Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
232 kB
Datum
15.04.2010
Erstellt
21.01.10, 04:11
Aktualisiert
21.01.10, 04:11
Stichworte
Inhalt der Datei
Kollegiale Konferenz
der Bürgermeister
im Kreis Euskirchen
53902 Bad Münstereifel, den 7. Januar 2010
Marktstraße 11
Herrn Landrat
Günter Rosenke
Jülicher Ring 32
53877 Euskirchen
Aufstellung des Entwurfs der Haushaltssatzung des Kreises Euskirchen für das Haushaltsjahr 2010;
hier: Beteiligung der kreisangehörigen Städte und Gemeinden gemäß § 55 Abs. 1 KrO
NRW
Schreiben vom 07.12.2009,
Informationen in den Bürgermeisterkonferenzen am 19.11. und 15.12.2009 sowie
Schreiben der Kollegialen Konferenz der Bürgermeister im Kreis Euskirchen vom 02.12.2009
Sehr geehrter Herr Landrat Rosenke,
mit dem vorstehend näher genannten „Eckdatenpapier“ zum Kreishaushalt vom 07.12.2009
leiten Sie das Aufstellungsverfahren zum Kreishaushalt 2010 ein und erbitten die Stellungnahmen der kreisangehörigen Städte und Gemeinden bis zum 10.01.2010. Wie auch in den
vergangenen Jahren bereits praktiziert, wollen wir, die Bürgermeister der kreisangehörigen
Kommunen im Kreis Euskirchen, dies vorbehaltlich weiterer Stellungnahmen nach Vorlage
des Entwurfes der Haushaltssatzung und des Haushaltsplanes 2010 gemeinsam tun und
verweisen insoweit auf die bereits geführten Diskussionen in den oben genannten Bürgermeisterkonferenzen.
1.
Allgemeines:
Unbeschadet der drastischen Kostensteigerungen im sozialen Bereich und der Landschaftsverbandsumlage, die mit einem Zuschussbedarf von rd. 75% der laufenden Aufwendungen
des Kreises die markante Größe im Kreishaushalt darstellen, gibt die aus dem Entwurf der
Eröffnungsbilanz zum 01.01.2009 ablesbare Finanzlage des Kreises Euskirchen Anlass zu
größter Sorge. So erfordern die derzeitigen Planungen zum Kreishaushalt des Jahres 2010
infolge des hohen Kostendrucks aus den genannten Bereichen und der verringerten Gegenfinanzierungsmittel, insbesondere bei den Zinserträgen und der Jagdsteuer, eine Kreisumlagensteigerung von rd. 8,5 Mio. €. Dafür soll der Kreisumlagenhebesatz von bisher 50,73%
auf 57,10% angehoben werden.
In dieser Situation gewinnt das Gebot zur gemeindefreundlichen Haushaltswirtschaft des
Kreises gemäß § 9 KrO NRW deutlich an Gewicht. Als Regulativ einer Kreisumlageerhöhung
sind daher neben dem Subsidiaritätsgebot in § 56 Abs. 1 KrO NRW die wirtschaftlichen Kräfte der kreisangehörigen Städte und Gemeinden und deren Abgabepflichtigen entscheidend
bei der Frage zu berücksichtigen, ob sich der Kreis gemäß § 53 Abs. 1 KrO NRW i. V. m. §
76 GO NRW in die Haushaltssicherung begeben muss. Die wirtschaftlichen Kräfte der kreisangehörigen Kommunen im Kreis Euskirchen sind weit überwiegend von der gesetzlichen
Haushaltssicherung und vom Nothaushaltsrecht geprägt. Die Finanzierung der Kreisumlage
geschieht in vielen Fällen bereits jetzt schon über die Aufnahme von Kassenkrediten vor Ort,
d.h., die Städte und Gemeinden müssen zur Aufbringung der Kreisumlagelast teure Liquiditätskredite auf dem Kreditmarkt beanspruchen. Zudem sind auch die wirtschaftlichen Kräfte
der Abgabepflichtigen, die vor dem Hintergrund der aktuellen Realsteuersätze zu beurteilen
sind, erschöpft. Mit vereinzelten Ausnahmen in der Stadt Euskirchen und den Gemeinden
Kall und Nettersheim werden kreisweit bereits Hebesätze veranlagt, die über dem für die
jeweilige Gemeindegrößenklasse gültigen Landesdurchschnitt liegen (siehe Information der
IT NRW – Hebesätze 1. Halbjahr 2009 vom 11.09.2009). Darüber hinaus sind natürlich auch
die teilweise extrem hohen Gebühren für Wasser und Abwasser in diesem Kontext zu beurteilen, die sich aus den topografisch schwierigen Verhältnissen und den besonderen Umweltschutzauflagen in unserer Eifelregion sowie aus den äußerst geringen Anschlussdichten
an die vorhandenen Ver- und Entsorgungsnetze ergeben.
Angesichts dieser Lage stellt die Absicht, den Kreisumlagehebesatz wie geplant anzuheben,
einen unzulässigen Eingriff des Kreises in die Finanzhoheit der kreisangehörigen Kommunen
dar, die schon jetzt nicht mehr in der Lage sind, ihre verfassungsrechtlich garantierte Selbstverwaltung, insbesondere die staatlicherseits auferlegten gesetzlichen Verpflichtungen, aus
eigener Finanzkraft hinreichend zu regeln. Der in diesem Zusammenhang zu hörende Einwand, dass bei bereits handlungsunfähigen Städten und Gemeinden wenigstens der Kreis
finanziell handlungsfähig bleiben müsse, ist wenig hilfreich, verkennt die kommunalverfassungsrechtliche Lage und ist daher nicht mehr als ein Scheinargument. Der Wesensgehalt
des Selbstverwaltungsrechtes ist somit durch eine Kreisumlage, die im Verhältnis zur Wirtschaftskraft des kreisangehörigen Raumes und dessen Abgabepflichtigen jedes vernünftige
Maß übersteigt und zu einer unzumutbaren Belastung geworden ist, in seinem Kerngehalt
beeinträchtigt.
Allein aus diesem Rechtsgrund ist der Kreis Euskirchen bereits zur Aufstellung eines formellen Haushaltssicherungskonzeptes (HSK) verpflichtet (siehe Erlass des IM NRW vom
06.03.2009, Ziffer 1.4, Seite 14 f.). Die freiwillige Unterwerfung unter die Grundsätze einer
Haushaltssicherung, wie sie der Kreis Euskirchen bisher vermeintlich praktiziert hat, reicht
angesichts dieser allgemeinen Situation nicht mehr aus. Unbeschadet dieser rechtlichen
Bewertung wäre der Schritt des Kreises in die formale Haushaltssicherung ein Zeichen echter Solidarität mit seinen Städten und Gemeinden, weil dann die spürbaren Einschränkungen
zum Beispiel bei den freiwilligen Leistungen und bei der Personalwirtschaft des Kreises, deren Aufwand im Jahr 2010 immerhin erneut um rd. 650.000 € gegenüber dem Vorjahr ansteigen soll, mit rechtlicher Erheblichkeit Geltung erlangen.
2.
Zum Entwurf der Eröffnungsbilanz:
Das ausgewiesene, der Abschreibung unterworfene Anlagevermögen beträgt rd. 175,5 Mio. €.
Dem entgegen stehen ein Eigenkapital von lediglich rd. 11 Mio. € (davon 3,7 Mio. € Ausgleichsrücklage, die 2009 bereits mit mehr als 2 Mio. € beansprucht wurden) und eine Instandhaltungsrückstellung in Höhe von nur 1,75 Mio. €. Das entspricht nur knapp einem Prozent des abschreibungsfähigen Anlagevermögens. Damit steht der Kreis unmittelbar vor dem
nach § 53 Abs. 1 KrO NRW i. V. m. § 75 Abs. 7 GO NRW unzulässigen Zustand der Überschuldung. Jedwede nennenswerte, im Anlagevermögen notwendige Unterhaltungslast wirkt
sich unmittelbar auf die Höhe der Kreisumlage aus. Dabei muss vorliegend auch deutlich
angesprochen werden, dass die kreisangehörigen Kommunen durch die freiwillige Übernahme zahlreicher Kreisstraßen in die gemeindliche Straßenbaulast bereits vor dem Stichtag
für die Eröffnungsbilanz erhebliche Konsolidierungsleistungen für den Kreis Euskirchen mit
Blick auf die im NKF darzustellende AfA und die Instandhaltungspflichten geleistet haben.
Der auf den ersten Blick nur geringe Verschuldungsgrad des Kreises erklärt sich einzig und
allein aus der Gegenüberstellung der Rückstellung für Deponien und Altlasten und den liquiden Mitteln des Kreises. Die Differenz von rd. 72 Mio. € entspricht real dem Selbstverschuldungsgrad des Kreises durch die Aufnahme sog. innerer Darlehen.
Hinterfragungswürdig ist angesichts dieser Analyse auch die Rechtfertigung für das Vorhalten von Wertpapieren in einem Gesamtwert von rd. 5,3 Mio. €.
3.
Freiwillige und bedingt freiwillige Leistungen des Kreises:
Das Eckdatenpapier weist freiwillige und bedingt freiwillige Leistungen des Kreises Euskirchen in einer Gesamthöhe von rd. 8,1 Mio. € aus. Damit geht eine Steigerung gegenüber
dem Vorjahr von rd. 285 T€ einher. Die Neubegründung freiwilliger Leistungen in der Haus-
haltssicherung ist gemäß Erlass des IM NRW vom 06.03.2009 (siehe Ziffer 3.1, Buchstabe
M, Seite 33 f.) besonderen Anforderungen unterworfen. Insgesamt muss die Haushaltswirtschaft des Kreises auf die Wiederherstellung und Sicherung der dauerhaften Leistungsfähigkeit durch Erreichung des Haushaltsausgleiches ausgerichtet sein. Angesichts der dargelegten Lage von Kreis und kreisangehörigen Kommunen, die sich zum Teil in der dauerhaften
vorläufigen Haushaltswirtschaft (sog. Nothaushaltsrecht) befinden, verbietet sich eine solche
Neubegründung von Aufgaben, wie sie z. B. die Criminale 2010 mit einem Kostenvolumen
von annähernd 100 T€, falls kein Sponsoring erschlossen werden kann (Kreistagsdrucksache 1/2009), darstellt. Darüber hinaus muss der Kreis in diesem Kontext aufgefordert werden, alle dementsprechenden Leistungen einer an strengen Maßstäben orientierten Aufgabenkritik zu unterwerfen und sein Leistungsspektrum mit dem Ziel der Aufwandsreduzierung
zurückzuführen. Dies gilt in besonderem Maße für die vom Kreis eingegangenen Zuschussverpflichtungen in diesem Bereich.
4.
Erfüllung von Pflichtaufgaben:
Die einschlägige Rechtslage schreibt auch hier vor, dass dem Gebot der Sparsamkeit und
Wirtschaftlichkeit innerhalb der Haushaltssicherung oberste Priorität beizumessen ist. Insoweit gilt es hier, die vorhandenen Standards kritisch zu überprüfen und ggf. zu senken, um
auf diesem Wege Einsparpotenziale zu erschließen.
Diese Thematik führt aber auch zu der bereits diskutierten Forderung an den Kreis, die vermehrte Zuweisung pflichtiger Aufgaben an die kommunale Ebene und zugleich die systemisch verursachten Kostensteigerungen bei der bereits vorhandenen Delegation von Zuständigkeiten und Kostentragungspflichten entsprechend dem verfassungsmäßigen Konnexitätsprinzip sowohl beim Landschaftsverband als auch auf Landes- und Bundesebene mit
dem Ziel einer ausreichenden kommunalen Finanzausstattung zu beanstanden. Hierbei sollte der Kreis auch die juristische Überprüfung der Auskömmlichkeit der aufgabenbedingten
staatlichen Zuweisungen, insbesondere im sozialen Bereich, ernsthaft in Erwägung ziehen.
Mit einem solchen Sparsamkeitsgebot sind Pläne, die die Beitragsfreistellung im Kindertagesstättenbereich durch den Kreis betreffen - eine klassische freiwillige Leistung -, keinesfalls vereinbar.
5.
Verbesserung der kommunalen Gemeinschaftsarbeit innerhalb des Kreises Euskirchen:
Im Kreise der Bürgermeister im Kreis Euskirchen besteht Einigkeit in der Frage, die interkommunale Zusammenarbeit als Mittel einer effizienten, bürgerorientierten Kommunalverwaltung zu stärken. Ohne die örtlichen Notwendigkeiten, Individualitäten und Identitäten aufzuopfern besteht die Bereitschaft, gemeinsam mit der Kreisverwaltung die Strukturen der
kommunalen Aufgabenerfüllung im Kreisgebiet kritisch zu untersuchen und im Rahmen einer
interkommunalen Arbeitsgruppe aus Vertretern der Städte, Gemeinden und der Kreisverwaltung die wahrzunehmenden Aufgaben auf die Sinnhaftigkeit einer interkommunalen Erledigung zu überprüfen.
All dies führt zu der abschließenden Forderung an den Kreis Euskirchen, die Haushaltsplanung für das Jahr 2010 intensiv auf Einsparpotenziale zu überprüfen und diese dann umgehend zu nutzen, um die Kreisumlage im Interesse der Städte und Gemeinden im Kreis Euskirchen selbst stabil zu halten.
Mit freundlichen Grüßen
Bürgermeister Albert Bergmann
Stadt Zülpich
Bürgermeister Alexander Büttner
Stadt Bad Münstereifel
Bürgermeister Dr. Uwe Friedl
Stadt Euskirchen
Bürgermeister Rolf Hartmann
Gemeinde Blankenheim
Bürgermeister Ralf Hergarten
Stadt Schleiden
Bürgermeister Reinhold Müller
Gemeinde Dahlem
Bürgermeister Wilfried Pracht
Gemeinde Nettersheim
Bürgermeister Herbert Radermacher
Gemeinde Kall
Bürgermeister Dr. H-P. Schick
Stadt Mechernich
Bürgermeister Peter Schlösser
Gemeinde Weilerswist
Bürgermeister Rudolf Westerburg
Gemeinde Hellenthal