Politik bei uns wird nicht mehr aktiv betreut, eine Datenaktualisierung findet genausowenig statt wie Support.

Wir würden gerne weitermachen. Aber die Ansprüche an die Plattform passen nicht zum vollständig ehrenamtlichen Betrieb. Hintergründe und Ideen zur Rettung finden Sie in diesem Blogartikel.

Sitzungsvorlage (Anlage 4 zu SV 198-2017)

Daten

Kommune
Jülich
Größe
823 kB
Datum
14.06.2017
Erstellt
09.06.17, 09:06
Aktualisiert
09.06.17, 09:06

Inhalt der Datei

Anlage 4 zur Vorlagen-Nr.: 198 / 2017 STADT JÜLICH AUFSTELLUNG DES BEBAUUNGSPLANES KOSLAR NR. 27 "KREISBAHNHOF IV" ARTENSCHUTZRECHTLICHE PRÜFUNG Auftraggeber: Hubertine Noisten Steinweg 8 53347 Wachtberg-Villip Stand November 2016 Bearbeitung: Ginster Landschaft + Umwelt Marktplatz 10a 53340 Meckenheim Tel.: Fax: 0 22 25 / 94 53 14 0 22 25 / 94 53 15 II Bearbeitung: Ginster Claudius Fricke Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" III INHALTSVERZEICHNIS 1 Anlass, Aufgabenstellung und Beschreibung des Vorhabens ................. 1 2 Lage und Abgrenzung des Untersuchungsgebietes ..................................... 1 2.1 Naturräumliche Beschreibung des Untersuchungsgebiets ....................... 3 2.1.1 Jülicher Börde ......................................................................................... 3 2.1.2 Jülich-Linnicher Rurniederung (Unteres Mittelrurtal) ................................ 3 3 Planerische Vorgaben .................................................................................................. 4 4 Mögliche Auswirkungen auf Tierarten ................................................................ 4 4.1 Mögliche Auswirkungen auf Vögel .......................................................... 4 4.2 Mögliche Auswirkungen auf Fledermäuse ............................................... 5 5 Rechtliche Grundlagen................................................................................................. 6 6 Einschätzung der artenschutzrechtlichen Belange ....................................... 8 6.1 Beschreibung der Lebensräume im Gebiet .............................................. 8 6.2 Auswahl der zu berücksichtigenden Arten .............................................. 9 6.3 Beurteilung vor dem Hintergrund der Lebensraumansprüche................ 11 6.3.1 Ausschluss von Arten aufgrund der Habitatausstattung im Untersuchungsgebiet ........................................................................... 11 6.3.2 Potenziell vorkommende Arten............................................................. 14 7 Maßnahmen zur Vermeidung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände .....................................................................................................15 8 ERGEBNIS DER ARTENSCHUTZRECHTLICHEN PRÜFUNG ...........................16 9 Zusammenfassung ......................................................................................................16 Quellen ...............................................................................................................................................17 Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" IV ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Verortung des Geltungsbereiches (unmaßstäbliche Darstellung)(SGP ARCHITEKTEN 2016 geändert durch GINSTER LANDSCHAFT + UMWELT)........................................................................................................................ 2 TABELLENVERZEICHNIS Tabelle 1: Ginster Gesetzliche Definition der Geschützten Arten nach BNatSchG....... 6 Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 1 1 ANLASS, AUFGABENSTELLUNG UND BESCHREIBUNG DES VORHABENS Auf einer Fläche von rund 0,23 ha ist beabsichtigt, eine Service-Wohnanlage inklusive eines Betreuten-Wohnens für Menschen mit einem erhöhten Pflegebedarf zu errichten und zu betreiben. Da der seit dem 28.11.203 rechtskräftige Bebauungsplan Koslar Nr. 18 „Kreisbahnstraße“ auf der Vorhabenfläche Einzel- und Doppelhäuser vorsieht wird der Bebauungsplan gemäß Beschluss des Ausschusses für Planung, Bau und Umwelt der Stadt Jülich vom 28.01.2016 als Bebauungsplan Nr. 27 „Kreisbahnhof IV“ neu aufgestellt. Das Verfahren wird gem. § 13a BauGB durchgeführt. Im Zuge der Neuaufstellung des Bebauungsplans ist eine artenschutzrechtliche Prüfung (ASP) gemäß § 44 BNatSchG und VV-Artenschutz zu erarbeiten. Das vorliegende Gutachten behandelt die Auswirkungen der geplanten Maßnahmen der Änderung des Bebauungsplans auf die planungsrelevanten Arten. Dazu wird mit Hilfe des vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) bereitgestellten Fachinformationssystem in Abstimmung mit den standörtlichen Gegebenheiten eine Liste der potentiell betroffenen planungsrelevanten Arten erstellt. Die geplanten Maßnahmen der Änderung des Bebauungsplans werden anschließend hinsichtlich in Betracht kommender Verbotstatbestände auf die vorkommenden planungsrelevanten Arten geprüft. 2 LAGE UND ABGRENZUNG DES UNTERSUCHUNGSGEBIETES Der rund 0,23 ha große Geltungsbereich des Bebauungsplans liegt im zentralen Stadtgebiet von Jülich-Koslar und umfasst in der Gemarkung Koslar, Flur 4 die Flurstücke 358, 359, 360, 361, 376, 370, 371, 372 und 373. Er grenzt im Nordosten an eine ehemalige Bahntrasse und im Südwesten an die Kreisbahnstraße. Das großräumige Umfeld des Geltungsbereiches setzt sich primär aus Wohnhäusern mit großzügigen Gartenbereichen zusammen. Das Plangebiet stellt sich somit als allseits umbautes Gelände in städtebaulich integrierter Lage dar. Südwestlich des Plangebiets befindet sich der von Norden nach Süden fließende Mühlenteich mit einer in Teilbereichen ausgeprägten, halboffenen Aue. Südöstlich und östlich schließt an die Wohnbebauung ein Gewerbegebiet an, welches weiter östlich durch den Trassenverlauf der BAB 44 begrenzt wird. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 2 Die Verortung des Geltungsbereiches ist in der Abbildung 1 dargestellt. Ortslage Jülich-Koslar Geltungsbereich des Bebauungsplans Nr. 27 Abbildung 1: Verortung des Geltungsbereiches (unmaßstäbliche Darstellung)(SGP ARCHITEKTEN 2016 geändert durch GINSTER LANDSCHAFT Ginster Landschaft + Umwelt + UMWELT) Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 3 2.1 Naturräumliche Beschreibung des Untersuchungsgebiets Die naturräumliche Beschreibung dient einer kurzen Charakterisierung des Vorhabenstandorts und somit der vom Vorhaben in Anspruch genommenen Teile der naturräumlichen Haupteinheiten. Das Untersuchungsgebiet ist der Großlandschaft „Niederrheinische Bucht“ (NRW 55), der Haupteinheit „Jülicher Börde“ (NRW 554) und der Untereinheit „Jülich-Linnicher Rurniederung (Unteres Mittelrurtal)“ (NRW 554.30) zuzuordnen. 2.1.1 Jülicher Börde Die Jülicher Börde wird durch den südlich vorhandenen Eifelabfall und das Aachener Kreide-Hügelland, den Villerand im Osten, den Übergang in die westlich gelegene niederländisch-belgische Bördenzone und die Lößgrenze im Norden begrenzt. Die infolge von tektonischen Bewegungen teils stark reliefierte Hauptterrassenfläche befindet sich auf einer Höhe von 120 bis 55 m ü. NN und ist mit einer bis zu 10-20 m mächtigen Lößdecke ausgestattet. In der Jülicher Börde dominieren tiefgründige und nährstoffreiche Braunerden. Die Landschaft weist in Relation zur Zülpicher Börde einen deutlicheren Einfluss des atlantischen Klimas vor. Mit Ausnahme des südöstlich angrenzenden Bürgewalds und den vorhandenen Flußauen ist die Jülicher Börde nahezu vollständig waldfrei (BLR 1978). 2.1.2 Jülich-Linnicher Rurniederung (Unteres Mittelrurtal) Im Anschluss an die Dürener Rurniederung verbreitert sich die Jülich-Linnicher Rurniederung von der alten Festungs- und Residenzstadt Jülich bis nach Linnich auf maximal fünf Kilometer. Die Niederung umfasst neben der Ruraue ebenfalls angrenzende Niederterrassenleisten. Die Rur ist innerhalb dieser Untereinheit weitgehend reguliert; die ehemaligen Mäander sind in Form von Altarmen und Altwässern entlang des Fließgewässerverlaufes abzulesen. In der Jülich-Linnicher Rurniederung herrschen durchschnittlich ≥ 1 Meter mächtige Auelehme mit mehr oder minder starken Sandkomponenten, die über den Schottern der Niederterrasse abgelagert wurden (BLR 1978). Das Niederschlagsmittel liegt bei rund 700-800 mm pro Jahr. Die mittlere Jahrestemperatur liegt zwischen 10 bis 11 °C. Die vorherrschende Winde wehen aus westlicher Richtung (LANUV o.J.). Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 4 3 PLANERISCHE VORGABEN Der Regionalplan (Gebietsentwicklungsplan) für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Aachen, stellt das Plangebiet als "Allgemeinen Siedlungsbereich" dar. Der Flächennutzungsplan (FNP) der Stadt Jülich weist den Planbereich als "Wohnbaufläche" aus (telefonische Auskunft Bauordnungsamt Jülich). Nationale und internationale Schutzgebiete Im Plangebiet sind keine Natura-2000 Gebiete (FFH- oder Vogelschutzgebiete) nach europäischem Recht und keine nach Bundesnaturschutzgesetz ausgewiesenen Naturparke, Naturschutz-, Landschaftsschutzgebiete, gesetzlich geschützten Biotope und schutzwürdigen Biotope vorhanden. In rund 270 Meter Entfernung zum Geltungsbereich des Bebauungsplans liegt das Landschaftsschutzgebiet "LSG-Rurtal noerdlich der Autobahn A 44". 4 MÖGLICHE AUSWIRKUNGEN AUF TIERARTEN Aus dem Bau der im Bebauungsplan festzusetzenden Gebäude ergeben sich Auswirkungen, die potenziell Verbotstatbestände gemäß § 44 (1) Nr. 1-3 BNatSchG hervorrufen können. Die Auswirkungen werden unterteilt in • mit den Bauarbeiten verbundene Wirkungen = baubedingte Auswirkungen und • durch die zu errichtenden Bauwerke verursachte Wirkungen = anlagebedingte Auswirkungen 4.1 Mögliche Auswirkungen auf Vögel Baubedingte Auswirkungen durch die vorübergehende Inanspruchnahme von Flächen durch Baufelder beim Ausbau der Gebäude sind über die direkte Flächeninanspruchnahme hinaus insoweit zu untersuchen, als bei der Errichtung der Gebäude möglicherweise Austauschbeziehungen temporär betroffen sein können. Beeinträchtigungen sind durch baubedingte Emissionen von Lärm, Licht, Staub und Schadstoffen sowie durch optische Reize und Erschütterungen möglich. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 5 Als anlagebedingte Wirkungen des Vorhabens ist eine direkte, dauerhafte Inanspruchnahme essentieller Lebensräume durch die Gebäude und Nebenflächen möglich. Insbesondere ist hier auf die mögliche Zerstörung bzw. erhebliche Störung von Brutstätten zu achten. 4.2 Mögliche Auswirkungen auf Fledermäuse Baubedingte Auswirkungen können sowohl durch die direkte Inanspruchnahme essentieller Fledermaus-Habitate (Wichtige Jagdgebiete und Flugstraßen bzw. Orientierungsstrukturen) beim Bau von Gebäuden sowie durch die Baustelleneinrichtung und die Lagerung von Baumaterialien entstehen. Besonders ist hierbei auf essentielle Habitatstrukturen (Wichtige Nahrungs- bzw. Jagdgebiete und Flugstraßen oder Orientierungsstrukturen) zu achten. Darüber hinaus sind Beeinträchtigungen von Fledermäusen durch baubedingte Emissionen von Lärm, Staub und Schadstoffen sowie durch optische Reize (Lichtemissionen) und Erschütterungen möglich. Beeinträchtigungen sind u. a. auch bei Nachtbaustellen mit künstlicher Beleuchtung zu erwarten. Die Anlockung von Beuteinsekten birgt ein erhöhtes Unfallrisiko für die jagenden Fledermäuse. Einige Fledermausarten meiden aber auch beleuchtete Bereiche. Als anlagebedingte Wirkung des Vorhabens ist eine direkte, dauerhafte Inanspruchnahme essentieller Lebensräume durch Gebäude möglich. Auch hier ist besonders auf die mögliche Zerstörung bzw. erhebliche Störung essentieller Habitatstrukturen wie wichtige Nahrungs- bzw. Jagdgebiete und Flugstraßen oder Orientierungsstrukturen zu achten. Weiterhin ist zu klären, ob besonders bedeutende Jagdgebiete und Flugkorridore oder Zugwege wandernder Arten durch die Barrierewirkung der Gebäude zerschnitten werden können. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 6 5 RECHTLICHE GRUNDLAGEN Das deutsche Artenschutzrecht gemäß Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) fordert neben dem allgemeinen Artenschutz (Verbot von mutwilliger Beunruhigung, Fangen, Töten oder Verletzen bzw. der Beeinträchtigung oder Zerstörung von Lebensstätten ohne vernünftigen Grund) einen weitergehenden Schutz der "Besonders geschützten Arten" sowie der "Streng geschützten Arten". Bei allen genehmigungspflichtigen Planungs- und Zulassungsverfahren sind auch die Artenschutzbelange zu prüfen. Die Einordnung in streng geschützte und besonders geschützte Arten bezieht sich auf verschiedene Verordnungen und Richtlinien auf Bundes- und EU-Ebene und richtet sich nach der Auflistung in den Anhängen der EU-Artenschutzverordnung (EUArtSchV), der EU-Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH-RL), der EU-Vogelschutzrichtlinie (VS-RL) sowie der Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV). Alle "Streng geschützten Arten" werden zugleich als "Besonders geschützte Arten" geführt. Einen Überblick gibt Tab. 1. Tabelle 1: Gesetzliche Definition der Geschützten Arten nach BNatSchG Einordnung Streng geschützte Arten Besonders geschützte Arten Anhang A oder B der EUArtSchV Bezug Anhang A der EUArtSchV Anhang IV der FFH-RL Anhang IV der FFH-RL Europäische Vogelarten nach VS- Anlage 1, Spalte 3 der BArtSchV RL Anlage 1 Spalte 2 der BArtSchV Für "Besonders geschützte Arten" gilt gemäß § 44 (1) Nr. 1 u. 3 BNatSchG ein Zugriffsverbot (nachstellen / fangen / verletzen / töten / entnehmen, beschädigen oder zerstören der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten). Der Schutz für "Streng geschützte Arten" und der Europäischen Vogelarten1 wird in § 44 (1) Nr. 2 um das Verbot der erheblichen Störung während der "Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten" erweitert. Als erheblich 1 Europäische Vogelarten sind gemäß Artikel 1 der Vogelschutzrichtlinie sämtliche wildlebenden Vogelarten, die im europäischen Gebiet der Mitgliedstaaten heimisch sind. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 7 wird eine Störung definiert, wenn sich dadurch "der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert". In § 44 (5) Satz 5 BNatSchG werden die nur nach nationalem Recht besonders geschützten Arten, d. h. alle geschützten Arten außer den europäisch geschützten Arten des Anhanges IV der FFH-Richtlinie und Europäischen Vogelarten, bei Eingriffen und Vorhaben von den artenschutzrechtlichen Verboten pauschal freigestellt. § 44 (5) BNatSchG eröffnet weiterhin die Möglichkeit der Freistellung von den Bestimmungen des Artenschutzes für Vorhaben im Sinne des § 18 BNatSchG, die nach den entsprechenden Vorschriften des BauGB zulässig sind. Für die Zulassung sind zunächst Vermeidung, Ausgleich und Ersatz von Beeinträchtigungen zu prüfen. Der Eingriff ist zu untersagen, wenn Beeinträchtigungen nicht vermeidbar, ausgleichbar und ersetzbar sind und die Belange von Natur und Landschaft in der Abwägung vorgehen. Für die Freistellung von den artenschutzrechtlichen Verboten muss über die naturschutzrechtliche Genehmigung hinaus der Nachweis erbracht werden, dass die ökologische Funktion der betroffenen Fortpflanzungs- oder Ruhestätten im räumlichen Zusammenhang weiter erfüllt wird. Stehen Ausweichhabitate zur Verfügung, ist zu prüfen, ob die betroffenen Populationen diese nutzen können und somit in ihrem derzeitigen Erhaltungszustand verbleiben. Kann dies nicht ausreichend und langfristig gewährleistet werden, sind geeignete Vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen (CEFMaßnahmen) durchzuführen, deren Wirksamkeit nachzuweisen ist. Die sogenannten Zugriffsverbote, die als Schutzinstrumente für besonders geschützte und bestimmte andere Tier- und Pflanzenarten fungieren, sind im § 44 Abs. 1 BNatSchG verankert. Bei der Durchführung der Artenschutzrechtlichen Prüfung sind die ersten vier Verbote zu beachten, welche wie folgt lauten: Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 8 „§44 (1) BNatSchG: Artenschutzrechtliche Verbote Es ist verboten: 1. wild lebenden Tieren der besonders geschützten Arten nachzustellen, sie zu fangen, zu verletzen oder zu töten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 2. wild lebende Tiere der streng geschützten Arten und der europäischen Vogelarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Mauser- Überwinterungs- und Wanderungszeiten erheblich zu stören; eine erhebliche Störung liegt vor, wenn sich durch die Störung der Erhaltungszustand der lokalen Population einer Art verschlechtert, 3. Fortpflanzungs- oder Ruhestätten der wild lebenden Tiere der besonders geschützten Arten aus der Natur zu entnehmen, zu beschädigen oder zu zerstören, 4. wild lebende Pflanzen der besonders geschützten Arten oder ihre Entwicklungsformen aus der Natur zu entnehmen, sie oder ihre Standorte zu beschädigen oder zu zerstören (Zugriffsverbote) “. 6 EINSCHÄTZUNG DER ARTENSCHUTZRECHTLICHEN BELANGE 6.1 Beschreibung der Lebensräume im Gebiet Die Begehung des Untersuchungsgebietes wurde am 14.11.2016 durchgeführt. Der zukünftig mit Gebäuden der Service Wohnanlage überplante Bereich wird aktuell als mit Gehölzen eingefasste Abstellfläche für Kraftfahrzeuge genutzt. Die aktuelle Flächennutzung ist rein zufälliger Natur, da im rechtskräftigen Bebauungsplan ein Allgemeines Wohngebiet (WA), zweigeschossige Bebauung als Einzel- und Doppelhäuser mit GRZ = 0,4 und GFZ = 0,8 festgesetzt ist. Auf der Fläche sind weder eine Befestigung noch andere für eine Abstellfläche notwendige Elemente (beispielsweise Kantsteine, Abgrenzung der Abstellflächen, Beleuchtung u.s.w.) vorhanden. Der westliche, entlang der Kreisbahnstraße gelegene Teilbereich des Plangebietes wird durch eine Baumreihe aus sieben aufgeasteten, mittelalten Bergahornen (Acer pseudoplatanus) geprägt. Der Unterwuchs besteht aus einer intensiv gepflegten Rasenfläche, welche sich durch einen kleinen Geländesprung (rund 10 cm) von der Abstellfläche abhebt. Im südwestlichen Teil des Geltungsbereiches befindet sich die Auffahrt auf die Abstellfläche, wodurch der Boden durch das häufige Befahren mit Kraftfahrzeugen in Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 9 diesem Bereich stark verdichtet ist; krautige Vegetation fehlt hier. Mit zunehmender Entfernung von der Einfahrt in nordwestliche Richtung stellt sich eine krautige Vegetation ein, die regelmäßig gemäht wird. Der Nordwestliche Abschluss der gehölzfreien Fläche besteht aus einem rund 6 Meter breiten Streifen, der durch eine Dominanz des Landreitgrases (Calamagrostis epigejos) geprägt ist. Die nordöstliche Grenze des Geltungsbereiches wird durch einen Gehölzbestand mit einer Dominanz aus Spitzahornen (Acer platanoides) markiert. In der Baumschicht sind regelmäßig Sandbirken (Betula pendula) eingestreut. Vereinzelt stocken in dem Bestand Tannen (Abies spec.) und Fichten (Picea abies). Die Bäume sind von jungem bis mittlerem Alter. Der Unterwuchs setzt sich aus dem Vorkommen der Kornelkirsche (Cornus mas), Rose (Rosa spec.) und Brombeere (Rubus spec.) zusammen. Der Großteil des nordöstlichen Gehölzbestandes stockt jedoch außerhalb des Geltungsbereiches des Bebauungsplans. Bei der Ortsbegehung konnten keine für planungsrelevante Arten bedeutsamen Habitatstrukturen (beispielsweise Baumhöhlen, abgeplatzte Rinde) an den Gehölzen festgestellt werden. 6.2 Auswahl der zu berücksichtigenden Arten Um eine Liste der durch die Planung betroffenen, artenschutzrechtlich relevanten Arten zu erhalten, werden die Daten herangezogen, die das LANUV (Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW) zu geschützten Arten in Nordrhein-Westfalen im Fachinformationssystem (FIS) zur Verfügung stellt. Eine Überprüfung der gewonnenen Informationen zu möglicherweise betroffenen Arten findet durch eine Beurteilung der durch die Planung betroffenen Biotopstrukturen bezüglich ihrer Eignung als Lebensräume für planungsrelevante Arten statt (Plausibilitätsprüfung). Im Fachinformationssystem (FIS) des LANUV sind vollständige Listen aller planungsrelevanten Arten in Nordrhein-Westfalen enthalten, die das LANUV naturschutzfachlich begründet ausgewählt hat. Planungsrelevante Arten sind bei der artenschutzrechtlichen Prüfung zu bearbeiten. Für jedes Messtischblatt (MTB) in Nordrhein-Westfalen lässt sich eine aktuelle Liste aller nach 2000 nachgewiesenen planungsrelevanten Arten erzeugen. Eine weitere Einschränkung der vor Ort zu erwartenden planungsrelevanten Arten ergibt sich durch eine Analyse der Lebensräume im betroffenen Gebiet. Dazu stellt das Landesamt ein Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 10 System von 27 übergeordneten Lebensraumtypen zur Verfügung, die einzeln oder in Kombination für das betroffene MTB abgefragt werden können. Das für das Vorhaben zutreffende Messtischblatt (MTB) ist das Blatt 5003-4 (4. Quadrant des Messtischblattes Linnich). Die Auswahl der von der Planung direkt betroffenen und der darüber hinaus in dem Geltungsbereich des Bebauungsplanes und deren Umfeld vorhandenen Lebensräume ergibt folgende Liste der im FIS entwickelten Lebensraumtypen: - Brachen, - Vegetationsarme oder -freie Biotope und - Kleingehölze, Alleen, Bäume, Gebüsche, Hecken. Nach der Abfrage sind auf den direkt betroffenen Flächen folgende planungsrelevante Arten zu berücksichtigen: Säugetiere: Europäischer Biber, Feldhamster, Abendsegler, Wasserfledermaus, Zwergfledermaus. Vögel: Feldlerche, Feldsperling, Grauammer, Kiebitz, Kuckuck, Mäusebussard, Mehlschwalbe, Nachtigall, Pirol, Rauchschwalbe, Rebhuhn, Steinkauz, Turmfalke, Waldkauz. Mögliche artenschutzrechtlich relevante Auswirkungen des Vorhabens können für diese Arten Verluste essentieller Lebensräume (§ 44 (1) Nr. 3 BNatSchG) sowie Störungen oder die Verletzung bzw. Tötung von Individuen (§ 44 (1) Nr. 1 u. 2 BNatSchG) sein. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 11 6.3 Beurteilung vor dem Hintergrund der Lebensraumansprüche 6.3.1 Ausschluss von Arten aufgrund der Habitatausstattung im Untersuchungsgebiet Das regelmäßige Vorkommen oder eine Betroffenheit folgender Tierarten bzw. der Fortpflanzungs- oder Ruhestätten kann aufgrund ihrer Habitatansprüche (vgl. PETERSEN et al. 2004, GRÜNEBERG, C. et al. 2013) sowie der habituellen und strukturellen Ausprägung der Biotope im Plangebiet und im Umfeld ausgeschlossen werden: Säugetiere Der Europäische Biber ist eine Charakterart der großen Flussauen und kommt dort im Bereich der Weichholzaue und in Altarmen vor. Generell besiedelt die Art aquatische Lebensräume, die gute Äsungsbedingungen, eine ausreichende Wasserführung und grabbare Substrate im Uferbereich zur Anlage des Baues vorweisen. Es wird eine gleichbleibende Wassertiefe von ungefähr 0,5 bis 1 m bevorzugt. Ideale Lebensräume sind langsam fließende Bäche und Flüsse mit Gehölzsäumen oder größere Stillgewässer (Weiher, Altarme, Seen). Auch kleinere Fließ- und Stillgewässer werden angenommen. Der Feldhamster besiedelt struktur- und artenreiche Ackerlandschaften in tiefgründigen, nicht zu feuchten Löss- und Lehmböden, die sich durch einen > 120 cm tiefen Grundwasserspiegel auszeichnen. Weitere essentielle Habitatelemente sind eine ausreichende Deckung und ein gutes Nahrungsangebot. Die Art besiedelt vorzugsweise Wintergetreide, Mehrjährige Feldfutterkulturen, Sommergetreide oder Körnerleguminosen. Im Fundortkataster für Pflanzen und Tiere ist in rund 80 Meter Entfernung nordwestlich der Plangebietsgrenze ein Zufallsfund des Feldhamsters inmitten eines bebauten Bereiches niedergelegt (LANUV 2016). Da sowohl der Fundort als auch das großräumige Umfeld nicht annähernd den Habitatansprüchen dieser Art entsprechen (s.o.), ist hier von einer Fehleintragung auszugehen. Der Abendsegler gilt als Waldfledermaus, der als Nahrungshabitat offene, hindernisfreie Lebensräume präferiert. Die Art jagt in Höhen von 10 bis 50 Meter über Wasserflächen, Waldgebieten, Einzelbäumen, Agrarflächen sowie beleuchteten Flächen im Siedlungsbereich. Sommerquartiere und Fortpflanzungsgesellschaften befinden sich vorzugsweise in Baumhöhlen, seltener in Fledermauskästen. Generell werden Baumhöhlen in Wäldern und Parklandschaften besiedelt. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 12 Der Habitatkomplex der Wasserfledermaus setzt sich aus einer strukturreichen Landschaft mit einem hohen Gewässer- und Waldanteil zusammen. Das Nahrungs- bzw. Jagdhabitat befindet sich an offenen Wasserflächen an stehenden oder fließenden Gewässern, die mit Ufergehölzen ausgestattet sind. Neben diesen präferierten aquatischen Nahrungshabitaten nutzt die Art auch terrestrische Bereiche wie Wälder, Waldlichtungen oder Wiesen zur Jagd. Die Jagdgebiete werden über festgelegte Routen entlang markanter Landschaftsstrukturen erreicht. Die Sommerquartiere und Wochenstuben werden fast ausschließlich in Baumhöhlen aufgesucht, seltener nutzt die Art Spaltenquartiere oder Nistkästen. Hier ist eine Präferenz von Fäulnis- oder Spechthöhlen in Eichen und Buchen festzustellen. Die Überwinterung findet in großräumigen Höhlen, Stollen, Felsbrunnen und Eiskellern statt. Vögel Als Charakterart der offenen Feldflur besiedelt die Feldlerche reich strukturiertes Ackerland, extensiv genutzte Grünländer, Brachen und größere Heidegebiete in Landschaften mit weitgehend freiem Horizont. Ein hoher Anteil von nacktem Boden erhöht die Habitatqualität. Als Höhlenbrüter und Charaktervogel der bäuerlichen Kulturlandschaft ist der Feldsperling an einen Komplex aus Baumhöhlen, Gebäudenischen oder Nistkästen im Bereich der offenen Kulturlandschaft gebunden. Der Lebensraum der Art sollte mit einem hohen Grünlandanteil, Obstwiesen, Feldgehölzen und Waldrändern ausgestattet sein. Die Grauammer ist eine Charakterart der offenen Ackerlandschaft, die nahezu waldfreie Gebiete mit großflächiger Acker- und Grünlandnutzung besiedelt. Elementare Habitatbestandteile sind Singwarten, beispielsweise einzelne Gehölze, Feldscheunen und Zäune sowie Wege und Säume zur Nahrungsaufnahme. Der Kiebitz bevorzugt als Charaktervogel der offenen Grünlandgebiete feuchte und extensive Ausprägungen dieser Offenlandbereiche. Die Art brütet auch in Äckern, primär in abgeernteten Maisäckern. Der Kuckuck ist als eine, hinsichtlich seiner Habitatansprüche, äußerst variable Art zu beschreiben, die bevorzugt Parklandschaften, Heide- und Moorgebiete, lichte Wälder sowie Siedlungsränder und Industriebrachen besiedelt. Das Nahrungshabitat befindet sich u.a. auf extensiv genutzten Acker- und Grünlandflächen. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 13 Der Mäusebussard nutzt als Lebensraum primär struktur- und gehölzreiche Kulturlandschaften. Als Bruthabitate eignen sich Waldgebiete, Feldgehölze sowie Baumgruppen und Einzelbäume. Die Art ist hinsichtlich der Baumartenwahl für das Bruthabitat weniger anspruchsvoll. Der Lebensraum der in Kolonien brütenden Mehlschwalbe befindet sich bevorzugt im Außenbereich von freistehenden, großen Einzelgebäuden. Zur Nahrungsaufnahme werden insektenreiche Gewässer oder landwirtschaftlich genutzte Flächen aufgesucht. Des Weiteren benötigt die Art innerhalb ihres Habitatkomplexes Lehmpfützen oder Schlammstellen für den Nestbau. Das Habitat der Nachtigall befindet sich in gebüschreichen Rändern von Laub- und Mischwäldern, Feldgehölzen, Gebüschen, Hecken sowie naturnahen Parkanlagen und Dämmen. Die Art weist bei der Habitatwahl eine Präferenz zu gewässernahen Bereichen vor. Die Krautschicht sollte für die Brut und Nahrungssuche ausgeprägt sein. Lichte, feuchte und sonnige Laubwälder, Auwälder und Feuchtwälder in Gewässernähe sind das bevorzugt besiedeltes Habitat des Pirols. Die Art legt ihr Nest in bis zu 20 m Höhe in den Laubgehölzen an. Die Rauchschwalbe legt ihre Nester im Inneren von Gebäuden an. Der Habitatkomplex ist, mit Ausnahme des Neststandortes, mit dem der Mehlschwalbe vergleichbar (s.o.). Das Rebhuhn besitzt seine Habitate in offenen Feld- und Grünlandfluren mit vielfältigen Saumstrukturen und einem abwechslungsreichen Mosaik aus Feldfrüchten. Von hoher Priorität ist die Verfügbarkeit von Magensteinen als Unterstützung des Verdauungsvorgangs. Als eine an offene und grünlandreiche Kulturlandschaften gebundene Art benötigt der Steinkauz ein gutes Höhlenangebot in seinem Habitatkomplex. Das Nahrungshabitat befindet sich auf Weiden bzw. Streuobstwiesen mit niedriger Vegetation. Der Waldkauz bevorzugt reich strukturierte Kulturlandschaften, die ein Mosaik aus mit Gehölzen bestockten und offenen Bereichen vorweisen. Die Art besiedelt aufgelockerte Laub- und Mischwälder mit lichtem und höhlenreichem Altholz. Aufgrund differierender Habitatansprüche der voran gegangenen Arten in Bezug auf die habituelle Ausstattung des Plangebietes schließt sich ein Vorkommen der Arten aus. Die Abstellfläche, die Gehölzbestände sowie das Umfeld weisen generell geringwertige Habitatqualitäten vor. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 14 Die im Plangebiet stockenden Gehölze besitzen, aufgrund nicht vorhandener Habitatstrukturen, keine Bedeutung für die voran gegangenen Arten. Aufgrund der Ortslage und der stark frequentierten Kreisbahnstraße ist der anthropogene Einfluss relevant und mindert die Habitatqualitäten. Somit sind, aufgrund des fehlenden Vorkommens der aufgeführten Arten, keine Verbotstatbestände gemäß § 44 (1) 1-3 BNatSchG zu erwarten. 6.3.2 Potenziell vorkommende Arten In einem Umkreis von einem Kilometer um den Geltungsbereich des Bebauungsplans sind im Fundortkataster für Pflanzen und Tiere keine Vorkommen der im Messtischblatt aufgeführten Arten niedergelegt (LANUV 2016). Diesbezüglich ist der äußerst zweifelhafte Fund eines Feldhamsters (s. Kap. 6.3.1) außer Acht zu lassen. Ein Vorkommen der folgenden Arten lässt sich jedoch nicht gänzlich ausschließen. Säugetiere Die als typische Gebäudefledermäuse einzuordnende Zwergfledermaus besiedelt strukturreiche Landschaften und Siedlungsbereiche. Das Nahrungshabitat befindet sich im Bereich von Gewässern, Kleingehölzen, parkartigen Gehölzbeständen, an Straßenlaternen sowie aufgelockerten Laub- und Mischwäldern. Neben der Präferenz zu Spaltenverstecken an und in Gebäuden werden Baumquartiere und Nistkästen als Sommerquartiere und Wochenstuben angenommen. Die Winterquartiere finden sich in oberirdischen Spaltenverstecken z.B. in und an Gebäuden, natürlichen Felsspalten sowie unterirdisch in Kellern und Stollen. Vögel Der Turmfalke ist eine Art der offenen und strukturreichen Kulturlandschaft, der geschlossene Waldgebiete meidet. Die Nahrungshabitate werden in Flächen mit niedriger Vegetation aufgesucht. Das Bruthabitat kann sich sowohl an Felswänden, in Steinbrüchen oder auf Gehölzen, als auch in Gebäuden befinden. Das Plangebiet repräsentiert aufgrund des anthropogenen Einflusses, resultierend aus der Ortslage, dem Verkehr und der Flächennutzung, sowie der vegetativen Ausstattung ein suboptimal geeignetes Fortpflanzungs- und Ruhehabitat für die Zwergfledermaus und den Turmfalken. Im großräumigen Kontext ist eine ausreichend große Fläche an besser geeigneten Fortpflanzungs- und Ruhehabitaten für die Arten vorhanden. Diese Bereiche sind, infolge des geringeren anthropogenen Einflusses, Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 15 störungsärmer als das Plangebiet. Um einen Verbotstatbestand gemäß § 44 (1) 1-3 BNatSchG gänzlich ausschließen zu können werden Vermeidungsmaßnahmen für die Arten angewendet. Die Zwergfledermaus nutzt das Plangebiet potentiell als Nahrungshabitat. Da der Flächenverlust durch das Vorhaben gering ausgeprägt ist und im klein- und großräumigen Umfeld zahlreiche weitere Nahrungshabitate von vergleichbarer oder besserer Qualität für die Art vorhanden sind, ist ein Verbotstatbestand gemäß §44 (1) 1-3 BNatSchG ausgeschlossen. 7 MAßNAHMEN ZUR VERMEIDUNG ARTENSCHUTZRECHTLICHER VERBOTSTATBESTÄNDE Durch das Vorhaben können für vorkommende planungsrelevante Arten potentiell Verbotstatbestände des § 44 (1) Nr. 1-3 BNatSchG eintreten. Um Beeinträchtigungen für planungsrelevante Arten in dem geplanten Plangebiet zu verhindern, sollten folgende Vermeidungsmaßnahmen angewendet werden: Die Rodung der Gehölze sollte gemäß § 39 (5) Nr. 2 BNatSchG in dem Zeitraum von Anfang Oktober bis Ende Februar durchgeführt werden. Innerhalb dieses definierten Zeitraumes sind die Familienverbände des durch das Vorhaben potenziell betroffenen Turmfalken aufgelöst und die Art weist keine artenschutzrechtlich relevante Bindung an das Fortpflanzungs- und Ruhehabitat vor (SÜDBECK 2005). Innerhalb des nach § 39 (5) Nr. 2 BNatSchG angegebenen Zeitraums zur Rodung von Gehölzen befindet sich die Zwergfledermaus in ihrem Winterquartier. Jenes wird gemäß der Habitatbeschreibung (s.o.) nicht in oder an Gehölzbeständen aufgesucht. Aufgrund des definierten Zeitraumes zur Rodung der Gehölze sowie der Phänologie der potentiell vorkommenden Arten schließt sich ein artschutzrechtlicher Verbotstatbestand gemäß § 44 (1) 1-3 BNatSchG aus. Mit dem Beginn der Fortpflanzungs- und Aktivitätsphase können die Arten auf den bereits eingesetzten anthropogenen Einfluss im Plangebiet reagieren und im Umfeld vorhandene, alternative Habitate besiedeln. Die Rodung von Gehölzen außerhalb der vorgegebenen Zeiten ist nur dann möglich, wenn durch einen Fachkundigen unmittelbar vor Beginn der Rodung für die betreffenden Flächen ein Vorkommen von Zwergfledermaus und Turmfalke ausgeschlossen werden kann. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 16 Durch die Festsetzung der Vermeidungsmaßnahmen wird vermieden, dass potenziell vorkommende planungsrelevante Arten verletzt, getötet oder die Entwicklungsformen beschädigt oder zerstört werden. Des Weiteren ist eine Störung der streng geschützten Tierarten während der Fortpflanzungs-, Aufzucht-, Überwinterungs- und Wanderungszeiten auszuschließen. 8 ERGEBNIS DER ARTENSCHUTZRECHTLICHEN PRÜFUNG Bei den zu berücksichtigenden planungsrelevanten Arten ist, unabhängig von deren tatsächlichem Vorkommen im Untersuchungsgebiet, eine Verschlechterung der Lokalpopulation durch die geplante Maßnahme nicht ersichtlich. Verbotstatbestände gemäß § 44 (1) Nr. 1-3 BNatSchG sind, bei Durchführung der Vermeidungsmaßnahmen, nicht feststellbar. Die Einschätzung der artenschutzrechtlichen Belange kommt zu dem Ergebnis, dass mit der Änderung des Bebauungsplanes Konflikte mit artenschutzrechtlichen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes nicht zu erwarten sind. Vertiefende Untersuchungen oder vorgezogene Ausgleichsmaßnahmen sind nicht erforderlich. 9 ZUSAMMENFASSUNG Auf einer Fläche von rund 0,23 ha ist beabsichtigt, eine Service-Wohnanlage inklusive eines Betreuten-Wohnens für Menschen mit einem erhöhten Pflegebedarf zu errichten und zu betreiben. Da der seit dem 28.11.203 rechtskräftige Bebauungsplan Koslar Nr. 18 „Kreisbahnstraße“ auf der Vorhabenfläche Einzel- und Doppelhäuser vorsieht wird der Bebauungsplan gemäß Beschluss des Ausschusses für Planung, Bau und Umwelt der Stadt Jülich vom 28.01.2016 als Bebauungsplan Nr. 27 „Kreisbahnhof IV“ neu aufgestellt. Das Verfahren wird gem. § 13a BauGB durchgeführt. Im Zuge der Neuaufstellung des Bebauungsplans ist eine artenschutzrechtliche Prüfung (ASP) gemäß § 44 BNatSchG und VV-Artenschutz zu erarbeiten. Die Einschätzung der artenschutzrechtlichen Belange kommt zu dem Ergebnis, dass infolge der Änderung des Bebauungsplanes Konflikte mit artenschutzrechtlichen Vorschriften des Bundesnaturschutzgesetzes in Bezug auf planungsrelevante Arten bei Durchführung der Vermeidungsmaßnahmen auszuschließen sind. Artenschutzrechtliche Verbotstatbestände gemäß § 44 (1) 1-3 BNatSchG sind nicht zu erwarten. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV" 17 QUELLEN BLR-BUNDESFORSCHUNGSANSTALT FÜR LANDESKUNDE UND RAUMORDNUNG 1978: Die naturräumlichen Einheiten auf Blatt 122/123 Köln-Aachen.-Bonn-Bad Godesberg: Selbstverlag LANUV-LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ O.J.: Klimaatlas Nordrhein-Westfalen. http://www.klimaatlas.nrw.de/site/nav2/KarteMG.aspx, abgerufen am 27.09.2016 LANUV-LANDESAMT FÜR NATUR, UMWELT UND VERBRAUCHERSCHUTZ 2016: Fundortkataster für Pflanzen und Tiere. http://www.gis6.nrw.de/osirisweb/, abgerufen am 27.09.2016 PETERSEN, B., ELLWANGER, G., BLESS, R., BOYE, P., SCHRÖDER, E. & SSYMANK, A. 2004: Das europäische Schutzgebietssystem NATURA 2000. Ökologie und Verbreitung von Arten der FFH-Richtlinie in Deutschland. Band 2: Wirbeltiere- Schriftenr. f. Landschaftspfl. u. Natursch. 69/2, Bonn-Bad Godesberg GRÜNEBERG, C. et al. (2013): Die Brutvögel Nordrhein-Westfalens. NWO&LANUV (Hrsg.), LWL-Museum für Naturkunde, Münster. SGP ARCHITEKTEN 2016: Stadt Jülich, Änderung des Bebauungsplanes Koslar Nr. 18 „Kreisbahnhof“, Begründung. Bonn SÜDBECK, P.; ANDRETZKE, H.; FISCHER, S.; GEDEON, K.; SCHIKORE, T.; SCHRÖDER, K. u. SUDFELDT, C. (Hrsg.) 2005: Methodenstandards zur Erfassung der Brutvögel Deutschlands. Radolfzell. Ginster Landschaft + Umwelt Artenschutzrechtliche Prüfung Bebauungsplan Koslar Nr. 27 "Kreisbahnhof IV"