienstraße für eine neue Planstraße in Anspruch genommen.
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
4. Vorhabensbeschreibung
Die innere Erschließung des Plangebietes ist über eine L-förmig angelegte Planstraße, die
an die Marienstraße und die Pützer Straße (nur Fußgänger und Radfahrer) anbindet, vorgesehen.
Mit Blick auf mögliche Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten sind folgende Auswirkungen des Vorhabens denkbar:
Flächeninanspruchnahme / Lebensraumverlust
Bau- und anlagebedingt kommt es zu Flächeninanspruchnahmen durch die entstehenden
Wohnhäuser, Stellplätze sowie die Zuwegungen im Rahmen der Erschließung. Nicht für
die Bebauung oder Erschließung genutzte Flächen werden voraussichtlich fast vollständig als Gärten angelegt. Dies kann ebenfalls mit einem Bodenabtrag und der Neuanpflanzung von Vegetation einhergehen.
Eingriffe in den Grundwasserhaushalt, Auswirkungen auf Oberflächengewässer,
Stoffeinträge, akustische und optische Effekte
Das Vorhaben ist nicht mit Beeinträchtigungen des Grundwasserhaushalts oder von
Oberflächengewässern verbunden. Aufgrund der Lage des Vorhabens inmitten bestehender Wohnbebauung und der damit einhergehenden Vorbelastung können Auswirkungen auf artenschutzrechtlich relevante Arten aufgrund der hier genannten denkbaren
Wirkungen des Vorhabens ausgeschlossen werden. Diese Wirkungspfade werden daher
nicht weiter betrachtet.
Auswirkungen auf Lebensraumvernetzung und -verbund
Beeinträchtigung von Vernetzungs- und Verbundbeziehungen treten z.B. auf, wenn funktionale Zusammenhänge von Lebensräumen gestört werden (z.B. Trennung von Brutund Nahrungsräumen einer Tierart), wenn Tierwanderwege unterbrochen oder miteinander in Kontakt stehende Teilpopulationen durch ein Vorhaben voneinander getrennt werden (Barriereeffekte). Weiterhin können sich Auswirkungen auf Artvorkommen insgesamt
ergeben, wenn Teilpopulationen bestimmter Arten beeinträchtigt werden und dadurch die
Gesamtpopulation unter eine für den Fortbestand notwendige Größe sinkt. Der
Vorhabensfläche ist keine Verbund- oder Vernetzungsfunktion zuzuordnen. Der Wirkpfad
wird nicht weitergehend betrachtet.
Unmittelbare Gefährdung von Individuen
Eine unmittelbare Gefährdung von Individuen geschützter Arten kann bau- und betriebsbedingt eintreten. Baubedingt sind Tötungen oder Verletzungen von Tieren denkbar. So
würde die Beseitigung von Vegetationsstrukturen, in denen sich Nester mit Eiern oder
19
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4. Vorhabensbeschreibung
Jungtiere von Vögeln befinden, zur unmittelbaren Gefährdung dieser Tiere führen. Überwinternde Tiere (z.B. Amphibien, Reptilien) könnten durch die Beseitigung ihrer Verstecke infolge von Bodenabtrag, aber auch durch das Zuschütten unterirdischer Landhabitate, verletzt oder getötet werden.
Möglich sind darüber hinaus auch Verkehrsopfer durch den Fahrzeug- und Geräteeinsatz
im Vorhabensgebiet. Dieses Risiko ist auf weniger mobile und nicht flugfähige Arten beschränkt, etwa Amphibien. Die Geschwindigkeiten der Fahrzeuge im zukünftigen Wohngebiet sind i.d.R. zu gering, um zu einem direkten Kollisionsrisiko für flugfähige Tiere
(Fledermäuse und Vögel) zu führen.
Die dargestellten Auswirkungen des Vorhabens sind Grundlage für die Konfliktprognose
(siehe Kapitel 6). Im Vordergrund bei dem hier zu prüfenden Vorhaben stehen insbesondere
die Flächeninanspruchnahme und der damit einhergehende Verlust von Lebensräumen sowie die Gefährdung von Individuen.
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
5. Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten
5. Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten
Die nachfolgende Aufstellung betrifft Arten, die im Betrachtungsgebiet (Plangebiet) und der
unmittelbaren Umgebung für vorliegende Artenschutzprüfung (potentiell) vorkommen und
unter die artenschutzrechtlichen Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG unter Berücksichtigung der Einschränkungen gemäß § 44 Abs. 5 BNatSchG fallen. Behandelt werden
daher folglich die Arten und Artengruppen, deren mögliche Betroffenheit über die Zulässigkeit des Vorhabens entscheidet (gemäß § 44 Abs. 5 BNatSchG sind dies die Arten nach Anhang IV der FFH-Richtlinie und die europäischen Vogelarten, vgl. Kapitel 1.2 und 2.1).
Die Methodik der Prüfung artenschutzrechtlicher Belange erfolgt nach den in Kapitel 3.1 dargestellten Kriterien und unter Berücksichtigung der in Kapitel 3.3 beschriebenen Datengrundlagen.
Abbildung 6: Auszug aus der Landschaftsinformationssammlung (LINFOS) des Landes NRW und
Lage des Bebauungsplans5 / Kirchherten“ (rote Umrandung).
Die Auswertung der Landschaftsinformationssammlung des Landes NRW (LINFOS) erbrachte keine Hinweise auf Vorkommen planungsrelevanter Arten im Bereich bzw. näheren Umfeld des Vorhabens (Abbildung 6).
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5. Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten
5.1 Europäische Vogelarten
Wie bereits in Kapitel 3.3.1 dargestellt, wird die Zusammenstellung der potenziell betroffenen
Vogelarten anhand einer Potenzialabschätzung vorgenommen, bei der das Lebensraumangebot im Plangebiet mit den Ansprüchen und der Verbreitung der hierfür charakteristischen
Arten abgeglichen wird.
Das auf der Vorhabensfläche zu erwartende Artenspektrum entspricht der vorhandenen Biotopausstattung. Da es sich bei der Vorhabensfläche um einen landwirtschaftlich genutzte
Fläche (Fettwiese/Pferdekoppel) mit wenigen Zusatzstrukturen handelt, ist hier allenfalls mit
Vogelarten des Offenlandes zu rechnen.
Auswertung Messtischblatt (MTB)
Der Vorhabensbereich liegt innerhalb des Messtischblattes (MTB) 5005 (Bergheim). Grundlage für die Potenzialabschätzung bilden dem zu Folge die Angaben der LANUV (2013) zum
Vorkommen planungsrelevanter Arten nach Kiel (2005) bzw. dem MUNLV (2008) im MTB
5005.
Nach
Auswertung
dieser
Quellen
(MTB,
LINFOS)
reduziert
sich
aufgrund
der
Habitatausstattung der Vorhabensfläche für das MTB 5005 die Anzahl der potentiell vorkommenden planungsrelevanten Vogelarten auf insgesamt 5 Arten. Aufgrund der Verhaltensweise der Vogelarten Schleiereule und Steinkauz, die nicht (Steinkauz) oder nur in seltenen
Fällen
(Schleiereule)
in
innerörtlicher
Lage
brüten,
ist
die
Eignung
der
Vorhabensfläche als stark eingeschränkt anzusehen. Trotz dieser Einschränkungen wird
jedoch vorsorglich für alle genannten Arten eine Prüfung auf Verletzung der artenschutzrechtlichen Zugriffsverbote durchgeführt.
Für folgende Arten wird eine Prüfung auf Verletzung der artenschutzrechtlichen Zugriffe
durchgeführt (Tabelle 1).
Tabelle 1: Planungsrelevante Vogelarten, die nach Auswertung des Messtischblattes 5005 als Brutvögel im Plangebiet potentiell vorkommen könnten. Quelle: LANUV 2013.
Status
RL NRW
RL D
Im Plangebiet als Brutvogel pot. vorkommend?
Delichon urbica
B
3S
V
ja (mit Einschränkung)
Rauchschwalbe Hirundo rustica
B
3S
V
ja (mit Einschränkung)
B
*S
*
ja (mit Einschränkung)
Dt. Name
Wiss. Name
Mehlschwalbe
Schleiereule
Tyto alba
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5. Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten
Status
RL NRW
RL D
Im Plangebiet als Brutvogel pot. vorkommend?
Athene noctua
B
3S
2
ja (mit Einschränkung)
Falco tinnunculus
B
VS
*
ja (mit Einschränkung)
Dt. Name
Wiss. Name
Steinkauz
Turmfalke
5.2 Fledermäuse
Im Bereich des Plangebiets sind keine Strukturen vorhanden, die potentiell auftretenden Fledermausarten als Quartiermöglichkeiten zur Verfügung stehen könnten. Es sind auch keine
Strukturen wie z.B. Heckenzüge oder Baumreihen am Rande der Vorhabensfläche vorhanden, die Fledermäusen als Leitlinien zur Orientierung bei Transferflügen dienen könnten.
Solche Strukturen befinden sich außerhalb des Plangebiets und bleiben somit auch erhalten.
Die Vorhabensfläche spielt daher allenfalls als Nahrungsraum für Fledermäuse (z.B. Zwergfledermaus aus dem Bereich der angrenzenden Siedlung) aus dem näheren Umfeld eine
Rolle. Auch diese Funktion kann jedoch nur eine untergeordnete Bedeutung haben, wenn
man das Fehlen entsprechender Zusatzstrukturen auf der Vorhabensfläche berücksichtigt.
23
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6. Konfliktprognose
6. Konfliktprognose: Betroffenheit artenschutzrechtlich relevanter
Arten
Auf Grundlage der Vorkommen artenschutzrechtlich relevanter Arten und der Darstellung der
vorhabenbedingten Wirkungen erfolgt eine Einschätzung der Betroffenheit dieser Arten
durch das geplante Vorhaben.
6.1 Maßnahmen zur Vermeidung und Minderung artenschutzrelevanter
Beeinträchtigungen
Ziel der Festlegung von Maßnahmen zur Vermeidung von artenschutzrelevanten Beeinträchtigungen ist es, das Eintreten der Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 BNatSchG zu verhindern. Maßnahmen zur Minderung artenschutzrechtlicher Beeinträchtigungen werden vor allem dann beachtet, wenn sie tatsächlich geeignet sind, Auswirkungen auf planungsrelevante
Arten soweit zu reduzieren, dass artenschutzrechtliche Verbotstatbestände nicht eintreten
werden. Hierzu zählen:
V1 - baubedingt: Zeitliche Begrenzung der Inanspruchnahme der Vegetation auf außerhalb der Brut- und Aufzuchtzeit wildlebender Vogelarten. Dies ist der Zeitraum für
Revierbesetzung, Balz und Brut bis zum Ausfliegen der Jungtiere. Hierdurch werden
der Verlust von Individuen sowie die unmittelbare Beschädigung oder Zerstörung von
Nestern und Eiern brütender Vögel vermieden. Die sukzessiven Maßnahmen zur Beseitigung der Vegetationsschicht sind somit außerhalb des Zeitraumes 1. März bis 30.
September durchzuführen. Durch die zeitliche Begrenzung der Flächeninanspruchnahme wird vermieden, dass der Verbotstatbestand des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG
(unmittelbare Gefährdung von Individuen inkl. ihrer Eier und Jungtiere) sowie des Artikels 5 a) und b) der Vogelschutzrichtlinie für wildlebende Vogelarten eintritt.
V2 - baubedingt: Sollte eine Flächeninanspruchnahme innerhalb der Brutzeit wildlebender Vogelarten stattfinden, sind entweder vorher Maßnahmen zur Vermeidung einer Brutansiedlung zu treffen (etwa durch Verminderung der Attraktivität von Flächen)
oder es ist eine ökologische Baubegleitung einzurichten, die sicherstellt, dass Brutvorkommen rechtzeitig identifiziert und geschützt werden können.
V3 - baubedingt: Begrenzung der baubedingten Flächeninanspruchnahme: Die Flächeninanspruchnahme ist so zu begrenzen, dass ein zusätzlicher Flächenverbrauch,
der über das eigentliche Plangebiet bzw. die vorgesehenen Baufelder hinausgeht,
vermieden wird.
V4 - bau- und betriebsbedingt: Vermeidung unnötiger Licht- und Lärmemissionen. Die
Beleuchtung von Baustellen, Baggern, Gebäuden u.a. kann Auswirkungen auf die
Verbreitung nachtaktiver Insekten haben. Dies wiederum kann sich auf das Nah24
K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
6. Konfliktprognose
rungsangebot für Fledermäuse auswirken. Um die Auswirkungen derartiger Beleuchtungen auf die Umgebung zu vermindern, wird die Verwendung von nicht diffusen
Lichtquellen, insektenfreundlichen Leuchtmitteln (z.B. Natriumdampflampen), ggf.
auch die Abschirmung weit reichender Lichtquellen (z.B. durch Schutzpflanzungen),
empfohlen. Zur Lärmminderung sind Maschinen nach dem aktuellen Stand der Technik einzusetzen.
6.2 Artenschutzrechtliche Prüfung nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 unter Berücksichtigung von Abs. 5 Satz 2 BNatSchG
Für einige Arten, die im Vorhabensbereich potentiell vorkommen, kann eine artenschutzrechtliche Betroffenheit ausgeschlossen werden, da der Vorhabensbereich für diese keine
relevante Funktion als Lebensraum erfüllt (z.B. Nahrungsraum von untergeordneter Bedeutung). Für andere Arten kann eine artenschutzrechtliche Betroffenheit aufgrund der Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen ausgeschlossen werden. Darüber hinaus besteht für
weitere Arten, deren Brutplätze potentiell verloren gehen könnten, die Möglichkeit des Ausweichens auf benachbarte Biotope. Im Sinne von § 44 Abs. 5 BNatSchG bleibt somit die
ökologische Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätte im räumlichen Zusammenhang
erhalten.
6.2.1 Europäische Vogelarten
Bei den nachgewiesenen Vogelarten ist für solche Arten eine artenschutzrechtliche Betroffenheit nicht gegeben, die als Gastvögel (im vorliegenden Fall vor allem potenziell auftretende Nahrungsgäste) im Vorhabensbereich sowie dessen Umfeld auftreten könnten, da der
Verlust von Nahrungsflächen nach § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG grundsätzlich keine Relevanz hat. Etwas anderes könnte vorsorglich angenommen werden, wenn dieser Verlust zur
Aufgabe von Fortpflanzungsstätten führen würde, sich der Nahrungsraum also als essentiell
für diese Stätte erweist. Im vorliegenden Fall kann dies für alle potenziellen Nahrungsgäste
ausgeschlossen werden, da ausreichend Ausweichlebensräume in der Umgebung vorhanden sind und die Inanspruchnahme bedeutsamer Lebensräume für artenschutzrechtlich relevante Arten im Vergleich zum Lebensraumangebot in der Umgebung gering ist. Dies gilt
auch mit Blick auf relevante Störwirkungen im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG, da die
Nahrungsräume nicht von besonderer Bedeutung sind. Eine unmittelbare Gefährdung von
Individuen, Eiern oder Nestern kann für Nahrungsgäste ebenfalls ausgeschlossen werden.
Damit verbleibt eine denkbare Betroffenheit für Brutvögel. Hier kommt es vorhabensbedingt
möglicherweise zu einer Beanspruchung von Lebensräumen, die von den Offenlandarten
Mehl, -Rauchschwalbe, Schleiereule, Steinkauz und Turmfalke als Brutstätte potenziell ge25
K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
6. Konfliktprognose
nutzt werden könnten. Sämtliche potenziell vorkommenden Brutvögel im Umfeld der
Vorhabensbereichs sind nicht betroffen, da entsprechende Strukturen nicht beansprucht
werden. Folglich lässt sich auch ein Verlust von Fortpflanzungs- und Ruhestätten für diese
Arten ausschließen.
Für die 5 genannten Brutvögel des Offenlandes reduziert sich die Beeinträchtigung durch
den potentiellen Lebensraumverlust auf ein Mindestmaß, wenn man berücksichtigt, dass das
Vorhaben auf Flächen realisiert werden soll, die aufgrund der innerörtlichen Lage und der
Größe der Fläche und der an drei Seiten angrenzenden Bebauung nur eine eingeschränkte
Eignung aufweisen.
Durch eine Begehung der Planfläche konnte diese als Brutstandort für die als potenziell eingeschätzten Arten Schleiereule, Steinkauz und Turmfalke ausgeschlossen werden, da keine
für die Arten entsprechenden Brutmöglichkeiten (Kästen, Gebäude o.ä.) vorhanden sind.
Das Vorkommen von Mehl-/Rauchschwalbe wurde ebenfalls im Rahmen der Begehung
überprüft und es wurden keine Schwalbennester oder Nestreste an Hausfassaden gefunden.
Auch für diese Arten kann das Plangebiet als Brutstandort also ausgeschlossen werden.
Für alle Vogelarten ist daher eine Gefährdung von Individuen, darunter von Jungvögeln oder
Eiern in ihren Nestern unter Berücksichtigung der Vermeidungsmaßnahmen ausgeschlossen. Gefährdungen adulter Vögel lassen sich aufgrund der geringen Geschwindigkeiten der
Fahrzeuge im Vorhabensbereich ebenfalls verneinen. Relevante Störwirkungen treten allenfalls baubedingt und damit nicht nachhaltig auf. Betriebsbedingte Störwirkungen durch Lärm
sind unter Berücksichtigung der Vorbelastung vernachlässigbar.
Eine artenschutzrechtliche Betroffenheit liegt auch beim Verlust von (potentiellen) Fortpflanzungs- und Ruhestätten nicht vor, da im Sinne von § 44 Abs. 5 BNatSchG die ökologische
Funktion der Fortpflanzungs- und Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang erhalten
bleibt. Dies ist im vorliegenden Fall gegeben, da für Offenlandarten in der näheren Umgebung des Eingriffsbereichs in ausreichendem Umfang Acker-, Weide- und Wiesenflächen
vorzufinden sind.
Bei der Begehung des Geländes wurde außerhalb des Plangebietes ein (vermutlich) Turmfalken-Fraßplatz entdeckt (Abbildung 7 und 8). Diese Anhäufung von Gewöllen befindet sich
auf dem Grundstück des Alten- und Pflegeheims „Maria Hilf“. Der Fressplatz befindet sich
auf einem der herausragenden Balken des Gebäudes (Abbildung 8). Das Plangebiet ist möglicher Teil-Nahrungsraum dieser Greifvogelart. Direkt angrenzend (nördlich) befindet sich
eine Pferdeweide und sowie - in der näheren Umgebung - Wiesen und Ackerflächen, die
auch zukünftig Nahrungsräume des Turmfalken darstellen.
26
K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
6. Konfliktprognose
Abbildung 7: Ansammlung von Gewöllen (vermutlich Turmfalke) unter einem Fraßplatz.
Abbildung 8: Balken als Fraßplatz (roter Pfeil, vermutlich Turmfalke) an einem Gebäude des Altenund Pflegeheims „Maria Hilf“. (gelber Pfeil Ansammlung von Gewöllen).
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
6. Konfliktprognose
6.2.2 Weitere planungsrelevante Arten
Die im Vorhabensbereich und seiner Umgebung potenziell vorkommenden Fledermausarten
finden hier keine Fortpflanzungs- oder Ruhestätten. Folglich ist auch auszuschließen, dass
eine Betroffenheit durch den Verlust von Quartieren eintreten kann. Die Verbotstatbestände
des § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG treten nicht ein.
Auch eine unmittelbare Betroffenheit von Individuen inkl. der Jungtiere kann bei Fledermäusen ausgeschlossen werden. Da vorhabensbedingt keine Beanspruchung von Winterquartieren oder Wochenstuben stattfindet, können hier auch keine Tiere zu Schaden kommen. Es
verbleiben allenfalls Gefährdungen durch den bau- oder betriebsbedingten Verkehr. Der
baubedingte Verkehr wirkt nur über einen kurzen Zeitraum. Gefährdungen flugfähiger Fledermäuse durch den betriebsbedingten Verkehr lassen sich aufgrund der geringen Geschwindigkeiten < 50 km/h innerhalb des zukünftigen Wohngebiets ebenfalls ausschließen.
Die Verbotstatbestände des § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG treten somit nicht ein.
Damit verbleiben möglicherweise nur Betroffenheiten durch Störwirkungen, etwa durch Lärm
oder Licht. Diese Störwirkungen betreffen keine Quartiere, da solche weder im eigentlichen
Vorhabensbereich noch in der Umgebung bekannt sind. Potenzielle Störwirkungen lassen
sich also auf die Nahrungsräume von Fledermäusen beschränken. Baustellenbedingte
Lärmbelastungen sind nicht nachhaltig und beschränken sich auf die Tageszeit, also den
Zeitraum, in dem Fledermäuse nicht aktiv sind, dies gilt auch für den Anliegerverkehr. Auch
Lichtemissionen sind nicht in relevantem Maße zu erwarten. Störwirkungen, die sich auf den
Erhaltungszustand der Lokalpopulationen potenziell vorkommender Fledermäuse in ihren
Nahrungsräumen auswirken, werden folglich ebenfalls ausgeschlossen.
Die durch das Bauvorhaben verlorengehenden Flächen haben allenfalls eine untergeordnete
Bedeutung als Nahrungsraum für Fledermäuse. Zudem stellen auch die nach der Realisierung des Bebauungsplans vorhandenen Grünflächen Nahrungsräume für Fledermäuse dar.
Ein artenschutzrechtlich relevanter Konflikt ist mit einem (pot.) Teilverlust des Jagdlebensraums somit nicht verbunden.
Fazit: Für sämtliche im Vorhabensbereich und dessen Umfeld potenziell vorkommenden
Fledermausarten kann eine artenschutzrechtliche Betroffenheit ausgeschlossen werden.
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
7. Prüfung der Ausnahmetatbestände
7. Prüfung von Ausnahmetatbeständen
Aus der vorliegenden artenschutzrechtlichen Betrachtung geht hervor, dass das Vorhaben
als zulässiger Eingriff einzustufen ist und im Sinne des § 44 Abs. 5 Satz 2, 3 BNatSchG keine Verbotstatbestände nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 BNatSchG eintreten, da die ökologischen Funktionen von Fortpflanzungsstätten der betroffenen Arten im räumlichen Zusammenhang weiterhin erfüllt werden (Kapitel 6.2). Da eine artenschutzrechtliche Betroffenheit
planungsrelevanter Arten auszuschließen ist, bedarf der Eingriff keiner Prüfung der Ausnahmetatbestände nach § 45 Abs. 7 BNatSchG.
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
8. Artenschutzrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens
8. Zusammenfassung und Fazit: Artenschutzrechtliche Zulässigkeit
des Bebauungsplans Nr. 5 in Bedburg-Kirchherten
In der vorliegenden Artenschutzprüfung (ASP) wird ermittelt, ob und welche artenschutzrechtlichen Konflikte im Zusammenhang mit dem Bebauungsplan Nr. 5 in BedburgKirchherten eintreten könnten. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben (BNatSchG) sind
die europäischen Vogelarten und Anhang IV Arten der Flora-Fauna-Habitat Richtlinie (FFH)
zu berücksichtigen.
Grundlage der vorliegenden Bewertung sind Auswertungen vorhandener Daten aus Messtischblättern und dem Landschaftsinformationssystem des Landes NRW (LINFOS) sowie
einer Potentialabschätzung zum Vorkommen von Vogel- und Fledermausarten im Bereich
des Plangebiets. Aufgrund der begrenzten Biotopausstattung des Vorhabensbereichs und
der innerörtlichen Lage (Vorbelastung z.B. durch Störungen) ist diese Vorgehensweise zur
Ermittlung des Artenpotentials als ausreichend anzusehen.
Für die beschriebenen Vogel- und Fledermausarten, die den Vorhabensbereich potentiell
nutzen, kann eine artenschutzrechtliche Betroffenheit insbesondere auch unter Berücksichtigung der formulierten Vermeidungs- und Minderungsmaßnahmen ausgeschlossen werden.
Aus artenschutzrechtlicher Sicht ist der Bebauungsplan somit zulässig.
Für die Richtigkeit:
Köln, den 01.10.2013
__________________________
Dr. Thomas Esser
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K ÖLNER B ÜRO FÜR F AUNISTIK
9.Literatur und sonstige Quellen
9. Literatur und sonstige verwendete Quellen
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Düsseldorf.
31