Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
499 kB
Datum
09.03.2017
Erstellt
02.03.17, 15:02
Aktualisiert
02.03.17, 15:02
Stichworte
Inhalt der Datei
VHS-Jahresbericht 2016
Im Jahr 2016 stand die VHS vor der großen Herausforderung, die vielen Geflüchteten, die im
Jahr zuvor nach Erftstadt gekommen waren, mit Deutschkursen zu versorgen. Die Unterrichtsstundenzahl ist entsprechend sprunghaft gestiegen.
Jahr
2009
2010
2011
2012
2013
2014
2015
2016
durchgeführte Ustd.
10.643
10.743
10.485
10.945
10.412
11.176
11.100
13.672
Belegungen in Kursen
5151
4748
4735
4428
4449
4670
4911
5148
Veranstaltungen
457
406
425
447
453
473
455
440
Differenziert man nach Fachbereichen, so zeigt sich, dass der Bereich „Deutsch“ mit seinen
stundenintensiven Kursen mittlerweile zwar die Hälfte des Unterrichtsvolumens ausmacht,
aber nur knapp ein Viertel der Teilnehmenden abbildet. Drei Viertel der VHS-Teilnehmenden
nutzen die Angebote in der politischen und kulturellen Bildung, im Kreativ- und Gesundheitsbereich sowie den Fremdsprachen, die im unveränderten Umfang vorgehalten wurden.
Die Nachfrage nach EDV-Kursen ist rückläufig, entsprechend wurde das Angebot hier gekürzt, auch um Kapazitäten für die neuen Aufgaben im Integrationsbereich zu gewinnen.
8000
7000
6000
5000
4000
3000
2000
1000
0
FB 1 Politik/Gesellschaft
FB 2 Kultur/Gestalten
Ustd
Belegungen
FB FB FB FB FB FB FB
1 2 3 4 44 5 6
FB 3
Gesundheit
FB 4
Fremdsprachen
FB 44 Deutsch
FB 5
EDV, Beruf
FB 6
Grundbildung
Integrations- und Flüchtlingskurse
Die Unterrichtsstunden im Bereich „Deutsch als Fremdsprache“ wurden innerhalb eines Jahres verdoppelt. Dafür mussten Finanzierungen, Dozenten und Unterrichtsräume gefunden
werden. Die Gruppen, die Kurse und Prüfungen erfolgreich abschließen, sind entsprechend
groß geworden, wie dieses Foto von einer Zertifikatsübergabe im November 2016 zeigt.
Am einfachsten wäre es, wenn alle in Erftstadt ankommende Migranten zeitnah einen
Sprachkurs besuchen könnten und das institutionell gefördert würde. Die unterschiedlichen
Förderbedingungen lassen aber genau das nicht zu und erzeugen einen hohen Verwaltungsund Beratungsaufwand. Für jede Person, die in 2016 zur Beratung in die VHS kam, musste
geprüft werden, ob sie anspruchsberechtigt ist, ob sie ein dauerhaftes Bleiberecht, eine klare
oder individuelle Bleibeperspektive hat oder aus einem sicheren Herkunftsstaat kommt. Je
nach Kategorie greifen unterschiedliche individuelle Förderungen und die Dauer bis zur Bewilligung der Anträge und die Anzahl der möglichen Unterrichtsstunden divergieren entsprechend.
Aufgebaut werden musste daher ein Kursprogramm mit ganz unterschiedlichen Kursformaten. Durchgeführt wurden vier 300 Unterrichtsstunden umfassende Kurse im Auftrag der
Bundesanstalt für Arbeit, in die Flüchtlinge aus Syrien, Iran, Irak und Eritrea zugewiesen
werden durften, durchgeführt wurden 100 Ustd. umfassende Willkommenskurse für die
Flüchtlinge aus anderen Ländern, die vom Land NRW und vom Sozialamt refinanziert wurden, durchgeführt wurden ferner 3 ebenfalls nur 100 Ustd. umfassende Kurse „Einstieg
Deutsch“, für die der Deutschen Volkshochschulverband Projektmittel für diejenigen Flüchtlinge akquiriert hat, die auf eine Genehmigung zum Integrationskurs warten. Intensiv lernt
man nach wie vor in den mittlerweile 700 Ustd. umfassenden Integrationskursen. Sechs Integrationskurse, die in 2015 gestartet waren, wurden in 2016 abgeschlossen, sechs neue
Integrationskurse mit großen Kursgruppen wurden in 2016 begonnen.
Für diese vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge getragenen Kurse wurden in 2016
viele neue Regelungen getroffen. Früher durften Flüchtlinge an diesen Kursen nur teilnehmen, nachdem der Asylantrag positiv beschieden war, ab 2016 wurden auch diejenigen
Flüchtlinge, die eine klare Bleibeperspektive haben, vom BAMF zugelassen. Die Teilnehmerzahl wurde von 20 auf 25 Personen aufgestockt. Das letzte Kursmodul, das gesellschaftlich
relevantes Wissen vermittelt, wurde von 60 auf 100 Ustd. aufgestockt. Verpflichtend wurde
festgelegt, die Integrationskurse über die zentrale Datenbank „Kursnet“ der Arbeitsagentur
zu bewerben. Das Dozentenhonorar wurde verpflichtend auf 35 € aufgestockt, weil diejenigen, die in diesen Kursen stundenintensiv unterrichten, dies kaum nebenberuflich tun können und die Möglichkeit haben sollen, als Selbstständige Beiträge in die Sozialversicherung
einzuzahlen.
Einblicke in die Fachbereiche
Der verstärkte Zuzug von Migranten hat die VHS in 2016 nicht nur im Sprachenbereich, sondern auch in der politischen Bildung beschäftigt. Vorträge zur Situation in Syrien, zur Lage
auf dem Westbalkan und zum Salafismus waren mit jeweils ca. 40 Besucher/innen gut besucht. Angesichts zunehmender populistischer Tendenzen steht die politische Bildung in der
Pflicht, Diskussionsforen anzubieten und Fachleute zu verpflichten, die darin geschult sind,
auf offen geäußerte extreme Ansichten kompetent zu reagieren. Sehr eng kooperiert die
VHS mit dem großen Kreis an ehrenamtlichen Flüchtlingshelfer/innen. Für diese wurde ein
Seminar zur Schulung der interkulturellen Kompetenz angeboten, Lernbegleiter/innen, die
ehrenamtlich Deutschunterricht erteilen, wurden fortgebildet und auf Anfrage wurde ein
Arabisch-Kurs eingerichtet. - Die Förderung des Ehrenamtes durch Schulungen ist seit einigen Jahren ein Schwerpunkt der VHS-Arbeit. Auch in 2016 wurden in Kooperation mit dem
städtischen Seniorenbüro 16 ehrenamtliche Seniorenbegleiter/innen ausgebildet, die VHS
koordinierte erneut die Aktivitäten der Vorlesegruppe, die im April die Erftstädter Lesewoche unter dem Motto „Unglaubliches und andere Wunder“ mit vielen, spannenden Lesungen
im gesamten Stadtgebiet durchführte, außerdem feierten die 55 Lesementoren, die die VHS
fortbildet und an interessierte Schulen vermittelt, in 2016 ihr 5-jähriges Jubiläum (s. Foto).
Neben den vielfältigen sozialen Aufgaben, die die VHS wahrnimmt, galt es die klassischen
Bildungsbereiche zu pflegen, denn die Qualität des Programms lebt von der Vielfalt und Ausdifferenziertheit. Die Nachfrage nach Kursen und Veranstaltungen ist ungebrochen hoch.
288 Erwachsene frischten in 2016 ihre Englisch-Kenntnisse auf, differenziert nach Vorkenntnissen vom A1- bis zum C1-Niveau, 283 Personen lernten eine romanische Sprache, 253 Personen besuchten Entspannungskurse wie Feldenkrais, Qigong, Tai Chi und Yoga, 185 Erwachsene besuchten Kreativkurse, wobei die Palette hier vom Mal- und Zeichenkurs über das
kunsthandwerkliche Gestalten bis hin zum Fotokurs reicht, 163 Personen nahmen an Kochkursen teil, 153 Erwachsene nutzten die Medien-Kurse, darunter viele Senioren, für die die
VHS mit ihren speziellen, altersgerechten EDV-Kursen eine wichtige Anlaufstelle ist, um den
Anschluss nicht zu verpassen.
Fest im Programm verankert sind auch einige stundenintensive berufsqualifizierende Lehrgänge. Fortgeführt wurde in 2016 so der Montessori-Diplom-Lehrgang, der Pädagog/innen
dazu qualifiziert, in Montessori-Einrichtungen tätig zu sein. Gestartet wurde im Sommer ein
neuer Lehrgang zur Qualifizierung als Kindertagespflegeperson, drei Bildungsurlaube nach
dem Arbeitnehmerweiterbildungsgesetz wurden umgesetzt, ferner wurden Teilnehmer/innen in EDV-Kursen und in der Finanzbuchführung auf Prüfungen vorbereitet, in einem
ESF-geförderten Grundbildungslehrgang übten 17 Erwachsene, Vermerke, Bewerbungen,
Protokolle und andere berufsspezifische Texte zu schreiben. Auch in den Fremdsprachenkursen und beim Kommunikationstraining äußerten viele Teilnehmende, dass sie die Kenntnisse
im Beruf brauchen.
Großer Beliebtheit erfreuten sich auch in 2016 die Exkursionen. 100 Personen nahmen an
historischen und kunsthistorischen Führungen im Stadtgebiet teil, weitere 388 Personen
waren bei anderen Exkursionen in der näheren Umgebung dabei. Besucht wurden die JVA in
Rheinbach, die Redaktionsräume von Radio Erft in Wesseling, große Firmen wie Shell und
das Eisenwerk in Brühl, aktuelle Ausstellungen im Kunstmuseum in Bonn, die romanischen
Kirchen in Köln und der Rheinau-Hafen, um nur einige Ziele zu nennen.
Vorträge fanden im Schnitt einmal pro Woche statt; obwohl man Informationen heute schnell im Internet zusammenstellen kann, besteht nach wie vor ein Bedarf, mit
Fachleuten ins Gespräch zu kommen und andere Interessierte zu treffen. Über das Erbrecht informierten sich so
z.B. 31 Personen, zu den Vorträgen in Kooperation mit
den Partnerschaftsvereinen kamen 143 Personen, zu den
beiden Vorträgen in Kooperation mit dem Kunstverein 55
Interessierte. - Ein allwöchentliches Angebot bietet die
VHS während des Semesters mit dem kommunalen Kino,
das ein Filmprogramm jenseits der üblichen Blockbuster
bietet und mit 1219 Besuchern in 2016 einen neuen Besucherrekord erzielte.
Abschied und Ausblick
Zum Jahresende verabschiedete die Stadt Theresia Skottnik in den Ruhestand (s. Foto), die
fast 40 Jahre für die VHS Erftstadt als Fachbereichsleiterin und vorübergehend auch als
kommissarische Leiterin tätig war. Besonders verdient gemacht hatte sie sich in den letzten
10 Jahren um den Aufbau des Integrationskurssystems.
Dank der nahtlosen Wiederbesetzung der Stelle mit der neuen Mitarbeiterin Christiane Paar
ist das VHS-Team zuversichtlich ins neue Jahr gestartet. Die Aufgaben im Integrationsbereich
werden in 2017 unvermindert groß sein, zumal die VHS Ende 2016 vom BAMF auch als Träger für die berufsbezogene Deutschförderung zugelassen wurde und nun zusätzlich zu den
Integrationskursen, die zum B1-Niveau führen, Basissprachkurse eingerichtet werden können, die zum B2-Niveau führen. Die Zuweisungen in diese Kurse erfolgen über das Jobcenter
und den Integration-Point, sodass in 2017 die Kooperation mit diesen Stellen der Arbeitsagentur verstärkt werden soll.