Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
1,1 MB
Datum
21.12.2016
Erstellt
03.11.16, 15:05
Aktualisiert
03.11.16, 15:05
Stichworte
Inhalt der Datei
Stadt Erftstadt
Umwelt- und Planungsamt
Holdamm 10
50374 Erftstadt
Bearbeiter: Dipl. Biologe J. Hoffesommer
im September 2015
FFH-Voruntersuchung
zum Projekt
B-Plan Nr. 99
Erftstadt-Liblar, „Bahnhofsumbau“
INHALTSVERZEICHNIS
1
Anlass und Aufgabenstellung
2
Rechtliche Vorgaben
3
FFH-Gebiet „Ober-, Mittel- und Untersee
Beschreibung, Gefährdung und Schutzziele
4
Darstellung der potenziellen bau-, anlage- und betriebsbedingten Auswirkungen des Vorhabens auf das FFH-Gebiet bzw. auf wertgebende Arten
5
FFH-Vorprüfung / Betroffenheitsanalyse
6
Zusammenfassung
7
Literatur
8
Prüfschema zur FFH-Voruntersuchung
1
in
der
Ville-Seenkette“
–
1
Anlass und Aufgabenstellung
Der Rat der Stadt Erftstadt hat in seiner Sitzung am 30.06.2009 beschlossen für den
Bereich des Bahnhofsumfeldes einen neuen Bebauungsplan aufzustellen. Mit der Planung
soll die planungsrechtliche Grundlage für die Umgestaltung des Bahnhofsumfeldes
geschaffen werden.
Im Geltungsbereich des BP 99 selbst sind keine FFH-Gebiete und keine EUVogelschutzgebiete vorhanden. Im nahen Umfeld, ca. 190m östlich, liegt jedoch das FFHGebiet „Ober-, Mittel- und Untersee in der Ville-Seenkette“. Im weiteren Umfeld, ca. 910 m
südlich, befindet sich das FFH-Gebiet „Altwald Ville“. Aufgrund der Nähe des FFH-Gebiets
„Ober-, Mittel- und Untersee“ ist zu prüfen, ob die Maßnahmen, die mit der Umsetzung des
Bebauungsplanes zur Umgestaltung des Bahnhofes verbunden sind, eine erhebliche
Beeinträchtigung des Schutzgebietes bzw. seiner Schutzgüter zur Folge haben können.
Insofern ist für Pläne und Projekte zunächst in einer Voruntersuchung i.d.R. auf
Grundlage vorhandener Unterlagen zu klären, ob es prinzipiell zu erheblichen
Beeinträchtigungen eines Natura 2000-Gebietes kommen kann.
Sind erhebliche Beeinträchtigungen nachweislich auszuschließen, so ist eine
vertiefende FFH-Verträglichkeitsprüfung nicht erforderlich.
Abb. 1: Übersicht der FFH-Gebiete und Abstände zur Projektgrenze des BP 99
Die Entscheidung ist nachvollziehbar zu dokumentieren. Grundsätzlich ist es dabei jedoch
nicht relevant, ob der Plan oder das Projekt direkt Flächen innerhalb des Natura 2000Gebietes in Anspruch nimmt oder von außen auf das Gebiet einwirkt. Sind erhebliche
Beeinträchtigungen nicht mit Sicherheit auszuschließen, muss zur weiteren Klärung des
Sachverhaltes eine FFH-Verträglichkeitsprüfung nach § 34 ff. BNatSchG durchgeführt
werden. Grundsätzlich gilt im Rahmen der Vorprüfung ein strenger Vorsorgegrundsatz,
bereits die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung löst die Pflicht zur Durchführung
einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus.
2
2
Rechtliche Vorgaben
Die FFH - Richtlinie
Die FFH (Flora-Fauna-Habitat)-Richtlinie (Richtlinie 92/43/EWG) hat das Ziel, zur Erhaltung
der natürlichen Lebensräume und der Artenvielfalt der wildlebenden Tier- und
Pflanzenarten beizutragen. Viele dieser Arten sind inzwischen ernsthaft bedroht, so dass
grenzübergreifende Regelungen zu ihrer Erhaltung sinnvoll sind. Die FFH-Richtlinie ist im
Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in nationales Recht umgesetzt worden. Dem
Schutzziel soll ein europaweites ökologisches Netz von Schutzgebieten, genannt "Natura
2000", dienen. Für diese Schutzgebiete werden Erhaltungsziele und -maßnahmen
formuliert. Die FFH-Richtlinie trägt u. a. auch den Anforderungen von Wirtschaft,
Gesellschaft und Kultur sowie regionalen und örtlichen Besonderheiten Rechnung.
FFH - Verträglichkeitsuntersuchung
Für Pläne oder Projekte, die einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen oder
Projekten ein Gebiet des Netzes "Natura 2000" (FFH-Gebiete und EU-Vogelschutzgebiete)
erheblich beeinträchtigen können, schreibt Artikel 6 Absatz 3 der FFH-Richtlinie bzw. § 34
des Bundesnaturschutzgesetzes die Prüfung der Verträglichkeit dieses Projektes oder
Planes mit den festgelegten Erhaltungszielen des betreffenden Gebietes vor. Solche Pläne
und Projekte können zum Beispiel Bauleitpläne sein oder Vorhaben, die über ein
Planfeststellungsverfahren umgesetzt werden sollen. Entsprechendes regelt § 19c des
Bundesnaturschutzgesetzes.
Die FFH-Verträglichkeitsprüfung erfolgt auf der Basis der für das Gebiet festgelegten
Erhaltungsziele. Zentrale Frage ist, ob ein Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen in
seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen kann. Prüfgegenstand
einer FFH-VP sind somit die:
•
•
•
Lebensräume nach Anhang I FFH-RL einschließlich ihrer charakteristischen Arten,
Arten nach Anhang II FFH-RL bzw. Vogelarten nach Anhang I und Art. 4 Abs. 2
Vogelschutz-Richtlinie einschließlich ihrer Habitate bzw. Standorte sowie
biotische und abiotische Standortfaktoren, räumlich-funktionale Beziehungen,
Strukturen, gebietsspezifische Funktionen oder Besonderheiten, die für die o. g.
Lebensräume und Arten von Bedeutung sind.
Wie stark die Beeinträchtigung ist, hängt von den für jedes einzelne Gebiet festgelegten
Erhaltungszielen und von den hier vorkommenden Arten und Lebensräumen ab.
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FFH-Gebiet „Ober-, Mittel- und Untersee in der Ville-Seenkette“ –
Beschreibung, Gefährdung und Schutzziele
Naturräumliche Obereinheit: Niederrheinisches Tiefland und Kölner Bucht
Gesamtfläche: 58,19 ha; Fläche des wertgebenden Lebensraumtyps: 18,95 ha
Kennung: DE-5107-305
Lebensräume nach FFH-Richtlinie: Nährstoffarme kalkhaltige Stillgewässer (3140)
Das FFH-Gebiet ist eine Kette von drei nur durch schmale Dämme voneinander getrennten
Seen in der großen Wald-Seen-Landschaft der Ville. Sie gehören zur Folgelandschaft des
frühen Braunkohleabbaus vom Ende des 19. bis zur Mitte des 20 Jahrhunderts, der noch
heute das gesamte Gebiet prägt. So stehen auch die umliegenden, forstlich genutzten
Laub- und Laubmischwälder auf rekultiviertem Grund, erkennbar an den vielen
Gehölzarten, darunter viele Einheimische, aber auch Kiefern, Robinien und Roteichen in
wenigen Altersklassen. Die Seen stellen Restlöcher dar, die sich mit dem Wiederanstieg
des Grundwassers mit Wasser gefüllt haben und ihrer weiteren Entwicklung weitgehend
überlassen werden. Seit der forstlichen Rekultivierung ab 1925 sind sie von Wald
umgeben, der den Nährstoffeintrag von außen mindert, was der Artenvielfalt zugute kommt.
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NRW-weit bedeutend, aber für den Besucher weitgehend verborgen, sind die Rasen aus
Armleuchteralgen (sog. Characeenrasen), die von den drei mesotrophen Gewässern vor
allem der Untersee enthält. Leichter zu sehen ist die Vielfalt an Ufer- und Wasserpflanzen
mit großen Schilfgürten und ausgedehnten Schwimmblattbeständen aus Laichkräutern,
Teich- und Seerosen. Sie ziehen eine Vielzahl von selten gewordenen Libellen an, was zu
der herausragenden Artenvielfalt von bis zu 32 Arten führt. Die Villeseen beherbergen mit
der Zierlichen Moosjungfer, die dort 2006 erstmals gefunden wurde, sogar eine der
wenigen Libellenarten, die in der FFH-Richtlinie als besonders schützenswert aufgeführt
sind. Sie ist europaweit gefährdet, in Deutschland sogar vom Aussterben bedroht. Wegen
der geschützten Lage im Tiefland finden sich auch regelmäßig Arten südlicherer Gefilde
wie Falken- und Feuerlibelle ein. Nicht zuletzt sind die Gewässer Lebensraum für
zahlreiche durchziehende, teilweise auch brütende Wasservögel.
Bedeutung des Gebietes für Natura 2000
Von den drei mesotrophen Gewässern enthält vor allem der Untersee Characeenrasen, die
in NRW als stark gefährdet gelten bzw. von der Vernichtung bedroht sind. Er ist damit
überregional von sehr hoher Bedeutung. Hinzu kommt, dass die Gewässer Lebensraum für
zahlreiche durchziehende und z. T. brütende Wasservögel und andere Wassertiere sind.
Schutzziel
Erhalt und Entwicklung der naturnahen nährstoffarmen basen-/kalkhaltigen Abgrabungsgewässer (mit Uferbereichen) und der gut ausgebildeten Characeen-Unterwasservegetation und ihrer typischen Fauna, der Schwimmpflanzenvegetation sowie z. T. gut
ausgebildeten, breiten Röhrichten als Lebensraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten
und als Rastplatz für durchziehende Wasservögel
Schutzziele für Lebensraumtypen und Arten, die für die Meldung des Gebietes
ausschlaggebend sind (NATURA 2000-Code: 3140)
Schutzziele und Maßnahmen für oligo- bis mesotrophe kalkhaltige Stillgewässer sind:
Erhalt und Entwicklung der naturnahen nährstoffarmen basen-/kalkhaltigen Abgrabungsgewässer (einschl. ihrer Uferbereiche) mit gut ausgebildeter Characeen-Unterwasservegetation und ihrer typischen Fauna, der Schwimmpflanzenvegetation sowie z.T. gut
ausgebildeten, breiten Röhrichten als Lebensraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten
und als Rastplatz für durchziehende Wasservögel durch
- Sicherung und Entwicklung eines nährstoffarmen Umfeldes
- Vermeidung von den Gewässerchemismus verändernden Einflüssen
- Förderung der Entwicklung einer natürlichen Verlandungsreihe, jedoch ggfs.
Unterbrechung derselben in Teilbereichen der Gewässer zur Sicherung der
Characeenrasen
- stellenweise Entfernung von nicht bodenständigen Gehölzen
- Beschränkung der Angelnutzung der Gewässer auf ein naturverträgliches Maß
durch Rückbau der Angelstege
Weitere nicht-FFH-lebensraumtyp- oder -artbezogene Schutzziele
- Erhaltung und Optimierung der Röhrichte (§ 62-Biotop)
- Erhaltung ungestörter Rast- und Mauserplätze für Wasservögel, z.B. für Reiher- und
Tafelente (Anh. II/1 der Vogelschutzrichtlinie)
Entwicklungsziel
Das Entwicklungsziel für das Gebiet ist die Erhaltung und Sicherung der überregional
bedeutenden und stark gefährdeten Characeen-Rasen. Durch die Sicherung und
Weiterentwicklung der Röhrichtzonen des Gewässers soll auch der Lebensraum für zahlreiche brütende Wasservögel und andere Wassertiere erhalten bzw. ausgedehnt sowie die
Trittsteinfunktion des Gebietes für zahlreiche durchziehende Vogelarten gesteigert werden.
Das Gebiet ist als Teil des Wald-Seen-Komplexes der Ville für den Biotopverbund von
großer Bedeutung.
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Gefährdung von oligo- bis mesotrophen kalkhaltigen Stillgewässern
Hauptgefährdungsursachen dieser nährstoffarmen bis mäßig nährstoffeichen Gewässer
sind:
■ Veränderung des Gewässerchemismus durch Einleitung, Wasserentnahme oder Nährstoffeintrag, auch durch Erhöhung der Nutzungsintensität der umgebenden Pufferzonen
■ Uferverbau und -befestigung
■ Schaffung von Zugängen in sensible Bereiche
■ Rohstoffgewinnung (Nassabbau von Kies)
■ Grundwasser- und Pegelabsenkung
Sowie die Veränderung der Nutzung, z.B. durch:
■ Gewässer-/Erholungsnutzung über ein schutzzielkonformes Maß hinaus (insbesondere
Besatz mit allochtonen Fischen und Zufütterung)
Schutz
Für den Lebensraumtyp ist keine Pflege erforderlich. Es gilt möglichst alle Nähr- und
Schadstoffeinträge zu verhindern (ggf. Pufferzonen einrichten, Wassereinzugsbereich
berücksichtigen) bzw. zu vermindern. Badebetrieb und fischereiliche Nutzung sind
besonders bei kleinen nährstoffarmen Gewässern nicht möglich.
Kurzbeschreibung Characeen
Charakteristisch für alle Arten der Armleuchteralgen ist der schachtelhalmähnliche Bau. An
einer aufrechten Mittelachse, die bis zu einem Meter lang werden kann, kommt es in
regelmäßigen Abständen zu quirligen Verzweigungen. Armleuchteralgen kommen
vorwiegend im Süßwasser vor, selten auch im Brackwasser. Fast alle Arten benötigen sehr
sauberes, nährstoffarmes, stehendes Wasser.
Gefährdung von Characeen-Gesellschaften
Nährstoffarme Gewässer sind äußerst selten geworden. Aufgrund des weitgehenden
Verlustes ihrer Lebensräume sind Armleuchteralgen deshalb heute eine der am stärksten
gefährdeten Pflanzengruppen. Nur die konsequente Erhaltung der wenigen verbliebenen
nährstoffarmen Stillgewässer und, wo möglich, eine Wiederherstellung solcher Biotope,
können den weiteren Rückgang dieser Pflanzen aufhalten.
Armleuchteralgen sind in der Regel durch Eingriffe des Menschen in den Naturhaushalt
bedroht. Dazu zählen die direkte Zerstörung von Standorten durch Baumaßnahmen, die
Eutrophierung durch landwirtschaftliche und touristische Nutzung sowie der allgemeine
Eintrag von Nährstoffen über die Luft. Empfindlich sind die Characeen außerdem gegenüber Phosphaten. Lebensfeindlich für diese Algengruppe ist weiterhin die häufige Trübung
von Gewässern nach Regenfällen durch fehlendes filternd-wirkendes Umland.
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Darstellung der potenziellen bau-, anlage- und betriebsbedingten
Auswirkungen des Vorhabens
Die derzeitige Planung umfasst im Wesentlichen:
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•
•
•
•
•
die Tieferlegung und Neugestaltung des Bahnhofvorplatzes,
die Errichtung eines Infrastrukturgebäudes mit Kiosk, Fahrkartenverkauf, WC–Anlage
und ggf. einer Wohnung mit Kinderbetreuung,
die Errichtung einer gesicherten und überdachten Fahrradabstellanlage,
die Neuerrichtung des Busbahnhofes,
den Ausbau der provisorischen Parkplätze südlich des Grubenweges sowie östlich
und südlich der Bebauung an der Straße „Am Tunnel“ und
der Ausbau der Bahnhofstraße (siehe auch beigefügten städtebaulichen Entwurf).
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Abweichend vom städtebaulichen Entwurf wird darüber hinaus überlegt, im
Einmündungsbereich der Bahnhofstraße in den Schlunkweg einen Kreisverkehr zu
errichten.
Abbildungen 1 und 2
Die Realisierung der im Rahmen des B-Planverfahrens geplanten Maßnahmen werden in
Teilbereichen zu Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Grundflächen führen. Im
Wesentlichen sind dies die Errichtung der beiden Infrastrukturgebäude und die Ausweitung
der Stellplatzflächen auf ehemaligen Gehölzflächen. In den übrigen Bereichen wird die
Infrastruktur zwar erneuert, die Art der Nutzungen bleiben hier jedoch unverändert.
Es ist davon auszugehen, dass nach Realisierung des Bahnhofsumbaus bzw. des
Bahnhofsumfeldes keinerlei größeren Veränderungen gegenüber der Ist-Situation
stattfinden werden, die sich auf Umwelt und Natur erheblich nachteilig auswirken könnten.
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5
FFH-Vorprüfung / Betroffenheitsanalyse
Die Ermittlung möglicher Betroffenheiten/Beeinträchtigungen der maßgeblichen
Bestandteile der FFH-Gebiete erfolgt unter Berücksichtigung aller relevanten Wirkfaktoren
und Wirkungsprozesse, die durch das Vorhaben ausgelöst werden können. In
grundlegender Weise wird zwischen direkten und indirekten Projektwirkungen
unterschieden. Zu den direkten Projektwirkungen zählen anlagen- und baubedingte
Flächeninanspruchnahmen, die zu Beeinträchtigungen führen, welche im Regelfall zu
betrachten sind.
Direkte Projektwirkungen
Im Rahmen des Umbaus des Bahnhofsumfeldes finden Handlungen, die zu einer
unmittelbaren Zerstörung des angrenzenden FFH-Gebietes führen, wie z. B.
■ Veränderung der Bodengestalt (z.B. durch Grabung, Auffüllung oder Neumodellierung)
■ Überbauung
■ Zerschneidung (z.B. durch die Anlage von Straßen)
nicht statt. Baufelder und Lagerflächen während der Bauphase werden nur im Bereich des
Bahnhofes und des näheren Umfeldes errichtet, es werden keine Flächen östlich der
Bahnlinie in Anspruch genommen. Lärm-, Licht- und Schadstoffemissionen während der
Bauphase (z. B. möglicherweise entstehende Sickerwässer oder gasförmige Emissionen)
werden aufgrund der Art der Bau- und Abfallmaterialien, aufgrund der Geländetopografie
und aufgrund der Entfernung von ca. 190m zum Gewässerufer als nicht gefährdend für das
benachbarte FFH-Gebiet bzw. dessen wertgebende Arten eingestuft.
Die anlagenbedingten und dauerhaften Flächeninanspruchnahmen im Rahmen der
Neugestaltung des Bahnhofsumfeldes, also die beiden Infrastrukturgebäude, befestigte
Wege, Straßen und Stellplätze sowie unterirdisch verlegte Versorgungsleitungen werden
ebenfalls nur im Bereich des Bahnhofes und des näheren Umfeldes realisiert, es werden
keine Flächen östlich der Bahnlinie in Anspruch genommen (s. Abb. 2). Insofern sind hier
ebenso negative Beeinträchtigungen für das benachbarte FFH-Gebiet bzw. dessen
wertgebende Arten auszuschließen.
Indirekte Projektwirkungen
Indirekte Projektwirkungen sind solche, die über den direkten Flächenverlust hinausgehen
und Beeinträchtigungen des Naturhaushalts hervorrufen können. Ihr Entstehen kann bau-,
anlagen- und betriebsbedingte Projektwirkungen haben.
Es wird mit ziemlicher Sicherheit davon ausgegangen, dass bau- und anlagenbedingte
Auswirkungen durch den Umbau des Bahnhofsumfeldes keinerlei negative
Beeinträchtigungen für das benachbarte FFH-Gebiet bzw. für seine wertgebenden
Lebensräume oder Arten nach sich zieht. Durch den Umbau des Bahnhofsvorplatzes
werden überwiegend bereits versiegelte und stark anthropogen gestörte Bereiche
beansprucht. Allerdings werden im Süden und Norden des Vorhabens für den Zubau von
Stellplatzflächen zwei größere Gehölzflächen beansprucht. Im Rahmen der Rodungen
wurde im vorhinein eine Artenschutzrechtliche Prüfung (ASP) der beiden Flächen
durchgeführt, die zum Ergebnis hatte, dass Verstöße gegen die artenschutzrechtlichen
Verbotstatbestände des § 44 BNatSchG aus fachlicher Sicht ausgeschlossen werden
konnten. Durch die Erhebungen im Rahmen der ASP kann man ableiten, dass die beiden
Gehölzbestände in keiner engeren Funktionsbeziehung zum benachbarten FFH-Gebiet
stehen bzw. dass deren Rodung keine negativen Beeinträchtigungen für die wertgebenden
Lebensräume und Arten des FFH-Gebietes nach sich ziehen.
Die Gefährdungsursachen von oligo- bis mesotrophen kalkhaltigen Stillgewässern (s. o.)
liegen hinsichtlich indirekter Wirkungen benachbarter Projekte hauptsächlich in möglichen
Veränderungen des Gewässerchemismus durch Einleitung, in Wasserentnahmen oder
zusätzlichem Nährstoffeintrag, oder auch durch Erhöhung der Nutzungsintensität der
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umgebenden Pufferzonen. Insofern ist bei den vorhabenbedingten, indirekten
Projektwirkungen des Bahnhofsumbaus zu prüfen, ob projekt-gebundene Emissionen sich
nachteilig auf das FFH-Gebiet auswirken könnten. Unter Emissionen sind hier alle
möglichen Austräge von giftigen, umweltgefährdenden chemischen Stoffen, aber auch als
Schallemissionen (Lärm), Licht, ionisierende Strahlung oder Erschütterungen zu verstehen.
Verschmutzungen über die Umweltmedien Boden und Wasser werden aufgrund der
gleichbleibenden Nutzungsart (Stellplatzflächen für Pkw, Straßen, Gehwege, Grünflächen),
der Geländetopografie (Gefälle in westlicher Richtung) und der Entfernung zum Gewässer
als nicht wahrscheinlich angesehen. Anfallende Schmutzwässer von den Gebäuden und
den versiegelten Flächen werden in das Kanalsystem in Liblar eingeleitet.
Über das Medium Luft könnten während der Umbauarbeiten erhöhte Staubmengen in
Richtung Osten auf die Gewässer niedergehen. Diese werden aber wiedrum reduziert
aufgrund der ansteigenden Geländetopografie nach Osten hin, aufgrund des
Baumbestandes (Filterwirkung) zwischen Projekt und FFH-Gebiet und der Entfernung zum
Gewässer. Somit ist es eher unwahrscheinlich, dass erheblich negative Beeinträchtigungen
für die wertgebenden Lebensräume und Arten des FFH-Gebietes hiermit verknüpft sind.
Dies gilt auch für die Betriebsphase des Bahnhofsumfeldes, in der ggf. leicht erhöhten
Verkehrsemissionen (im Vergleich zum Status quo) durch den Zubau von Pkw-Stellplätzen
entstehen. Diese werden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht zu neuen oder zusätzlichen
maßgeblichen Beeinträchtigungen (z. B. zusätzliche Eutrophierung des Gewässers) führen.
Eine Erhöhung der Nutzungsintensität der umgebenden Pufferzonen der in Rede
stehenden FFH-Gewässer durch den Umbau des Bahnhofes ist - selbst bei der Annahme,
dass erhöhte Fahrgastzahlen zu erwarten sind - nicht zu befürchten, da die Gleisanlage
den direkten Weg vom Bahnhof zum Villewald bzw. zu den Gewässern versperrt. Der
Zugang zum Wald kann erst über die weiter südlich und weiter nördlich vorhandenen
Tunnel erreicht werden. Insofern ist die Wahrscheinlichkeit gering, dass mit dem Projekt
Bahnhofsumbau eine erhöhte Störung für die Gewässer ausgeht.
Die Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vorschriften zur Umsetzung der
o. g. europäischen Richtlinien (VV-FFH, MURL 2000) enthält in dem Absatz 5.5.2 eine
Bandbreite von Vorhaben und Nutzungen, die in der Regel keine erhebliche
Beeinträchtigung der Erhaltungsziele der Lebensräume sowie der Tier- und Pflanzenarten
von gemeinschaftlichem Interesse nach sich ziehen. Hier werden u. a. - analog zum hier
behandelten Projekt - die „bestandsorientierten Ausbaumaßnahmen bestehender Verkehrswege, es sei denn, die Trassenführung überlagert unmittelbar prioritäre Lebensräume oder
Lebensräume der prioritären Arten“ genannt.
Dies unterstützt die o. g. Aussagen, dass mögliche Beeinträchtigungen der maßgeblichen
Bestandteile des benachbarten FFH-Gebiets „Ober-, Mittel- und Untersee in der VilleSeenkette“ unter Berücksichtigung der relevanten Wirkfaktoren und Wirkungsprozesse des
Bahnhofsumbaus mit aller Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden können.
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Zusammenfassung
Die Stadt Erftstadt plant eine weitreichende Umgestaltung des vorhandenen
Bahnhofsumfeldes. Die Planung umfasst im Wesentlichen die Tieferlegung und
Neugestaltung des Bahnhofvorplatzes, die Errichtung eines Infrastrukturgebäudes mit
Kiosk, Fahrkartenverkauf, WC–Anlage, die Errichtung einer überdachten Fahrradabstellanlage, die Neuerrichtung des Busbahnhofes, den Ausbau der provisorischen
Parkplätze südlich des Grubenweges sowie östlich und südlich der Bebauung an der
Straße „Am Tunnel“ und den Ausbau der Bahnhofstraße.
Im nahen Umfeld des Bahnhofs, ca. 190m östlich, liegt das FFH-Gebiet „Ober-, Mittel- und
Untersee in der Ville-Seenkette“. Aufgrund der Nähe des FFH-Gebiets ist zu prüfen, ob die
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Maßnahmen, die mit der Umsetzung des Bebauungsplanes zur Umgestaltung des
Bahnhofes verbunden sind, eine erhebliche Beeinträchtigung des Schutzgebietes bzw.
seiner Schutzgüter zur Folge haben könnte.
Die Hauptgefährdungsursachen dieser nährstoffarmen Gewässer sind Veränderung des
Gewässerchemismus durch Einleitung, Wasserentnahme oder Nährstoffeintrag, auch durch
Erhöhung der Nutzungsintensität der umgebenden Pufferzonen, Uferverbau und –
befestigung, Schaffung von Zugängen in sensible Bereiche oder Grundwasser- und
Pegelabsenkungen bzw. die Veränderung der Nutzung, z.B. durch Gewässer/Erholungsnutzung über ein schutzzielkonformes Maß hinaus.
Die Ermittlung möglicher Beeinträchtigungen der maßgeblichen Bestandteile der FFHGebiete erfolgte unter Berücksichtigung aller relevanten Wirkfaktoren und Wirkungsprozesse, die durch das Vorhaben „Bahnhofsumbau“ ausgelöst werden können und unter
Berücksichtigung der spezifischen Gefährdungsrisiken der wertgebenden Lebensräume
und Arten. In der Betroffenheitsanalyse wurde dargelegt, dass erheblich negative
Beeinträchtigungen durch direkte oder indirekte Projektwirkungen auf das benachbarte
FFH-Gebiet „Ober-, Mittel- und Untersee in der Ville-Seenkette“ bzw. auf seine für die
Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteile mit aller Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen
werden können.
Somit ist das Projekt/Vorhaben BP Nr. 99 „Bahnhofsumbau Liblar“ im Rahmen der
FFH-Verträglichkeitsprüfung zulässig.
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Literatur
BauGB - Baugesetzbuch (BauGB) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.08.1997 (BGBl. I S. 2141), geändert durch
Gesetz vom 05.05.2004 (BGBl. I S. 718)
BauO NRW - - Landesbauordnung – (BauO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 01.03.2000 (GV NRW S. 256 /
SGV NRW 232), geändert durch Gesetz vom 22.07.2003 (GV NRW S. 434)
BNatSchG – Gesetz über Naturschutz und Landschaftspflege (BNatSchG - Bundesnaturschutzgesetz) in der Fassung der
Bekanntmachung vom 25.03.2002 (BGBl. I S. 1193), geändert durch Gesetz vom 25.11.2003 (BGBl. I S. 2304)
FFH-Richtlinie (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie) - Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der
natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen
EU-Kommission – „Entscheidung der Kommission vom 18.12.1996 über das Formular für die Übermittlung von Informationen
zu den im Rahmen von NATURA 2000 vorgeschlagenen Gebieten“, Amtsblatt der EG, L 107, 40. Jg. vom 24. April 1997
LANA (Länderarbeitsgemeinschaft für Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung), o. J.: Empfehlungen der LANA zu
„Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im
Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung (FFH-VP)“
LG NW - Gesetz zur Sicherung des Naturhaushalts und zur Entwicklung der Landschaft (Landschaftsgesetz - LG) in der
Fassung der Bekanntmachung vom 21.07.2000 (GV NRW S. 568)
MURL (Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes NRW), 2000: Runderlass des Ministeriums
vom 26.04.2000, Verwaltungsvorschrift zur Anwendung der nationalen Vor-schriften zur Umsetzung der Richtlinien EWG
92/43/EWG (FFH-RL) und 79/409/EWG (Vogelschutz-RL). MBl. Nr. 35 vom 16.06.2000, S. 624
Planungsgruppe Ökologie + Umwelt GmbH, 2003: Ermittlung von erheblichen Beeinträchtigungen im Rahmen der FFHVerträglichkeits-untersuchung. Endbericht. F+E-Vorhaben im Rahmen des Umweltforschungsplanes des Bundesministeriums
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit. Entwurf
Rote Liste der gefährdeten Biotope in Nordrhein-Westfalen, 1. und 2. Fassung 1999, Verbücheln et al. in: Rote Liste der
gefährdeten Pflanzen und Tiere in Nordrhein-Westfalen, 3. Fassung 1999
Rote Liste der gefährdeten Pflanzengesellschaften in Nordrhein-Westfalen, 1. Fassung 1999, Verbücheln et al. in: Rote Liste
der gefährdeten Pflanzen und Tiere in Nordrhein-Westfalen, 3. Fassung 1999
Vogelschutzrichtlinie – Richtlinie des Rates vom 02.04.1979 über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten (79/409/EWG)
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Schema einer FFH-Voruntersuchung bzw. FFH-Verträglichkeitsprüfung
Die hier vorliegende Voruntersuchung hat zum Ergebnis, dass das Projekt/Vorhaben BP
Nr. 99 „Bahnhof Liblar“ nicht geeignet ist, dass benachbarte FFH-Gebiet „Ober-, Mittel- und
Untersee in der Ville-Seenkette“ erheblich zu beeinträchtigen. Die Prüfkaskade endet nach
der Voruntersuchung.
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