Daten
Kommune
Kreuzau
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Erstellt
23.04.08, 19:44
Aktualisiert
04.08.15, 10:07
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Gemeinde Kreuzau
Bauamt - Herr Schmühl
BE: Herr Schmühl
Kreuzau, 23. April 2008
Vorlagen-Nr.:
38/2002
- Öffentlicher Teil Sitzungsvorlage
für den
Umweltausschuss
Bau- und Planungsausschuss
Hauptausschuss
Rat
10.04.2002
17.04.2002
14.05.2002
28.05.2002
TOP: Abgrabungsvorhaben der Firma KS Zens GmbH in Kreuzau-Drove, Gemarkungsbereich
„Pannefeld“;
hier: Erneute Stellungnahme der Gemeinde Kreuzau
I. Sach- und Rechtslage:
Der Rat der Gemeinde Kreuzau hat in seiner Sitzung am 27. 09. 2001 das Einvernehmen der
Gemeinde Kreuzau gemäß § 36 Abs. 1 BauGB versagt.
Das Ergebnis des Ratsbeschlusses wurde dem Landrat Düren mit Schreiben vom 01. 10. 2001 mit
entsprechender Begründung mitgeteilt. Die Ihnen zwar bereits bekannte Stellungnahme ist dieser
Vorlage nochmals beigefügt.
Mit Verfügung vom 04. März 2002 hat der Landrat Düren die Gemeinde Kreuzau aufgefordert, die
abgegebene Stellungnahme zu überdenken, da man resümierend davon ausgehen muss, dass die
Gemeinde Kreuzau ihr Einvernehmen zu Unrecht versagt hat.
Gleichzeitig wurde angekündigt, dass das Einvernehmen gegebenenfalls durch die Einschaltung
der Kommunalaufsicht ersetzt wird. Es wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 28. 03. 2002
gegeben. Die Verfügung des Kreises Düren ist ebenfalls beigefügt.
Ich habe Sie im Übrigen über den Inhalt des Schreibens bereits in der Sitzung des
Hauptausschusses am 05. März 2002 in Kenntnis gesetzt und darüber hinaus mitgeteilt, dass ich
Fristverlängerung beantragen werde. Die Fristverlängerung wurde mit Schriftsatz vom 06. 03. 2092
beantragt. Die Fristverlängerung wurde per E-Mail antragsgemäß bewilligt.
die gleichzeitig beantragte Akteneinsicht wurde ebenfalls gewährt und hat am 15. 03. 2002
stattgefunden. Ein entsprechender Vermerk über das Ergebnis der Akteneinsicht ist ebenfalls
beigefügt.
Wie vom Landrat mit Verfügung vom 04. März 2002 erbeten, wurde die Rechtsauffassung der
Gemeinde Kreuzau zwischenzeitlich unter Berücksichtigung der Stellungnahme des Kreises Düren
nochmals überdacht.
Im Ergebnis bleibt hierzu Folgendes festzustellen:
1.
Die Ablehnungsgründe gemäß Ziffer 1 und 2 der Stellungnahme vom 01. 10. 2001 sind in
der Tat nicht haltbar. Ich verweise in diesem Zusammenhang auf meine zahlreichen
diesbezüglichen Ausführungen in den bisherigen Sitzungen. Die hierzu vertretene
Rechtsauffassung des Kreises Düren (Seite 1 und 2 der Verfügung) ist nicht zu widerlegen.
Diese Versagungsgründe sind in der Tat rechtswidrig.
-22.
Die Rechtsauffassung bezüglich der fehlenden Erschließung (Ziffer 3 meines Schreibens
vom 01. 10. 2001) ist meines Erachtens nach wie vor nicht rechtswidrig. Vielmehr ist die
hierzu vertretene Rechtsauffassung des Kreises Düren auf Seite 3 der Verfügung vom 04.
März 2002 so nicht haltbar.
Die Stellungnahme des Kreises zu diesem Themenkomplex habe ich bewusst
handschriftlich mit laufender Nummer 1 und 2 gekennzeichnet, weil das für meine weiteren
Ausführungen von Bedeutung ist.
Hierzu folgende Ausführungen:
Die Interpretation des Kreises Düren zu dem Begriff „zu Wirtschaftszwecken zu benutzen“
ist meines Erachtens fehlerhaft. Da die Rezesse nach wie vor Gültigkeit haben, orientiert
sich die Auslegung nach dem Wortlaut, dem historischen Kontext, nach der
Gesetzessystematik und einer teleologischen Auslegung.
1.)
Wortlaut
Nach dem Wortlaut der Rezesse dürfen die Wirtschaftswege nur zu „Wirtschaftszwecken“
benutzt werden. Darunter kann einmal eine „Bewirtschaftung“ oder die „Landwirtschaft“
verstanden werden, aber genauso könnte man hier von einer ökonomischen
„Betriebswirtschaft“ jeder Art ausgehen. Die Wortlautinterpretation gibt im Ergebnis keinen
Aufschluss.
2.) Historische Auslegung
Die Rezesse stammen aus dem Jahren 1911/12. Eine historische Auslegung des
Wortlautes drängt sich demnach förmlich auf.
Das Recht der Wirtschaftswege ist in unterschiedlichen Rechtsgebieten verwurzelt. Es ist
neben dem Straßenverkehrsrecht aus dem Recht der Landwirtschaft verhaftet seit
Besiedelung und Urbarmachung des Landes im Gebiete des heutigen NRW.
In Konzentration auf die 20-iger Jahre dieses Jahrhunderts, woraus die Rezesse stammen,
wurde damals unter der Förderung der Landeskultur die Herbeiführung und Erhaltung eines
Zustandes verstanden, der es der Landwirtschaft ermöglichte, dem Boden die denkbar
höchsten Erträge abzugewinnen. Man war also um den Erhalt, Ausbau und die
Verfeinerung von Wirtschaftswegen bemüht, um den Aufwand für große Transporte
zwischen Hof und Feld in möglichst wirtschaftlicher Form zu verringern oder auch zu
erleichtern. Im Ergebnis hatten bzw. haben Wirtschaftswege demnach das Ziel, zu
landwirtschaftlichen Zwecken befahren zu werden, immer ausgerichtet nach dem aktuellen
landwirtschaftlichen Bedürfnis. Sie dienen der Erschließung und der Bewirtschaftung
landwirtschaftlicher Nutzflächen. Die Rezesse sind also grundsätzlich im Kontext der
Agrarentwicklung NRW’s zu sehen und so auch auszulegen. Eine gewerbliche Nutzung im
Sinne der Auskiesung ist damit von dem Wortlaut der Rezesse nicht erfasst, wenn diese
von Benutzung zu „Wirtschaftszwecken“ sprechen.
3.) Systematische und teleologische Auslegung
Das Rechtsinstitut des Rezesses in der Gesamtschau der Gesetzessystematik bietet
wenige Auslegungshilfe. Der Rezess wird in einem Atemzug mit der schriftlichen
Niederlegung von Ortsgewohnheitsrecht genannt. Sinn und Zweck des Rezesses ist es
also, eine verbindliche Regelung, ein Ortsgesetz zu schaffen. Diese Feststellung bietet
aber keinen Aufschluss für die Frage, wie die Rezesse von 1911/12 zu verstehen sind. Hier
muss letztendlich wieder der historische Kontext als Argumentationshilfe herangezogen
-3werden, da weder die systematische noch teleologische Auslegung weiterhelfen können.
Sie sprechen weder gegen die Auffassung des Kreises Düren noch -und das ist
entscheidend- für deren Auffassung.
4.) Ergebnis
Im Ergebnis bleibt festzuhalten, dass die Rezesse von 1911/12 wie folgt auszulegen sind:
Unter der Benutzung zu Wirtschaftszwecken ist eine Benutzung im Rahmen der
landwirtschaftlichen Betätigung zu verstehen. Dies kann bedeuten, dass aufgrund der
technischen Entwicklung auch Lkw eingesetzt werden können, wie die Firma Zens diese
einsetzt. Jedoch hat die Firma Zens eine andere Zielrichtung. Sie wird die Wirtschaftswege
im Rahmen einer gewerblich/unternehmerisch gelenkten Zielsetzung für sich nutzen
wollen. Dies ist nicht von den Rezessen 1911/12 erfasst.
Gegen die Interpretation des Kreises Düren spricht wohl auch der 2. Satz des
Widmungsinhaltes, wonach selbst die Benutzung zur Holzabfuhr untersagt ist.
Das unter Ziffer 2 der Verfügung des Kreises Düren zitierte Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes
ist nur dann anwendbar, wenn ich zu dem Ergebnis komme, dass der Bauherr überhaupt
berechtigt ist, den Wirtschaftsweg zu benutzen. Die ist sicherlich unstrittig in dem zitierten Urteil
der Fall, da es sich hierbei um einen landwirtschaftlichen Betrieb handelt.
Wenn ich aber zu dem Ergebnis komme, dass der Bauherr gar nicht berechtigt ist, den Weg zu
nutzen, brauche ich mich mit einem Erschließungsangebot überhaupt nicht auseinanderzusetzen.
Auch die Tatsache, dass es sich bei einer Abgrabung um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35
Abs. 1 BauGB handelt, ist für die Frage, ob der Priviligierte einen Wirtschaftsweg benutzen darf
oder nicht, nicht von Bedeutung.
Auch das Bundesverwaltungsgericht macht hinsichtlich der Inanspruchnahme von
Wirtschaftswegen schon Unterschiede zwischen einem landwirtschaftlichen Betrieb und einem
sonstigen Betrieb. In seinem Urteil vom 03. Mai 1988 -4 C 54.85- (hierbei geht es um eine im
Außenbereich liegende Vogelzucht) stellt das Gericht klar, dass es sich bei einem Wirtschaftsweg
nicht um eine öffentliche Straße sondern vielmehr um einen Privatweg handelt und von daher die
Erschließung nur sichergestellt werden kann, wenn der Weg ordnungsgemäß ausgebaut und eine
entsprechende Baulast eingetragen wird. Diese Forderung wird bei priviligierten Vorhaben der
Lanwirtschaft nicht erhoben.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Urteil vom 31. Oktober 1990 -4 C 45.88- zwar auch
Folgendes ausgeführt:
„Ist etwa ein Baugrundstück über ein im Eigentum der Gemeinde stehendes Wegegrundstück, das
dem allgemeinen Verkehr jedenfalls tatsächlich zur Verfügung steht, erreichbar, kann die
Erschließung ausnahmsweise auch dann ausreichend gesichert sein, wenn die Gemeinde -trotz
Fehlens einer förmlichen Widmung- auf Dauer rechtlich gehindert ist, den Anliegerverkehr zu dem
Baugrundstück zu untersachen. In Anbetracht kommen kann insoweit etwa der
Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn der Weg zum Beispiel auch dem Zugang zu anderen ähnlich
bebauten und genutzten Grundstücken dient, oder Treu und Glauben wegen des
vorangegangenen Verhaltens der Gemeinde, etwa wenn sie der Bebauung in früherer Zeit
vorbehaltlos zugestimmt oder den Ausbau des Weges auf Kosten des Bauherrn geduldet oder
gefordert hat.“
Dieses rechtiche Hindernis besteht im vorliegenden Falle nicht. Der Wirtschaftsweg wird seit
seiner Widmung im Jahre 1911/1912 nur widmungsgemäß ohne jegliche Ausnahmen genutzt.
Nach alledem schlage ich Ihnen nach wie vor vor, das Einvernehmen der Gemeinde Kreuzau zu
versagen; die Versagung jedoch nunmehr ausschließlich mit der nicht ausreichenden
-4Erschließung zu begründen. Die fehlende Erschließung stellt einen selbständigen
Versagungsgrund dar. Für den Fall, dass der Landrat das Einvernehmen der Gemeinde Kreuzau
nunmehr dennoch im Wege der Kommunalaufsicht ersetzt, besteht die rechtliche Möglichkeit,
gegen diese Entscheidung des Kreises Düren mit Rechtsmittel vorzugehen.
Unabhängig von dieser rechtlichen Würdigung bleibt festzustellen, dass der Gemeinde Kreuzau
ein konkretes prüfbares Erschließungsangebot der Firma Zens bisher nicht vorliegt. Die Aussagen
im Abgrabungsantrag lauten lediglich wie folgt:
„Als Transport- und Abrollstrecke wird eine Zufahrt mit ausreichender Tragkraft vom
Abgrabungsgeländer zur L 249 neu errichtet. Der Verkehrsstrom wird sich dann in alle Richtungen
verteilen.
Die Zufahrt soll als Variante 1 zum geplanten Kreisel K 28/L249 entstehen. Hierzu ist eine
Grundstückszuweisung durch das Amt für Agrarordnung erforderlich, wobei die Fahrbahn 6,5 m
breit sein soll mit jeweils einer Bankette von 25 cm und somit Begegnungsverkehr möglich ist. Es
wurden bereits positive Vorgespräche mit dem Landesbetrieb Straßenbau geführt, die auch eine
Übergangslösung für diese Variante bezüglich des Anschlusses bis zum Ausbau des Kreisels
zulassen. Die L 249 ist im Auffahrtbereich ...
Alternativ als Variante 2, das heißt, wenn die Grundstückszuteilung dem Amt für Agrarordnung im
Rahmen der Flurbereinigung nicht möglich sein sollte, soll die Zufahrt unmittelbar auf die L 249
erfolgen.“
Da ja aufgrund der inzwischen durchgeführten Akteneinsicht (siehe beigefügten Vermerk) fest
steht, dass die Variante 1 nicht zum Tragen kommt, bleibt nur die Variante 2, d.h., der Ausbau des
gemeindlichen Wirtschaftsweges übrig. Der Abgrabungsantrag enthält hierzu, wie oben erwähnt,
einen einzigen Satz. Hieraus ein Erschließungsangebot an die Gemeinde Kreuzau abzuleiten, ist
meines Erachtens mehr als weit hergeholt.
Da ich jedoch ohnehin eine andere Rechtsauffassung als der Kreis Düren vertrete, kann dies ja
nur dann von Belang werden, wenn der Kreis Düren meint, das Einvernehmen der Gemeinde
Kreuzau ersetzen zu müssen.
II. Haushaltsmäßige Auswirkungen:
Sofern Sie meinem Beschlussvorschlag folgen, keine.
III. Beschlussvorschlag:
„Das Einvernehmen der Gemeinde Kreuzau gemäß § 36 (1) BauGB zum vorliegenden
Abgrabungsvorhaben wird nach wie vor versagt, wobei die Versagung nunmehr
ausschließlich mit der fehlenden ordnungsgemäßen Erschließung begründet wird.
Die Gemeinde Kreuzau erwartet, dass der Kreis Düren im Rahmen des
Genehmigungsverfahrens auch eine ordnungsgemäße Entsorgung der anfallenden
Abwässer und die Berücksichtigung der Störung des Landschaftsbildes - neben der
Flächeninspruchnahme- bei der Ermessung des erforderlichen Ausgleichs nach der
Eingriffsregelung sicherstellt.
Für den Fall, dass der Kreis Düren nunmehr das Einvernehmen der Gemeinde Kreuzau
im Wege der Kommunalaufsicht ersetzt, behält sich die Gemeinde Kreuzau hiergegen
Rechtsmittel vor.“
Der Bürgermeister
-5-
- Ramm -
IV. Beratungsergebnis:
Einstimmig:
Ja:
Nein:
Enthaltungen:
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