Daten
Kommune
Erftstadt
Größe
130 kB
Datum
15.09.2016
Erstellt
01.09.16, 15:01
Aktualisiert
01.09.16, 15:01
Stichworte
Inhalt der Datei
STADT ERFTSTADT
öffentlich
Der Bürgermeister
A 310/2016
Az.:
Amt: - 40 BeschlAusf.: - 40 Datum: 04.08.2016
Kämmerer
Dezernat 4
Dezernat 6
gez. Erner, Bürgermeister
BM
gez. Gerlach
Amtsleiter
RPA
Den beigefügten Antrag der CDU-Fraktion leite ich an die zuständigen Ausschüsse weiter.
Beratungsfolge
Schulausschuss
Betrifft:
Termin
15.09.2016
Bemerkungen
zur Kenntnis
Antrag bzgl. Sachstandsbericht zur Beschulung von Kindern ohne deutsche Sprachkenntnisse in Erftstadt
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten in €:
Erträge in €:
Kostenträger:
Sachkonto:
Folgekosten in €:
Mittel stehen zur Verfügung:
Jahr der Mittelbereitstellung:
Ja
Nein
Nur auszufüllen, wenn Kostenträger Eigenbetrieb (Immobilien, Straßen, Stadtwerke)
Wird der Kernhaushalt belastet: Höhe Belastung Kernhaushalt:
Folgekosten Kernhaushalt:
Ja
Nein
Unterschrift des Budgetverantwortlichen
Erftstadt, den
Stellungnahme der Verwaltung:
Die Beschulung und die Integration von Kindern ohne deutsche Sprachkenntnisse ist nicht erst seit
dem starken Anstieg der Flüchtlingszahlen im letzten Sommer ein Thema, dem sich auch die städtischen Schulen von Anfang an engagiert gestellt haben. Die damit verbundenen Schwierigkeiten
gerieten jedoch erst nach der sprunghaften Zunahme der flüchtenden Menschen in den Fokus
eines breiteren Interesses.
An den allgemeinbildenden Schulen werden grundsätzlich unterrichtet:
- Kinder aus EU-Mitgliedsstaaten (z. B. Bulgarien und Rumänien)
- Kinder aus Nicht-EU-Mitgliedsstaaten (z. B. Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina)
- Kinder, die mit der Familie geflüchtet sind
- Unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Die Darstellung der Gesamtsituation dieser zugewanderten Personengruppen ist aufgrund der
uneinheitlichen Erfassung auf Bundes- und Landesebene schwierig.
Grundsätzlich setzt die Schulpflicht für geflüchtete Kinder und Jugendliche dann ein, wenn sie die
Erstaufnahmeeinrichtung verlassen und sie in der aufnehmenden Kommune angekommen und ihr
Aufenthalt dort gestattet ist.
Die Bildung, und insbesondere die sprachliche Bildung, dieser Kinder und Jugendlichen, die i. d. R.
alle nicht über Deutschkenntnisse verfügen, ist in den Schulen Aufgabe aller Lehrkräfte und stellt
jedes Lehrerkollegium vor große pädagogische und soziale Herausforderungen.
In sog. Vorbereitungs-, bzw. Auffangklassen werden die Schülerinnen und Schüler ohne deutsche
Sprachkenntnisse besonders gefördert und unterrichtet, bis sie in die Regelklassen integriert werden können. Diese Integration ist ein ständiger Prozess im schulischen Alltag. Die Einrichtung solcher spezieller Klassen ist abhängig von der Zahl der in Frage kommenden Kinder; mdst. 15 Schülerinnen und Schüler müssen vorhanden sein, damit eine Vorbereitungs-, bzw. Auffangklasse eingerichtet werden kann. Schulen, an denen diese Zahl nicht erreicht wird, gestalten die Förderung
der jeweiligen Kinder individuell. An der Theodor-Heuss-Hauptschule werden zwei dieser Klassen
durch entsprechende Lehrerstellenzuweisung seitens der Schulaufsicht gefördert, an der GottfriedKinkel-Realschule eine Klasse.
Wie aus der untenstehenden Übersicht hervorgeht, wird die Theodor-Heuss-Hauptschule von einer
besonders großen Anzahl von Kindern ohne deutsche Sprachkenntnisse besucht. Unabhängig von
der entsprechenden Lehrerzuweisung erfolgt die Förderung der Kinder dort in drei leistungsorientierten Vorbereitungsklassen. Dabei werden die Schülerinnen und Schüler durch die Lehrkräfte
nach individueller Begabung und Vorwissen in verschiedene Leistungsgruppen eingeteilt. Die Kinder erhalten in dieser Vorbereitungsklasse täglich drei Schulstunden Deutsch-Unterricht; den restlichen Schultag verbringen sie integriert in ihrer Regelklasse. Schülerinnen und Schüler mit sehr
guten Vorkenntnissen nehmen am Englisch- und/oder Mathematikunterricht der Realschule und
des Gymnasiums Lechenich teil, um so einen frühzeitigen Wechsel zum Erreichen eines höheren
Schulabschlusses zu ermöglichen.
Zum Schuljahresende 2015/2016 meldeten die Schulen folgende Anzahl von Flüchtlingskindern
bzw. Kindern mit Migrationshintergrund:
Schuljahr
Grundschule Lechenich-Nord
Grundschule Lechenich-Süd
Grundschule Donatus
Grundschule Erich-Kästner
Grundschule Janusz-Korczak
Grundschule Gymnich
Grundschule St.-B.-Concordia
Martinusschule
Theodor-Heuss-Hauptschule
Realschule Lechenich
Gottfried-Kinkel-Realschule
Gymnasium Lechenich
Ville-Gymnasium
insgesamt
Anzahl der Kinder
9
27
19
12
4
4
9
55
6
20
1
166
In den städtischen Übergangsheimen und den von der Stadt Erftstadt angemieteten Wohnungen in
Erftstadt leben derzeit 127 schulpflichtige Flüchtlingskinder im Alter von 6 – 18 Jahren aus insgesamt 21 Nationalitäten. Der überwiegende Teil stammt aus Syrien (40), Afghanistan (15), Kosovo
(10) dem Irak und dem Libanon (jeweils 7).
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Seitens der Schulbuchverlage werden didaktische Lehr- und Lernmaterialien für Schülerinnen und
Schüler aus fast allen Herkunftsländern in den jeweiligen Landessprachen und –schriften angeboten. Diese DaZ-Materialien (Deutsch als Zielsprache), die auch an den meisten Erftstädter Schulen
eingesetzt werden, sind speziell auf die Bedürfnisse von schulischen Seiteneinsteigern zugeschnitten und für alle Phasen der Sprachvermittlung geeignet. Im Grundschulbereich sind diese Materialien sehr bildorientiert und fördern insbesondere das Nachsprechen.
Die Fortsetzung der Förderung der Kinder nach der Zuweisung in die Regelklasse wird von den
hiesigen Schulen unterschiedlich gehandhabt und ist natürlich auch abhängig von der Zahl der zu
fördernden Kinder in der jeweiligen Klasse und der personellen Ausstattung der Schule. Bei Schulen mit einer geringen Anzahl von in Frage kommenden Kindern wird auf die individuelle Förderung
verzichtet, bzw. erfolgt als Binnendifferenzierung innerhalb des regulären Unterrichts. An der Janusz-Korczak-Grundschule erfolgt die Sprachförderung in Kleingruppen durch Lehrkräfte. Auch die
Grundschule Lechenich-Süd, die einen hohen Anteil von Flüchtlingskindern aufweist, fördert mit
sehr guten Erfahrungen ausschließlich in der Regelklasse mit täglichen Intensiveinheiten in
Kleinstgruppen. An der Grundschule Lechenich-Nord wird diese Förderung von ehrenamtlichen
Kräften übernommen. An der Donatus-Grundschule erfolgt die Förderung sowohl über Binnendifferenzierung, über individuelle Einzelförderung und auch in der Kleingruppe.
Generell wurde die Erfahrung gemacht, dass Kinder mit Migrationshintergrund insbesondere nach
den Ferien wieder deutliche Sprachdefizite hinsichtlich der deutschen Sprache aufweisen. Um dem
entgegenzuwirken, werden für alle Grundschulkinder in Erftstadt an der Donatus-Grundschule zwei
gezielte Sprachkurse (Sprachcamp) angeboten:
- Förderung der 3.- und 4.-Klässler in der ersten Woche der Osterferien
- Förderung der künftigen 1.-, 2.- und 3.-Klässler in der letzten vollen Woche der Sommerferien
Das Sprachcamp findet seit Jahren in enger Zusammenarbeit mit dem städt. Familienzentrum Erftstadt-Liblar, Willy-Brandt-Straße, statt (siehe V 475/2013 und B 445/2014).
Darüber hinaus bietet das Familienzentrum in seinen Räumlichkeiten zweimal wöchentlich nachmittags Deutsch für Grundschulkinder aus Migrantenfamilien an. Dieser Deutschkurs wird von einer Grundschullehrerin durchgeführt. Die Finanzierung dieser zusätzlichen Förderung der Kinder
erfolgt durch den Willy-Brandt-Straße-Verein.
Da wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen, dass die Förderung der Herkunftssprache auch
das Erlernen der deutschen Sprache erleichtert und die Mehrsprachigkeit unterstützt, findet seit
vielen Jahren an unterschiedlichen Standorten im Rhein-Erft-Kreis herkunftssprachlicher Unterricht
(HKU) statt. Im Schuljahr 2015/16 wird an der Donatus-Grundschule erstmals HKU in Arabisch
durchgeführt.
HKU für tamilische Kinder wird in Erftstadt bereits seit einigen Jahren in den Räumlichkeiten der
Gottfried-Kinkel-Realschule durchgeführt; Träger und Organisator ist der Tamilische Bildungsverein Migrantenselbstorganisation (MSO).
Zusätzliche Finanzmittel für Personal werden den Schulen nicht zur Verfügung gestellt. Die derzeit
an den Schulen tätigen Sozialarbeiter nehmen selber keine Sprachförderung vor, können bei der
Vermittlung von entsprechenden Angeboten jedoch Hilfestellung geben.
Auch Kinder ohne deutsche Sprachkenntnisse haben die Möglichkeit, das Betreuungsangebot der
Offenen Ganztagsgrundschulen wahrzunehmen. Die teilnehmenden Kinder aus Flüchtlingsfamilien
die über das Amt für Soziales, Wohnen, Integration und Senioren finanzielle Hilfen beziehen, werden in die Beitragsstufe 1 eingeordnet. Durch Beantragung von BuT-Mitteln wird dieser Beitrag
erneut reduziert. Auch bezüglich des Essensgeldes wird ein ermäßigter Beitrag gezahlt. Dies gilt
analog den übrigen Empfängerinnen und Empfängern von Leistungen.
Die Schulen nehmen keinerlei Differenzierung nach einer möglichen Bleibeperspektive vor, sondern fördern alle Kinder gleichermaßen.
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Eine übergeordnete flächendeckende Qualifizierung von Lehrkräften zur besonderen Förderung
von Kindern ohne deutsche Sprachkenntnisse findet nicht statt. Viele Lehrkräfte und auch komplette Kollegien handeln hier jedoch aus Eigeninitiative im Sinne der Kinder.
Der Einsatz von dafür geeigneten Flüchtlingen zur Betreuung der Kinder in und/oder außerhalb der
Schule wird von den Schulen grundsätzlich als Option betrachtet. Voraussetzung ist jedoch, dass
diese Personen Deutsch sprechen und für ihren Einsatz qualifiziert sind. Die Schulen selber können eine solche Qualifizierung nicht leisten. Schon jetzt sind viele Angebote der Schulen nur möglich, weil sie von ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern durchgeführt werden.
Mit Datum vom 01.08.2016 ist ein Erlass des Ministeriums für Schule und Weiterbildung in Kraft
getreten, in dem der bisherige Erlass „Unterricht für neu zugewanderte Schülerinnen und Schüler“
überarbeitet und darüber hinaus in einem eigenen Erlass der Wert des herkunftssprachlichen Unterrichts besonders hervorgehoben wird. Die Neuregelung nimmt die vielfältigen Entwicklungen in
den Schulen in den letzten Jahren auf.
Zur Abklärung von Fragen zu diesen Erlassen hat das Ministerium für Schule und Weiterbildung im
Herbst sogenannte Verwaltungsgespräche bei den jeweiligen Bezirksregierungen terminiert, an
dem auch die kreisangehörigen Schulträger teilnehmen werden. Die bis dahin vorliegenden Anregungen und Fragen der Schulen werden mit in das Gespräch genommen. Über die weitere Entwicklung werde ich im Ausschuss berichten.
In Vertretung
(Lüngen)
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