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Sitzungsvorlage (Anl. 3 2017-07-14 Anfrage Jülich Antwort)

Daten

Kommune
Jülich
Größe
133 kB
Datum
14.09.2017
Erstellt
02.09.17, 12:00
Aktualisiert
02.09.17, 12:00
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Postfach 10 39 52•40030 Düsseldorf Kaiserswerther Straße 199-201 40474 Düsseldorf Telefon 0211•4587-1 Telefax 0211•4587-211 E-Mail: info@kommunen-in-nrw.de pers. E-Mail: jan.fallack@kommunen-in-nrw.de Internet: www.kommunen-in-nrw.de Städte- und Gemeindebund NRW•Postfach 10 39 52•40030 Düsseldorf Per E-Mail: hgervens@juelich.de Stadt Jülich Herrn Heinz-Günter Ervens Große Rurstraße 17 52428 Jülich Aktenzeichen: 46.1.3-001/001 Ansprechpartner: Referent Dr. iur. Jan Fallack, LL.M. Durchwahl 0211•4587-236 14. Juli 2017 _ Übernahme der Grabpflege durch den Friedhofsträger Ihre Anfrage vom 17.05.2017 Sehr geehrter Herr Bürgermeister Fuchs, sehr geehrter Herr Ervens, sehr geehrte Damen und Herren, wir nehmen Bezug auf Ihr Schreiben vom 17.05.2017, sehr geehrter Herr Ervens, mit dem Sie um Rückmeldung betreffend die Frage nach dem korrekten Umgang mit der – in unterschiedlichen Fallvarianten – durch den Friedhofsträger dauerhaft zu übernehmenden Grabpflege baten. Dieser Bitte kommen wir selbstverständlich gerne nach. Wir bitten wegen der in größerem Umfang als gewöhnlich in Anspruch genommenen Bearbeitungszeit vielmals um Entschuldigung. Die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen und der diesbezügliche Abstimmungsbedarf haben die Kapazitäten der Geschäftsstelle intensiver gebunden als es der übliche Politikbetrieb in der Regel zu tun pflegt. Die Stadt Jülich ist zunächst grundsätzlich dazu berechtigt, für die Nutzer ihrer Friedhöfe Grabpflegeleistungen zu erbringen (siehe unter 1). Je nach Ausgestaltung sind die in Rede stehenden Konstellationen rechtlich problematisch oder nicht (siehe unter 2). Wir erlauben uns, Ihnen einen Vorschlag für die künftige Handhabung zu unterbreiten (siehe unter 3). Im Einzelnen: 1. Im Allgemeinen: Zulässigkeit von Grabpflegeleistungen der öffentlichen Hand Bei der Grabpflege handelt es sich unzweifelhaft um Leistungen, die nicht zur Erfüllung eines öffentlichen Zwecks erforderlich sind und durch private Unternehmer mindestens ebenso gut und wirtschaftlich erbracht werden können wie durch die öffentliche Hand. Die Erbringung dieser Leistungen stellt damit eine – gemäß § 107 Abs. 1 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) eigentlich unzulässige – wirtschaftliche Betätigung der Kommune dar. Allerdings gilt für den Betrieb von Bestattungseinrichtungen eine Bereichsausnahme nach § 107 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 (dritter Spiegelstrich) GO NRW, sodass unter kommunalverfassungsrechtlichen Gesichtspunkten gegenüber der Erbringung von Grabpflegeleistungen grundsätzlich nichts zu erinnern ist. Dies bedeutet allerdings nicht, dass nicht unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten Bedenken bestehen können (siehe unter 2). S. 1 v. 4 2. Im Besonderen: Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen Rechtsprechung und Literatur gehen davon aus, dass der Friedhofsträger in rechtlich unbedenklicher Weise mit den Nutzern seiner Einrichtungen Austauschverträge nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) über die Erbringung von Grabpflegeleistungen schließen kann, siehe pars pro toto Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 11. Aufl. 2016, Kap. 12 Rn. 32 (S. 294). Bedenklich ist die Rechtskonstruktion hingegen immer dann, wenn der Friedhofsträger die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben mit seiner eigenen wirtschaftlichen Betätigung vermengt, vgl. BGH, Urt. v. 24.09.2002 – KZR 4/01 (Unterlassungsanspruch aus § 33 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen [GWB]), in: GRUR 2003, 167-169 (passim) = BeckRS 2002, 30284003. In diesen Fällen droht die besondere Stellung des mit Hoheitsgewalt ausgestatteten Staates stets zum Instrument zur Förderung seiner wirtschaftlichen Interessen zu werden. Diese Interessenverquickung ist deshalb besonders sensibel, weil sie mit Eingriffen in das Grundrecht des Grabnutzungsberechtigten auf allgemeine Handlungsfreit in Gestalt des Rechts auf Entscheidung über die Grabgestaltung aus Art. 2 Abs. 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland (GG) sowie in das Grundrecht auf Berufs(ausübungs)freiheit privater Konkurrenten aus Art. 12 GG einhergeht, siehe VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 03.02.2010 – 14 L 22/10, in: BeckRS 2010, 46184. Folgende Konstellationen sind zu unterscheiden: 2.1 Unmittelbarer Ausschluss privater Friedhofsgärtner durch Friedhofssatzung In Ansehung von Grabpflegeleistungen wird man davon auszugehen haben, dass im Lichte eines modernen Grundrechtsverständnisses jedenfalls der vollständige Ausschluss privater Friedhofsgärtnereien durch die Friedhofssatzung – wenn überhaupt – nur auf der Grundlage eines förmlichen Gesetzes erfolgen darf, siehe Hurst, in: Peters, Handbuch der kommunalen Wissenschaft und Praxis, Bd. 2, § 116 (S. 892); vgl. VG Berlin, Urt. v. 07.10.2015 – 21 K 146.15 (kirchlicher Friedhofsträger), in: BeckRS 2015, 54017 – Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen: OVG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 20.10.2016 – OVG 12 N 81.15, in: BeckRS 2016, 53488. Eine solche formal-gesetzliche Grundlage existiert in Nordrhein-Westfalen nicht, sodass eine entsprechende Gestaltung der Friedhofssatzung in jedem Fall kritisch wäre. 2.2 Mittelbarer Ausschluss privater Friedhofsgärtner durch Friedhofsgebührensatzung Nach Auffassung der Geschäftsstelle differenziert zu betrachten sind demgegenüber Fälle, in denen der Friedhofsträger privaten Konkurrenten zwar Zugang zum Markt gewährt, durch Gestaltung der Friedhofsgebührenlandschaft aber dafür sorgt, dass jene nicht zum Zuge kommen. Auch dann kann ein privater Anbieter zwar Grundrechtsschutz gegen wirtschaftliche Konkurrenz durch den Friedhofsträger in Anspruch nehmen, S. 2 v. 4 siehe Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 11. Aufl. 2016, Kap. 23 Rn. 15 (S. 417); vgl. OVG Münster, Beschl. v. 13.08.2003 – 15 B 1137/03, in: NVwZ 2003, 1520-1524 (passim) = BeckRS 2003, 23914; OVG Münster, Beschl. v. 23.03.2005 – 15 B 123/05, in: NVwZ-RR 2005, 738 f. (passim) = BeckRS 2005, 24965. In solchen Fällen wird es aber regelmäßig darauf ankommen, ob diese Handhabung im Friedhofszweck wurzelnden sachlichen Gründen entspringt. Anhand dieses Kriteriums wird man die durch Ihr Schreiben vom 17.05.2017, sehr geehrter Herr Ervens, zur Beurteilung gestellten Sachverhalte im Ergebnis unterschiedlich zu bewerten haben. 2.2.1 „Pflegefreie“ Wahlgräber Soweit es die „pflegefreien“ Wahlgräber betrifft, sprechen die besseren Argumente dafür, dass die Verrechnung der Pflegeleistungen über die Grabnutzungsgebühr unzulässig wäre. Denn der Friedhofszweck – Vorhaltung eines Orts des würdigen Gedenkens an die Verstorbenen – gebietet es nicht, jedes einzelne „pflegefreie“ Wahlgrab durch den Friedhofsträger betreuen zu lassen. Der offensichtlich eigenständige Charakter dieser Grabstätten erlaubt es vielmehr, den Grabnutzungsberechtigten ein Mindestmaß an Entscheidungsfreiheit darüber zu belassen, wann, wie und mit welcher Qualität die Grabstätte durch Dritte gepflegt wird. Die Situation stellt sich insoweit nicht anders dar als bei „pflegebedürftigen“ Wahlgräbern. Durch die Einrechnung der Pflegekosten in die Grabnutzungsgebühr wäre den Grabnutzungsberechtigten dieses Wahlrecht aber faktisch genommen, weil seine theoretisch mögliche Ausübung praktisch mit der Pflicht zur doppelten Bezahlung der Pflegeleistung einherginge. Fehlt es vor diesem Hintergrund an im Friedhofszweck wurzelnden sachlichen Gründen für diese Art der Gebührengestaltung, muss sich auch der mit ihr verbundene Eingriff in die Berufsfreiheit privater Konkurrenten als unverhältnismäßig erweisen. 2.2.2 „Rasenreihengräber“ Die vorgenannten Bedenken (siehe unter 2.2.1) greifen nach Auffassung der Geschäftsstelle bei „Rasenreihengräbern“ nicht durch, vgl. VGH Kassel, Urt. v. 18.06.2009 – 8 C 2265/08, in: NVwZ-RR 2009, 852-854 (passim) = BeckRS 2009, 35839; VGH Kassel, Urt. v. 02.10.2014 – 8 C 305/14.N, in: BeckRS 2014, 58735. Beide Entscheidungen stützen sich allerdings letztlich auf die sogenannte Besitzstandsklausel des hessischen Rechts. Insoweit sind im Friedhofszweck wurzelnde sachliche Gründe für eine Einrechnung des Pflegeaufwands in die Friedhofsgebühren gegeben. Denn der Charakter dieser Grabstätten ist maßgeblich durch ihre Einfügung in das Gesamtbild der Rasenfläche geprägt. Der Friedhofszweck erfordert es, dass der Einrichtungsträger für die Erhaltung dieser einheitlichen Erscheinung Sorge trägt. Die Grabnutzungsberechtigten können selbstverständlich – wenn sie dies für sinnvoll erachten – private Anbieter mit einer zusätzlichen Grabpflege beauftragen; diese Delegationsbefugnis bleibt ihnen ungenommen. Die Grundpflege kann aber legitimerweise in der Hand des Friedhofsträgers verbleiben und mit dem durch sie ausgelösten Aufwand in die Gebührenkalkulation einbezogen werden. 3. Empfehlung für das künftige Vorgehen Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen schlägt die Geschäftsstelle folgende Handhabung vor: S. 3 v. 4 Sowohl die „pflegefreien“ Wahlgräber als auch die „Rasenreihengräber“ werden in das satzungsmäßige Bestattungsportfolio der Stadt Jülich aufgenommen. In Ansehung der „Rasenreihengräber“ werden die Pflegekosten bei der Kalkulation der Grabnutzungsgebühr berücksichtigt und entsprechend in die Friedhofsgebührensatzung gespiegelt. In Ansehung der „pflegefreien“ Wahlgräber unterbleibt dieser Schritt. Insoweit darf nur ein – aus wettbewerbsrechtlichen Gründen zurückhaltender – Hinweis auf die Möglichkeit des Abschlusses eines Pflegevertrages mit dem Friedhofsträger erfolgen. Jedenfalls wenn ein solcher Vertrag geschlossen würde, wäre wegen § 2b Abs. 1 S. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) für das vereinnahmte Entgelt die Umsatzsteuer abzuführen, siehe BFH, Urt. v. 21.06.2001 – V R 80/99, in: DStR 2001, 1563-1565 (passim) = BeckRS 2001, 24001042. Ob auch die Vereinnahmung der Grabnutzungsgebühren für die „Rasenreihengräber“ eine Umsatzsteuerpflicht auslösen würde, ist fraglich. Nach der in der hiesigen Stellungnahme vorgenommenen Differenzierung sprechen gute Gründe dagegen. Allerdings muss sich die steuerrechtliche Bewertung eines Sachverhalts nicht mit seiner verwaltungsrechtlichen Bewertung decken. Die aus diesem Umstand resultierenden Unsicherheiten wären am sichersten durch Einholung einer verbindlichen Auskunft nach § 89 der Abgabenordnung (AO) bei dem zuständigen Finanzamt Jülich zu beseitigen. Die Auskunft wäre allerdings zum einen kostenpflichtig und müsste zum anderen eingeholt werden, bevor der möglicherweise steuerbare Sachverhat verwirklicht wird. Wir hoffen, Ihnen mit diesen Ausführungen zunächst weitergeholfen zu haben. Selbstverständlich stehen wir Ihnen für Rückfragen jederzeit gerne zur Verfügung. Mit freundlichen Grüßen Im Auftrag S. 4 v. 4