Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
125 kB
Datum
10.07.2017
Erstellt
22.06.17, 15:01
Aktualisiert
05.07.17, 15:04
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
V 308/2017
Az.: 32
Amt: - 32 BeschlAusf.: - - 32 - Datum: 09.06.2017
Kämmerer
gez. Lüngen, 1. Beigeordneter
Dezernat 4
Dezernat 6
gez. Erner, Bürgermeister
BM
gez. Mandt
Amtsleiter
RPA
Beratungsfolge
Rat
Betrifft:
Termin
04.07.2017
Bemerkungen
beschließend
Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen an
Sonn- und Feiertagen in Erftstadt
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten in €:
Erträge in €:
Kostenträger:
Sachkonto:
Folgekosten in €:
Mittel stehen zur Verfügung:
Jahr der Mittelbereitstellung:
Ja
Nein
Nur auszufüllen, wenn Kostenträger Eigenbetrieb (Immobilien, Straßen, Stadtwerke)
Wird der Kernhaushalt belastet: Höhe Belastung Kernhaushalt:
Folgekosten Kernhaushalt:
Ja
Nein
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Beschlussentwurf:
1. Unter Verzicht auf die Vorberatung im Ausschuss öffentliche Ordnung und Verkehr beschliesst
der Rat die ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen an Sonnund Feiertagen in der Stadt Erftstadt vom 09.01.2017 aufzuheben. (s. Anlage 1)
2. Unter Verzicht auf die Vorberatung im Ausschuss öffentliche Ordnung und Verkehr beschliesst
der Rat die als Anlage 2 beigefügte Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von
Verkaufsstellen an Sonn- und Feiertagen in der Stadt Erftstadt.
Begründung:
Der Rat der Stadt Erftstadt hat am 13.12.2016 die als Anlage 1 beigefügte Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen in Erftstadt beschlossen.
Am 30.05.2017 hat die Gewerkschaft ver.di beim Verwaltungsgericht Köln bezüglich der genannten
Verordnung einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Der Antrag lautet auf Feststellung,
dass Verkaufsstellen am 15.06.2017 (Fronleichnam anl. des Bürgerfestes) im Stadtteil Lechenich nicht
auf der Grundlage der Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen in
der Stadt Erftstadt geöffnet sein dürfen.
Als Begründung trug die Gewerkschaft ver.di vor, die nach § 6 Ladenöffnungsgesetz NRW vorgeschriebene Anhörung sei unterblieben. Zudem, so ver.di, sei nicht ermittelt worden, welches Interesse
die Ladenöffnung für sich genommen findet, noch sei das Interesse an der anlassgebenden Veranstaltung ermittelt worden und erst recht sei nicht geprüft worden, ob die anlassgebende Veranstaltung tatsächlich im gesamten Stadtteil das Geschehen am Sonntag prägt. Es sei im Übrigen zweifelhaft, ob
überhaupt eine anlassgebende Veranstaltung vorhanden sei.
Zeitgleich ist auch die Klage beim Verwaltungsgericht Köln mit gleichem Antrag eingegangen.
Im Jahre 2013, als umfangreiche Änderungen des Ladenöffnungsgesetzes NRW beschlossen worden
waren, habe ich bei der seinerzeitigen Fassung der Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen in der Stadt Erftstadt, die nach § 6 LadenöffnungsG NRW vorgeschriebenen Anhörungen durchgeführt. Seinerzeit hatte ver.di sich nicht fristgerecht zurück gemeldet. Da
sich im Grunde an der Durchführung des verkaufsoffenen Sonntages an Fronleichnam nichts geändert
hatte, war ich davon ausgegangen, dass eine erneute Anhörung bei einer Änderung der Verordnung
obsolet wäre. Dies ist jedoch nicht so- bei jeder Änderung muss eine Anhörung erfolgen.
Richtig ist, dass nach den Bestimmungen des Ladenöffnungsgesetzes NRW und der neuesten Rechtsprechung eine Ladenöffnung an einem Sonn- oder Feiertag nur stattfinden darf, wenn die Öffnung an
einen Anlass gekoppelt ist. Der Anlass darf dabei nicht nur ein bloßer Annex zur Ladenöffnung sein,
sondern muss für sich genommen prägend und der Hauptanziehungspunkt für die Besucher/innen
sein. Im Rahmen der Beschlussfassung für die Ordnungsbehördliche Verordnung vom 09.01.2017 habe ich dazu in der Vorlage 548/2016 Bezug genommen und die Veranstaltung „Bürgerfest“ als langjährige etablierte Veranstaltung, die für sich genommen zahlreiche Besucher/innen anzieht, und nicht nur
einen Annex zum verkaufsoffenen Sonntag bildet, gesehen.
Diese Aussage muss jedoch durch Zahlenmaterial und Fakten belegt werden.
Mithin habe ich erkannt, dass die Ordnungsbehördliche Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen in der Stadt Erftstadt vom 09.01.2017 rechtlich nicht haltbar ist. Daher empfehle ich diese
Verordnung, wie im Beschlussentwurf vorgeschlagen, aufzuheben.
Ich habe das Verwaltungsgericht Köln angeschrieben und mitgeteilt, dass die in Rede stehende Ordnungsbehördliche Verordnung aufgehoben wird. Damit hat sich dann sowohl das Eilverfahren, als auch
das Klageverfahren erledigt.
Darüber hinaus habe ich mitgeteilt, dass ich eine neue Ordnungsbehördliche Verordnung über das
Offenhalten von Verkaufsstellen in der Stadt Erftstadt beschliessen lassen werde.
Der Text der neuen Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen in
der Stadt Erftstadt ist als Anlage 2 beigefügt. Diese Verordnung ermöglicht zunächst nur das Öffnen
der Verkaufsstellen an Fronleichnam anl. des Bürgerfestes in Erftstadt-Lechenich. Mit einer möglichen
Öffnung von Verkaufsstellen aus bisherigen Anlässen beschäftigt sich die Verordnung nicht. Damit
werde ich mich zu einem späteren Zeitpunkt befassen.
Um nunmehr eine rechtssichere Verordnung erlassen zu können, habe ich mit Schreiben vom
01.06.2017 entsprechend § 6 Ladenöffungsgesetz NRW die zuständigen Gewerkschaften, Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände und Kirchen, die jeweilige Industrie- und Handelskammer und die Handwerkskammer angeschrieben und ihnen vor Erlass der Verordnung Gelegenheit zur Anhörung bis zum
08.06.2017 gegeben.
Die Gewerkschaft ver.di hat sich bereits am 06.06.2017 gemeldet und fragte umfangreiche Daten zur
erwarteten Anzahl der Besucher/innen des Bürgerfestes, zu Verkaufsflächen der Ladenlokale, zu den
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Quadratmeterzahlen der Anlassfläche ab. Außerdem wurde ich aufgefordert, die Veranstaltung „Bürgerfest“ zu beschreiben und Kundenströme in den Verkaufsgeschäften an einem Samstag zu ermitteln.
Die IHK zu Köln hat mich am 08.06.2017 angerufen und mitgeteilt, dass sie ihr Recht auf Anhörung
wahrnehmen möchten und um Aufschub zur Abgabe der Stellungnahme bis 09.06.2017 gebeten. Diese Stellungnahme ging am 09.06.2017 ein. Ich zitiere: „ Der in Ihrem Schreiben angeführte Anlass „Bügerfest“ entspricht aus unserer Sicht dem für eine Sonderöffnungszeit an Sonn-und Feiertagen vorgeschriebenen Anlassbezug nach § 6 LadenöffnungsG NRW. Die uns vorliegende Prognose stellt nachvollziehbar dar, dass der Anlass – sowohl in Bezug auf die Besucherströme, als auch auf die jeweils
genutzte Fläche prägend ist und die Öffnung der Geschäfte nicht im Vordergrund steht. Wir empfehlen
daher, die beantragte Sonderöffnung im Rahmen einer ordnungsbehördlichen Verordnung zuzulassen.“
Die übrigen Verbände und Institutionen haben sich nicht fristgerecht gemeldet, so dass das Ergebnis
der Anhörung nicht in die Beschlussfassung mit einfließen kann. Der gesetzlichen Normierung ist damit
aber Rechnung getragen, da die Gelegenheit zur Anhörung bestand.
Ferner habe ich mich intensiv mit der anlassgebenden Veranstaltung im Verhältnis zum verkaufsoffenen Sonntag auseinander gesetzt.
Das Ergebnis stelle ich vor:
Das Bürgerfest in Erftstadt-Lechenich wird in 2017 zum 41. Male veranstaltet. Verantwortlich für das
Bürgerfest ist die Bürgergesellschaft Lechenich e.V. Der Erlös des Bürgerfestes kommt dem Stadtteil
Lechenich zu Gute. Als Veranstaltungsfläche nutzt die Bürgergesellschaft den Marktplatz sowie die
angrenzenden Straßen „Markt“, „Bonner Straße bis Bonner Tor“ und „Schloßstraße – Einmündung
Steinstraße“. Insgesamt stehen damit 8.750 m² Veranstaltungsfläche zur Verfügung.
Auf dieser Fläche findet ein Jahrmarkt (Kinderkarrussell u.ä.) statt. Außerdem sind zahlreiche Verkaufsstände entlang der genannten Straßen und auf dem Marktplatz aufgebaut Waren wie Schmuck,
Bekleidung, Haushaltswaren, Dekoartikel usw. werden feil geboten. In das Veranstaltungskonzept
einbezogen ist auch ein Kindertrödelmarkt. Ferner organisiert die Bürgergesellschaft ein Bühnenprogramm mit Livemusik und eine Cafeteria. Imbiss- und Getränkestände runden das Ganze ab. Laut Angaben des Veranstalters besuchen über den Tag verteilt (11 Uhr – 18 Uhr) ca. 20.000 Menschen das
Bürgerfest. Diese Angaben basieren, so die Bürgergesellschaft, auf jahrelangen Erfahrungswerten und
wurden anhand des Wareneinkaufs ermittelt und entsprechend hochgerechnet. Mir zur Verfügung stehendes Bildmaterial und Zeitungsartikel habe ich gesichtet und die Prognose überprüft. Die Veranstaltung hat einen Zeitrahmen von 7 Stunden und die Menschen können sich auf dem Veranstaltungsgelände, welches nach Abzug der Aktionsflächen ca. 7.000 m² groß ist, verteilen. Die Veranstaltung war
bislang noch nie sicherheitsrelevant- die Menschen können überwiegend locker über das Gelände
gehen und die Auslagen an den Ständen ohne Drängen ansehen. Mithin kann man davon ausgehen,
dass sich etwa 3000 Menschen pro Stunde zeitgleich auf dem Gelände aufhalten, was dann, über den
Tag verteilt, etwa 20.000 Besuchern und Besucherinnen entspricht.
Das Bürgerfest ist sowohl im 11.700 Einwohner zählenden Stadtteil Lechenich, als auch darüber hinaus in ganz Erftstadt und den anliegenden Nachbarkommunen äußerst beliebt und wird als Publikumsmagnet bezeichnet.
Nach den Bestimmungen des Ladenöffnungsgesetzes NRW dürfen nur die angrenzend im direkten
Umfeld zum Anlass liegenden Verkaufsstellen öffnen. Dieser Vorschrift habe ich Rechnung getragen,
indem ich in der als Anlage 2 beigefügten neuen Ordnungsbehördlichen Verordnung die Formulierung
noch klarer als bisher gefasst habe: An dem Feiertag Fronleichnam dürfen Verkaufsstellen im Stadtteil
Lechenich, Innenstadt (= alle Geschäfte, die im unmittelbar räumlichen Bezug zum Veranstaltungsort
ansässig sind) aus Anlass des Bürgerfestes in der Zeit von 13 Uhr – 18 Uhr geöffnet sein.
Direkt angrenzend zum Anlass liegen 57 Verkaufsstellen. Bei dieser Anzahl der Verkaufsstellen wurden keine Gastronomiebetriebe, Blumengeschäfte, Bäckereien, Cafés oder Eisdielen berücksichtigt, da
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diese unabhängig von einer Ordnungsbehördlichen Verordnung über das Offenhalten von Verkaufsstellen öffnen dürfen.
Die so zahlenmäßig benannten Verkaufsstellen sind zum ganz überwiegenden Anteil inhabergeführt
und verfügen über das für eine Kleinstadt typische Sortiment mit relativ kleinen Verkaufsflächen, meist
deutlich unter 100 m². Im Angebot zu finden sind (Leder)-taschen, Gürtel, Tücher, Schuhe, Boutiquen
mit Damen- oder Herrenoberbekleidung, Schmuck, Bücher, Schreibwaren, Heimtextilien, Feinkost (Öle
und Essige), Antiquitäten, Kosmetikartikel, Hundefutter, Apotheken, Handyläden, Bastelbedarf, Lampen und Leuchten, Parfümerie, Futtermittel, Gartengeräte. Zu finden ist auch ein Lebensmitteldiscounter sowie ein Drogeriemarkt und 2 Discounter mit Waren aller Art im niederschwelligen Preissegment.
Nicht im Sortiment ist ein Möbelmarkt, ein Garten- oder Blumencenter. Auch einen Bau- oder Elektromarkt findet man im Innenstadtbereich nicht. Auch größere Bekleidungshäuser wie in den großen Ballungszentren findet man in Erftstadt-Lechenich nicht.
Die Verkaufsstellen sind alle auf ein kleinstadttypisches Sortiment ausgelegt und erzielen mit ihrem
Angebot eher einen Mitnahmeeffekt. Ein Magnetbetrieb hingegen fehlt.
Insgesamt stehen ca. 6.050 m² Verkaufsfläche zur Verfügung.
Von den 57 Verkaufsstellen hatten im Vorjahr 34 Verkaufsstellen geöffnet. Diese Verkaufsstellen
möchten nun auch in diesem Jahr anl. des Bürgerfestes wieder öffnen. Der Lebensmitteldiscounter
und weitere
flächenmäßig
recht große Verkaufsstellen (Futtermittel, Gartengeräte/Schreibwarenmarkt) werden nicht öffnen. Ich habe somit ermittelt, dass in 34 Verkaufsstellen 3.309
m² Verkaufsfläche zur Verfügung stehen.
Diese Verkaufsstellen stehen alle im engen räumlichen Zusammenhang mit dem Bürgerfest. Ich habe
dies auf einer Karte dargestellt, die ich als Anlage 3 beifüge.
Die genannten Verkaufsstellen verzeichneten im Jahre 2016 = 2.110 Kunden, die aus Anlass des verkaufsoffenen Sonntages zum Bürgerfest kamen.
Zum Vergleich: an einem starken Werktag, einem Samstag, besuchen bis zu 5.250 Kunden/Kundinnen
die Ladenlokale. Hier ist zu berücksichtigen, dass diese Kunden dann die Möglichkeit haben, alle 57
Verkaufsstellen aufzusuchen.
Diese Zahlen habe ich durch Befragen der Geschäftsinhaber/innen ermittelt.
Es bleibt festzuhalten, dass das Bürgerfest das prägende und im Vordergrund stehende Ereignis
ist. Für sich genommen zieht das Bürgerfest mehr Besucher/innen, als der reine verkaufsoffene
Sonntag an und ist vorliegend auch aufgrund seiner langjährigen Tradition und Beliebtheit äußerst
öffentlichkeitswirksam. Die Ladenöffnung erscheint hier als bloßer Annex. Zu berücksichtigen ist
auch, dass es sich bei den öffnenden Geschäften zum überwiegenden Teil um Geschäfte mit kleinen Verkaufsflächen handelt, die inhabergeführt sind und ein Sortiment vorhalten, welches für eine
Kleinstadt, wie Erftstadt-Lechenich typisch ist.
Aus der Gegenüberstellung der einzelnen Faktoren wird deutlich, dass die öffentliche Wirkung des
anlassgebenden Bürgerfestes gegenüber der typischen werktäglichen Geschäftigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund steht.
(Erner)
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