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Beschlussvorlage GB (Anlage 2 zur V 94/2010)

Daten

Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
40 kB
Datum
06.10.2010
Erstellt
31.08.10, 04:18
Aktualisiert
31.08.10, 04:18
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Inhalt der Datei

Anlage 2 zur V 94/2010 EU.KITA Gesundheitsfördernde Entwicklungsbegleitung Kooperationsprojekt von Gesundheitsamt (Kinder- und Jugendgesundheitsdienst) und Jugendamt ( Familien-Unterstützungs-Netzwerk) Zwischenbericht nach einem Jahr (August 2009 bis Juli 2010) • Zielsetzung • Inhalt und Methodik - Entwicklungsscreening - Erzieher/innenfortbildungen zur gesunden kindlichen Entwicklung - Niedrigschwellige Elternberatung • Zwischenergebnisse - Statistik - Fallbeispiele - Evaluation • Ausblick 1 Zielsetzung Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst wurde durch eine zusätzliche Arzt- und eine Arzthelferinnenstelle (zunächst befristet auf 2 Jahre) personell aufgestockt. Die Arztstelle wurde mit zwei halbtags tätigen Ärztinnen im Jobsharing besetzt. Durch Angebote für Kinder, Eltern und Erzieherinnen im Setting Kindertagesstätte sowie durch eine bessere Vernetzung aller Kooperationspartner, die die kindliche Entwicklung fördern (Kindertagesstätten und Familienzentren, Abteilung Jugend und Familie, Abteilung Gesundheit, Frühförderstelle, Sozialpädiatrisches Zentrum Mechernich, niedergelassene Kinder- und Hausärzte, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, Psychologen, Physiotherapeuten, Logopäden, Ergotherapeuten), z.B. im Arbeitskreis "Von der Schwangerschaft bis zum 6. Lebensjahr" sollen die Entwicklungschancen insbesondere der "Risiko-Kinder" verbessert werden. Inhalt und Methodik Entwicklungsscreening Insbesondere für entwicklungsauffällige Kinder und Kinder aus Familien, die sich derzeit in einer besonders schwierigen Situation befinden, wird eine Untersuchung angeboten. Die Untersuchung ist freiwillig und findet in der dem Kind vertrauten Umgebung seiner Kita (in Einzelfällen auch im Gesundheitsamt) statt. Sie umfasst jeweils einen Hör- und Sehtest, einen Visuomotoriktest, eine orientierende körperliche Untersuchung sowie ein Entwicklungsscreening mit anschließender Elternberatung durch den Arzt/die Ärztin. Das Entwicklungsscreening stellt eine spielerisch durchgeführte orientierende Untersuchung der wichtigen Entwicklungsbereiche Wahrnehmung, Motorik, Sprache, emotionale Entwicklung und Sozialverhalten dar. Die Befunde werden anschließend mit den Eltern besprochen, um gemeinsam und wenn möglich unter Einbeziehung der Erzieher/innen über sinnvolle Förder- und Unterstützungsmöglichkeiten für das Kind zu beraten. In guter Kooperation mit den niedergelassenen Haus- und Kinderärzten und Therapeuten, mit der Frühförderstelle, dem Sozialpädiatrischen Zentrum sowie dem Jugendamt können problematische Entwicklungsverläufe frühzeitig reguliert werden. Kinder, die besondere Fürsorge brauchen, können im Verlauf ihrer Entwicklung mehrmals im Rahmen unserer nachgehenden Fürsorge untersucht werden, um die Förder- und Therapieempfehlungen jeweils dem aktuellen Entwicklungsstand anzupassen. Der gewählte niedrigschwellige Zugangsweg ermöglicht, dass insbesondere die Kinder aus wirtschaftlich und sozial schwierigen Verhältnissen erreicht werden, die oft keinen ausreichenden Zugang zu den Strukturen der kassenärztlichen Versorgung haben. Erzieher/innenfortbildungen zur gesunden kindlichen Entwicklung Politik und Gesellschaft haben die weitreichende Bedeutung einer qualitativ hochwertigen frühkindlichen Bildung und Erziehung erkannt. Damit einhergehend wachsen die Erwartungen und Ansprüche an gut qualifizierte Erzieher/innen in vielfältiger Hinsicht. EU.KITA nutzt die Fachkompetenz der Ärzt/innen des KJGD zur Fortbildung der Erzieher/innen vor Ort. Inhaltlich wird auf die jeweils aktuellen Bedürfnisse eingegangen. Wichtige Themen sind zum Beispiel: Gesunde Ernährung, Bewegungs- und Wahrnehmungsförderung, altersgerechtes Medienverhalten, Schutzimpfungen, Sprachentwicklungsförderung etc… 2 Niedrigschwellige Elternberatung Die Möglichkeit, im Elterncafe vor Ort Kurzvorträge zu halten und für Fragen der Eltern zur Verfügung zu stehen, stellt vielfach einen ersten Kontakt her und kann helfen, Berührungsängste seitens der Eltern abzubauen. Nach entsprechender Weiterbildung wurde ein Konzept zur Elternberatung "Alltagskompetenzen stärken - Förderung der kindlichen Entwicklung und Schulvorbereitung im Familienalltag" entwickelt (basierend auf: FamilienErgo von Rupert Dernick). Mittels Power-Point-Vortrag wird den Eltern die Bedeutung einfacher alltäglicher Verrichtungen für die Förderung wichtiger Entwicklungsbereiche ihrer Kinder vermittelt. Bei Bedarf werden individuelle Beratungstermine für die Eltern in der Kita vereinbart. Über dieses Konzept wird die Eltern - Kind - Kommunikation verbessert und gleichzeitig die Selbständigkeitsentwicklung der Kinder gefördert. Wie bereits die wenigen Erfahrungen der Anfangsphase zeigen, wird das Konzept lebhaft nachgefragt; die individuellen Beratungen gehen häufig über das Konzept "Alltagskompetenzen" hinaus und umfassen dann eine sehr persönliche Elternberatung mit der Möglichkeit der Empfehlung und Vermittlung weitergehender Unterstützungsangebote. Regelmäßige "Offene Sprechstunden" in den Familienzentren bieten eine individuelle, informelle ärztliche Beratung in einem festen zeitlichen Rhythmus an. EU.KITA wird durch die Kooperation mit den Familienzentren Teil der Vernetzung mit zahlreichen Institutionen, die gemeinsam weitreichende Unterstützung gewährleisten. Zwischenergebnisse Statistik Alle 126 Kindertagesstätten einschließlich der 23 Familienzentren im Kreis wurden von unseren KJGD - Teams (bestehend aus Arzt/Ärztin und Arzthelferin) mehrfach besucht und zusätzlich telefonisch über die EU.KITA - Angebote informiert. Die Inanspruchnahme unserer Angebote war gut, aber je nach Einrichtung sehr unterschiedlich. Durch 84 Elternvorträge und Erzieherinnenfortbildungen wurde ein gegenseitiges Kennenlernen bzw. eine Vertiefung unserer Kontakte ermöglicht. Dadurch entstand zum Beispiel der Wunsch, einen regelmäßigen Arbeitskreis mit den Erzieherinnen mehrerer Einrichtungen aufzubauen. Durch die Fortbildungsangebote: - Allergieprävention - Entwicklung der Kinder von 0 bis 3 - Gesunde kindliche Entwicklung - Gesunde Sexualentwicklung - Schutz vor Missbrauch - Erkennen von Kindesmisshandlung wurde die Kompetenz der Erzieherinnen in relevanten Bereichen der Prävention gestärkt. Unser neu entwickeltes Konzept "Alltagskompetenzen" wurde in 13 Elternvorträgen vorgestellt; insgesamt wurden durch die Arzthelferinnen 30 Einzelberatungen durchgeführt. In einigen Familienzentren wurde eine offene Sprechstunde angeboten. Wie unter anderem auch die KiGGS - Studie (Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland) des Robert - Koch - Instituts zeigen konnte, haben in der Altersgruppe der 3- bis unter 6jährigen Kinder 20,5% Probleme im Umgang mit 3 Gleichaltrigen. In einigen Kitas wurde daher der Wunsch geäußert, durch Hospitation der Ärztin/des Arztes im Kindergartenalltag Kinder mit problematischem Sozialverhalten zu beobachten. Die teilnehmende Beobachtung im Kindergartenalltag ist sehr zeitintensiv, aber geeignet, Kinder mit problematischen Entwicklungen frühzeitig zu erkennen und Hilfen zu ermöglichen. Es wurden insgesamt 20 Hospitationen durchgeführt, aus denen sich weitere Untersuchungen und Beratungen ergaben. Insbesondere in den Einrichtungen in sozialen Brennpunkten war das Interesse an den von unseren KJGD - Teams angebotenen Untersuchungen groß. In den beiden Zeitabschnitten von August bis Oktober 2009 und von Mai bis Juli 2010 wurden insgesamt 617 Kindergartenkinder untersucht. In über 50 Fällen konnte nachweislich erreicht werden, dass entwicklungsauffällige Kinder im Sozialpädiatrischen Zentrum oder in der Frühförderstelle vorgestellt wurden, einen integrativen Kita-Platz bekommen oder logopädisch, physio- oder egotherapeutisch behandelt und somit dem System der Regelversorgung zugeführt wurden ( in guter Kommunikation mit den niedergelassenen Ärzten und Therapeuten). Ca. 50% unserer Empfehlungen wurden auch tatsächlich umgesetzt. In Einzelfällen wurde kinderpsychologische/psychotherapeutische Diagnostik/Therapie vermittelt. Einzelnen Familien wurde der Zugang zum Familienunterstützenden Dienst des Jugendamtes erleichtert. Gelegentlich konnten wir aber auch die Kinder vor einer "Übertherapie" in Schutz nehmen und damit letztlich die Familie entlasten. Fallbeispiele Im Rahmen des EU.KITA - Projektes gelingt es, insbesondere Kinder aus Risiko Familien einer verbesserten gesundheitlichen Versorgung zuzuführen: Beispiel 1: Eine Familie mit vier Kindern in einem sozialen Brennpunkt, der Vater arbeitslos, die Mutter offenbar depressiv. Durch großes persönliches Engagement der Erzieherin (Vater und Kind werden zu Hause abgeholt) kann eine Untersuchung in der Kita stattfinden. Der Sehtest ist auffällig und es besteht Logopädie-Bedarf. Im Rahmen unserer nachgehenden Fürsorge wird nach 2 Monaten nachgefragt, die Erzieherin kommt mit dem Vater ins Amt, der Vater hat inzwischen eine Arbeitsstelle gefunden. Logopädie wurde eingeleitet, die augenärztliche Untersuchung habe die Mutter bislang nicht bewältigen können. Nach weiteren 6 Wochen wird mit der Erzieherin telefoniert, das Kind hat jetzt eine Brille und trägt sie auch im Kindergarten regelmäßig. Beispiel 2: Ein dreijähriges Mädchen mit auffälligen Verhaltensweisen wird vorgestellt; die Eltern befinden sich gerade in einer Trennungssituation, die das Mädchen sehr belastet. Nach einem ausführlichen Gespräch mit der Mutter wird eine Kontrolluntersuchung in einem halben Jahr vereinbart. Inzwischen wird das Mädchen kinderpsychotherapeutisch behandelt, die emotionale Situation hat sich deutlich gebessert. Beispiel 3: Ein vierjähriger Junge zeigt im Screening Auffälligkeiten in der kognitiven und sprachlichen Entwicklung. Im Gespräch mit der Mutter wird ein dramatischer Trennungskonflikt der Eltern deutlich. Die bereits vom Kinderarzt empfohlene Vorstellung im Sozialpädiatrischen Zentrum oder bei einem niedergelassenen Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten war bislang nicht erfolgt. 4 Bei der wiederholten Vorstellung des Jungen hatte sich an der Situation nichts geändert, sodass ein gemeinsamer Gesprächstermin mit beiden Elternteilen, dem Kinder- und Jugendgesundheitsdienst des Gesundheitsamtes sowie dem Familienunterstützenden Dienst des Jugendamtes und der Kindergartenleitung in der Kindertagesstätte des Kindes geplant und auch von allen Beteiligten wahrgenommen wurde. Erst daraufhin erfolgte eine Vorstellung des Jungen im Sozialpädiatrischen Zentrum. Evaluation Im ersten Jahr der Projektlaufzeit wurde die Kooperation mit den Erzieher/innen deutlich verbessert. Ihre Beurteilung des Projektes wurde mittels anonymisiertem Fragebogen erhoben. Von den insgesamt 126 Einrichtungen, die angeschrieben wurden, erfolgten kurzfristig 80 Rückmeldungen (entsprechend 63,5%). 97,5% der Rückmeldungen sehen im EU.KITA - Projekt eine wichtige Ergänzung in der Entwicklungsbegleitung von Kindern und deren Familien, 95% bekunden ihr Interesse am Fortbestand des Projektes. Der Fragebogen zeigt aber auch, dass die Erzieher/innen sich noch nicht immer gut informiert fühlen über die Möglichkeiten, die das Projekt bietet. Auch die kurzfristige Erreichbarkeit der Teams sollte noch verbessert werden. Ausblick In der Arbeit mit entwicklungsauffälligen Kindern, ihren Eltern und Erzieher/innen ist der Aufbau einer vertrauensvollen Beziehung und Kontinuität in der Entwicklungsbetreuung erforderlich. Eine der Ärztinnen des KJGD fiel im 2. EU.KITA -Block leider wegen ihrer Risikoschwangerschaft aus. Die von ihr mit viel Energie begonnene Arbeit konnte daher nicht fortgeführt werden. Die personelle Ausstattung der Abteilung ermöglicht nicht die kompensatorische Übernahme der zeit- und arbeitsintensiven Untersuchungen in den Kitas. Wünschenswert ist eine baldige Wiederbesetzung der Stelle. Mit Fortführung des EU.KITA - Projektes ließen sich neben dem neuen Konzept der "Alltagskompetenzen" weitere kreative Ideen umsetzen: - Sprachförderung in der Familie - Organisation von Lesemüttern für Migrantenkinder in der Kita - Umsetzung des Recklinghauser Modells zur besseren Vernetzung Kinderarzt/Kita (Dabei wird ein Erzieherbeobachtungsbogen bei den Vorsorgeuntersuchungen U8 und U9 vorgelegt, um die Früherkennung emotionaler und sozialer Probleme zu erleichtern.) - Initiierung von Projekten zur Förderung der emotionalen und sozialen Entwicklung (z.B. "Papillio") - Einrichtung regelmäßiger Kompetenzzirkel Arzt/Ärztin des KJGD mit Erzieherinnen Das Gesundheitsamt des Kreises Euskirchen hat sich mit dem EU.KITA-Projekt um die Aufnahme in die Landesinitiative "Gesundes Land NRW" und um den "Gesundheitspreis NRW" beworben. Die turnusmäßige Aufnahme erfolgt dort jährlich nach der Sommerpause. 5 Die Konsequenzen einer Beendigung des Projektes EU.KITA wären: - Reduzierung der Angebote von Untersuchungsterminen in den Kitas Risiko-Kinder aus Problemfamilien erhalten nicht frühzeitig die notwendige Förderung, die sie brauchen, um den Anforderungen von Schule und Arbeitsmarkt gewachsen zu sein. Unkalkulierbare Folgekosten durch Schulabbruch, Arbeitslosigkeit, Delinquenz Die Fachkompetenz des KJGD wird nicht zur Erzieherinnenfortbildung genutzt Die Empfehlungen des 13. Kinder- und Jugendbericht der Bundesregierung vom 30.04.2009 (Mehr Chancen für gesundes Aufwachsen Gesundheitsbezogene Prävention und Gesundheitsförderung in der Kinderund Jugendhilfe) werden im Kreis Euskirchen nicht umgesetzt. Wichtig ist, dass Angebote von Kinder- und Jugendhilfe, Gesundheitssystem und Frühförderung systematisch miteinander koordiniert werden und Erzieher/innen die notwendige Fortbildung erhalten. 6