Daten
Kommune
Wesseling
Größe
129 kB
Datum
21.01.2009
Erstellt
21.06.10, 20:23
Aktualisiert
21.06.10, 20:23
Stichworte
Inhalt der Datei
Sitzungsvorlage Nr.:
289/2008
Federführender Bereich
Beteiligte Bereiche
Jugendhilfe
Vorlage für
Rat
Betrifft:
(ggf. Anlagen bezeichnen)
Anfragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Situation der Kindertagespflege in Wesseling durch die
geplante Besteuerung von Tagesmüttern
Namenszeichen des federführenden Bereichs
Sachbearbeiter/in
Leiter/in
Namenszeichen Beteiligte Bereiche
Datum
08.12.2008
Namenszeichen
Verwaltungsdirektor/in
Bearbeitungsvermerk
Fachdezernent
Kämmerer
Bürgermeister
STADT WESSELING
Der Bürgermeister
Vorlagen-Nr.: 289/2008
Sachbearbeiter/in: Frank W. Krüger
Datum:
08.12.2008
X
öffentlich
nichtöffentlich
Beratungsfolge:
Rat
Betreff:
Anfragen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen: Situation der Kindertagespflege in Wesseling
durch die geplante Besteuerung von Tagesmüttern
Beschlussentwurf:
Die Stellungnahme der Verwaltung wird zur Kenntnis genommen.
Sachdarstellung:
1. Problem
Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat mit Schreiben vom 03.12.2008 im Rahmen eines Dringlichkeitsantrages für die Ratssitzung am 16.12.2008 einige Fragen zur Situation in der Kindertagespflege gestellt.
2. Lösung
Bei der Einführung der Kindertagespflege in Wesseling nach den veränderten Regelungen des
Kinder- und Jugendhilferechts zum Beginn des Jahres 2007 wurde eine Abstimmung für die Finanzierung und Organisation mit den umliegenden Jugendämtern gesucht.
In Abstimmung aller Jugendämter im Rhein-Erft-Kreis wurde für die Kindertagespflege der Stundensatz von 4,00 € / Kind einheitlich festgelegt. Diese Festlegung erfolgte seinerzeit schon unter
der absehbaren Steuerpflicht für das laufende Entgelt. Die Einführung der Steuerpflicht wurde
jedoch noch einmal verschoben und tritt erst jetzt zum 01.01.2009 ein.
Die Geldleistungen für die Kindertagespflege werden ab 2009 genauso behandelt werden wie andere Geldleistungen von privater Seite, d.h. es wird eine Gewinnermittlung durch Abzug der Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen stattfinden. Als Betriebsausgaben werden bei einer
Tagespflege in Vollzeit 300,00 € pauschal als Betriebsausgabe, bei Tagespflegeverhältnissen mit
geringerer Stundenzahl entsprechend abgesenkt, berücksichtigt.
Die Frage der neu eintretenden Beitragspflichten für Kranken- und Pflegeversicherung wird unabhängig vom Stundensatz analog zu den bereits bestehenden Regelungen bei der Rentenversicherung und der Unfallversicherung geregelt. Hier wird – bis zu jeweiligen Höchstgrenzen – durch die
Stadt die Hälfte der Beiträge zusätzlich zu den Stundensätzen übernommen. Dies soll dann auch
für die Kranken- und Pflegeversicherung gelten. Tatsächlich führt aber ein ggf. erforderlicher Eigenanteil der Tagespflegepersonen zur Kranken- und Pflegeversicherung einer Verringerung der
verbleibenden Gelder aus der Kindertagespflege.
Die Nachfrage bei den anderen Jugendämtern im Rhein-Erft-Kreis, ob unter den neuen Abgabenbedingungen für die Tagespflegepersonen Veränderungen beim laufenden Entgelt geplant sind,
hat in der letzten Woche ergeben, dass kein Jugendamt zurzeit erwägt, die laufenden Geldleistungen von zurzeit 4,00 € je Stunde zu erhöhen.
Wenn von den Tagespflegepersonen vorgetragen wird, dass andernorts die Stundensätze angehoben werden, so kann dies vor allem dort der Fall sein, wo bisher die laufende Geldleistung auf
der Grundlage der Vollzeitpflegesätze (im Sinne einer Hilfe zur Erziehung) gebildet worden sind,
und deshalb bislang lediglich Stundensätze von etwa 2,60 bis 3,00 € gezahlt worden sind.
Ein Beispiel aus Düsseldorf zeigt aber auch, dass dort Stundensätze in mehreren Stufen (nach
Qualifikation der Tagespflegepersonen) zwischen 2,50 und 5,00 € je Stunde gezahlt werden und
zudem Zuschläge für Zeiten am Wochenende (pauschal 10,00 € pro Tag) oder für Zeiten von 7:30
Uhr und nach 16:30 Uhr (1 € je Stunde) gezahlt werden.
Die Interessensverbände der Tagespflegepersonen setzen sich aktuell für eine finanzielle Verbesserung für die Kindertagespflege ein und fordern höhere Stundensätze.
Zu den Einzelnen Fragen des Antrags:
1. Ist es richtig, dass ein Drittel der Wesselinger Tagesmütter ihre Arbeit zum Jahreswechsel einstellt?
Nein, bisher hat keine Wesselinger Tagesmutter geäußert, dass sie ihre Tätigkeit aufgrund
der Besteuerung zum Jahreswechsel einstellen wird. Es ist allerdings denkbar, dass einige
Tagesmütter das Inkrafttreten des Kinderförderungsgesetzes abwarten, um dann zu sehen, ob die Einnahmen nach Abzug ihrer Kosten und der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Abgaben als Existenzgrundlage ausreichen.
2. Ist dann noch ein ausreichendes Angebot der Kindertagespflege in Wesseling gegeben?
Die bisher bekannten Tagespflegepersonen ermöglichen eine gute Abdeckung des Bedarfs. Es können auch zurzeit noch Plätze belegt werden, wenn ein Tagespflegeplatz gewünscht wird.
Unabhängig davon, ob einige Tagesmütter ihre Tätigkeit eventuell einstellen würden, ist es
sicherlich wichtig, noch weitere qualifizierte Tagesmütter zu gewinnen.
3. Wie wurden die Tagesmütter und die Eltern über die steuerlichen Änderungen seitens
der Stadt informiert?
Zum einen fand am 23.09.2008 ein Informationsabend des Jugendamtes der Stadt Wesseling für Kindertagespflegepersonen statt. Hierbei wurden u. a. Informationen über das Kinderbildungsgesetz und die Neuerungen bei der Kindertagespflege verteilt. Zum anderen
organisierte der Verein Familien- Bande Wesseling e. V. eine Informationsveranstaltung
zum Thema „Besteuerung für Tagespflegepersonen“, die am 15.10.2008 im Rathaus der
Stadt Wesseling stattfand. Frau Bettina Konrath vom Bundesverband für Kindertagespflege war als Referentin eingeladen.
Um weiteren Bedarf zu decken, bzw. offen gebliebene Fragen zu klären, initiierte die
Verwaltung der Stadt Wesseling einen weiteren Fortbildungsabend. Am 09.12.2008 wird
Frau Birgit Torbrügge, Unternehmensberaterin, einen Vortrag mit dem die neuen steuerlichen Regelungen für die Tagespflege eingehend erörtert werden. Diese Veranstaltung soll
den Tagespflegpersonen eine realistische Einschätzung der steuerlichen Folgewirkung
ermöglichen.
4. Wie hoch wäre der finanzielle Aufwand für die Stadt steigende Elternbeiträge durch Zuschüsse aufzufangen?
Für die derzeitigen 41 Tagespflegeplätze entstehen zurzeit monatliche Kosten in Höhe von
18.034,60 €. Diesen Kosten liegt ein Stundensatz von 4,00 € zugrunde. Die Höhe des finanziellen Aufwands bei einer Erhöhung der Stundensätze hängt von der Differenz zum
jetzigen Stundensatz ab. Erhöht man den Stundensatz beispielsweise um 0,50 €, so steigen die Kosten für diese Tagespflegplätze monatlich um ein Achtel = 2.254,33 €. Für jeweils weitere 10 Tagespflegeplätze, die im Zuge des vorgesehen U3-Ausbaus entstehen,
ergäben sich allein durch eine Erhöhung der Stundensätze bei dem gewählten Beispiel
Mehrkosten von 549,84 €.
Für die insgesamt geplanten 60 Tagespflegplätze ergäben sich durch eine Erhöhung der
Stundensätze um 0,50 € im Jahr zusätzliche Kosten in Höhe von ca. 40.000 €.
Rechenbeispiel für eine Tagespflegeperson.
Tagesmutter mit drei Tagespflegekindern: Kind 1 wird 25 Stunden, Kind 2 35 und Kind 3 45
Stunden wöchentlich betreut.
Von der Stadt Wesseling bekommt die Tagesmutter:
Kind 1: 25 x 4 € x 4,33 Wochen im Monat= 433,00 €
Kind 2: 35 x 4 € x 4,33 = 606,20 €
Kind 3: 45 x 4 € x 4,33 = 779,40 €
Insgesamt: 1.818,60 €
Gewinnermittlung durch Abzug der Betriebsausgaben von den Betriebseinnahmen:
Kind 1:
Betriebsausgabenpauschale beträgt bei Betreuungsumfang von 5 Stunden am Tag an 5 Tagen in
der Woche 187,50 €.
-
433,00
187,50
245,50 (Gewinn)
Kind 2:
Betriebsausgabenpauschale beträgt bei Betreuungsumfang von 7 Stunden am Tag an 5 Tagen in
der Woche 262,50 €.
-
606,20
262,20
344,00 (Gewinn)
Kind 3:
Betriebsausgabenpauschale beträgt bei Betreuungsumfang von 9 Stunden am Tag an 5 Tagen in
der Woche 300,00 €.
-
779,40
300,00
479,40 (Gewinn)
Zu versteuernder Gewinn im Monat:
+
+
245,50
344,00
479,40
1068,90
Krankenversicherung:
Steuerlicher Gewinn beträgt mehr als 355,00 €, so dass die Tagesmutter aus der Familienversicherung fällt, er beträgt ebenso mehr als 823,33 €, was zur Folge hat, dass hier auch nicht mehr
der Mindestbeitrag greift. In diesem Fall wird der Beitragssatz von 14,9 Prozent anhand des konkreten steuerlichen Gewinns erhoben. Bei 1068,90 € Gewinn wäre das ein monatlicher Beitrag von
rund 159,27 €, von dem das Jugendamt die Hälfte (79,64 €) erstatten muss.
Gesetzliche Rentenversicherung:
Steuerlicher Gewinn beträgt mehr als 400,00 €, also besteht Rentenversicherungspflicht. Momentan beträgt der einkommensgerechte Beitrag 19,9 Prozent vom Gewinn, in diesem Fall also
monatlich 212,71 €. Von diesem Betrag muss das Jugendamt ebenfalls die Hälfte (106,36 €) erstatten.
Pflegeversicherungsbeiträge:
Von 1,7 bis 1,95 Prozent: ca. 20,84 € monatlich. Das Jugendamt erstattet die Hälfte, also ca.
10,42 €.
Die hälftigen Erstattungen des Jugendamtes sind gemäß § 3 Nr. 9 EStG n. F. steuerfrei.
Orientierung zum Einkommen einer Tagespflegeperson im Vergleich zu einer vollzeitbeschäftigten Kinderpflegerin:
Die Tagespflegeperson erhält in diesem Beispiel insgesamt 1.818,60 €. Davon unterliegen
1068,30 der Steuer- und Sozialversicherungspflicht. Die darauf zu entrichtenden Steuern und Sozialversicherungsbeiträge liegen nach den jeweiligen individuellen Steuer- und Einkommensverhältnissen für die jeweilige Familie unterschiedlich hoch.
Selbst bei einer Abgabenquote von 50 % verbleiben jedoch der Tagespflegeperson insgesamt
etwa 1.284 € monatlich.
Mit der Zahlung der laufenden Geldleistungen soll den Tagespflegepersonen ein Einkommen ermöglicht werden, dass bei der Betreuung von 3-4 Kindern in etwa dem regelmäßigen Einkommen
einer Kinderpflegerin entspricht.
Eine vollzeitbeschäftigte Kinderpflegerin erhält 2009 im Anfangsgehalt eine Bruttovergütung von
1.722,29 €, nach einer Tätigkeit von mindestens 15 Jahren 2.167,44 € brutto.
Einer Kinderpflegerin verbleibt tatsächlich beim Anfangsgehalt ein Nettobetrag, der unterhalb des
im Beispiel der Tagespflegeperson verbleibenden Geldbetrages liegt. Bei Steuerklasse I oder IV
verbleibt einer Kinderpflegerin mit einem Monatseinkommen von 1.722,29 € ein Nettoeinkommen
von 1.160,06 €, bei Steuerklasse III 1.367,67 € (Stand Januar 2009).
3. Alternativen
4. Finanzielle Auswirkungen
ergeben sich bei Anhebung des laufenden Entgelts in der dargestellten Höhe.