Daten
Kommune
Jülich
Größe
1,4 MB
Datum
12.05.2016
Erstellt
22.04.16, 14:31
Aktualisiert
22.04.16, 14:31
Stichworte
Inhalt der Datei
3o
F R A K T I O N IM R A T D E R S T A D T JÜLICH
UWG
UNABHÄNGIGE WÄHLERGEMEINSCHAFT
JÜLICHS UBERPARTEILICHE LISTE
Jülich, den 18.04.2016
UWG JÜL Fraktion, H. Frey, Prämienstraße 49. 52428 Jülich
Stadt Jülich
Herr Bürgermeister Fuchs
Große Rurstraße 17
52428 Jülich
Antrag auf Einbringung einer Resolution an den Innenminister des Landes
NRW
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Fuchs,
die UWG-JÜL-Fraktion bittet um Aufnahme des folgenden Antrages in die Tagesordnung der nächsten Sitzung des HFA und des Rates
Antrag:
Der Rat der Stadt Jülich möge beschließen:
„Der Rat der Stadt Jülich bittet den Innenminister des Landes
Nordrhein-Westfalen,
die in der Gemeindehaushaitsverordnung
NRW vorgeschriebene
Berücl<sichtigung
der bilanziellen Abschreibungen dahingehend zu ändern, dass diese
Abschreibungen nicht mehr ergebniswirksam bei der Berechnung des f-laushaltsausgleichs im
Gesamtergebnisplan berücksichtigt, sondern dort nur nach nachrichtlich aufgeführt
werden."
Begründung:
Bei der Beratung des Haushaltsentwurfs für 2016 ist uns ein Sachverhalt offenbar
geworden, den wir als einen Systemfehler im Neuen Kommunalen Finanzmanagement (NKF) bewerten, der sich nachteilig auf die finanzielle Belastung sowie aller
Bürger als auch unserer Stadt auswirkt.
Die Gemeindehaushaitsverordnung NRW (GemHVO) schreibt vor, dass die bilanziellen Abschreibungen als Aufwand in den Ergebnisplan eingestellt werden. Um
einen ausgeglichenen Haushalt erreichen zu können, müssten die Abschreibungsbeträge durch Erträge in gleicher Höhe enA/irtschaftet werden.
Bei der zunehmend hohen finanziellen Belastung der Kommunen dürfte die EnA/irtschaftung solcher Abschreibungsbeträge aller Wahrscheinlichkeit nach in keiner
Kommune des Landes NRW möglich sein. Deshalb führt die Vorschrift, Abschreibungen bei der Berechnung des Haushaltsausgleichs zu berücksichtigen, letztendlich in
den Zwang, ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen zu müssen.
Mit der folgenden Tabelle möchten wir dieses belegen.
In der Tabelle stellen wir das Problem in Form einer einfachen Musterrechnung einmal ganz grundsätzlich dar. Wir gehen dabei von einem Anfangseigenkapital in Höhe
von 100 EUR aus und stellen uns die Frage, wie sich hierauf die Abschreibungen mit
einer Jahresrate von 5 % des (jeweils danach verminderten) Eigenkapitals langfristig
auswirken.
Verringerung der Allgemeinen Rücklage (Musterrechnung):
Verringerung der Ausgleichsrücklage (Musterrechnung)
Jahr
Anfangs bestand
Verbrauch 5 %
E n d bestand
Jahr
Anfangsbestand
Verbrauch 5 %
Endbestand
Jahr
Anfangsbestand
Verbrauch 5 %
Endbestand
2010
2011
2012
100,00 €
95,00 €
90,25 €
85,74 €
5,00 €
4,75 €
4,51 €
95,00 €
90,25 €
85,74 €
2017
2018
2019
66,34 €
63,02 €
59,87 €
3,32 €
3,15€
63,02 €
59,87 €
2025
2014
2015
2016
81,45€
77,38 €
73,51 €
69,83 €
4,29 €
4,07 €
3,87 €
3,68 €
3,49 €
81,45€
77,38 €
73,51 €
69,83 €
66,34 €
2020
2021
2022
2023
2024
56,88 €
54,04 €
51,33€
48,77 €
46,33 €
2,84 €
2,70 €
2,57 €
2,44 €
2,32 €
56,88 €
54,04 €
51,33€
48,77 €
46,33 €
44,01 €
2026
2027
2028
2029
2030
2031
2032
44,01 €
41,81 €
39,72 €
37,74 €
35,85 €
34,06 €
32,35 €
30,74 €
2,20 €
2,09 €
1,99 €
1,89 €
1,79 €
1,70 €
1,62 €
1,54 €
41,81 €
39,72 €
37,74 €
35,85 €
34,06 €
32,35 €
30,74 €
29,20 €
2009
2,99 €
2013
Die Tabelle zeigt, dass der reale Betrag für den Eigenkapitalverbrauch in Höhe von
5% des jeweiligen jährlichen Restkapitals von 5,00 EUR in 2009 auf 1,54 EUR in
2032 sinkt.
Das bedeutet für die Praxis, dass der anrechenbare Betrag für den jährlich noch zulässigen Eigenkapitalverbrauch mit jedem Jahr geringer wird. Je geringer aber der
Eigenkapital- endbestand ist, desto geringer Ist auch die Summe, bei deren Überschreitung die 5 %-Hürde für den Einstieg in das Haushaltssicherungskonzept bereits
gerissen wird.
Was bedeutet dieses für die NKF-Systematik?
Wie eingangs ausgeführt, belasten bilanzielle Abschreibungen, die als Aufwand In
den
Ergebnisplan eingestellt werden, den Haushaltsausgleich. Abschreibungen sind langfristig angelegt. Immobilien werden auf 50 Jahre abgeschrieben, Straßen, Brücken
etc. auf 30 bis 60 Jahre. Das bedeutet, dass es die Kommunen in ihrem Haushalt mit
sehr langfristigen Abschreibungsbeträgen zu tun haben, die kurzfristig kaum gesenkt
werden können. Die Abschreibungsbeträge bleiben somit in ihrer Höhe über viele
Jahre bestehen und fließen ebenso lange regelmäßig in den Ergebnisplan ein.
Die obige Tabelle belegt, dass der reale Geldbetrag der 5-%-Hürde jedes Jahr sinkt,
solange die Kommune den Ergebnisplan im Saldo der Erträge und Aufwendungen
nicht ausgleichen kann.
Wenn einer Kommune bei allen anderen Haushaltspositionen der Ausgleich zwar
gelingt, sie jedoch den Ausgleich für die Abschreibungen durch gleich hohe Erträge
nicht erwirtschaften kann, so führen allein die Abschreibungen über kurz oder lang
zwangsläufig in die Haushaltssicherung.
Nach dem Entwurf des Haushaltssicherungskonzept 2016 soll die Stadt Jülich Im
Jahre 2020 erstmals wieder einen strukturell ausgeglichen Haushalt (ohne Inanspruchnahme der Allgemeinen Rücklage) und damit die Haushaltssicherung verlassen haben. Zum Jahresbeginn 2021 soll danach die Allgemeine Rücklage wieder
einen Bestand In Höhe von 1,2 Mio. € aufweisen.
Sollte sich die Notwendigkeit wieder ergeben, zum Haushaltsausgleich auf die Allgemeine Rücklage zurückgreifen zu müssen, so läge die für den erneuten Eintritt in
die Haushaltssicherung maßgebende 5%-Grenze bei lediglich 60.000 €.
Dies vor dem Hintergrund, dass bereits jede notwendige zusätzliche größere Investitionsmaßnahme durch ihre Abschreibung die Stadt erneut in die Haushaltssicherung
bringen kann.
Im Jahre 2016 beläuft sich der Saldo der zahlungsunwirksamen Posten (Erträge aus
der Auflösung von Sonderposten sowie Aufwendungen für Rückstellungen und Abschreibungen) auf knapp 5,9 Mio. €. Hinzu kommt ein Betrag in Höhe von 0,5 Mio. €
für den Anteil der Stadt Jülich an den zahlungsunwirksamen Aufwendungen des
Kreises Düren. Hieraus ergibt sich eine künstliche Haushaltsbelastung durch zahlungsunwirksame Posten. Wobei hinsichtlich des Kreises sich die Situation ergibt,
dass diese zahlungsunwirksamen Posten des Kreises über die Kreisumlage den
Kommunen zahlungswirksam aufgelastet werden und dem Kreis somit eine „zweckfreie" Liquidität verschafft.
Hinsichtlich der Rückstellungen ergibt sich nichts anderes. Die Stadt Jülich ist Mitglied der Rheinischen Versorgungskasse. Durch ihre Umlagezahlungen wird das
spätere Pensionsrisiko in vollem Umfange abgesichert. Beim Pensionseintritteines
Beamten erfolgen die Pensionszahlungen durch die Versorgungskasse. Der Haushalt
der Stadt wird sowohl im Ergebnis- als auch im Finanzhaushalt durch die Umlagenzahlung belastet. Zusätzlich erfolgt im Ergebnishaushalt eine weitere Belastung
durch eine fiktive Pensionsrückstellung. Diese „Rückstellung" ist - wie gesagt - fiktiv.
Es wird kein Geld zurückgelegt.
Sowohl hinsichtlich der Abschreibungen als auch der Rückstellungen wird im NKF
davon gesprochen, dass durch ihre Berücksichtigung im Ergebnisplan künftige Belastungen „abgebildet" werden sollen. Dies ist vom Ansatz her richtig. Es kann aber
nicht sein, dass auf Dauer fast alle Kommunen allein durch diese „Abbildung" (geldliche Vorsorge erfolgt, wie gesagt, damit nicht) in die Haushaltssicherung oder sogar
In die buchmäßige Überschuldungen kommen und damit de facto die kommunale
Selbstverwaltung verlieren.
Fazit:
Allein durch Einstellung der Abschreibungen in den Ergebnisplan werden nach
der Gesetzessystematik alle Kommunen in die Haushaltssicherung getrieben.
Die nach Artikel 81 der Landesverfassung garantierte kommunale Selbstverwaltung wird ad absurdum geführt und ist in Wahrheit nicht mehr vorhanden.
Die UWG-JüL-Fraktion hält dies für einen Systemfehler, der korrigiert werden
sollte. Als Lösung zur Beseitigung dieses Systemfehlers bietet sich eine Änderung der Gemeindehaushaitsverordnung mit dem Ziel an, die Abschreibungen
nicht mehr als ergebniswirksamen Aufwand, sondern nur noch nachrichtlich in
den Ergebnisplan einzustellen.
Dies würde zu einer direkten und massiven Entlastung der kommunalen Haushalte führen. Eine Vielzahl von Kommunen könnte die Haushaltssicherung
kurzfristig verlassen, eine nicht minder große Zahl würde den Eintritt in die
Haushaltssicherung vermeiden können. Insbesondere würde der landesweit
feststellbare Trend, allein zur Finanzierung dieser zahlungsunwirksamen „Hinweisposten" massiv die Grund- und Gewerbesteuern zu erhöhen, umgekehrt
werden können.
Angesichts der von vielen Bürgerinnen und Bürgern kaum noch tragbaren Belastung für die Wohn-Nebenkosten käme dies auch insbesondere Geringverdienern und sozial Schwachen zugute.
Mit freundlichen Grüßen