Daten
Kommune
Bedburg
Größe
186 kB
Datum
29.09.2009
Erstellt
22.09.09, 17:59
Aktualisiert
22.09.09, 17:59
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Mitteilungen - Finanzen und Kommunalwirtschaft
StGB NRW-Mitteilung 394/2009 vom 08.07.2009
Kommunalaufsichtliche Behandlung beitragsfreier Kindergartenjahre
Die Vorsitzende des Landtagsausschusses für Generationen, Familie und Integration hat auf Antrag der Abgeordneten Asch MdL, Bündnis
90/Die Grünen, das Innenministerium um einen schriftlichen Bericht zu der Beanstandung von beitragsfreien Kindergartenjahren durch das
Innenministerium gebeten. Innenminister Dr. Wolf hat Ende April daraufhin einen schriftlichen Bericht vorgelegt. Danach stellt sich die
rechtliche Einschätzung der Problematik durch das Innenministerium NRW wie folgt dar:
Im vergangenen Jahr 2008 hat die Stadt Aachen mit Wirkung zum 01.08.2008 eine Beitragssatzung erlassen, nach der für das erste
Kindergartenjahr auf die Erhebung von Elternbeiträgen verzichtet wird. Ferner wurde eine vergleichbare Regelung aus dem Bereich des
Kreisjugendamtes Düren bekannt.
Im Erlass des Innenministeriums vom 24.10.2008 an die Bezirksregierung Köln wurde dargelegt, dass ein völliger Verzicht auf die Erhebung
von Elternbeiträgen für bestimmte Jahrgänge gegen die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung gemäß § 77 Abs. 2 GO NRW verstößt.
Danach hat die Kommune zur Erfüllung ihrer Aufgaben die erforderlichen Finanzmittel soweit vertretbar und geboten aus speziellen Entgelten
für die von ihr erbrachten Leistungen zu beschaffen.
Für das vergangene Jahr 2008 wurde das Vorgehen in den genannten Kommunen angesichts der bereits weit fortgeschrittenen
Vorbereitungen vor Ort und mit Blick auf einen evt. Vertrauensschutz der Eltern kommunalaufsichtlich nicht beanstandet.
An dieser Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des Gesetzes zur frühen Bildung und Förderung von Kindern (Kinderbildungsgesetz KiBiz) zum 01.08.2008 im Ergebnis nichts geändert. Der rechtliche Ausgangspunkt für die Erhebung von Elternbeiträgen in den Kommunen
in Nordrhein-Westfalen ist nun § 23 KiBiz. Für die Inanspruchnahme von Angeboten in Kindertageseinrichtungen können danach
Elternbeiträge vom Jugendamt festgesetzt werden.
Daneben haben die Kommunen bei der Ausgestaltung der Beiträge unverändert die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung nach der
Gemeindeordnung zu beachten. Die Verwaltungsgerichte haben in aktuellen Entscheidungen bestätigt, dass diese in § 77 GO NRW
normierten Grundsätze auch für die Erhebung von Elternbeiträgen gelten. Die Gemeinden sind danach gehalten, ihre Finanzmittel vorrangig
dadurch zu beschaffen, dass sie von denjenigen Bürgern, die bestimmte kommunale Leistungen in Anspruch nehmen, angemessene
Kostenbeteiligungen in Gestalt spezieller Entgelte verlangen, soweit dies vertretbar und geboten ist. Die Erhebung von Steuern ist
demgegenüber nachrangig. Die Aufnahme von Krediten steht in der Rangfolge der Beschaffung von Finanzmitteln an letzter Stelle. Da sie im
Hinblick auf den Schuldendienst eine Vorbelastung künftiger Haushalte darstellen, kommt ihre Aufnahme nur subsidiär nach Ausschöpfung
aller anderen Deckungsmöglichkeiten in Betracht, d.h. wenn eine andere Finanzierung nicht möglich ist oder unzweckmäßig wäre.
Die Regelungen des § 23 KiBiz und des § 77 GO NRW sind somit nach der geltenden Rechtslage von den Kommunen bei ihrer
Entscheidungsfindung gleichermaßen zu berücksichtigen.
Nach § 23 Abs. 4 KiBiz ist bei der Erhebung von Elternbeiträgen für die Inanspruchnahme von Kindertageseinrichtungen eine soziale
Staffelung vorzusehen, außerdem sind die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Eltern sowie die Betreuungszeit zu berücksichtigen. Darüber
hinaus besteht die Möglichkeit, ermäßigte Beiträge oder Beitragsfreiheit für Geschwisterkinder vorzusehen.
Will eine Gemeinde auf die Erhebung von Elternbeiträgen völlig verzichten oder diese reduzieren, ist dies im Lichte des § 77 Abs. 2 GO NRW
zu prüfen. Die Norm gilt von ihrem Wortlaut her für alle Gemeinden gleichermaßen und unabhängig von ihrer Finanzlage.
Die Verpflichtung der Kommunen zur vorrangigen Deckung der Aufwendungen aus speziellen Entgelten wird dabei lediglich auf den Rahmen
des „Vertretbaren" und ,,Gebotenen" beschränkt. Im Übrigen hat sich der Gesetzgeber auch in § 3 Abs. 2 Kommunalabgabengesetz NRW für
eine Nachrangigkeit der Erhebung von Steuern gegenüber Gebühren und Beiträgen entschieden.
Den genannten Normen liegt die Erwägung zugrunde, dass derjenige, der eine kommunale Leistung in Anspruch nimmt, auch grundsätzlich
die dadurch entstehenden Kosten tragen muss, da nicht eingesehen werden kann, dass die Allgemeinheit hierfür eintritt. Damit erhält der
Vorrang der speziellen Entgelte eine besondere Betonung. Ein Verzicht auf die angemessene Gegenleistung ist nicht zulässig (so
Held/Becker § 77 Anm. 3.2 unter Hinweis auf die ständige Rechtsprechung des OVG Münster, gleicher Ansicht Rehn/Cronauge § 76 GO
a.F.: „die Gemeinde verstößt gegen § 76 Abs. 2 GO (a.F.), wenn sie auf die Erhebung spezieller Entgelte verzichtet").
Diese Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung sind von den Kommunalaufsichtsbehörden zu beachten. Es ist ausgeschlossen, dass die
Kommunalaufsichtsbehörden auf Dauer einen rechtswidrigen Verzicht auf Elternbeiträge insbesondere von Städten und Gemeinden mit nicht
ausgeglichenem Haushalt bzw. geringem Eigenkapital dulden können.
Eine andere rechtliche Situation könnte sich dann ergeben, wenn die Grundsätze der Finanzmittelbeschaffung in Bezug auf die
Elternbeiträge durch (spezielleres) Gesetzesrecht modifiziert würden. Wegen der öffentlichen und sich hierzu auch im Landtag
abzeichnenden politischen Diskussion über eine solche gesetzliche Regelung wurde und wird derzeit unter Ermessensgesichtspunkten
darauf verzichtet, in den oben benannten Fällen kommunalaufsichtsrechtliche Maßnahmen zu ergreifen. Dies kann aber nur so lange gelten,
bis die im politischen Raum angekündigten Gesetzgebungsvorhaben abgeschlossen sind. Die dann - veränderten oder unveränderten gesetzlichen Maßstäbe sind anschließend auch kommunalaufsichtsrechtlich landesweit einheitlich anzuwenden.
Az.: IV/1 904-01 u. 904-09/1
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