Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
778 kB
Datum
25.10.2016
Erstellt
18.08.16, 15:01
Aktualisiert
18.08.16, 15:01
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Denkmalbereichssatzung Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt
I.1
I. Denkmalbereichssatzung Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt, Satzung mit Anlagen 1- 10
(Anlagen siehe Anhang)
Satzungstext Denkmalbereich gemäß Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im
Lande Nordrhein-Westfalen (Denkmalschutzgesetz) §§ 2 und 5
Ziel der Satzung ist, die bis heute überkommene historische Altstadt Lechenich in ihrer Gesamtheit
als bauliches Zeugnis einer kurkölnischen Stadtgründung des Hochmittelalters für kommende
Generationen zu erhalten.
a) Rechtliche Grundlagen
Auf Grund der §§ 2 und 5 des Gesetzes zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande
Nordrhein-Westfalen (DSchG NRW) vom 11.03.1980 (GV. NRW S. 226 ber. S. 716), zuletzt
geändert durch Gesetz vom 16.07.2013 (GV NRW S. 488) und § 7 der Gemeindeordnung für das
Land Nordrhein-Westfalen (GO NRW) in der Fassung der Bekanntmachung vom 14.07.1994(GV.
NRW S. 666) zuletzt geändert durch Gesetz vom 25.06.2015 (GV.NRW S 496) hat der Rat der
Stadt Erftstadt in seiner Sitzung am …................. folgende Satzung beschlossen:
Der historische Ortskern der Altstadt Lechenich als Stadtteil der Stadt Erftstadt ist Denkmalbereich
nach § 2 (3) des Denkmalschutzgesetzes. Der ursprüngliche historische Ortskern der Altstadt
Lechenich ist durch die Denkmalbereichssatzung als bauliches Zeugnis der Stadtgeschichte zu
erhalten. An die Bauten und baulichen Anlagen und an die Frei- und Verkehrsflächen werden
besondere Anforderungen nach Maßgabe der Satzung gestellt.
b) Inhalt
§ 1 – räumlicher Geltungsbereich
Im Norden
verläuft die Grenze des Geltungsbereiches entlang des Weges (Parzelle 2847) nördlich des
historischen Schlossparks bis zur Frenzenstraße, nach Süden entlang der Frenzenstraße bis zum
Schlossgraben, über die Straße nach Westen auf die nördliche Grenze des Grundstücks von
Frenzenstraße 39, (im ehemaligen Burggraben liegend), weiter bis zur südwestlichen Ecke des
Grundstücks Frenzenstraße 41, über das Grundstück des ehemaligen Grabens (Parzelle 3361) zur
Grundstücksecke von Weltersmühle 11.
Im Westen
verläuft die Grenze des Bereiches entlang der westlichen Straßenseite Weltersmühle nach Süden
bis Grundstücksecke Herriger Straße 20, das Grundstück Herriger Straße 20 einschließend, nach
Süden über die Herriger Straße, nach Südosten zum westlichen Flurstückspunkt des Weges
neben Herriger Straße 9, entlang westlicher Seite des Weges zum Grundstück der "Alten Burg"
nach Süden, die Grundstücke der "Alten Burg" einschließend bis zur Biegung des Mühlgrabens
nach Süden, diesen im Süden der "Alten Burg" einschließend.
Im Süden
verläuft die Grenze des Bereiches südlich entlang des Mühlengrabens nach Osten zum Grundstück südlich der Oebelsmühle (Parzelle 46), südlich entlang des Grabens, der ehemals zu den
südlichen Teichen führte, nach Osten bis zur Klosterstraße, über die Klosterstraße auf die südliche
Ecke des Parkgrundstücks, entlang der südlichen Grundstücksgrenzen des Parks nach Osten, bis
über Wall, Graben und Rotbach auf die südwestliche Ecke von Grundstück 676.
Im Osten
geht der Verlauf der Grenze des Bereiches entlang des Rotbachs auf der östlichen Flurstücks-
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I.2
grenze der Böschung nach Norden, über die Brücke Bonner Straße, weiter am Rotbach entlang,
nach Norden bis zum nordwestlichen Grundstückspunkt der Parzelle 97, dann nach Westen über
den Rotbach, auf den südlichen Flurstückspunkt der Parzelle 297, entlang der südlichen Grenze
des Flurstücks 208 (Grünanlage), bis zur Ostseite des östlichen Weges an der Wallanlage, zurück
bis zur Einmündung in den Weg auf der Nordseite des historischen Schlossparks.
Die Grenze des Denkmalbereiches ist in der Anlage Nr. 1 gekennzeichnet. Der Plan ist Bestandteil
der Satzung.
§ 2 – sachlicher Geltungsbereich - Schutzgegenstände
Im Geltungsbereich der Satzung sind folgende einzelne Gegenstände geschützt:
1. Signifikante Topographie
2. Befestigungsanlage mit Wassergräben, Wällen, Stadtmauerresten und Stadttoren
3. Stadtgrundriss mit Straßen, Plätzen und Parzellenstruktur
4. Prägende Bauten: Denkmäler und erhaltenswerte Bauten
5. Mauern, historische Einfriedungen, Tore und Treppen im Straßenraum
6. Bauweise und Materialverwendung
7. Prägende Freiflächen
8. Innere und äußere Ortsbilder, Sichtachsen, Stadtsilhouette
9. Bodendenkmäler und Kellerkataster
1. Signifikante Topographie
Der ursprüngliche Siedlungsplatz „Alte Burg“, heute Bodendenkmal „Burgwüstung“, im Südwesten
außerhalb der ehemaligen Stadtmauern, hat als Keimzelle der frühmittelalterlichen Siedlung prägende Bedeutung. In der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts begann die Umsiedlung der südlich dieser
Burg gelegenen Siedlung mit Kirche in den Bereich des heutigen Stadtkerns, wo schon 1256 eine
Marktsiedlung bestand. Der planmäßige Ausbau der jetzigen historischen Altstadt Lechenich erfolgte durch die Kölner Erzbischöfe als Landesherren.
Der historische Stadtkern des Ortes Lechenich ist geprägt durch die Lage zwischen den Flüssen
Lechenicher Mühlengraben (ehemals Rotbach) im Westen und dem heutigen Rotbach im Osten,
(ehemals Lachenbach oder Bleibach) und der Durchführung der ehemaligen Bonn-Aachener
Straße (auch Heerstraße) in Ost-West Richtung.
Beide Flüsse bzw. Bäche fließen von Süd nach Nord aus der Eifel kommend, im Süden teilweise
nebeneinander, in Friesheim als ein Fluss, danach parallel am historischen Ortskern von Lechenich vorbei. Nordöstlich von Dirmerzheim münden sie vereint in die Erft.
Der Ausgangspunkt für die planmäßige Anlage der historischen Stadt Lechenich durch den Kölner
Erzbischof war die Fläche zwischen den beiden Flussläufen. Sie erlaubte eine Ausdehnung von
ca. 420 Metern in Ost-West und ca. 390 Metern in Nord-Süd Richtung und ein Befestigungswerk
mit Wassergräben, Wällen und Mauer. Außerdem bot die fruchtbare, ebene Fläche innerhalb und
außerhalb der Stadt für die Landwirtschaft die besten Voraussetzungen.
Ortsprägende Bedeutung hat ebenso die durch den Ort führende Ost-West-Achse, die mittelalterliche Fernstraße Aachen - Bonn. Die Abschnitte Bonner Straße im Osten und Herriger Straße im
Westen mit der Aufweitung zum Marktplatz im mittleren Teil verlaufen mitten durch die Stadt und
teilen das Plangeviert in nahezu gleiche Hälften.
Der in die Stadt einbezogene Teil des wichtigen überregionalen Verkehrsweges ist ein bedeutendes Zeugnis für die unter politischen und strategischen Gesichtspunkten geplante Stadtanlage der
Kölner Erzbischöfe (Zolleinnahmestation).
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2. Befestigungsanlage mit Wassergräben, Wällen, Stadtmauerresten und Stadttoren
Die im 13. Jahrhundert entstandene und später teils zerstörte und veränderte, größtenteils erhaltene Stadtbefestigung umgibt die Fläche eines fast quadratischen Rechtecks. Die wehrhafte Anlage
bestand aus den Wassergräben, - im Osten und Süden doppelt angelegt -, den Wällen und den
auf den Wällen errichteten Stadtmauern. An den heute runden Ecken waren kleine Bastionen angelegt. Im Westen und Osten befinden sich jeweils in der Mitte der Rechteckseiten die bis heute
überkommenen inneren Stadttore, die ursprünglich je ein Vortor mit Zugbrücke und ebenfalls
Bastionen hatten. Die Stadttore sind unter dem Regierungs- und Baurat Ernst Friedrich Zwirner
1853 und 1862 neugotisch überarbeitet und rekonstruiert worden. Im Nordosten ist die ehemalige
erzbischöfliche Landesburg, deren Hauptburg als mächtige Ruine aus dem Mittelalter erhalten ist,
in den Befestigungsring mit einbezogen.
Die heute erhaltene Wassergrabenanlage, von der insbesondere die nordwestliche Ecke im 19.
Jahrhundert verändert wurde, ist ein Abbild des einzigartigen ehemaligen Graben- und Wassersystems, das als Verteidigungswerk entstanden war und das später, vielfältig reguliert, der
Nutzung durch die Mühlen, der Bewässerung der Gärten und Felder, der Gewinnung von
Trinkwasser sowie der Fischzucht und sogar der Reinigung der Straßen und Plätze diente.
Die überwiegend erhaltene Stadtbefestigung prägt trotz der wenigen verbliebenen Stadtmauerreste
bis heute die Altstadt Lechenichs und ist Zeugnis des im Mittelalter vom Umland klar abgegrenzten, geschlossenen Stadtraums. Die beiden Turmtore Bonner Tor im Osten und Herriger Tor im
Westen mit den Brücken über die Wasserläufe bezeugen die einzigen, einstmals überwachten
Stadtein- und –ausgänge (Zweitorstadt). Die Öffnung der Stadtmauer im Norden an der Frenzenstraße und im Süden an der Klosterstraße erfolgte erst in den 1850er Jahren im Zuge des
preußischen Straßenausbaus.
3. Stadtgrundriss mit Straßen, Plätzen und Parzellenstruktur
Der Stadtgrundriss des 13. Jahrhunderts innerhalb der umlaufenden Befestigung ist eingeteilt in
ein regelmäßiges Rechteckraster aus Straßen und zwei Plätzen und bis heute weitgehend erhalten
und charakteristisch für die Innenstadt Lechenichs.
Er ist durch die Ost-West-Achse (Herriger und Bonner Straße) von Tor zu Tor in Nord- und Südhälfte geteilt. Diese Hauptverkehrsstraße ist in der Mitte zu einem geräumigen Marktplatz verbreitert. Der weiträumige Platz (138 x 56 m), der bis heute im Wesentlichen erhalten ist, deutet in
besonderer Weise auf die frühere Bedeutung Lechenichs als überregionalen Marktort hin (Marktordnung, Lechenicher Maß). Auf dem Marktplatz, von allen Seiten weithin sichtbar, befindet sich
das Rathaus. Um dieses markante und stadtbildprägende Gebäude sowie als Begrenzung des
Marktplatzes sind die bedeutenden öffentlichen Gebäude und Bürgerhäuser angeordnet. In der
Nähe des Marktplatzes, nach Norden durch eine Gasse (die heutige Johannes-Kretz-Straße)
erschlossen, liegt der Kirchplatz (bis 1795 innerstädtischer Friedhof) mit der Pfarrkirche St. Kilian.
Von der mittleren Verkehrsachse gehen rechtwinklig nach Norden und nach Süden die Seitenstraßen ab, die mit den wiederum quer dazu angelegten Erschließungsgassen, rechteckige, teils
gleichgroße Flächen bilden. Die Erschließungsgassen münden versetzt in die Seitenstraßen ein.
In der nordöstlichen Ecke wird der Stadtgrundriss bestimmt durch die Fläche der ehemaligen
Landesburg, auch Schloss genannt. Die ehemalige Landesburg ist eine ebenfalls fast quadratische
Anlage aus der Ruine der Hauptburg und der westlich vorgelagerten, L-förmigen Vorburg, die
teilweise aus barocken Wiederaufbauten und teilweise aus Resten der ursprünglichen Anlage
(Torhaus und Südwestvorburgturm) besteht. Zur Stadt hin war die Burganlage ebenfalls durch
Wassergräben abgetrennt. Der Grundriss der Landesburg ist geringfügig nach Nordosten rausgeschoben, ähnlich einer Bastion. Die Anlage ist hinsichtlich des Grundrisses weitgehend erhalten.
Die Parzellenaufteilung zur Zeit der Stadtgründung war vermutlich als regelmäßige Aufteilung
vorgegeben und auf wirtschaftliche Hofgrößen der damaligen Zeit zugeschnitten, so dass an der
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Straßenseite ein breiteres Wohn-Stallgebäude als Haupthaus mit Toreinfahrt errichtet und auf dem
Grundstück Speicher, Scheunen und andere Nebengebäude sowie Gärten und Felder angelegt
werden konnten. Die großen Höfe: Frenzenhof, Steinhof, Neuhof und Zehnthof (Fronhof des Stiftes
St. Aposteln), beanspruchten ein Vielfaches der Fläche der einfachen Grundstücke. Das Gebiet
des ehemaligen Franziskanerklosters im Südwesten bildet – als frühneuzeitliche Klostergründung
– ebenfalls eine Ausnahme von dem ursprünglichen Muster.
Bezeichnend für die regelmäßige Aufteilung der Parzellen sind die Grundstücke an den Ecken der
Bauflächen, welche von der Erschließungsseite häufig sehr tief in die seitliche Straße hineingehen.
Wo diese Eckgrundstücke nach hinten abschließen, waren vermutlich die das Baugeviert teilenden
Grundstücksgrenzen aller Grundstücke einer Straßenseite, wie es deutlich erkennbar im Rechteck
zwischen Bonner Straße und Zehntstraße erhalten ist. Im Laufe der Zeit sind die Grundstücke
häufig auf Grund von Erbteilung u. a. geteilt worden und heute zum überwiegenden Teil kleinzellig,
jedoch in vielen Fällen in der Tiefe erhalten.
Die Parzellenstruktur und -größe auf den Wällen Schlosswall und Zehntwall - zum Teil sehr kleinteilig - ist bedingt durch die Aufgabe der Stadtmauer nach der teilweisen Zerstörung im Jahre 1642.
Danach wurde die Stadtmauer nicht mehr wieder errichtet und die Grundstücke von der Stadt
Lechenich aufgeteilt und zunächst verpachtet, später zur Bebauung verkauft.
Die städtebauliche Anordnung des Zentrums, die Lage der bedeutenden Gebäude und die Bebauung an den Platzrändern und entlang der Torstraßen ist seit der ursprünglichen planvollen Anlage
kaum verändert und seit Jahrhunderten charakteristisch für das Zentrum von Lechenich.
Der regelmäßige Straßenplan, die Parzellenstruktur und die Bebauung entlang der Straßenränder,
weitgehend in der Bauflucht, bestimmen seit der Gründung, abgesehen von einigen modernen
Störungen, das Erscheinungsbild der Straßenräume in den Seitenstraßen und Erschließungsgassen.
Befestigungsanlage und Stadtgrundriss sind in der vorhandenen Ausprägung ein außerordentlich
gut erhaltenes räumliches Geschichtsdokument.
Siehe Anlage 2 Plan 5 Straßen und Grabensystem im Vergleich zu Karte von 1811
4. Prägende Bauten und Anlagen
Bis auf wenige bauliche Reste des Mittelalters: Stadtmauerreste, die Untergeschosse der Stadttore, Teile der Vorburg der ehemaligen Landesburg und die Ruine der Landesburg selbst, des ehemaligen Hochschlosses (Donjon und Palas), prägen überwiegend Bauten des späten 18., des 19.
und des beginnenden 20. Jahrhunderts das historische Erscheinungsbild der mittelalterlichen
Stadtanlage Lechenich. Frühere Bauten sind entweder kriegerischen Auseinandersetzungen oder
den Stadtbränden von 1702, 1722 und 1744 zum Opfer gefallen. Zerstörungen durch den Zweiten
Weltkrieg sind minimal.
Die folgenden bedeutenden Bauten prägen den Satzungsbereich:
a) Schloss / Landesburg
Die kurkölnische Stadtanlage diente mitsamt dem Schloss nicht nur als Grenzbefestigung zur
Sicherung der territorialen Ansprüche des Kölner Erzstifts gegenüber den Grafen von Jülich und
Brabant. Das Schloss diente den Kölner Erzbischöfen vom 2. Drittel des 14. bis zur Mitte des 15.
Jhs. neben der Godesburg, Poppelsdorf, Brühl und Zons als bevorzugter Residenz-, Tagungs- und
Verhandlungsort sowie bis zur Mitte des 16. Jahrhunderts als kurkölnisches „Gästehaus“. Das
Schloss, genauer gesagt die Kellnerei in der Vorburg, bildete bis zum Ende des Kurstaats den Sitz
der Verwaltung und des Gerichtes des Amtes Lechenich. Mit dem Donjon und den 3 Ecktürmen
überragt die ehemalige Landesburg - über einem ehemals geschlossenen viereckigen Grundriss den gesamten Ort. In zwei größeren Bauabschnitten errichtet (der Donjon 1306 bis 1317, der
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Palas 1332 bis ca. 1355), war die Landesburg eine der ersten in Backstein ausgeführten Großbauten im Rheinland. Der renommierte Kunsthistoriker und erste Provinzialkonservator der Rheinprovinz, Prof. Dr. Paul Clemen, zählte selbst die Ruine des Schlosses noch „zu den bedeutendsten
Burganlagen der Rheinprovinz“, die „unter den Backsteinbauten der stattlichste“ sei und „die übrigen niederrheinischen Backsteinbauten der Kölner Erzbischöfe, vor allem Kempen, an Grösse“
übertreffe. Die zinnenbesetzten Türme, nordost, südost und südwest, stehen an den Ecken eines
heute ruinösen Palastbaues, dessen östliche und südliche Wand zwischen den Türmen erhalten ist
und einen Eindruck der ehemaligen Größe und Wehrhaftigkeit entstehen lässt. Der gotische Bau
mit an den Türmen und Mauerabschlüssen erhaltenen Kragsteinen mit Spitzbogenfriesen und
Werksteinfensterrahmungen repräsentiert den mitteleuropäischen Kastelltyp (= eine regelmäßige,
viereckige Burg mit Randbebauung und meist viereckigen Türmen).
Von der Vorburg sind aus der Zeit der Gotik das Torhaus und ein südwestlich am neueren Vorburgflügel anschließender Wachturm (sog. Eulenturm) erhalten. Der lang gestreckte Flügel zwischen
Torhaus und Turm wurde in der Barockzeit wieder aufgebaut und erfuhr Ende des 19. Jahrhunderts weitere Änderungen.
Mit ihrem zugleich wehrhaften und repräsentativen Charakter sind die Burgtürme von vielen Standorten in der Stadt sichtbar, sind Ortsbild prägend innerhalb der Stadt und prägten früher die
Fernsicht von außerhalb der Stadt.
b) Kirche
Die heutige Pfarrkirche St. Kilian befindet sich an der gleichen Stelle, wie die ursprüngliche Kirche,
die in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts, bei der Neuanlage der Stadt gebaut wurde. Das
durch Kriege und Stadtbrände stark beschädigte Kirchengebäude wurde in der ersten Hälfte des
18. Jhs. in zwei Bauphasen als Barockbau neu errichtet. In der 2. Hälfte des 19. Jhs. wurde die
Kirche – im Zuge der Neugotisierung des Stadtbildes - nach den Plänen des Kölner Baumeisters
E.F. Zwirner und der Architekten C. Rüdell und R. Odenthal gotisiert. Sie erhielt 1888 ein Querhaus
und einen neuen Chor. Der barocke Westturm der Kirche mit Zwiebelhaube behielt trotz
Gotisierung im Wesentlichen sein barockes Erscheinungsbild, welches bis heute über alle anderen
Bauten hinweg aus dem Ortskern herausragt und neben den Türmen der Burgruine prägendes
Wahrzeichen der Lechenicher Altstadt ist.
c) Rathaus
Ein Rathaus ist seit 1590 in Lechenich nachgewiesen. Die Vorgängerbauten standen an der
gleichen Stelle wie das heute erhaltene neugotische Bauwerk. Das barocke Bauwerk von 1752
wurde 1861 abgetragen. Das jetzige neugotische Bauwerk nach von Zwirner überarbeiteten
Plänen des späteren Wiener Dombaumeisters Friedrich von Schmidt wurde 1862 fertiggestellt.
Das ehemalige Rathaus präsentiert sich als Ziegelbau nach allen vier Seiten mit gotisierenden
Treppengiebeln und Fassaden mit werksteingerahmten Kreuzstockfenstern, über denen Spitzbogenblenden bis in die Dachzone gemauert sind. In seiner kompakten und gleichzeitig transparenten Bauform der Neugotik bewirkt das Rathaus als annähernder Mittelpunkt des Marktes,
umgeben von weiteren neugotisch geprägten Bauten die Vorstellung von einer aus dem Mittelalter
überkommenen Stadt und ist Blickpunkt aus allen Richtungen des Marktes und der Torstraßen.
Das Rathaus nahm bis zum Ende des 19. Jahrhunderts im Stadtbild eine Vorbildfunktion für
weitere öffentliche und private Gebäude ein, wie zum Beispiel für das Haus Kretz. Aufgrund seiner
zentralen Lage ist es immer noch ein Blick- und Orientierungspunkt in der heutigen Altstadt, insbesondere in den Torstraßen (Bonner- und Herriger Straße). Die Gestaltungselemente dieses
Rathauses dienten zudem als Vorbild bei der Restaurierung der Vorburg des Schlosses Gracht bei
Liblar im Jahr 1880.
d) Gericht
Seit der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts war Lechenich Gerichtsort mit Nieder- und Hochgerichtsbarkeit und festumschriebenen Gerichtsbezirk. Im 19. Jahrhundert waren das Gericht und
das Gefängnis an verschiedenen Orten untergebracht, zeitweise im Rathaus und zeitweise im
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Bonner Tor. In französischer Zeit wurden die Friedensgerichte eingerichtet, die danach in
preußischer Zeit zu Amtsgerichten umgewandelt wurden. Ab 1897 erhielt Lechenich ein neues
Gerichtsgebäude mit eigenem Gerichtsbezirk, nachdem von 1879 bis 1897 das Amtsgericht in
Euskirchen auch für den Nordkreis zuständig war.
In den Jahren1896 - 97 entstand das neugotische Gebäude gegenüber dem Rathaus auf der
südlichen Markt-seite nach Entwürfen des Architekten Hermann Weisstein. Zur Schaffung eines
einheitlichen Erscheinungsbildes im Bereich des Marktes bestanden die Gemeindevertreter darauf,
dass der Ziegelbau mit dominantem, weit vorspringendem Risalit, Treppengiebel, Kreuzstockfenstern im 1. Obergeschoss, Spitzbogenportal und Spitzbogentoreinfahrt im neugotischen Stil
errichtet wurde. Damit entsprach es auch den Richtlinien der Preußischen Regierung für kleinstädtische Amtsgerichte. Das Gebäude ist in den Zusammenhang der neugotischen Gebäude
eingefügt und seit-her prägend für die Bebauung des Marktbereiches.
e) Bürgerliche Bauten am Marktplatz, Bonner Straße und Herriger Straße
Als prägende Bauten, die von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts
entstanden, blieben am Markt die ehemalige Post, Markt 19, die Häuser Markt 2 und Markt 6 sowie
in der Bonner Straße Nr. 11 das Haus Ganser erhalten. Dabei zeigt das Haus Markt 19 eine
zurückhaltende barocke Gestaltung und reicht in die Zeit nach dem letzten Stadtbrand zurück. Die
daneben genannten Häuser gehören der klassizistischen und spät klassizistischen Bauphase an.
Sie repräsentieren die Epoche der großen Veränderungen der französischen und der anfänglichen
preußischen Zeit.
Das Haus Kretz (Markt 15) zählt aufgrund seiner aufwändig gestalteten, repräsentativen Fassade
aus hellem Sandstein und rötlichem Backstein mit Maßwerkbalkon und Skulpturenschmuck, der
symmetrischen Anlage des Grundrisses und seiner stadtbildprägenden Funktion zusammen mit
dem Rathaus zu den kunsthistorisch bedeutendsten Gebäuden des Lechenicher MarktplatzEnsembles. Das stattliche zweigeschossige Gebäude, das zusammen mit den angrenzenden
ehemaligen Wirtschaftsgebäuden einen großen Vierkanthof bildet, ließ der wohlhabende Gutsbesitzer Leonard Franz Kretz 1862 nach Plänen des späteren Wiener Dombaumeisters Friedrich
von Schmidt errichten. Mit 6 Achsen, in der linken die große Toreinfahrt, 2 hohen Geschossen, und
hohem Satteldach zwischen angedeuteten Treppengiebeln beeindruckt das Haus durch seine
stattliche Größe und dazu durch die stilreine neugotische Fassadengliederung: Kreuzstockfenster
mit Maßwerk verzierten Blendbögen, Mittelrisalit mit Portal, darüber Balkon mit Maßwerkbrüstung
im 1. Obergeschoss, darüber Zwerchhaus mit Ziergiebel, zum Abschluss bekrönt mit Kreuzblume.
Aufgrund seiner architektonischen Qualitäten kommt diesem noblen Gutshaus neben dem Rathaus eine Schlüsselposition bei der Umgestaltung des Lechenicher Stadtbildes in der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts zu, die für weitere neugotische Bauten richtungsweisend wurde (vgl.
u. a. Amtsgericht).
Im Ensemble dieser neugotischen Bauten definiert es den Platzraum in seinem überkommenen
mittelalterlichen Grundriss und verstärkt den Eindruck eines „mittelalterlichen“ Stadtbildes.
Gebäude wie Markt 3 und 5, 17, 24, 26 und 28, Herriger Straße 3, oder Bonner Straße 4, 10 und
12 und 26 wurden in der späteren Periode des Historismus meist in den letzten Jahrzehnten des
19. Jahrhunderts errichtet. Sie zeugen vom vermehrten Wohlstand der Bürger im Zentrum der
Stadt, die sich die Ausschmückung ihrer Fassaden u. a. mit Zierklinker und Stuckaturen oder
größeren Schaufenstern und eine Beletage im 1. Obergeschoss leisten konnten. Die Gebäude
sind in den Platzraum vom Markt und in die Straßenräume Bonner Straße und Herriger Straße in
Größe und Höhe eingeordnet und setzen den historischen Stadtgrundriss und Stadtraum fort. Sie
sind außerdem Merkmal für die veränderten Bauweisen der städtischen Häuser im Zentrum. Die
Fassade des Hauses Markt 10 (ehem. Caféhaus) entstammt der Jugendstilzeit (errichtet 1901),
das Wohn- und Geschäftshaus Markt 16 – 18 ist ein Gebäude des Expressionismus aus dem Jahr
1927. Sie sind prägend für ihre jeweilige Bauzeit und demonstrieren, wie sich veränderte Baustile
des 20. Jahrhunderts in den historischen städtebaulichen Kontext eingefügt haben, ohne die
Gesamtheit zu beeinträchtigen. Der expressionistische Ziegelbau an Markt 16 – 18 erinnert mit der
Verarbeitung des Ziegels in Form von Rollschichten, Ziegelbändern, Stufengewänden u. ä. ebenso
an mittelalterliche Handwerkstraditionen und Gotik wie die benachbarten neugotischen Bauten.
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Die beschriebenen Bauten sind prägend für den Denkmalbereich. Sie sind in der historischen
Abfolge und in ihrem baulichen Zusammenhang der Anordnung im Stadtraum bauliches Zeugnis
für die Zeit vom letzten Drittel des 18. Jahrhunderts bis zum ersten Drittel des 20. Jahrhunderts.
f) Große Hofanlagen, kleine Hofanlagen, Wohn- und Wallhäuser
Als größerer Hof, der bis zur Säkularisation dem Kölner Stift St. Aposteln gehörte, ist der ehemalige Zehnthof in der nach ihm benannten Zehntstraße erhalten geblieben und in seiner Anlage und
Größe ein prägendes Zeugnis für die landwirtschaftlichen Besitzverhältnisse im Ancien Régime.
Nach der Enteignung, Verstaatlichung und Versteigerung des Hofes 1807 ist der Hof in Privatbesitz übergegangen und wurde bis in die 1960er Jahre landwirtschaftlich u. a. als Landhandelshaus
für Getreide von der Familie Keldenich genutzt. Ende der 1990er Jahre wurde der Hof denkmalgerecht zu einer Wohnanlage umgebaut. Das ehemalige Getreidesilo von 1959 ist bis heute ein weithin sichtbares Relikt der ehemals landwirtschaftlichen Nutzung.
Von den übrigen großen Höfen ist nur der Neuhof (18. Jh.) in der Raiffeisenstraße 10 (früher
Neustraße) oberirdisch erhalten.
Die Besiedlung mit landwirtschaftlichen Betrieben und die Bemessung der Grundstücke bedingten
den prägenden Gebäudetyp (siehe § 2 (3)). Zeugen dieser Haus- und Hofanlagen sind die erhaltenen historischen Häuser in der Steinstraße, Frenzenstraße, Zehntstraße, Raiffeisenstraße, Judenstraße, Klosterstraße, Melchiorstraße und am nördlichen Zehntwall. Sie sind meist ein- oder
zweigeschossige, 3 bis 5 Achsen breite, traufständige, selten giebelständige, Bauten mit Satteldach und seitlicher Toreinfahrt.
Die Bauweise unterlag weniger den Wandlungen der baulichen Entwicklung als der Verbesserung
der Einkommensverhältnisse der Bauherren. Die früheren Bauten waren Fachwerkhäuser. Die
Fachwerkbauweise ist überliefert in einigen Häusern aus dem 18. und 19. Jahrhundert, zum
Beispiel Frenzenstraße 31 und 33, Zehntstraße 5 und 6, Zehntwall 22 und Melchiorstraße 1 und 3.
Aus Brandschutzgründen änderte sich nach dem Stadtbrand 1744 die Bauweise größtenteils vom
strohgedeckten Holzfachwerkhaus hin zum Haus mit Ziegeldeckung und Steinfassade, wenn
möglich. Noch bis zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Häuser in Mischbauweise errichtet,
deren Außenwände in Stein oder Ziegel und deren Innenwände in Lehm- oder Ziegelfachwerk
ausgeführt sind. Sie prägen bis heute die Bausubstanz in den Nebenstraßen.
Das Verblenden mit Stein oder Verputzen der Fachwerkhäuser war wohl auch eine Frage der
„Verschönerung“ bzw. des Ansehens der Bauherrn und findet sich häufig bei Bauten der Barockzeit. Die Häuser Zehntstraße 6 oder Raiffeisenstraße 14, 16 und 18 stammen aus dem 18. Jahrhundert oder bergen teilweise frühere Bauteile und sind teils im 19. Jahrhundert verändert. Die
ältesten Steinbauten stammen aus der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts – nach der Belagerung
1642 –, hierzu zählen die Reste des Franziskanerklosters (Klosterstr. 16 und 20) und das Gebäude
der alten Synagoge (Judenstraße 7).
Am Ende des 19. Jahrhunderts wurden auch bei den kleineren Hofanlagen vermehrt Ziegelbauten
errichtet mit überwiegend sparsamen historistischen Verzierungen, die vereinzelt jedoch sehr aufwendig gestaltet sind, wie am Haus Frenzenstraße 17.
Auf den ehemaligen Wällen und der zerstörten Stadtmauer prägen auf Grund der kleinen Parzellen
kleine und eingeschossige Wallhäuser das Straßenbild. Hier wurden die Fassaden einfach gestaltet und die Häuser dem wenigen vorhandenen Platz angepasst. Zum Teil sind Mauerfragmente
und Fundamente der ehemaligen Stadtmauer in den Häusern enthalten (vgl. Steinstr. 16).
Ausgehend von der Bebauung des Marktplatzes in Richtung der Seitenstraßen hin zu den Wallgassen entwickelten sich entsprechend Bevölkerungsstruktur, Bedeutung und Anspruch an repräsentative Nutzung die Bauten mit abnehmender Höhe und Größe.
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g) Mühlen, ehemalige Brauerei Bonner Straße 9 – 11, Schlossstraße 10, Husarenquartier
Die ehemaligen Mühlen Oebels Mühle (heute Auf dem Graben 16), außerhalb der Wallanlage an
der südwestlichen Ecke am Mühlenbach, und Heinens Mühle (Welters Mühle 14), flussabwärts am
gleichen Mühlenbach im Nordwesten der historischen Stadtanlage gelegen, befanden sich ursprünglich im kurfürstlichen Besitz. Sie waren für den Wirtschaftsstandort Lechenich von großer
Bedeutung. Sie sind an den ursprünglichen Standorten als Nachfolgebauten des 19. Jahrhunderts
erhalten und in den Satzungsbereich mit eingeschlossen.
Die Oebels Mühle, auch Obere Mühle oder Stadtmühle genannt, wurde nach der Zerstörung 1642
wieder aufgebaut, diente bis 1794 als Bannmühle und wurde 1805 im Zuge der Säkularisation
versteigert. Die Müllerfamilie Oebel betrieb von 1880 bis 1972 die Mühle als Mahlmühle. Das zweigeschossige Hauptgebäude mit Ziegelfassade und Krüppelwalmdach aus der 1. Hälfte des 19. Jh.
wurde mit Betriebsgebäuden und Schornstein für die Dampfmaschine erweitert. Diese sind ebenfalls bis heute erhalten (der Schornstein als Torso). Im Hauptgebäude ist die technische Ausstattung der Mühle fast vollständig vorhanden und in die heutige Nutzung als Wohngebäude integriert.
Die Heinens Mühle, auch als Untere Mühle bezeichnet, war bis 1642 Mahlmühle und wurde 1642,
wie u.a. die Stadtbefestigung, zerstört. 1676 wurde an der Stelle der ehemaligen Mahlmühle eine
Ölmühle neu aufgebaut und in der Säkularisation verkauft. Einer der neuen Besitzer, der jüdische
Händler Jacob Cahen, reaktivierte zunächst die Ölmühle und erweiterte den Betrieb um eine Mahlmühle. Nach weiteren Verkäufen wurde Christian Pfeil der neue Besitzer und eröffnete im Gebäude eine Bäckerei und einen Handel mit landwirtschaftlichen Produkten. In den 1930er Jahren gelangte die Mühle in den Besitz der Familie Heinen. 1964 wurde die gewerbliche Nutzung der Mühle
eingestellt. Heute sind im Hauptgebäude Wohnungen untergebracht. Als Zweckbau vom Anfang
des 19. Jahrhunderts (1818) dokumentiert es den ehemaligen Mühlenstandort und den Zusammenhang mit der Nutzung des Flusses und der Wassergräben der westlichen Stadtbefestigung.
Von einer weiteren Mühle, der ehemaligen Schleifmühle weiter im Norden, wo sich eine Schleuse
befand, sind keine baulichen Anlagen erhalten.
Von den auf Grund der vorhandenen Wassermengen zahlreich angesiedelten Gerbereien sind
ebenfalls keine Anlagen überkommen.
Als bauliches Zeugnis für einen wichtigen Lechenicher Wirtschaftszweig neben den vielen anderen
kleinen, selbstverständlich dazugehörigen Handwerksbetrieben sind das Hauptgebäude und die
Brauereikeller der Brauerei Ganser erhalten geblieben. Das repräsentative Haus Ganser an der
Bonner Straße Nr. 9 - 11 diente nach der Erbauung 1817 durch Jacob Cahen eine Zeit lang dem
Landrat als Wohnung und ab ca. 1868 als Geschäftssitz der Bierbrauerei Ganser. Im Haupthaus
waren Gasträume eingerichtet (siehe § 2 (4 e) zur ortsbildprägenden Wirkung des frühklassizistischen Haupthauses). Im hinteren Bereich erbaute die Firma Ganser ca. 1879 eine größere mehrgeschossige Brauereianlage, von der heute noch die zweigeschossigen Brauereikeller und die
Reste der Brunnenanlage vorhanden sind. Die bauliche Ausprägung zeigt die räumliche und technische Ausstattung, die für damalige Brauverfahren erforderlich waren: Tiefkeller für die Kühlung
und dem darüber angeordneten Hochkeller für die Mälzerei. Die Brauereikeller, heute ungenutzt,
sind bedeutendes technisches Dokument der damaligen Brauverfahren und wichtiges Schutzgut
für die Lechenicher Stadtgeschichte.
In der Schlossstraße 10 und Steinstraße 33 befinden sich die ehemaligen Bauten der kurkölnischen Husarenkompanie, einer berittenen Landgendarmerie mit polizeilichen Befugnissen. Das
sogenannte Husarenquartier an der Schlossstraße 10 war das Wohnhaus des Kommandeurs und
zu Beginn der preußischen Zeit Landratsamt. Das Gebäude stammt von 1765 und ist mit 5
Achsen, 2 Geschossen und Mansarddach ein barock geprägtes Gebäude. In der sogenannten
Husarenscheune an der Steinstraße waren Mannschaft und Pferde einquartiert. Das Gebäude
Schlossstraße 10 ist zum Hotel umgebaut und die Scheune als Büro genutzt. Trotz großer
Veränderungen im Inneren der Bauten bestimmen sie das städtische Erscheinungsbild zwischen
Kirche und Landesburg.
Denkmalbereichssatzung Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt
I.9
h) Besondere Bauten
Die heutige Judenstraße, vormals Judengasse, ist städtebauliches Zeugnis für die jüdische
Bevölkerung, die seit dem 13. Jahrhundert in Lechenich nachgewiesen ist und ebenfalls Anteil an
Handel, Gewerbe und am kulturellen Leben wie am Baugeschehen in der Stadt hatte. Geistliches
Zentrum der jüdischen Bevölkerung im gesamten kurkölnischen Amt Lechenich war die Synagoge
in der Judengasse (heute Judenstraße), die im Wohnhaus Judenstraße 7 gemeinsam mit der
jüdischen Schule untergebracht war.
Für die angewachsene jüdische Bevölkerung wurde 1886 in der Judenstraße – gegenüber der
alten Synagoge – die neue Synagoge errichtet (heutiger Standort Judenstraße 8), die beim
Novemberpogrom 1938 niederbrannte. Auf dem Grundstück befindet sich heute ein Wohnhaus
neuerer Zeit, in dem Fundamentreste festgestellt wurden, die vermutlich zur ehemaligen Synagoge
gehörten. Neben der neuen Synagoge wurde 1904/05 ein historistischer Backsteinbau mit Zierklinkerfassade errichtet, der von 1905 bis 1920 Schule für jüdische Schüler war. Heute ist das
Gebäude Judenstraße 10 zum Wohnhaus umgenutzt.
Jüdische Einwohner waren auch beteiligt bei der Errichtung und Erhaltung von bedeutenden
Lechenicher Gebäuden. Der jüdische Bankier Baron Dr. Georg von Bleichröder erwarb 1894 die
Lechenicher Landesburg. Er baute die Vorburg als Wohnsitz um und sicherte die Burgruine vor
dem weiteren Verfall. Die Existenz der Heinens Mühle und des klassizistischen Hauses Bonner
Straße 9 - 11, später Haus Ganser, gehen auf die Aktivitäten des jüdischen Händlers und
Immobilienmaklers Jacob Cahen zurück.
Die erhaltenen Bauten und die Judenstraße sind bedeutend für die Geschichte der jüdischen
Landgemeinden und wichtiges bauliches Dokument im Lechenicher Stadtraum.
i) Eingetragene Denkmäler und erhaltenswerte Gebäude gemäß Denkmalschutzgesetz NRW
Mit dieser Satzung werden insbesondere erfasst:
Die Baudenkmäler
Auf dem Graben 16
Bonner Straße 9-11, 15, 26 (Fassade, Giebelwände, Dachform) und 30
Franz-Busbach-Straße 10 (Kirche St. Kilian)
Frenzenstraße 6, 17, 31, 33 und 39
Herriger Straße 2, 3, 4, 6, 9 und 20
Herriger Tor
Judenstraße 5 , 10 und 11-13
Klosterstraße 1, 15, 16, 17, 18 (Restteilstück und Brunnenanlage Stadtmauer), 20, 24 und Weg
(Stadtmauerreste)
Klosterstraße 24a – 24g (Stadtmauerreste)
Klosterstraße 26 (Stadtmauerreste)
Markt Rathaus
Markt 2, 3, 6, 10, 13, 15, 16, 18, 19, 22 (ehem. Amtsgericht), 24, 26
Melchiorstraße 1, 3 und 14 (Teilstück Stadtmauer)
Raiffeisenstraße 14, 16 und 18
Schlossstraße 2, 7, 10 und 18 (Schloss)
Schlosswall ggb. 26 (Stadtmauerreststück), 29, 36 und 51
Stadtgraben
Steinstraße 2, 14, 16, 18,21, 24 und 33 (Husarenscheune)
Weltersmühle v.H. 8
Zehntstraße 1, 6, 8, 16, 17, 18, 18a und 20
Zehntwall 1, 17, 22, 24, 31
Zehntwall zwischen 77 u. 81 (Stadtmauer)
Denkmalbereichssatzung Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt
I.10
Die Bodendenkmäler
Bodendenkmal Schanze (archäologisch) (Bastion, nordöstliche Schlossbefestigung), lfd.BoD-Nr.
002
Bodendenkmal Stadtgraben – mittelalterliche Stadtbefestigung, lfd.BoD-Nr. 025
Bodendenkmal Alte Burg, (archäologisch) lfd.BoD-Nr. 032
Die erhaltenswerten Gebäude (gemäß § 25 Denkmalschutzgesetz NRW)
Auf dem Graben 12 und 14
Bonner Straße 4, 7, 10, 12, 16, 24, 26 (Gebäude, Fassade geschützt) und 28
Franz-Busbach-Straße 4 und 6
Frenzenstraße 1, 2, 25 und 27
Herriger Straße 1, 12 und 16
Johannes-Kretz-Straße 2, 4 und 6 sowie rückwärtige Bebauung Markt 15
Judenstraße 2, 4, 7 und 9
Klosterstraße 6, 19, 21, 22 und 26
Markt 5, 8, 12, 14, rückwärtige Bebauung 15, 17 und 28
Melchiorstraße 5, 7, 10 und Scheune neben Nr. 7
Raiffeisenstraße 4, 6, 8, 9, 10 und 15
Schlossstraße 5, 8, 16, 20, 22 und 24
Schlosswall 2, 3, 4, 5, 12, 13, 14, 22, 31, 38, 39, 41 und 43
Steinstraße 3, 6 und 6a, 12, 13, 19, 26 und 32
Weltersmühle 14
Zehntstraße 5, 15, und 16 (Silo)
Zehntwall 11, 13, 14, 19, 21, 23, 25, 26, 33, 38, 40, 46, 47, 50, 51, 70, 71, 72, 75 und 83
5. Mauern, historische Einfriedungen, Tore und Treppen im Straßenraum
Die Abgrenzung der Burganlage und des Schlossparks durch Mauern, schmiedeeiserne Gitter,
Tore und die Reste der Mauern, die zum Pfarrgarten gehörten, sind Bestandteil des historischen
Erscheinungsbildes der Altstadt Lechenich und markieren die ehemaligen Grenzen zwischen
Gesellschaftsschichten sowie die frühere deutliche Abgrenzung der Geistlichkeit vom weltlichen
Alltagsleben. Kirchhöfe waren seit jeher mit Mauern oder dichten Hecken umgeben. Die verbliebenen historischen Mauern von Hofanlagen und Mühlen sind ebenfalls signifikante Merkmale
des Denkmalbereiches. Die Reste der Stadtmauer sind oben als Schutzgegenstände benannt.
Zu den prägenden Anlagen des städtischen Raumes gehören auch die verbliebenen Treppen im
Straßenraum, zum Beispiel in der Schlossstraße / Ecke Frenzenstraße oder bei den Häusern
Schlosswall 47, 49 und 51 oder auch an einzelnen Häusern am Markt. Sie verdeutlichen in vielen
Fällen die höher gelegten Erdgeschosszonen. In der ständig von Wasser umflossenen Stadtanlage
Lechenich gab es viele Hochwasserereignisse (zuletzt 1963). Die Planung eines Hauses mit Hochparterre war zum Schutz vor Hochwasser erforderlich und ist mit den im Straßenraum noch
existierenden Treppenaufgängen nachvollziehbar vorhanden.
6. Traditionelle Bauweisen, Bautechniken und Materialverwendung
In Lechenich vorherrschend und prägend sind Ziegelbauten, einige erhaltene Fachwerkbauten und
Putzbauten aus verschiedenen Zeitstellungen. Für alle überlieferten Bauweisen und Bautechniken
und deren Materialanwendungen gilt, dass sie teils über Jahrhunderte hinweg fortgesetzt wurden
und bis heute handwerkliche Techniken und Bauausführungen beeinflussen.
Die Ziegelbauweise, bei der Stadtmauer und der ehemaligen Landesburg begonnen, ist bei überwiegend neugotischer und historistischer Prägung bis in die 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts ausgeführt und bis heute überkommen.
Als Einzelmerkmale, die bei verschiedenen Ziegelfassaden prägend sind, seien hier Rollschichten
für Fensterbänke und Abdeckungen aller Art oder scheitrechte Bögen für Fensterstürze genannt.
Besondere Merkmale sind keramische Verzierungen, wie am Haus Frenzenstraße 17.
Denkmalbereichssatzung Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt
I.11
Der langen Zeit des beharrlichen Festhaltens an einmal tradierten Fachwerktechniken ist es zu
verdanken, dass in Lechenich einige Fachwerkhäuser des ausgehenden 18. Jahrhunderts und des
19. Jahrhunderts erhalten sind, die Abbild der früheren Bauweisen und Typologien sind. Es gibt
unter den Lechenicher Fachwerkbauten sowohl die Ständerbauweise (Melchiorstraße 1) als auch
die Stockwerksbauweise. (Zehntstraße 6, Melchiorstraße 3). Dächer sind 35 bis 45 Grad geneigt
und die Dachüberstände sind regional üblich bis ca. 50 cm. Seit dem letzten Stadtbrand 1744 hatten sich Tonziegeleindeckungen, wie vorgeschrieben, allmählich durchgesetzt. Wandbekleidungen
sind an bestehenden Fachwerkbauten überwiegend als Verputz erhalten geblieben.
Putzbauten des Barock, des Klassizismus und des Historismus des ausgehenden 19. Jahrhunderts und des Jugendstils im Zentrum der Altstadt Lechenich weisen Ausschmückungen und
repräsentative Elemente der Fassadengliederung in vielfältigen Formen und Stilrichtungen auf.
Fensterumrahmungen und -verdachungen, Giebelaufsätze und profilierte Gesimsausbildungen
sowie angepasste Zwerchhäuser und Gauben sind prägend für die aufgeführten Gebäude und
ordnen sich in die städtebauliche Gesamtsituation ein.
Die überlieferten Bauweisen und Bautechniken und die traditionellen Baumaterialien sind an den
historischen Gebäudebestand innerhalb der Stadtanlage und innerhalb des Satzungsgebietes
gebunden.
Die baulichen Einzelheiten als Manifestationen der traditionellen Techniken sind Schutzgegenstände an vorhandenen historischen Bauten und sind nach Maßgabe dieser Satzung zu erhalten.
Die Anwendung bei Rekonstruktionen, Ergänzungs- und Neubauten unterliegen den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes und sind im Erlaubnisverfahren gemäß § 9 DSchG mit der Denkmalbehörde zu klären.
Als bereichsprägende und typische bauliche Einzelheiten sollen erhalten bleiben:
- die Maßstäblichkeit der Baukörper, die Geschosszahlen, die Dachneigungen, im Zusammenhang
der historischen Nachbarbebauung der jeweiligen Straßen;
- die ungestörten Dächer; dunkle, nicht glänzende Dacheindeckungen, eingeordnete Dachgauben
und historische Giebelaufsätze und historische Kaminabschlüsse;
- traditionelle Gesims-, Giebel- und Ortgangverkleidungen in Holz oder Zink;
- die Mauerwerksbauten, verputzt und/oder stein- oder ziegelsichtig und Kombinationen aus
Massivbauweisen und Fachwerkbauweisen;
- Fassadengliederungen mit hochrechteckigen, zweiflügeligen Fenstern, mit und ohne Oberlichter,
Schlagläden oder noch vorhandene Kloben;
- Fassadengliederungen im Falle kleiner historischer Häuser (Wallhäuser) mit kleinen Fensteröffnungen oder im Falle der Veränderungen der 20er und 30er Jahre des 20. Jahrhunderts mit
querrechteckigen Fensteröffnungen;
- Fassadengliederungen mit Toreinfahrten oder Schaufensteranordnungen, die sich der Achsialität
der Fassaden unterordnen.
Über die genannten Vorgaben hinaus ist der Satzung in der Anlage 6 eine Liste mit Gestaltungsempfehlungen beigefügt. Die Anwendung im Falle von Vorhaben im Satzungsbereich ist gemäß
Denkmalschutzgesetz mit der Denkmalbehörde abzustimmen.
7. Prägende Freiflächen
Freiflächen und Gärten, die der Herstellung landwirtschaftlicher Produkte und der Versorgung mit
Lebensmitteln dienten, sind in wenigen Fällen noch vorhanden: zum Beispiel im Zehntwall zwischen Nr. 30 und 36, in der Zehntstraße neben Haus Zehntstraße 20 und in der Schlossstraße auf
dem Grundstück des ehemaligen Pfarrhauses mit Tor und Garten.
Die Flächen der ehemaligen Hofanlagen prägen weiterhin das Erscheinungsbild und zeugen von
der landwirtschaftlichen oder handwerklichen Nutzung, wie der Abgabenplatz im Zehnthof / Ecke
Zehntwall - Zehntstraße oder der Hof auf dem Grundstück Schlossstraße als handwerklich bzw.
betrieblich genutzter Hof.
Denkmalbereichssatzung Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt
I.12
Im Bereich des Bodendenkmals „Stadtgraben und Stadtbefestigung“ überlagern sich die geschützten Flächen des Bodendenkmals zum großen Teil mit den erhaltenswerten Freiflächen. Die Flächen um die Schlossanlage, der historische Schlosspark (ehem. als „Englischer Garten“ bezeichnet), die Fläche im Bereich des ehemaligen Steinhofs in der Steinstraße sind charakteristisch für
das Umfeld der baulichen Anlagen und insofern hinsichtlich des Bodendenkmals und des dazugehörigen Landschaftsraumes der Schloss- und Hofanlagen zu schützen und von Bebauung frei
zu halten.
Das trifft in gleicher Weise auf die Freiflächen um die Mühlen im Westen vor der ehemaligen Stadtmauer am Mühlengraben zu. Das weiträumige Umland der Mühlen, einerseits eigenwirtschaftliches
Garten- und Ackerland, andererseits verfügbare Fläche zur Regulierung der Wasserläufe für den
Betrieb der Mühlen, ist prägend für die Mühlen und bezeugt die wirtschaftliche und technische Verbindung mit der vergangenen Stadtgesellschaft und Stadtbefestigung von Lechenich. Besonders
die Fläche südöstlich der Oebels Mühle und die Fläche nordwestlich der Heinens Mühle sind
schützenswerte Freizonen.
Ebenso sind die nicht bebauten Flächen des Bodendenkmals „Alte Burg“ als Zeugnis der frühmittelalterlichen Siedlung erhaltens- und schützenswert. Auch der nicht als Bodendenkmal erfasste
Bereich ist eine erhaltenswerte Freifläche.
Brand- und Traufgassen gehören zu den prägenden Freiflächen, die historische Zeugnisse der
Brandordnungen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Bauweisen und in vielen Fällen erhalten sind, wie zum Beispiel die Brandgasse zwischen Frenzenstraße und Schlosswall und einige an
den Grundstücksgrenzen erkennbare Gassen am Zehntwall, wie zwischen Nr. 85 und 87, die den
direkten Zugang zum Wassergraben ermöglichten und noch nicht überbaut sind. Ihre Erhaltung ist
bedeutend für das authentische historische Erscheinungsbild der Altstadt.
Vorbildern wie u.a. Münster und Hamburg folgend, wurde 1858 der östliche Damm zwischen dem
Stadtgraben und dem Lachenbach (heute Rotbach) abgetragen und zu einer Promenade umgestaltet. 1900/1904 wurde die Promenade bis zur Klosterstraße verlängert und der südliche Bereich
zu einem Stadtpark umgestaltet. Es handelt sich somit bei der Promenade, als öffentlichem Grüngürtel im Südosten der mittelalterlichen Altstadt, neben dem privaten Schlosspark, um eine besonders schützenswerte öffentliche Parkanlage des 19. Jahrhunderts im ländlichen Bereich, die sich
an großstädtischen Vorbildern orientiert.
(Siehe Anlage 4, Plan 3 Denkmäler und Bodendenkmäler, Erhaltenswerte Gebäude und Freiflächen
und Anlage 5 Plan 4 Erhaltenswerte Gebäude und Freiflächen, sowie Anlage 8, Fotografische Darstellung der Freiflächen)
8. Innere und äußere Ortsbilder, Sichtachsen, Stadtsilhouette
Als innere Ortsbilder sind die von vielen Standpunkten aus wahrnehmbaren Türme der Landesburg, der Kirchturm der Pfarrkirche St. Kilian und auch das ehemalige Getreidesilo des Zehnthofes
die eindrucksvollsten Ansichten. Bedingt durch das rechteckige Straßenraster ergeben sich durch
Häuserfassaden begrenzte Blicke durch den Straßenraum auf die Querstraße und prägen das
Lechenicher Stadtbild besonders in den kleineren Nebenstraßen. Auch die Durchblicke durch die
Brandgässchen, sofern sie nicht verschlossen sind, sind charakteristisch.
Die Hauptsichtachsen stellen die Blicke von den Toren durch die Torstraßen oder auch durch die
Tore auf den Marktplatz mit dem Rathaus und der Marktplatzbebauung dar. Durch die leichte Verschiebung der Straßen aus der Ost-West-Flucht wird der Blickbezug über den Marktplatz hinaus
von Tor zu Tor hergestellt. Dieses besonders einprägsame Charakteristikum erhöht die Wirkung
der repräsentativen neugotischen Bauten des Marktbereiches. Es wurde absichtlich so angelegt
und gleicht einer Inszenierung.
Von Westen aus Herrig kommend, ist die Stadtsilhouette oberhalb der Neubebauung gerade noch
erkennbar. Dabei stellt der barocke Kirchturm der Pfarrkirche den klarsten Sichtbezug dar. Die
Denkmalbereichssatzung Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt
I.13
Türme der Landesburg sind hinter dichtbelaubten großen Bäumen eher zu erahnen. Von Norden
und von Osten ist durch die umgebende Bebauung eine klare Stadtsilhouette nicht erkennbar. Die
Stadtansichten der Roidkinschen Zeichnungen auf die Stadt von Nordosten und von Nordwesten
um 1730 sind für den heutigen Betrachter bereits nicht mehr vollständig nachvollziehbar.
(Siehe Anlage 9, Fotografische Darstellung der Sichtbezüge)
9. Bodendenkmäler und Kellerkataster
Die eingetragenen Bodendenkmäler umfassen den Bereich der „Alten Burg“, also den Ursprungsplatz des frühmittelalterlichen Ortes Lechenich, die Stadtbefestigung einschließlich der Befestigung
der Landesburg und Schloss und die nordöstliche Verteidigungsanlage der Landesburg (Bastion
oder Schanze). Sie beschreiben das Stadtdenkmal in seinen Ausmaßen und stellen das unterirdisch verborgene Geschichtsdokument der historischen Stadtanlage Lechenich dar. Als oberirdisches flächiges Abbild des Stadtraumes ist es bedeutungsvoller, schützenswerter Bestandteil des
Denkmalbereiches (siehe 4. Freiflächen).
Die im Rahmen der Denkmalbereichssatzung erfassten historischen Keller stellen ein bedeutendes
Dokument der nicht offensichtlichen Stadtgeschichte ähnlich den Bodendenkmälern dar und ermöglichen die weitere Erforschung der Geschichte der Häuser und der Stadtanlage und sind insofern Bestandteil des schützenswerten Bereiches.
(Siehe Anlage 0, Kellerkatasterplan)
§ 3 Begründung (historische Bedeutung)
Die historische Altstadt Lechenich innerhalb der ehemaligen mittelalterlichen Stadtbefestigung und
der Bereich der „Alten Burg“ sowie die Mühlen westlich der Stadtanlage am Befestigungsring sind
Denkmalbereich nach § 2 (3) DSchG NRW, weil sie als planmäßig angelegte, kurkölnische Stadt
für die Geschichte der Region und für die städtebauliche Entwicklung des Ortes und der umliegenden Dörfer und Gemeinden von zentralörtlicher Bedeutung sind, und weil der bis heute überkommene historische Stadtraum in seiner Gesamtheit als baulich räumliches Dokument erfahrbar erhalten geblieben ist.
Bereits in römischer Zeit existierte im Westen der heutigen Altstadt eine größere Siedlung (Vicus)
mit einem Matronenheiligtum, in der Gemarkung Am Böttchen und Vilskaul. Die frühmittelalterliche
Siedlung Lechenich befand sich südwestlich der heutigen historischen Altstadt und wurde im Zusammenhang mit der „Alten Burg“ erstmals in einer Urkunde 1138 erwähnt. Die „Alte Burg“ war bis
zu ihrer Zerstörung 1301 Verteidigungsbauwerk zur Sicherung und Abgrenzung des kurkölnischen
Gebietes gegenüber den Grafen von Jülich und Brabant und hatte bereits administrative Funktion.
Die Burg war Sitz der erzbischöflichen Verwaltung und des Gerichtes (Nieder- und Hochgericht)
sowie Zentrale des Amtsbezirks.
Auf einer Ebene zwischen den beiden Flüssen Rotbach und Lachenbach, heute Lechenicher
Mühlengraben und Rotbach, die sich für die planmäßige Anlage eignete, wurde die Altstadt
Lechenich unter den Kölner Erzbischöfen Konrad von Hochstaden und Siegfried von Westerburg
in der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts fast quadratisch, mit rasterartigem Straßennetz angelegt
und mit Graben sowie Wall und Stadtmauer befestigt (Verleihung der Stadtrechte 15.09.1279). Die
in ostwestlicher Richtung verlaufende Fernstraße zwischen Bonn und Aachen wurde in die Anlage
einbezogen. Das neue Schloss im Nordosten wurde von 1306 bis ca. Mitte des 14. Jahrhunderts in
zwei größeren Bauabschnitten neuerrichtet und ausgebaut. Die Bürger wurden mit städtischen
Rechten (Schöffenwahl, Steuersätze, Schutz vor feindlichen Übergriffen usw.) ausgestattet, jedoch
auch zur Stadtverteidigung im Falle von kriegerischen Auseinandersetzungen verpflichtet. Zum
Stadtstatus gehörte u. a. die Abhaltung von Wochen- und Jahrmärkten.
Die Stadtanlage mit dem erzbischöflichen Schloss diente nicht nur als Grenzbefestigung zur
Sicherung der territorialen Ansprüche des Kurfürstentums Köln gegenüber den Grafen von Jülich.
Denkmalbereichssatzung Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt
I.14
Burg und Schloss dienten zeitweise als Residenz und bis zum Ende des Kurfürstentums Köln als
Amts- und Verwaltungssitz für das kurkölnische Amt Lechenich.
Die als regelmäßiges Raster fast quadratisch angelegte Planstadt mit der funktionalen Zuordnung
von Stadträumen: zentralem Markt, Schloss im Nordosten, vorgefundene Ort zwischen den Flüssen und an der überregionalen Straße ergeben zusammen eine für die Gründungszeit außergewöhnliche Stadtanlage. Ihr liegen vermutlich Idealvorstellungen einer mittelalterlichen Stadtanlage zugrunde. Wahrscheinlicher war jedoch damit die Absicht verbunden, der Stadt Lechenich
eine herausragende Bedeutung gegenüber anderen kurfürstlichen Stadtgründungen zu verleihen.
1689 wurde das Hochschloss in Brand gesteckt und verfiel in den folgenden Jahrzehnten. Dadurch
verlor Lechenich die Bedeutung als kurfürstliche Residenzstadt, behielt allerdings den Status als
Amtsstadt. Die Amtsverwaltung verblieb in den wiederhergestellten Gebäuden der Vorburg.
Als 1794 die französischen Truppen in Lechenich einmarschierten und die kurkölnische Herrschaft
de facto endete, trafen die französischen Besatzer auf eine Stadt, die seit der Gründung im Mittelalter einigen Zerstörungen ausgesetzt war, die immer wieder aufgebaut worden war und in ihrer
Anlage kaum Veränderungen erfahren hatte.
In gesellschaftlicher Hinsicht kamen für Lechenich mit der Franzosenzeit und der späteren preussischen Zeit grundlegende Änderungen. Die französische Zeit brachte die grundlegende Änderung
des Rechtssystems, die Einführung bürgerlicher Gleichberechtigung, die Gewerbefreiheit und die
Reorganisation der Verwaltung mit der Wiederherstellung öffentlicher Einrichtungen (Friedensgericht). Im Zuge der Säkularisation wurden die kirchlichen Besitzungen enteignet und vom Staat
an private Eigentümer verkauft.
1798 verlor Lechenich die Stadtrechte, wurde in preußischer Zeit von 1816 bis 1827 Kreisstadt und
blieb Bürgermeisterei im nördlichen Kreisgebiet des Kreises Euskirchen.
1816 hatte Lechenich 230 Häuser und 1700 Einwohner, 1825 waren es 416 Häuser und 2370 Einwohner. Die Lebensverhältnisse waren ärmlich, der „Wohlstand“ als „herabgesunken“ angegeben.
Die überwiegende Zahl der Einwohner verdiente ihren Lebensunterhalt mit Ackerbau und Viehzucht. Von 630 Erwerbstätigen wurden 519 als „Ackertreibende“ angegeben. Doch auf die Dauer
verbesserten sich die Lebensverhältnisse. Durch den Anschluss an die überregionale Straße
zwischen Neuss und Euskirchen Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Lechenich Mittelpunkt für den
Nordkreis.
In einem Bereich sind indes graduelle Unterschiede zu benachbarten mittelalterlichen Städten wie
beispielsweise Brühl, Bergheim und Euskirchen festzustellen:
Im Bereich der Stadtplanung und der Denkmalpflege ging Lechenich seit Mitte des 19. Jahrhunderts – unter dem Einfluss der Kölner Dombauhütte (Ernst Friedrich Zwirner) – eigene Wege und
orientierte sich an internationalen Architekturtrends.
Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts setzten sich zahlreiche Architekten, wie Ernst Friedrich Zwirner
(1802-1861), Friedrich von Schmidt (1825-1891), Julius Carl Raschdorff (1823-1914), das Architektenbüro Carl Rüdell (1855-1939) und Richard Odenthal (1855-1919/20) sowie Hermann Weisstein (1854-1924), mit der Vergangenheit Lechenichs als kurkölnische Residenz- und Amtsstadt
auseinander und entwarfen Pläne für die Umgestaltung und Restaurierung mittelalterlicher und barocker Bauwerke und die Errichtung neuer Gebäude im neogotischen Stil. Die Restaurierung mittelalterlicher Gebäude (Bonner und Herriger Tor), die für andere mittelalterliche Städte Vorbildfunktion besaß (vgl. Weiertor in Zülpich), und Errichtung neuer kommunaler und privater Gebäude verhalf Lechenich zu einem verstärkt städtischen Aussehen. Der neugotische Baustil kann daher als
ein Verweis auf die ehemalige Bedeutung Lechenichs im Spätmittelalter aufgefasst werden. Als
beispielsweise 1896/97 das Amtsgerichtsgebäude errichtet wurde, bestand der Magistrat darauf,
dass der Neubau ebenfalls im neugotischen Stil errichtet wurde, damit das von neugotischen Gebäuden dominierte Gesamtbild des Marktplatzes gewahrt blieb.
Denkmalbereichssatzung Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt
I.15
Die kommunalen Bauten waren zudem bestens geeignet, den seit der französischen Zeit fehlenden offiziellen Stadtstatus zumindest in städtebaulicher Hinsicht zu kompensieren. Insbesondere
das markante, an prominenter Stelle im Stadtbild errichtete Rathaus auf dem zentralen Marktplatz
zeugt von einem wieder erstarkten städtischen Selbstbewusstsein und betont die Eigenständigkeit
der kommunalen Selbstverwaltung. Dieses Erscheinungsbild wurde in den beiden Weltkriegen des
20. Jahrhunderts nicht zerstört und ist bis heute – als kulturelles Erbe – erhalten geblieben.
Während Mitte des 19. Jahrhunderts an anderen Orten Bahnhöfe und Eisenbahnlinien gebaut
wurden, blieb Lechenich ohne Eisenbahnanschluss und erhielt die überörtliche Verkehrsanbindung
erst 1894/95 durch die Euskirchener Kreisbahn („Flutsch“ gen.). Die Schienen verliefen durch
beide Stadttore. Die Kleinbahn bestand bis 1955. Dann wurde sie zugunsten des schnelleren
Individual-verkehrs aufgegeben.
1943 erwirkte Lechenich erneut den Titel „Stadt Lechenich“. 1969 wurde Lechenich durch die
Verwaltungsreform mit anderen Ortsteilen zur Stadt Erftstadt zusammengefasst. Der Stadtteil
Lechenich der Stadt Erftstadt ist heute um große Neubaugebiete zum Wohnen und als Standort für
Sport und Schulen erweitert und neben Liblar einer der beiden größten Ortsteile von Erftstadt
(11.468 Einwohner, Stand 2015).
Von den Umwälzungen des 19. Jahrhunderts und den Kriegszerstörungen des 20. Jahrhunderts
blieb die historische Stadtanlage verschont. Deshalb ist die mittelalterliche Stadtanlage abgesehen
von wenigen modernen Störungen überwiegend gut erhalten. Dadurch ist die Festsetzung als
Denkmalbereich zusätzlich begründet.
(Siehe Anlage 10, Untersuchung zur historischen Bedeutung und räumlichen Entwicklung der
Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt zu einer Denkmalbereichssatzung)
§ 4 Rechtsfolgen
Mit der Unterschutzstellung unterliegt der Denkmalbereich den Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes. Innerhalb des Geltungsbereiches der Satzung bedarf, unabhängig von anderen, insbesondere baurechtlichen Genehmigungen, der Erlaubnis der Unteren Denkmalbehörde entsprechend § 9 DSchG NRW, wer Bauten, bauliche Anlagen sowie Freiflächen errichten, beseitigen,
verändern oder deren bisherige Nutzung verändern will, wenn hierdurch Struktur und Gestalt des
Denkmalbereiches beeinträchtigt wird. Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme
verlangt. Dabei sind die Gegenstände des § 2 dieser Satzung zugrunde zu legen.
§ 5 Ordnungswidrigkeiten, Zuwiderhandlung
Ordnungswidrig handelt, wer gegen die Erlaubnispflicht des § 4 dieser Satzung oder gegen andere
Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes verstößt. Die Ordnungswidrigkeiten können mit einer
Geldbuße bis zu 500.000 Euro geahndet werden.
§ 6 andere Rechtsvorschriften
Bauordnungsrechtliche und andere Rechtsvorschriften bleiben unberührt.
Die Stellungnahme und das Gutachten des LVR Amtes für Denkmalpflege im Rheinland gemäß §
21 Abs. 4 DSchG NRW und gemäß § 22 Abs. 3 DSchG NRW als sind als Anlage 11 beigefügt.
§ 7 Inkrafttreten
Die Satzung tritt am Tage ihrer Bekanntmachung in Kraft.
Denkmalbereichssatzung Altstadt Lechenich, Stadt Erftstadt
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c) Anlagen
Dieser Satzung werden als Anlagen beigefügt:
Anlage 1
Anlage 2
Anlage 3
Anlage 4
Anlage 5
Anlage 6
Anlage 7
Anlage 8
Anlage 9
Anlage 10
Plan 1 Grenze des Denkmalbereichs, als Bestandteil der Satzung
Plan 5 Straßen und Grabensystem im Vergleich zu Karte von 1811
Plan 2 Denkmäler nach ungefährem Alter und Bodendenkmäler
Plan 3 Denkmäler und Bodendenkmäler, erhaltenswerte Gebäude und Freiflächen
Plan 4 Erhaltenswerte Gebäude und Freiflächen
Gestaltungsempfehlungen
Fotografische Darstellung der prägenden Bauweisen
Fotografische Darstellung der Freiflächen
Fotografische Darstellung der Sichtbezüge
Untersuchung zur historischen Bedeutung und räumlichen Entwicklung der Altstadt
Lechenich, Stadt Erftstadt zu einer Denkmalbereichssatzung (Begründung; liegt vor, ist
aber hier noch nicht beigefügt)
(Anlage 11 Gutachten des LVR-Amtes für Denkmalpflege im Rheinland wird später beigefügt)