Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
80 kB
Datum
03.04.2008
Erstellt
22.02.08, 09:36
Aktualisiert
22.02.08, 09:36
Stichworte
Inhalt der Datei
SPD - Fraktion
im Kreistag Euskirchen
Bündnis 90 / DIE GRÜNEN
Kreistagsfraktion Euskirchen
Datum:
X Öffentliche Sitzung
A 126/2008
06.02.2008
Nichtöffentliche Sitzung
Beratungsfolge:
Ausschuss für Planung, Umwelt und Verkehr
20.02.2008
Aussch.f.Wirtsch.Förd.,Tourismus u.Konvers.Vogels.
25.02.2008
Kreisausschuss
04.03.2008
Kreistag
03.04.2008
Kein gentechnisch verändertes Saatgut im Kreis Euskirchen
hier: Gemeinsamer Antrag der SPD-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen
Sehr geehrter Herr Landrat,
die Fraktionen von SPD und Bündnis 90/Die Grünen beantragen:
1.
Der Kreistag des Kreises Euskirchen lehnt die Verwendung von gentechnisch veränderten
Organismen oder daraus hergestellte Produkte ab.
2.
Die Landwirtschaft im Kreis Euskirchen steht für die Erzeugung von qualitativ hochwertigen
Lebensmitteln. Der aufstrebende Tourismus im Kreis Euskirchen verbindet Erholung und
Naturerleben auch mit einem Nationalpark in einer besonderen Weise. Beide Wirtschaftszweige
werden vom Kreistag des Kreises Euskirchen ausdrücklich unterstützt.
3.
Der Landrat wird beauftragt, eine Vereinbarung für ein Aktionsbündnis vorzubereiten, welches
die „gentechnikfreie Region Kreis Euskirchen“ zum Ziel hat. Dabei sollen Landwirte, Verbände,
Initiativen und Kommunen mit einbezogen werden.
4.
Durch Gespräche und andere geeignete Maßnahmen sollen Landwirte und Betriebe im Kreis
Euskirchen für den Verzicht auf den Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen gewonnen
werden.
Begründung:
2
Dieser Antrag ist eine erweiterte Fortschreibung des Antrags A 83/2004 der Kreistagsfraktion Fraktion
von Bündnis 90/Die Grünen aus der letzten Legislaturperiode.
Bei kaum einem anderen umweltpolitischen Thema herrscht in Deutschland und Europa soviel
Einigkeit wie beim Thema Agro-Gentechnik: Umfragen zufolge lehnen knapp 70 Prozent der
deutschen Bevölkerung den Kauf gentechnisch veränderter Lebensmittel strikt ab. Diese Einstellung
ist seit Jahren nahezu konstant geblieben und zieht sich quer durch alle europäischen Länder.
Da die Zulassung und Vermarktung gentechnisch veränderter Organismen seit Mai 2004 durch EUBeschluss möglich geworden ist, werden auch in Deutschland gentechnisch veränderte Pflanzen
angebaut.
Inzwischen werden laut Standortregister ca. 3900 Hektar mit gentechnisch verändertem Saatgut
bestellt, darunter Mais, Kartoffeln, Soja und Getreide. Dabei sind weder die Auswirkungen von
gentechnisch veränderten Lebensmitteln auf die menschliche Gesundheit hinreichend bekannt noch
die ökologischen Risiken der Agro-Gentechnik auch nur annähernd abschätzbar.
Im Zusammenhang mit gentechnisch veränderten Lebensmitteln werden in erster Linie zwei
Gesundheitsrisiken diskutiert: Das Entstehen von neuartigen Allergien und von weiteren
Antibiotikaresistenzen. Schließlich werden mit Hilfe der Gentechnik Bestandteile in die Nahrung
eingebaut, die der Mensch nie zuvor im Essen hatte. Und die von der neu eingebrachten
Erbinformation produzierten Proteine stehen im Verdacht, Lebensmittelallergien auszulösen. Darüber
hinaus enthält eine Vielzahl von Genpflanzen Antibiotikaresistenzgene, die sich auf Bakterien im
menschlichen Darm übertragen können. Dadurch besteht die Gefahr, dass immer mehr in der
Humanmedizin genutzte Antibiotika unwirksam werden.
Für den Einsatz der Gentechnik in der Landwirtschaft gilt: Wir wissen, dass wir nicht viel über
langfristige, indirekte und komplexe Wechselwirkungen von gentechnisch veränderten Pflanzen mit
der agrarischen und nicht-agrarischen Umwelt wissen. Sofern jedoch Befunde vorliegen, geben diese
Anlass zur Besorgnis: So können sich genveränderte Pflanzen in allen Ökosystemen ausbreiten und
ihr Erbgut auf verwandte Wildarten übertragen. Dadurch haben sich bereits jetzt einige Ackerkräuter
zu „Superunkräutern“ entwickelt, die nur noch mit einer Mischung verschiedener Pflanzenschutzmittel
bekämpft werden können. Bei insektenresistenten Pflanzen hat sich gezeigt, dass das von der GenPflanze produzierte Insektengift nicht nur die so genannten Zielinsekten tötet, sondern auch andere
Insekten, die das Gift der Gen-Pflanze über die Nahrungskette aufgenommen haben.
Hinzu kommt, dass der kommerzielle Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in Deutschland
mittelfristig das Aus für die bei uns bisher noch weitgehend gentechnikfreie Landwirtschaft und
Lebensmittelproduktion bedeuten würde. Wohin die Reise auch in Europa gehen kann, machen die
drei Hauptanbauländer von Gen- Pflanzen, die USA, Argentinien und Kanada, vor: Hier findet schon
heute eine flächendeckende gentechnische Kontamination von konventioneller und ökologischer
Landwirtschaft statt, gentechnikfreie Produkte (Saatgut, Futtermittel, Lebensmittel) werden immer
mehr vom Markt gedrängt. Von einer Wahlfreiheit für Verbraucherinnen und Verbraucher, sich für
Lebensmittel zu entscheiden, kann kaum noch die Rede sein.
Aus Gründen eines vorbeugenden Verbraucher- und Umweltschutzes ist der Anbau von gentechnisch
veränderten Pflanzen daher abzulehnen.
Ungeklärt ist auch immer noch die Frage, wie das Nebeneinander einer Landwirtschaft mit und ohne
Einsatz der Gentechnik in der Praxis funktionieren soll. Deswegen hat sich eine ganze Reihe von
gentechnikfreien Zonen etabliert. Aktuell gibt es in der Bundesrepublik Deutschland über 120
Kommunen, die auf ihren Flächen den Anbau gentechnisch veränderter Organismen ausgeschlossen
haben, darunter die Stadt Mechernich im Kreis Euskirchen, wo die Bauern auf städtischen
Pachtflächen solches Saatgut nicht mehr ausbringen dürfen. Auf überkommunaler Ebene gibt es in
3
Deutschland bereits 176 Regionen mit ca. 27.500 Landwirten, die dieses auf einer Fläche von ca.
990.000 ha vollzogen haben, beziehungsweise entsprechende Initiativen unterstützen.
Neben den Verbraucher- und Umweltschutzaspekten sind im Kreis Euskirchen durch die Verwendung
von Gentechnik auch negative Auswirkungen für den Tourismusstandort zu befürchten. Gerade das
nördliche Eifelgebiet entwickelt sich seit der Etablierung des Nationalparks und der Freigabe
Vogelsangs zu einer attraktiven und abwechslungsreichen Urlaubslandschaft. Der Kreis Euskirchen
könnte mit einem Verzicht auf das Ausbringen gentechnisch veränderten Saatguts ein Zeichen
setzen im Bereich Respekt vor der Natur und so auch sein Profil für den Wirtschaftsstandort
Tourismus steigern.
Mit freundlichem Gruß
gez. Uwe Schmitz
Fraktionsvorsitzender
gez. Jörg Grutke
Fraktionsvorsitzender
F.d.R.:
gez. Oliver Minich
Fraktionsgeschäftsführer
F.d.R.:
gez. Conny Schmid
Fraktionssekretärin