Daten
Kommune
Kreuzau
Größe
91 kB
Datum
16.09.2015
Erstellt
09.09.15, 13:05
Aktualisiert
09.09.15, 13:05
Stichworte
Inhalt der Datei
Gemeinde Kreuzau
Zentrale Dienste - Herr Drewes-Janssen
BE: Herr Schmühl/Herr Gottstein
Kreuzau, 08.09.2015
Vorlagen-Nr.: 47/2015
- öffentlicher Teil Sitzungsvorlage
für den
Rat
16.09.2015
Beanstandung eines Ratsbeschlusses gemäß § 54 Abs. 2 GO NRW gegen die nochmalige
Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre um ein weiteres Jahr gem. § 17
Abs. 2 BauGB zum Bebauungsplan E 28, Ortsteil Kreuzau "Betriebsgelände Niederauer
Mühle" vom 18.08.2015, TOP 4 (Vorlage 43/2012 2. Erg.)
I. Sach- und Rechtslage:
Zum in Aufstellung befindlichen Bebauungsplan E 28, Ortsteil Kreuzau, „Betriebsgelände
Niederauer Mühle“ hat der Rat der Gemeinde Kreuzau in seiner Sitzung am 14.09.2012 eine
Veränderungssperre gem. § 14 BauGB zur Sicherung der Planung beschlossen. Mit der
öffentlichen Bekanntmachung vom 28.09.2012 wurde die Veränderungssperre rechtswirksam. Im
Jahr 2014 hat der Rat die Veränderungssperre i. A. d. § 17 (1) BauGB um ein weiteres Jahr
verlängert. Somit wäre die Veränderungssperre zum 27.09.2015 außer Kraft getreten. Die
Verwaltung ist nach juristischer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass eine weitere
Verlängerung der Veränderungssperre, die nach § 17 (2) BauGB möglich ist, in diesem Fall
rechtlich nicht haltbar ist. Zur Begründung sei auf die Mitteilungsvorlage der Verwaltung 19/2015
zum Bau- und Planungsausschuss vom 27.05.2015 verwiesen.
Im Bau- und Planungsausschuss vom 27.05.2015 wurde der als Mitteilung der Verwaltung
vorgesehene Tagesordnungspunkt nach gemeinsamem Antrag der SPD-, Bündnis 90/Die
Grünen- und FDP-Fraktion vom 27.05.2015 zum ordentlichen Tagesordnungspunkt erhoben. Der
Bau- und Planungsausschuss hat sich einstimmig (bei Nicht-Mitwirken der CDU-Fraktion) für eine
Verlängerung der Veränderungssperre ausgesprochen. Zur Begründung verweise ich auf die
Niederschrift zum Bau- und Planungsausschuss vom 27.05.2015 und den darin enthaltenen
Antrag zur erneuten Verlängerung der Veränderungssperre der SPD-, Bündnis 90/Die Grünenund FDP-Fraktionen vom 27.05.2015.
Auf der Sitzung des Rates vom 18.08.2015 wurde unter Tagesordnungspunkt 4 über die
Verlängerung der Veränderungssperre beraten. Den Ratsmitgliedern lagen zur Vorlagen-Nr.
43/2012 2. Ergänzung eine seitens der Verwaltung erbetene juristische Stellungnahme zur
Verlängerung der Veränderungssperre des RA Dr. Oerder (Kanzlei Lenz & Johlen, Köln) sowie
eine unaufgeforderte Stellungnahme der Papierfabrik Niederauer Mühle an die Gemeinde bei.
Beide Stellungnahmen bestätigen die Ansicht der Verwaltung, dass eine weitere Verlängerung der
Veränderungssperre rechtlich nicht haltbar sei.
Der Rat der Gemeinde hat mit 18 Stimmen dafür und 16 Stimmen dagegen die erneute
Verlängerung der Veränderungssperre gem. § 17 (2) BauGB beschlossen.
Zur Begründung wurden seitens der Ratsmitglieder folgende Argumente vorgetragen bzw. im
gemeinsamen Antragsschreiben der der SPD-, Bündnis 90/Die Grünen- und FDP-Fraktionen vom
27.05.2015 dargelegt:
- Die für eine erneute Verlängerung der Veränderungssperre nach § 17 (2) BauGB
erforderlichen „besonderen Umstände“ liegen in diesem Falle vor, da die Gemengelage mit
-
der im Geltungsbereich des Bebauungsplans angesiedelten Papierfabrik Niederauer Mühle
und der angrenzenden Mischgebiete besondere Schwierigkeiten und komplexe
Fragestellungen
aufwerfe.
Hierbei
sei
insbesondere
auf
die
Konflikte
immissionsschutzrechtlicher Hinsicht verwiesen.
Die Belange der Papierfabrik Niederauer Mühle werden durch die Veränderungssperre
nicht beeinträchtigt.
RA Dr. Oerder war nicht ausreichend über die Situation und den Sachverhalt informiert.
Somit sei seine Rechtsauffassung nicht aussagekräftig.
Es sind noch keine Fachgutachten zu den Themen Lärm- und Geruchsimmissionen für den
Bebauungsplan E 28 erstellt worden, sodass noch keine weitergehenden Beschlüsse im
Bebauungsplanverfahren gefasst werden konnten.
Nach § 54 Abs. 2 GO bin ich zur Beanstandung gesetzwidriger Beschlüsse des Rates und der
Ausschüsse verpflichtet. Ein Einschreiten des Bürgermeisters ist immer dann geboten, wenn er
nach pflichtgemäßer Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Beschluss des Rates oder eines
Ausschusses geltendes Recht verletzt. In diese Prüfung bin ich unmittelbar nach der Ratssitzung
vom 18.08.2015 eingetreten. Unabhängig hiervon hat auch die SPD-Fraktion mit Schreiben vom
21.08.2015 nachgefragt, ob eine solche Beanstandungsprüfung erfolge (Anlage 1).
Die Beanstandung ist ein objektives Instrument zur Rechtmäßigkeitskontrolle der Handlungen
einer Gemeinde und ihrer Organe. Die Beanstandung führt zu einem zweistufigen Verfahren der
Rechtmäßigkeitskontrolle: In einer ersten Stufe erfolgt eine Überprüfung durch gemeindliche
Organe (Bürgermeister, Rat) selbst und in einer zweiten Stufe erfolgt dann ggf. eine Überprüfung
durch die Kommunalaufsicht. Somit eröffnet das Beanstandungsverfahren eine Selbstkontrolle
durch die Gemeinde und die Möglichkeit, rechtsfehlerhafte Beschlüsse zunächst gemeindeintern
rückgängig zu machen.
§ 54 Abs. 2 und 3 GO begründet eine Beanstandungspflicht für den Bürgermeister, wenn
Beschlüsse des Rates oder eines Ausschusses das geltende Recht verletzen. Der Bürgermeister
ist demnach zur Beanstandung gesetzeswidriger Beschlüsse verpflichtet, wenn er nach
pflichtgemäßer Prüfung zu dem Ergebnis gelangt, dass ein Beschluss des Rates oder eines
Ausschusses das geltende Recht verletzt.
Anders als beim Widerspruchsrecht des Bürgermeisters (§ 54 Abs. 1 GO) ist bei der
Beanstandung keine Frist gesetzt. Die Beanstandung ist grundsätzlich möglich, solange nicht
vollendete Tatsachen geschaffen sind (hier: Satzungsbekanntmachung).
Nach § 54 Abs. 2 Satz 2 GO hat die Beanstandung aufschiebende Wirkung; ich bin also noch
nicht verpflichtet, den beanstandeten Beschluss nach § 62 Abs. 2 Satz 2 GO durchzuführen. Die
aufschiebende Wirkung bleibt bestehen, wenn der Rat bei seinem Beschluss verbleibt und der
Bürgermeister die Entscheidung der Aufsichtsbehörde einholt (§ 54 Abs. 2 Satz 5 GO).
Nach § 54 Abs. 2 Satz 3 ist die Beanstandung schriftlich in Form einer begründeten Darlegung
dem Rat mitzuteilen. Die Pflicht zur schriftlichen Begründung soll verhindern, dass
Beanstandungen unüberlegt ausgesprochen werden; jede Beanstandung soll zuvor rechtlich
sorgsam durchdacht werden. Andererseits soll auf diese Art und Weise jedem Ratsmitglied
Gelegenheit gegeben werden, sich vor seiner erneuten Stimmabgabe mit allen Gründen vertraut
zu machen, aus denen der Bürgermeister die Rechtswidrigkeit des früheren Beschlusses herleitet.
Aufgrund der sich gegenseitig widersprechenden Begründungen zur Beschlussentscheidung in
der Ratssitzung vom 18.08.2015 und dem knappen Abstimmungsverhalten von 18:16 Stimmen
war ich zunächst nach verwaltungsinterner Abstimmung der Meinung, dass kein eindeutiger
Rechtsverstoß vorläge und sich damit auch keine Beanstandungspflicht meinerseits ergäbe.
Zur rechtlichen Absicherung habe ich sodann mit Schreiben vom 24.08.2015 (Anlage 2) den
Städte- und Gemeindebund NRW um gutachtliche Stellungnahme zum Sachverhalt gebeten. Die
nach zusätzlicher telefonischer Unterredung vom 04.09.2015 mit Datum vom 07.09.2015 erstellte
schriftliche Stellungnahme (Anlage 3) bestätigt die (ursprüngliche) Rechtsauffassung der
Verwaltung. Hauptreferent Becker vom StGBNW weist darauf hin, dass „besondere Gründe“ nach
§ 17 Abs. 2 BauGB nicht vorliegen.
-2-
Ich bin deshalb gehalten, den Beschluss des Rates vom 18.08.2015 gem. § 54 GO zu
beanstanden. Auf meine Beanstandung hat der Rat nach § 54 Abs. 2 Satz 4 GO erneut darüber
zu beschließen, ob er bei dem beanstandeten Beschluss verbleiben will. Bei diesem Beschluss bin
ich gem. § 40 Abs. 2 GO stimmberechtigt.
Bestätigt der Rat den ursprünglichen Beschluss, so habe ich unverzüglich die Entscheidung der
Aufsichtsbehörde einzuholen. Die Rechtsaufsicht ist dann verpflichtet, den Sachverhalt zu
ermitteln und rechtlich zu bewerten. Das Ergebnis der rechtlichen Prüfung ist die „Entscheidung“
über die strittige Rechtsfrage.
II. Haushaltsmäßige Auswirkungen:
Keine.
III. Beschlussvorschlag:
Der Beschluss des Rates vom 18.08.2015
„Für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes E 28, Ortsteil Kreuzau, „Betriebsgelände
Niederauer Mühle GmbH“, wird die Verlängerung der Geltungsdauer der Veränderungssperre
um ein weiteres Jahr gem. § 17 Abs. 2 BauGB als Satzung beschlossen.“,
wird aufgehoben.
Der Bürgermeister
- Eßer -
IV. Beratungsergebnis:
Einstimmig:
Ja:
Nein:
Enthaltungen:
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Anlagen
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