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Kreis Euskirchen
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12.09.08, 14:31
Aktualisiert
12.09.08, 14:31
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Kreis Euskirchen
Der Landrat
Datum:
Z 3 / A 130/2008
29.07.2008
Az.: III/50
Abteilung: 50
Kinderarmut im Kreis Euskirchen
1.
Definition der Kinderarmut
Aus den Presseveröffentlichungen in der letzten Zeit wird sehr schnell deutlich, dass eine Vielzahl
unterschiedlicher Quellen und Betrachtungsweisen besteht. Während nach dem UNICEF-Bericht
2008 jedes sechste Kind von Armut bedroht ist, ordnet die Bundesregierung in ihrem Armutsbericht
2008 die Kinderarmut niedriger ein, wonach „nur“ etwa jedes achte Kind in Deutschland als arm zu
betrachten ist. Unterschiedliche Datenlagen und –zugänge erschweren mithin eine echte
Vergleichbarkeit.
Um sich der Thematik Kinderarmut weiter zu nähern ist es wichtig, Definitionen und
Rahmenbedingungen festzulegen. Der Kreis Euskirchen orientiert sich hierbei insbesondere auch am
Sozialbericht NRW 2007.
1.1
Relative Armut
Personen gelten danach als armutsgefährdet, wenn ihr so berechnetes bedarfsgewichtetes Pro-KopfEinkommen (Nettoäquivalenzeinkommen) unterhalb von 50 % des durchschnittlichen
Nettoäquivalenzeinkommens in NRW liegt. Im Jahr 2005 lag das durchschnittliche
Nettoäquivalenzeinkommen bei 1.229 EURO, die Armutsrisikoschwelle dementsprechend bei 615
EURO (bei Einpersonenhaushalten). Bei einem Mehrpersonenhaushalt errechnet sich der
entsprechende Schwellenwert aus der Armutsrisikoschwelle von 615 EURO multipliziert mit dem
Bedarfsgewicht des Haushaltes. Personen in Haushalten mit zwei Erwachsenen und zwei Kindern im
Alter von unter 14 Jahren (Bedarfsgewicht nach OECD-Skala = 2,7) gelten z.B. dann als
einkommensarm, wenn das Haushaltsnettoeinkommen unter 1.661 EURO liegt.
1.2
Auswirkungen von Kinderarmut
Kinderarmut ist mehr, als nur wenig Geld zu haben. Bei sozial benachteiligten Kindern ist zu
beobachten, dass sie sich
•
•
•
•
•
ungesünder ernähren
sich weniger bewegen
immer häufiger unter sich bleiben
mangelhafte Ausbildungsmöglichkeiten haben
keine ausreichende soziale Unterstützung haben.
Dieser Zusammenhang gilt besonders für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund.
2.
Daten zur Armut im Kreis Euskirchen
Vor dem Hintergrund der verschiedenen Datenlagen, die für kommunale Auswertungen in der Regel
nicht zur Verfügung stehen, soll im nachfolgenden die aktuelle Entwicklung auf Basis der SGB XII
und SGB II Daten vorgestellt werden:
2
2.1
Einwohnerdaten Kreis Euskirchen 2007 (Quelle LDS Stand 30.12.2006)
Einwohnerdaten Kreis Euskirchen
193191
200000
180000
160000
140000
120000
126108
100000
Einwohnerzahl
80000
60000
Anteil Ausländer
10140
1376
40000
7939
30322
20000
36761
825
Anteil Ausländer
0
Insesamt
2.2
davon unter 15
15 - 65 Jahre
Jahre
Einwohnerzahl
über 65 Jahre
Personen in Bedarfsgemeinschaften SGB II
Personen in Bedarfsgemeinschaften SGB II
(Quelle: Statisik Bundesagentur 07/08)
11930
12000
10000
8000
6000
5432
4000
3559
2000
3225
0
Gesamt
Personen in BG
unter 25 J
unter 15 J
in Allenerziehenden
Haushalten
3
2.3
Personen im Bezug von Grundsicherung nach dem SGB XII
Personen im Bezug von Grundsichrung nach SGB XII
(Quelle: LDS Statistisk 2006)
1000
924
900
800
700
600
550
500
400
374
300
200
100
0
30
Gesamt
Grundsicherung SGB XII
über 65 J
18-65 J Erwerbsgemindert
Kinder unter 15 in
Haushalten
2.4
Situation im Kreis Euskirchen
Vor dem Hintergrund der bereits genannten verschiedenen Datenlagen und –zugänge gestaltet sich
eine detaillierte Darstellung der Gesamtsituation im Kreis Euskirchen als schwierig. Bezogen auf die
Einwohnerdaten des Kreises Euskirchen lassen jedoch die ermittelten Fallzahlen in den Bereichen
SGB II und SGB XII darauf schließen, dass etwa 3.589 Kinder unter 15 Jahren in von Armut
bedrohten Haushalten leben. Das entspricht etwa einen Anteil von rd. 12 Prozent oder in etwa jedem
achten Kind. Die Kinderarmut im Kreis Euskirchen würde damit in dem von der Bundesregierung im
Armutsbericht 2008 definierten Rahmen liegen.
3.
Aktivitäten im Kreis Euskirchen
Kinderarmut ist kein neues Phänomen. Der Kreis Euskirchen beobachtet diese Problematik seit
vielen Jahren und bemüht sich - wie zahlreiche andere Akteure auf Bundes- und Landesebene Ursachen zu erkennen und Entwicklungen entgegen zu wirken. Dazu gehört selbstverständlich die
Zahlung von staatlichen Transferleistungen wie den Leistungen nach dem SGB II, SGB XII und dem
BEEG. Eine gezielte Förderung und Vermittlung in Arbeit und Ausbildung sowie die Bereitstellung
unterstützender Hilfen wie Beratung und Kinderbetreuung sind in diesem Zusammenhang von
erheblicher Bedeutung. Die ARGE EU aktiv, sowie die Abteilungen 50 – Soziales und 51 – Jugend
und Familie leisten hier einen besonderen Beitrag. Darüber hinaus finden sich weitere
Handlungsfelder die bereits Gegenstand der Beratungen in den Kreisgremien waren wie z.B.
•
•
Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder: Für Kinder, wo ein Geschwisterkind einen Kindergarten
bzw. eine Offene Ganztagsschule besucht, wird kein - weiterer - Elternbeitrag für den Besuch
eines Kindergartens verlangt
Erhöhung der untersten Einkommensgrenze von 12.271 € auf 15.000 €: Elternbeiträge für den
Besuch eines Kindergartens werden erst ab 15.000 € erhoben, wobei die bisherige – vom
Land vorgegebene - Einkommensgrenze von 12.271 € erheblich überschritten wird
4
•
•
Erhöhung der Betreuungsangebote für Kinder unter 3 Jahre: Der Kreis setzt sich im Rahmen
des Kinderbildungsgesetzes verstärkt für einen Ausbau des Betreuungsangebotes für Kinder
unter 3 Jahre ein, damit Eltern frühzeitig die Möglichkeit gegeben ist, einer Erwerbstätigkeit
nachzugehen (Kreistagschbeschluss Nr. 387/2007 vom 11.12.2007).
Verstärkter Ausbau der ambulanten Hilfen zur Erziehung, welche im wesentlichen auch
Problematiken wie z.B. Überschuldung zum Thema haben.
Das Thema Offene Ganztagsschule und die Umsetzung von Projekten wie beispielsweise der
Landesinitiative „Kein Kind ohne Mahlzeit“ wird von der Abt. 40 – Schulen begleitet. Der Kreis nimmt
mit seinen Förderschulen an der Landesinitiative „Kein Kind ohne Mahlzeit“ teil (Kreistagsbeschluss
Nr. 370/2007 vom 11.12.2007).
Bei Kindergartenuntersuchungen und den regelmäßig stattfindenden Schuleingangsuntersuchungen
berät der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst die Eltern und Multiplikatoren ( Erzieher/innen,
Lehrer/innen ) insbesondere bei Ernährungs- und Entwicklungsauffälligkeiten. Es ist geplant, mit
Beginn des neuen Kindergarten- bzw. Schuljahres in besonders gelagerten Fällen bei
entwicklungsauffälligen Kindern eine Nachsorge durchzuführen.
Wohnraumförderung, die insbesondere die Zielgruppe der sozial schwachen Haushalte erreichen
soll, wird durch die Abt. 63 – Bauen und Wohnen begleitet.
Das Thema „Kinderarmut in Deutschland“ ist nicht nur vielschichtig, sondern auch in den
unterschiedlichsten Lebensbereichen anzutreffen.
Ziel muss es sein, diese Problematik laufend zu beobachten und ggfs. adäquate Maßnahmen zu
initiieren oder zu ergreifen.
Dies kann nicht allein auf Ebene der Kreisverwaltung erfolgen, sondern hier sind die Behörden- und
Gesellschaftsstrukturen insgesamt gefordert.
gez. i.V. Poth