Daten
Kommune
Bedburg
Größe
22 kB
Datum
04.09.2012
Erstellt
29.08.12, 18:02
Aktualisiert
29.08.12, 18:02
Stichworte
Inhalt der Datei
Zu TOP:__________
Drucksache: WP8154/2012
Fachbereich II - Ordnung, Bildung,
Jugend und Soziales
Sitzungsteil
Az.:
öffentlich
Beratungsfolge:
Sitzungstermin:
Familien-, Bildungs- und Sozialausschuss
04.09.2012
Abstimmungsergebnis:
Betreff:
Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Verfassungswidrigkeit der
Grundleistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und daraus resultierende
Kostensteigerungen
Beschlussvorschlag:
Der Familien-, Bildungs- und Sozialausschuss nimmt die Ausführungen der Verwaltung zur
Kenntnis.
STADT BEDBURG
Sitzungsvorlage
Seite: 2
Inhalt der Mitteilung:
Das Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) wurde zum 01.11.1993 als Bundesgesetz eingeführt;
seitdem sind die darin geregelten Grundleistungen unverändert. Selbst im Rahmen der EuroEinführung ist eine amtliche Umrechnung nicht erfolgt. Die Leistungssätze waren von Beginn an so
angelegt, dass sie deutlich niedriger als die damaligen Leistungssätze nach
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) waren, um die seinerzeit erheblichen Flüchtlingsströme
einzudämmen. Die Umsetzung des AsylbLG ist in NRW nach dem Gesetz zur Ausführung des
Asylbewerberleistungsgesetzes (AG AsylbLG) den Gemeinden als Selbstverwaltungsaufgabe
übertragen. Die Gemeinden erhalten für die gewährten Leistungen nach dem AsylbLG unabhängig
von den tatsächlich entstandenen Kosten eine Pauschale auf Grundlage des Gesetzes über die
Zuweisung und Aufnahme ausländischer Flüchtlinge (FlüAG NRW), welche jährlich angepasst
wird.
Mit Urteil vom 18.07.2012 hat das BVerfG die Grundleistungen nach AsylbLG aufgrund der evident
unzureichenden Beträge für verfassungswidrig erklärt und eine Übergangsregelung rückwirkend
ab 01.01.2011 bis zu einer Neuregelung durch den Gesetzgeber angeordnet. Durch die Medien
wurde bereits unmittelbar im Anschluss an die Bekanntgabe des Urteils berichtet; die
Entscheidung des BVerfG bindet die Behörden und hat Gesetzeskraft.
Nach der Kernaussage des Urteils ist „die Menschwürde migrationspolitisch nicht zu relativieren“;
auch eine kurze Aufenthaltsdauer in Deutschland rechtfertige es nicht, den Anspruch auf ein
menschenwürdiges Existenzminimum auf die Sicherung der physischen Existenz zu beschränken.
Vielmehr enthalte das Grundgesetz eine einheitliche Leistungsgarantie, die auch das
soziokulturelle Existenzminimum (bislang sog. „Taschengeld“) umfasse.
Als Maßstab für die Übergangsregelung wurden vom Prinzip her die ab 01.01.2011 neu
berechneten Regelbedarfsstufen nach SGB II bzw. SGB XII herangezogen. Bereits diese mussten
aufgrund eines vorherigen Urteils des BVerfG neu festgelegt werden, da die vorherigen
Leistungssätze nicht in einem inhaltlich transparenten Verfahren zustande gekommen waren
(Anmerkung: Im aktuellen Urteil wird erwähnt, dass auch bezüglich des Zustandekommens der
derzeitigen Leistungssätze nach SGB II / XII keine Aussage darüber getroffen werden könne, ob
diese einer verfassungsrechtlichen Kontrolle standhalten könnten).
Das Urteil wirft eine Vielzahl von Fragen auf, so beispielsweise betreffend der Kürzungen nach § 1
a AsylbLG, wonach bislang die „Taschengeldleistung“ versagt wurde, wenn abgelehnte
Asylbewerber bei der Beschaffung von Ausreisepapieren nicht mitgewirkt haben. Das Urteil
moniert ferner das Fehlen entsprechender Regelungen zur Bildung und Teilhabe; auch die
Regelung zu den Voraussetzungen einer rückwirkenden Erhöhung der Leistungen ist nicht
eindeutig formuliert.
Im Interesse an einer bundeseinheitlichen Handhabung hat die Vorsitzende der LänderArbeitsgemeinschaft für Flüchtlingsfragen und Integration (ArgeFlü) das Bundesministerium für
Arbeit und Soziales mit Schreiben vom 19.07.2012 gebeten, den Ländern schnellstmöglich
entsprechende Handlungshinweise zu übermitteln. Das Ministerium für Inneres und Kommunales
NRW hat mit Erlass vom 03.08.2012 vorläufige Hinweise als erste Handreichung für eine
vorläufige Leistung gegeben. Die erhoffte Klarstellung ist in vielen Fragen bislang noch nicht
erfolgt, teilweise wurden neue Fragen aufgeworfen. Eine stichprobenartige Umfrage seitens der
Verwaltung bei anderen Kommunen hat ergeben, dass dort auch noch Klärungsbedarf besteht und
momentan eine eher abwartende Haltung eingenommen wird.
Da davon auszugehen war, dass Asylbewerber in Bedburg kurzfristig höhere Leistungen
einfordern, wurde seitens der Fachbereichsleitung entschieden, dass die Leistungen in Bedburg
vorläufig ab 01.08.2012 angehoben werden. Zur Vermeidung von Überzahlungen wird dabei nach
dem Prinzip der Mindestbegünstigung vorgegangen, sodass Zwischenrundungen zunächst außer
Mitteilungsvorlage WP8-154/2012
Seite 2
STADT BEDBURG
Seite: 3
Sitzungsvorlage
Acht bleiben. Kürzungen des „Taschengeldes“ nach § 1 a AsylbLG bleiben zunächst bestehen;
Leistungen nach Abteilung 4, welche Kosten für „Wohnen, Energie und Wohnungsinstandhaltung“
beinhalten, erfolgen nicht, da diese bereits mit den Gebühren für die Asylbewerberunterkünfte
abgegolten sind. Rückwirkende Zahlungen erfolgen zunächst ebenfalls nicht. Bezogen auf eine
alleinstehende Person wurde somit an Stelle von bislang mtl. 204,52 € ein Betrag von 313,00 €
bereits ausgezahlt. Bezüglich etwaiger rückwirkender Erhöhungen wurde für Bedburg überschlägig
eine Nachzahlung von ca. 30.000 € ermittelt (worst-case).
Mit Ausnahme einer fünfköpfigen Familie werden aktuell im Stadtgebiet nur Alleinstehende nach
AsylbLG unterstützt. Für eine alleinstehende Person könnte sich möglicherweise eine monatliche
Kostensteigerung von 141,48 € ergeben (worst-case). Bei leicht steigenden Fallzahlen wurden hier
im Juli 2012 insgesamt 33 Personen nach AsylbLG unterstützt. Davon ausgehend wäre mit
jährlichen Mehrkosten von ca. 55.000 € zu rechnen.
Derzeit ist nicht absehbar, wann mit einer Gesetzesänderung zu rechnen ist. In der mündlichen
Anhörung vor dem BVerfG am 20.06.2012 wurde durch das Bundesministerium für Arbeit und
Soziales mitgeteilt, dass das AsylbLG bereits überarbeitet werde. Ein konkretes Datum für einen
neuen Entwurf konnte Staatssekretärin Annette Niederfranke jedoch nicht nennen.
Mögliche Auswirkungen im Zusammenhang mit dem demografischen Wandel:
entfällt
Finanzielle Auswirkungen:
Nein
Ja
x mit textlicher Erläuterung:
Bei gesamthaushaltsrechtlicher Relevanz im laufenden oder in späteren Haushaltsjahren
Mitzeichnung oder Stellungnahme des Kämmerers*:
----------------------------------Schmitz
----------------------------------Kramer
----------------------------------Koerdt
Sachbearbeiter
Fachbereichsleiter
Bürgermeister
Mitteilungsvorlage WP8-154/2012
Seite 3