Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
139 kB
Datum
27.04.2017
Erstellt
20.04.17, 12:06
Aktualisiert
20.04.17, 12:06
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
V 195/2017
Az.: -50-
Amt: - 50 BeschlAusf.: - -50- Datum: 06.04.2017
Kämmerer
gez. Lüngen, 1. Beigeordneter
Dezernat 4
Dezernat 6
BM
gez. Schlender
Amtsleiter
RPA
Beratungsfolge
Ausschuss für Soziales und Gesundheit
Betrifft:
Termin
27.04.2017
Bemerkungen
zur Kenntnis
Konzeption über die ergänzende Betreuung im Schichtbetrieb in den beiden großen
Gemeinschaftsunterkünften im Brabanter Weg 1 und in der Radmacher Straße 50
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten in €:
Erträge in €:
Kostenträger:
Sachkonto:
Folgekosten in €:
Mittel stehen zur Verfügung:
Jahr der Mittelbereitstellung:
Ja
Nein
Nur auszufüllen, wenn Kostenträger Eigenbetrieb (Immobilien, Straßen, Stadtwerke)
Wird der Kernhaushalt belastet: Höhe Belastung Kernhaushalt:
Folgekosten Kernhaushalt:
Ja
Nein
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Beschlussentwurf:
Die unter Berücksichtigung des künftigen Einsatzes von Einrichtungsbetreuerinnen / Einrichtungsbetreuern im Schichtbetrieb aktualisierte Konzeption zur Betreuung in den beiden großen Gemeinschaftsunterkünften im Brabanter Weg 1 und in der Radmacher Straße 50 wird zur Kenntnis genommen.
Begründung:
Der Ausschuss hatte in seiner letzten Sitzung am 19.01.2017 der Einstellung von drei Einrichtungsbetreuern/-innen zugestimmt. Hintergrund war die von der Verwaltung dargestellte Notwendigkeit, eine regelmäßig wahrnehmbare Präsenz mit Personal in den beiden großen Gemeinschaftsunterkünften in Erftstadt zu gewährleisten. Der Intention der Gewährleistung und Aufrecht-
erhaltung des sozialen Friedens in den großen Einrichtungen, insbesondere in den Abendstunden,
soll durch ein implementiertes Zwei-Schicht-System Rechnung getragen werden. Eine besondere
Bedeutung hierbei kommt der doppelten Besetzung der Spätschicht zu (kalendertäglich jeweils bis
23.50 Uhr).
Zur Vermeidung erneuter, nicht verantwortbarer Konfliktsituationen, war eine zeitnahe Umsetzung
des Beschlusses zur Einstellung der Einrichtungsbetreuer/-innen geboten. Insofern war für eine
möglichst frühzeitige Ausschreibung mit anschließendem Auswahlverfahren eine Dringlichkeitsentscheidung notwendig. Ein weiteres Zuwarten bis zur abschließenden Entscheidung in der für den
28.03.2017 terminierten Ratssitzung war nicht vertretbar.
Wie in der V 630/2016 bereits ausgeführt, beinhaltet der Aufgabenbereich der Einrichtungsbetreuer/-innen Tätigkeiten, die sich teilweise mit denen von Sozialarbeitern/-innen (Diplom oder B.A.)
decken. In Abgrenzung zu Letzteren können den Einrichtungsbetreuern/-innen keine Aufgaben
übertragen werden, für deren Wahrnehmung spezielle Kenntnisse aus einem abgeschlossenen
Studium Voraussetzung sind (z.B. psychosoziale Betreuung, Einzelfallberatung mit sozialwissenschaftlichem Hintergrund etc.). Dagegen können vielfältige Beratungs- und Betreuungstätigkeiten
mit vorhandener sozialer und interkultureller Kompetenz wahrgenommen werden, auch ohne Vorhandensein eines wissenschaftlichen Studiums. Wesentliche Aufgaben der Einrichtungsbetreuer
sind unter anderem:
Aufnahme neu zugewiesener Asylbegehrender und Erledigung hierzu notwendiger administrativer Arbeiten, Einweisung in die jeweiligen Unterkünfte
Vorbereitung und Begleitung notwendiger Umzüge
Anmeldungen in Kitas und Schulen
Begleitung (und Klärung von Problemen) bei Behördengängen (Bürgerbüro, Schulamt, Jugendamt, Gesundheitsamt, Ausländerbehörde, Jobcenter, Integrationpoints usw.)
Dolmetschertätigkeiten
Prüfung und gfl. Ergreifung von Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Sauberkeit und Hygiene in den Wohneinheiten
Mithilfe bei der Durchführung von (geförderten) Projekten, z.B. Flüchtlingsintegrationsmaßnahmen, KommAn-Förderprojekt usw.
Teilnahme an regelmäßigen Sprechstunden für alle Flüchtlinge
Hilfestellung bei der Organisation und Gestaltung des Zusammenlebens der Bewohner in
den Gemeinschaftsunterkünften
Vermittlung und deeskalierende Intervention bei auftretenden Konflikten in den Gemeinschaftsunterkünften; Meldung von Konflikten an die Sozialarbeiter/-innen
Vermittlung und Durchsetzung der Benutzungsordnung in den Einrichtungen
Zusammenarbeit mit den ehrenamtlichen Betreuern und den Betreuerkreisen
Mithilfe bei der Planung, Organisation und Durchführung von kulturellen Veranstaltungen
und interkulturellen Festen
Beratungen und Administration von Rückkehrhilfen
Begleitung freiwilliger Ausreisen
Übernahme von Aufgaben als Ersthelfer sowie Brandschutz- und Evakuierungshelfer
u.s.w.
Die vorstehende Aufzählung ist nicht abschließend. Aus den unterschiedlichen Befindlichkeiten
und Bedürfnissen der zu betreuenden Flüchtlinge ergeben sich immer wieder neue Problemlagen,
die auch neue Herausforderungen für die Einrichtungsbetreuer/-innen darstellen. Vorausgesetzt
werden unter anderem neben Sprach- und Deeskalationskompetenz auch Einfühlungsvermögen
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und Sensibilität für die Belange der Flüchtlinge sowie Kommunikations- und Improvisationsfähigkeit.
Die Ausweitung der Präsenz von insoweit kompetenten Einrichtungsbetreuern/-innen in den beiden großen Gemeinschaftsunterkünften Brabanter Weg und Radmacher Straße im Rahmen des
Zwei-Schicht-Systems auch in die (späten) Abendstunden verspricht eine Stärkung des friedlichen
Miteinanders der Bewohner entsprechend auch den Regelungen der geltenden Benutzungsordnung. Das geplante gemeinsame Auftreten von Einrichtungsbetreuer/-in und Hausmeister/-in (auch
zur Durchsetzung des Hausrechtes und insbesondere in der Spätschicht) wird der Aufrechterhaltung eines disziplinierten Verhaltens der Bewohner zuträglich sein. Förderlich in diesem Sinne ist
besonders die Sprachkompetenz der Einrichtungsbetreuer, wodurch ein verständiger Zugang zu
den Bewohnern geschaffen werden kann. Im Übrigen wird durch die Doppelbesetzung und die
Durchführung von Rundgängen in den großen Gemeinschaftsunterkünften mit jeweils zwei Personen den Vorgaben des Arbeitsschutzes Rechnung getragen (Vermeidung gefahrengeneigter Alleinarbeit).
Nach erfolgter Ausschreibung fand das Auswahlverfahren zur befristeten Einstellung von drei Einrichtungsbetreuern/-innen am 23.03.2017 statt (die Stellenausschreibung ist, wie im Rat zugesagt,
dieser Vorlage als Anlage beigefügt). Aus der Vielzahl eingegangener Bewerbungen konnten drei
gut qualifizierte Einrichtungsbetreuerinnen und -betreuer ausgewählt werden. Die neuen Mitarbeitenden werden – nach Beteiligung der städtischen Gremien – voraussichtlich ab dem
01.05.2017 ihren Dienst aufnehmen können. Nach einer Einarbeitungsphase wird die Aufnahme
der Tätigkeit im Schichtdienst ab dem 01.06.2017 vorgesehen. Die genauen Dienstzeiten werden
vom Fachdienst Migration & Integration (FD M&I) des Amtes für Soziales, Wohnen, Integration und
Senioren in Zusammenarbeit mit dem für die drei Hausmeister im Schichtbetrieb fachaufsichtführenden Eigenbetrieb Immobilienwirtschaft abgestimmt werden. Im Rahmen der regelmäßigen
Dienstbesprechungen mit der AWO wird der Einsatz auch mit dem Dienst der dortigen Mitarbeitenden abgestimmt.. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Präsenzzeiten städtischer Mitarbeiter/-innen im gewünschten zeitlichen Umfange in den beiden großen Gemeinschaftsunterkünften sichergestellt sind.
In der Praxis werden – entsprechend der aktuell gültigen Dienstanweisung für die Hausmeister der
städtischen Übergangsheime – wie bisher schon die folgenden Dienstzeiten durch den ZweiSchichtbetrieb abgedeckt sein:
Frühschicht, Montag bis Freitag
Frühschicht, Samstag u. Sonntag
Spätschicht, kalendertäglich
06.00 bis 14.00 Uhr
06.00 bis 10.30 Uhr
15.30 bis 23.50 Uhr
Künftig werden damit beide großen Gemeinschaftsunterkünfte (Radmacher Straße und Brabanter
Weg) in der Spätschicht mit städtischen Mitarbeitern/-innen besetzt sein (jeweils ein Hausmeister
sowie eine Einrichtungsbetreuerin/ein Einrichtungsbetreuer). Die Gewährleistung der Besetzung
der Spätschicht soll weitestgehend insbesondere dadurch gesichert werden, dass bei Ausfall der
Spätschicht (z.B. Urlaub oder Krankheit des/der Mitarbeiters/-in) die/der für die Frühschicht eingeteilte Mitarbeiter/-in die Spätschicht besetzt.
Für die Einrichtungsbetreuer/-innen der städtischen Gemeinschaftsunterkünfte im Schichtdienst
wird eine entsprechende Dienstanweisung vorbereitet. Gleiches gilt für eine Aktualisierung der
bestehenden, oben angegebenen Benutzungs- bzw. Hausordnung.
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Rundgänge in den Einrichtungen werden insbesondere in den (späten) Abendstunden von den
jeweils diensthabenden Mitarbeitern/-innen zu wechselnden Zeiten abgestimmt und durchgeführt
werden, so dass sie von den Bewohnern nicht vorhersehbar sein werden.
Folgende Regelungen sollen hierzu für die beteiligten Akteure (Hausmeister und Einrichtungsbetreuerinnen/Einrichtungsbetreuer im Schichtdienst) vorgegeben werden:
Für die Wohncontainer in den beiden Großanlagen sind Kontrollen in den jeweiligen Gemeinschaftsräumen, den Küchen sowie den Dusch- und Toilettenräumen vorgesehen.
Die Häuser 2 bis 25 in der Radmacher Straße werden von außen in Augenschein genommen.
Im Bedarfsfalle (zum Beispiel Ruhestörung oder unerlaubt aufhältige fremde Personen)
werden die entsprechenden Räumlichkeiten zwingend gemeinsam kontrolliert.
Es soll ein Kontrollbuch über die durchgeführten Rundgänge geführt werden. Hierin festgehalten werden die Namen der diensthabenden Mitarbeiter/-innen, Meldungen über besondere Vorkommnisse, etwaig festgestellte Schäden und sonstige relevante Informationen
über die Bewohner. Je nach Dringlichkeit sind entsprechende Feststellungen sofort oder
am folgenden Morgen von der Frühschicht an die zuständigen Institutionen oder Personen
weiterzuleiten.
Eine Zusammenarbeit mit der Polizei erfolgt, soweit notwendig, zum Beispiel zur Feststellung der Personalien fremder Personen oder der Erteilung von Hausverboten im Rahmen
der Durchsetzung der Benutzungsordnung.
Wie bereits in der Vorlage 630/2016 ausgeführt, wird durch die Präsenz auch von Einrichtungsbetreuerinnen der interkulturelle Aspekt des FD M&I in der Arbeit mit den zu betreuenden Flüchtlingen gestärkt. Die vorhandene Sozialkompetenz der neu eingestellten Einrichtungsbetreuerinnen
(beispielsweise – neben weiteren Qualifikationen - durch Lehrgänge zur Krisenintervention, pädagogische Schulungen oder Fortbildung zur Sprach- und Integrationsmittlerin) ermöglicht den Zugang zu den Bewohnern in den Flüchtlingsunterkünften. Insbesondere auch die fremdsprachlichen
Kompetenzen werden sich vertrauensbildend auswirken und letztlich zur Aufrechterhaltung eines
friedlichen Miteinanders in den Unterkünften beitragen. Die Einrichtungsbetreuerinnen/ Einrichtungsbetreuer im Spätdienst sollen für die Bewohner ebenso wie für ehrenamtliche Betreuer/innen über eine Handynummer bis jeweils 23.50 Uhr erreichbar sein.
In manchen Kommunen des Rhein-Erft-Kreises werden für die Aufsicht in städtischen Unterkünften
für Flüchtlinge Sicherheitsdienste in Anspruch genommen. Allerdings wird hier im Vergleich zu
Erftstadt (teilweise erheblich) weniger Personal für die soziale Betreuung der Flüchtlinge bereitgehalten. Wie in der V 630/2016 bereits ausgeführt, befürwortet der FD M&I für Erftstadt den verstärkten Einsatz sozial kompetenter Einrichtungsbetreuer/-innen vor der Inanspruchnahme eines
Sicherheitsdienstes. Letzterer sollte lediglich im Notfall, zum Beispiel im Falle gravierender Eskalationen, und dann nur temporär beauftragt werden.
In einer der Stadt Erftstadt gut vergleichbaren kreisangehörigen Kommune mit ebenfalls zwei großen Gemeinschaftsunterkünften mit jeweils mehr als 100 Bewohnern wird –wie auch in Erftstadtdie soziale Betreuung durch eine auskömmliche personelle Ausstattung präferiert und ebenfalls
auf den Einsatz eines Sicherheitsdienstes verzichtet.
Letztlich wird die beschriebene Lösung der Zusammenarbeit von Hausmeistern und Einrichtungsbetreuerinnen im Schichtbetrieb (die im Übrigen auch geeignet ist, frauenspezifischen Belangen
besser Rechnung tragen zu können) von Seiten des FD M&I als zielführend angesehen zur Aufrechterhaltung des sozialen Friedens im Zusammenleben der Flüchtlinge in den städtischen Gemeinschaftsunterkünften.
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Zu darüber hinaus gehenden Überlegungen mit Blick auf eine weitere Verbesserung der konzeptionellen Konflikt- und Gewaltprävention wird auf Folgendes hingewiesen:
Das Bundesfamilienministerium hat eine Bundesinitiative zum Thema „Schutz vor Gewalt in Flüchtlingsunterkünften“ gestartet (u.a. mit UNICEF und der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien
Wohlfahrtspflege e.V.). Hierzu werden bundesweit Koordinatorenstellen für Gewaltschutz eingerichtet, die Schutzkonzepte in Einrichtungen für Flüchtlinge implementieren und gleichzeitig Ansprechpartner u.a. für Jugend-, Sozial- und Arbeitsämter sind. Jede dieser Stellen wird mit 40.000
€ gefördert. An dem hierzu laufenden Interessenbekundungsverfahren „Initiative Schutz für Frauen
und Kinder vor Gewalt in Flüchtlingsheimen“ hat sich die Stadt Erftstadt beteiligt. Eine dezidierte
Antragstellung an das Bundesministerium durch den FD M&I in Zusammenarbeit mit der Arbeiterwohlfahrt erfolgte speziell für die Einrichtung Brabanter Weg 1. Eine Entscheidung hierüber steht
noch aus.
Sollte die Antragstellung des FD M&I mit der AWO im Auswahlverfahren keine Berücksichtigung
finden, so ist die Erstellung eines eigenen Schutzkonzeptes vorgesehen. Dieses soll sich orientieren an den vom Ministerium, der UNICEF und anderen Netzwerkpartnern in 2016 erstellten Mindeststandards zum Schutz von Kindern, Jugendlichen und Frauen in Flüchtlingsunterkünften.
In Vertretung
(Lüngen)
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