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Kreis Euskirchen
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31.10.07, 18:54
Aktualisiert
31.10.07, 18:54
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Kreis Euskirchen
Der Landrat
Z 1/ A 43/2005
Datum: 03.11.2005
Az.: 80/ Sh
Abteilung: Stabsstelle 80
Vogelsang als Ort mit historischer Bedeutung
Hier: Antrag der SPD-Fraktion
Beschlussempfehlung der Verwaltung:
Die Verwaltung empfiehlt nach rechtlicher Prüfung und der Einholung von Expertenmeinungen
dem Kreistag, keinen Antrag an das Land NRW zu stellen, das Gelände der ehemaligen
Ordensburg Vogelsang durch Landesgesetz zu einem Ort mit herausragender und überregionaler
Bedeutung im Sinne des Demonstrationsrechtes zu erklären.
Begründung:
Der neu geschaffene § 15 Abs. 2 Versammlungsgesetz ermächtigt die Landesgesetzgeber, Orte
auszuweisen, an denen Versammlungen unter erleichterten Voraussetzungen Beschränkungen
unterworfen oder verboten werden können. Für ortsbezogene Einschränkungen von
Versammlungen kommen nur solche Orte in Betracht, die als Gedenkstätte von historisch
herausragender, überregionaler Bedeutung an die Opfer der menschenunwürdigen Behandlung
unter der nationalsozialistischen Gewalt- und Willkürherrschaft erinnern.
Ob eine Gedenkstätte von „herausragender historischer Bedeutung“ ist, bestimmt sich nach der
Gesetzesbegründung u.a. danach, ob sie im öffentlichen Leben exemplarisch für einen
bestimmten Verfolgungskomplex steht, oder ob sie über ein spezifisches, unverwechselbares
Profil verfügt, das sich auf die Authentizität des Ortes gründet. Als Ort im Sinne der Vorschrift
kommen danach insbesondere ehemalige Konzentrationslager der nationalsozialistischen Diktatur
oder Orte von vergleichbarer Bedeutung in Betracht.
§ 15 Abs. 2 VersG ist also sehr eng gefasst. Ausdrücklich sind nur Opferorte geregelt und auch
nur solche, die als Gedenkstätte an die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft
erinnern. Das Wort „insbesondere“ in Absatz 2 Satz 1 stellt aber klar, das auch an anderen Orten
Versammlungen eingeschränkt oder verboten werden können, wenn durch sie die öffentliche
Sicherheit oder Ordnung unmittelbar gefährdet sind. Die Burg Vogelsang mit ihrer Vergangenheit
als Täterort fällt somit grundsätzlich nicht unter den Anwendungsbereich des § 15 Abs. 2 VersG.
Bislang sind insbesondere Konzentrationslager wie Dachau oder Buchenwald für eine Anwendung
des § 15 Abs. 2 VersG in Betracht gezogen worden. Die Stadt München hat, trotz der Bedeutung
der Stadt im Nationalsozialismus (Geschwister-Scholl-Platz, Feldherrenhalle etc.), keine einzige
Gedenkstätte als Orte im Sinne des § 15 Abs. 2 VersG benannt. Soweit bekannt, wurde in
Nordrhein-Westfalen bislang kein Gesetz auf der Rechtsgrundlage des § 15 Abs. 2 VersG auf den
Weg gebracht.
Seite - 2 Das Gelände der ehemaligen „Ordensburg“ Vogelsang geht am 1.1.2006 wieder in den Besitz der
Bundesrepublik Deutschland über. Per Nutzungsvertrag werden die Bedingungen der Öffnung und
Erschließung des Geländes zwischen dem Bund und der Standortentwicklungsgesellschaft
Vogelsang mbH geregelt.
Die Bundesrepublik Deutschland ist privatrechtlicher Eigentümer des Gesamtgeländes und hat
jegliche Möglichkeit, ihr Hausrecht dort auszuüben. Dies bedeutet u.a., dass Demonstrationen auf
dem Gelände ohnehin nicht gestattet bzw. nur nach Genehmigung durch den Eigentümer
zugelassen sind.
Im vergleichbaren Falle des Obersalzberges und des dortigen Dokumentationszentrums hat der
Freistaat Bayern mit ähnlichen Überlegungen einen Erbpachtvertrag für das Gelände geschlossen,
damit die staatlichen und - in ihrer Vertretung -kommunalen Behörden auch ohne Rückgriff auf ein
solches Gesetz jederzeit eingreifen können.
Herr Dr. Dahm, der Leiter der Dokumentation Obersalzberg und Vorsitzender des Fachbeirats
Vogelsang, wies darauf hin, dass in Berchtesgaden in den letzten sechs Jahren lediglich einmal
die Polizei bemüht werden musste, um Personen vom Gelände zu entfernen. Er hält auch die
Gefahr von Demonstrationen auf dem Gelände von Vogelsang derzeit für sehr gering und rät dazu,
hier nicht durch eine öffentliche Diskussion über eine Gesetzesinitiative zuviel Aufmerksamkeit zu
erwecken. Diese Auffassung vertritt auch Landeskonservator Prof. Dr. Mainzer.
Im Übrigen sei auch noch einmal darauf hingewiesen, dass die Rechtsradikalenproblematik bei der
Planung der temporären Besucherinformation Berücksichtigung gefunden hat und auch bei den
stufenweise folgenden Planungsprozessen berücksichtigt wird.
gez. Rosenke