Daten
Kommune
Jülich
Größe
595 kB
Datum
13.12.2017
Erstellt
17.11.17, 12:26
Aktualisiert
17.11.17, 12:26
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Inhalt der Datei
Anlage 7 zur Vorlagen-Nr. 374 / 2017
Landschaftspflegerischer Fachbeitrag
zum Bebauungsplan Nr. A 27
‚Photovoltaik Merscher Höhe‘
DIPL. BIOL. U. HAESE
BÜRO FÜR UMWELTPLANUNG
ARCHITEKTUR, STADT- UND
UMWELTPLANUNG
UWE SCHNUIS
ULI WILDSCHÜTZ
Stand: 31. Oktober 2017
Stadt Jülich
Bebauungsplan Nr. A 27
1
Landschaftspflegerischer Fachbeitrag
Ausgangssituation
Nördlich von Jülich gab es Jahrzehnte lang eine Sendeanlage. Die nicht mehr genutzten Gebäude im zentralen Bereich sind noch erhalten. Von hier aus erstreckten
sich die inzwischen abgebauten Sendeanlagen entlang dreier Arme jeweils bis zu 1
km weit in die Feldflur. Die etwa 100 m breiten Arme sind bis heute eingezäunt und
damit unzugänglich, also weitgehend frei von Störungen. Im Bereich des südlichen
Armes wurde zwischenzeitlich eine Unterkunft für Flüchtlinge errichtet, die wieder
abgebaut wurde. Der westliche und nördliche Arm sind weiterhin Brachflächen. Große Teile dieser beiden Arme sollen nun für eine energetische Nutzung als Solarfeld
in Anspruch genommen werden. Dazu wird ein Bebauungsplan in zwei Teilbereichen
aufgestellt. Der zentrale Teil mit den Gebäuden ist nicht Gegenstand der Planung.
2
Naturräumliche Grundlagen
2.1
Lage im Raum
Der Standort der ehemaligen Sendeanlagen auf der Merscher Höhe liegt isoliert in
der weiten offenen Agrarlandschaft der Jülicher Börde östlich des Rurtales und der
Autobahn A 44 zwischen der Stadt Jülich im Süden und dem Ort Mersch im Norden.
Die Merscher Höhe fällt schon wenige hundert Meter westlich der Sendeanlagen
zum Rurtal hin ab. Hier liegt ein im Landschaftsplan 2 „Ruraue“ festgesetztes Landschaftsschutzgebiet. Im Plangebiet gibt es aber keine Schutzfestsetzungen.
2.2
Boden und Wasser
Die Bördenlandschaft ist von besten Böden geprägt, die intensiv landwirtschaftlich
genutzt werden. Die ehemaligen Sendeanlagen sind daher die einzigen größeren
Brachflächen in diesem Landschaftsraum. Innerhalb des Geländes sind die natürlichen Bodenverhältnisse durch Reste von Betonfundamenten stellenweise gestört.
Richtige oberirdische Gewässer gibt es in diesem Teil der Jülicher Börde nicht. Entlang der südöstlichen Grenzen verläuft aber ein überwiegend trocken liegender Entwässerungsgraben, der aufgrund dieser Funktion als namenloses Gewässer gilt.
2.3
Reale Vegetation und Biotopcharakter
Die Flächen des Plangebietes stellen sich heute als flächenhafte Grünlandbrachen
dar. Sie werden zwar durch eine temporäre Schafbeweidung offen gehalten, aber die
weiten Wiesenflächen unterscheiden sich deutlich von sonstigem beweidetem Grünland. Vermutlich gab es diese Art der extensiven Pflege auch schon zu Zeiten der
Sendeanlagen, weil nie ein Bedürfnis bestand, einen intensiv gepflegten Zierrasen
zu unterhalten. Es gibt auch einen alten Stall als Basis für die Schafhaltung im Gelände.
Aufgrund der extensiven Beweidung ist das Grünland gemessen an der Lage in der
weiten, intensiv genutzten Feldflur vergleichsweise artenreich, allerdings nicht in dem
Maße wie ähnliche Flächen entlang des Rurufers in den dortigen Naturschutzgebieten. Bei den Kartierungen zur Artenschutzprüfung fielen etwa ein Dutzend Arten von
Tagfaltern auf, darunter Schwalbenschwanz, Braungerändertes Ochsenauge und
Kleiner Heufalter. Mit der Blauflügligen Ödlandschrecke und dem Weinhähnchen
konnten auch wärmeliebende Heuschreckenarten gefunden werden.
Als charakteristische Vogelart für diese Grünlandflächen stellte sich das Schwarzkehlchen heraus, dessen Vorkommen in der Artenschutzprüfung näher untersucht
wurde. Als Insekten fressende Vogelart ist das Schwarzkehlchen auf solche Gebiete
angewiesen, weil es in der heutigen Agrarlandschaft nicht mehr hinreichend Nahrung findet.
2
Stadt Jülich
Bebauungsplan Nr. A 27
Landschaftspflegerischer Fachbeitrag
Im äußeren Bereich des westlichen Teilgebietes hat sich eine gar nicht genutzte
Brachfläche mit lockeren Gehölzstrukturen entwickelt, weil hier der Boden von
Trümmerschutt übersäht ist. Diese Fläche wurde aus dem Plangebiet daher ausgeschlossen. Der strukturreiche Geländeteil ist für mehrere Vogelarten von Bedeutung
wie Goldammer, Dorngrasmücke, Bluthänfling und Sumpfrohrsänger.
Entlang der gesamten südlichen Grenze des westlichen Teilgebietes stehen Gehölzund Baumgruppen in einer Reihung, die noch den Standorten der ehemaligen Sendemasten entspricht. Es handelt sich überwiegend um sehr großkronig gewachsene
Silber-Ahorn-Bäume, die seinerzeit gezielt so angepflanzt worden sind. Entlang der
östlichen Grenze des nördlichen Teilgebietes wiederholt sich diese Struktur undeutlich, da sich hier ein durchgängigerer Gebüschsaum entlang des Zaunes entwickelt
hat, in den aber auch einige größere Laubbäume eingebunden sind. Auf der jeweils
nördlichen grenze beider Arme gibt es dagegen nur selten größere Gehölze. Die
großkronigen Bäume haben sich als bedeutsam für Greifvogelbruten herausgestellt.
Die niedrigeren Gebüsche sind von Singvögeln wie Dorngrasmücken besetzt.
Jeweils innerhalb der Flächen finden sich nur wenige einzelne Baumgruppen. Im
nordöstlichen Teilbereich wurde eine von ihnen durch Blitzeinschlag erheblich beschädigt. Außerdem gibt es im gesamten Plangebiet immer wieder vereinzelt auch
kleinere Fundamentreste aus Beton. Eine dieser Strukturen wurde zu Beginn der
Brutzeit von einem Paar des sehr seltenen Steinschmätzers aufgesucht, der hier
aber doch nicht brütete.
2.4
Verschattung durch Vegetation
Die Erhaltung der großkronigen Bäume am Südrand des westlichen Armes hat für
eine Nutzung als Solarfeld natürlich Auswirkungen im Hinblick auf den Schattenwurf.
Zur Verdeutlichung wird im Folgenden die berechnete Verschattung zu unterschiedlichen Jahres- und Tageszeiten dargestellt (siehe Abbildungen 1 bis 6).
In einer Tabelle wurde für 3 Termine ermittelt, wie hoch der Anteil der verschatteten
Flächen an den überbaubaren Flächen ist. Gemäß Tabelle sind am 21. März und am
21. September jeweils um 9:00 Uhr ca. 7 % der überbaubaren Flächen verschattet.
Dieser Wert sinkt bis 12:00 Uhr auf ca. 5 % und bis 15:00 Uhr auf ca. 4 bzw. 3,5 %
ab. In den Zeiten vor dem 21. März und nach dem 21. September steigt der errechnete Verschattungswert aufgrund des Sonnentiefstandes zu allen Tageszeiten,
wobei dann die Bäume aber nicht mehr belaubt sind.
Verschattung durch die 9 Ahornbäume am Südrand des westlichen Teilgebietes
Verschattete Flächen innerhalb
überbaubarer Flächen
Anteil an den überbaubaren
Flächen (47.499 m²)
21. März
9 Uhr
12 Uhr
15 Uhr
Ø
3.407 m²
2.300 m²
1.829 m²
7,2 %
4,8 %
3,9 %
5,3 %
21. Juni
9 Uhr
12 Uhr
15 Uhr
Ø
1.226 m²
577 m²
0 m²
2,6 %
1,2 %
0%
1,3 %
21. September
9 Uhr
12 Uhr
15 Uhr
Ø
3.169 m²
2.214 m²
1.622 m²
6,7 %
4,7 %
3,4 %
4,9 %
3
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Landschaftspflegerischer Fachbeitrag
Abbildungen 1 - 3
4
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Landschaftspflegerischer Fachbeitrag
Abbildungen 4 - 6
5
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Bebauungsplan Nr. A 27
2.5
Landschaftspflegerischer Fachbeitrag
Landschaftsbild und Naherholung
In der weiträumig ausgeräumten und praktisch völlig ebenen Bördenlandschaft fällt
der Gehölzbewuchs im Plangebiet durchaus auf. Es gibt ansonsten nur noch ein
sehr kleines Wäldchen südwestlich der Anlage in dem Bereich, wo die Merscher Höhe über eine Geländestufe zum Rurtal hin abfällt.
Früher war die Sendeanlage selbst eine auffällige Landmarke im Raum. Diese Funktion hat das Gelände ohne die Sendemasten natürlich nicht mehr.
Da das Gelände nicht zugänglich ist, hat es keine Bedeutung für die Naherholung.
Generell sind auch die Feldwege im Umfeld kaum besucht. Vom in dieser Hinsicht
bedeutsamen Rurtal aus ist das Plangebiet nicht direkt zu sehen. Die knapp westlich
der Sendeanlagen beginnende Geländestufe zum Rurtal hin ist aber bereits Teil der
dort gemäß Regionalplan dargestellten „Fläche für den Schutz der Landschaft und
landschaftsorientierten Erholung“.
3
Eingriffsbeschreibung
Die ehemalige Nutzung als Sendeanlage hat nur punktuell tatsächlich Flächen beansprucht. Man kann sagen, dass dem damaligen Eingriff in das Landschaftsbild
durch die Aufgabe von fast 30 ha ackerfähigem Boden und seine extensive Beweidung eine Art Ausgleich gegenüber stand, auch wenn es eine Eingriffsregelung in
diesem Sinne noch nicht gab und die Flächen nur aus technischen Gründen der bisherigen Nutzung entzogen wurden.
Der Eingriff ins Landschaftsbild durch die Masten ist nun entfallen. Die künftige Nutzung als Solarfeld beansprucht dagegen Fläche. Allerdings werden die Module auf
gabionenartige Drahtgestelle aufgebracht, die keinen Eingriff in den Boden notwendig machen. Unter den Modulen kann sich eingeschränkt weiterhin Vegetation entwickeln, da die Module schräg stehen und einen Abstand von 0,8 bis 2,20 m über
dem Boden einhalten. Die Modulreihen haben zudem einen gewissen Abstand untereinander, der eine teils direkte, teils indirekte Belichtung des Bodens ermöglicht.
Bodenorientierte Organismen können die Flächen somit weiterhin eingeschränkt
nutzen. Abgeschreckt werden vor allem anspruchsvollere (Vogel-)Arten, die die Fläche nicht mehr als Grünland erkennen und annehmen. Der Grad der diesbezüglichen Einschränkung kann nur grob abgeschätzt werden. Moderne Photovoltaikanlagen haben keine so stark reflektierenden Oberflächen mehr. Deshalb wird davon
ausgegangen, dass sie nicht für Wassertiere irrtümlich attraktiv wirken.
Ziel ist, die Bodenvegetation beim Aufstellen der Module möglichst wenig zu beeinträchtigen und durch Beibehaltung der extensiven Schafbeweidung den Biotopwert
des Grünlandes zu sichern. Maßstab für das Gelingen ist besonders die Präsenz der
wertgebenden und rechtlich planungsrelevanten Vogelart Schwarzkehlchen. Da es
Solarparks gibt, die von dieser Vogelart besiedelt sind, kann dies auch gelingen. Jedoch besiedeln Schwarzkehlchen keineswegs grundsätzlich alle Solarfelder, sodass
im Einzelfall ein Nachweis des Erfolgs notwendig ist.
Die Verschattung des geplanten Solarfeldes durch die großkronigen Bäume ist vergleichsweise gering und zeitlich begrenzt. Ihre Erhaltung als Brutplatz für gesetzlich
geschützte Greifvogelarten ist in der ansonsten ausgeräumten Feldflur dagegen von
großer Bedeutung.
Parallel zum jeweils südlichen Plangebietsrand soll der vorhandene befestigte Weg
als solcher erhalten bleiben. Dadurch ergibt sich die Möglichkeit, den Grünstreifen
zwischen Weg und Zaun zu erhalten. Dies dient auch der Erhaltung des namenlosen
Gewässers dort.
Der mehr zentral durch die Plangebietsteile verlaufende zweite Weg wird dagegen
aufgegeben, wenn auch nicht rückgebaut. Er wird dann von den Modulen teilweise
abgedeckt. Gleiches gilt für sonstige Fundamentreste im Gelände.
6
Stadt Jülich
Bebauungsplan Nr. A 27
4
Landschaftspflegerischer Fachbeitrag
Maßnahmen der Vermeidung und des Ausgleichs
Die Gehölze entlang des Zaunes sollen erhalten bleiben, obwohl vor allem die großkronigen Bäume am Südrand zeitweise Schatten auf Teile des Solarfeldes werfen.
Davon sind zu ungünstigen Zeiten bis zu etwa 5 % der Fläche betroffen. Zeitweise
haben sie aber auch gar keinen Einfluss. Da die Bäume Brutplätze für Greifvögel
bieten, ist ihre Erhaltung aber artenschutzrechtlich geboten, da in der ausgeräumten
Agrarflur zu wenige Alternativen für Brutreviere bestehen.
Lineare Gebüsche gibt es insbesondere am Ostrand des nördlichen Armes. Auch
hier gibt es zu beachtende Brutvogelarten, z.B. Dorngrasmücken. Für diese Tiere ist
es aber unproblematisch, wenn die Gehölze in ihrem Höhenwuchs begrenzt werden,
wenn ein Rückschnitt nicht unter 2 m Höhe, nicht jährlich und nicht während der
Brutzeit erfolgt. Eine solche Pflegemöglichkeit ist daher festzusetzen.
Es gibt einzelne Gehölzinseln inmitten der Plangebietsflächen. Diese werden vollständig entfernt, um zusammenhängende Solarflächen zu ermöglichen. Als Ausgleich für diesen Verlust werden Gehölzpflanzungen entlang der bisher weitgehend
offenen Nordgrenzen beider Plangebietsteile festgesetzt. Jedoch sind hier Belange
des Artenschutzes im Hinblick auf das Schwarzkehlchen zu beachten, weshalb entgegen der ursprünglichen Absicht keine durchgängigen Hecken gepflanzt werden
können. Schwarzkehlchen benötigen offene Brachlandschaften mit nur einzelnen
Gebüschen, unter denen dann aber die Nester am Boden angelegt werden. Eine zu
kräftige Gehölzentwicklung fördert konkurrierende Arten wie die Dorngrasmücke.
Daher wird festgesetzt, entlang der Nordgrenze nur einzelne Gebüschpflanzungen
am Zaun anzuordnen. Diese Gebüsche sollen aber auch die Außenansicht der Anlage von Norden her auflockern, sind also keineswegs völlig entbehrlich. An der
Südgrenze des westlichen Arms gibt es bereits Brombeergebüsche entlang des
Zaunes, die nicht beseitigt werden dürfen.
Im Hinblick auf den Gehölzbestand sind Eingriff und Ausgleich damit innerhalb des
Plangebietes ausgeglichen.
Die extensiv von Schafen beweideten Grünlandflächen sollen grundsätzlich auch unter den Solarmodulen erhalten bleiben. Durch die Mindesthöhe der schräg aufgestellten Module von 0,80 m können Schafe auch weiterhin flächendeckend das Gras
erreichen. Die Schafe dürfen jedoch nicht zugefüttert werden, um eine Anreicherung
von Nährstoffen in der Fläche zu vermeiden. Eine solche Anreicherung wäre auch
widersinnig, da dies den Pflegeaufwand durch verstärkten Aufwuchs immer mehr erhöhen würde.
Durch die Solarmodule wird die bisher gleichförmige Graslandschaft im Hinblick auf
Besonnung und Regenversorgung differenziert. Es verbleiben wenige gut besonnte
Flächen und entstehen halb schattige bis schattige Bereiche. Unter den Modulen
kann der Boden trockener werden, an anderen Stellen feuchter. Generell ist aber
aufgrund der Verschattung eine gewisse Verschlechterung der Biotopqualität z.B. für
Insekten und damit für Insekten fressende Vogelarten anzunehmen. Für Greifvögel
sind Beutetiere am Boden voraussichtlich gar nicht mehr erreichbar. Diese Nachteile
werden in der ökologischen Bilanz berücksichtigt. Der daraus errechnete Eingriff in
Natur und Landschaft kann innerhalb des Plangebietes nicht ausgeglichen werden.
Dazu sind externe Maßnahmen im naturräumlichen Umfeld nachzuweisen, z.B. über
die Inanspruchnahme eines Öko-Kontos.
Die nicht von der Plangebietsgrenze erfassten Teile des westlichen und nördlichen
Arms der ehemaligen Sendeanlagen sind für die Erhaltung verschiedener Brutvogelarten von Bedeutung, die von hier aus auch die Grünflächen innerhalb des Plangebietes als Nahrungsraum nutzen können, aber nicht innerhalb der Solarfelder brüten
würden. Es ist daher zur Eingriffsvermeidung geboten, diese Flächen zu erhalten.
Dies kann durch eine vertragliche Bindung erfolgen. Innerhalb des nördlichen Armes
liegen Fundamentreste, die aus dem Plangebiet in den verbleibenden Restteil zu
verlagern sind, weil sie für den sehr seltenen Steinschmätzer von Bedeutung sind.
7
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Bebauungsplan Nr. A 27
5
Ökologische Bilanzierung
5.1
Methodik
Landschaftspflegerischer Fachbeitrag
Die Bewertung der Biotoptypen erfolgt anhand der ‚Methode zur ökologischen Bewertung der Biotopfunktion von Biotoptypen’ nach LUDWIG (1991). Diese Methode
erlaubt eine Differenzierung der Bewertung nach den verschiedenen Teilkriterien:
Natürlichkeitsgrad, Wiederherstellbarkeit, Gefährdungsgrad, Maturität (Reifegrad des
Biotops), Struktur- und Artenvielfalt und Häufigkeit. Das Kriterium Vollkommenheit
wird hier nicht betrachtet, da es nur bei komplexeren Biotoptypen von Bedeutung ist.
Die Teilkriterien erlauben es, begründete Annahmen über eine partielle Minderung
eines ökologischen Wertes zu treffen. Das ist bei vereinfachten Methoden, die das
Land Nordrhein-Westfalen für die Bauleitplanung bereitgestellt hat, so nicht möglich.
Die Bewertungen erfolgen zudem spezifisch für 5 unterschiedliche Naturräume in
NRW, hier für den Naturraum 3 (Lößbörden-Landschaft).
5.2
Biotoptypenbeschreibung
5.2.1 Bestand
Es werden im Plangebiet folgende Biotoptypen differenziert:
Wiesen/Grünlandbrache als überwiegender Biotoptyp, Feldgehölze mit höchstens
geringem Baumholz (Hecken und Gebüsche) und mit Einzelbäumen (starkes Baumholz) als gliedernde Strukturen, der Graben als temporäres Gewässer und die versiegelten Flächen (Wege und Fundamente) als baulich vorbelastete Bereiche.
Bewertung der Biotopfunktion gemäß LUDW IG 1991
LÖBF- Biotoptyp
Code
(Kurzbezeichnung)
EE 5 trockene Wiese / Brache
BA 11 Feldgehölz (Gebüsche)
BA 13 Feldgehölz (Bäume)
FV 3 temporäres Gewässer
HY 1 versiegelte Flächen
Punkte
BW A
N
W
G
M
S
H
V
3
4
4
4
0
2
3
4
4
0
3
3
4
3
0
3
3
3
2
0
3
3
4
3
0
3
3
4
3
0
0
0
0
0
0
17
19
23
19
0
§
N
N
N
N = Natürlichkeit, W = Wiederherstellbarkeit, G = Gefährdungsgrad, M = Maturität,
S = Strukturvielfalt, H = Häufigkeit, V = Vollkommenheit, BW = Biotopwert (Summe),
A = Ausgleichbarkeit (N = nicht ausgleichbar), § = gesetzlich geschützter Biotoptyp.
Die Schafbeweidung dient der Unterdrückung von Gehölzaufwuchs. Aufgrund ihres
extensiven Charakters haben die Grünlandflächen zu jeder Jahreszeit eher das Erscheinungsbild von Brachland. Weder die höhere Bewertung von extensiv genutzten
artenreichen Grünlandflächen noch die geringere Bewertung von intensiv genutztem
kurzrasigem Grünland entspräche dem besser.
Alle Gehölze wirken innerhalb der weiten offenen Agrarflächen als Feldgehölze, z.B.
in ihrer Funktion als Sitzwarten, Nistplatz oder Versteck, aber auch mit Defiziten wie
der fehlenden Waldbodenbildung.
Zur Flächenermittlung wurde für jedes der beiden Teilgebiete ein eigener Plan angefertigt. Daher gibt es auch jeweils zwei getrennte Tabellen für die Wertermittlung:
8
Stadt Jülich
Bebauungsplan Nr. A 27
Bestandsbewertung TG 1
Landschaftspflegerischer Fachbeitrag
trockene Wiese / Brache EE 5
Feldgehölz (Gebüsche) BA 11
Feldgehölz (Bäume) BA 13
temporäres Gewässer FV 3
versiegelte Flächen HY 1
Bestandsbewertung TG 2
m2
Punkte /m2
Punkte
17
19
23
19
0
49.666
827
1.265
818
5.202
844.322
15.713
29.095
15.542
0
Summe
57.778
904.672
m2
Punkte
Punkte /m2
trockene Wiese / Brache EE 5
Feldgehölz (Gebüsche) BA 11
Feldgehölz (Bäume) BA 13
versiegelte Flächen HY 1
17
19
23
0
21.311
3.641
767
3.473
362.287
69.179
17.641
0
Summe
29.192
449.107
Es ergibt sich ein ökologischer Wert nach LUDWIG (1991) von 1.353.779 Punkten.
5.2.2 Planung
Die Bewertung von Feldgehölzen, dem temporären Gewässer und den versiegelten
Flächen ändert sich nicht. Durch das Aufstellen der Photovoltaikanlagen gibt es aber
Veränderungen im Bereich der Wiesenbiotope. Wiesen sind von Natur aus sonnenexponierte Biotope. Daher wirkt sich die Verschattung bei den Faktoren Natürlichkeit,
Gefährdung und Strukturvielfalt aus. Aufgrund der schräg stehenden Module gibt es
graduelle Übergänge, aber letztlich ist die gesamte Fläche betroffen, weil sich der
Abstand der Module daran bemisst, dass sie sich nicht gegenseitig beschatten. Es
wird für jeden dieser Faktoren ein Punkt abgezogen, sodass nun ein Wert von 14
Punkten für diesen „künstlichen“ Biotoptyp erreicht wird.
Bewertung der Biotopfunktion gemäß LUDW IG 1991
LÖBF- Biotoptyp
Code
(Kurzbezeichnung)
EE 5x Wiese unter Solarmodulen
Punkte
BW A
N
W
G
M
S
H
V
2
2
2
3
2
3
0
§
14
N = Natürlichkeit, W = Wiederherstellbarkeit, G = Gefährdungsgrad, M = Maturität,
S = Strukturvielfalt, H = Häufigkeit, V = Vollkommenheit, BW = Biotopwert (Summe),
A = Ausgleichbarkeit (N = nicht ausgleichbar), § = gesetzlich geschützter Biotoptyp.
Unter Berücksichtigung der entsprechenden Flächenwerte ergibt sich folgende Bewertung des Planungszustandes:
9
Stadt Jülich
Bebauungsplan Nr. A 27
Planbewertung TG 1
Landschaftspflegerischer Fachbeitrag
Punkte /m2
Wiese unter Solarmodulen EE 5x
Feldgehölz (Gebüsche) BA 11
Feldgehölz (Bäume) BA 13
temporäres Gewässer FV 3
versiegelte Flächen HY 1
Planbewertung TG 2
m2
Punkte
14
19
23
19
0
47.856
2.637
1.265
818
5.202
669.984
50.103
29.095
15.542
0
Summe
57.778
764.724
Punkte /m2
m2
Punkte
Wiese unter Solarmodulen EE 5x
Feldgehölz (Gebüsche) BA 11
Feldgehölz (Bäume) BA 13
versiegelte Flächen HY 1
14
19
23
0
23.733
1.986
0
3.473
332.262
37.734
0
0
Summe
29.192
369.996
Es ergibt sich ein ökologischer Wert nach LUDWIG (1991) von 1.134.720 Punkten.
5.3
Ergebnis der Eingriffsbewertung
Es verbleibt ein ökologisches Defizit durch die Verschattung der Wiesenflächen, das
nach der Methode LUDWIG (1991) mit 219.059 Punkten berechnet wurde, das entspricht gut 16 % des Ausgangswertes, d.h. 84 % des ökologischen Wertes bleiben
erhalten. Ein Ausgleich ist nur über eine externe Kompensation möglich.
6
Zusammenfassung
Jeweils ein größerer Teil des westlichen und nördlichen Armes der dreiarmigen
ehemaligen Sendeanlage auf der Merscher Höhe soll für eine neue Folgenutzung
als Photovoltaikanlage umgewidmet werden. Der randliche Gehölzbestand wird aus
Gründen des Vogelschutzes erhalten, während die kleineren Feldgehölze im Inneren
der Fläche gerodet werden. Der Anteil bereits versiegelter Flächen bleibt unverändert und wird zu einem Teil als Weg genutzt. Auf den Flächen des Plangebietes
werden Solarmodule aufgesetzt, die nicht im Boden verankert sind. Sie stehen
schräg in einer Höhe zwischen 0,8 und maximal 3,0 m Höhe. Damit kann der hier
vorhandene Wiesenbiotop weiterhin durch Schafbeweidung extensiv gepflegt werden, was auch zu seiner Erhaltung erforderlich ist. Die Teilverschattung der Wiese
hat aber Auswirkungen auf den ökologischen Wert.
Es verbleibt nach der Methode LUDWIG (1991), die eine differenzierte Bewertung
nach verschiedenen Kriterien erlaubt, ein ökologisches Defizit von gut 16% des Ausgangswertes, was 219.059 Punkten entspricht. Dies erfordert eine externe Kompensationsmaßnahme z.B. im Rahmen der Beanspruchung eines Öko-Kontos.
10