Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
20 kB
Datum
06.10.2010
Erstellt
04.09.10, 04:18
Aktualisiert
04.09.10, 04:18
Stichworte
Inhalt der Datei
Kreis Euskirchen
Der Landrat
Z 1 / A 31/2010
Datum: 31.08.2010
Vergaberecht
hier Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen
Berücksichtigung von Sozial- und Umweltkriterien im Vergabewesen
Das Vergaberecht dient dem sparsamen und wirtschaftlichen Einkauf der öffentlichen Hand und dem
Schutz von Bietern vor willkürlichen Entscheidungen der Vergabestellen. Im Rahmen der
Finanzverantwortung entscheiden öffentliche Auftraggeber grundsätzlich frei darüber, welche
Leistungen sie einkaufen.
Nach § 97 Abs. 4 GWB (Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen) werden Aufträge an
fachkundige, leistungsfähige sowie gesetzestreue und zuverlässige Unternehmen vergeben. Für die
Auftragsausführung können dabei zusätzliche Anforderungen an Auftragnehmer gestellt werden, die
insbesondere soziale, umweltbezogene oder innovative Aspekte betreffen, wenn sie im sachlichen
Zusammenhang mit dem Auftragsgegenstand stehen.
Bereits jetzt bezieht die Verwaltung die o.g. Aspekte unter Abwägung mit Aufwands- und
Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten in ihre Vergabeentscheidungen ein.
Runderlass zur Berücksichtigung von Aspekten des Umweltschutzes und der
Energieeffizienz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vom 12.04.2010:
Inhaltlich verpflichtet der Erlass die Adressaten bei jeder Beschaffungsmaßnahme im Rahmen der
Bedarfsanalyse zu prüfen, ob und inwieweit umweltfreundliche und energieeffiziente Lösungen
berücksichtigungsfähig sind. Darüber hinaus sind Lebenszykluskostenanalysen durchzuführen, die
neben den Anschaffungskosten auch die voraussichtlichen Betriebs- und Entsorgungskosten
beinhalten (Lebenszykluskostenprinzip).
Das Vergaberecht ist in den letzten Jahren zunehmend komplexer geworden und erfordert
zunehmenden administrativen Aufwand.
Nach Auffassung der Verwaltung ist die vollständige und undifferenzierte Anwendung des Erlasses
nicht zu empfehlen, da die umfänglichen, zusätzlichen Prüfpflichten
zu einem erheblichen
personellen Mehraufwand bei der Vorbereitung von Vergaben führen, der dem von Verwaltung und
Politik angestrebten Personalaufwandseinsparungen entgegen steht.
Neben dem zusätzlichen Verfahrensaufwand für Ausschreibungen sind zusätzliche rechtliche
Auseinandersetzungen mit unterlegenen Bietern zu befürchten, die unsere Gewichtung von
Umweltaspekten innerhalb der Wertungskriterien nicht akzeptieren wollen. Zusätzliche externe
Beratungs- und Unterstützungsleistungen werden nicht zu vermeiden sein. Des weiteren ist
zusätzlicher Zeitaufwand einzukalkulieren, was den vielfach gewünschten flexiblen und schnellen
Abwicklungen von Vergabemaßnahmen entgegensteht.
-2Auch der Landkreistag NRW hat sich im Vorbericht zur Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft und
Verkehr mit dem Erlass-Entwurf befasst und führt hierzu aus:
" In der Sache ist es grundsätzlich zu begrüßen, wenn sich auch die öffentliche Hand im Rahmen
ihrer Vergaben der Bedeutung des Umweltschutzes als umfassende Querschnittsaufgabe bewusst
wird.
Allerdings ist es abzulehnen, in jedem einzelnen Fall solche Vorgaben durch einen Erlass
verpflichtend vorschreiben zu wollen.
Eine solche ständige Prüfpflicht dürfte die Kommunen vielfach vor einen erheblichen administrativen
Mehraufwand stellen.
Zudem differenziert der Erlass nicht, ob im Einzelfall durch eine umweltfreundliche Beschaffung
wesentliche Umweltvorteile erzielt werden können oder ob nur geringe Umweltvorteile erreicht
werden können.
Ein weiteres Problem ist, dass die Berücksichtigung von Aspekten der Umwelt- und Energieeffizienz
zu einer erheblichen Steigerung des administrativen Aufwandes bei der Vorbereitung der Vergaben
und zu einer Steigerung der Kosten bei den Bietern führen kann.
……
Vielmehr muss es im Einzelfall jeder Kommune unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten
vor Ort, insbesondere der Art der typischer Weise vor Ort vorkommenden Vergaben, der Anzahl und
der Größe der Vergaben sowie der konkreten Haushaltssituation überlassen bleiben, ob und in
welchem Umfang bei Vergaben Aspekte des Umweltschutzes und der Energieeffizienz berücksichtigt
werden können."
Die in der Verwaltung mit Vergaben befassten Organisationseinheiten stimmen den Ausführungen
und Bedenken des LKT uneingeschränkt zu und schlagen die Anwendung des Erlasses - wenn
überhaupt - mit folgenden Einschränkungen vor:
1.
der
Erlass
findet
keine
Anwendung
bei
Reparatur-,
Unterhaltungsmaßnahmen,
da
hier
keine
oder
nur
in
Gestaltungsmöglichkeiten zur wesentlichen Verbesserung von
Energieeffizienz bestehen.
2.
bei der Vergabe aller übrigen Beschaffungen, Dienstleistungen oder Baumaßnahmen ist der
erhebliche administrative Mehraufwand nur dann gerechtfertigt, wenn wesentliche
Umweltvorteile in Aussicht stehen.
Zur Vereinfachung der Bestimmung der wesentlichen Umweltrelevanz gilt folgende
Abgrenzung, ab der der Erlass anzuwenden ist:
3.
Erhaltungsoder
geringem
Umfang
Umweltschutz und
bei Baumaßnahmen (VOB) ab einem geschätzten Auftragswert von 100.000,00 Euro ohne
MwSt.
bei Liefer- und Dienstleistungen (VOL) ab einem geschätzten Auftragswert von 50.000,00
Euro ohne MwSt.
die Anwendung des Erlasses wird auf 3 Jahre befristet. Nach einer Evaluation ist dann
über die weitere Anwendung zu entscheiden.
-3Runderlass zur Vermeidung der Beschaffung von Produkten aus schlimmsten Formen der
Kinderarbeit vom 23.03.2010:
Inhaltlich soll die Beschaffung von Waren durch die öffentliche Verwaltung ausgeschlossen werden,
soweit sie unter Einsatz schlimmster Formen der Kinderarbeit hergestellt worden sind. Das gilt
sowohl für Waren, die noch herzustellen oder zu beschaffen sind, als auch für die Verwendung von
Lagerwaren.
Anders als die Vorgaben des Umweltschutzerlasses ist der Erlass nicht generell auf alle Vergaben
anzuwenden. Vielmehr ist der Anwendungsbereich unter Angabe bestimmter Produktgruppen in Ziffer
2.1 des Erlasses abschließend aufgeführt.
Vergaberechtlich trifft der Erlass den Bereich der Eignungsprüfung eines potenziellen
Bieters/Bewerbers. Bieter oder Bewerber, die Produkte anbieten oder verwenden, von denen ihnen
bekannt ist oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht bekannt ist, dass sie unter Bedingungen, die den
schlimmsten Formen der Kinderarbeit im Sinne des ILO-Übereinkommens Nr. 182 entsprechen,
hergestellt oder vertrieben worden sind, müssen als ungeeignet ausgeschlossen werden.
Der Bieter/Bewerber hat die Vermeidung der Verwendung von Produkten aus Kinderarbeit in Form
eines Zertifikates oder einer Eigenerklärung nachzuweisen.
Zu bedenken ist, dass der Nachweis von Verstößen gegen die Freiheit von Kinderarbeit vielfach nicht
möglich ist und Eigenerklärungen zudem nicht überprüfbar sind. Die generelle Beschränkung auf die
Forderung einer Zertifizierung hingegen ist aus wettbewerbsrechtlichen Gründen unzulässig. Auch
die Einhaltung der Verpflichtung des Bieters zur Verwendung bestimmter Waren ist in der Praxis nicht
prüfbar.
Das Ziel des Schutzes vor Kinderarbeit ist mit den Mitteln des Vergaberechts somit nicht wirklich
erreichbar.
Die Verwaltung geht jedoch nicht von einem personellen Mehraufwand bei der Umsetzung des
Erlasses aus. Auch kommt es voraussichtlich nicht zu Kostenerhöhungen oder zeitlichen
Verzögerungen bei der Durchführung von Vergaben.
Insofern hat die Verwaltung keine Bedenken gegen die Anwendung des Erlasses.
gez. Rosenke