Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
248 kB
Datum
21.12.2016
Erstellt
20.12.16, 15:01
Aktualisiert
20.12.16, 15:01
Stichworte
Inhalt der Datei
.
Stadtverwaltung Postfach 2565 50359 Erftstadt
Stadtverwaltung Holzdamm 10 50374 Erftstadt
Frau StV
Myriam Iber
Waldstraße 38 a
50374 Erftstadt
.
nachrichtlich
allen Stadtverordneten
Dienststelle
Telefax 02235/409-505
Ansprechpartner/-in
Telefon-Durchwahl
Rechts- und Ordnungsamt
Holzdamm 10
Frau Mandt
0 22 35 / 409-601
Mein Zeichen
Ihr Zeichen
24.11.2016
gez. Erner, Bürgermeister
BM / Dezernent
Amtsleiter
Ihre Anfrage vom 24.11.2016
Rat
Betrifft:
Datum
öffentlich
F 604/2016
21.12.2016
Anfrage bzgl. hohe Kosten in der Erstunterkunft in Erp
Sehr geehrte Frau Iber,
Ihre Anfrage, ausgelöst durch eine nicht auf der Tagesordnung des Rechnungsprüfungsausschusses stehende Darstellung des Rechnungsprüfungsamtes in der Sitzung am 22.11.2016, nehme ich
zum Anlass nicht nur die aufgeworfenen Fragen zu beantworten, sondern eine umfassende Darstellung zum Betrieb der Notunterkunft für Flüchtlinge abzugeben.
Diese Darstellung soll dazu dienen, Ihnen die mit dem Betrieb der Notunterkunft einher gehenden
Problematiken transparent zu gestalten.
Die Verwaltung wird seit August 2015 im Wege der Amtshilfe durch das Land NRW gemäß §§ 4ff
Verwaltungsverfahrensgesetz NRW in Anspruch genommen und verpflichtet Unterbringungsmöglichkeiten für geflüchtete Personen bereit zu stellen, um drohende Obdachlosigkeit zu verhindern.
Das Amtshilfeersuchen wurde einige Male angepasst und verändert. Letztlich war die Verwaltung
verpflichtet für bis zu 280 Personen eine Unterkunft bis zum 31.12.2016 vorzuhalten.
Die konkrete Vorgabe, resultierend aus dem Amtshilfeersuchen, bestand darin, eine Einrichtung zu
errichten und für die jederzeitige Betriebsbereitschaft im Hinblick auf medizinische und soziale Betreuung sowie Versorgung für bis zu 280 Flüchtlinge zu sorgen und dafür eine entsprechende
Konzeption, auch unter Einbeziehung von Verwaltungsleistungen, Hausmeisterdiensten und
Securityleistungen aufzubauen.
Das Konzept, welches die Handlungsanweisungen des Landes NRW berücksichtigte, sah vor,
Sozialarbeiter/innen vorzuhalten, eine adäquate Beschäftigung für die Bewohner/innen anzubieten, eine Kinderbetreuung zu gewährleisten, Deutsch zu unterrichten, eine Security rund um die
Uhr vorzuhalten und als Betreiber der Einrichtung eine 24 Stunden Erreichbarkeit sicher zu stellen. Außerdem musste die Anlage nach strengen Kriterien und Vorgaben gereinigt und ein
Hausmeisterdienst eingerichtet werden. Es musste eine Hausordnung erstellt und an die Bewohner/innen vermittelt werden. Regelungen zum Betrieb der Waschmaschinen wurden erarbeitet.
Das Essen und die entsprechende Ausgabe musste organisiert werden. Selbst die Kleiderkammer
funktionierte erst, als feste Regeln aufgestellt wurden. Medikamente mussten verabreicht, Arztund Impftermine galt es zu vereinbaren und zu organisieren. Dazu gehörte auch die Organisation
von Fahrdiensten. Umfangreichen Dokumentationspflichten bezüglich Krankheitsverläufen, Medikamentenverabreichungen, Arztbesuchen etc. musste nachgekommen werden. Personenakten
wurden angelegt. Es kam zu Krankheitsfällen, die eine Separierung und eine Unterbringung in einer Quarantänestation nach sich zogen. Dazu fiel sehr viel Büroarbeit an, zudem galt es sehr viele
Fragen hinsichtlich des Fortgangs des Asylverfahrens und Konflikte (hinsichtlich Zimmerunterbringung, Streitereien etc.) zu lösen. Es kam nachts und am späten Abend zu plötzlichen Krankheitsfällen, Verletzungen etc., die behandelt werden mussten. Mehr als einmal standen zu allen Tagesund Nachtzeiten Menschen vor der Tür, die Einlass begehrten, Besuche durchführen wollten etc.
Des weiteren mussten auch das Gesundheitsamt und das Veterinäramt des Rhein-Erft-Kreises
beteiligt werden. Etliche Begehungen wurden durchgeführt und es galt Hygiene- und Reinigungspläne zu erstellen. Ähnliches galt für den Brandschutz. Rettungswegepläne und Notausgänge
wurden erarbeitet.
Die Notunterkunft wurde zunächst in einem sehr, sehr kurzen Zeitfenster in den Räumen der Förderschule Erftstadt-Friesheim errichtet. Im Oktober 2015 wurden diese Räume aufgegeben. Es
erfolgte ein Umzug in das leerstehende Seminargebäude der Allianzversicherung nach Erftstadt
Erp.
Zu Beginn des Betriebes der Notunterkunft wurde die Stadt Erftstadt von keinem Betreuungsverband unterstützt. Alle Verbände, bei denen eine Nachfrage gestellt wurde, erteilten eine Absage,
weil die Kapazitäten nicht ausreichten. Mithin organisierten die Verwaltungsmitarbeiter/innen, unterstützt von ehrenamtlich Helfenden, alle die oben beschriebenen Dinge zunächst allein.
Glücklicherweise fanden wir dann, quasi im letzten Moment, einen in Erftstadt ansässigen Betreuungsverband, der uns Unterstützung zusagte. Dafür musste aber zunächst Personal in Anlehnung an die Vorgaben der Bezirksregierung akquiriert und eingestellt werden. Dies war anfangs
nicht einfach, so wechselte das Personal anfänglich mehrfach. Schließlich ist es aber gelungen,
qualifiziertes, motiviertes Personal zu finden und der Betreuungsverband konnte sukzessive
schließlich alle sozialarbeiterischen und medizinischen Aufgaben nach den Vorgaben der Bezirksregierung übernehmen. Nachfolgend gebe ich dazu einen Überblick:
Medizinische Versorgung kleinerer Unfälle und Behandlung geringfügiger Erkrankungen;
ggf. Hinzuziehen eines RTW/Notarztes oder Arztes
Ausfüllen der entspr. Krankentransportscheine und Krankenbehandlungsscheine
Verabreichen der notwendigen Medikamente und deren Dokumentation
Organisation der turnusmäßig in der Einrichtung stattfindenden Arztsprechstunde sowie deren Begleitung durch Fachpersonal; Führung einer Krankenakte; Einlösung von Rezepten
und Beschaffung von Arzneimitteln
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Vereinbarung von Facharztterminen und Krankenhausbehandlungsterminen
Organisation der medizinischen Erstsichtung bei Neuankünften
Vereinbaren von Röntgenterminen zum Ausschluss einer TBC-Erkrankung; Organisation
des Impfangebotes
Führen der Krankenakten und Untersuchungshefte
Erkennen, bewältigen und vermeiden von Konflikten zur Sicherstellung des sozialen Friedens in der Einrichtung. Mitwirkung an der Akzeptanz der Flüchtlinge bei der Bevölkerung
und den Bewohnern Sitten und Gebräuche näher bringen
Vermittlung der Hausordnung und Regeln
Organisation der Waschmaschinen- und Trocknernutzung
Anleitung der Flüchtlinge zu Arbeiten im Zusammenhang mit der Einrichtung, wie Gartenarbeit, Laub kehren, Staub saugen, Müll sammeln etc.
Durchführen diverser Beschäftigungsangebote für alle Altersgruppen; Gesprächsrunden
Angebot von ersten Deutschkursen
Übernahme eines Nachtdienstes zur Abdeckung medizinischer „Notfälle“
Wie oben beschrieben, musste auch eine Bewachungsfirma, die im Besitz einer Erlaubnis nach §
34 Gewerbeordnung ist, beauftragt werden. Auch hier gebe ich einen Überblick zu den Aufgaben:
Objektschutz
Einlasskontrolle, ggf. Personenkontrollen und Durchsuchungen; Führen einer Anwesenheits- und Abwesenheitsliste der Bewohner/innen
Begleitung bei der Essensausgabe und Kleiderkammer; Begleitung des Reinigungspersonals beim Reinigen sensibler Bereiche, z.Bsp. der Toiletten/Appartements
Personenschutz im Objekt (Begleitung schwieriger Gespräche)
Schlichten von Konflikten der Bewohnerschaft untereinander
Durchsetzen von Verboten (z.Bsp. kein Alkoholkonsum, Nachtruhe, Durchsetzung der
Hausordnung)
Begleitung von Transfers nach Bedarf
Die Firma zeichnet sich dadurch aus, dass sie mehr als den gesetzlich geforderten Mindestlohn
zahlt, keine Subunternehmer beschäftigt und auch auf Chefebene eine ständige Erreichbarkeit
sicher gestellt ist. Die Arbeit im Flüchtlingsbereich erfordert eine hohe Kompetenz und Einfühlungsvermögen, welches zu jedem Zeitpunkt vorhanden war. Besonders erwähnenswert ist, dass
hier Mitarbeiter/innen zum Einsatz kamen, die die Sprachen der Herkunftsländer, wie bspw. Arabisch, Asyrisch oder Farsi sprechen. Alle Mitarbeiter/innen unterliegen einer ständigen Überprüfung durch die Bezirksregierung.
Auch an die Reinigung der Notunterkunft wurde eine sehr hohe Anforderung gestellt. Dazu hat
das Gesundheitsamt des Rhein-Erft-Kreises mehrere Begehungen, anfangs in Erftstadt-Friesheim,
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später in Erftstadt-Erp durchgeführt und Anleitungen gegeben. Da es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft handelte, musste die Vorgabe beachtet werden, dass die Unterkunft fremd zu
reinigen ist- die Bewohner/innen selbst durften zu Reinigungsarbeiten nicht heran gezogen werden. Bezüglich der Gemeinschaftsräume (Speisesaal, Sanitärcontainer, Spielzimmer etc.) waren
die Auflagen ebenfalls streng. Die Reinigungsleistung musste dokumentiert werden, die Wischlappen mehrfach gewechselt und spezielle Desinfektionsmittel kamen in den Einsatz. Die Reinigung
der Sanitärcontainer verlangte vom Personal Schutzbekleidung. Die Appartements waren täglich
desinfizierend zu reinigen, der Speisesaal nach den Mahlzeiten, Türklinken etc. waren mehrfach
täglich zu desinfizieren, Scheiben zu wischen, Personaltoiletten, Küche, Waschräume, Untersuchungszimmer- alles musste nach festen Vorgaben individuell gereinigt werden.
Es wurde vereinbart, dass die Reinigungskräfte diese Leistung in einer Zeit von 8 Stunden/Tag zu
zweit zu erbringen haben. Dabei ist es durchaus vorgekommen, dass zusätzlich noch Sonderreinigungen des Quarantänebereiches etc. anfielen.
Die Beauftragung der Reinigungsfirma war fast am Schwierigsten, da die Arbeit schwer und oft
nicht angenehm ist. Auch hier haben wir allerdings das große Glück, dass wir Kräfte beauftragt
haben, die sich mit der Einrichtung und den dort auftretenden Problemen identifizieren und eine
Kontinuität gewährleistet war.
Die Strukturen, die das Rechts- und Ordnungsamt mit dem Betreuungsverband, der Security Firma, der Reinigungsfirma, dem Caterer und den vor Ort anwesenden Verwaltungsmitarbeitern, denen Koordinationsaufgaben zukamen, aufgebaut hat, waren keineswegs von Anfang an so vorhanden, sondern haben sich über Monate entwickelt. Man kann sagen, dass etwa seit Februar/März 2016 die von der Bezirksregierung geforderte Personalstruktur und die damit verbundene
Aufgabenwahrnehmung und –sicherstellung funktionierte.
Das städtische Rechnungsprüfungsamt war bei den größeren Ausgaben immer eingebunden und
es gab hier durchaus die ein oder andere Nachfrage beim Fachamt. So wurde beispielsweise auch
die Frage der Ausschreibung thematisiert und auch die Möglichkeiten einer Kostenersparnis waren
zu prüfen.
Hierzu gab es dann regelmäßigen Austausch mit der Bezirksregierung Köln und dem dortigen für
Flüchtlingsangelegenheiten zuständigen Dezernat 20.
Die Kernaussage bezog sich immer darauf, dass eine Ausschreibung entbehrlich ist, da es sich
hier um einen Fall der Dringlichkeit, entsprechend dem Gemeinsamen Runderlass des Finanzministeriums, des Ministeriums für Wirtschaft, Energie, Industrie, Mittelstand und Handwerk, des Ministeriums für Inneres und Kommunales und des Ministeriums für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr vom 06.08.2015, handelte.
Das Amtshilfeersuchen wurde insgesamt mehrfach angepasst und verlängert, so dass die Dringlichkeit immer wieder auf`s Neue auch seitens der Bezirksregierung bejaht wurde, da zu keinem
Zeitpunkt mit der Beauftragung der in Rede stehenden Unternehmen bis zum Abschluss eines
aufwändigen Ausschreibungsverfahren abgewartet werden konnte.
Aktuell ist, so die Bezirksregierung Köln, das Amtshilfeersuchen bis 31.12.2106 aufrecht zu erhalten. Dazu gehört auch und vor allen Dingen die Aufrechterhaltung der Verträge und des Personalstammes. Auch wenn das Personal nun aufgrund der gesunkenen Belegungszahlen weniger Aufgaben hat, bedeutet dies nicht, dass die Verträge gekündigt werden sollen. Das Personal soll sich
dann mit anderen Aufgaben, wie z.Bsp. allgemeinen Arbeiten rund um Haus und Hof und um
Rückbauarbeiten kümmern. Grundsätzlich ist jedoch hier weiterhin das Amtshilfeersuchen zu se-4-
hen, wonach die Notunterkunft jederzeit bis 31.12.2016 betriebsbereit für die Aufnahme von bis zu
280 Personen zu halten ist.
Im Ergebnis kann ich das trotz der hohen Kosten nachvollziehen. Es hat fast 6 Monate gedauert,
bis die Strukturen so aufgebaut waren, Menschen haben Arbeitsplätze bekommen und neue Arbeitsverträge unterzeichnet. Diesen Menschen ist mitgeteilt worden, dass sie bis 31.12.2016 einen
Arbeitsplatz haben. Die Einhaltung von Kündigungsfristen war somit noch möglich. Aus Gesprächen mit dem Betreuungsverband, der Security Firma und auch der Reinigungsfirma weiß ich,
dass der Großteil der Menschen, die in der Notunterkunft einen Arbeitsplatz gefunden haben, in
die Arbeitslosigkeit entlassen werden.
Nun zu den einzelnen Fragen:
Zu 1.:
Von Januar 2016 bis November 2016 war die Entwicklung der Bewohnerzahlen, jeweils zum Stichtag, 01. d. Monats, wie folgt:
Januar
28
Juni
127
Februar
55
Juli
121
März
124
August
115
April
126
September
51
Mai
124
Oktober
34
November
20
Zu 2.:
Die Gesamtkosten belaufen sich bisher auf 4.432.972,60 €.
Zu 3.:
Erstattet wurden bisher 2.217.158,33 €.
Zu 4. und 5.:
Bisher wurden alle Kosten, die geltend gemacht wurden, anerkannt- die Erstattung der geltend
gemachten Kosten erfolgt zeitverzögert. Es werden alle Rechnungen und Kosten, die geltend gemacht werden in eine Excel Tabelle eingetragen und zusätzlich in Papierform gesondert abgeheftet. Daraus werden Abrechnungen erstellt, die sowohl per Post, als auch digital an die Bezirksregierung versendet werden. Der Eingang der Kostenerstattung wird nachgehalten- erfolgt diese
nicht in einem angemessenen Zeitraum wird nachgefragt.
Zu 6. und 7.
Hierzu verweise ich auf die ausführlichen Erläuterungen im obigen Text.
In Vertretung
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(Lüngen)
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