Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
333 kB
Datum
28.03.2017
Erstellt
22.02.17, 15:01
Aktualisiert
22.02.17, 15:01
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Abwägende Zusammenfassung zur Eingliederung des Eigenbetriebs Straßen in
die Kernverwaltung
Die Stadt Erftstadt hat den betrieblich-technischen Aufgabenbereich „Tiefbau“, d.h.
Planung, Bau, Betrieb, Unterhaltung und Verwaltung von öffentlichen Verkehrsflächen,
öffentlichen Anlagen und Wirtschaftswegen zum 01.07.1999 organisatorisch und
finanzwirtschaftlich komplett in den Eigenbetrieb Straßen als gemeindliches
Sondervermögen ausgegliedert.
Ziele der Eigenbetriebsgründung waren seinerzeit:
Einführung und
Betrieb einer kaufmännischen Buchführung und
Kostenrechnung in den ausgelagerten Aufgabenbereichen; Darstellung von
Ressourcenverbräuchen (Kostentransparenz)
Vereinfachung von Verwaltungsabläufen
Steigerung von Effektivität und Wirtschaftlichkeit durch Eigenverantwortung
Unter Beachtung der inhaltlichen Zielsetzungen und Feststellungen des
Haushaltssicherungskonzeptes ist die Stadt Erftstadt angesichts ihrer derzeitigen
haushaltswirtschaftlichen Situation jederzeit gehalten, vorhandene Strukturen auf ihre
Effizienz und die Wirtschaftlichkeit der Aufgabenerfüllung zu überprüfen. Im Rahmen der
Haushaltskonsolidierung sind daher sämtliche Organisationseinheiten – einschließlich
der Eigenbetriebe - einer Aufgabenkritik zu unterziehen bzw. Standards mit Hilfe von
Benchmarks zu hinterfragen.
Vor diesem Hintergrund wurden folgende Varianten in die organisatorischen
Betrachtungen für den Eigenbetrieb Straßen einbezogen:
Der Eigenbetrieb bleibt in der bisherigen Form bestehen
Der Eigenbetrieb wird aufgelöst. Die Aufgaben werden in anderen kommunalen
Strukturen erledigt.
Abwägung von Vor- und Nachteilen zur aktuellen Organisationsstruktur und –form
1. Herstellung von Kostentransparenz
Der mit der Gründung des Eigenbetriebs angestrebte Vorteil der Kostentransparenz
aufgrund der kaufmännischen Buchführung des Eigenbetriebes ist nach Einführung
der Doppik in Erftstadt entfallen, da die Grundsätze zur Planung und
Rechnungslegung im Eigenbetrieb nunmehr auch in der kommunalen Kernverwaltung
identisch abbildbar sind.
Vielmehr ist davon auszugehen, dass mit einer Eingliederung des Eigenbetriebs
Straßen in die Kernverwaltung die Kostentransparenz gegenüber der aktuellen
Situation wesentlich verbessert wird.
Eine Überleitung der HGB – Bewertungsansätze auf eine NKF - kompatible
Vermögensbewertung in der Konzernbilanz entfällt, weil die Buchwerte des
Eigenbetriebs laut Stellungnahme der BDO vom 17. 08.2016 in Absprache mit dem
MIK nach dem Substanzwertverfahren umbewertet werden müssen.
Künftig werden alle finanziellen Verpflichtungen aus der Aufgabenerfüllung des
Betriebes direkt innerhalb des städtischen Haushaltes abgebildet. Die Jahresverluste
aus den Dienstleistungen des Eigenbetriebes werden nicht mehr in der
Jahresrechnung des Eigenbetriebes unter Aufzehrung des Eigenkapitals
ausgewiesen, sondern unmittelbar im städtischen Haushalt. Das Szenario der
Belastung des städtischen Haushaltes mit den Jahresverlusten des Eigenbetriebes ist
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damit nicht mehr nur für Finanzexperten absehbar, sondern muss unmittelbar und
zeitnah zum Gegenstand von Konsolidierungsbemühungen und Maßnahmen zu
Gegensteuerung werden.
Die BDO stellt hierzu in Ihrer Stellungnahme vom 17. 08.2016 fest:
„Das Eigenkapital macht lediglich 2,5 % der Bilanzsumme aus. Eine angemessene
Kapitalausstattung nach § 10 Abs. 6 EigVO NRW ist nicht gegeben. Aufgrund der
Entwicklungen der letzten Jahre wird das Eigenkapital zeitnah aufgezehrt sein…..“
2. Verbesserte Wahrnehmung der Steuerungsfunktionen
Eigenbetriebe besitzen zwar keine rechtliche, aber eine organisatorische
Selbständigkeit.
Gemäß § 2 EigVO NRW wird der Eigenbetrieb von der Betriebsleitung selbstständig
geleitet, soweit nicht durch Rechtsvorschriften oder die Betriebssatzung etwas
anderes geregelt ist. Gemäß § 114 Abs. 2 GO NRW ist in den Angelegenheiten des
Eigenbetriebes der Betriebsleitung ausreichende Selbstständigkeit der Entschließung
einzuräumen. Die Zuständigkeiten des Rates sollen soweit wie möglich dem
Betriebsausschuss übertragen werden.
Aus dieser gesetzlich gewollten Autonomie von Eigenbetrieben ergeben sich
zusätzliche Kommunikations- und Abstimmungsnotwendigkeiten, wenn es um die
Einbeziehung solcher organisatorisch selbständiger Einrichtungen in eine einheitliche
Stadtstrategie – insbesondere in eine städtische Finanzstrategie – geht.
Die Gemeindeprüfungsanstalt NRW geht auf diese Situation an verschiedensten
Stellen in ihrem Bericht zur überörtlichen Prüfung der Finanzen der Stadt Erftstadt im
Jahr 2014 ein und stellt hierzu zusammenfassend fest:
„Aber nur durch ein strategisch-perspektivisches Management kann die
haushaltswirtschaftliche Lage des Konzerns ‚Stadt Erftstadt‘ aktiv gesteuert
werden. Das Ziel muss eine auf Dauer ausgerichtete finanzielle Stabilität sein.
Es gilt, die Interessen zwischen Kommune und den Eigenbetrieben sowie
anderen Beteiligungen abzustimmen, die Entwicklung der Fehlbeträge im
Blick zu behalten und bei der Jahresergebnisverwendung mitzuentscheiden.
Auf diese Weise sind auch die Zahlungsbeziehungen zwischen dem
Kernhaushalt und den Eigenbetrieben mit der Gesamtsicht auf den Konzern
zu hinterfragen. Nur bedarfsgerechte, auskömmliche Ausgleichszahlungen an
die Betriebe und die gezielte, aufgabenorientierte Einbindung derer in die
Konsolidierungen der Haushaltssicherung schaffen Transparenz und
finanzielle Stabilität in den Eigenbetrieben…..
Die Eigenbetriebe der Stadt Erftstadt sollten seitens der Kernverwaltung aktiv
gesteuert werden, denn deren Jahresergebnisse haben direkte Auswirkungen
auf die Haushaltslage der Stadt. …. Anhand von Controlling-Instrumenten
sollte die Stadt die finanzielle Entwicklung der Eigenbetriebe stärker in den
Blick nehmen. Dies versetzt sie in die Lage, unter haushaltswirtschaftlichen
Gesichtspunkten gegenzusteuern.
Die Ausgleichszahlungen an den Eigenbetrieb sind nicht auskömmlich. Der
massive Eigenkapitalverzehr und die drohende Überschuldung des
Eigenbetriebs Straßen birgt für die Stadt Erftstadt ein erhebliches
haushaltswirtschaftliches Risiko. Dieses ist der Höhe nach abhängig von den
Jahresergebnissen des Eigenbetriebes.
Die Stadt Erftstadt sollte mit dem Eigenbetrieb Möglichkeiten zur
Konsolidierung erarbeiten. ….. Der Konsolidierungszwang, der durch die
Haushaltssicherung im Kernhaushalt besteht, ist auf die Eigenbetriebe zu
übertragen. Ansonsten können die Planziele des HSK nicht erreicht werden.
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Die Eigenbetriebe müssen ebenso wie die Stadt selbst alles unternehmen, die
Verluste möglichst gering zu halten. Dies gelingt vor allem durch Vermindern
der Aufwendungen. Dazu müssen Standards und das kommunale
Leistungsangebot reduziert werden…“
Final trifft die Gemeindeprüfungsanstalt NRW folgende Feststellung:
„Kommt eine Wiedereingliederung in den städtischen Haushalt nicht in Frage,
sind auskömmliche Ausgleichszahlungen an den Eigenbetrieb Straßen zu
leisten oder jährliche Verlustausgleichszahlungen zu leisten. Die Höhe der
Ergebnisbelastung ist entsprechend durch die Stadt Erftstadt zu steuern“.
Vor diesem Hintergrund ist die Sinnhaftigkeit der Eigenbetriebsorganisation für den
Bereich Straßen natürlich zu hinterfragen. Denn in der angespannten Haushaltslage
mit dem Zwang, Prioritäten zu setzen, kommt der Integration des Eigenbetriebs in die
Organisations- und Führungsstruktur der Kernverwaltung - im direkten Einfluss des
Rates und des Bürgermeisters - zur Unterstützung einer ganzheitlichen
Prioritätenabwägung beim Dienstleistungsangebot der Stadt Erftstadt besondere
Bedeutung zu. Oberstes Ziel im Aufgabenbereich des jetzigen Eigenbetriebs Straßen
muss dabei die Schaffung einer einheitlichen Organisations- und Aufgabenstruktur
sein, in der alle kommunalen Leistungen über ihren gesamten Lebenszyklus
gebündelt und in die gesamtstädtische Finanzstrategie mit einbezogen werden.
3. Verbesserung der Aufwands- und Kostensituation
Eine Umstrukturierung des Eigenbetriebes Straßen hat grundsätzlich keine
Auswirkung auf Dienstleistungen, die nach außen – also für die Bürgerinnen und
Bürger - und für städt. Organisationseinheiten erbracht werden.
Für die internen Verwaltungsleitungen ist jedoch festzustellen, dass der zusätzliche
Abstimmungsaufwand zwischen Kernverwaltung und Eigenbetrieben i.d.R. zu
Redundanzen und Mehraufwand führt. Zukünftig fallen z. B. Buchungen weg, zwei
Wirtschaftspläne, zwei Jahresabschlüsse incl. externer Prüfung und zwei
Gesamtabschlüsse entfallen ebenfalls. Diese Einsparungen kompensieren den
Mehraufwand für die innerstädtische Rechnungsprüfung.
Aufgrund gesetzlicher Vorgaben nach der Eigenbetriebsverordnung bestehen derzeit
in großem und vielschichtigem Umfange vertragsähnliche Erstattungs- und
Verrechnungsbeziehungen zwischen Kernverwaltung und dem Eigenbetrieb, die
entsprechender Abstimmung bedürfen. Durch eine stärkere Anbindung an die
politischen Gremien und die Verwaltungssteuerung soll dieser erhöhte
Verwaltungsaufwand zukünftig vermieden werden.
Weiter zu generierende Kostenvorteile sind bei folgenden internen Leistungen
möglich:
Synergien bei den Querschnittsfunktionen innerhalb der Verwaltung durch
Zusammenführung und Spezialisierung von Service und Steuerung
Aufhebung/Bündelung
der
Mehrfachzuständigkeiten
innerhalb
der
verschiedenen Organisationseinheiten.
Soweit
die
Aufgaben
des
Eigenbetriebes bei Rückführung zunächst einem neu zu bildenden - in die
Ämterstruktur der Kernverwaltung zu integrierenden - (Nachfolge)Amt
zugewiesen werden, können nunmehr perspektivisch Möglichkeiten
untersucht werden, welche Aufgabenumverteilungen bzw. organisatorische
Neuzuordnungen ggf. mittelfristig Straffungen in der Verwaltungs- und
Personalstruktur herbeiführen können.
vollständige Implementierung aller Finanzprozesse in einer Finanzsoftware
(dadurch werden auch schnellere und direktere Abfragen von
Steuerungsinformationen für Rat und Verwaltungsführung ermöglicht)
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durch die vermehrte Erledigung von Querschnittsaufgaben in den zentralen
Einheiten der Stadtverwaltung (z. B. Finanzbuchhaltung) werden
Bearbeitungsmengen erreicht, die neue informationstechnische Möglichkeiten
z.B. bei der elektronischen Rechnungsbearbeitung eröffnen und
Bearbeitungskosten reduzieren können.
zentrale Datenpflege, zentrale und vollständige Dokumentation aller
dienstleistungsbezogenen Informationen und Regelwerke.
Es ist aber auch darauf hinzuweisen, dass nach der Stellungnahme der BDO zu den
Bedingungen der Eingliederung des Eigenbetriebes in die Kernverwaltung im
Ergebnis eine Neubewertung des Vermögens des Eigenbetriebes durchzuführen ist.
Bei einer Eingliederung ist nach Maßgabe des § 95 Abs.1 GO NRW sicherzustellen,
dass der Jahresabschluss der Stadt nach Eingliederung weiterhin ein den
tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild der Vermögens-, Schulden-,
Ertrags- und Finanzlage widerspiegelt.
Nach einer stichtagsbezogenen Betrachtung des Eigenbetriebs Straßen kommt die
BDO zum 31.12.2014 zu einem jährlichen Abschreibungsmehraufwand von netto 317
Tsd. Euro. Die BDO weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass – um eine
genaue Aussage über die bilanziellen Auswirkungen bei einer Eingliederung machen
zu können - eine Fortschreibung des Vermögens zum Eingliederungszeitpunkt
notwendig ist.
Diesem dann festgestellten Mehraufwand stehen die erwarteten, zuvor genannten
Kostenverbesserungen aufgrund organisatorischer und personeller Auswirkungen
durch die Eingliederung des Eigenbetriebes gegenüber.
Verfahrenstechnisch ist festzuhalten, dass die Aufgabenerfüllung mit einer
Rückführung in den Kernhaushalt zukünftig ggf. den Wirkungen der vorläufigen
Haushaltsführung nach § 82 Gemeindeordnung (GO NRW) unterliegen würde,
wogegen Investitionen und Darlehensaufnahmen der Eigenbetriebe bislang - nach
gültiger Rechtslage - keine kommunalaufsichtliche Genehmigung bedingen. In der
Kernverwaltung können jedoch zur flexiblen Bewirtschaftung von Investitionen,
Auszahlungen und Aufwendungen für begonnene oder bereits genehmigte
Maßnahmen die Instrumente der Verpflichtungsermächtigung und der
Ermächtigungsübertragung im Rahmen der genehmigten Haushaltssatzung
eingesetzt
werden.
Verpflichtungsermächtigungen
können
im
laufenden
Haushaltsjahr eingegangen werden und für folgende Haushaltsjahre für Investitionen
zahlungswirksam zur Verfügung stehen (vgl. § 13 GemHVO NRW). Dagegen kann
das Instrument der Ermächtigungsübertragung für Aufwendungen und Auszahlungen
eingesetzt werden, die bis zum Ende des Haushaltsjahres nicht abgeschlossen
werden konnten und sich über ein weiteres Haushaltsjahr erstrecken (vgl. § 22
GemHVO NRW).
4. Zeitplan für die organisatorischen Veränderungen / Risikovorsorge
Unabdingbar notwendig für die Wiedereingliederung des Eigenbetriebs in die
Kernverwaltung sind folgende organisatorische Veränderungen:
Strukturorganisatorische Eingliederung des Eigenbetriebs als Amt der
Kernverwaltung.
Gegebenenfalls
kann
die
notwendige
strukturorganisatorische Anpassung zum Jahresbeginn 2018 auch durch eine
reine Umbenennung des Eigenbetriebs in ein Amt vollzogen werden
Neuordnung der Produktstrukturen. Um den Aufwand für die zukünftige
Haushaltsplanung so gering wie eben möglich zu halten, wird angestrebt, die
Produktstruktur des neuen Amtes im Haushaltsplan der Stadt nach der
Gliederung im Wirtschaftsplan des Eigenbetriebes zu übernehmen und die
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Ansätze der Haushaltsplanung 2018 wie auch die Buchungskonten nach den
Produktgruppenvorgaben der Zuordnungsvorschriften für die Finanzstatistik
auszurichten. Die Ansätze für die Haushaltsplanung 2018 nach
Produktgruppen werden sorgfältig geschätzt. Für den Fall, dass
Ansatzüberschreitung
oder
-unterschreitungen
während
der
Haushaltsausführung
auftreten,
werden
im
Rahmen
der
Budgetierungsregelungen umfassende gegenseitige Deckungsmöglichkeiten
eingeräumt.
Vor diesem Hintergrund erscheint die Sicherstellung eines ordnungsgemäßen
Buchführungsverfahrens im Hinblick auf die Tatsache, dass sich der
Eigenbetrieb - wie die Kernverwaltung - bereits im Augenblick der Software
von Infoma bedient, nicht problematisch.
Die angesprochenen Möglichkeiten werden aktuell als ausreichend angesehen, im
Risikofall aufgrund eingeschränkter Personalkapazitäten im Eigenbetrieb durch
gegebenenfalls notwendige Anpassungen und Verfahrensvereinfachungen den
vorgesehenen Zeitpunkt für die Betriebsüberleitung zum 01.01.2018 sicherzustellen.
Denn falls der Prozess bis zu diesem Datum nicht abgeschlossen sein sollte, käme
als nächster Eingliederungszeitpunkt frühestens der 01.01.2019 in Betracht. Eine
unterjährige Eingliederung sollte schon wegen des damit verbundenen, zusätzlichen
Aufwandes vermieden werden.
Zusammenfassung
In Abwägung der betrachteten Organisationsformen und Bewertungskriterien einer
effektiven Erfüllung der Leistungen des Eigenbetriebs Straßen ergeben sich
nennenswerte Vorteile der Fortführung der Aufgabe in der Kernverwaltung der Stadt.
In der Ausgestaltung der Kommunikation, der Prozesse und der Schnittstellen zur
Verwaltung gibt es Optimierungsmöglichkeiten, welche in der jetzigen
Organisationsform des Eigenbetriebes
nicht
ohne
eine
Bindung
an
Managementkapazitäten zu stemmen sind sowie eine transparente und einheitliche,
finanzwirtschaftliche Steuerung begünstigen sollen.