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Beschlussvorlage (Anlage zur Beschlussvorlage 72/2010)

Daten

Kommune
Wesseling
Größe
87 kB
Datum
27.04.2010
Erstellt
10.06.10, 13:59
Aktualisiert
10.06.10, 13:59
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Inhalt der Datei

7. Sitzung des Rates am 27.04.2010 zu Tagesordnungspunkt 13. (Vorlage 72/2010) 22. April 2010 Hadel, Hausruf 308 Antrag der Linksfraktion vom 22.03.2010 „bzgl. der Auswirkungen der Aufgabenzuweisung des Landes NRW u.a. an die Stadt Wesseling“ Zu dem Antrag nimmt die Verwaltung wie folgt Stellung: 1. Die Verwaltung sieht in einem Verfassungsstreitverfahren der Stadt gegen das Land, losgelöst von einem konkreten – aktuellen – Fall der Verletzung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts, nicht den richtigen Weg, eine Verbesserung der Einnahmenseite der Stadt zu bewirken. Dessen ungeachtet sieht sie sich auch nicht in der Lage, die – konkrete - Ursache der unzulänglichen Finanzausstattung so herauszuarbeiten, dass die für eine Verfassungsbeschwerde unerlässliche Kausalität zwischen der Finanznot der Stadt und den vom Land im Verhältnis zur Stadt zu verantwortenden finanziellen Rahmenbedingungen dargetan werden könnte. Dabei spielen zwei Bestimmungen der Landesverfassung eine wesentliche Rolle: a) Art. 78 Abs. 3 Landesverfassung NRW als die Grundlage des Konnexitätsprinzips ist nicht Anspruchsgrundlage der Kommunen für vor dem Inkrafttreten dieser Verfassungsbestimmung (1. Juli 2004) vorgenommene Aufgabenzuweisungen. b) Art. 79 Satz 2 Landesverfassung verpflichtet das Land nur dazu, einen übergemeindlichen Finanzausgleich im „Rahmen seiner finanziellen Leistungsfähigkeit zu gewährleisten“. Das Land kann sich auch auf Aussagen des ifo Instituts für Wissenschaftsforschung in seinem im Auftrag des Innenministeriums des Landes NRW im Jahre 2008 erstellten Gutachten zur Überprüfung des kommunalen Finanzausgleichsystems beziehen. Einzelne Aussagen gäben bei allgemeiner juristischer Auseinandersetzung über die Finanzausstattung dem Land Hilfestellung: „… Eine durchgreifende Fehlentwicklung zugunsten einer Ebene (Anm.: Von den beiden Ebenen Land und Kommunen ist die Rede.) kann anhand des statistischen Materials nicht konstatiert werden…“ – „… In NordrheinWestfalen gibt es eine Vielzahl von abundanten Kommunen im Nothaushaltsrecht. Auf Grund ihrer im kommunalen Finanzausgleich über dem angerechneten Finanzbedarf liegenden hypothetischen Steuereinnahmen erhalten diese Kommunen im Nothaushaltsrecht keine Schlüsselzuweisungen, sind aber andererseits nicht in der Lage, ihren defizitären Haushalt … auszugleichen. Für diese Gemeinden scheint es so, als würde der kommunale Finanzausgleich seine Versicherungsfunktion nicht erfüllen. Aus systemimmanenten Gründen besteht hier jedoch keine Rechtfertigung für Schlüsselzuweisungen, da der angerechnete Finanzbedarf nach für alle Gemeinden gleichen Maßstäben ermittelt worden ist und die angerechnete Finanzkraft der abundanten Kommunen diesen übertrifft. Die Lösung kann daher nur in einem strikten Konsolidierungskurs für diese Kommunen zu sehen sein, mit dem Ziel, die Ausgaben auf die Einnahmen hin auszurichten. …“ 2. Die Verwaltung möchte deshalb den bisherigen Kurs fortsetzen. Er verfolgt zum einen, sich solidarisch einzubringen, wenn es konkret darum geht, Grundlagen wie wissenschaftliche Gutachten zu erarbeiten, weil durch bestimmte gesetzliche Regelungen kommunale Rechte mit Verfassungsrang, insbesondere das bereits angeführte Konnexitätsprinzip, aus der Sicht der Kommunen verletzt werden. Das jüngste Beispiel ist das Einheitslastenabrechnungsgesetz des Landes. Nach Auffassung aller drei Spitzenverbände im Lande bestehen nach wie vor gravierende rechtliche Bedenken gegen die Methodik der Berechnung der Höhe der Einheitslasten. Die vom Land gewählte Berechnungsmethodik (auf der Grundlage der „Niveauverschiebungshypothese“) führt gegenüber dem in der Vergangenheit verfolgten Zahllastenansatz zu jährlichen Mehrbelastungen der Kommunen von mehreren 100 Mio. Euro. Aus diesem Grunde haben sich die Spitzenverbände dafür ausgesprochen, diesen Aspekt des Gesetzes einer verfassungsgerichtlichen Überprüfung zuzuführen. Nicht angegriffen werden soll 2 dagegen die Regelung hinsichtlich der interkommunalen Verteilung (die allerdings für Wesseling größere Bedeutung hat), weil sich das Einheitslastenabrechnungsgesetz in diesem Punkt in dem Rahmen bewegt, den der Verfassungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 11.12.2007 als zulässig erachtet hat. Die Verwaltung hat die Bereitschaft der Stadt zu einer solidarischen Mitfinanzierung der Verfahrenskosten bekundet. Der Kurs der Verwaltung verfolgt zum anderen, die politische Debatte über die kommunale Finanzausstattung und die Rahmenbedingungen für die kommunale Haushaltswirtschaft zu beobachten sowie – soweit möglich - auf sie Einfluss zu nehmen und die Aktivitäten des kommunalen Spitzenverbandes zu unterstützen. Die politische Diskussion über eine auskömmliche finanzielle Ausstattung der Kommunen erscheint der Verwaltung aussichtsreicher als ein Verfassungsstreitverfahren. Wäre der Weg der Verfassungsbeschwerde allein gestützt auf den Vortrag, die Finanzausstattung der Kommunen sei unzureichend, von vornherein erfolgreich, würde er vermutlich längst beschritten sein; insbesondere die überschuldeten Städte würden ihn gewählt haben. Die Beispiele aus der jüngsten Zeit, nämlich die Entscheidungen des Verfassungsgerichtshofs für das Land Nordrhein-Westfalen zum Solidarbeitrag und zu der aus der Sicht der klagenden Kommunen unzureichenden Kostenzuweisung in Verfolg der Kommunalisierung von Versorgungs- und Umweltverwaltung, bestätigen die Verwaltung. Mit seinen am 23. März 2010 verkündeten Urteilen hat der Verfassungsgerichtshof Verfassungsbeschwerden von 19 Städten und zwei Kreisen gegen die Kommunalisierung von Aufgaben des Umweltrechts sowie von 21 Städten, zwei Kreisen und den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe gegen die Kommunalisierung der Versorgungsverwaltung zurückgewiesen. Im Kern hat der Verfassungsgerichtshof ausgeführt, dass die landesgesetzlichen Regelungen den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügten. Ein „Trostpflaster“ für die Kommunen enthält das Urteil jedoch: Künftig sei der Gesetzgeber bei Aufgabenübertragungen jedoch gehalten, die Grundannahmen und Berechnungen seiner Kostenprognose nicht nur grob, sondern im Einzelnen nachvollziehbar offen zu legen und auf diese Weise einen konsensorientierten partnerschaftlichen Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden zu ermöglichen. Bei der Frage des Vorgehens gegen das Land ist auch die jüngere Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte zu berücksichtigen. Diese Rechtsprechung, die jeweils von Kommunen ausgelöst wurde, die sich gegen Maßnahmen der Kommunalaufsicht gewandt hatten, lässt den juristischen Weg nicht unbedingt als erfolgversprechend bewerten:  Das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG Münster) hat in einem Beschluss vom 17. Dezember 2007 ausgeführt, dass „die Befugnis zur Finanzierung der Weiterführung notwendiger Aufgaben nicht automatisch eine Fortschreibung des status quo hinsichtlich des Bestandes der öffentlichen Einrichtungen der Kommune zur Folge“ habe.  In einem Beschluss vom 22. Juli 2009 hat das OVG Münster betont, dass die Gemeinden nicht das Recht hätten, „eine defizitäre Haushaltswirtschaft zu betreiben“.  Das Verwaltungsgericht Düsseldorf hat in einem Beschluss vom 27. November 2009 die Anordnung der sofortigen Vollziehung der Entscheidung der Bezirksregierung Düsseldorf gegenüber der Stadt Duisburg (die sich im Nothaushalt befindet) bestätigt, auch für das zweite und jedes weitere Kind in Kindertageseinrichtungen einen Beitrag in Höhe von 25% des einkommensabhängigen Elternbeitrages zu erheben. 3. Zu begrüßen ist, dass die politische Diskussion über die Grundfragen der kommunalen Finanzausstattung – endlich – sowohl auf der Ebene des Bundes wie auf der Ebene des Landes in ein konkretes Stadium getreten ist. Die Bundesregierung hat die Forderung der drei kommunalen Spitzenverbände – Deutscher Städtetag, Deutscher Landkreistag, Deutscher Städte- und Gemeindebund – aufgegriffen und am 24. Februar 2010 beschlossen, eine Gemeindefinanzkommission einzusetzen. Ihr gehören neben Vertretern des Bundes Vertreter der Länder und die Präsidenten der drei kommunalen Spitzenverbände an. 3 Die Bundesregierung hat den Auftrag der Kommission weit gesteckt: Sie soll sich mit dem Prüfauftrag des Koalitionsvertrages befassen und Vorschläge zur Neuordnung der Gemeindefinanzierung erarbeiten. Hierbei soll auch der aufkommensneutrale Ersatz der Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil der Gemeinden an der Umsatzsteuer und einen kommunalen Zuschlag auf die Einkommenund Körperschaftsteuer mit eigenem Hebesatz geprüft werden. Allerdings heißt es in dem Einsetzungsbeschluss des Bundeskabinetts auch, dass „die Kommission auf die Vermeidung von Aufkommens- und Lastenverschiebungen insbesondere zwischen dem Bund auf der einen und Ländern und Kommunen auf der anderen Seite zu achten“ habe. Darüber sollen von der Kommission „Handlungsempfehlungen zur Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung erarbeitet werden“. Als Stichworte nennt der Koalitionsvertrag u. a. „Fragen nach der Güte kommunaler Leistungsfähigkeit“ und „Beteiligung der Kommunen an der Gesetzgebung des Bundes“. Daneben soll die Kommission Entlastungsmöglichkeiten auf der Ausgabenseite („beispielsweise durch Flexibilisierung von Standards“) prüfen. Auch die Landesregierung NRW hat eine Gemeindefinanzkommission gebildet; sie hat ihre Arbeit am 24. März 2010 aufgenommen. Ziel der Kommission ist es, die gemeinsamen Interessen von Kommunen, Kreisen und Land zu bündeln und in die Arbeit der Anfang März auf Bundesebene eingesetzten Gemeindefinanzkommission einzubringen. Die nordrhein-westfälische Gemeindefinanzkommission wird geleitet vom Innenminister und vom Finanzminister. In dem Gremium sind das Land und die kommunalen Spitzenverbände vertreten. Für das Land ist neben dem Innen- und Finanzminister auch der Arbeits- und Sozialminister beteiligt. Die Landeskommission soll sich mit drei Arbeitsschwerpunkten befassen: Unter dem Schwerpunkt Kommunalsteuern soll über eine Verstetigung der kommunalen Einnahmen beraten werden. Den zweiten Schwerpunkt bilden Standards und Sozialausgaben. Es soll über den Abbau von Standards, aber vor allem über Möglichkeiten zur Entlastung der Kommunen bei den Sozialausgaben beraten werden. Der dritte Arbeitsschwerpunkt soll die Klärung der Möglichkeiten einer besseren Beteiligung der Kommunen an der Rechtsetzung auf EU-, Bundes- und Landesebene sein. Darüber hinaus sollen kommunalpolitische Landesthemen unter dem Gesichtspunkt beraten werden, wie das Land weitere finanzwirtschaftliche Erleichterungen für die Kommunen schaffen kann. Außerdem hat sich der Hauptausschuss des Landtags jüngst gemeinsam mit dem Ausschuss für Kommunalpolitik und Verwaltungsstrukturreform in einer Anhörung mit dem Gesetzentwurf der Landesregierung zur Einführung einer Schuldenbremse befasst. Die kommunalen Spitzenverbände sehen übereinstimmend die Gefahr, dass das Land bei einem Verbot der Neuverschuldung versucht sein wird, die kommunale Ebene verstärkt zu „Konsolidierungsbeiträgen“, z. B. in Form von Zuweisungskürzungen, heranzuziehen. Um einer weiteren Verlagerung von Aufgaben und Lasten auf die Kommunen vorzubeugen, haben die kommunalen Spitzenverbände in NRW einen konkreten Vorschlag für eine Ergänzung des Art. 79 der Landesverfassung unterbreitet, die den Anspruch der Kommunen auf eine abwägungsfeste finanzielle Mindestausstattung absichern soll. Der Vorschlag lautet wie folgt: „Das Land gewährt den Gemeinden und Gemeindeverbänden unabhängig von seiner eigenen Leistungsfähigkeit eine finanzielle Mindestausstattung. Diese muss die Gemeinden und Gemeindeverbände in die Lage versetzen, neben den Pflichtaufgaben des eigenen und des übertragenen Wirkungskreises auch freiwillige Aufgaben in einem der Bedeutung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts angemessenen Umfang zu erfüllen. Das Land gewährleistet einen übergemeindlichen Finanzausgleich.“ Die Verwaltung ermuntert die Fraktionen, sich in die Debatte über die unzureichende Finanzausstattung der Kommunen und eine Neuordnung des Gemeindefinanzsystems, die in allen Parteien und ihren kommunalpolitischen Organisationen geführt wird, einzubringen. Die gewünschten und benötigten Verbesserungen können nur über politische Entscheidungen in den Parlamenten von Bund und Land erreicht werden. Nach allem empfiehlt die Verwaltung, dem Antrag der Fraktion Die Linke nicht zu entsprechen.