Politik bei uns wird nicht mehr aktiv betreut, eine Datenaktualisierung findet genausowenig statt wie Support.

Wir würden gerne weitermachen. Aber die Ansprüche an die Plattform passen nicht zum vollständig ehrenamtlichen Betrieb. Hintergründe und Ideen zur Rettung finden Sie in diesem Blogartikel.

Sitzungsvorlage (Drogenberatung Jahresbericht 2015)

Daten

Kommune
Jülich
Größe
2,7 MB
Datum
26.01.2017
Erstellt
16.01.17, 17:01
Aktualisiert
16.01.17, 17:01

Inhalt der Datei

Jahresbericht 2015 des Sozialpädagogischen Zentrums Sucht- und Drogenberatung des Regionalen Caritasverbandes Düren-Jülich e.V. Bismarckstr. 6, 52351 Düren Tel.: 02421/10001 Fax.: 02421/10004 Homepage: www.spz.de Mail: info@spz.de 2 Vorwort Dirk Hucko……………………………….……………………………………………………… 04 Einleitung Inge Heymann………………………………..……………………………………………. 05 A Zahlen im Überblick Entwicklung der Klientenzahlen………………………………………………………………… 07 IntensivklientInnen……….………………………………………………………………………… 08 Geschlecht ………………………………………………………………………………………… 09 Alter …………………………………………………………………………………………………. 10 Herkunft ............................................................................................... 11 Symptomatik …………………………………………………………………………………..... 13 Zur sozialen Situation …………………………………………………………………………. 16 Substitution …………………………………………………………………………………….…….. 17 B Ambulante Einzelhilfe Allgemeine Situation ...................................................................................... 19 Vermittlung in Entwöhnungsbehandlung …….…………………………………………..…… 20 Cannabissprechstunde ……………………………………………………………………………….. 20 Gruppenarbeit…………………………………………………………………………………..……….. 21 Pathologisches Glücksspiel/Medienabhängigkeit…………………………………………….. 23 C Prävention Allgemeiner Bericht ……………………………………………………………………………………. 27 Bereich Youth Work …………………………………………………………………………………... 31 D Außenstelle Jülich Klientenzahlen .............................................................................................. 34 Angehörigenberatung………………………………………………………………………..…………34 Therapievermittlung ……….………………………………………………………………………….. 36 Prävention ……………………………..…………………………………………………………………. 36 E Café D Die Abende….................................................................................................. 37 Das Publikum………………………………………………………………………..……………......... 37 Freizeitangebote………………………………………………………………………………….......... 39 Der Chor…………………………………………………………………………………………….......... 40 Rechtsberatung ………………….…………………………………………………………………...... 40 Freizeitaktivitäten…………………….………………………………………………………….......... 41 Telefonberatung und Krisenintervention …………………………………………………….... 42 Prävention durch den Spritzenautomaten……….………………………………………........ 43 Das Team der Beratungsstelle……………………………………………………………..………..44 Presse .………………………………………………………………………………………………......... 46 3 Vorwort Liebe Leserinnen und Leser, seit mittlerweile 35 Jahren ist die Sucht- und Drogenberatung der Caritas in unserem Kreis Düren nun aktiv. Sicherlich haben sich in dieser Zeit die Süchte der Menschen geändert und die Tätigkeit unserer verschiedenen Beratungsangebote hat sich entsprechend gewandelt. Allein ein Blick in die Zahlen zeigt aber, dass die Arbeit nach wie vor von großer Bedeutung ist. Die Zahl der Menschen, die von uns in Suchtfragen beraten werden, wächst von Jahr zu Jahr weiter an. Neben die „klassischen“ stoffabhängigen Süchte treten heute vermehrt Abhängigkeiten in Bezug auf Medien. Spielsucht und Internetsucht haben für viele schon lange eine pathologische Form angenommen und diese Fragen tauchen in der Beratungspraxis unseres Sozialpädagogischen Zentrums für Sucht- und Drogenberatung immer häufiger auf. Umso wichtiger wird es, dieses Thema stärker in den öffentlichen Fokus zu rücken. Aufklärung ist dabei ein wichtiger Faktor, der auch im vergangenen Jahr einen großen Anteil an der Arbeit der Kolleginnen und Kollegen unserer Sucht- und Drogenberatung hatte. Leider schlägt sich dieses schon seit Jahren sehr deutlich erkennbare Phänomen noch nicht in einer entsprechenden Unterstützung und Finanzierung der Beratungsund Präventionsarbeit für diese neuen Süchte nieder. Hier ist die Politik gefragt, auf diese Entwicklungen zu reagieren und mit einer verstärkten Präventions- und Beratungsarbeit einer weiteren Ausweitung von Medienabhängigkeiten entgegen zu wirken. Ein besonderer Dank gilt allen Kolleginnen und Kollegen aus unserem Fachbereich Sucht- und Drogenberatung für ihren besonderen Einsatz für die uns anvertrauten Menschen sowie allen aus Politik, Verwaltung und Gesellschaft, die unsere Arbeit unterstützen. Viele interessante Hintergrundinformationen zu den verschiedenen Feldern unserer Arbeit im Bereich der Sucht- und Drogenberatung finden Sie auf den kommenden Seiten dieses Jahresberichtes. Ihr Dirk Hucko (Sprecher des Vorstandes) 4 Einleitung Auch im Jahr 2015 ist die Arbeit in unserer Einrichtung mit hoher Frequentierung und in bewährter Kontinuität verlaufen. Wieder war auch eine leichte Steigerung, sowohl der Besucherzahl insgesamt als auch der Anzahl der IntensivklientInnen zu verzeichnen; letztere sind nach wie vor zu ca. 70% KonsumentInnen sogenannter illegaler Suchtstoffe. Eine jährliche Besucherzahl in unseren Beratungsstellen von fast 2000 Menschen (hinzu kommen über 3000 Personen, die wir über unsere pädagogischen Präventionsveranstaltungen erreicht haben) ist für uns einerseits sehr erfreulich, da dies zeigt, in welch hohem Maße die Drogenberatungsstelle Düren/Jülich bekannt und vor allem angenommen ist, womit wir eines unserer originären Ziele – und auch den politischen Auftrag –, möglichst viele von Sucht direkt oder indirekt betroffene Menschen mit unseren Hilfe- und Unterstützungsangeboten erreichen und versorgen zu können, in hohem Maße verwirklichen konnten. Andererseits bedeutet diese Frequentierung aber auch eine hohe Auslastung unseres Personals, was in „Spitzenzeiten“ auch schon einmal zur Überlastung wird, wodurch es dann u.a. zu längeren Wartezeiten für KlientInnen kommt. Und – es kommen weiterhin neue Klientengruppen hinzu. Unser diesjähriger Jahresbericht trägt den Titel „Spielarten der Sucht“. In den 80iger Jahren haben wir das Phänomen der nichtstoffgebundenen „Neuen Süchte“ beschrieben. Gemeint war hiermit neben der „Esssucht“ das sogenannte „Pathologische Glücksspiel“. Die hiervon Betroffenen gehören seit dieser Zeit, wenn auch in der Relation in geringerem Umfang, zur Klientel unserer Einrichtung. Aktuell vollziehen sich im Zeitalter der Computer auch in diesem Bereich deutliche Veränderungen, indem das Spielen in Casinos und auch (leicht) in den Spielhallen sich rückläufig zeigt, während das „Online-Spielen“ deutlich zunimmt. Diese moderne Art des Glücksspielens in „Online-Casinos“ birgt, wie wir es in diesem Jahresbericht nachdrücklich beschreiben, ein enorm höheres Gefährdungs- und Suchtpotential – die Schuldenfalle klappt in noch weitaus erhöhtem Maße zu. Seit etwa 10 Jahren befassen wir uns (u.a. als Thematik in unseren Jahresberichten) mit einer weiteren „Spielart der Sucht“: mit dem Phänomen der exzessiven Computerspiel- oder Internetnutzung, welche mittlerweile in der Fachwelt als „Computerspielsucht“, „pathologischer Internetgebrauch“ oder auch als „Internetsucht“ bezeichnet wird. Dies nachdem nach langjähriger Diskussion – ähnlich der bezüglich des Pathologischen Glücksspielens – „nach derzeitiger Mehrheitsauffassung die neu erforschten 5 Störungsbilder im Bereich der Computerspiel- und Internetnutzung den stoffungebundenen Suchterkrankungen (Verhaltenssüchten) zugerechnet werden“. (aus: Bericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung von Juni 2015). Entsprechend der vom Bund geförderten „PINTA-Studie“ galten in 2014 unter den 14-24jährigen etwa 250.000 Menschen als online- oder internetabhängig. 1,4 Mio. wiesen in diesem Alter ein problematisches Nutzungsverhalten auf. Seither steigt die Zahl der Betroffenen kontinuierlich weiter an, auch ältere Erwachsene sind betroffen. Unsere Erfahrungen mit Betroffenen decken sich mit den Ergebnissen der wissenschaftlichen Studien, indem eindeutige Suchtstrukturen ähnlich denen bei Substanzabhängigkeit und Pathologischem Glücksspiel deutlich werden; Toleranzentwicklung, Kontrollverlust, unwiderstehliches Verlangen nach dem Spiel, Fortsetzung des Spiels trotz negativer Konsequenzen, sind nur einige der Kriterien, die denen einer Sucht entsprechen. Entsprechend wenden sich schon seit längerem, zunächst insbesondere Angehörige und mittlerweile auch direkt betroffene Menschen an uns mit dem Wunsch nach Hilfe in Form von Beratung und Therapie. Auch im Präventionsbereich besteht eine verstärkte Nachfrage und die Notwendigkeit entsprechender spezifischer Angebote. Dieser Nachfrage können wir natürlich nur begrenzt entsprechen, da die anderen von uns betreuten Klientengruppen nicht kleiner werden. Da die Problematik auf bundespolitischer Ebene gesehen und deutlich benannt wird, und entsprechende Modellprojekte bereits laufen, bleibt zu hoffen, dass perspektivisch zusätzliche personelle Ressourcen für die Suchtberatungsstellen als zuständige Anlaufstellen geschaffen werden. Wir möchten uns auch in diesem Jahr für die gute und konstruktive Zusammenarbeit mit vielen Kooperationspartnern bedanken. Ebenso gilt unser Dank der Politik von Kreis, Land und den Städten Düren und Jülich für die Förderung und Unterstützung unserer Arbeit, was für uns auch immer wieder Wertschätzung und Anerkennung beinhaltet. Mit freundlichen Grüßen Inge Heymann (Leiterin der Einrichtung) 6 Statistische Zahlen 2015 Im vorliegenden Teil des aktuellen Jahresberichtes dokumentieren wir – wie gewohnt – in numerischen und prozentualen Größen in aggregierter Form die von uns im Berichtsjahr geleistete Arbeit. Der erheblich gewachsene Anteil an Arbeitsaufwand in den Bereichen Dokumentation, QM und Antragstellung seit mehreren Jahren geht leider auch bei uns zu Lasten unserer realen Arbeitszeit, die den Hilfesuchenden in „Face To Face“-Kontakten zukommt. Wir bemühen uns dabei – zum Teil durchaus mit gutem Erfolg – weiterhin um Reduktion der Querschnittsaufgaben auf ein erträgliches Maß, so dass wir unserer originären Aufgabe nach wie vor den größten Teil der Arbeitszeit widmen können. Aus unserer Sicht und langjährigen Erfahrung sind eine Warteliste als notwendiges „Regulativ“ und ein eher an wirtschaftliches Handeln orientiertes und erinnerndes Handlungsparadigma im Sinne des ökonomischen Prinzips – wie es auch in der Suchthilfe in vielen Einrichtungen die Tätigkeit zu dominieren scheint – mit den Erfordernissen des Arbeitsbereichs und den Bedürfnissen der uns aufsuchenden Menschen nur schwer vereinbar. Entwicklung der KlientInnenzahlen Dem Vorjahrestrend folgend haben wir im Berichtsjahr einen geringfügigen Anstieg der Gesamtheit der durch uns im ambulanten Hilfesystem Betreuten zu verzeichnen: von 1912 auf 1926. Wir haben in diesem Schaubild der Einfachheit halber die absoluten Zahlen im Zehnjahresintervall aufgeführt. 7 Ein differenzierteres Bild ergibt sich, gliedern wir die Gesamtheit der Besucher in die drei Subgruppen der IntensivklientInnen, der sekundär Betroffenen und der einmaligen Kontakte auf. Die Population der einmaligen Kontakte ist mit nunmehr 862 (903) im Berichtszeitraum nur geringfügig zurückgegangen – dies ist sicherlich auch ein Effekt aus der leicht reduzierten telefonischen Erreichbarkeit zu werten. Allerdings sehen wir uns immer noch – wie seit Anbeginn unserer Existenz – als Einrichtung dem Menschen und der zeitnahen Versorgung verpflichtet, was sich – verglichen mit vielen anderen Einrichtungen der ambulanten Suchthilfe – nach wie vor in einer hohen persönlichen und telefonischen Erreichbarkeit ausdrückt. Bei den intensiv (>= 3 Kontakte) betreuten Süchtigen oder von Sucht bedrohten konstatieren wir dem Vorjahrestrend entsprechend mit nunmehr 983 Personen (931) einen deutlichen Anstieg auf ein numerisches „Allzeithoch“. Dies ist bei konstant hohem Hilfebedarf – bei erheblich gestiegenen Anforderungen im administrativen Bereich (Antragstellung, QM, Controlling, Dokumentationswesen) – und damit reduzierter zeitlicher Kapazität für die originäre Tätigkeit der Klientenarbeit letztlich nur durch eine Erhöhung der „Effizienz“ zu leisten. 8 Sicherlich eine Auswirkung der hohen Nachfrage seitens der primär Betroffenen und der damit einhergehenden personellen Auslastung ist die weitgehende Stagnation der Anzahl der intensiv betreuten sekundär Betroffenen auf nunmehr 81 (78) Personen - zumeist PartnerInnen oder Eltern von primär Betroffenen, die selbst nicht oder noch nicht in Betreuung sind. Die nachfolgenden Werte beziehen sich ausschließlich auf die Gruppe der 983 IntensivklientInnen. Geschlecht 72,2% männliche Intensivklienten stehen 27,8% weiblichen Betroffenen gegenüber, ein Wert, der - wie die Grafik veranschaulicht - durchaus im Bereich der Normalverteilung liegt. Numerisch ausgedrückt: 709 männlichen Klienten stehen 274 weibliche gegenüber. Im Gegensatz zu den ersten Jahren der statistischen Aufzeichnungen liegt das Geschlechterverhältnis seit Jahren nicht mehr bei 1:2, sondern konsequent bei ca. 1:3. Angehörige des männlichen Geschlechtes sind demgemäß proportional häufiger von Abhängigkeit und Therapiebedürftigkeit betroffen bzw. benötigen und erfragen professionelle Unterstützung. Dies deckt Untersuchungen im nationalen Raum. 9 sich mit Vergleichszahlen aus Das Alter Wie bereits in den Vorjahren erwähnt, erlaubt die vorliegende Datenbank keine Ermittlung des realen Durchschnittsalters unserer Klientel. Stattdessen subsumieren wir die Klientel in die Altersgruppen der Jugendlichen bis zum 21ten LJ, der jungen Erwachsen bis zum 35ten LJ sowie der Erwachsenen ab dem 35ten LJ. So offenbart die Altersgruppenverteilung der intensiv betreuten KlientInnen einen Anteil von 23,9 (23,2) bei den Jugendlichen <21 Jahre, einen Anteil von 39,6 (40,8) bei den jungen Erwachsenen bis 35 LJ und bei den Erwachsenen über dem 35ten LJ einen Anteil von 36,5% (36,0%). Ein Schwerpunkt ist demzufolge bei den jungen Erwachsenen zu konstatieren. Gegenüber dem Vorjahr zeigen sich nur sehr geringe Verschiebungen. Der beobachtete Trend der letzten Jahre setzt sich fort. Die im Schnitt höhere Repräsentanz von jungen Erwachsenen und Erwachsenen gegenüber jugendlichen Besuchern erklärt sich u.a. durch eine Zunahme der in Substitution oder aber in ambulanten Therapieprozessen befindlichen Personen. Im Vordergrund allerdings sehen wir hier die Sucht- oder Problemdynamik wirkend: In der jeweiligen Karriere benötigt es – abhängig von vielerlei Parametern – zumeist einen erheblichen Zeitraum, bis der entstehende Leidensdruck 10 zu Problempräsenz und Veränderungsmotivation führt. Von Interesse ist ebenfalls der Vergleich der Altersgruppenverteilung zwischen der intensiv betreuten Klientel und der Gesamtklientel. Wir können erkennen, dass Jugendliche mit einmaligem Kontakt stärker repräsentiert sind als in der Vergleichsgruppe. In der Gruppe der Erwachsene verhält es sich umgekehrt. Regionale Zuordnung Die nachfolgende Tabelle verdeutlicht die Verteilung nach Altersgruppen unter Berücksichtigung der regionalen Herkunft. Vorbei ist die Zeit, in denen der Konsum von verbotenen Substanzen sich in „Metropolen“ wie Düren abspielte. Suchtmittelkonsum ist ein über alle Schichten und Altersstufen sowie regional verbreitetes Phänomen. 11 Regionale und Altersgruppenverteilung KlientInnen ambulante Hilfen (gesamt) 2015 IntensivklientInnen : 983 (931) Stadt Kreis Davon: Und gesamt Stadt Jülich Umkreis Jülich < 21 Jahre 129 102 24 11 231 < 35 Jahre 214 170 49 32 384 > 35 Jahre 158 195 43 27 353 Ges. 467 126 60 968 501 sowie 15 überregionaler Herkunft = 983 (931) Ratsuchende gesamt Sekundär Betroffene intensiv gesamt: Stadt Kreis 81 (78) Davon Stadt Jülich Und gesamt Umkreis Jülich < 21 Jahre 5 -- 1 -- 5 < 35 Jahre 17 7 4 -- 24 > 35 Jahre 23 29 8 5 52 Ges. 36 13 5 81 45 Einmalige Kontakte gesamt: 862 (903) Stadt Kreis Davon Und Stadt Jülich Umkreis gesamt Jülich < 21 Jahre 170 108 20 12 278 < 35 Jahre 147 134 35 27 281 > 35 Jahre 132 171 44 38 303 Ges. 449 413 99 77 862 12 KlientInnen in 2015 : Gesamt : 1926 (1912) für den Bereich der ambulanten Hilfen Die aus dem Stadtgebiet Jülich Betreuten herausgerechnet sowie die 15 Personen überregionaler Herkunft ergeben eine Stadt-Kreis – Verteilung über alles von 52,1% zu 48,9%. Im Vergleich zu den Vorjahreswerten ist die Klientel mit Wohnsitz im Kreisgebiet deutlich stärker repräsentiert. Symptomatik Ähnlich dem Vorjahreswert mit 725 Personen wurde im Berichtsjahr bei 763 Personen eine Hauptdiagnose gestellt. Eine Hauptdiagnose – schädlicher Gebrauch oder Abhängigkeit –, ist nach den Kriterien dann zu stellen, wenn die uns aufsuchende Klientel von ihrer Symptomatik her die Kriterien der Internationalen Klassifikation psychischer Störungen (ICD 10) erfüllt. Im Umgang mit psychoaktiven oder psychotropen Substanzen reichen die Differenzierungen dabei vom „schädlichen Gebrauch“ bis hin zum Abhängigkeitssyndrom. Wird die Diagnose des schädlichen Gebrauchs gestellt, so ist eine tatsächliche Schädigung der physischen oder/und psychischen Gesundheit eingetreten. Wird die Diagnose des Abhängigkeitssyndroms gestellt, so weisen mehrere Kriterien darauf hin, dass – nach ICD 10 S.92 – „der Konsum einer Substanz oder einer Substanzklasse für die betroffene Person Vorrang hat gegenüber anderen Verhaltensweisen, die von ihr früher höher bewertet wurden“. Weiterhin wird als ein leitendes Charakteristikum der „oft starke, übermächtige Wunsch, psychotrope Substanzen“ zu konsumieren, genannt (ICD 10, ebenda). 763 der von uns intensiv betreuten 983 Personen erfüllen also in jedem Fall die Hauptdiagnose des schädlichen Gebrauchs und weisen damit ein Konsummuster auf, das über Gebrauch oder auch Missbrauch einer Substanz hinausgeht. Das Konsumverhalten von immerhin 220 Personen erfüllt nicht die Kriterien einer gesicherten Hauptdiagnose, sondern bewegt sich zu einem Großteil im Grenzbereich des Missbrauches. 13 Hauptdiagnosen 350 300 250 200 150 100 50 0 2008 Alkohol 2009 Cannabis 2011Opiate 2012Ampetamine 2010 2013 Glücksspiel 2014 2015Kokain Der Vergleich zu den Vorjahreswerten offenbart zum Teil deutliche Verschiebungen: Bei der Substanz Alkohol sehen wir eine Stagnation bei 175 Personen, in der Substanzgruppe der Opiate – hier vorwiegend Heroin entweder inhalativ oder per Injektion konsumiert – sehen wir einen numerischen Anstieg von 267 auf 290. Weiterhin eher konstant sehen wir die Anzahl der pathologischen Glücksspieler bei nunmehr 93 Personen. Die Zahl der CannabiskonsumentenInnen zeigt sich im Berichtsjahr auf einem vergleichsweise hohen Niveau mit aktuell 121 (99) Personen. Dies ist sicherlich auch auf eine erhöhte Inanspruchnahme unseres internetbasierten Interventionsangebotes „Quit the Shit“ zurückzuführen. Leicht rückläufig ist die Anzahl der KonsumentInnen von Amphetaminen von 91 auf 79 Personen. Kokain spielt als Hauptdiagnose eine marginale Rolle, Abhängige von Crack gab es nicht, wohl aber Personen mit Konsumerfahrung. 14 Von nicht geringem Interesse ist für uns die Ermittlung des Genderaspektes für die jeweilige Symptomgruppe. Wir erinnern an das prozentuale Verhältnis von 72,2% Männern zu 27,8% Frauen. Männer Frauen Opiate 73,9 26,1 Alkohol 62,8 37,2 Cannabis 79,3 20,7 Amphetamine 64,5 35,5 Glücksspiel 7,6 92,4 Im Vergleich zu den Vorjahreswerten werden die Ergebnisse bestätigt: hinsichtlich der Genderverteilung gibt es klare Prävalenzen. Insbesondere die männliche „Dominanz“ bei Glücksspiel und Cannabis sticht hervor, zumal rein empirisch z.B. mehr Frauen in den Spielhallen gesichtet werden und Konsum von THC nicht derart unterrepräsentiert von Frauen betrieben wird. Vielmehr scheint hier ein durch Männlichkeit gesteuertes Risikoverhalten seinen Niederschlag gefunden zu haben. Das Konsumverhalten von immerhin 220 Personen erfüllt nicht die Kriterien einer gesicherten Hauptdiagnose, sondern bewegt sich zu einem Großteil im Bereich des Missbrauches. Hier konstatieren wir einen Bedarf an Kurzinterventionen oder niederschwelligen Kontakten. Vielfach geht es um akute Problemsituationen, in denen akut und periodisch Substanzen missbraucht werden, hier vorwiegend Cannabis, Alkohol und Amphetamine. Häufig hat der übermäßige Konsum zu sozialen Komplikationen geführt (Entzug der Fahrerlaubnis, Gerichtsverfahren, Trennung, Verlust des Arbeitsplatzes, psychische Probleme etc.), welche dann als Signal zu Reflektion, Hilfesuche und hoffentlich auch Verhaltensänderung führen. 15 Zur sozialen Situation Wird durch übermäßige Zufuhr von psychoaktiven Substanzen das innere Gleichgewicht eines Menschen gestört, so wirkt dies auch in aller Regel auf seine sozialen Verhältnisse – die äußere Balance. Hier zeigt sich das Prinzip der Wechselwirkung: Arbeit, Wohnen, Partnerschaft und andere soziale Beziehungen können Schaden nehmen – mit den eintretenden Konsequenzen wiederum kann der Konsum maximiert werden mit wiederum nachteiligen Auswirkungen für die existenziellen Belange eines Menschen. Bei unserer Klientel beobachten wir insbesondere in den letzten Jahren eine Zunahme von reaktivem Suchtmittelkonsum: auf Lebenskrisen – ausgelöst durch gravierende Ereignisse wie z.B. Trennung, Tod, FS- Verlust, Arbeitsplatzverlust, Eintritt in die Rente, massive Krankheiten – reagieren offensichtlich viele Menschen mit psychischen Ausnahmereaktionen, die sie häufig mit Suchtmittelkonsum zu kompensieren trachten. Neben der von uns geleisteten Unterstützung bei der Entscheidung für die Aufnahme eines suchtmittelfreien Lebens oder aber eines risikominimierten Umgangs mit den konsumierten Substanzen ist somit die Schaffung einer stabilisierenden Existenz unabdingbar. Die nachstehenden Fakten bezogen auf unsere Intensivklientel verdeutlichen noch einmal die Fülle der zu erfüllenden Aufgaben auf dem Wege der Rehabilitation und Reintegration und die Hindernisse, die die Betroffenen zu überwinden haben:  450 Personen stehen im so genannten Sozialhilfebezug  281 verfügen über ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit  Nur 635 Personen verfügen über eine eigene Wohnung, 80 leben im Ambulant Betreuten Wohnen, 176 bei anderen Personen (Eltern, Freunde)  670 haben keine Kinder  464 haben keine feste Partnerschaft 16 Die Wiedererlangung und Sicherung der Grundbelange sozialer Existenz sind – angesichts der ungleich verteilten Ressourcen, der Zunahme an Anforderungen und Konkurrenzdenken Verantwortung und -handeln, des überbordenden Verlustes an sozialer im wirtschaftlichen und sozialen Handeln- ungemein schwer zu verfolgende Ziele. Die Sensibilisierung für eigene Bedürfnisse und Belange, für wahrgenommene Empfindungen und Grenzen, Respekt und Würde sich selbst gegenüber, Klarheit und Ehrlichkeit zu entwickeln sind im guten Sinn nur dann wirklich ideal, wenn der Mensch all diese Ziele und Leitlinien auch im sozialen Handeln seinem Mitmenschen gegenüber bindend macht. Substitution Die Anzahl der in unserer Einrichtung psychosozial Betreuten ist gegenüber dem Vorjahr von 232 auf nunmehr 243 angewachsen. Der Prozentsatz der in Substitution Befindlichen in unserem Haus betreuten Opiatabhängigen beträgt somit aktuell 83,8%. Die Intensität der Betreuung reicht dabei von einer recht großen Zahl von Substituierten, die uns in großen Intervallen aufsuchen, um die umfangreichen Auflagen einer solchen Behandlung nach BtMG oder BtMVV zu erfüllen, bis hin zu einer übersichtlich wirkenden Gruppe von Substituierten mit einer ungebrochen hohen Bindung an unsere Einrichtung. Neben noch nur wenigen Ärzten mit einer geringen Substituiertenzahl gibt es in Düren Schwerpunktpraxen mit 50 und mehr Patienten, davon im Stadtgebiet Düren drei, die AMSO der RK Düren sowie einen niedergelassenen Arzt in Kreuzau. Hinzu kommt für PatientenInnen des Nordkreises ein niedergelassener Arzt in Jülich. In aller Regel wird mit Methadon oder Methaddict substituiert, in Ausnahmefällen mit Polamidon und bei niedriger Dosierung oder anderer Indikationsstellung mit Subutex oder Suboxone. 17 Aus dem mittlerweile doch recht umfangreichen Angebot der ambulanten Hilfen ist die Ersatzstoffbehandlung von Opiatabhängigen nicht mehr wegzudenken. Hier hat es in der suchtmedizinischen Forschung und Behandlung innerhalb der letzten Jahre gewaltige Fortschritte gegeben, die zur Versorgung effektiv beitragen können. Wir denken hier z.B. an die wissenschaftlich evaluierten und mittlerweile an einigen Stützpunkten in Deutschland gut eingeführten Projekte der Originalstoffvergabe, sowie beispielhaft an die Pharmakotherapie auch von Alkoholikern mit unterschiedlichen Substanzen, die die Abstinenz durch reduziertes Craving sichern helfen kann. Aus unserer langjährigen Erfahrung sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass Bewältigung von Sucht und deren Folgen sicherlich zu gewissen Teilen durch Suchtmedizin Unterstützungen finden kann, dass jedoch aus unserer Sicht der Entwicklung gerade von Selbstwirksamkeitsüberzeugung durch Entwöhnung und Erlernen sowie Erproben von Lernschritten auch in der Zukunft unerlässlich sein wird. Sucht lässt sich nur zu geringen Teilen im klassisch medizinischen Sinne „behandeln“. So gesehen kann auch derjenige, der sich in suchttherapeutischer Behandlung befindet, kein „Patient“ („der Geduldige“) im klassischen Sinne sein. In keinem anderen Bereich der medizinischen Behandlung erachten wir die Eigenleistung des Betreffenden für so wichtig und unerlässlich für den Prozess der Überwindung süchtigen Verhaltens. 18 Ambulante Einzelhilfe Zur allgemeinen Situation Mit einer Anzahl von 1.926 Personen haben wir einen weiteren leichten Anstieg in der Besuchsfrequenz der Sucht- und Drogenberatungsstelle zu verzeichnen. Diese Zahl bezieht sich dabei ausschließlich auf die Kontakte in den Beratungsstellen in Düren und Jülich. Im Rahmen unserer zusätzlichen Angebote des Verbundsystems Drogenberatung und Endart e.V., vor allem im Rahmen des Betreuten Wohnens werden noch weit mehr Betroffene erreicht und in hoher Intensität betreut. Von den 1.926 Besuchern waren 862 einmalige Kontakte, 983 waren intensiv betreute, direkt von Sucht betroffene Personen und 81 Personen waren indirekt betroffene Angehörige oder sonstige Bezugspersonen. Das Gros unserer intensiv betreuten Suchtklientel liegt dabei weiterhin bei einem Anteil von ca. 70% KonsumentInnen sogenannter illegaler Suchtmittel wie Heroin, Amphetaminen und Cannabis. Heroinabhängige bilden dabei mit Abstand die größte Gruppe, von der wiederum ca. 84% Substituierte sind. Die hohe Anzahl von 243 Substituierten, die bei uns in psychosozialer Begleitung, sind lässt sich nach wie vor nur durch mehrere Substitutionssprechstunden bewältigen. Im Cannabisbereich ist auch ein deutlicher Anstieg der Intensivkontakte zu erkennen. Hier „greift“ unsere Cannabissprechstunde in Verbindung mit entsprechenden Hilfeangeboten wie „Realize it“ und „Quit the Shit“. Der Anteil der Betroffenen im legalen Bereich blieb relativ konstant. Vermehrt haben sich im Berichtsjahr Betroffene mit einer manifesten Internetsucht an uns gewandt und wurden in die entsprechenden therapeutischen Hilfsangebote vermittelt. Schon lange kennen wir dieses Phänomen der „Neuen Süchte“ im Medienbereich. Aufgrund der weiter zunehmenden Brisanz haben wir diesen Sachverhalt auch zum Titelthema unseres diesjährigen Jahresberichtes gemacht (siehe auch den Punkt „Pathologisches Glücksspiel“ und „Mediale Abhängigkeiten“). 19 Vermittlung in ambulante und stationäre Entwöhnungsmaßnahmen Im Berichtsjahr 2014 haben wir 157 Betroffene in suchttherapeutische Maßnahmen vermittelt. Insgesamt verlief die Kostenbeantragung bis auf einige Ausnahmefälle wieder störungsfrei. Im stationären Bereich zeichnet sich dabei leider immer mehr der Trend ab, dass zunehmend die kleineren Einrichtungen vom „Markt“ verschwinden und sich vermehrt Großkliniken durchsetzen. Dies bedauern wir sehr, da damit die therapeutische Vielfalt, die eine individuelle Auswahl für unsere Klientel ermöglichte verloren geht, und darüber hinaus auch eine zunehmende „Anonymisierung“ im Therapieablauf zu befürchten ist. Von den 157 vermittelten KlientInnen haben: 48 Personen die Maßnahme regulär beendet 26 Personen befanden sich noch in der Maßnahme 28 Personen haben die Maßnahme abgebrochen 26 Personen befanden sich noch in der Therapievorbereitung 29 Personen haben die Maßnahmen nicht angetreten, bzw. haben keine Kostenzusage bekommen Bei 11 Personen erfolgte die Vermittlung auf Basis des §35 BtmG. Cannabissprechstunde Die Cannabissprechstunde wendet sich an CannabiskonsumentInnen mit problematischem, missbräuchlichem oder abhängigem Konsum. Die Anzahl der Kontakte im Rahmen der Cannabissprechstunde beläuft sich im Berichtsjahr auf 105. Die meisten Besucher weisen aufgrund ihres langjährigen, intensiven Konsummusters die diagnostischen Kriterien einer Cannabisabhängigkeit auf. Das Angebot richtet sich ausschließlich an primär Betroffene. Sekundär Betroffene (bspw. Eltern) werden sofort an die reguläre Beratung verwiesen, da aufgrund intensiveren Gesprächsbedarfs ein Kurzkontakt zumeist nicht dem Bedarf der Rat suchenden entspricht. Durch die regelmäßig, Cannabissprechstunde wird ein erstes einmal wöchentlich stattfindende Informations- und Beratungsgespräch kurzfristig ermöglicht. An dieses erste klärende Gespräch können sich je nach 20 Wunsch und Bedarf weitere Kontakte anschließen. Neben der Anregung zur kritischen Selbstreflexion des Konsumverhaltens, der Motivation zur Konsumänderung oder Abstinenz, dem Erkennen persönlicher Risikosituationen und der Erarbeitung zielgerichteter Kontrollstrategien, wird auch die Vermittlung in Hilfen wie stationäre Entzugsbehandlung oder Therapien angeboten. Zudem besteht die Möglichkeit der Teilnahme am Beratungsprogramm „Realize it“, welches speziell für CannabiskonsumentInnen entwickelt wurde, die ihren Drogengebrauch überdenken, einschränken oder beenden möchten. Das Programm erstreckt sich über eine zeitliche Dauer von 10 Wochen. Gruppenarbeit im Bereich der ambulanten Hilfen Neben den individuellen face to face Kontakten kommt der Gruppenarbeit aufgrund unterschiedlichster positiver Effekte innerhalb der ambulanten Suchthilfe vom Grundsatz her eine zentrale Aufgabe zu. Beeinträchtigungen wie Scham, Misstrauen, Konzentrationsstörungen, soziale Ängste, Kommunikations- und Beziehungsstörungen etc. werden im Vorfeld in Einzelsitzungen thematisiert und bei erfolgter und erfolgreicher Gruppenanbindung auch prozesshaft im Gruppengeschehen immer wieder aktualisiert und reflektiert. Leitgedanke dieser Arbeit ist, dass der Mensch letztlich nur in gesunden Bezügen zu anderen und zu sich selbst an wirklicher innerer Stabilität gewinnen kann. Diese Erfahrungen liegen unserer Arbeit sowohl in den eher Freizeit orientierten als auch den therapeutisch orientierten Gruppen zugrunde. Begegnung mit anderen Menschen, sich selbst im Kontakt zu anderen zu erproben und vor allem der Austausch von Erfahrungen bzgl. der Bewältigung eines nicht länger durch den Konsum von Suchtmitteln bestimmten Lebens wirken hier vielfach als Wachstums- und Veränderungen förderndes Korrektiv. In der Folge geben wir einen Kurzüberblick der von uns im Berichtsjahr durchgeführten Gruppenaktivitäten. Die Elterngruppe ist unsere älteste Gruppe. Sie besteht gleichsam seit dem Anbeginn unserer Arbeit und wird seitdem durch eine Mitarbeiterin unseres Hauses geleitet. Ziel und Thema dieser Gruppe ist die Entwicklung von adäquaten 21 Kompetenzen im Umgang mit dem Suchtverhalten des Kindes sowie den eigenen Gefühlen und Einstellungen. Zudem stehen Informationen und Aufklärung über Entstehung und Suchtdynamik im Mittelpunkt. Als dem Kreislauf der Sucht wirksam entgegenwirkend wurde vielfach die Förderung der Entwicklung von einem Mehr an Autonomie und emotionaler Ablösung erlebt. Die Elterngruppe findet 14-tägig statt. Die seit vielen Jahren existierende Nachsorgegruppe hat die Aufgabe, KlientInnen im Anschluss an eine erfolgreiche Erlangung von Suchtmittelfreiheit durch eine stationäre Rehabilitation bei der Entwicklung von Stabilität und Zufriedenheit im Zuge der abstinenten Lebensführung zur Seite zu stehen. Sie dient somit nicht nur der Initiierung neuen Verhaltens sondern zuvorderst der Aufrechterhaltung und Erprobung und Korrektur im Alltag. Sie trifft sich im wöchentlichen Turnus. Mit der Spielergruppe haben wir seit vielen Jahren ein Angebot für nahezu ausschließlich Männer, die in problematischer oder süchtiger Weise Glücksspiele betreiben; dies mit teilweise erheblichen psychosozialen Folgeschäden für das Individuum und die Allgemeinheit. Unter professioneller Leitung wird durch Modelllernen und gegenseitige Unterstützung eine Problembewältigung im ambulanten Rahmen erprobt. In jüngster Vergangenheit kommen neben den Geldautomaten, Casinospielern und Sportwetten Treibenden auch Anfragen von Online-Gamblern und Internetabhängigen hinzu. Kontinuierliche Aktivitäten im Freizeitbereich bieten wir mit den Sportgruppen an. Seit vielen Jahren bieten wir für unsere Klientel wöchentlich die Fußballgruppe montags und Badminton/Volleyball mittwochs an. Während Fußball durch einen festen Stamm mit variablen anderen Mitspielern geprägt ist, verzeichnet das offene Mittwochangebot in der Halle je nach Jahreszeit sehr unterschiedlichen Zuspruch. Ein zusätzliches, spezifisch therapeutisches Gruppenangebot existiert für die Klientel der ambulanten Rehabilitation. Im wöchentlichen Turnus werden hier sowohl für stoffgebundene Süchte als auch für den Bereich des pathologischen Glückspiels Gruppensitzungen durchgeführt. Darüber hinaus existiert in enger Kooperation mit dem Endart Verein ein umfangreiches Angebot an Gruppen für KlientInnen des Betreuten Wohnens. 22 Pathologisches Glücksspiel Die regelmäßige Beratung und Betreuung von SpielernInnen sowie die Intensivierung des Bereichs der ambulanten Behandlung von Abhängigkeit Betroffener im Rahmen der „Ambulanten Rehabilitation Sucht“ standen weiterhin im Mittelpunkt der regelmäßigen Aktivitäten in den Bereichen Prävention, Beratung und Behandlung. Ein weiterer Schwerpunkt in der offenen Spielerarbeit, vor allem in der Gruppe der durch die Auswirkungen ihrer Sucht sozial destabilisierten SpielerInnen, war die Vermittlungsarbeit in stationäre Rehabilitation. Viele der hier stationär Behandelten kamen nach einer Behandlungsdauer von durchschnittlich 6-8 Wochen zur Stabilisierung der Behandlungserfolge in ihrem abstinenten Alltag in eine RehaNachsorge. Auch in dieser Phase der Abstinenzerprobung unter Alltagsbedingungen zeigte sich häufig die bei abhängigen Glücksspielern tiefgreifende Beziehungs- und Bindungsstörung in Gestalt von Behandlungsabbrüchen. In der Vorbereitung auf weitere Behandlungsschritte wiesen Spieler häufig einen hohen Leidensdruck auf und nahmen dann erste Gespräche in Anspruch. Eine intensive Bearbeitung der Störung scheiterte jedoch an den dann gehäuft auftretenden Kontaktabbrüchen. Die therapeutische Gruppe lief dennoch unvermindert weiter. Erstmalig wurden hier Betroffene aufgenommen, die bei Online-Glücksspielen ihr Geld verspielt hatten, zumeist - im Gegensatz zu vielen AutomatenspielerInnen - junge Familienväter mit kleinen Kindern. Mit diesen KlientenInnen ist das Thema Online-Glücksspiel in unseren Focus gerückt. Zeitweise bestand die Reha-Gruppe zu 80% aus OnlineglücksspielernInnen. Deshalb haben wir uns diesem Thema im Rahmen des Aktionstages angenähert: Neben einem Infostand im Dürener Stadtcenter haben wir einen kurzen Radiobeitrag zum Thema verfasst, der von „Radio Rur“ gesendet wurde. Der bundesweite Aktionstag zur Glücksspielsucht diente der Sensibilisierung der Bevölkerung für die Gefahren, die von den modernen Formen des Glücksspiels ausgehen. Online-Casinos potenzieren diese Gefahren durch besondere Faktoren: 23  Es können „Profile“ des Nutzers angelegt werden, d.h. Lockangebote können auf die Besonderheiten des Nutzers zugeschnitten werden  Es wird mit hohen Boni oder unrealistischen Gewinnchancen geworben  Durch die personalisierte Begleitung im Chat entsteht eine Art „Vertrauensverhältnis“, welches eine hohe Bindung an den Glücksspielanbieter ermöglicht  Sämtliche Zahlungswege sind möglich, vor allem die Belastung mehrerer Kreditkarten ist möglich; sie wird nicht unterbunden  Durch die rein digitale Zahlweise werden die Gewinne noch schneller wieder eingesetzt ("Wenn ich das Geld in der Hand gehabt hätte, hätte ich vielleicht nochmal überlegt, was anderes damit zu tun…")  Die Gewinnauszahlung dauert bis zu einer Woche, das neue Einsetzen ins Spiel ist ein Klick und eine Sache von zwei Sekunden. Wenn ein Spieler einen Gewinn zur Auszahlung anweist, wird er besonders stark beworben, den Gewinn erneut einzusetzten – dies geschieht dann auch über SMS und Postweg, wenn er auf Chat oder E-Mail nicht reagiert  Mögliche Manipulationen durch den Spielanbieter sind nur schwer überprüfbar Das Online-Glücksspiel beinhaltet ein hohes Suchtpotenzial auf Grund der hohen Verfügbarkeit, wegen des digitalisierten Umgangs mit Geld und der Möglichkeit, das süchtige Verhalten lange vom direkten Umfeld unbemerkt fortzuführen (die Kreditkartenabrechnungen kommen erst später etc…). Online-Glücksspiel oder Live-Sportwetten sind weiterhin illegal. Allerdings sollten ab 2012 Lizenzen vergeben werden. Dies ist zwar nach wie vor nicht geschehen, aber es gibt eine Art „Duldung“ der Anbieter. Seitdem hat dieser Bereich einen rasanten Zuwachs erfahren. Das Onlineglücksspiel (Internet-Casino) unterscheidet sich vom Automatenspiel in der Spielhalle oder dem Casinospiel vor allem durch seine nahezu uneingeschränkte Verfügbarkeit. Zu Hause vor dem Computer oder unterwegs auf dem Smartphone - das Onlineglücksspiel ist de facto immer verfügbar. Immer mehr Menschen nutzen das Internet rund um die Uhr. Onlineglücksspiel stellt vor allem für Menschen, die in ihrer Freizeitgestaltung und in sozialen Kontakten durch Schichtdienst, Erwerbslosigkeit o.ä. eingeschränkt sind, eine große Versuchung dar. Es bedarf keinerlei Aufwand, dem Glücksspiel nachzugehen - leichter Zugang und nur 24 geringe soziale Kontrolle, verbunden mit reißerischen Gewinnversprechen, können eine rasante Zunahme der Spielaktivitäten zur Folge haben. Kaum Einschränkungen und Reglementierungen unterworfen, können Menschen in nur wenigen Monaten große Summen verspielen, sich und ihre Familie finanziell ruinieren oder strafbare Handlungen begehen. Als SuchtexpertInnen wissen wir, dass neben den individuellen Risikofaktoren die Verfügbarkeit des „Suchtmittels“ und die Möglichkeit, lange heimlich und von den engsten Vertrauten unentdeckt zu konsumieren bzw. zu spielen, die Entwicklung eines süchtigen (Glücksspiel)verhaltens begünstigen. Beim Onlineglücksspiel ist dies deutlich mehr gegeben als beim klassischen Automaten- und Casinospiel. Eine feste Gruppe von einigen seit mehreren Jahren abstinent lebenden SpielerInnen, die eine Bindung zu unserer Einrichtung und der offenen Spielergruppe hergestellt haben und die Gruppe weiterhin zur eigenen Absicherung nutzen, bildet den Kern der geleiteten Selbsthilfegruppe. In der „Probephase“ bzw. AmbivalenzPhase ihrer Abstinenzentscheidung befindliche SpielerInnen nutzten diese Gruppe in unterschiedlicher Intensität und Frequenz, um sich mit ihrem Problemverhalten und Grundwissen zu der Suchtproblematik zu befassen. Weiterhin fanden sie in der Gruppe bei Mitbetroffenen Modelle für ihre künftige Entwicklung, lernten sich mit der Abhängigkeit elementar zu befassen, ihre individuellen Anteile und Motivationen zu identifizieren und sich darin zu üben, sich selbst wahrzunehmen und von sich zu reden. Auch das Angebot der ambulanten Rehabilitation Glücksspielsucht wird gut angenommen und verläuft für die Betroffenen mit positivem Erfolg. In 2015 wurden mit 86 intensiv betreuten SpielerInnen nahezu unverändert viele SpielerInnen erreicht. Darunter sind zu einem nicht unerheblichen Prozentsatz Spieler mit zwischen 3 und 10 Kontakten, die sich in der Ambivalenzphase ihrer Motivationsbildung zur Veränderung befanden. Lediglich 68 Glücksspielende hatten nur einmaligen Kontakt. In Einzelgesprächen Kooperationstreffen und wurde Teilnahmen auf unser an regionalen Angebot gezielt Arbeitskreisen hingewiesen, und durch entsprechende Flyer und Plakate auf unser Angebot und die Fachstelle in Bielefeld als Ansprechpartner hingewiesen. 25 Medienabhängigkeit Das in missbräuchlicher bis abhängiger Weise betriebene Spiel am Computer ist ein Sachverhalt, der in der Fachöffentlichkeit und damit auch in unserem Haus seit etwa zehn Jahren beobachtet wird. Bereits in 2007 im Rahmen der Aktionstage „Sucht hat immer eine Geschichte“ hatten wir zu diesem Thema ein Symposium veranstaltet, das aber seinerzeit nicht die Beachtung fand, die wir uns gewünscht hätten. Offensichtlich war zum damaligen Zeitpunkt das Problembewusstsein im Raum Düren (noch nicht) so geschärft, wie es notwendig gewesen wäre. In 2014 konnten wir einen Mitarbeiter der Uniklinik Mainz zu einem Vortrag zum Thema „Internetabhängigkeit“ gewinnen. Der Dipl.-Psychologe informierte das Publikum mit einem ebenso aktuellen wie spannenden Überblick über den derzeitigen Stand der Forschung und der therapeutischen Behandlung medienabhängiger Personen. Viele Einzelheiten aus seinem Vortrag waren mit Erfahrungen aus unserer täglichen Arbeit deckungsgleich. Heute ist das Online-Spielen Teil der Jugendkultur wie Party, Hip Hop, Electro oder Social Media. Zu nennen sind hier vor allem die MMORPGs (Massive(ly) Multiplayer Online Role Playing Games), die seit Beginn der 00er Jahre einen beispielhaften Siegeszug gerade in dieser Jugendkultur erlebt haben. Spiele wie „World Of Warcraft“, „Counterstrike“ oder „League Of Legends“ werden von vielen Millionen Gamern in der ganzen Welt gespielt. Diese Spiele sind ausschließlich online spielbare Computer-Rollenspiele, bei denen gleichzeitig tausende Spieler eine dauerhaft existierende virtuelle Welt bevölkern. Die „Avatare“ (die vom Spieler/der Spielerin erdachte Spielfiguren) werden auf Servern verwaltet. Inhaltlich ist ein MMORPG mit anderen Computer-Rollenspielen vergleichbar. Beim MMORPG jedoch liegt der Schwerpunkt eher bei der Interaktion zwischen den Spielern bzw. den Spielergruppen („Gilden“) untereinander. Im Alleingang oder in Gruppen also kämpfen die Spieler dabei entweder gegen Gegner, die vom Spiel gesteuert werden oder gegen andere Spieler. Die Sogwirkung und der „Flow“ – das Vergessen der Zeit vor dem Rechner – können sehr stark sein. Die Zahl der irritierten bis verzweifelten Eltern, die bei uns Beratung nachfragten, ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Im Berichtsjahr meldeten sich verstärkt selbstbetroffene „Gamer“, die in einzelnen Fällen ihre mehr als 26 zehnstündige virtuelle Präsenz vor dem Rechner als derart belastend erlebt haben, dass sie befürchteten, ihr Leben im „analogen“ Alltag zu verlieren. Zu einem großen Teil arbeiten wir mit diesen Personen wie mit KlientInnen, die unter „normalen“ Abhängigkeitserkrankungen leiden. Auch wenn es bei der Diagnose „Medienabhängigkeit“ noch keine ICD-10-Klassifizierung gibt: Wir haben es hier mit einer Abhängigkeitserkrankung in all ihren uns seit vielen Jahren bekannten Ausprägungen zu tun. Prävention – Fachstelle für Suchtvorbeugung Die Fachstelle für Suchtvorbeugung richtet ihr Angebot an schulische und außerschulische Multiplikatoren, (konsumerfahrene) Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene, Betriebe, Erziehungsberechtigte sowie an die allgemeine Öffentlichkeit. Mit insgesamt 173 Veranstaltungen/Angeboten/Interventionen wurden im Berichtsjahr 2.208 Personen erreicht. Hinzu kommen 11 Veranstaltungen, die in der Endart-Kulturfabrik durchgeführt wurden. Mit diesen wurden nochmals 4.250 Personen erreicht. Aufgrund der Verbreitung von Alkohol und der damit einhergehenden gesellschaftlichen, individuellen und gesundheitlichen Probleme wurde auch in diesem Berichtsjahr wiederum der Alkoholprävention eine besondere Beachtung beigemessen. Neben der Vermittlung von Regeln und Standards für einen vernünftigen, d.h. genussorientierten, gesunden und somit verantwortungsvollen Alkoholkonsum besteht eine allgemeine Zielsetzung u.a. auch darin, über die Risiken des Rauschtrinkens zu informieren und die Zielgruppe dazu zu befähigen, zwischen Alkoholgebrauch und Alkoholmissbrauch unterscheiden zu können. Im Rahmen der Alkoholprävention hat sich unser „Methodenkoffer Alkoholprävention“ fest etabliert. Er wird regelmäßig abgefragt und ist dementsprechend vielfach im schulischen und außerschulischen Setting im Einsatz. Etabliert haben sich auch die im Rahmen der Landeskampagne „Sucht hat immer eine Geschichte“ geförderten HipHop Workshops sowie der „Alkohol-Parcours“ für Jugendliche. Weitere Einsätze sind auch für das laufende Kalenderjahr vorgesehen. 27 Im Rahmen des bundesweit durchgeführten „HaLT“ – Projektes wurden zwei Gruppenangebote zum „Risiko-Check“ durchgeführt. „HaLT“ richtet sich an Kinder und Jugendliche mit riskantem, auffälligem Alkoholkonsum. In Stadt und Kreis Düren beruht das Angebot auf der Kooperation zwischen dem St. Marien-Hospital DürenBirkesdorf und der Fachstelle für Suchtvorbeugung. Die Alkoholprävention betreffend müssen an dieser Stelle auch die Aktionen im Rahmen des im zweijährigem Rhythmus stattfindenden bundesweiten „Aktionstag(es) Alkohol“ Erwähnung finden. Neben Aktionen im schulischen Kontext wurde auch in diesem Jahr zusammen mit langjährigen Kooperationspartnern ein Aktionstag in der Dürener und Jülicher Innenstadt durchgeführt. An Planung und Ausführung waren im Berichtsjahr die Rheinischen-Kliniken Düren, die Selbsthilfekontaktstelle sowie Vertreter der Selbsthilfe beteiligt. Die Zielsetzung des Aktionstages bestand u.a. darin, auf die Problematik des Alkoholmissbrauchs aufmerksam zu machen, das Bewusstsein für den eigenen Alkoholkonsum zu schärfen sowie regionale Hilfsmöglichkeiten darzustellen. Im laufenden Berichtsjahr waren auch immer wieder Cannabis und dessen aktuelle drogenpolitische Debatte um eine möglicherweise erforderliche Neubewertung und Freigabe von Cannabis – wie in einigen Staaten Amerikas – Thema vieler schulischer und außerschulischer Veranstaltungen. Das Thema erschien vielen Jugendlichen und jungen Erwachsenen aufgrund der Nähe zu ihrer ganz persönlichen Lebenswelt von besonderem Interesse. Die Erfahrungen zeigen, dass die Positionen Jugendlicher und junger Erwachsener hinsichtlich einer regulierten Freigabe von Cannabis nicht einheitlich sind. Positionen wurden ausgetauscht, Vor- und Nachteile eines liberaleren Umgangs mit der Droge Cannabis sowie dessen Konsumrisiken erörtert. Für einen Großteil junger Menschen scheint es allerdings hinsichtlich einer Risikobewertung völlig klar zu sein, wie die Schädlichkeit von Cannabis im Vergleich zu den gesundheitlichen Gefährdungen der legalen Droge Alkohol zu bewerten ist. Unabhängig von dem weiteren Verlauf der drogenpolitischen Auseinandersetzung und den sich daraus möglicherweise ergebenden Konsequenzen wird es in der 28 Prävention weiterhin neben der Vermittlung und Förderung allgemeiner Ressourcen, die eine Erziehung zur „Drogenmündigkeit“ lancieren, entscheidend auf eine sachliche und wertneutrale (und damit auch glaubwürdige) Informationsvermittlung ankommen. Letzteres erscheint unter dem Aspekt, dass Cannabis bei vielen jungen Menschen den Status einer eher „gesunden“ Droge mit vielen positiven und wenig negativen Wirkungen hat, umso bedeutsamer. Hier gilt es, das Bewusstsein für konsumimmanente Risiken zu schärfen, ohne sich dabei jedoch dramatisierender und abschreckender Strategien zu bedienen. Neben diesen Erfordernissen gilt es selbstverständlich auch, für (junge) Menschen mit problematischen Konsummustern Hilfs- und Unterstützungsangebote bereitzuhalten. Mit dem internetbasierten Ausstiegsprogramm für jugendliche Cannabis-User „Quit the Shit“ halten wir seit vielen Jahren ein entsprechendes Angebot bereit. „Quit the Shit“ verfolgt einen zielorientierten Ansatz innerhalb eines überschaubaren Zeitrahmens (50-TageProgramm). Im Berichtsjahr konnten von der Fachstelle Düren 40 Personen in das Programm aufgenommen werden. Die Haltequote (d.h. reguläre Beendigung des Programms) lag bei 43 Prozent, so dass insgesamt über 230 Chatberatungen durchgeführt wurden. Auch das Thema des missbräuchlichen bzw. oft schon abhängigen Umganges mit diversen Medien stand und steht zunehmend mehr im Fokus der Präventionsveranstaltungen und wird engagiert und lebhaft diskutiert. Hierzu führten wir auch spezifische themenzentrierte Veranstaltungen mit unterschiedlichen Multiplikatoren durch. 29 Veranstaltungen zur Sucht- und Drogenprävention in Stadt und Kreis Düren im Jahr 2015 Veranstaltungen Teilnehmer 34 1215 16 76 46 144 21 350 47 184 Schule Projekttage/-wochen, Infoveranstaltungen Schulische Multiplikatoren Fachberatung, Fortbildungsseminare für Lehrerkollegien/Lehrergruppen, Krisenintervention Eltern schulische und außerschulische Elternabende, Elternkurse, individuelle Beratung Außerschulische Multiplikatoren Fortbildungsseminare, Fachberatung, Krisenmanagement/intervention Außerschulische Jugendarbeit Jugendgruppen, Projekttage, Cliquenberatung, Internetberatung, Quit the Shit Betriebsprophylaxe Schulung von Multiplikatoren, Auszubildenden und Belegschaft 9 Interessierte Öffentlichkeit EndArt (Konzerte, SchülerPartys usw.), Infoveranstaltungen, Presse etc. Insgesamt 239 11 4.250 184 6.458 30 Prävention im Bereich Youthwork Die Aids- und Drogenprophylaxe mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen an Schulen im Kreis Düren, Stadtgebiet Düren und Jülich waren die Hauptaufgabenbereiche im Bereich Youthwork. In 2015 fanden regelmäßige Veranstaltungen in zahlreichen Schulen statt. Auffällig war hier der Bedarf nach Prävention an Hauptschulen. Hier wurde meist der gesamte 9. Jahrgang in mehreren zweistündigen Aidsprophylaxe-Einheiten geschult. Hauptaugenmerk lag neben der theoretischen Wissensvermittlung vor allem auf der praktischen Vorführung und dem gemeinsamen Üben von korrekter Kondomanwendung an medizinischen Modellen mit allen Schülern gemeinsam. Dabei machen fast alle Schüler begeistert mit und haben ihren Spaß dabei. Das ist wichtig, um die Botschaft, dass Kondombenutzung völlig normal und einfach zu handhaben ist, bei den Schülern zu verankern. Nur vereinzelt fielen erstmals männliche muslimische Schüler auf, die angaben, aus religiösen Gründen nicht bei der Übung mitmachen zu wollen. Dies ist ein neues Phänomen, welches die Jahre zuvor nur einzelne weibliche muslimische Schülerinnen gezeigt haben. Neben der Aidsprophylaxe waren vor allem die drogenspezifischen Sprechstunden für die 8. Klassen gefragt. Hier konnten Jungen und Mädchen getrennt voneinander anonym ohne anwesende Lehrer ihre ganz persönlichen Fragen zu Sucht- und Drogenthemen stellen. Bei den Jungen dominierten Fragen zum Schischa-Rauchen und dessen angeblicher Harmlosigkeit. Dazu kamen ein großer Informationsbedarf zum Thema „Zocken“ und viele persönliche Gespräche über das weit verbreitete, stundenlange Computerspielen. Hierbei ist zu bemerken, dass laut Aussagen der Jungen den meisten Eltern das Ausmaß, wie viele Stunden am Tag ihre Kinder oft exzessiv spielen, verborgen bleibt. Die Mädchen hingegen hatten eher Fragen zum Thema Essstörungen und zu dem weit verbreiteten Thema „Ritzen bzw. Selbstverletzungen“. Bedauerlich ist in diesem Zusammenhang die bevorstehende Schließung der sehr familiär und persönlich geführten ländlichen Hauptschulen zu erwähnen. Die sich durch sehr engen Kontakt zu den Schülern auszeichnenden Schulen werden 31 zugunsten großer Schulsysteme leider aufgegeben. Die Schülerschaft wird auf oft weit entfernte Schulen verteilt. Von vielen LehrerInnen wird auch bezweifelt, ob das angestrebte höhere Leistungsniveau an den neuen Schulen überhaupt von der klassischen Hauptschul-Schülerschaft erreicht werden kann. Im Bereich Multiplikatoren gab es zahlreichen Treffen mit Lehrern und vor allem Schulsozialarbeitern. In zahlreichen persönlichen Gesprächen ging es in der Hauptsache um einzelne Schüler mit Drogenproblematik und etwaige Hilfestellungen. Meist handelte es sich dabei um Schüler, die ursächlich familiäre und schulische Probleme haben. Oftmals ist bereits das zuständige Jugendamt involviert. Hier geht es in erster Linie darum, die Beziehung zu den SchulsozialarbeiterInnen anzubahnen, da die Jugendlichen meist keine anderen Bezugspersonen haben, die sie unterstützen. Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit war die Youthworkerin als Mitveranstalterin beim Dürener Mädchentag vertreten, bei der Vorführung eines Theaterstückes aktiv und für die Organisation der Öffentlichkeits-Aktionen am Welt-Aids-Tag 2015 verantwortlich. Beim diesjährigen Mädchentag fand zum wiederholten Mal eine Glücksrad-Aktion statt, bei der die Mädchen ihr Wissen bezüglich Alkohol und Sucht allgemein testen und altersgerechte Give-aways gewinnen konnten. An unserem Informationsstand lagen zahlreiche Informationsmaterialien aus, die kostenlos an die Mädchen verteilt wurden. Am 16.11.2015 fand auf Initiative der Caritas Drogenberatung Düren in den Räumen der Endart eine Theateraufführung zur Aidsproblematik für Jugendliche statt. Eingeladen waren die gesamte 9.Jahrgangsstufe der Realschule und des Gymnasiums St.Angela. Das Stück hieß „Dossier: Ronald Akkermann“ und wurde als Koproduktion von `theaterspiel´ und `movingtheathre` aus Witten aufgeführt. Dargestellt wird eine berührende Geschichte über die Liebe, das Leben und das Sterben an der Krankheit Aids. Sehr interessiert wurde das Theaterstück verfolgt und sich bei der anschließenden Diskussion rege beteiligt. 32 Dabei konnten die ca. 180 Mädchen persönliche Fragen stellen, was sie auch eifrig taten. Besonders beschäftigte sie die Frage, wie sie sich selbst einem HIV-infizierten Menschen gegenüber verhalten würden. Dabei wurde mehrfach betont, wie wichtig sachgerechte Aufklärung über die Krankheit und ihre Ansteckungswege für Jugendliche auch heute immer noch ist. Im Vorfeld ist der gesamte 9. Jahrgang des Gymnasiums in sexualpädgogischen Prophylaxeveranstaltungen von den Mitarbeitern der Drogenberatung über HIV und Aids anschaulich aufgeklärt worden. Das Theaterstück diente der Vertiefung des vermittelten Wissens und zugleich als Dankeschön an die Angela-Schule, die die Drogenberatung Düren bei ihrer jährlichen Aktion beim Welt-Aids-Tag am 1.12. seit über 10 Jahren tatkräftig bei der Spendensammlung unterstützt. Beim Welt-Aids-Tag 2015 half die gesamte 9. Jahrgangsstufe des St. Angela Gymnasiums mit, rote Solidaritätsschleifen gegen Spenden an die Dürener Bevölkerung zu verschenken. Alle Schülerinnen wurden dafür in mehrtägigen sexualpädagogischen Veranstaltungen gründlich geschult und hatten ihren Spaß an der Aktion. Präventionsveranstaltungen im Jahr 2015 Zielgruppe Art der Zahl der Anzahl der Veranstaltungen Veranstaltungen teilnehmenden Personen Schulklassen Infoveranstaltungen Unterrichtseinheiten 37 1.034 19 26 5 2.700 Projekttage Multiplikatoren Fallbesprechung Beratung Krisenmanagement interessierte Welt-Aids-Tag Öffentlichkeit Mädchentag Theaterstück 33 Außenstelle Jülich Im vergangenen Jahr wurden unsere Angebote von insgesamt 368 Personen (Vorjahr 362) rege genutzt. Davon wurden 186 Personen intensiv betreut. Gegenüber dem Vorjahr - mit 171 Intensivbetreuungen - ist die Anzahl Rat und Hilfe suchender Menschen damit wieder angestiegen. Angesichts quantitativ steigender Herausforderungen ist es schon ein mittleres Kunststück, noch ohne Warteliste auszukommen und dabei eine qualitativ hochwertige Arbeit zu leisten, die den hier betreuten Menschen fachlich und auch zwischenmenschlich gerecht werden kann. Die allgemeine Statistik über die Prävalenzen zum Suchtmittelkonsum, genderstatistische Daten und die soziale Situation der Klientel, lässt sich im großen Ganzen von unserer Gesamtstatistik (s. Tabellen) auf die Jülicher Klientel herunterbrechen. Auffällig ist jedoch, dass im Jülicher Raum weit mehr als ein Drittel der gesamten Intensivklientel jünger als 25 Jahre war. Letzteres kann durchaus darin begründet sein, dass in den letzten Jahren eine verstärkte Vernetzung und Zusammenarbeit mit dem Jugendamt, den sozialpädagogischen Familienhilfen, sowie der Jugendgerichts- und Bewährungshilfe auf dem kurzen Wege der Frühintervention gepflegt und ausgebaut wurde. In 21 Intensivbetreuungen war das Jugendamt mit der Gewährung von Jugendhilfe involviert, sei es, um abhängige Eltern „auf den rechten Pfad“ zu bringen, oder sei es, Jugendlichen mit einer Abhängigkeitssymptomatik und der damit verbundenen Dysfunktionalität für ihre Zukunft auf „die Sprünge“ zu helfen. Angehörigenberatung 23 Sekundärbetroffene (Eltern, Partner) haben eine intensive Beratung in Anspruch genommen. In der systemisch orientierten Betreuung sekundär Betroffener sind es vor allem Eltern, die in ihrer Verunsicherung Rat und Hilfe suchen. Ihre allererste Frage scheint zu sein: „Mein Kind nimmt Drogen, was habe ich nur falsch gemacht?“. Die notwendige Abgrenzung von einem bestimmten (Fehl)Verhalten fällt unter dem Aspekt eigener Schuldgefühle und der Angst, dass ihre jugendlichen und heranwachsenden Töchter und Söhne ohne ihre ganz besondere Fürsorge völlig abgleiten könnten, besonders schwer. 34 Oft sind die Grenzen der Achtung und des gegenseitigen Respektes längst gefallen, das Zusammenleben fühlt sich dann wie ein einziger Kampf an, und die Konflikte und Sorgen dominieren und lähmen das Familienleben. In der Beratung von Eltern und Angehörigen geht es meistens darum, festgefahrene Kommunikationsstrukturen aufzulösen und einen Leitfaden für das pädagogische Verhalten zu finden. Der Ausstieg Angehöriger aus co-abhängigen Strukturen bewirkt eine gesündere Lebenshaltung zugunsten von mehr Lebensqualität. Die Anbindung für Jugendliche, Heranwachsende und Partner an die Drogenberatung kann nun besser gelingen, damit weitere Maßnahmen (Beratung, Entgiftung, Therapie) eingeleitet werden können. Allein die Elternberatung schlug mit insgesamt 134 Kontakten zu Buche, was darauf schließen lässt, dass die Familienberatung immer mehr an Bedeutung gewinnt. Psychosoziale Beratung Substituierter 66 Personen befanden sich im Jahr 2015 im Substitutionsprogramm und wurden von uns psychosozial begleitet. Auch hier ist ein leichter Anstieg gegenüber dem Vorjahr (63) zu verzeichnen. Die wöchentliche Substitutionssprechstunde wird unter anderem wegen ihrer Niedrigschwelligkeit ohne Terminvereinbarung rege angenommen. Darüber hinaus werden je nach Bedarf reguläre Termine angeboten, um sie für eine Therapievermittlung, Krisenintervention, Beratung in besonderen Schwierigkeiten und zum Besuch auf der Entgiftungsstation im Dürener Landeskrankenhaus zu nutzen. Bei langjähriger Opiatabhängigkeit sieht sich die Drogenberatung einerseits einem unbeschreiblichen Elend gegenüber, dem man sich kaum entziehen kann; andererseits zeigt die langjährige Erfahrung, dass durchaus Heilungsprozesse in Gang kommen können, die prognostisch eher positiv überraschend sind. Von daher hat es sich als fruchtbar erwiesen, im Rahmen der psychosozialen Begleitung über die Jahre in einem vertrauensvollen Kontakt zu bleiben und die so entstandene Compliance in schweren Krisen als Chance zu nutzen, um zusammen mit den Kranken neue Wege einzuschlagen. In diesem Zusammenhang sei Herrn Dr. Behrens und seinem Praxisteam besonders für die ausgezeichnete Zusammenarbeit gedankt. Der Löwenanteil Substituierter wird in Jülich nicht nur medizinisch gut versorgt; es findet auch eine ständige Rückkopplung mit der Drogenberatung statt, so dass Grundsätze wie harm35 reduction und lebensrettende Maßnahmen sowie die Erfüllung der Statuten einer qualitativ hochwertigen Versorgung Substituierter optimal umgesetzt werden können. Therapievermittlung Wenn die ambulante Beratung und gegebenenfalls Entzugsbehandlung in der LVR Klinik nicht ausreicht, um einen Ausstieg aus der Sucht zu schaffen, kann eine Vermittlung in ambulante oder stationäre Rehabilitationsbehandlungen erfolgen. Im Jahr 2015 erfolgten 26 solcher Therapievermittlungen. Prävention Auch in diesem Jahr wurden wieder Präventionsveranstaltungen an den Schulen in Stadt und Kreis Jülich durch die Prophylaxekräfte der Drogenberatungsstelle in Düren durchgeführt. Die suchtprophylaktischen Veranstaltungen haben meist in den 8. Klassen geschlechtergetrennt stattgefunden. Hier konnten Jungen und Mädchen ihre persönlichen Fragen zu Drogen und Sucht stellen. Die Aidsprophylaxe-Veranstaltungen fanden in der Regel in der 9. und 10. Klasse statt. Hier wurde die gesamte Klasse über HIV, HCV etc. aufgeklärt. An allen Schulen sind unsere Fachkräfte in sehr engem Kontakt mit den jeweiligen SchulsozialarbeiterInnen, die ja die direkten Ansprechpartner bei schulischen Problemen sind. Über diesen Kontakt entstehen auch bei Bedarf Vermittlungen in die Jülicher bzw. Dürener Beratungsstelle. Genauere Beschreibungen zu den Prophylaxe-Veranstaltungen Gesamtjahresbericht der Drogenberatungsstelle nachzulesen. 36 sind im „Café- D“ Die Abende Seit 1981 führen wir den Offenen / Niederschwelligen Bereich innerhalb der Drogenberatungsstelle. Die Öffnungstage und –zeiten sind von Beginn an unverändert: Wir öffnen jeweils mo. - mi. - fr. um 17.00 Uhr und schließen um 23.00 Uhr. Innerhalb dieser Zeit bieten wir unseren Gästen eine Basis-Versorgung (Dusche, Wäsche, eine warme Mahlzeit) darüber hinaus aber auch das, was die meisten suchen und (hoffentlich) bei uns finden: Zugewandtheit, Vertrautheit, Ansprache, Unterhaltung, Entspannung, Geselligkeit und eine insgesamt manchmal familiäre Atmosphäre. Die Erwartungen, die die Gäste an das Café und sein Personal stellen, sind oft hoch und können nicht immer zur Zufriedenheit aller erfüllt werden. Dies ist in 2015 umso schwerer gewesen, als unsere schon im Verwendungsnachweis des Vorjahres erwähnte Kollegin weiter langzeiterkrankt war und auch im Berichtsjahr vertreten werden musste. So sehr sich die vertretenden Kolleginnen auch engagierten und auch bei den Gästen „andocken“ konnten: Die Kollegin wurde weiter vermisst, weil sie geradezu eine Institution im Niederschwelligen Bereich ist, jeden kennt und sich auch während ihrer Krankheit via Facebook regelmäßig meldete. Seit Beginn diesen Jahres ist sie wieder im Dienst, und wir hoffen, endlich wieder zur Personal-Normalität zurückkehren zu können. Das Publikum Wie in den Jahren zuvor wurde das Café an den o. g. Abenden von 20 – 50 Personen besucht, und so vielfältig die Charaktere, so unterschiedlich sind die Wünsche der Gäste. Die oben schon genannten Angebote der Grundversorgung nehmen viele von ihnen in Anspruch; hier ist immer das warme Abendessen der Spitzenreiter in der Nachfrage. Im Laufe eines jeden Abends sucht uns die stets wechselnde „Laufkundschaft“ auf, die sterile Spritzen / Pflegesets benötigt und Geld für den Automaten wechselt. Diese Leute sind keine Stammkunden: Sie wollen einen konkreten Service, trinken vielleicht noch eine Tasse Kaffee und verschwinden wieder. Ein Teil unserer Gäste, die nicht zur Stammkundschaft gehören, nehmen uns in Anspruch, um Angelegenheiten zu erledigen, die sie sich alleine nicht zutrauen. Da ist oft „Ämterpost“ (JobCom, Vermieter, Amtsgericht, GEZ, Mobilfunk-Anbieter …) zu 37 erledigen, die von den Rat Suchenden nicht verstanden oder gar nicht erst gelesen wurde. Wir erläutern den Inhalt und bieten Unterstützung bei der Kommunikation an. In der Regel wird ein Termin für den nächsten Vormittag vereinbart, an dem das entsprechende Amt gemeinsam angerufen wird und die Sachverhalte geklärt und erledigt werden können. Immer wieder haben wir Gäste, die psychotische Symptome zeigen und damit anderen Gästen durchaus auch Angst machen. Solange diese Personen keine Anzeichen zeigen, gewalttätig zu werden, sind sie bei uns geduldet, weil wir wissen, dass sie sonst nirgendwo eine Chance auf Aufnahme haben. Aber: Es ist wichtig, dass diese Personen nicht die Atmosphäre prägen, sondern von den anderen „Gästen“ „absorbiert“ werden. Und: Wir wissen die kurze Distanz zur LVR-Klinik manchmal durchaus zu schätzen. Das Stammpublikum Das Stammpublikum hält die Atmosphäre im Café lebendig und familiär. Diese Gäste besuchen uns mindestens einmal, manchmal zweimal wöchentlich, einige an allen Abenden, und das seit Jahren. Sie kennen die MitarbeiterInnen gut und pflegen einen dementsprechend vertrauten Umgang mit ihnen. Sie nehmen auch an vielen der Freizeitangebote aktiv teil, machen gute Vorschläge zu Aktivitäten, verbringen den ganzen Abend bei uns, kennen einander, haben auch Umgang außerhalb des Cafés miteinander. Die meisten von ihnen haben eine BtM-Vergangenheit, die ihr Leben maßgeblich negativ geprägt hat. Sie nehmen die Reha-Angebote der Drogenberatung in Anspruch und versuchen bei uns, eine drogenfreie Freizeit zu verbringen. Die einzigen Ansprüche, die wir an sie stellen, sind die klassischen Ansprüche offener Bereiche in Drogenberatungsstellen: Keine Drogen - Keine Gewalt! Wenn es zu Rückfällen kommt, ist das kein Grund, die Leute aus dem Café-Bereich auszuschließen. Rückfälle gehören nun mal zum Drogenkonsum, und akzeptierende Drogenarbeit schließt den Rückfall mit ein. Manchmal befürchten wir die Gefahr der Infektion anderer, noch eher „wackeliger“ Gäste. Dann müssen wir intervenieren und das kann auch heißen, dass wir den akut konsumierenden Gast auffordern, das Café zu verlassen. Das bedeutet nicht „Hausverbot!“, sondern will nur die Ansteckung verhindern, etwa wenn Drogengespräche geführt werden, die andere Personen „triggern“ könnten. Wir konfrontieren den Konsumenten, erklären ihm die 38 Problemlage, treffen Vereinbarungen … klassische soz.-pädagogische Arbeit im Café. Schließlich haben wir eine Verantwortung gegenüber den jungen Gästen, die sich aber nicht – anders als noch vor 10 Jahren – in der Regel nicht verführen lassen. Bei der Mehrheit der Stammgäste gibt es den Abstinenzwillen. Deshalb sind sie froh, dass sie unsere Angebote in Anspruch nehmen können, sagen uns dies auch immer und fühlen sich uns verbunden. Für eine beträchtliche Gruppe aus diesem Personenkreis sind unsere Freizeitangebote von hohem Wert, weil die Leute so Termine haben, mit denen sie ihre Langeweile angehen können. Auch dies ist eine Grunderfahrung in der Niederschwelligen Arbeit: „Tagesstruktur“ ist eines der Zauberwörter in der Arbeit; fehlt sie, entsteht aus der Langeweile und der Einsamkeit eine Sinnentleertheit, die wiederum zu Suchtdruck führt. Fehlt dann ein Angebot, eine Maßnahme, ist der Weg vom Suchtdruck zum Rückfall nur noch kurz. „Ich will mein altes Leben zurück“ – so beschrieb ein Gast die Divergenz zwischen seinem Drogenleben und dem „Nichts“ im jetzigen Abstinenzleben. Auch hier erfüllt das Café eine wichtige Funktion, weil unser Publikum bei uns auf Leute mit gleicher oder ähnlicher Befindlichkeit trifft – geteiltes Leid ist halbes Leid…. Freizeitangebote Die Freizeitangebote sind ein fester Bestandteil in der Palette der Café-Angebote. Dazu gehört seit vielen Jahren das Fußballtraining jeden Montag am 19.00 Uhr – im Winter in einer Turnhalle, im Sommer auf einem regulären Platz. Das BadmintonAngebot mittwochs geht von 20.00 Uhr – 22.00 Uhr. Im Berichtsjahr mussten diese Termine mehrfach abgesagt werden, weil die TeilnehmerInnen rückfällig waren, einen Klinikaufenthalt absolvierten, abgetaucht waren… je näher Menschen noch in dem System der Anhängigkeit leben, desto unverbindlicher ist die Teilnahme an „drogenfreien Terminen“. Der Instrumentalunterricht in den Fächern Gitarre, E-Bass und Geige wird zumeist von jugendlichen Gästen und jungen Erwachsenen (zwischen 14 und 25) in Anspruch genommen. Sie (insgesamt etwa 10-15 Personen) alle haben in den ersten Monaten des Unterrichts eine gewisse Schwellenangst, weil das Café „D“ ja nun mal als Anlaufstelle für BtM-KonsumentInnen bekannt ist. Einige kommen auch tatsächlich nur wegen des Unterrichts und verlassen danach das Café wieder. Andere (die älteren Jugendlichen) halten sich noch einige Zeit dort auf, spielen Billard oder 39 Kicker, machen sich mit anderen Gästen bekannt. Dass sie sich infizieren werden, steht nicht zu befürchten. Zu wenig glamourös ist das, was Drogenkonsum mit Menschen anrichtet, und die Zeiten von „Sex & Drugs & Rock´n´Roll“, die mit Drogenkonsum einen gewissen Lifestyle verbanden, sind längst vorbei. Der Chor Nachdem wir im vergangenen Jahr den Chor, der fast ausschließlich aus unserer Klientel besteht, auf 15 Personen erweitern konnten, verzeichnen wir für das Berichtsjahr nochmal eine Zunahme auf nunmehr 20 Personen. Die Zunahme ist sicher auch das Ergebnis aus drei Auftritten, die wir bei Café/Drobs-Festen vor einem recht großen Publikum absolvierten (Sommerfest, Weihnachtsfeier, ein Auftritt auf einem Benefiz-Konzert außerhalb des Drogenberatungs-Umfeldes). Die Auftritte waren durchweg gelungen und weckten das Interesse einiger Gäste aus dem Publikum, die wir gerne in unserem Chor aufnahmen. Dennoch ist und bleibt die Fluktuation ein Dauerproblem. Unablässig bleiben Mitglieder den Proben fern, immer aus den gleichen Gründen: Rückfall, Klinikaufenthalt wegen Entgiftung. Krankheit, Depressionen, wegen anderer Termine …. Um eine größere Sicherheit erzielen zu können, proben wir seit Mitte 2015 zweimal wöchentlich – montags von 18.30 Uhr – 20.00 Uhr, mittwochs von 19.00 Uhr – 20.00 Uhr. Für das kommende Jahr sind wieder drei Auftritte geplant. Rechtsberatung Der bei uns auf Minijob-Basis arbeitende Rechtsanwalt hat seine Termine wie in den Jahren zuvor an jedem zweiten und vierten Montag eines Monats wahrgenommen. Seine MandantInnen sind Gäste des Cafés und die Klientel der Drogenberatung. Das Angebot wird weiter rege angenommen; die Zusammenarbeit mit ihm funktioniert reibungslos. 40 Freizeitaktivitäten außerhalb des Cafés Suchtkranke oder –gefährdete Menschen, denen die Bewältigung des Alltags schwerer fällt als gesunden Menschen, leiden v. a. an Einsamkeit und Langeweile. Wenn man abstinent leben will, fällt die Szene mit allem, was dazu gehört, fort, und es fehlen dem/der Abstinenzwilligen Kontakte und Beschäftigung. Wenn jeder Tag wie der andere aussieht, eher triste und ohne Abwechslung, ist der Rückfall oft nur noch eine Frage der Zeit. In diesem Lebensabschnitt spielt der Begriff „Tagesstruktur“ eine zentrale Rolle. Wir bieten seit Jahren unserer Klientel eine Reihe von Freizeitaktivitäten, die ihnen helfen sollen, der Einförmigkeit ihres Alltags wenigstens ab und an eine Besonderheit entgegenzusetzen. So haben wir auch im Berichtsjahr regelmäßig Fahrten in die umliegenden Großstädte Köln und Aachen organisiert, haben auch mal Tagestouren nach Lüttich und Maastricht unternommen, sind als Tagestour auf der Maas geschippert oder haben im Sommer den mittlerweile traditionellen „Tag am Meer“ verbracht. Die Zahl der TeilnehmerInnen lag bei all diesen Veranstaltungen immer bei 5-10 Personen, manchmal haben auch mehr als 10 Leute teilgenommen. Sehr beliebt sind mittlerweile auch die Kochgruppen, die vormittags das zubereiten, was abends im Café verzehrt wird. Diese regelmäßig in der Woche stattfindenden Gruppen bieten Tagesstruktur, Kommunikation einzeln oder in den Gruppen, man lernt kochen und kann sich zu erschwinglichen Beiträgen mit gesunden, frisch zubereiteten Speisen (Kein Fast Food!) ernähren. Wichtig bleibt auch weiterhin das „gemütliche Beisammensein“ an den Nachmittagen während der kritischen Zeit (v. a. zu Weihnachten, aber auch zu Ostern und an Feier/-Brückentagen. Gerade dann, wenn alle Einrichtungen geschlossen haben, ist es umso wichtiger, eine Anlaufstelle zu bieten. Das Fest-Essen am 1. Weihnachtstag, der gemeinsam gefeierte Rosenmontag und das Osterfrühstück gehören mittlerweile zum festen Repertoire unserer Angebotspalette. 41 Telefonberatung / Krisenintervention Diese beiden Dienstleistungen sind ebenfalls fester Bestandteile in unserem „Katalog“. Weil wir bis 23.00 Uhr geöffnet haben und dementsprechend natürlich auch telefonisch zum Gespräch zur Verfügung stehen, ist unsere Telefon-Nummer für Rat Suchende in Not eine Kontaktstelle von hohem Wert. In den meisten Fällen bleiben die AnruferInnen anonym. Nur wenn es zu Gesprächsvereinbarungen „face to face“ kommt, verlassen die Rat Suchenden den Schutz ihrer Anonymität. Es handelt sich immer um Angehörige, zumeist Mütter, manchmal Väter, seltener Eltern oder Angehörige, die durch den Drogenkonsum ihrer Kinder/EhepartnerInnen/Verwandten psychisch am Ende ihrer Kräfte sind und ohne Beratung nicht mehr weiter wissen. Die Gespräche dauern zumeist deutlich länger als eine Dreiviertelstunde, weil die Sachverhalte für die zu Beratenden oft völlig verworren und nicht mehr lösbar scheinen. Der Berater bietet Vorschläge, die die Probleme zwar nicht lösen, den Nachfragenden aber zumindest eine Orientierung geben können. Die grundsätzliche Problematik heißt: Ein Familienmitglied konsumiert BtM, und die Familie leidet darunter – nicht der/die Konsumierende. In diesem Beratungs-Kontext spielt der Begriff „Co-Abhängigkeit“ eine wichtige Rolle. Wichtig aber bleibt: Hilfreich sind nur die Empfehlungen, die der/die Angehörige auch in der Lage ist umzusetzen. Gerade Müttern fällt es sehr schwer, Distanz zu ihren konsumierenden Kindern herzustellen. Sie sind oft eher bereit, selbst Schaden zu nehmen, als auf Distanz zu gehen und für sich selbst Sorge zu tragen. Wichtiges Kriterium zur Gesprächsterminierung bleibt: Akute Not braucht zeitnahe Intervention – d. h., dass die Zeitspanne von der telefonischen Kontaktaufnahme zum ersten Gesprächstermin höchstens eine Woche ist. Das bedeutet niederschwellige Erreichbarkeit. Prävention durch den Spritzenautomaten Im Berichtsjahr wurden 3.784 (Vorjahr 3.475) Einwegnadeln und Kondome verkauft. Die Zahl der verkauften Kondome lag bei 65 (Vorjahr 74), auch wurden zahlreiche Kondome unentgeltlich auf diversen Veranstaltungen verteilt. Insgesamt also ist die Nachfrage in etwa gleich geblieben. 42 Jahresübersicht Spritzenautomat Für das Jahr: 2015 Spritzen Kondome Sonstiges Gesamt Januar Februar März April Mai Juni Juli August September Oktober November Dezember 175 175 204 179 179 244 210 153 183 240 147 197 0 3 3 7 17 16 1 1 3 4 5 5 128 114 134 98 93 165 137 94 88 150 86 146 303 292 341 284 289 425 348 248 274 394 238 348 Gesamt 2286 65 1433 Insgesamt verkauft: 3784 43 F Das Team der Beratungsstelle Leitung, Koordination - Außenkontakte - Einzelberatung Inge Heymann, Dipl.-Sozialarbeiterin (Leiterin der Einrichtung) Ambulante Einzelfall-Hilfe / Einzelberatung und -therapie Psychosoziale Begleitung für Substituierte Manfred Böhm, Pädagoge M.A. (100%) Silvia Zaunbrecher, Dipl.-Sozialpädagogin (75%) Birgit Leuchter, Dipl.-Pädagogin (70%) Brigitte Ritzerfeld, Dipl.-Sozialarbeiterin (50%) Sarah Mehren Dipl.-Sozialarbeiterin (100%) Sabine Karutz Dipl.-Soz.-Pädagogin (60%) Dorothe Steinweg, Dipl.-Psychologin (50%) Prophylaxe/Youthworker und ambulante Einzelfall-Hilfe Andreas Schön, Dipl.-Soz.-Pädagoge, (70%) Andrea Hoven, Dipl.-Heilpädagogin, (30%) Prophylaxe und Café D Peter Verhees, Pädagoge (100%) Außenstelle Jülich Marita Grossmann, Diplom-Sozialarbeiterin (96 %) Organisation und Verwaltung / EDV Wolfgang Güster, Verwaltungsangestellter Lydia Gehring (geringfügig Beschäftigte) Anabel Fernández-Niehoff (geringfügig Beschäftigte) Dirk Boltersdorf (geringfügig Beschäftigter) Dirk Müller (geringfügig Beschäftigter) 44 Koordination BeWo Wilfried Pallenberg (geringfügig Beschäftigter) Honorarkräfte Klaus Pallenberg (Dipl.-Sozialpädagoge) Ulrich Gleißner (RA) In enger Zusammenarbeit mit den KollegInnen des ENDART-Vereins: Wilfried Pallenberg Koordination Niedrigschwelliges Projekt Dirk Boltersdorf, Dipl.-Sozialarbeiter Danja Dittrich, Dipl.-Sozialpädagogin (26%) Claudia Pütz (50%) 45 46 47 48 Hip-Hop Wettbewerb an Burgau-Gymnasium Düren. Zum fünften Mal in Folge nahmen Schüler des Burgau-Gymnasiums in Düren mit großem Erfolg an dem Hip-Hop-Wettbewerb der Landeskampagne „Leben ohne Qualm“ teil. Der Wettbewerb ist für Jugendliche ab 10 Jahren ausgeschrieben. Er zielt darauf ab, Jugendliche vom Rauchen abzuhalten. Gemeinsam mit einem professionellen Musiker nahmen die Schüler in einem ganztägigen Workshop drei Hip-Hop-Tracks auf. Das Einspielen der Lieder und deren Vertonung ist ein Erlebnis für die Beteiligten. Musiklehrer Christian Reinkober berichtet:“ Durch die konzentrierte intensive Arbeit an dem Rap wird die Botschaft vom Nicht-Rauchen von den Schülern besser verinnerlicht“. Interessierte Schulen und Jugendeinrichtungen haben die Möglichkeit, einen Hip-Hop-Workschop über die Fachstelle für Suchtvorbeugung der Drogenberatung Düren kostenlos zu buchen. (sps) 49