Daten
Kommune
Vettweiß
Größe
19 kB
Datum
30.10.2008
Erstellt
20.01.10, 17:32
Aktualisiert
20.01.10, 17:32
Stichworte
Inhalt der Datei
Gemeinde Vettweiß
Herrn Wirtz
Fachbereich II
Postfach 11 24
52389 Vettweiß
053 4 86 vw/cd
20. Oktober 2008
Abwassergebührenkalkulation der Gemeinde Vettweiß 2009
Ihre Anfrage per E-Mail vom 02.10.2008
Sehr geehrter Herr Wirtz,
nach Prüfung der mir zur Verfügung gestellten Unterlagen kann ich Ihnen
Folgendes mitteilen:
Kostentrennung
Die Aufteilung der Kosten der Abwasserbeseitigung auf die Bereiche
Schmutzwasser und Niederschlagswasser mittels einer Berechnung
nach der Drei-Kanal-Methode ist nicht üblich und aus unserer Sicht auch
wenig geeignet. Die Drei-Kanal-Methode, nach der in Einzugsgebieten
mit Mischwasserkanalisation fiktiv die Kosten eines Kanals allein für die
Straßenentwässerung,
eines
Kanals
für
die
Grundstücksoberflächenentwässerung und eines Kanals für die
Schmutzwasser-Grundstücksentwässerung berechnet werden, hat ihren
Ursprung in der Kalkulation von Kanalanschlussbeiträgen. Dabei geht es
nicht um eine Trennung von Schmutz- und Niederschlagsentwässerung,
sondern allein um die Ermittlung des öffentlichen Anteils für die
Straßenentwässerung an den Investivkosten von Kanalbaumaßnahmen,
da dieser Kostenanteil nicht in die Kanalanschlussbeiträge eingestellt
werden darf.
Auch aus dem uns vorliegenden Schreiben des Ingenieurbüros
Lützenberger und Jansen vom 02.06.2008 geht bereits hervor, dass die
vorgelegte Berechnung zur Ermittlung des Zuordnungsschlüssels für den
Kanalanschlussbeitrag dient.
Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang noch darauf, dass die DreiKanal-Methode
inzwischen
auch
im
Rahmen
der Kalkulation der Kanalanschlussbeiträge nicht mehr zulässig ist. Nach
der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung (OVG NRW, Beschl.
v. 03.11.2000, Az.: 15 A 2340/97) ist im Rahmen der Beitragskalkulation
allein noch die Zwei-Kanal-Methode anwendbar. Danach sind fiktiv die
Kosten zu berechnen, die ein Mischwasserkanal allein für die Schmutzund Regenwasserbeseitigung von Privatgrundstücken einerseits und ein
Kanal allein für die Straßenoberflächenentwässerung andererseits
-2-
-2verursacht hätten. Beitragskalkulationen, die dieser Zwei-Kanal-Methode
nicht entsprechen, sind fehlerhaft (VG Aachen, Urt. vom 13.04.2004, Az.:
7 K 2208/02; StGB NRW, Mitt. Nr. 428/2004).
Hier wäre allein noch denkbar, hilfsweise über die ohnehin durchgeführte
Drei-Kanal-Methode im Rahmen der Kalkulation einer getrennten
Abwassergebühr die Ermittlung des Kostenanteils für die Entwässerung
der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze, der nicht in die Kalkulation
der Niederschlagswassergebühr eingestellt werden darf, durchzuführen.
Gewöhnlich erfolgt eine Berechnung dieses Anteils jedoch über das
Verhältnis von privaten versiegelten und abflusswirksamen Flächen und
öffentlichen Straßenflächen. Wie aus der mir zur Verfügung gestellten
Kalkulation ersichtlich wird, liegen die entsprechenden Informationen für
die Gemeinde Vettweiß vor, so dass auch hierfür auf die Drei-KanalMethode nicht zurückgegriffen werden muss.
Üblich und von der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung anerkannt
ist
vielmehr
eine
Zuordnung
aller
Kostenpositionen
der
Abwasserbeseitigung
auf
die
Bereiche
Schmutzund
Niederschlagsentwässerung nach einer jeweiligen Betrachtung ihrer
konkreten Verursachung. Das heißt, jede Position wird daraufhin
bewertet,
ob
sie
unmittelbar
der
Schmutzbzw.
Niederschlagsentwässerung zugeordnet werden kann. Auf diese Weise
entstehen drei Kostenmassen, zum einen die Kostenbereiche Schmutzund Niederschlagsentwässerung und zum anderen der nicht
zuzuordnende Kostenblock. Dazu gehören in der Regel insbesondere die
kalkulatorischen Kosten für die Mischwasserkanalisation. Diese wird
üblicherweise nach der Berechnung eines sog. fiktiven Trennsystems
aufgeteilt (vgl. OVG NRW, Urteil vom 20.03.1997, Az: 9 A 1921/95,
www.nrwe.de). Dazu wird – entweder für den gesamten Bereich der
Mischwasserkanalisation oder für repräsentative Teilbereiche – fiktiv
berechnet, was dort ein reiner Regenwasserkanal und was ein reiner
Schmutzwasserkanal gekostet hätten. Diese Kosten werden zueinander
in ein Verhältnis gesetzt und ergeben damit einen Aufteilungsschlüssel
für die kalkulatorischen Kosten der Mischwasserkanalisation, der jedoch
auch für andere nicht unmittelbar zuzuordnende Kostenpositionen
verwendet
werden
kann,
wenn
kein
nachvollziehbarer
Aufteilungsschlüssel ersichtlich ist (VG Düsseldorf, Urteil 28.11.2005, Az:
5 K 4179/02, www.nrwe.de).
Die Aufteilung der Beiträge an den Erftverband nach dem von dort
errechneten Kostenverhältnis von 70 % (Schmutzwasserbeseitigung) zu
30
%
(Niederschlagswasserbeseitigung)
ist
rechtmäßig.
Wasserverbandsbeiträge stellen letztlich Kosten für Fremdleistungen dar
und sind auch nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nach
dem von den Wasserverbänden berechneten Kostenzuordnungen
aufzuteilen.
Eine Zuordnung der Kosten für die Unterhaltung und Reinigung von
Abwasserleitungen allein auf den Bereich Schmutzwasser ist nicht üblich
und aus unserer Sicht auch nicht ohne weiteres nachzuvollziehen.
Richtig ist sicher, dass die Unterhaltungskosten von Schmutz- und
Niederschlagswasserkanälen sich im Verhältnis zueinander anders
darstellen als die Investivkosten. Es kann jedoch nicht davon
ausgegangen werden, dass reine Niederschlagswasserkanäle überhaupt
keine Unterhaltungskosten verursachen. So gilt z. B. die
-3-
-3Überwachungspflicht
nach
Ziffer
1
der
Anlage
zur
Selbstüberwachungsverordnung Kanal grundsätzlich für alle Kanäle, das
heißt
sowohl
für
die
Schmutz als
auch
für
die
Niederschlagswasserkanäle. Außerdem kommt im Rahmen der
Unterhaltung insbesondere Sonderbauwerken in Mischkanalisationen
eine besondere Bedeutung zu, die durch die Beseitigung des
Niederschlagswassers verursacht wird. Es wäre z.B. denkbar, aus der
Aufteilung der eindeutig zuzuordnenden Kostenpositionen und der
Aufteilung des Anlagevermögens einen „Gesamtschlüssel Abwasser“ zu
bilden und diesen zur Aufteilung der Unterhaltungskosten heranzuziehen
(vgl. VG Arnsberg, 01.10.2002, Az: 11 K 3302/00, www.nrwe.de).
Grundgebühr
Die Gebührenerhebung in Form der Grundgebühr beruht auf der
Überlegung, dass das Aufrechterhalten der Betriebsbereitschaft der
öffentlichen Abwasseranlage für jeden Anschluss invariable Kosten
verursacht. Dies rechtfertigt, diese Kosten vorab unabhängig von Art und
Maß der Benutzung auf alle Benutzer der Anlage umzulegen (VG
Münster, Urteil vom 25.03.2005, Az. 7 K 1435/99). Denn grundsätzlich ist
der größte Teil der Kosten der Abwasserentsorgung eher fix, d.h. die
Kosten reagieren kurz- oder mittelfristig nicht oder kaum auf
Verbrauchsschwankungen. Die Bewertung, dass alle Kosten der
Abwasserbeseitigung – mit Ausnahme der Verbandsbeiträge - fixe
Kosten sind, kann möglicherweise etwas zu weit gehen, zumindest aber
für die Personalkosten, die Abschreibungen und Zinsen ist das jedoch
ohne Zweifel der Fall. Wir empfehlen grundsätzlich, dass die Höhe der
Grundgebühren nicht mehr als 50 % der gesamten Gebührenbelastung
ausmachen sollten (vgl. Schulte/Wiesemann in: Driehaus, LoseblattKommentar zum Kommunalabgabenrecht, § 6 Rz. 224, 225).
Die Besonderheit der Grundgebühr liegt darin, dass der
Gebührenschuldner zur Zahlung (und damit zur Deckung der fixen
Kosten) herangezogen werden kann, obwohl er tatsächlich kein
Regenwasser über seinen Anschluss in die Kanalisation eingeleitet hat;
ausreichend ist hier, dass er in die öffentliche Abwasserleitung einleiten
kann (OVG NRW, Urt. vom 25.8.1995, Az. 9 A 3907/93). Damit liegt eine
Benutzung der Vorhalteleistung einer kommunalen Abwassereinrichtung
auch dann vor, wenn
lediglich ein sog. Notüberlauf für eine
Regenwasserableitung
in
den
Kanal
besteht.
Wenn
von
Grundstücks(teil)flächen kein Anschluss besteht, wird auch die
öffentliche Anlage nicht in Anspruch genommen und die Grundgebühr
kann für diese Flächen nicht erhoben werden.
Der einzige vom OVG NRW anerkannte Maßstab für die Erhebung einer
Grundgebühr für die Niederschlagswasserbeseitigung ist eine Gebühr
pro angefangene 100 m² überdachte, überbaute und befestigte
Grundstücksfläche (OVG NRW, Urteil vom 25.08.1995, Az. 9 A 3907/93,
KStZ 1997, S. 119). Eine Grundgebühr je Anschluss ist jedoch im
Rahmen der Niederschlagswassergebühr rechtlich problematisch, da ein
Zusammenhang zwischen der versiegelten Fläche eines Grundstücks
und
damit
auch
der
Nutzung
der
Vorhalteleistung
der
Niederschlagswasserkanalisation
und
der
Anzahl
der
Grundstücksanschlüsse nicht besteht.
Straßenbaulastträger
-4-
-4In der Regel wird zwischen der abwasserbeseitigungspflichtigen
Gemeinde und dem Straßenbaulastträger, der von der Gemeinde
verschieden ist, wie z. B. Kreis, Land NRW oder Bundesrepublik
Deutschland, eine Vereinbarung geschlossen, die einen festgelegten
Straßenabschnitt betrifft. In dieser Vereinbarung wird in der Regel das
Einleitungsrecht des Straßenbaulastträgers für das Oberflächenwasser
dieses Straßenabschnitts festgelegt. Diesem Einleitungsrecht steht eine
anteilige Kostenbeteiligung des Straßenbaulastträgers für den Bau der
Abwasseranlage
sowie
die
gebührenfreie
Einleitung
des
Niederschlagswassers gegenüber. Diese Vereinbarungen richten sich
bei Bundesstraßen unmittelbar nach der Ortsdurchfahrtenrichtlinie,
andere Straßenbaulastträger sollen sich ebenfalls an dieser ODR
orientieren, die seit 1976 existiert.
Ein Anspruch auf Anpassung oder Neuabschluss dieser Vereinbarung
kann sich jedoch entweder aus der Vereinbarung selbst oder aus
allgemeinen Rechtsgrundsätzen, wie Wegfall der Geschäftsgrundlage
und § 60 Verwaltungsverfahrensgesetz NRW (Anpassung und
Kündigung in besonderen Fällen) ergeben.
In Betracht kommt eine neue Kostenbeteiligung etwa dann, wenn die
Kanalisation abgängig ist oder wenn eine aufwendige Nachrüstung
wegen vorgeschriebener gestiegener Umweltanforderungen erforderlich
wird. Auch nach der ODR wird in diesen Fällen eine erneute
Kostenbeteiligung empfohlen (vgl. ODR Nr. 14). Neuere Vereinbarungen
enthalten eine sog. Nachrüstungsklausel, in der eine weitere
Kostenbeteiligung des Straßenbaulastträgers dann fällig wird, wenn neue
rechtliche oder technische Anforderungen einen weiteren Ausbau der
öffentlichen Abwasseranlage erfordern.
Wurde keine derartige Vereinbarung zwischen Straßenbaulastträger und
Gemeinde geschlossen, so ist durchaus eine Heranziehung des
Straßenbaulastträgers zu Gebühren möglich. Gerade aus NordrheinWestfalen ist ein Verfahren bis zum Bundesverwaltungsgericht geführt
worden, welches zu Gunsten der Gemeinde entschieden worden ist (vgl.
Schulte/Wiesemann in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Kommentar,
§ 6, Rn. 352d). Die Gebührenerhebung ist allerdings dann
ausgeschlossen, wenn die Gemeinde selbst Träger der Straßenbaulast
bei der Ortsdurchfahrt einer Landstraße ist, denn eine Gemeinde kann
von sich selbst keine Gebühren verlangen.
Einschränkend ist ferner festzuhalten, dass die Heranziehung zu
Abwassergebühren nur möglich ist, wenn für die Ableitung des
Niederschlagswassers der Maßstab der bebauten und befestigten Fläche
vorgesehen ist und der Träger der Straßenbaulast lt. Satzung zum Kreis
der
Gebührenpflichtigen
gehört.
Im
Rahmen
einer
Grundgebührenerhebung müsste dann der zulässige Flächenmaßstab
gewählt werden (vgl. oben) und auch auf die Straßenflächen übertragen
werden.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Angaben geholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
i. A.
-5( Viola Wallbaum )
Rechtsanwältin