Politik bei uns wird nicht mehr aktiv betreut, eine Datenaktualisierung findet genausowenig statt wie Support.

Wir würden gerne weitermachen. Aber die Ansprüche an die Plattform passen nicht zum vollständig ehrenamtlichen Betrieb. Hintergründe und Ideen zur Rettung finden Sie in diesem Blogartikel.

Beschlussvorlage (Anlage zur Abwägungsliste - Stellungnahme zum Artenschutz)

Daten

Kommune
Bedburg
Größe
148 kB
Datum
03.07.2012
Erstellt
28.06.12, 08:23
Aktualisiert
28.06.12, 08:23

Inhalt der Datei

www.ecoda.de ecoda UMWELTGUTACHTEN Dr. Bergen & Fritz GbR Stellungnahme zu den artenschutzrechtlichen Bedenken des Fachbereichs 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt der Stadt Grevenbroich insbesondere zum Kollisionsrisiko für Vögel Ruinenstr. 33 44287 Dortmund Fon 0231 841697-10 im Zusammenhang mit der geplanten Ausweisung einer Konzentrationszone für Windenergie am Standort Bedburg-Nord (Stadt Bedburg, Rhein-Erft Kreis) Fax 0231 589896-0 ecoda@ecoda.de www.ecoda.de Auftraggeberin: BMR energy solutions GmbH Kirchberg 4 52538 Gangelt Bearbeiter: Dr. Michael Quest, Dipl.-Landschaftsökol. Dr. Frank Bergen, Dipl.-Biol. Dortmund, den 26. September 2011 Inhaltsverzeichnis 1 Anlass ..................................................................................................................................... 1 2 Vogelschlag an Windenergieanlagen ................................................................................... 2 3 Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner, in der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 aufgeführter Vogelarten......................................................................... 4 4 Stellungnahme zu weiteren, in der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 aufgeführten Punkten.......................................................................................................... 17 Literaturverzeichnis Anlass 1 1 ecoda Anlass Hintergrund der vorliegenden Stellungnahme ist die geplante Ausweisung einer Konzentrationszone für Windenergie (im Folgenden: Konzentrationszone) am Standort Bedburg-Nord auf dem Gebiet der Stadt Bedburg. Im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (TöB) wurden vom Fachbereich 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt der Stadt Grevenbroich mit Schreiben vom 11.08.2011 artenschutzrechtliche Bedenken gegen die Ausweisung der Konzentrationszone erhoben. Insbesondere wurden Bedenken geäußert, dass an den geplanten WEA in der Konzentrationszone ein erhöhtes Kollisionsrisiko für einzelne Vogelarten (insbesondere Greifvögel und Eulen) vorliegen könne. In Ergänzung zum Avifaunistischen Fachgutachten (vgl. ECODA 2011a) wird im Folgenden auf die einzelnen vorgetragenen Bedenken eingegangen. Dazu wird das Kollisionsrisiko einzelner Vogelarten an WEA in der geplanten Konzentrationszone nochmals detailliert dargestellt, prognostiziert und bewertet. Ferner wird die Betroffenheit weiterer Arten auf der Grundlage der in der Stellungnahme aufgeführten Daten aus dem Jahr 2011 dargestellt und bewertet. Zur allgemeinen Darstellung der Vorhabens sowie der Nutzung des Raums durch Vögel wird auf das Avifaunistische Fachgutachten verwiesen (vgl. ECODA 2011a). Auftraggeberin der Stellungnahme ist die BMR energy solutions GmbH, Gangelt. Vogelschlag an Windenergieanlagen 2 2 ecoda Vogelschlag an Windenergieanlagen Im Kapitel 4 des Avifaunistischen Gutachten (ECODA 2011a) wird ein detaillierter Überblick zum aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand bezüglich des Vogelschlags an WEA gegeben, der deswegen an dieser Stelle nicht wiederholt wird. Prinzipiell kann nie ausgeschlossen werden, dass einzelne Vögel an WEA verunglücken könnten. Insofern greift die pauschale Behauptung in der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3, die geplanten WEA erhöhen das Gefährdungspotenzial durch Vogelanflug (v. a. Greifvogel- und Eulenarten), grundsätzlich zur kurz. Entscheidend bei der Prognose und Bewertung des Vogelschlags an WEA ist, ob sich durch die WEA das Kollisionsrisiko an einem konkreten Standort signifikant erhöht. Eine artspezifische signifikante Erhöhung der Kollisionsgefahr besteht, wenn sich negative Effekte auf die (lokale) Population der Art ergeben (z. B. EU-COMMISSION 2010). Um das Kollisionsrisiko darzustellen, ist daher eine räumlich differenzierte und artbezogene Betrachtung der Kollisionsgefahr (z. B. räumlich differenzierte Aussagen zum Status der Art, seiner Häufigkeit, seiner bevorzugten Aufenthaltsorte, seinem Verhalten und der Lage von Teilräumen mit artspezifischen Habitateigenschaften) unter Berücksichtigung der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse zur Kollisionsgefahr notwendig. Vor diesem Hintergrund führen die bloße Habitateignung im Raum und die daraus resultierende Möglichkeit einer zukünftigen Brut oder eines möglichen Jagdhabitats im Raum nicht grundsätzlich zu einem signifikant erhöhten Kollisionsrisiko einzelner Arten. Die Totfundliste von DÜRR (2011) lässt bezüglich des Kollisionsrisikos einzelner Arten in der Tat keine absolute Bewertung zu, sondern lediglich eine relative Betrachtung zwischen den Arten. Wenn in der Liste eine bestimmte Art nur selten als Kollisionsopfer geführt wird, heißt das nicht zwingend, dass WEA für die Art völlig unkritisch sind. Jedoch ergibt sich aus der Liste (ggf. unter Berücksichtigung weiterer Literatur) kein Hinweis auf ein artspezifisch hohes Kollisionsrisiko. Für viele in der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 als potenziell gefährdet eingestufte Arten kann daher eine signifikante Erhöhung der Kollisionsgefahr nicht erkannt werden (vgl. artspezifische Darstellung im folgenden Kapitel). Am Beispiel des Rotmilans – einer Art, deren Individuen im Vergleich mit anderen Arten häufiger mit WEA kollidieren (vgl. DÜRR 2009) – soll die Populationsrelevanz des Vogelschlags an WEA unter verschiedenen Annahmen beispielhaft erläutert werden. Derzeit ist unklar, wie viele Individuen der Art tatsächlich an WEA kollidieren und ob sich dadurch eine Gefährdung von (Teil-) Populationen ergibt. Je nach Autor, Berechnungsgrundlage und verschiedener Grundannahmen existieren ganz unterschiedliche Einschätzungen zum Kollisionsrisiko. Beispielsweise sind im Zeitraum vom 02.06.2009 bis zum 17.03.2010 bundesweit insgesamt 21 Rotmilane als Kollisionsopfer gemeldet worden (vgl. DÜRR 2010). Hochgerechnet auf ein Jahr ergibt sich so eine Vogelschlag an Windenergieanlagen 3 ecoda Kollisionszahl von etwa 26 Tieren bei bundesweit im Jahr 2009 etwa 21.000 installierten WEA (Stand 2009; vgl. DEWI 2010). Daraus ergäbe sich eine Kollisionswahrscheinlichkeit von etwa 1/808. Systematische Suchen nach Kollisionsopfern sind jedoch nur an sehr wenigen Anlagen und Windparks unternommen worden, so dass mit einer hohen Dunkelziffer gerechnet werden muss. HÖTKER et al. (2004) nehmen an, dass mit ungefähr 100 Individuenverlusten pro Jahr gerechnet werden muss. Bei etwa 16.500 bestehenden WEA im Jahr 2004 ergäbe sich eine Kollisionswahrscheinlichkeit von 1/165, also einem verunglücktem Tier pro WEA in 165 Jahren. DÜRR (2009) schätzt nach einer Studie in Brandenburg, dass jährlich mindestens 74 Rotmilane an WEA in Brandenburg verunglücken. Bei zu dem Zeitpunkt installierten 2.886 WEA in Brandenburg ergäbe sich dort eine Kollisionswahrscheinlichkeit von etwa 1/39. Durchschnittlich würde somit alle 39 Jahre ein Rotmilan an einer WEA in Brandenburg verunglücken. Das VG Minden geht in einem Gerichtsurteil vom 10.03.2010 von Kollisionsraten zwischen 1/35 und 1/100 aus und folgert, dass sich bei einem Kollisionsrisiko von 1/35 keine signifikant erhöhte Tötungsgefahr ergibt (VG Minden – 10.03.2010 – 11 K 53/09). Kritisch muss angemerkt werden, dass es sich um einen Durchschnittswert handelt. Der konkrete Standort von WEA (Nähe zum Horststandort, Nähe zu häufig genutzten Nahrungshabitaten) sowie das Verhalten der ortsansässigen Tiere haben einen wesentlichen Einfluss auf das Kollisionsrisiko (DÜRR 2009) und bleiben dabei unberücksichtigt. RASRAN et al. (2009) konnten in einer deutschlandweiten Untersuchung bisher keinen negativen Effekt der steigenden Anzahl von Windenergieanlagen auf die generelle Populationsentwicklung des Rotmilans nachweisen. Die Datenlage für viele andere Arten ist z. T. wesentlich geringer, jedoch können durch bisher publizierte Studien (deren Anzahl für die einzelnen Arten stark variieren) sowie durch die Verhaltensweisen und Habitatansprüche der Arten unter Berücksichtigung der Daten der zentralen Fundortdatei plausible Annahmen zum artspezifischen Konfliktpotenzial gemacht werden, die im Avifaunistischen Fachgutachten zum geplanten Projekt bereits detailliert dargestellt wurden (vgl. ECODA 2011a). Im folgenden Kapitel wird deshalb nur auf die Arten bzw. artspezifische Aspekte der Arten eingegangen, für die durch die Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt der Stadt Grevenbroich mit Schreiben vom 11.08.2011 neue Daten vorhanden sind bzw. für die artenschutzrechtliche Bedenken gegen die Ausweisung der Konzentrationszone bestehen. Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 3 4 ecoda Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner, in der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 aufgeführter Vogelarten Wiesenweihe Nach LANGGEMACH & DÜRR (2011) sind von dieser Art in Deutschland bisher zwei Brutvögel als Schlagopfer dokumentiert, drei weitere Fälle mit nicht sicher bestimmbarer Todesursache werden als mögliche Fälle aufgelistet. Darüber hinaus sind in Europa 15 Kollisionen mit WEA aus Spanien gemeldet (DÜRR 2011: Stand 08.07.2011). Im Rahmen einer umfangreichen Studie untersuchten GRAJETZKY et al. (2010) das Verhalten von Wiesenweihen Im Umfeld von WEA im Küstenbereich Schleswig-Holsteins. In der Nähe des Brutplatzes (bis 500 m) fand der Großteil der Flugaktivitäten im Höhenbereich von 20 bis 100 m statt. In weiterer Entfernung zum Brutplatz wurden Flughöhen von 20 m jedoch nur sehr selten überschritten. Insgesamt hielten sich dort beide Geschlechter zu 90 % in Höhen unter 20 m auf. Jagdflüge fanden ausnahmslos unter 20 m satt. Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass lediglich für Individuen, die nahe an WEA brüten, ein relevantes Kollisionsrisiko besteht. Auch LANGGEMACH & DÜRR (2011) erwarten für die Wiesenweihe vor allem bei brutplatznahen Aktivitäten (Balzflüge, Beuteübergabe, Kreisen) ein Kollisionsrisiko, nicht aber bei der Jagd. Vor diesem Hintergrund ist auch die im Schreiben des Fachbereichs 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt zitierte Entscheidung des VG Oldenburg zu sehen. Die temporäre Abschaltung von zwei WEA erfolgte aufgrund der Nähe der beiden Anlagen zu einem Wiesenweihenbrutplatz. Im Untersuchungsraum wurde im Jahr 2009 weder eine Wiesenweihen-Brut festgestellt, noch deuten die Verhaltensbeobachtungen auf einen Brutverdacht hin. Auch aus anderen Jahren liegt bislang kein Hinweis auf eine Brut / einen Brutversuch vor (Die bloße Möglichkeit, dass Wiesenweihen zukünftig in der Zone brüten könnten, kann kaum als Grundlage zur Bewertung der Auswirkungen herangezogen werden). Demgegenüber stehen mehrere Nachweise von übersommernde Wiesenweihen, die den Untersuchungsraum zur Jagd nutzten. Wie oben dargestellt, besteht für jagende Wiesenweihen jedoch kein relevantes Kollisionsrisiko. Folgerichtig ist die Kollisionsgefahr für die Art an WEA in der geplanten Konzentrationszone als gering einzuschätzen (vgl. ECODA 2011a). Für diese Einschätzung ist es letztlich unerheblich, ob Wiesenweihen den Raum unregelmäßig oder regelmäßig bejagen. Kornweihe Bundesweit liegt kein Nachweis einer Kornweihe vor, die an einer WEA verunglückte. Europaweit wurde bisher ein Kollisionsopfer nachgewiesen (Stand 08.07.2011; DÜRR 2011). Wie die Wiesenweihe jagt auch die Kornweihe vorzugsweise im niedrigen Jagdflug. Das Kollisionsrisiko bei Jagdflügen wird daher in Analogie zur Wiesenweihe als gering eingeschätzt. Auch WHITFIELD & MADDERS (2006) weisen drauf hin, dass die kollisionsbedingte Mortalität nur sehr selten ein ernstzunehmendes Problem darstellen dürfte. Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 5 ecoda Als Brutvogel gilt die Kornweihe in NRW als ausgestorben. In den letzten Jahren kam es in Westfalen zu einzelnen Bruten. Es liegen keinerlei Hinweise auf eine Brut einer Kornweihe im Untersuchungsraum vor. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist dort somit nicht mit Verhaltensweisen zu rechen, die mit der Balz bzw. Brut in Verbindung stehen (Balzflüge, Beuteübergabe usw.) und die zu Flügen in größeren Höhen führen. Vor diesem Hintergrund wird das Kollisionsrisiko für Kornweihen an WEA in der geplanten Konzentrationszone als gering eingeschätzt. Rohrweihe Nach DÜRR (2011) sind bisher zehn Schlagopfer der Art dokumentiert (Stand: 08.07.2011). Die Jagdflüge der Art finden - wie auch bei der Wiesen- und der Kornweihe - bodennah und unterhalb des Gefahrenbereichs üblicher Rotoren statt LANGGEMACH & DÜRR (2011). Im Nahbereich des Horstes erreichen Rohrweihen durch Thermikkreisen, Balz- und Nahrungsflüge in weiter entfernt gelegene Gebiete regelmäßig größere Höhen. Nach LANGGEMACH & DÜRR (2011) sind jedoch trotz der Häufigkeit der Art bisher nur wenige Kollisionsopfer gefunden worden, was möglicherweise auf einen gewissen Meideeffekt (bis zu 200 m) von brütenden Rohrweihen zurückzuführen ist (vgl. SCHELLER & VÖKLER 2007). Anders als Wiesen- und Kornweihe hat die Art im Jahr 2009 und, nach Daten des Fachbereichs 65.3 Bauen, Garten, Umwelt der Stadt Grevenbroich, auch im Jahr 2011 im UR2000 gebrütet. Die nachgewiesenen / vermuteten Brutplätze befanden sich in Luzerneschlägen auf den jungen Rekultivierungsflächen außerhalb der geplanten Konzentrationszone. Dort konzentrierten sich im Jahr 2009 auch die beobachteten Jagdflüge. Offensichtlich scheinen die Ansprüche an das Brut- und Jagdhabitat auf diesen Nutzflächen im besonderen Maße erfüllt zu sein. Es liegen keine Hinweise auf eine Brut innerhalb der geplanten Konzentrationszone vor. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist dort somit nicht mit Verhaltensweisen zu rechen, die mit der Balz bzw. Brut in Verbindung stehen (Balzflüge, Beuteübergabe usw.) und die zu Flügen in größeren Höhen führen (Die bloße Möglichkeit, dass Rohrweihen zukünftig in der Zone brüten könnten, kann kaum als Grundlage zur Bewertung der Auswirkungen herangezogen werden). Vor diesem Hintergrund wird das Kollisionsrisiko für Rohrweihen an WEA in der geplanten Konzentrationszone als gering eingeschätzt. Rotmilan Die Kollisionsgefährdung des Rotmilans ist bereits dargestellt worden. Im Untersuchungszeitraum wurden im UR2000 weder durch eigene Untersuchungen noch durch Daten Dritter Bruten nachgewiesen. Auch aus den vorherigen Jahren sind aus dem UR2000 keine Bruten bekannt. Im Untersuchungszeitraum (Jahr 2009) wurde ein Mal ein überfliegender Rotmilan festgestellt. Jagdflüge von Individuen der Art wurden nicht beobachtet. Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 6 ecoda Auch wenn der Raum über eine artspezifische Habitateignung verfügt, wurde eine Nutzung als Brutoder als regelmäßiges Jagdhabitat (auch unter Berücksichtigung weiterer Quellen) nicht festgestellt. Eine signifikant erhöhte Kollisionsgefahr für die Art lässt sich daraus nicht ableiten. Raufußbussard, Habicht, Sperber Im Avifaunistischen Fachgutachten (ECODA 2011a) wurde dem UR2000 für die drei Arten jeweils eine allgemeine artspezifische Bedeutung beigemessen. Die Bedeutung des Untersuchungsraums stellt dabei einen wesentlichen Maßstab bei der Abschichtung der Arten dar. Wird dem Untersuchungsraum (wie bei diesen Arten geschehen) zumindest eine allgemeine Bedeutung beigemessen, folgt eine räumlich differenzierte und artspezifische Konfliktanalyse, in der das Kollisionsrisiko für die Art im Raum bewertet. Bewertungsmaßstäbe für die Konfliktanalyse sind deswegen in erster Line die räumlich differenzierte Darstellung der Nutzung des Raums sowie das artspezifische Verhalten der Art. Durch die Anmerkungen des Fachbereichs 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt der Stadt Grevenbroich kommen keine grundsätzlich neuen Daten (insbesondere zu Brutstandorten oder zu bevorzugten Nahrungshabitaten) zu den bisherigen Daten hinzu. Die Aussagen zu den drei Arten in der Konfliktanalyse des Avifaunistischen Gutachtens (ECODA 2011a) behalten somit ihre Gültigkeit. Merlin Die Bedeutung des UR2000 als Durchzugsraum wurde im Avifaunistischen Fachgutachten aufgrund der Beobachtungsdaten und der Daten weiterer Quellen als gering eingestuft. In der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt der Stadt Grevenbroich wird die Bedeutung des UR2000 aufgrund regelmäßiger Beobachtungen von Individuen der Art als hoch eingeschätzt. In Ergänzung zum Avifaunistischen Fachgutachten wird daher vorsorglich der mögliche Eintritt eines Tatbestandes nach § 44 Abs. 1 BNatSchG durch die Errichtung und den Betrieb von WEA in der geplanten Konzentrationszone für die Art geprüft. Artspezifische Empfindlichkeit gegenüber WEA § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG: Werden Tiere verletzt oder getötet? Zum Einfluss von WEA auf den Merlin existieren keine wissenschaftlich fundierten Erkenntnisse. Bislang liegen bundesweit zwei Nachweise von Individuen vor, die mit einer WEA kollidierten (Stand: 08.07.2011, DÜRR 2011). Die Jagd des Merlins auf Kleinvögel findet im Regefall strukturgebunden und in Höhen deutlich unterhalb der Rotorunterkante von modernen WEA statt. Es liegen keine Hinweise vor, dass die Art in besonderem Maße kollisionsgefährdet ist. baubedingte Auswirkungen Es kann ausgeschlossen werden, dass Nahrung suchende oder an- bzw. abfliegende Merline baubedingt verletzt oder getötet werden. anlagen- und betriebsbedingte Auswirkungen Es liegen keine Hinweise vor, dass die Art in besonderem Maße kollisionsgefährdet ist. Verbunden mit den artspezifischen Verhaltensweisen bei der Jagd (strukturgebundene eher niedrige Jagdflüge) wird nicht erwartet, dass Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 7 ecoda ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko in der geplanten Konzentrationszone vorliegen wird. Eine Kollision an WEA in der geplanten Konzentrationszone kann zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, ist aber als äußerst seltenes Ereignis zu bewerten, das zum allgemeinen, nicht zu vermeidenden Risiko für Individuen zählt (vgl. LÜTTMANN 2007). § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG: Werden Tiere erheblich gestört? bau-, anlagen- und betriebsbedingte Auswirkungen Merline treten im UR2000 als Wintergast auf. Für den Merlin existieren derzeit keine Erkenntnisse zum Verhalten gegenüber WEA. Grundsätzlich ist der Wirkbereich - selbst bei sensiblen Arten - sehr begrenzt (meist nicht mehr als 300 m). Zudem stehen der Art in den umliegenden Bereichen in ausreichendem Maße Jagdhabitate zur Verfügung. Störungen, die zu einer Verschlechterung des Erhaltungszustandes der lokalen Population führen, werden von der Planung daher nicht erwartet. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG: Werden Fortpflanzungsoder Ruhestätten beschädigt oder zerstört? bau-, anlagen- und betriebsbedingte Auswirkungen Merline treten im UR2000 als Wintergast auf. Fortpflanzungsstätten werden nicht zerstört. Die geplanten WEA in der Konzentrationszone sollen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen errichtet werden, die der Art nicht als Ruhestätten dienen. § 14 Abs. 1 BNatSchG: Eingriffsregelung Die Errichtung und der Betrieb von WEA in der geplanten Konzentrationszone werden keine erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne der Eingriffsregelung verursachen. Fazit: Merlin Die Errichtung und der Betrieb von WEA in der geplanten Konzentrationszone werden weder gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoßen noch zu erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne der Eingriffsregelung führen. Kranich In der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt der Stadt Grevenbroich wird von einer Betroffenheit des Kranichs ausgegangen. Kraniche flögen auf ihrem Zug gezielt die Kraftwerke der Umgebung an, um die dort herrschende auszunutzen. Die nächstgelegenen Kraftwerke liegen etwa 2 km von der geplanten Konzentrationszone entfernt. Im Folgenden wird u. a. der mögliche Eintritt eines Tatbestandes nach § 44 Abs. 1 BNatSchG durch WEA in der geplanten Konzentrationszone für die Art geprüft. Artspezifische Empfindlichkeit gegenüber WEA Zur Empfindlichkeit und zum Verhalten von Kranichen gegenüber WEA liegen mehrere Einzelbeobachtungen vor: NOWALD (1995) wertete 23 Beobachtungen von nahe an WEA fliegenden Kranichtrupps aus (Flüge zwischen Nahrungs- und Schlafplätzen). Demnach sei in allen Fällen ein unterschiedlich stark ausgeprägtes Zögern bzw. Zurückscheuen der Flugstaffeln festzustellen. Die gemittelte Meidedistanz betrage 300 m (Minimum: 150 m, Maximum: 670 m). BRAUNEIS (1999) beobachtete in Hessen an einem Standort mit vier WEA, dass ein Teil der beobachteten Kraniche „beim Anflug auf die WKA etwa 300 bis 400 m vor den laufenden Rotoren von der üblichen Route abbog und die vier WKA in einem Abstand von 700 bis 1.000 m umflog“. Teilweise lösten sich Truppgemeinschaften auf, kehrten um oder formierten sich erst nach der Passage von Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 8 ecoda WEA neu. Der Betrieb von WEA habe somit zu Irritationen der ziehenden Kraniche geführt. STÜBING (2001) beobachtete im Bereich des Vogelsbergs in Hessen an mehreren Tagen durchziehende Kraniche in der weiteren Umgebung von verschiedenen Windparks. Am stärksten Zugtag wurden 14.082 Individuen in 56 Gruppen registriert, von denen allerdings 5.165 Individuen in 19 Gruppen in einer Entfernung von mehr als 2 km zu einer WEA durchzogen. Bei vier der 56 Gruppen wurden Verhaltensänderungen festgestellt, die auf die WEA zurückzuführen waren: - 130 Individuen kreisten ungeordnet mit unkontrolliertem Trudeln etwa 200 m westlich eines Windenergiestandortes und zogen dann weiter. - 286 Individuen wichen nach kurzem Kreisen in einer Distanz von 500 m vor einem Windpark aus und umflogen dieses Gebiet nach einem Höhengewinn von 150 auf 350 m etwa 3 km westlich. - 75 Individuen begannen etwa 800 m vor einem Windpark in einer Höhe von 150 m zu kreisen, zogen auf einer Höhe von 450 m etwa 3 km nach Nordosten zurück und umflogen dann die WEA. - 150 Individuen in 200 m über Geländehöhe und etwa 900 m von drei WEA entfernt schraubten sich auf 350 m hoch und zogen dann nach einem Bogen in einer Entfernung von etwa 3,5 km an den WEA vorbei. Von den insgesamt 8.917 Individuen bzw. 37 Ereignissen, die in einer Entfernung von weniger als 2 km zu einer WEA durchzogen, reagierten somit 641 (7,2 %) bzw. vier (10,8%) deutlich auf die WEA. Weitere 622 Individuen in vier Gruppen zeigten beim Vorbeiflug schwache Reaktionen auf die WEA. Die beobachtete Verhaltensänderung einer individuenstarken Formation war nicht eindeutig einzuschätzen, so dass ein Zusammenhang mit WEA fraglich blieb. Die festgestellten Kraniche zogen alle recht niedrig in Höhen von überwiegend 100 bis 200 m, selten wurden 400 m erreicht. Unter günstigen Zugbedingungen ziehen Kraniche allerdings auch in wesentlich größeren Höhen (> 1 km), in denen keine Irritationen mehr zu erwarten sind. Zusammenfassend nimmt STÜBING (2001) an, dass Kraniche mit den beschriebenen Ausnahmen offenbar wenig Scheu gegenüber WEA zeigen, da i. d. R. kein „ängstliches“ Kreisen, kein weiträumiges Umfliegen der WEA und keine Zugrichtungsänderungen beobachtet werden konnten. Der Autor geht nicht davon aus, dass Kraniche bei Begegnungen mit WEA zwangsläufig ein Meideverhalten zeigen. Reaktionen seien vor allem bei ungünstigen Sichtverhältnissen, wenn WEA erst spät und dann relativ „plötzlich“ wahrgenommen werden, sowie bei Gegenwind aufgrund der Luftverwirbelungen von WEA zu erwarten. REICHENBACH et al. (2004) halten es hingegen für weitgehend abgesichert, dass Kraniche bei Flügen WEA in einem Abstand von 300 bis 500 m umfliegen. MÖCKEL & WIESNER (2007) beobachteten je 56, 64 und zwei ziehende Kraniche, die in einem Abstand von 100, 150 und 150 m und einer Höhe von 120, 200 und 200 m an einem Windpark mit fünf WEA - offenbar ohne Reaktion - vorbeiflogen. Als Rastvogel näherten sich einzelne Kraniche bis auf 150 m an WEA an. Kleinere rastende und Nahrung suchende Kranichtrupps wurden in einem Abstand von 400 m zu WEA des Windparks Wittmansdorf beobachtet. Größere rastende Trupps hielten nach MÖCKEL & WIESNER (2007) hingegen einen Abstand von mindestens 1.000 m zu WEA. SCHELLER & VÖKLER (2007) fanden keinen signifikanten Unterschied zwischen der Brutdichte von Kranichen in der Umgebung von Windparks und unbeeinflussten Kontrollflächen. Ein nennenswerter Anteil (42 %) der registrierten Brutplätze (n=17) lag in einer Entfernung von weniger als 500 m zu einer WEA. Die geringste Entfernung von Kranichbrutplätzen betrug 160 m (n=2). Ein Einfluss auf die Brutplatzwahl war lediglich für den Nahbereich bis zu einer Entfernung von 100 m nachweisbar. Es ergab sich auch kein signifikanter kausaler Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG: Werden Tiere verletzt oder getötet? 9 ecoda Zusammenhang zwischen dem Bruterfolg und der Entfernung eines Brutplatzes zur nächstgelegenen WEA. GRUNWALD (2009) stellte in den Jahren 2006 und 2007 bei knapp 12 % von etwa 30.000 beobachteten Kranichen Verhaltensänderung bei Annährungen an WEA fest. Dabei konnte er bei der Masse der Tiere auch im nahen Umfeld der WEA i. d. R. keine Reaktionen registrieren. Im Mittel überflogen die Kraniche die WEA in ca. 750 m und zeigten schon aufgrund der Höhe des Überflugs keine Reaktionen auf die WEA. LANGGEMACH & DÜRR (2011) schätzen die Störungen durch Bau, Erschließung und Wartung als wahrscheinlicher ein als durch die WEA selbst. Zusammenfassend kann die Empfindlichkeit der Art als Brutvogel als gering bewertet werden. Als Rastvogel und wahrscheinlich auch als Zugvogel scheinen Kraniche ein Meideverhalten gegenüber WEA zu zeigen, das abhängig von der Truppgröße ist. Bislang existieren bundesweit vier Nachweise von einem an einer WEA verunglückten Kranich (Stand: 08.07.2011, DÜRR 2011). Zusammenfassend scheint das Kollisionsrisiko für die Art sehr gering zu sein (vgl. auch LANGGEMACH & DÜRR 2011). baubedingte Auswirkungen Es kann ausgeschlossen werden, dass ziehende Kraniche während der Bauphase verletzt oder getötet werden. anlagen- und betriebsbedingte Auswirkungen Der westeuropäische Zugweg führt die Tiere mit einer Breite von ca. 100 km bis etwa 340 km über Deutschland hinweg (KRÜGER & OLTMANNS 2009). Neben den neuen Bundesländern werden dabei v. a. Niedersachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen überflogen. Die westliche Grenze des Zugkorridors in Nordrhein-Westfalen fällt in etwa mit der Deutsch-Niederländischen Grenze zusammen. Der Untersuchungsraum liegt damit am Rand des Durchzugsgebietes von Kranichen. Die Ränder des Zugkorridors werden von den Kranichen weitaus geringer genutzt als die zentralen Bereiche. In manchen Jahren werden die Randbereiche gar nicht überflogen. Kraniche ziehen bei günstigen Bedingungen im Allgemeinen in größeren Höhen von 300 bis 500 m oder sogar höher durch das Binnenland. Unter Berücksichtigung der angenommenen Gesamthöhe von etwa 180 m wird ein großer Teil der Kraniche nicht in Höhe des Rotorbereichs der WEA fliegen. Grundsätzlich sollten Kraniche am Tage in der Lage sein, einen Windpark wahrzunehmen und diesem - wie bereits mehrfach beobachtet - auszuweichen, so dass selbst für die Individuen, die auf den Rotorbereich zufliegen unter günstigen bis normalen Witterungsbedingungen kein besonderes Kollisionsrisiko bestehen dürfte. Denkbar ist, dass es bei schlechten Witterungsbedingungen (z. B. bei eintretendem Nebel oder starkem Gegenwind) zu kritischen Situationen und ggf. auch zu Kollisionen kommt. In diesen Fällen ist die Zugintensität i. d. R. aber ohnehin eingeschränkt. Der nächtliche Kranichzug erfolgt in größeren Höhen und damit deutlich oberhalb von modernen, maximal 200 m hohen WEA. Das trifft auch für den Frühjahrszug zu. Zu diesen Zeiten (nachts, im Frühjahr) ist das Kollisionsrisiko für ziehende Kraniche somit sehr gering. Bislang fehlen ohnehin Nachweise, dass für Kraniche an WEA überhaupt ein relevantes (absolutes) Kollisionsrisiko vorliegt: - Während der zahlreichen Beobachtungen von Kranichen, die an WEA entlang zogen (s. o.), wurde bislang keine Kollision oder eine besonders kritische Situation. - Es existieren überhaupt erst vier Nachweise von verunglückten Kranichen an Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 10 einer WEA. MÖCKEL & WIESNER (2007) fanden in verschiedenen Windparks weder bei der Untersuchung zum Vorkommen gefährdeter Vogelarten noch bei der gezielten Kontrolle des WEA-Umfelds (Schlagopfersuche) einen verunglückten Kranich, wobei die Art an mehreren Standorten als Rast- und / oder Brutvogel auftrat. Zusammenfassend erscheint es sehr unwahrscheinlich, dass an den geplanten WEA Kraniche kollidieren werden. Kollisionen an WEA in der geplanten Konzentrationszone können zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, sind aber nach derzeitigem Kenntnisstand als äußerst seltenes Ereignis zu bewerten, das zum allgemeinen nicht zu vermeidenden Risiko für Individuen zählt (vgl. LÜTTMANN 2007). - § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG: Werden Tiere erheblich gestört? bau-, anlagen- und betriebsbedingte Auswirkungen Kraniche, die in Höhe des Rotorbereichs von WEA auf die geplanten WEA zufliegen werden, werden die WEA horizontal um- oder überfliegen, um Kollisionen zu vermeiden. Im Einzelfall kann es zudem auch zu den von einzelnen Autoren geschilderten Irritationen kommen (s. o.). Die geplanten WEA stellen für diese Individuen einen Störreiz dar. Durch die Ausweichbewegung / Irritationen kommt es in gewissem Maße zu einem erhöhten Energiebedarf. Gemessen an der Zugstrecke, die Kraniche an einem Tag zurücklegen, ist der Umweg, den sie um den Windpark fliegen müssen, und damit auch der dadurch verursachte Energiebedarf jedoch zu vernachlässigen. Unter Berücksichtigung der überregional äußerst positiven Bestandsentwicklung der Art werden derartige Ausweichbewegungen keinen Einfluss auf den Erhaltungszustand der „lokalen Population“ haben. Die geplanten WEA werden somit nicht zu erheblichen Störungen im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG führen. § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG: Werden Fortpflanzungsoder Ruhestätten beschädigt oder zerstört? bau-, anlagen- und betriebsbedingte Auswirkungen Der Untersuchungsraum dient Kranichen weder als Fortpflanzungs- noch als Ruhestätte. § 14 Abs. 1 BNatSchG: Eingriffsregelung Die Errichtung und der Betrieb von WEA werden keine erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne der Eingriffsregelung verursachen. Fazit: Kranich Die Errichtung und der Betrieb von WEA in der geplanten Konzentrationszone werden weder gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoßen noch zu erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne der Eingriffsregelung führen. ecoda Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 11 Wachtelkönig In der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt der Stadt Grevenbroich wird von einer Betroffenheit der Art ausgegangen. Die Betroffenheit resultiere aus dem Nachweis mehrfach rufender Männchen im Jahr 2011 aus dem nordöstlichen Teil der Asche-Gips-Deponie (etwa 500 m östlich der geplanten Konzentrationszone) sowie aus der Tatsache dass bis 2007 Bruthinweise aus dem Bereich existieren. Im Folgenden wird der mögliche Eintritt eines Tatbestandes nach § 44 Abs. 1 BNatSchG durch WEA in der geplanten Konzentrationszone für die Art geprüft. Artspezifische Empfindlichkeit gegenüber WEA Dem Wachtelkönig wird eine hohe Empfindlichkeit gegenüber WEA zugeschrieben (vgl. REICHENBACH et al. 2004). Es liegen Hinweise vor, dass der Wachtelkönig in vormals dicht besiedelten Gebieten am Haarstang nach Errichtung von WEA nicht mehr oder nur noch in geringem Maße vorkam (LÖBF 2001). Dort wurde der Nahbereich von WEA i. d. R. bis zu einem Abstand von 300 m nicht mehr von Wachtelkönigen genutzt. „Oberhalb von 300 m wird schnell eine Häufigkeit erreicht, die keine gesetzmäßigen Veränderungen mehr erkennen lässt“ (LÖBF 2001, S. 35). In Einzelfällen wurden auch Rufer in geringerer Entfernung festgestellt. Auch LOSKE (2003) konnte mehrere rufende Wachtelkönige in einem Abstand von jeweils weniger als 300 m feststellen. Auf der anderen Seite gibt es Hinweise, dass das Meideverhalten auch über 300 m hinausreichen kann: So wurde eine Feldflur bei Altenmellrich, die nördlich an einen Windpark angrenzte, nach Errichtung von WEA vollständig geräumt, obwohl große Teile der Feldflur über 300 m (bis zu 1.000 m) von der nächsten WEA entfernt lagen (vgl. LÖBF 2001). Das wird auf die besondere Topographie und die vermutlich weitreichenden Störgeräusche der WEA zurückgeführt. Für das Meideverhalten des Wachtelkönigs werden vor allem die Schallimmissionen von WEA verantwortlich gemacht. Vor diesem Hintergrund kann man annehmen, dass die räumliche Wirkung von WEA bzw. die Reichweite der Schallimmissionen nicht gleichmäßig verteilt ist, sondern in Abhängigkeit von der Windrichtung und Windstärke variiert. Im Lee-Bereich der WEA dürfte die Reichweite größer sein als im Luv-Bereich. Bei vorherrschenden Südwest- und West-Winden dürfte die Reichweite in Richtung Nordosten und Osten am größten sein. MÜLLER (LÖBF 2001) nimmt anhand von Einzelbeobachtungen (ein rufender Wachtelkönig in geringer Entfernung zu einer kleinen WEA) an, dass die Wirkung von WEA positiv mit der Anlagenhöhe korreliert ist. Diese Annahme kann derzeit allenfalls als Arbeitshypothese angesehen werden, da belastbare Hinweise fehlen. Plausibel erscheint die Arbeitshypothese bislang nicht, da ältere, kleinere WEA (hohe Umdrehungszahl, Schall ist oft einzeltonhaltig, Schalldämmung entspricht nicht mehr dem heutigen Stand der Technik, geringer Abstand zum Boden) meist als lauter wahrgenommen werden als moderne, große WEA. LOSKE (2005) diskutiert die Möglichkeit, dass sich WEA auf verschiedene Teilhabitate unterschiedlich auswirken können. Nachgewiesen sei bislang erst eine Beeinträchtigung rufender Männchen am Rufplatz, während hingegen brütende oder jungeführende Weibchen anders reagieren könnten. Auch wenn unterschiedliche Reaktionen (im Positivem wie im Negativem) durchaus denkbar sind, ist diese Differenzierung mangels belastbaren Erkenntnissen zur Prognose und Bewertung der Auswirkungen wenig zielführend. Auf der Grundlage der vorliegenden Erkenntnisse wird im Rahmen der nachfolgenden Konfliktbewertung von einem Meideverhalten des Wachtelkönigs bis zu einem Abstand von 300 m zu WEA ausgegangen. Die oben angeführten Überlegungen und zitierten Ergebnisse machen deutlich, dass eine derartige ecoda Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 12 Annahme eher eine Hilfestellung bei der Planung darstellt und weniger die tastsächlichen Verhältnisse widerspiegelt. Das Meideverhalten des Wachtelkönigs stellt offensichtlich keine unmittelbare (Schreck- oder Flucht-) Reaktion auf die akustischen Reize von WEA dar. Vor diesem Hintergrund und unter Berücksichtigung der bodennahen Lebensweise der Art wird nicht davon ausgegangen, dass WEA zu relevanten Barrierewirkungen führen. Auch das Kollisionsrisiko scheint für den Wachtelkönig aus diesem Grund sehr gering zu sein. Bundesweit liegt bislang kein Nachweis eines Wachtelkönigs vor, der an einer WEA verunglückt ist (DÜRR 2011). § 44 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG: Werden Tiere verletzt oder getötet? baubedingte Auswirkungen Die Möglichkeit, dass Wachtelkönige baubedingt verletzt oder getötet werden ergibt sich nur dann, wenn sich auf den Bauflächen der WEA Nester der Arten mit nicht flüggen Jungvögeln befinden. Die festgestellten Rufe von Wachtelkönigen befanden sich 2011 außerhalb der geplanten Konzentrationszone. Durch die für bodenbrütende Singvögel und das Rebhuhn ohnehin erforderlichen Vermeidungsmaßnahmen (vgl. ECODA 2011a), wird auch die baubedingte Verletzung und Tötung von Wachtelkönigen ausgeschlossen. anlagen- und betriebsbedingte Auswirkungen Aufgrund der vorwiegend bodennahen Lebensweise der Art sowie der fehlenden Schlagopfernachweise ist das Kollisionsrisiko an WEA für Wachteln als sehr gering einzustufen (s. o.). Eine Kollision an WEA in der geplanten Konzentrationszone kann zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, ist aber als äußerst seltenes Ereignis zu bewerten, das zum allgemeinen nicht zu vermeidenden Risiko für Individuen zählt (vgl. LÜTTMANN 2007). § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG: Werden Tiere erheblich gestört? baubedingte Auswirkungen Baubedingt kann es temporär zu Störungen von Wachtelkönigen kommen, wenn sich die Bauzeiten mit dem Brutzeitraum von Wachteln überschneiden und die Bauflächen in der Nähe von Brutrevierzentren liegen. Es ist wahrscheinlich, dass die Auswirkungen von kurzfristigen Störungen während der Bauphase durch geeignete Reaktionen der betroffenen Individuen kompensiert werden können. Der Erhaltungszustand der lokalen Population wird sich baubedingt nicht verschlechtern, so dass etwaige temporäre Störungen nicht als erheblich im Sinne des § 44 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG zu bewerten sind. anlagen- und betriebsbedingte Auswirkungen Der Betrieb von WEA kann die Kommunikation zwischen Individuen stören. Es wird erwartet, dass derartige Störungen im Umfeld von bis zu 300 m zu einer WEA wirksam sein können. Die im Jahr 2011 festgestellten rufenden Männchen waren deutlich weiter als 300 m von der geplanten Konzentrationszone entfernt. Eine erhebliche Störung wird in dieser Entfernung nicht auftreten. Sollten sich bei Inbetriebnahme der WEA balzende Wachtelkönige näher als 300 m zu einer WEA befinden, wird sich der Erhaltungszustand der lokalen Population nicht verschlechtern, da sich im Umfeld genügend Flächen mit zumindest gleicher - wenn nicht besserer - Habitatqualität befinden (siehe Rufplätze im Jahr 2011). § 44 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG: Werden Fortpflanzungsoder Ruhestätten beschädigt oder zerstört? baubedingte Auswirkungen Die festgestellten Rufe von Wachtelkönigen befanden sich im Jahr 2011 außerhalb der geplanten Konzentrationszone. Durch die für bodenbrütende Singvögel und das Rebhuhn ohnehin erforderlichen Vermeidungsmaßnahmen, werden baubedingte Verluste von Fortpflanzungs- und Ruhestätten vermieden. anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen Rufende Wachtelkönige scheinen aufgrund betriebsbedingter Schallemissionen ecoda Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 13 das Umfeld von WEA bis zu 300 m zu meiden. Festgestellt wurden rufende Individuen in über 300 m Entfernung zu den Grenzen der Konzentrationszone. Hinweise auf Vorkommen in der geplanten Konzentrationszone liegen nicht vor. Vor diesem Hintergrund werden keine erheblichen Auswirkungen auf Wachtelkönige erwartet (s. o) § 14 Abs. 1 BNatSchG: Eingriffsregelung Die WEA in der geplanten Konzentrationszone sollen auf intensiv genutzten Ackerflächen errichtet werden, die über eine potenzielle Eignung als Brut- und Nahrungshabitat verfügen (vgl. SÜDBECK et al. 2007). Sollten sich im Rahmen des späteren Genehmigungsverfahrens Wachtelkönige im Umfeld von weniger als 300 m zu einer geplanten WEA brüten, ist ein betriebsbedingter Habitatverlust nicht auszuschließen, was eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Eingriffsregelung darstellen würde. Dieser mögliche erhebliche Eingriff wäre durch angemessene Maßnahmen (Verbesserung der Habitatqualität auf Flächen außerhalb des Einwirkbereichs der WEA) kompensierbar. Fazit: Wachtelkönig Die Errichtung und der Betrieb von WEA in der geplanten Konzentrationszone werden nicht gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoßen. Eine eventuelle erhebliche Beeinträchtigung von brütenden Wachtelkönigen im Sinne der Eingriffsregelung muss im Rahmen des Genehmigungsverfahrens zu den geplanten WEA nochmals geprüft werden. Ggf. werden Maßnahmen erforderlich, um erhebliche Beeinträchtigungen von Wachtelkönigen zu kompensieren. ecoda Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 14 Flussregenpfeifer In der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt der Stadt Grevenbroich wird von einer Betroffenheit der Art ausgegangen, weil im Jahr 2011 zwei Paare im Absenkweiher im südöstlichen Randbereich der geplanten Konzentrationszone gebrütet haben. Auch im Jahr 2009 wurden im Bereich des Absenkweihers Flussregenpfeifern beobachtet (jedoch kein Brutnachweis) erbracht, worauf die Bedeutung des Untersuchungsraums als durchschnittlich bewertet wurde (vgl. ECODA 2011a). Von Flussregenpfeifern ist weder eine erhöhte Kollisionsgefährdung durch WEA noch ein Meideverhalten gegenüber WEA bekannt (vgl. Diskussion in ECODA 2011a). Da sich darüber hinaus innerhalb der geplanten Konzentrationszone keine potenziellen Bruthabitate befinden, werden bau-, anlagen- und betriebsbedingt weder (potenzielle) Brutplätze beschädigt oder zerstört noch kommt es zu damit einhergehenden Verletzungen oder Tötungen von Individuen. Eine Betroffenheit der Art ist sehr unwahrscheinlich. Diese Einschätzung gilt unabhängig davon, ob die Art im Bereich des Absenkweihers brütet oder nicht und somit ob der Untersuchungsraum eine besondere oder nur eine durchschnittliche artspezifische Bedeutung besitzt. Uhu Die mögliche Betroffenheit des Uhus wird im Avifaunistischen Gutachten (ECODA 2011a) ausführlich und unter Berücksichtigung aktueller Literatur diskutiert. Durch die Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt der Stadt Grevenbroich ergeben sich weder neue Daten über das Vorkommen der Art im Untersuchungsraum noch neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die zu anderen Beurteilungen der Betroffenheit führen. Im Übrigen wird der fachlichen Einschätzung der Planungsgruppe Grün aus der E-Mail vom 14.09.2011 zugestimmt: „Vor dem Hintergrund, dass bereits zweifach ein Uhu-Brutplatz einem Hangrutsch zum Opfer gefallen ist, ist aus unserer Sicht fraglich, ob ‚die Habitatansprüche des Uhus […] realisiert’ seien – wie Herr Wolf in der Stellungnahme auf S. 7 anmerkt. Aus ökologischen und besonders populationsbiologischen Gesichtspunkten ist neben der Nahrungsverfügbarkeit ein sicherer Brutplatz eine wichtige Voraussetzung für eine gute Habitatqualität. […] Welche naturschutzfachlichen Konsequenzen aus dieser speziellen Situation zu ziehen sind und ob gezielte Vergrämungsmaßnahmen und die Bereitstellung möglicherweise dauerhafter Brutplätze eine Lösung (auch unter den gesetzlichen Artenschutzaspekten) darstellen würden, sind im weiteren Verfahren zu diskutieren und prüfen.“ Neuntöter In der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 - Bauen, Garten, Umwelt wird dem UR1000 aufgrund der Präsenz von zwei Brutpaaren im Jahr 2011 eine besondere Bedeutung beigemessen. Diese ecoda Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 15 Einschätzung ist unter Berücksichtigung der zusätzlichen Daten aus dem Jahr 2011 nachvollziehbar. Im Folgenden wird der mögliche Eintritt eines Tatbestandes nach § 44 Abs. 1 BNatSchG durch WEA in der geplanten Konzentrationszone für die Art geprüft. Artspezifische Empfindlichkeit gegenüber WEA Es existieren eine Reihe von Studien, die belegen, dass sich Neuntöter auch in unmittelbarer Nähe zu WEA ansiedeln (z. B. STÜBING 2001, SINNING 2004a & b, MÖCKEL & WIESNER 2007, eigene Daten). Die Empfindlichkeit des Neuntöters gegenüber WEA wird daher als sehr gering bewertet (vgl. REICHENBACH et al. 2004). Mittlerweile liegen bundesweit 15 Nachweise von vermutlich an WEA verunglückten Neuntötern vor (Stand: 08.07.2011, DÜRR 2011). Die bevorzugte Flughöhe von Neuntötern befindet sich i. d. R. deutlich unterhalb der Rotorfläche von WEA, so dass man die Kollisionsgefahr grundsätzlich als sehr gering bewerten kann. § 44 Abs. 1 Nr. 1: baubedingte Auswirkungen Werden Tiere Die Möglichkeit das Neuntöter baubedingt verletzt oder getötet werden ergibt verletzt oder sich nur dann, wenn sich auf den Bauflächen der WEA oder der dazugehörigen getötet? logistischen Einrichtungen Nester der Art mit nicht flüggen Jungvögeln befinden. Die WEA sollen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen errichtet werden. Für die Zuwegung oder die Anlage von Abbiegebereichen ist eventuell die Entfernung von Gehölzen bzw. Teilen von Gehölzen erforderlich, die der Art als Nisthabitat dienen könnten. Um den Tatbestand nach § 44 Abs. 1. Nr. 1 BNatSchG gänzlich zu vermeiden, wird empfohlen, die notwendige Entfernung der Gehölze im Zeitraum vom 01. Oktober bis zum 28. Februar durchzuführen. anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen Wie dargestellt, ist das Kollisionsrisiko an modernen WEA für Neuntöter grundsätzlich als sehr gering zu bewerten. Eine Kollision an den WEA in der geplanten Konzentrationszone kann zwar nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden, ist aber als äußerst seltenes Ereignis zu bewerten, das zum allgemeinen, nicht zu vermeidenden Risiko für Individuen zählt (vgl. LÜTTMANN 2007). § 44 Abs. 1 Nr. 2: baubedingte Auswirkungen Werden Tiere Im Jahr 2011 befanden sich im UR1000 zwei Neuntöterrevier. Sollte es durch erheblich gestört? baubedingte Störreize temporär zu einer Verlagerung von Revieren des Neuntöters kommen, wird dies nicht zu einer Verschlechterung der lokalen Populationen führen. Vor allem in den Randbereichen und im näheren Umfeld der geplanten Konzentrationszone sind genügend vergleichbare Habitate vorhanden, auf die die Tiere ausweichen können. anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen Neuntöter weisen gegenüber den von WEA ausgehenden Reizen offensichtlich keine oder allenfalls eine sehr geringe Empfindlichkeit auf. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass das Vorhaben anlage- oder betriebsbedingt zu erheblichen Störungen von brütenden, jagenden oder ruhenden Tieren führen wird. § 44 Abs. 1 Nr. 3: Werden Fortpflanzungsoder Ruhestätten beschädigt oder zerstört? baubedingte Auswirkungen Die WEA sollen auf landwirtschaftlichen Nutzflächen errichtet werden. Für die Zuwegung oder die Anlage von Abbiegebereichen ist jedoch eventuell die Entfernung von Gehölzen bzw. Teilen von Gehölzen erforderlich, die der Art als Nisthabitat dienen könnten. Durch die ohnehin notwendige zeitliche Befristung der Entfernung von Gehölzen auf den Zeitraum vom 01. Oktober bis zum 28. Februar (s. o.) wird auch die ecoda Bewertung der möglichen Betroffenheit einzelner Vogelarten 16 Beschädigung oder Zerstörung von Fortpflanzungs- oder Ruhestätten vermieden. anlage- und betriebsbedingte Auswirkungen Neuntöter weisen gegenüber den von WEA ausgehenden Reizen offensichtlich keine oder allenfalls eine sehr geringe Empfindlichkeit auf. Es kann daher ausgeschlossen werden, dass das Vorhaben anlage- oder betriebsbedingt zu einer Beschädigung oder Zerstörung einer Fortpflanzungs- oder Ruhestätte führen wird. § 14 Abs. 1 BNatSchG: Eingriffsregelung Die notwendigen Einrichtungen zur Errichtung und zum Betrieb von WEA könnten eventuell Nisthabitate von Neuntötern betreffen. Somit käme es zu einem Habitatverlust für die Art. Es sollte vor der Errichtung der WEA geprüft werden, ob sich Brutplätze des Neuntöters auf Bauflächen zur Errichtung der WEA befinden. Falls Brutstätten der Art von der Planung betroffen wären, müssten geeignete Maßnahmen ergriffen werden, um den Eingriff zu kompensieren. Fazit: Neuntöter Die Errichtung und der Betrieb von WEA in der geplanten Konzentrationszone werden unter Berücksichtigung der Vermeidungsmaßnahme und ggf. der Durchführung von Kompensationsmaßnahmen weder gegen die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG verstoßen noch zu erheblichen Beeinträchtigungen im Sinne der Eingriffsregelung führen. ecoda Stellungnahme zu weiteren aufgeführten Punkten 4 17 Stellungnahme zu weiteren, in der Stellungnahme des Fachbereichs 65.3 aufgeführten Punkten 1) Vogelschlagopfer Auf den Vogelschlag wird eingehend im Avifaunistischen Fachgutachten eingegangen. Zu der Bewertung des Kollisionsrisikos werden sowohl standortspezifische Kriterien (Häufigkeit einer Art, räumliche Lage der Vorkommen) sowie artspezifische Kriterien (Lebensweise, bevorzugte Flughöhe) herangezogen. Es wird dabei auch auf die Kollisionsopferliste von DÜRR (2011) verwiesen, stellt sie doch bisher die einzige bundesweit verwertbare Datenquelle für Vogelverluste an WEA dar. Allein aus der Liste wird im Avifaunistischen Fachgutachten jedoch kein fehlendes oder geringes Kollisionsrisiko abgeleitet. Es kann aber nicht bestritten werden, dass die Liste keinen Hinweis auf ein erhöhtes Kollisionsrisiko bzw. eine besondere artspezifische Gefährdung liefert, wenn eine Art erst wenige Male unter einer WEA gefunden wurde. 2) Flughöhen von Greifvögeln Die Flughöhen von Greifvögeln unterscheiden sich in der Tat verhaltensabhängig. Bei den in der Stellungnahme als besonders betroffen dargestellten Weihen werden bei Verhaltensweisen, die mit der Balz oder Brut in Verbindung stehen, größere Flughöhen erreicht (s. o.). Jedoch sind Wiesen- oder Kornweihe weder im Jahr 2011 noch in vorherigen Jahren als Brutvögel im UR2000 nachgewiesen worden. Die Jagdflüge der Arten finden fast ausnahmslos in geringen Höhen über dem Boden, jedenfalls weit unterhalb der Rotorunterkante moderner WEA, statt. Die Rohrweihe brütete in den Jahren 2009 und 2011 zwar im UR2000, jedoch lagen die festgestellten / vermuteten Brutstandorte deutlich außerhalb der geplanten Konzentrationszone. Vor diesem Hintergrund liegen keine Anhaltspunkte für die Annahme vor, an WEA in der geplanten Konzentrationszone könne ein signifikant erhöhtes Kollisionsrisiko bestehen. 3) Moto-Cross-Strecke Die offenen und vegetationsfreien Flächen der Moto-Cross-Strecke weisen gegenüber den landwirtschaftlichen Nutzflächen in der geplanten Konzentrationszone in der Tat eine andere Topographie und Morphologie und dadurch auch ein anderes Geländeklima auf. Im räumlichen Zusammenhang existiert jedoch eine Vielzahl vergleichbarer (offener und vegetationsfreier) Flächen (v. a. im Braunkohletagebau), so dass nicht erkannt werden kann, warum im Umfeld der Moto-CrossStrecke für Thermiksegler ein höheres Kollisionsrisiko bestehen soll als über vergleichbaren Flächen im Umfeld der Konzentrationszone. ecoda Stellungnahme zu weiteren aufgeführten Punkten 18 4) Barotrauma Das Barotrauma als Todesursache wird bislang nur für Fledermäuse, nicht aber für Vögel (die ein völlig anderes Lungensystem besitzen) diskutiert. Die meisten verunglückten Vögel wiesen deutliche Verletzungen auf, die auf eine Kollision mit einer WEA zurückgeführt werden. Bisher existieren lediglich bei einer in der Nähe einer WEA gefundenen toten Wiesenweihe Anzeichen dafür, dass plötzliche Luftdruckunterschiede zum Tode geführt haben könnten. Letztlich spielt die Todesursache bei der Bewertung des Risikos von Individuenverlusten eine untergeordnete Rolle, denn das entscheidende Kriterium bei der Bewertung des Tötungstatbestandes ist der Eintritt des Todes - unabhängig von der genauen Todesursache. Das Barotrauma als Todesursache für Fledermäuse wird im Fachgutachten Fledermäuse (ECODA 2011b) angesprochen. Weil der Tod sowohl durch Kollision als auch durch Barotrauma unmittelbar mit der Rotordrehung zusammenhängt, führen Maßnahmen zur Verminderung des Kollisionsrisikos (z. B. temporäres Abschalten von WEA, vgl. Fledermäuse am Barotrauma sterben. ECODA 2011b) ebenso zur Verminderung des Risikos, dass ecoda Literaturverzeichnis BERGEN, F. (2001): Untersuchungen zum Einfluss der Errichtung und des Betriebs von Windenergieanlagen auf die Vogelwelt im Binnenland. Dissertation an der Ruhr-Universität Bochum. Fakultät für Biologie. BRAUNEIS, W. (1999): Der Einfluß von Windkraftanlagen auf die Avifauna am Beispiel der „Solzer Höhe“ bei Bebra-Solz im Landkreis Hersfeld-Rotenburg. Unveröffentl. Studie im Auftrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Hessen e. V. DEWI (2010): Status der Windenergienutzung in Deutschland - Stand 30.06.2010. http://www.dewi.de/dewi/fileadmin/pdf/publications/Statistics%20Pressemitteilunge n/30.06.10/Statistik_1HJ_2010.pdf DÜRR, T. (2009): Zur Gefährdung der Rotmilans Milvus milvus durch Windenergieanlagen in Deutschland. Informationsdienst Naturschutz Niedersachsen 3. 185-191. DÜRR, T. (2010): Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland. Daten aus der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesumweltamt Brandenburg. Stand: 17.03.2010. http://www.mluv.brandenburg.de DÜRR, T. (2011): Vogelverluste an Windenergieanlagen in Deutschland. Daten aus der zentralen Fundkartei der Staatlichen Vogelschutzwarte im Landesumweltamt Brandenburg. Stand: 08.07.2011. http://www.mluv.brandenburg.de ECODA (2011a): Avifaunistisches Fachgutachten zur geplanten Ausweisung einer Konzentrationszone für Windenergie am Standort Bedburg-Nord (Stadt Bedburg, Rhein-Erft Kreis). Unveröff. Gutachten im Auftrag der BMR energy solutions GmbH. Dortmund ECODA (2011b): Fachgutachten Fledermäuse zur geplanten Ausweisung einer Konzentrationszone für Windenergie am Standort Bedburg-Nord (Stadt Bedburg, Rhein-Erft Kreis). Unveröff. Gutachten im Auftrag der BMR energy solutions GmbH. Dortmund. EU-COMMISSION (2010): Guidance document: Wind energy developments and Natura 2000. http://ec.europa.eu/environment/nature/natura2000/management/docs/Wind_farm s.pdf. GRAJETZKI, B., M. HOFFMANN & G. NEHLS (2010): Vortrag zum BMU-Projekt Greifvögel und Windkraft: Teilprojekt Wiesenweihe - Telemetrische Untersuchungen. Vom 08.11.2010 in Berlin. http://bergenhusen.nabu.de/imperia/md/images/bergenhusen/bmuwindkraftundgrei fwebsite/wiesenweihen_telemetrie_grajetzky.pdf GRUNWALD, T. (2009): Ornithologisches Sachverständigengutachten zu potenziellen Auswirkungen von Windenergieanlagen auf den Vogelzug im östlichen Hunsrück. Unveröffentl. Gutachten. Schöneberg. HÖTKER, H., K.-M. THOMSEN & H. KÖSTER (2004): Auswirkungen regenerativer Energiegewinnung auf die biologische Vielfalt am Beispiel der Vögel und Fledermäuse - Fakten, Wissenslücken, Anforderungen an die Forschung, ornithologische Kriterien zum Ausbau von regenerativen Energiegewinnungsformen. Michael-Otto-Institut im Naturschutzbund Deutschland, Bergenhusen. HÖTKER, H (2006): Auswirkungen des „Repowering“ von Windkraftanlagen auf Vögel und Fledermäuse. Untersuchung im Auftrag des Landesamtes für Natur und Umwelt des Landes SchleswigHolstein. Michael-Otto-Institut im Naturschutzbund Deutschland, Bergenhusen. KRÜGER, T. & B. OLTMANNS (2009): Kraniche als Gastvögel in Niedersachsen – Rastvorkommen, Rastentwicklung, Schutz und Gefährdung. Naturschutz Landschaftspfl. Niedersachsen 44. 1-110. LÄNDERARBEITSGEMEINSCHAFT DER STAATLICHEN Windenergieanlagen zu VOGELSCHUTZWARTEN (LAG-VSW) (2007): Abstandsregelungen für bedeutsamen Vogellebensräumen sowie Brutplätzen ausgewählter Arten. Ber. Vogelschutz 44: 151-153. LANGGEMACH, T. & T. DÜRR (2011): Informationen über Einflüsse der Windenergienutzung auf Vögel. Stand 13. Mai 2011. http://www.mugv.brandenburg.de/cms/media.php/lbm1.a.2334.de/vsw_tak_2011.p df LÖBF (2001): Wachtelkönige und Windstrom-Industrie am Haarstrang im Kreis Soest - erste Analyse eines Konfliktes. Unveröffentl. Werkvertrag der Landesanstalt für Ökologie, Bodenordnung und Forsten NRW - Staatliche Vogelschutzwarte. Bearbeitung: A. Müller. LOSKE, K.-H. (2005): FFH-Verträglichkeitsprüfung zum Windpark Warstein-Kalkofen. Unveröffentl. Gutachten erstellt im Juli 2005 im Auftrag von AG Windpark Warstein & B. Mergen. Salzkotten. LÜTTMANN, J. (2007): Artenschutz und Straßenplanung. Naturschutz und Landschaftsplanung 39 (8): 236242. MAMMEN, U., L. KRATZSCH, K. MAMMEN, TH. MÜLLER, A. RESETARITZ & RALF SINAO (2009): Interactions of Red Kites and wind farms: results of radio telemetry and field observations. International workshop on Birds of Prey and Wind Farms, 21.10.2008. Berlin. MÖCKEL, R. & T. WIESNER (2007): Zur Wirkung von Windkraftanlagen auf Brut- und Gastvögel in der Nierderlausitz (land Brandenburg). Otis 15, Sonderheft: 1-133. MUSTERS, C. J. M., M. A. W. NOORDERVLIET & W. J. TER KEURS (1996): Bird casualties caused by a wind energy project in an estuary. Bird Study 43: S. 124-126. NOWALD, G. (1995): Einfluß von Windkraftanlagen auf die täglichen Flüge von Kranichen zwischen ihren Schlafplätzen und ihren Nahrungsflächen. Informationsblatt Nr. 1 vom 23.10.1995. Hrsg.: KRANICHSCHUTZ DEUTSCHLAND. RASRAN, L., T. DÜRR & H. HÖTKER (2009): Analysis of collision victims in Germany. In: HÖTKER, H.: Birds of Prey and Wind Farms: Analysis of Problems and Possible Solutions Documentation of an international workshop in Berlin, 21st and 22nd October 2008. 22-25. REICHENBACH, M., K. HANDKE, & F. SINNING (2004): Der Stand des Wissens zur Empfindlichkeit von Vogelarten gegenüber Störungswirkungen von Windenergieanlagen. Bremer Beiträge für Naturkunde und Naturschutz 7: 229-243. SCHELLER, W. & F. VÖKLER (2007): Zur Brutplatzwahl von Kranich Grus grus und Rohrweihe Circus aeruginosus in Abhängigkeit von Windenergieanlagen. Orn. Rundbrief Meckl.-Vorp. 46 (1): 1-24. SINNING, F. (2004a): Kurzbeitrag zum Vorkommen der Grauammer (Miliaria calandra) und weiterer ausgewählter Arten der Gehölreihen im Windpark Mallnow (Brandenburg, Landkreis Märkisch Oderland). Bremer Beiträge für Naturkunde und Naturschutz 7: 193-197. SINNING, F. (2004b): Kurzbeitrag zum Vorkommen des Schwarzkehlchens (Saxicola torquata) und weiterer ausgewählter Arten in zwei norddeutschen Windparks (Niedersachsen, landkreise Ammerland, Leer und Stade). Bremer Beiträge für Naturkunde und Naturschutz 7: 199-204. STRAßER, CH. (2006): Todfundmonitoring und Untersuchung des artspezifischen Verhaltens von Greifvögeln in einem bestehenden Windpark in Sachsen-Anhalt. Unveröffentl. DiplomArbeit am Fachbereich VI Geographie / Geowissenschaften / Biogeographie der Universität Trier. STÜBING, S. (2001): Untersuchungen zum Einfluß von Windenergieanlagen auf Herbstdurchzügler und Brutvögel am Beispiel des Vogelsberges (Mittelhessen). Diplomarbeit am Fachbereich Biologie der Philipps-Universität Marburg. Fachgebiet Tierökologie. WHITFIELD, D. P. & M. MADDERS (2006): Deriving collision avoidance rates for red kites Milvus milvus. Natural Research Information Note 3. Natural Research Ltd, Banchory, UK.