Daten
Kommune
Kreuzau
Größe
442 kB
Datum
27.08.2015
Erstellt
18.08.15, 13:05
Aktualisiert
18.08.15, 13:05
Stichworte
Inhalt der Datei
Anlage zu MV-Nr. 40/2015
Unterbringung und Betreuung
von Flüchtlingen in der
Gemeinde Kreuzau*
*= Dem Sozialausschuss am 27. August 2015 zur zustimmenden Kenntnisnahme vorgelegt;
auf die öffentlichen Informationen in den gemeindlichen Gremien, zuletzt in den Vorlagen
Nr. 17/2015 und der Mitteilung 23/2015 wird ergänzend verwiesen
Stand: 08/2015
Gliederung
1. Rechtliche Rahmenbedingungen
2. Unterbringungsgrundsätze
3. Fallzahlenentwicklung
4. Soziale Betreuung
5. Objektbetreuung
6. Finanzieller Aufwand
1. Rechtliche Rahmenbedingungen
Der Oberbegriff „Flüchtling“ erfasst im Folgenden:
alle Menschen, für die – unabhängig vom jeweiligen Status - die Gemeinde Kreuzau
für die Unterbringung sorgen muss. Hierbei handelt es sich um Menschen im Asylerst- oder Asylfolgeverfahren, Menschen, denen ein spezielles humanitäres Aufenthaltsrecht (§ 25 Abs. 5 AufenthG) erteilt wurde sowie alle Menschen ohne Aufenthaltsrecht.
Das Land NRW ist auf der Grundlage des „Königsteiner Schlüssels“ verpflichtet, rund
21 % aller Flüchtlinge der Bundesrepublik Deutschland aufzunehmen. Über eine
zentrale Aufnahmestelle erfolgt die Verteilung zunächst auf die einzelnen Bundesländer. Im Anschluss verteilen die Bezirksregierungen nach einem sich aus Einwohnerzahl und Flächenanteil ergebenden Schlüssel die in Deutschland um Asyl nachsuchenden Flüchtlinge auf die einzelnen Städte und Gemeinden (Zuweisung).
Bei der Zuweisung ist die Bezirksregierung bemüht, familiäre Bindungen zu berücksichtigen. Der hier betroffene Personenkreis kann sich den zukünftigen Wohnort in
Deutschland nicht selbst aussuchen.
Die Gemeinden sind verpflichtet, die ihnen zugewiesenen ausländischen Flüchtlinge
aufzunehmen und unterzubringen (§ 1 Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW), also auch
nach den Bestimmungen des Asylbewerberleistungsgesetzes mit Wohnraum zu versorgen. Diese gesetzliche Grundlage beinhaltet im Gegensatz zu den Bestimmungen
des Sozialgesetzbuches keine weitergehenden Vorgaben in Form von Mindeststandards (z.B. Mindestwohnfläche je Person).
Gemäß § 53 Abs. 1 Asylverfahrensgesetz soll die Unterbringung von Asylbewerbern
in Gemeinschaftsunterkünften erfolgen. Dabei sind sowohl das öffentliche Interesse
als auch die Belange der Betroffenen zu beachten.
Dieser Verpflichtung kommt die Gemeinde Kreuzau insofern nach, als die Mehrzahl
der Menschen in kleineren, dezentralen Gemeinschaftsunterkünften mit Wohnungscharakter untergebracht wird und der notwendige Bedarf an Ernährung, Kleidung,
Gesundheits- und Körperpflege grundsätzlich durch Barauszahlung gedeckt wird.
2. Unterbringungsgrundsätze
2.1 Allgemein
Die Art der Unterbringung und die Anzahl der zur Verfügung stehenden Plätze sind
für Neuzuweisungen ohne Auswirkung. Eine kommunale Einflussnahme auf das Zuzugsverhalten des betroffenen Personenkreises ist nicht möglich.
Die Konzeption zur Wohnraumversorgung und Betreuung von Flüchtlingen muss daher ihr Augenmerk lenken auf die bestmögliche Versorgung der Betroffenen, die Akzeptanz in der Bevölkerung und nicht zuletzt die effektive Nutzung der zur Verfügung
stehenden Mittel.
Die Gemeinde Kreuzau ist verpflichtet, die Aufnahme von zugewiesenen Flüchtlingen
sicher zu stellen.
Die Ankündigung der Zuweisung erfolgt in der Regel mit einer Vorlaufzeit von wenigen Tagen; bei wieder Zugereisten erfolgt die Zuweisung jedoch unmittelbar an die
zuvor zuständige Gemeinde. Insofern ist eine Unterbringung noch am gleichen Tag
sicher zu stellen.
Die sofortige Unterbringung aller zugewiesenen Menschen in Privatwohnungen wäre
nur mit hohem personellem und finanziellem Aufwand realisierbar. So müssten ständig Wohnungen in unterschiedlicher Größe (je nach Familienzuschnitt) vollständig
eingerichtet vorgehalten werden, um die Unterbringung zu gewährleisten. Zudem
wäre es in der Vergangenheit schwierig gewesen, für die überwiegend zugewiesenen
männlichen Einzelpersonen entsprechenden Wohnraum zu finden, da dieser nicht in
ausreichender Zahl in der Gemeinde vorhanden ist.
Neben dem immensen Verbrauch von Ressourcen hätten die Flüchtlinge keinerlei
Ansprechpartner vor Ort, die die Eingewöhnung in die neue Umgebung erleichtern
würden (Hausmeister, übrige Bewohner). Für die Unterbringung unmittelbar nach
Ankunft im Gemeindegebiet hat sich die Einrichtung von dezentralen Wohnheimen
bewährt.
Konzeptionelles Ziel der Gemeinde Kreuzau ist es, bedarfsorientiert Unterbringungseinrichtungen über das Gemeindegebiet verteilt zu errichten/vorzuhalten (Dezentralitätsprinzip). Bei der Auswahl der Standorte wurden/werden grundsätzlich folgende Punkte berücksichtigt:
- Verteilung über das gesamte Gemeindegebiet
- Vermeidung von Ortsteilen, in denen bereits Einrichtungen vorgehalten werden
- kleinere Unterbringungseinheiten mit max. 20 Plätzen
- in begründeten Einzelfällen Wohnungsanmietung
- Einbindung der Bevölkerung bei der Auswahl der Standorte
- Einbindung in die vorhandene Wohnbebauung
- Schaffung und Unterstützung einer Ehrenamtsstruktur
Gemeinschaftseinrichtungen sollten von einer möglichst geringen Personenzahl gemeinsam genutzt werden müssen.
Grundsätzlich sind den Flüchtlingen abgeschlossene Wohnungen zur Verfügung zu
stellen, je nach Familiengröße zur alleinigen Nutzung oder als kleine Wohngemeinschaften, wobei auf die ethnische Herkunft und Religion weitestgehend Rücksicht zu
nehmen ist.
Bei der Bemessung der Wohnungen sollte nach den allgemeinen Empfehlungen jeweils eine Wohnfläche von 10 qm zur Verfügung stehen. Hierin enthalten sind neben
den Schlafräumen auch die Gemeinschafträume.
Die Verselbständigung der Flüchtlinge in einer privat angemieteten Wohnung ist so
früh wie möglich anzustreben. Grundsätzlich soll spätestens nach einer Aufenthalts-
dauer von 24 Monaten der Auszug aus dem Übergangswohnheim erfolgt sein, sofern
die Lage auf dem Wohnungsmarkt es zulässt und ansonsten keine Bedenken gegen
die Anmietung einer eigenen Wohnung bestehen.
2.2
Derzeitige Unterbringungssituation in der Gemeinde Kreuzau
An Sammelunterkünften stehen der Gemeinde Kreuzau derzeit zur Verfügung:
Objekt
Kapazität
aktuelle Belegung
Stockheim, Kreuzauer Straße
26 Betten
in 6 Wohneinheiten
17 Betten
in 2 Wohneinheiten
20 Betten
in 2 Wohneinheiten
19 Betten
in 3 Wohneinheiten
19 Betten
In 2 Wohneinheiten
26 Personen
Kreuzau, Hauptstraße
Boich, Gereonstraße
Untermaubach, Brigidastraße
Obermaubach, Im Heidbüchel
17 Personen
19 Personen
19 Personen
19 Personen
Daraus ergibt sich, dass derzeit noch ein Bett zur Verfügung steht und dringend neuer Wohnraum geschaffen werden muss. Gegebenenfalls wird es erforderlich sein,
weitere Wohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt anzumieten. Entsprechende
Angebote liegen vor und werden geprüft.
Derzeit sind folgende Einzelwohnungsanmietungen erfolgt:
- Stockheim, 4 Personen
- Untermaubach, 1 Person
- Kreuzau, 3 Personen (Familie)
2.3 Vorhaltung für künftige Bedarfe
Die nicht verlässlich prognostizierbare derzeitige Entwicklung stellt Bund, Land und
Kommunen vor immer größere Schwierigkeiten. Es ist deshalb unerlässlich, auch in
Kreuzau perspektivisch Unterbringungsmöglichkeiten vorzuhalten. Vergleiche hierzu
die aktuelle Vorlage 17/2015.
Die vom Förderschulzweckverband Kreuzau-Nideggen durch die Gemeinde Kreuzau
kürzlich eigentumsrechtlich übernommene Liegenschaft in Boich (ehemalige Gereonschule) würde sich hierfür anbieten.
Angedacht ist zum einen eine Abmietung der bisherigen Unterbringungseinrichtung
in der Gereonstraße, um eine „Überbelastung“ des Ortsteils zu vermeiden. Der bisherige Schultrakt der Gereonschule – nicht der vom Bürgerverein genutzte Bereich des
Forums ! – kann durch bauliche Maßnahmen für eine Flüchtlingsunterbringung hergerichtet werden (Warmwasseraufbereitung/Nasszellen/Raumteiler). Aufgrund der
Größe der Liegenschaft kann dabei stufenweise eine Vorhaltung/Belegung von Unterbringungsplätzen erfolgen. Ein entsprechendes Konzept soll in der Sitzung des
Haupt- und Finanzausschuss am 17.09.2015 vorgestellt werden (Ergänzungsvorlage
zur Nr. 17/2015).
3. Fallzahlenentwicklung
Die Fallzahlenentwicklung stellt sich seit zwei Jahren wie folgt dar:
Entwicklung der Fallzahlen 05/13 bis 08/15
120
100
80
60
40
20
August 15
Juli 15
Juni 15
Mai 15
April 15
März 15
Februar 15
Januar 15
Dezember 14
November 14
Oktober 14
September 14
Juli 14
August 14
Juni 14
Mai 14
April 14
März 14
Februar 14
Januar 14
Dezember 13
November 13
Oktober 13
September 13
August 13
Juli 13
Mai 13
Juni 13
0
Von Mai 2013 bis Mai 2014 war nur ein leichter Anstieg (31 auf 37) an Fallzahlen zu
verzeichnen. Im Mai 2015 hatte sich die Fallzahl mit 87 jedoch bereits verdreifacht.
Zurzeit werden in der Gemeinde Kreuzau 106 Fälle mit insgesamt 108 Personen bearbeitet.
Die Aufenthaltsdauer stellt sich wie folgt dar:
0 bis unter 6 Monate
33 Personen
6 bis unter 12 Monate
39 Personen
12 bis unter 24 Monate
22 Personen
2 bis unter 5 Jahre
13 Personen
5 bis unter 10 Jahre
1 Person
4. Soziale Betreuung
Die soziale Betreuung erfolgt mehrstufig. Neben der überörtlichen Flüchtlingsberatung des Landes in zentralen Beratungszentren sind erste Ansprechpartner bei Ankunft und auch in der weiteren Fallbearbeitung die Mitarbeiter/-innen des Sozialamtes. Die Gemeinde Kreuzau hat vertraglich die Flüchtlingsbetreuung auf die evangelische Kirchengemeinde zu Düren übertragen, die hierfür ab dem 01.09.2015 eine halbe Fachkraft bezuschusst bekommt. Ergänzt wird die Betreuung durch die Flüchtlings- und Migrantenberatung beim Caritasverband. Ebenso und nicht unwesentlich
hat sich eine Ehrenamtsstruktur (z.B. Welcome) an den jeweiligen Unterbringungsstandorten gebildet.
Auf eine detaillierte Beschreibung der Betreuungsaufgaben wird an dieser Stelle verzichtet. Die Tätigkeiten umfassen grob umrissen die Beratung und Unterstützung der
Flüchtlinge bei der Bewältigung des alltäglichen Lebens (Hausordnung, Hygiene, Suche nach Beratungs- und Bildungseinrichtungen, Dolmetscher etc.), Informationen
der Flüchtlinge über Angebote von sonstigen Einrichtungen (Spielgruppe, Sportvereine, Hausaufgabenhilfe), sozialpädagogische Betreuung und Sprachförderung.
5. Objektbetreuung
Die Objektbetreuung von Flüchtlingsunterkünften fällt in den Zuständigkeitsbereich
der Hausmeister von Abteilung 1.3, in Einzelfällen unterstützt durch Bauhofmitarbeiter (Abteilung 2.2). Zum 1. August ist die bislang einzige Hausmeisterstelle vorübergehend (zweijährige Befristung geplant) um eine zweite Stelle erweitert worden.
Zum Aufgabenfeld gehören Belegungsumsetzung, Umzüge, Sauberkeit, Müllmanagement, Putz- und Waschplan, Inventarverantwortung, Erstausstattung, Reparaturen etc.
6. Finanzieller Aufwand
Asylbewerber haben in Deutschland keinen Anspruch auf normale Sozialleistungen,
wie zum Beispiel Arbeitslosengeld oder Wohngeld. Asylbewerber bekommen aber
Grundleistungen bezahlt, insbesondere für Unterkunft, Kleidung und Nahrung. Zusätzlich erhalten sie pro Monat 143 Euro Taschengeld (bei Alleinstehenden), zum
Beispiel für Bahnfahrten, Freizeit oder Telefonate. Zusammen addieren sich beide
Beiträge auf maximal 359 Euro, das sogenannte Existenzminimum. Es liegt in etwa
genauso hoch wie der Hartz IV-Satz. Das Bundesverfassungsgericht hatte 2012 entschieden, dass geringere Leistungen für Asylbewerber menschenunwürdig seien.
Durch das Flüchtlingsaufnahmegesetz NRW (FlüAG) ist die Aufnahme und Unterbringung von ausländischen Flüchtlingen in Nordrhein -Westfalen den Städten und Gemeinden als Pflichtaufgabe zur Erfüllung nach Weisung übertragen worden ist. Nach
Artikel 78 der Landesverfassung ist das Land verpflichtet, in diesem Fall eine Regelung über die Kostenübernahme zu treffen. Für die Aufnahme und Unterbringung
sowie für die Versorgung der ausländischen Flüchtlinge stellen das Land und der
Bund den Gemeinden jährlich Finanzmittel in Form pauschalierter Landeszuweisungen zur Verfügung. Diese betragen für das Jahr 2015 insgesamt 270.315 Euro. Davon entfallen 183.889 Euro auf die Landeszuweisung nach dem FlüAG, 32.177 auf
die pauschale Sonderzahlen des Landes nach dem AsylbLG und 54.249 Euro auf die
Entlastuingsmittel des Bundes. Für das Jahr 2014 betrugen die Landeszuweisungen
nach dem FlüAG insgesamt 112.666 Euro. Eine Bundeszuweisung wurde nicht gewährt. Auch bezüglich der finanziellen Auswirkungen soll zur Sitzung des Haupt- und
Finanzausschusses berichtet werden.
Für die Unterbringung und Betreuung hatte die Gemeinde Kreuzau zuletzt folgende
Aufwendungen:
Anzahl Asylbewerber
in Duldung
Anzahl Asylbewerber
gesamt zum 31.12.
2012
17
13
30
315.020,65 €
10.500,69 €
153.401,86 €
5.113,40 €
2013
28
15
43
311.497,22 €
7.244,12 €
98.026,10 €
2.279,68 €
2014
61
14
75
421.595,84 €
5.621,28 €
107.657,35 €
1.435,43 €
148
1.048.113,71 €
7.081,85 €
359.085,31 €
2.426,25 €
Summe (3 Jahre):
Kosten
Asylbewerber gesamt
durchschnittliche
Gesamtkosten je Fall
Kosten
Gesundheitsversorgung
durchschnittliche
Gesundheitskosten
je Fall
Anzahl Asylbewerber
im Verfahren
Hierin sind nicht enthalten die Personalkosten in der Abteilung 1.3 (Sozialamt).