Daten
Kommune
Kreis Euskirchen
Größe
63 kB
Erstellt
31.10.07, 18:54
Aktualisiert
31.10.07, 18:54
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage zur Vorlage Info 98/2003
Vereinbarung zu den Grundsätzen über die Bildungsarbeit der
Tageseinrichtungen für Kinder - Bildungsvereinbarung NRW
Unter Berücksichtigung der Prinzipien der Pluralität, Trägerautonomie und
Konzeptionsvielfalt vereinbaren die Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege und die
kommunalen Spitzenverbände als Zentralstellen der Trägerzusammenschlüsse von
Tageseinrichtungen für Kinder, das Erzbistum Köln, das Erzbistum Paderborn, das Bistum
Aachen, das Bistum Essen und das Bistum Münster, die Evangelische Kirche im Rheinland,
die Evangelische Kirche von Westfalen und die Lippischen Landeskirche sowie das
Ministerium für Schule, Jugend und Kinder als Oberste Landesjugendbehörde des
Landes Nordrhein Westfalen folgende trägerübergreifenden Grundsätze über die Stärkung
des Bildungsauftrags der Tageseinrichtungen für Kinder in Nordrhein-Westfalen.
Präambel
Jedes Kind hat Anspruch auf Erziehung und Bildung. Pflege und Erziehung der Kinder sind
das natürliche Recht der Eltern und die zuerst ihnen obliegende Pflicht; sie haben das Recht,
die Erziehung und die Bildung ihrer Kinder zu bestimmen. Ergänzend führen die
Tageseinrichtungen für Kinder die Bildungsarbeit mit Kindern aller Altersgruppen im Rahmen
des eigenständigen Erziehungs- und Bildungsauftrags nach dem Gesetz über
Tageseinrichtungen für Kinder als Elementarbereich des Bildungssystems durch.
Das Kind ist während seines gesamten Aufenthaltes in der Tageseinrichtung
bildungsfördernd zu begleiten. Dabei bauen die nachfolgend vereinbarten Grundsätze auf
dem Bildungsangebot auf, das in vielen Tageseinrichtungen erfolgreiche alltägliche Praxis
und ein Hauptbestandteil der Arbeit ist. Die eigenständige Bildungsarbeit der
Tageseinrichtungen steht in der Kontinuität des Bildungsprozesses, der im frühen
Kindesalter beginnt, sie orientiert sich am Wohl des Kindes und fördert die
Persönlichkeitsentfaltung in kindgerechter Weise.
1. Ziel der Vereinbarung
Diese Vereinbarung verfolgt das Ziel, vor allem die Bildungsprozesse in Tageseinrichtungen
für Kinder vom vollendeten 3. Lebensjahr bis zur Einschulung zu stärken und weiter zu
entwickeln. Insbesondere die Kinder im letzten Jahr vor der Einschulung bedürfen einer
intensiven Vorbereitung auf einen gelingenden Übergang zur Grundschule. Dies ist ein
Beitrag zur Erlangung von Schulfähigkeit.
2. Bildungsziele
Der Begriff Bildung umfasst nicht nur die Aneignung von Wissen und Fertigkeiten. Vielmehr
geht es in gleichem Maße darum, Kinder in allen ihnen möglichen, insbesondere in den
sensorischen, motorischen, emotionalen, ästhetischen, kognitiven, sprachlichen und
mathematischen Entwicklungsbereichen zu begleiten, zu fördern und herauszufordern. Die
Entwicklung von Selbstbewusstsein, Eigenständigkeit und Identität ist Grundlage jedes
Bildungsprozesses.
Kinder werden in einem solchen Bildungsverständnis auf künftige Lebens- und Lernaufgaben
vorbereitet und zur Beteiligung am Zusammenspiel der demokratischen Gesellschaft
ermutigt. Ziel der Bildungsarbeit ist es daher, die Kinder in der Entwicklung ihrer
Persönlichkeit zu unterstützen und ihnen Gelegenheit zu verschaffen, ihre
Entwicklungspotenziale möglichst vielseitig auszuschöpfen und ihre schöpferischen
Verarbeitungsmöglichkeiten zu erfahren. Diese Bildungsarbeit leistet einen Beitrag zu mehr
Chancengleichheit, unabhängig von Geschlecht, sozialer oder ethnischer Herkunft und zum
Ausgleich individueller und sozialer Benachteiligungen.
3. Bildungskonzept
Tageseinrichtungen führen die Bildungsarbeit nach einem eigenen träger- oder
einrichtungsspezifischen Bildungskonzept durch. Die Orientierung an der beigefügten
Handreichung zu Bildungsprozessen erleichtert den Alltag. Die Handreichung greift Themen
als Aufgabenstellungen für die pädagogischen Fachkräfte auf, die für Kinder interessant und
herausfordernd sein können und soll Ausgangspunkt für eine kontinuierliche
Weiterentwicklung sein.
4. Bildungsbereiche
Unter Beachtung trägerspezifischer Bildungsbereiche, wie religiöser Bildung, verständigen
sich die Partner der Vereinbarung auf ein Konzept zur Gestaltung von Bildungsaufgaben,
dem insbesondere nachfolgende Bildungsbereiche und Selbstbildungs-Potenziale entsprechend der beigefügten Handreichung - zu Grunde liegen:
Diese Bildungsbereiche sind
- Bewegung,
- Spielen und Gestalten, Medien,
- Sprache(n) sowie
- Natur und kulturelle Umwelt(en).
Die Selbstbildungs-Potenziale sind
- Differenzierung von Wahrnehmungserfahrung über die Körpersinne, über die Fernsinne
und über die Gefühle,
- innere Verarbeitung durch Eigenkonstruktionen, durch Fantasie, durch sprachliches
Denken und durch naturwissenschaftlich-logisches Denken,
- soziale Beziehungen und Beziehungen zur sachlichen Umwelt,
- Umgang mit Komplexität und Lernen in Sinnzusammenhängen sowie
- forschendes Lernen.
5. Beobachtende Wahrnehmung
Die Grundlage für eine zielgerichtete Bildungsarbeit ist die beobachtende Wahrnehmung des
Kindes, gerichtet auf seine Möglichkeiten und auf die individuelle Vielfalt seiner Handlungen,
Vorstellungen, Ideen, Werke, Problemlösungen u.ä.. Dazu wird angestrebt, dass
Beobachtung und Auswertung
von der pädagogischen Fachkraft notiert und als
Niederschrift des Bildungsprozesses des einzelnen Kindes dokumentiert werden, wenn die
Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten sich damit in dem Vertrag über die Aufnahme
des Kindes in die Tageseinrichtung schriftlich einverstanden erklärt haben.
Den Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten wird bei der Aufnahme des Kindes ein
Merkblatt ausgehändigt, in dem ihnen Sinn und Zweck der Bildungsdokumentation erläutert
werden und ihnen das Recht eingeräumt wird, der Dokumentation zu widersprechen. Sie
sind darauf hinzuweisen, dass ihnen aus der Weigerung oder dem Widerruf der Einwilligung
keinerlei Nachteile entstehen. Den Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten steht
jederzeit das Recht zu, Einblick in die Dokumentation zu nehmen und ihre Herausgabe zu
fordern. Ohne ihre Einwilligung dürfen Informationen in der Dokumentation nicht an Dritte
weitergegeben werden. Wenn das Kind die Einrichtung verlässt, wird die Dokumentation den
Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten ausgehändigt.
6. Gestaltung des Übergangs in die Grundschule
Da Kinder, die in die Schule kommen, in der Kontinuität längst begonnener
Bildungsprozesse stehen, ist es notwendig, dass die Tageseinrichtung und die Grundschule
zusammenarbeiten und gemeinsam Verantwortung für die beständige Bildungsentwicklung
und den Übergang in die Grundschule übernehmen.
Für die Zusammenarbeit mit der Grundschule sind wesentlich:
die den Eltern oder anderen Erziehungsberechtigten zur Verfügung gestellten
Bildungsdokumentationen,
- regelmäßige gegenseitige Besuche und Hospitationen,
- gemeinsame Weiterbildungen der pädagogischen Kräfte der Tageseinrichtungen und des
Lehrkörpers der Grundschulen,
- gemeinsame Einschulungskonferenzen.
In Zusammenhang mit den regelmäßigen gegenseitigen Besuchen und Hospitationen
werden schriftliche Notizen über einzelne Kinder oder Erziehungsberechtigte nur verfasst,
wenn die unter Nr. 5 ausgeführten Grundsätze beachtet werden.
7. Mitwirkung der Eltern oder anderer Erziehungsberechtigter
Die Tageseinrichtungen stimmen sich in Fragen von Erziehung und Bildung mit den Eltern
oder den anderen Erziehungsberechtigten ab und berücksichtigen die Vereinbarkeit von
Familie und Beruf bei der Erziehungs- und Bildungsarbeit. Mit den Erziehungsberechtigten
wird eine Erziehungspartnerschaft angestrebt. Dieses partnerschaftliche Zusammenspiel soll
die elterliche Erziehungskompetenz stärken und stützen.
8. Evaluation
Die Begleitung und Förderung frühkindlicher Bildungsprozesse bedarf eines kontinuierlichen
Evaluationsverfahrens. Dieses trägt zur Reflexion, Sicherung und Weiterentwicklung der
pädagogischen
Arbeit
in
den
Tageseinrichtungen
bei.
Qualitätskriterien
in
Tageseinrichtungen müssen Aussagen über die Begleitung, Förderung und Herausforderung
frühkindlicher Bildungsprozesse enthalten.
Die Grundsätze dieser Vereinbarung dienen auch als Grundlage zur Evaluation der
Bildungsarbeit in Tageseinrichtungen. Die Partner der Vereinbarung werden diese
Grundsätze der Bildungsarbeit bei Bedarf aktualisieren.
Die Träger evaluieren
die Bildungsarbeit der Tageseinrichtungen intern nach den
Grundsätzen dieser Vereinbarung.
Zur Grundlage für die interne Evaluation gehören mindestens:
- eine schriftliche Konzeption der Arbeit der Tageseinrichtung, in der Leitlinien für die Arbeit
und ein eigenes Profil formuliert sind,
- ein träger- oder einrichtungsspezifisches Bildungskonzept und
- Bildungsdokumentationen über jedes einzelne Kind (sofern eine Zustimmung der Eltern
oder Erziehungsberechtigung vorliegt).
Die Umsetzung dieser Vereinbarung erfordert eine Weiterqualifizierung der pädagogischen
Kräfte in den Tageseinrichtungen. Qualitätsentwicklungsmaßnahmen werden von den
Trägern in eigener Verantwortung durchgeführt.
9. Vereinbarungsgrundlage
Diese Vereinbarung wird unter Beachtung der unterschiedlichen Ausgangsvoraussetzungen
der Tageseinrichtungen und auf der Grundlage des Gesetzes über Tageseinrichtungen für
Kinder, auf der Basis der Verordnung zur Regelung der Gruppenstärken und über die
Betriebskosten nach dem Gesetz über die Tageseinrichtungen für Kinder
(Betriebskostenverordnung
.BKVO)
sowie
der
Vereinbarung
über
die
Eignungsvoraussetzungen der in Tageseinrichtungen für Kinder tätigen Kräfte vom 17.
Februar 1992 (Personalvereinbarung) jeweils in der zum Unterzeichnungsdatum gültigen
Fassung geschlossen. Für die Tageseinrichtungen für Kinder in öffentlicher Trägerschaft gilt
die Personalvereinbarung nur insoweit, als die die Betriebserlaubnis erteilenden Stellen die
Personalvereinbarung aus Gründen der Gleichbehandlung auf alle Einrichtungen anwenden
müssen.
Die Partner dieser Vereinbarung gehen davon aus, dass diese Vereinbarung ein wichtiger
Beitrag zur Weiterentwicklung der Bildungsarbeit der Tageseinrichtungen ist, dass aber
darüber
hinaus
Konzepte
beispielsweise
zu
diagnostischen
oder
entwicklungsstandüberprüfenden Verfahren gemeinsam entwickelt werden.
10. Geltungsbereich
Diese Vereinbarung gilt für alle Tageseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen, deren Träger
den nachgenannten Zentralstellen der Trägerzusammenschlüsse angehören.
11. In-Kraft-Treten
Diese Vereinbarung tritt am 1. August 2003 in Kraft.