Daten
Kommune
Bedburg
Größe
59 kB
Datum
29.11.2011
Erstellt
29.11.11, 18:04
Aktualisiert
29.11.11, 18:04
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Inhalt der Datei
Der Hauptgeschäftsführer
Städte- und Gemeindebund NRW•Postfach 10 39 52•40030 Düsseldorf
Herrn Minister
Ralf Jäger MdL
Ministerium für Inneres und Kommunales
des Landes Nordrhein-Westfalen
Haroldstraße 5
40213 Düsseldorf
Postfach 10 39 52•40030 Düsseldorf
Kaiserswerther Straße 199-201
40474 Düsseldorf
Telefon 0211•4587-1
Telefax 0211•4587-211
E-Mail: info@kommunen-in-nrw.de
pers. E-Mail: Claus.Hamacher@kommunen-in-nrw.de
Internet: www.kommunen-in-nrw.de
Aktenzeichen: IV/1 902-01/1 wo/do
Ansprechpartner: Beigeordneter Hamacher,
Hauptreferent Wohland
Durchwahl 0211•4587-220/-255
4. Januar 2011
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Eckpunkte zum Gemeindefinanzierungsgesetz 2011
Besprechung im MIK NRW am 23.12.2010
Sehr geehrter Herr Minister Jäger,
wir danken Ihnen für die Möglichkeit, zu den Eckpunkten bzw. zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Zuweisungen des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und
Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2011 Stellung nehmen zu können.
1. Allgemeines zum Steuerverbund
Wir begrüßen zunächst ausdrücklich die Berücksichtigung auch fakultativer Verbundgrundlagen zur Ermittlung des Steuerverbundes 2011. So entspricht die Wiederberücksichtigung der 4/7 der Einnahmen des Landes aus der Grunderwerbsteuer bei der Ermittlung des Steuerverbundes einer jahrelangen Forderung der kommunalen Spitzenverbände. Zur Verbesserung der angespannten kommunalen Finanzsituation ist diese Berücksichtigung unerlässlich. Ebenso begrüßen wir die Streichung der Befrachtung zugunsten
des Landehaushalts, so wie dies im Nachtrag zum GFG 2010 bereits vorgesehen war.
2. Grunddatenanpassung
Die in den Eckpunkten für den Gesetzentwurf vorgesehene Grunddatenanpassung beim
GFG 2011 lehnen wir ab. Gegen die Grunddatenanpassung zum jetzigen Zeitpunkt und
in der vorgesehenen Form sprechen verschiedene Argumente:
a) Verfahren
Die zeitweise Anpassung des Gemeindefinanzierungsgesetzes (GFG) an neue Erkenntnisse und geänderte statistische Daten ist zwar nicht zuletzt der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen geschuldet. Insofern wird auch von uns nicht bestritten, dass in absehbarer Zeit eine Grunddatenanpassung erfolgen muss. Es ist aber nicht akzeptabel, dass das Land die größtenteils
abgeschlossenen Haushaltsberatungen der Kommunen dadurch entwertet, dass ohne
Vorwarnung und akute Notwendigkeit die Berechnungssystematik für die SchlüsselS. 1 v. 3
S. 2 v. 3
zuweisungen kurz vor Jahresabschluss mit erheblichen Umverteilungswirkungen in
der kommunalen Familie verändert wird. Die Städte, Gemeinden und Kreise in NRW
sind von den Aufsichtsbehörden mehrfach angehalten worden, ihre Haushaltsberatungen für das Jahr 2011 bis zum Ablauf des Jahres 2010 abzuschließen. In Ermangelung anders lautender Vorgaben sind die Kommunen bei ihren Haushaltsberatungen
dann davon ausgegangen, dass sich grundlegende Änderungen in der Berechnungssystematik des kommunalen Finanzausgleichs nicht ergeben. Zu dem jetzigen – sehr
späten – Zeitpunkt können die Kommunen, die die Haushaltsberatungen entweder
ganz oder weitestgehend abgeschlossen haben, nicht mehr ohne erheblichen Aufwand auf die Änderungen bei den Grunddaten reagieren.
Außerdem ist die Anpassung der Grunddaten nach unserer Auffassung ein Teil der für
2012 ohnehin geplanten Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs. Die
Städte und Gemeinden in Nordrhein-Westfalen befinden sich nach wie vor in der
schwierigsten Finanzkrise ihrer Geschichte. Die anstehende Reform des kommunalen
Finanzausgleichs muss deshalb mit besonderer Vorsicht und aus einem Guss erfolgen.
Nur dann wird es möglich sein, Be- und Entlastungswirkungen so aufeinander abzustimmen, dass einseitige Belastungen des kreisfreien oder kreisangehörigen Raumes
verhindert werden. Die im Rahmen einer Grunddatenanpassung notwendigen technischen Anpassungen müssen mit den strukturellen Reformen, die in den vergangenen
Jahren in der sog. ifo-Kommission des Landtags erarbeitet worden sind, zu einem Gesamtpaket verbunden werden. Eine isolierte Umsetzung einzelner Änderungsvorschläge lehnen wir ab, zumal sie – wie das Beispiel der Anhebung der fiktiven Hebesätze zeigt – mit den Empfehlungen aus der Diskussion des ifo-Gutachtens nicht deckungsgleich sind.
b) Höhergewichtung des Soziallastenansatzes
Die in den Eckpunkten vorgesehene Erhöhung des Gewichts des Soziallastenansatzes
bei den Bedarfsparametern ist u. E. auch aus grundsätzlichen Erwägungen abzulehnen. Diese Bedenken hatten wir Ihnen bereits mit Schreiben vom 10.12.2010 dargelegt. An dieser Stelle sei nochmals auf Folgendes hingewiesen:
Unstreitig hat die Bedeutung der von den Kommunen zu finanzierenden Sozialleistungen in den letzten Jahren noch weiter zugenommen. Da die Belastungen sich
durchaus nicht gleichmäßig auf alle Gebietskörperschaften verteilen, erscheint es
auch aus Sicht des Städte- und Gemeindebundes NRW sachgerecht, diese Bedarfe
über einen Soziallastenansatz realitätsnah zu erfassen.
Allerdings muss dies dann zwingend begleitet werden durch eine neue Berechnungsmethodik für den Hauptansatz. Der Hauptansatz wird derzeit im Wege der Regressionsanalyse abgeleitet aus dem sog. „Zuschussbedarf II“. Dieser „Zuschussbedarf
II“ umfasst alle wesentlichen Ausgaben der Kommunen, also auch die in der Relation
besonders ins Gewicht fallenden Sozialausgaben. Bereits 1984 hatte Ingolf Deubel in
einer Analyse des kommunalen Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen die Argumente zur Rechtfertigung der sog. „Einwohnerveredelung“ analysiert und ist zu dem
Ergebnis gelangt, dass ein besonderer Schwerpunkt der Zuschussbedarfsprogression
im Einzelplan IV, also bei den sozialen Angelegenheiten liege (Deubel, Der kommunale
Finanzausgleich in Nordrhein-Westfalen, S. 107). Die mit der Gemeindegröße typischerweise steigenden sozialen Lasten pro Einwohner sind also die eigentliche Rechtfertigung für die Einwohnerveredelung.
Da der Zuschussbedarf II nicht um die sozialen Leistungen der Kommunen bereinigt
wird, werden die sozialen Lasten sowohl im Hauptansatz als auch im Soziallastenansatz berücksichtigt. Diese Doppelberücksichtigung mag in der Vergangenheit noch im
Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen gelegen haben, so lange der Soziallastenansatz nicht die tatsächliche Belastung widerspiegelte. Würde man nun aber das
S. 3 v. 3
relative Gewicht des Soziallastenansatzes deutlich erhöhen, so wäre diese Doppelberücksichtigung keinesfalls mehr hinnehmbar. Sachgerecht wäre dann allein eine regressionsanalytische Ableitung des Hauptansatzes aus einem „Zuschussbedarf II b“,
aus dem die sozialen Leistungen vorab herausgerechnet worden wären.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Gemeindefinanzkommission auf Bundesebene auch eine Entlastung der Kommunen vom Sozialaufwand diskutiert. Auch der
Landtag von Nordrhein-Westfalen hat in einem von einer breiten Mehrheit getragenen Entschließungsantrag den Bund aufgefordert, die Städte, Gemeinden und Kreise
dauerhaft und dynamisch von der Hälfte des Sozialaufwandes zu entlasten. Eine solche Entlastungswirkung, die im Frühjahr d. J. in der Gemeindefinanzkommission abschließend diskutiert werden wird, hätte ohne Zweifel auch erheblichen Einfluss auf
die Gewichtung des Soziallastenansatzes für das Schlüsselzuweisungssystem. Um auf
die Diskussionsergebnisse auf Bundesebene reagieren zu können, muss u. E. in diesem
Jahr eine Neugewichtung des Soziallastenansatzes unterbleiben.
Der Städte- und Gemeindebund NRW steht für Gespräche zur Weiterentwicklung des kommunalen Finanzausgleichs jederzeit gerne zur Verfügung. Eine ausgewogene und von den
Städten und Gemeinden als gerecht empfundene Reform des Finanzausgleichs ist mehr
denn je unverzichtbar, um die erforderliche Akzeptanz in der kommunalen Familie zu gewährleisten, die zur Bewältigung der kommunalen Haushaltsmisere dringend notwendig
ist. Dies gilt auch im Hinblick auf den von Ihnen angekündigten Stärkungspakt Stadtfinanzen, der eine große interkommunale Solidarität einfordern wird.
Sehr geehrter Herr Minister, wir möchten Sie bitten, diese Aspekte bei den Beratungen im
Kabinett zu berücksichtigen.
Sollte das Kabinett an der vorgesehenen Grunddatenanpassung zum jetzigen Zeitpunkt
festhalten, werden wir im parlamentarischen Beratungsverfahren auf die Fraktionen zugehen müssen, um diese für unsere Position zu sensibilisieren.
Mit freundlichen Grüßen
(Dr. Bernd Jürgen Schneider)