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Sitzungsvorlage (Anlage 4.1 neu)

Daten

Kommune
Jülich
Größe
1,2 MB
Datum
01.06.2015
Erstellt
27.05.15, 17:03
Aktualisiert
27.05.15, 17:03

Inhalt der Datei

STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Impressum April 2015 Auftraggeber: Stadt Jülich Große Rurstraße 17 52428 Jülich Verfasser: Projektmanagement GmbH Maastrichter Straße 8 41812 Erkelenz vdh@vdhgmbh.de www.vdh-erkelenz.de Geschäftsführer: Hans-Otto von der Heide Sachbearbeiter: M.Sc. Tancu Mahmout Amtsgericht Mönchengladbach HRB 5657 Steuernummer: 208/5722/0655 USt.-Ident-Nr.: DE189017440 VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 1/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Inhalt 1 Einordnung der Stadt Jülich in die Region 5 2 Anlass, Zweck und Ziel der Planung 5 3 Gesetzliche Anforderungen an eine Standortanalyse 7 3.1 Vorgaben der Landesplanung .............................................................................................................................. 7 3.2 Vorgaben der Regionalplanung ............................................................................................................................ 7 3.3 Weitere Regelungen ............................................................................................................................................. 8 4 Methodik der Standortuntersuchung 10 5 Grobuntersuchung 15 5.1 Harte Kriterien (Schritt eins) ............................................................................................................................... 15 5.1.1 Windhöffigkeit 15 5.1.2 Belange der Regionalplanung 17 5.1.3 Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB) 18 5.1.4 Siedlungsflächen und Einzelhöfe bzw. Splittersiedlungen 18 5.1.5 Sondergebiete 19 5.1.6 Bereiche zum Schutz der Natur (BSN) 19 5.1.7 Naturschutzgebiete, FFH-Gebiete, gesetzlich geschützte Biotope und Naturdenkmale 19 5.1.8 Verkehrsflächen (Kreis-, Land-, Bundesstraßen und Bundesautobahnen) 20 5.1.9 Abstand zu Bundesstraßen und Bundesautobahnen 20 5.1.10 Flächen für Bahnanlagen 21 5.1.11 Gewässer 21 5.1.12 Flächen für Wald 21 5.1.13 Freileitung inkl. Schutzstreifen 21 5.2 Weiche Kriterien (Schritt 2)................................................................................................................................. 22 5.2.1 Schutzabstand zu Siedlungsflächen 22 5.2.2 Schutzabstand zu Einzelhöfen, hier 500 m 25 5.2.3 Schutzabstand zu NSG, FFH - Gebieten und gesetzlich geschützten Biotopen 26 5.2.4 Schutzabstand zu Flächen für Wald 26 5.2.5 Schutzabstand Standgewässern über 5 ha 26 5.2.6 Flächen für Abbau von Bodenschätzen 26 5.2.7 Flächen für Freizeitnutzung und dessen Schutzabstand 26 5.2.8 Versorgungsflächen 27 5.2.9 Gewerbegebiete 27 5.2.10 Schutzabstand zum geplanten interkommunalen Gewerbegebiet 6 27 28 Zwischenstand der Grobuntersuchung (Schritt 1 und 2) VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 2/ 63 STADT JÜLICH 7 STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Weiteres Vorgehen der Standortuntersuchung: Detailuntersuchung und Vorabwägung (Schritt 3) 7.1 28 Untersuchungskriterien Detailuntersuchung ....................................................................................................... 30 7.1.1 Größe und Zuschnitt 30 7.1.2 Windhöffigkeit 30 7.1.3 Regionalplanung 32 7.1.4 Landschafts- und Ortsbild 32 7.1.5 Kulturlandschaften 34 7.1.6 Kleinteilige Schutzgebiete und Biotopverbundsbereiche 35 7.1.7 Artenschutz 35 7.1.8 Gewässerschutz 38 7.1.9 Bau und Bodendenkmale 38 7.1.10 Umsetzbarkeit der Flächen 7.2 39 Untersuchung der Teilflächen............................................................................................................................. 39 7.2.1 Fläche 1: 39 7.2.2 Fläche 2: 40 7.2.3 Fläche 3: 42 7.2.4 Fläche 4: 43 7.2.5 Fläche 5: 43 7.2.6 Fläche 6a: 45 7.2.7 Fläche 7: 45 7.2.8 Fläche 9: 46 7.2.9 Fläche 10: 46 7.2.10 Fläche 11: 46 7.2.11 Fläche 12a: 48 7.2.12 Fläche 12b: 49 7.2.13 Fläche 13: 51 7.2.14 Fläche 14: 52 7.2.15 Fläche 15: 53 7.2.16 Fläche 18: 55 7.2.17 Fläche 19: 55 7.2.18 Fläche 20: 55 7.2.19 Fläche 24: 57 8 Umgang mit bestehenden Zonen 57 9 Vorabwägung 57 10 Verfahren und Mögliches weiteres Vorgehen 59 VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 3/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ 10.1 Standortuntersuchung ........................................................................................................................................ 59 10.2 Flächennutzungsplanänderung .......................................................................................................................... 59 10.3 Weitere Sicherungsmöglichkeiten, verbindliche Bauleitplanung ........................................................................ 60 11 Überprüfen der Ergebnisse/ Zusammenfassung 60 Ausgewählte Literatur, Rechtsgrundlagen 62 VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 4/ 63 STADT JÜLICH 1 STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ EINORDNUNG DER STADT JÜLICH IN DIE REGION1 Die Stadt Jülich liegt im Südwesten des Landes Nordrhein-Westfalen und gehört dem Kreis Düren an, der wiederum dem Regierungsbezirk Köln untersteht. Bei einer Größe von 90,40 km² (9040 ha) hat die Stadt rund 32.100 Einwohner. Begrenzt wird die Stadt im Norden von der Stadt Linnich, im Nordosten von der Gemeinde Titz, im Südosten von der Gemeinde Niederzier, im Süden von der Gemeinde Inden und im Westen von der Gemeinde Aldenhoven. Jülich und sein Umland sind im Norden der Jülich-Zülpicher Börde gelegen. Das Stadtgebiet wird in insgesamt 16 Stadtbezirke gegliedert und besitzt eine Ost-West Ausdehnung von 13,3 km und eine Nord-Süd Ausdehnung von 10,9 km. 2 ANLASS, ZWECK UND ZIEL DER PLANUNG Die Windenergie nimmt in den vergangenen Jahren einen immer höheren Stellenwert ein. Regenerative Energien, darunter auch die Windenergie, bewirken eine Reduzierung des CO2 Ausstoßes und stellen eine vergleichsweise günstige Alternative zu den allmählich schwindenden Reserven fossiler Brennstoffe dar. Der technische Fortschritt ermöglicht zudem eine wirtschaftliche Nutzung von Windenergie im Binnenland. Nach den Plänen der Landesregierung in Nordrhein-Westfalen soll der Anteil der Windkraft an der Stromerzeugung von derzeit 4% auf 15% im Jahr 2020 ansteigen. Dieses Ziel kann nur durch eine Modernisierung der bestehenden Anlagen („Repowering“) einerseits und umfangreiche Neuerrichtungen andererseits erreicht werden. Seitdem der Gesetzgeber mit dem Jahressteuergesetz 2009 den Standortgemeinden von Windparks mindestens 70% des Gewerbesteueraufkommens dieser Parks zugesprochen hat (die übrigen 30% verbleiben am Geschäftssitz des Betreiberunternehmens), ist es für Städte und Gemeinden auch deutlich attraktiver geworden, ihre Gemeindegebiete für die Windkraft zu öffnen. Die Katastrophe von Fukushima im März 2011 und das damit verbundene Umdenken in Bezug auf die Atom- und Energiepolitik führte schließlich zu einer gestiegenen Akzeptanz für die erneuerbaren Energien, insbesondere für die Windkraftnutzung, in der Bevölkerung und der Politik. Der Gesetzgeber fördert die Windenergienutzung durch die Einstufung der Windenergieanlagen als privilegierte Vorhaben im Außenbereich gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 5 Baugesetzbuch (BauGB). Demzufolge wären Windenergieanlagen grundsätzlich zuzulassen, soweit öffentliche Belange nicht entgegenstehen und eine ausreichende Erschließung gesichert ist. Eine Steuerung der Windenergiestandorte ist dabei jedoch nicht möglich. Da dies auch nicht der Intention des Gesetzgebers entspricht, hat dieser mit § 5 i.V.m. § 35 Abs. 3 Satz 3 BauGB ein Steuerungselement geschaffen. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben auch dann entgegen, wenn durch Darstellung im Flächennutzungsplan eine Ausweisung an anderer Stelle (gemeint sind die sogenannten Konzentrationszonen) erfolgt ist. Demnach kann die Verteilung der Windenergieanlagen im Stadtgebiet über die Ausweisung von Konzentrationszonen in der Art gesteuert werden, dass Windenergieanlagen nur noch an geeigneten Standorten mit möglichst geringen negativen Auswirkungen zulässig sind, wodurch die oben genannten negativen Folgen vermieden werden. 1 Wikipedia, zugegriffen am 25.02.2015 VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 5/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Diese Konzentrationszonen für die Windkraft müssen jedoch bestimmte Anforderungen erfüllen. Der Windenergienutzung muss in substantieller Weise Raum geschaffen werden. Da Windenergieanlagen als privilegierte Vorhaben grundsätzlich im Außenbereich zulässig wären, muss bei einer räumlichen Einschränkung sichergestellt werden, dass hier tatsächlich ein wirtschaftlicher Betrieb in Abwägung mit der Raumverträglichkeit der Planung möglich ist. Als Faktoren für einen wirtschaftlichen Anlagenbetrieb kommen die Eignung des Standorts (Windhöffigkeit), die Größe der dargestellten Konzentrationszone und auch anlagenbedingte Faktoren (Anzahl und Höhe der innerhalb dieser Zone zulässigen Anlagen, anfallenden Netzanschlusskosten) in Betracht. Es ist daher nicht zulässig, den Flächennutzungsplan als Mittel zu benutzen, Windenergieanlagen faktisch zu verhindern. Die Planung muss sicherstellen, dass sich das Vorhaben innerhalb der Konzentrationszone gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzt. Daher ist zur Ausweisung einer Konzentrationszone in jedem Fall eine Standortuntersuchung für das gesamte Stadtgebiet durchzuführen. Es sind verschiedene Vorhabenträger an die Stadt Jülich herangetreten, um weitere Windenergieanlagen zu errichten. Basis für die weitere Planung ist eine Untersuchung des gesamten Stadtgebietes, um geeignete Standorte für die Windenergie zu filtern. Dabei muss sich das neue Konzept auf einheitliche Kriterien stützen, auf deren Basis auch eine Überprüfung der bereits ausgewiesen Zonen erfolgen muss. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 6/ 63 STADT JÜLICH 3 3.1 STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ GESETZLICHE ANFORDERUNGEN AN EINE STANDORTANALYSE Vorgaben der Landesplanung Es ist ausdrückliches Ziel des Landes, die Entwicklung regenerativer Energien, insbesondere die Errichtung von Windkraftanlagen, zu fördern. Im Landesentwicklungsplan (LEP NRW) ist der verstärkte Einsatz regenerativer Energieträger als landesplanerisches Ziel angesehen (Kapitel D.II Ziel 2.4 LEP NRW). Der LEP NRW sieht vor, dass Gebiete, die sich für die Nutzung erneuerbarer Energien aufgrund der Naturgegebenheiten besonders eignen, in den Regionalplänen als „Bereiche mit der Eignung für die Nutzung erneuerbarer Energien“ dargestellt werden. Das besondere Landesinteresse an einer Nutzung erneuerbarer Energien ist bei der Abwägung gegenüber konkurrierenden Belangen als besonderer Belang einzustellen.2 Im Entwurf des neuen Landesentwicklungsplanes vom 25.06.2013 wird die Zielsetzung formuliert, bis 2020 mindestens 15% der nordrheinwestfälischen Stromversorgung durch Windenergie und bis 2025 30% der nordrheinwestfälischen Stromversorgung durch erneuerbare Energien zu decken. Daher sind proportional zum jeweiligen regionalen Potential ausreichende Flächen für die Nutzung von Windenergie festzulegen. Hierzu sollen wie zuvor auch die Träger der Regionalplanung Vorranggebiete für die Windenergienutzung mindestens zeichnerisch festlegen. Weiterhin soll die Regional- und Bauleitplanung das Repowering von älteren Windenergieanlagen, die durch eine geringere Anzahl neuer, leistungsstärkerer Windenergieanlagen ersetzt werden, unterstützen. Kommunale Planungsträger sollen die bauleitplanerischen Voraussetzungen schaffen, um die Repowering Windenergieanlagen räumlich zusammenzufassen oder neu ordnen zu können. 3 Insgesamt entstehen somit derzeit durch die Landesplanung keine verbindlichen Vorgaben für die Standortuntersuchung. 3.2 Vorgaben der Regionalplanung4 Für die Steuerung der Ansiedlung von Windenergieanlagen trifft der Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln, GEP Region Aachen, abweichend von den Vorgaben der Landesplanung lediglich textliche Festlegungen, die räumliche Verortung der Konzentrationszonen für Windenergieanlagen bleibt der kommunalen Ebene im Rahmen der Bauleitplanung überlassen. Dabei soll ergänzend mit Hilfe von textlichen Zielen die Planung von Windparks so gesteuert werden, dass die wegen des Vorrangs anderer Belange kritischen Räume von Windparks frei bleiben. Zusätzlich muss sichergestellt werden, dass in den bedingt konfliktarmen Gebieten die Ausweisung von Windkraft-Konzentrationszonen gegen die jeweiligen Schutzerfordernisse sorgfältig abgewogen wird und restliche Bereiche, die aufgrund von natürlichen und technischen Voraussetzungen als raumverträglich eingestuft werden, vorrangig für Windparkplanungen zur Verfügung gestellt werden. Ziel 1 der Regionalplanung hinsichtlich der Windkraft sagt aus, dass Planungen für Windenergie in den Teilen des Freiraums, die aufgrund ihrer natürlichen und technischen Voraussetzungen und der Verträglichkeit mit den zeichnerisch und/oder textlich dargestellten Bereichen und Raumfunktionen für die gebündelte Errichtung von Windkraftanlagen (Windparks) in Betracht kommen, umzusetzen ist. Dabei sollen in erster Linie die allgemeinen Freiraum- und Agrarbereiche zur Verfügung gestellt werden. In geeigneten Fällen jedoch können Windparkpla2 Landesentwicklungsplan Nordrhein-Westfalen in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. Mai 1995 (GV. NW. 1995 S.532). 3 Entwurf des LEP NRW vom 25.06.2013 4 Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Aachen, Seite 124 ff. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 7/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ nungen auch über Bereiche für gewerbliche und industrielle Nutzungen erstreckt werden. Wenn im Einzelfall sichergestellt werden kann, dass die mit der GEP-Darstellung verfolgten Schutz- und/oder Entwicklungsziele nicht nennenswert beeinträchtigt werden, können somit in den folgenden Bereichen Windparks geplant werden. Ziel 2: - - Waldbereiche, unter Beachtung der Ziele des LEP NRW (insbesondere Ziel B. III. 3.2), soweit außerhalb des Waldes Windparkplanungen nicht realisierbar sind, der Eingriff auf das unbedingt erforderliche Maß beschränkt und ein möglichst gleichwertiger Ausgleich/Ersatz festgelegt wird, Regionale Grünzüge, - historisch wertvolle Kulturlandschaftsbereiche (nach DSchG), - Bereiche für den Schutz der Landschaft und landschaftsorientierte Erholung, - Bereiche für Halden zur Lagerung von Nebengestein oder sonstige Massen, - Deponien für Kraftwerksasche (nach Wiedernutzbarmachung und Entlassung aus der Bergaufsicht), - Agrarbereiche mit spezialisierter Intensivnutzung. Demgegenüber stehen Bereiche, in denen Windparkplanungen ausgeschlossen werden sollen. Ziel 3: - Bereiche für den Schutz der Natur, Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze, es sei denn, dass der Abbau bereits stattgefunden hat und die Windparkplanung den Rekultivierungszielen nicht widerspricht, Flugplatzbereiche, Oberflächengewässer, geplante Talsperren und Rückhaltebecken, Bereiche für Abfalldeponien, es sei denn, dass der Verkippungsfortschritt dies zulässt und eine Gefährdung des Grundwassers dauerhaft ausgeschlossen ist, Bereiche für Halden zur Lagerung oder Ablagerung von Bodenschätzen, Freiraumbereiche mit Zweckbindung „M“. Zusätzlich gilt für die Planung und Errichtung von Windparks, dass nach landesplanerischen Anforderungen die Beeinträchtigung von Denkmälern sowie von Bereichen, die das Landschaftsbild in besonderer Weise prägen, zu vermeiden ist. Außerdem ist zum Schutz der Bevölkerung vor Immissionen zu beachten, dass ausreichende Abstände zu Wohnsiedlungen entsprechend der Emissionsrichtwerte der TA Lärm eingehalten werden. Darüber hinaus sind ebenfalls auf die technischen Erfordernisse des Richtfunks Rücksicht zu nehmen (Ziel 4). 3.3 Weitere Regelungen Maßgebliche Rahmenbedingungen für die Ausweisung von Konzentrationszonen werden in dem gemeinsamen Runderlass des Ministeriums für Städtebau, Wohnen, Kultur und Sport, des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, des Ministeriums für Wirtschaft, Mittelstand, Energie und Verkehr und der Staatskanzlei des Landes NRW (Windenergieerlass) definiert, der 2011 in Kraft getreten ist. Der Erlass fasst die bisherige Gesetzeslage zusammen. Daneben gibt er Hilfestellung zur benötigten Größe der Abstandsflächen hinsichtlich verschiedener Kriterien, die bislang nicht gesetzlich formuliert sind. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 8/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Im Frühjahr 2012 hat das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz des Landes NRW den „Leitfaden Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen auf Waldflächen in NRW“ herausgegeben, der für den Windenergieerlass ergänzende Vorgaben zur Eignung von Waldflächen für Windenergieanlagen trifft. Daneben wurde inzwischen auch der „Leitfaden des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in NRW“ per Runderlass eingeführt und bindet damit die Kommunen bei der Gestaltung der artenschutzrechtlichen Untersuchungen und der Umsetzung deren Ergebnisse in die Planung. Die Darstellung von Konzentrationszonen ersetzt nicht die Einzelfallbeurteilung eines geplanten Vorhabens bei Antragstellung oder evt. nachfolgendem Bebauungsplanverfahren. Die notwendigen Abstände von schutzwürdigen Nutzungen hängen verstärkt mit der Höhe der Anlagen, ihrer Leistung und den damit verbundenen Immissionen und Auswirkungen auf das Ortsbild zusammen. Windenergieanlagen sind bauliche Anlagen i.S.d. § 29 BauGB und des § 2 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (Landesbauordnung – BauO NRW). Anlagen bis 10 m Gesamthöhe sind, außer in Wohn- und Mischgebieten, genehmigungsfrei. Bis 50 m Anlagengesamthöhe benötigen WEA eine Baugenehmigung. Größere Anlagen benötigen gemäß Nr. 1.6 des Anhangs zur 4. Verordnung zur Durchführung des BundesImmissionsschutzgesetzes (4. BImSchV) eine Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 9/ 63 STADT JÜLICH 4 STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ METHODIK DER STANDORTUNTERSUCHUNG Der Ausweisung von Konzentrationszonen sind enge Schranken gesetzt. Der Windenergienutzung muss in substantieller Weise Raum geschaffen werden. Da Windenergieanlagen als privilegierte Vorhaben grundsätzlich im Außenbereich zulässig wären, muss bei einer räumlichen Einschränkung sichergestellt werden, dass hier tatsächlich ein wirtschaftlicher Betrieb in Abwägung mit der Raumverträglichkeit der Planung möglich ist. Als Faktoren für einen wirtschaftlichen Anlagenbetrieb kommen die Eignung des Standorts (Windhöffigkeit), die Größe der dargestellten Konzentrationszone und auch anlagenbedingte Faktoren (Anzahl und Höhe der innerhalb dieser Zone zulässigen Anlagen, anfallende Netzanschlusskosten) in Betracht. Es ist daher nicht zulässig, den Flächennutzungsplan als Mittel zu benutzen, Windenergieanlagen faktisch zu verhindern. Die Planung muss sicherstellen, dass sich das Vorhaben innerhalb der Konzentrationszone gegenüber konkurrierenden Nutzungen durchsetzt. Sind keine geeigneten Flächen vorhanden, darf auch keine Konzentrationszone ausgewiesen werden. Der Ausweisung einer Konzentrationszone muss in jedem Fall ein schlüssiges Planungskonzept zugrunde liegen, dass sich auf den gesamten Außenbereich erstreckt. 5 Dies macht zunächst eine Standortuntersuchung (auch „Potentialflächenanalyse“) erforderlich. Auch wenn eine Stadt bereits eine oder mehrere Konzentrationszonen ausgewiesen hat, muss eine Standortuntersuchung durchgeführt werden um sicherzustellen, dass die geeignetste Fläche ausgewiesen wird. Dabei ist darzustellen, welche Zielsetzung und Kriterien für die Abgrenzung der Konzentrationszone maßgebend sind.6 Die Analyse des Stadtgebiets auf Konzentrationszonen vollzieht sich in fünf Schritten: Im ersten und zweiten Schritt (Grobuntersuchung) werden Tabubereiche ausgeschlossen, in denen eine Windenergienutzung entweder nicht stattfinden kann oder soll. Das Bundesverwaltungsgericht hat diesbezüglich eine Verfahrensweise entwickelt, wonach die Untersuchung auf Potentialflächen mittels „harter Tabuzonen“ und „weicher Tabuzonen“ erfolgen soll.7 Harte Tabuzonen sind diejenigen, in denen eine Windkraftnutzung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. Weiche Tabuzonen entstehen aufgrund der durch die Stadt selbst aufgestellten Kriterien. In der Rechtsprechung wird dieses Vorgehen teilweise als zwingend angesehen, 8 obwohl das Bundesverwaltungsgericht diese Frage ausdrücklich offen gelassen hat.9 Durch diese Unterscheidung soll es möglich sein, die ausgewiesenen Konzentrationszonen ins Verhältnis zu den nach dem Ausschluss der harten Tabuzonen erhaltenen verbleibenden Flächen zu setzen. Hierdurch soll der Rat der planenden Stadt in die Lage versetzt werden, eine Einschätzung zu der Frage zu treffen, ob der Windkraft tatsächlich in substantieller Weise Raum verschafft würde, oder ob die Planung im Hinblick auf die weichen Tabuzonen angepasst werden müsse. Die Grenze zwischen diesen beiden Kategorien ist in der Praxis fließend, da sich schon die Frage stellt, welche Flächen der Windenergienutzung rechtlich und tatsächlich überhaupt zur Verfügung stehen. Aus Gründen des Immissionsschutzes ist dies regelmäßig nicht der gesamte Außenbereich, da zu Wohngebieten stets Schutzabstände einzuhalten sind. In welcher Entfernung zur Wohnbebauung Windenergieanlagen genehmigungsfähig 5 BVerwG Beschluss v. 15.09.2009, Az. 4 BN 25/09). 6 Windenergieerlass 2011, S. 14, Nr. 4.3.1. 7 BVerwG Beschluss v. 15.09.2009, Az. 4 BN 25/09). 8 OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 24.02.2011, Az. 2 A 24/09, VG Hannover, Urteil v. 24.11.2011, Az. 4 A 4927/09; kritisch aber letztlich offen lassend VG Lüneburg, Urteil v. 16.02.2012, Az. 2 A 248/10. 9 BVerwG Beschluss v. 18.01.2011, Az. 7 B 19.10). VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 10/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ sind, hängt unter anderem von deren Größe, Typ und Anzahl ab. Sogar die Neuartigkeit der Anlagen kann ausschlaggebend sein: bei Anlagentypen, für die aufgrund ihrer Neuartigkeit nur wenige Erkenntnisse zum Emissionsverhalten bestehen, sind Sicherheitsaufschläge in der Immissionsprognose und damit größere Schutzabstände notwendig. Wo endet also die harte Tabuzone? Welcher Anlagentyp ist zugrunde zu legen? Wenn den harten Tabuzonen keine belastbaren Daten zugrunde gelegt werden können, ist die behauptete, höhere Objektivität durch die Trennung von harten und weichen Tabuzonen nicht gegeben. Um alle harten Tabuzonen auszuschließen und damit eine Abwägung - wie von der o.g. Rechtsprechung gefordert - vorzunehmen, müsste annähernd das gesamte Stadtgebiet u.a. im Hinblick auf den Artenschutz, den Baugrund und Bodendenkmäler gutachterlich untersucht werden. Die hierdurch hervorgerufenen Kosten würden jede Bauleitplanung in Frage stellen. Soweit darauf verwiesen wird, dass nach Abzug bestimmter harter Tabuzonen nur noch ein kleiner Teil des Stadtgebiets verbliebe, der gutachterlich zu untersuchen wäre, ist dies nach der Erfahrung der Bearbeiter besonders in ländlichen Kommunen gerade nicht der Fall. Zudem wären in jedem Fall Flächen zu untersuchen, welche die Stadt mit guten Gründen am Ende gar nicht ausweisen will – und dies nur zum Zweck einer vermeintlich objektiveren Datenerhebung. Einzelne Aspekte müssen daher auf nachfolgende Planungseben verlagert werden. Schließlich bedeutet die Beschränkung, z.B. auf geringere Abstände als „harte Kriterien“ in einigen Fällen gerade keine Förderung der Windkraftnutzung. Eine näher am Immissionspunkt stehende Anlage wirkt unzweifelhaft stärker auf diesen Immissionspunkt. Damit schöpft sie Immissionskontingente ab, die auch von einer größeren Anzahl weiter entfernt stehender oder größerer Anlagen genutzt werden könnten. Im Ergebnis bewirkt ein zu nahes Heranrücken an die Immissionspunkte also, dass weniger Anlagen bzw. eine geringere Gesamtleistung genehmigungsfähig sind. Größere Abstände und damit kleinere Konzentrationszonen stellen in diesen Fällen sogar eine Förderung der Windenergie dar. Die Argumentation, man könne den Umfang der ausgewiesenen Konzentrationszonen anhand der nach Abzug der harten Tabuzonen verbleibenden Flächen bewerten, ist in der Praxis nicht haltbar. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 11/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Grobuntersuchung: schematisches Raster für das gesamte Stadtgebiet Schritt 1:Harte Tabukriterien: Schritt 2: Weiche Tabukriterien Ausschluss rechtlich und tatsächlich ungeeigneter Flächen, z.B. 10 Ausschluss von Flächen anhand gemeindlicher städtebaulicher Zielvorstellungen und gemäß des Vorsorgegrundsatzes                   Windhöffigkeit (Wetterkarte DWD) Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB-Regionalplan) Siedlungen Einzelhöfe bzw. Splittersiedlungen Sondergebiete Forschungszentrum Jülich (GIB) Verkehrsübungspark Landesbetrieb Straßenbau NRW Bereiche zum Schutz der Natur (BSN-Regionalplan) Naturschutzgebiet FFH – Gebiet geschützte Biotope (§ 62 BNatSchG) Naturdenkmal gem. § 47 LG geschützte Landschaftsbestandteile Verkehrsflächen Abstand zu B (20 m) und BAB (40 m) Flächen für Bahnanlagen Versorgungsflächen Gewässer Flächen für Wald Freileitung inkl. Schutzstreifen               Schutzabstand zu Siedlungsbereichen (1000 m) Schutzabstand zu allgemeinen Siedlungsbereichen (600 m) Schutzabstand zu Einzelhöfen (500 m) Schutzabstand zu Naturschutzgebieten (300 m) Schutzabstand zu FFH – Gebieten (300 m) Schutzabstand zu geschützten Biotopen (300 m) Schutzabstand zu Flächen für Wald (35 m) Schutzabstand zu Standgewässern über 5 ha (50 m) Flächen für den Abbau von Bodenschätzen Flächen für Freizeitnutzung (Brückenkopfpark) Schutzabstand zu Freizeitnutzung (500 m) Versorgungsflächen Gewerbegebiete Schutzabstand zum geplanten interkommunalen Gewerbegebiet (500m)  Potentialflächen Nach Ausschluss der harten und weichen Kriterien in der Grobuntersuchung verbleiben die sogenannten „Potentialflächen“, in denen eine Windenergienutzung grundsätzlich möglich ist. Anschließend wird in Schritt 3 eine Detailuntersuchung vorgenommen, die z.B. die Belange des Landschaftsbildes oder der Erholungsfunktion mit berücksichtigt. Die Kriterien der Landes- und Regionalplanung werden in diese Untersuchung integriert. Diese kann im weiteren Verlauf der Untersuchung aufgrund veränderter Rahmenbedingungen fortgeschrieben werden. Im Zuge der Detailuntersuchung findet außerdem die sogenannte Abwägung statt (Schritt 4). Nach der Grobuntersuchung können die Schritte 3 und 4 als Detailanalyse der Potentialflächen für Teile des Stadtgebietes beschrieben und somit als zweiter Teil der Bearbeitung definiert werden. Aufgrund der Erkenntnisse der Untersuchung können hierbei Empfehlungen für oder gegen einzelne Potentialflächen ausgesprochen werden. Grundsätzlich gilt, dass weitere Aspekte öffentlicher Belange, die gegen oder für eine Ausweisung als Konzentrationszone sprechen, seitens der Stadt auch im weiteren Verfahren eingebracht werden können und Berücksichtigung finden, um somit auf neue Erkenntnisse reagieren zu können. Übrig bleiben dann die auszuweisenden Konzentrationszonen. 10 OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 24.02.2011 – OVG 2 A 24.09 VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 12/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Detailanalyse der Potentialflächen für Teile des Stadtgebietes Schritt 3 Schritt 4 Detailuntersuchung Vorabwägung der Potentialflächen, Berücksichtigung ggf. weiterer öffentlicher Belange, die gegen/für eine Ausweisung als Konzentrationszone sprechen           Größe und Zuschnitt Windhöffigkeit Regionalplanung Landschafts-und Ortsbild Kulturlandschaft Kleinteilige Schutzgebiete und Biotopverbundsbereiche Artenschutz Gewässerschutz Bau und Bodendenkmale Umsetzbarkeit der Flächen  Konzentrationszonen Diese Konzentrationszonen müssen anschließend noch dahingehend geprüft werden, ob die nach Ausschluss der harten Tabuzonen verbleibenden Flächen eine ausreichende Größe aufweisen (Schritt 5). Einen definierten Prozentsatz hierfür gibt es nicht. Obwohl er bereits in der Literatur vertreten wurde11, hat das BVerwG eine solche Betrachtungsweise verworfen und definiert die tatsächlichen Verhältnisse im Planungsraum als maßgeblich. Isoliert betrachtet sind Größenangaben als Kriterium ungeeignet, „so dass auch die Relation zwischen Gesamtfläche der Konzentrationszone einerseits und der überhaupt geeigneten Potentialfläche andererseits nicht auf das Vorliegen einer Verhinderungsplanung schließen lassen muss“12. Für die Daten, die zur Abwägung der Stadt erhoben werden sollen, werden damit höhere Anforderungen gestellt als an den Abwägungsprozess an sich. Die Größe der Konzentrationszone muss in Relation zur Größe des Stadtgebietes und in Relation zu den Stadtgebietsteilen stehen, die für eine Windenergienutzung nicht in Frage kommen. 13 Überprüfung der Ergebnisse Schritt 5 Abschließendes Indiz, dass durch die Ausweisung von Konzentrationszonen im Stadtgebiet substantieller Raum für die Windkraft geschaffen wurde. Hierbei ist das Verhältnis der Potentialflächen nach Abzug der harten Tabuzonen (Schritt 1) mit den auszuweisenden Konzentrationszonen in Relation zu setzen Bestehende genehmigte Windkraftanlagen genießen grundsätzlich Bestandsschutz. Im Rahmen der Erarbeitung des Planungskonzeptes müssen diese Anlagen Beachtung finden (etwa als Vorbelastung). Widersprechen die Anlagen dem neu gefassten Konzept, etwa weil sie außerhalb eines festgesetzten Abstands liegen, ist im Pla11 So Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, S. 54, Rn. 99, wobei 1/5 der im Außenbereich zulässigen WEA auch nach der Ausweisung zulässig sein sollen, was 20% der nach Abzug der harten Tabuzonen verbleibenden Potentialflächen entsprechen dürfte. 12 Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 124a, nach BVerwG Beschluss v. 12.07.2006, Az. 4 B Rn. 124a, nach BVerwG Beschluss v. 12.07.2006, Az. 4 B 49/06. 13 BVerwG Urteil v. 17.12.2002, Az. 4 C 15/01. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 13/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ nungskonzept eine Aussage zur Zukunft der Anlagen zu treffen. Liegen diese noch nicht innerhalb einer Konzentrationszone, weil die Stadt erstmalig eine solche ausweist, kann die Stadt dies so belassen mit der Folge, dass ein Repowering nicht möglich ist. Faktisch müssen die Anlagen nach Ende der Nutzung zurückgebaut werden. Bei der Ausweisung der Konzentrationszone ist zu beachten, dass das Entgegenstehen öffentlicher Belange nur eine Regelvermutung ist. Diese kann widerlegt werden, wenn die Stadt von ihrer eigenen Planungskonzeption abweicht. Dies ist insbesondere bei „Ausnahmen“ vom gemeindlichen Konzept zu beachten. Alte Konzentrationszonen müssen bei einer gemeindlichen Neukonzeption genau wie bestehende genehmigte Anlagen Berücksichtigung finden. Widersprechen alte Konzentrationszonen dem neuen Planungskonzept, so ist auch über die Zukunft der Zonen zu befinden. Denkbar ist, die Zonen mit Nutzungsende „auslaufen“ zu lassen. Hier ist etwa eine nachträgliche Befristung denkbar. Da die in der Zone errichteten Anlagen Bestandsschutz genießen, ist auch eine Aufhebung der Konzentrationszone denkbar mit der Folge, dass z.B. ein Repowering unzulässig wird. In beiden Untersuchungsstufen sind insbesondere die Planungen der Nachbarkommunen zu berücksichtigen. Durch die Planung der Stadt Jülich sollen die Entwicklungsmöglichkeiten der Nachbargemeinden nicht eingeschränkt werden. Hierbei können naturgemäß nur die Planungen berücksichtigt werden, die der Stadt bekannt sind. Dies kann bei Festlegung im Regionalplan, der Darstellung im Flächennutzungsplan oder auf Basis eines anderen, mit der Stadt abgestimmten, Konzeptes angenommen werden. Für Jülich wurde die Standortuntersuchung mit 1000 m Abständen zu Siedlungsbereichen erstellt. Gemeint ist hier der Abstand der Nutzung zu der äußersten Rotorspitze der Windenergieanlage. Der Kreis Düren als genehmigende Behörde genehmigt Windkraftanlagen in Konzentrationszonen in der Form, dass das Fundament, der Mast und der Rotor innerhalb dieser Zone liegen müssen. Lediglich die bauordnungsrechtlichen Abstandsflächen dürfen außerhalb der Konzentrationszonen liegen. Durch diese Unterscheidung soll es möglich sein, die ausgewiesenen Konzentrationszonen ins Verhältnis zu den nach dem Ausschluss der harten Tabuzonen erhaltenen verbleibenden Flächen zu setzen. Hierdurch soll der Rat der Stadt Jülich in die Lage versetzt werden, eine Einschätzung zu der Frage zu treffen, ob der Windkraft tatsächlich in substantieller Weise Raum verschafft würde, oder ob die Planung im Hinblick auf die weichen Tabuzonen angepasst werden müsse. Der Verfasser dieser Standortuntersuchung arbeitet in einem in Deutschland begrenzten Gebiet, in dem er auf Erfahrungswerte aus den letzten Jahren zurückgreifen kann. Daher wird hier als Referenz ein WEA mit einer Gesamthöhe von 200 m und einer Leistung von bis zu 3,4 MW ausgewählt. Die genauen Anlagentypen werden jedoch erst auf der nachfolgenden Planungsebene berücksichtigt. In der Standortuntersuchung wird die grundsätzliche Eignung der Flächen nachgewiesen. Es ist auch möglich kleinere Anlagen zu errichten, jedoch richtet sich diese Analyse unter dem Hinblick, substantiellen Raum zu schaffen, auch unter wirtschaftlichen Aspekten nach dem Stand der Technik. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 14/ 63 STADT JÜLICH 5 STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ GROBUNTERSUCHUNG Für die Standortanalyse wurden im ersten Schritt harte und weiche Tabubereiche definiert, die für eine Errichtung von Windenergieanlagen nicht in Betracht kommen sowie ggf. deren Schutzabstände. Für diese Untersuchung wird davon ausgegangen, dass sich die Anlagen mit allen Anlagenteilen (also auch Rotoren) innerhalb der Potentialfläche befinden, die bauordnungsrechtlichen Baulasten jedoch auch außerhalb der Potentialflächen liegen können. Das gesamte Stadtgebiet wurde hinsichtlich dieser Kriterien untersucht. In beiden Untersuchungsstufen (Schritt 1 und 2) sind insbesondere die Planungen der Nachbarkommunen zu berücksichtigen. Durch die Planung der Stadt Jülich sollen die Entwicklungsmöglichkeiten der Nachbargemeinden nicht eingeschränkt werden. Hierbei können naturgemäß nur die Planungen berücksichtigt werden, die der Stadt bekannt sind. Dies kann bei Festlegung im Regionalplan, der Darstellung im Flächennutzungsplan oder auf Basis eines anderen, mit der Stadt abgestimmten, Konzeptes angenommen werden. Es wurden sofern verfügbar die Flächennutzungspläne sowie die Landschaftspläne berücksichtigt. Zudem sind der Stadt Jülich im Zuge der erfolgten Öffentlichkeitsbeteiligungen auch der Nachbarkommunen keine Informationen zu Planungsabsichten vorgetragen worden. Ausgenommen hiervon ist die Gemeinde Aldenhoven, dessen beschlossener Schutzabstand von 800 m zu Siedlungsbereichen in der Untersuchung Berücksichtigung findet. 5.1 Harte Kriterien (Schritt eins) Gerade im Hinblick auf das „Büren Urteil“14 gilt es, Zurückhaltung bei der Festlegung harter Tabuzonen zu betreiben. Tatsächliche Ausschlussgründe liegen selten vor; in der Regel lassen sich Ausnahmetatbestände oder Befreiungen erreichen. Sollten nachfolgend harte Tabukriterien aufgeführt sein, für die trotz sorgfältiger Prüfung ein Ausnahmetatbestand besteht, so sei bereits hier vermerkt, dass es auch Wille der Stadt Jülich ist, nachfolgende Gebiete auszuschließen. Bei mangelhafter Eignung als harte Tabukriterien wären die gleichen Kriterien als weiche Tabukriterien definiert worden. 5.1.1 Windhöffigkeit Eine wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Betrieb einer Windenergieanlage ist das Vorhandensein von ausreichend Wind, welches mit der sogenannten Windhöffigkeit beschrieben wird. Hiermit ist die mittlere Windgeschwindigkeit in Meter pro Sekunde (m/s) auf einer bestimmten Höhe im Jahresmittel gemeint. Wenn die Windenergie einen merklichen Beitrag zur Energieversorgung liefern soll, ist das Vorhandensein einer ausreichenden Windhöffigkeit von hoher Bedeutung. 14 OVG NRW, Urteil vom 01.07.2013 Az: 2 D 46/12.NE VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 15/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Abbildung 1: Windkarte (Quelle: Klimaatlas NRW) Die Hauptwindrichtung in Jülich ist Südwest. Insgesamt liegt in der Stadt Jülich eine mäßige Eignung für die Windenergie vor. Eine erste Einschätzung ist aufgrund der Karte des Energieatlas NRW (vgl. Abb. 1) möglich. Diese weist für Jülich Windgeschwindigkeiten von 5,0-6,5 m/s in 100 m Höhe auf. Diese Werte liefern jedoch nur einen groben Überblick. Sie dienen als Anhaltswert für die Eignung der zu untersuchenden Flächen. Dabei muss beachtet werden, dass die Nabenhöhen der heute gebauten Windenergieanlagen regelmäßig zwischen 100 und 135 m betragen. Bei der Windhöffigkeit kommt es jedoch nicht auf die kleinstmögliche Anlage an, sondern darauf, ob eine Potentialfläche unter Berücksichtigung höherer Anlagen für die Windenergienutzung geeignet ist. Dabei weisen Höhenlagen eine größere Höchstwindgeschwindigkeit auf als Tallagen, die Häufigkeit der Schwachwinde (unter 1,5 m/s) ist ab Höhen von 250 m deutlich geringer. Für die im ersten Teilschritt ermittelten Flächen wurde sodann geprüft, ob Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der Windhöffigkeit (z. B. durch Tallage, Bewuchs, Bebauung, etc.) vorliegen. Eine Eignung für die Windenergie, sprich einen wirtschaftlich tragbaren Windpark, setzt im Allgemeinen eine Windhöffigkeit von mindestens 5 bis 6 m/s voraus. Die Windgeschwindigkeit geht allerdings mit der 3. Potenz in die Windenergie ein. Das bedeutet eine Verdoppelung des Energieertrags bei einer Windgeschwindigkeit von 6,3 m/s im Vergleich zu 5 m/s. Deshalb ist im weiteren Verlauf der Abwägung die Windgeschwindigkeit zwischen zwei möglichen Standorten noch einmal gesondert zu berücksichtigen. Auf Grundlage der ersten Einschätzung liegen im Stadtgebiet keine Ausschlussgründe aufgrund mangelnder Windhöffigkeit vor. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 16/ 63 STADT JÜLICH 5.1.2 STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Belange der Regionalplanung Für Jülich gilt der Regionalplan für den Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Aachen. Abbildung 2: Ausschnitt aus dem Regionalplan Regierungsbezirk Köln, Teilabschnitt Region Aachen Auf der Ebene der Regionalplanung werden verschiedene Bereiche als Tabubereiche für die Errichtung von Windenergieanlagen benannt. Flugplatzbereiche, Freiraumbereiche mit der Zweckbindung „M“ (militärisch genutzte Freiraumteile), Talsperren Rückhaltebecken, Bereiche für Halden zur Lagerung oder Ablagerung von Bodenschätzen oder Abfalldeponien liegen im Stadtgebiet nicht vor. Darüber hinaus liegt eine Vielzahl von Bereichen zum Schutz der Natur, die in verschiedenen Teilen des Stadtgebiets vorzufinden sind, vor. Dazu gehören:  DN-001, Kellenberger Kamp  DN-004, Rurauenwald-Indemündung  DN-006, Prinzzwingert  DN-015, Rurmaänder zwischen Flossdorf und Broich  DN-016, Schloss Kellenberg  DN-021, Pellini-Weiher  DN-022, Langenbroich-Stetternicher Wald  DN-023, ehemaliges Eisenbahn-Ausbesserungswerk Jülich Süd  DN-024, Haus Overbach-Nord VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 17/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“  DN-025, Haus Overbach-Ost  DN-058, Lindenberger Wald  DN-059, Rur in Jülich Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze sollen ebenfalls nicht für die Windenergie genutzt werden, es sei denn, dass der Abbau bereits stattgefunden hat und die Windparkplanung den Rekultivierungszielen nicht widerspricht. In Jülich gibt es zwei Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze für Kies und Sand. Der Bereich Jülich-Bourheim (BSAB Nr. 41) wird nicht mehr bewirtschaftet und untersteht dem Rekultivierungsziel BSN. Dem gegenüber steht die weiterhin bewirtschaftete BSAB Fläche Nr. 51 (Jülich-Koslar), die dem Rekultivierungsziel BSLE zugeordnet wurde. Des Weiteren existiert eine im Regionalplan verortete Abwasserbehandlungsanlage, die im FNP ebenfalls aufgeführt wird und seitens der Stadt als weiche Tabuzone definiert wurde. Bezüglich der nur bedingt in Betracht kommenden Bereiche werden die Waldflächen aufgrund der Einstufung als waldarme Kommune ausgeschlossen. Bereiche für den Schutz der Landschaft und landschaftsorientierter Erholung (BSLE) liegen in Jülich in verschiedenen Gebieten vor. Diese können in Anspruch genommen werden, wenn sichergestellt ist, dass die mit der Festlegung im Regionalplan verfolgten Schutzziele und/ oder Entwicklungsziele nicht nennenswert beeinträchtigt werden. Es erfolgt daher kein genereller Ausschluss von BSLE Flächen. Diese werden jedoch in der Abwägung besonders berücksichtigt. Historisch wertvolle Kulturlandschaftsbereiche (nach Denkmalschutzgesetz), Deponien für Kraftwerksasche, Bereiche für Halden zur Lagerung von Nebengestein oder sonstigen Massen oder Agrarbereiche mit spezialisierter Intensivnutzung liegen in Jülich nicht vor. 5.1.3 Allgemeine Siedlungsbereiche (ASB) Im aktuellen Regionalplan dargestellte Allgemeine Siedlungsbereiche werden als hartes Tabu ausgeschlossen. Somit wird festgelegt, dass diese Bereiche nicht für die Windkraft in Anspruch genommen werden dürfen. Da es sich derzeit um ein bindendes Ziel handelt, ist der Ausschluss als hartes Tabukriterium erforderlich. 5.1.4 Siedlungsflächen und Einzelhöfe bzw. Splittersiedlungen Siedlungsflächen sind für die Errichtung von Windkraftanlagen aus bauplanungs- und immissionsschutzrechtlichen Aspekten grundsätzlich nicht geeignet. Bei einer Lage im Außenbereich (wie bei Einzelhöfen) hat die Bedeutung als Wohnraum eine stärkere Gewichtung, im Innenbereich wären Windkraftanlagen ohnehin nicht zulässig. Insgesamt muss beachtet werden, welche Vorgaben seitens des Flächennutzungsplans gemacht wurden und wie sich diese umsetzen lassen. In der Standortuntersuchung wurden die bereits im Flächennutzungsplan der Stadt Jülich ausgewiesenen Wohnbauflächen und gemischte Bauflächen als Grundlage angenommen, um durch die Planung zur Ermöglichung von Windenergieanlagen nicht die Siedlungsentwicklung der Stadt zu behindern. Ebenfalls wurden über Innenbereichssatzung gesicherte Siedlungsbereiche sowie im Flächennutzungsplan dargestellte Sondergebiete, die dem Wohnen dienen, wie z.B. Ferienhausgebiete, Campingplätze, Hotels und Pflegeeinrichtungen, als Ausschlussbereiche dargestellt. Daneben wurde ein Abgleich des verbleibenden Außenbereiches mittels des Katasters (hier: DGK) und LuftbilVDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 18/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ dern vorgenommen, um auch einzelne Gebäude dem Nutzungszweck (Wohnen, Lagergebäude, Ruine) nach zuordnen zu können. Siedlungsflächen angrenzender Gemeinden wurden ebenfalls ausgeschlossen. Wenn zur Verfügung gestellt, wurden hier ebenfalls die entsprechenden Flächennutzungspläne verwendet. 5.1.5 Sondergebiete Die im Flächennutzungsplan der Stadt Jülich ausgewiesenen Sondergebiete Forschungszentrum, Verkehrswacht und Landesbetrieb Straßenbau NRW wurden ebenfalls als harte Tabubereiche definiert. Diese Bereiche sind für die Errichtung von Windkraftanlagen aus bauplanungs- und immissionsschutzrechtlichen Aspekten grundsätzlich nicht geeignet. 5.1.6 Bereiche zum Schutz der Natur (BSN) Im Regionalplan festgelegte Bereiche zum Schutz der Natur sind als harte Tabukriterien zu definieren. Der Regionalplan stellt dabei einen Landschaftsrahmenplan dar, der eigene, über den Landschaftsplan hinausgehende Schutzgebiete definieren kann. Zwar ist in der Begründung zum Regionalplan aufgeführt, dass die Träger der Fachplanung bei der Umsetzung der Ziele ggf. räumlich und fachlich zu differenzieren haben und dabei den konkreten lokalen Bedingungen des Einzelfalles insbesondere gegenüber land- und forstwirtschaftlichen Betrieben Rechnung tragen sollen. Sie wählen aus den fachplanerischen Instrumenten die notwendigen Festsetzungen (z.B. NSG, LSG, geschützter LB usw.) oder Entwicklungsziele aus und bestimmen deren Abgrenzung. Häufig werden einzelne BSN nur als LSG definiert. Dennoch haben im Regionalplan festgelegt BSN, die nur als LSG konkretisiert wurden, einen anderen Stellenwert als die übrigen LSG und sind daher besonders zu schützen. 5.1.7 Naturschutzgebiete, FFH-Gebiete, gesetzlich geschützte Biotope und Naturdenkmale In festgesetzten, ausgewiesenen oder einstweilig sichergestellten Naturschutzgebieten (NSG), Nationalparken (NP) und Nationalen Naturmonumenten sind gem. BNatSchG jegliche Veränderungen untersagt. Der Windenergieerlass NRW sieht daneben auch eine Freihaltung von flächigen Naturdenkmalen und flächigen geschützten Landschaftsbestandteilen gemäß § 47 LG und gesetzlich geschützten Biotopen (GB) gem. § 34 BNatSchG und 62 LG sowie von FFH- und Vogelschutzgebieten (mit Ausnahme des Repowering) vor.15 Demnach stellen diese Bereiche Tabuzonen für die Errichtung von Windenergieanlagen dar. Jedoch sind in den spezialgesetzlichen Regelungen nicht immer klare Verbote definiert, das BNatschG definiert ebenfalls kein allgemeines Bauverbot für Windkraftanlagen in den Schutzgebieten. Demnach ist nicht abschließend geklärt, ob es sich bei diesen Gebieten um harte Tabukriterien handelt. Im Zweifelsfall ist daher ein mehr an Abwägung geboten. Aufgrund der besonderen Bedeutung der Schutzgebiete für Natur und Landschaft sollen diese in Jülich nicht für die Windkraft in Anspruch genommen werden. Kleinflächige Schutzgebiete (wie geschützte Landschaftsbestandteile, die z.B. in Form von Hecken bestehen) werden im Rahmen der Analyse nicht berücksichtigt, da diese in der Regel nicht zum gesamten Ausschluss der Fläche führen und bei der Standortplanung der Anlagen im nachfolgenden Verfahren im Sinne der Abwägung zu berücksichtigen sind, obwohl der Windenergieerlass deren generellen Ausschluss fordert. Der Schutzzweck für geschützte Landschaftsbestandteile erstreckt sich gem. § 47 LG NRW darauf, dass sie nicht beschädigt oder beseitigt werden dürfen. Windenergieanlagen beeinträchtigen aufgrund ihrer Höhe viele geschützte Bestandteile (insb. Wallhecken) in keiner Weise, da die Rotoren diese Landschaftsbestandteile unbeschadet überstreichen. Daher werden in der Standortuntersuchung kleinflächige Schutzgebiete (insb. lineare geschützte Landschaftsbe15 Vgl. Windenergieerlass NRW 2011, Nr. 8.2.1.2 VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 19/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ standteile) nicht als Tabuzone bewertet. Nationalparke oder Nationale Naturmonumente liegen in Jülich nicht vor. FFH-Schutzgebiete werden in Jülich für die Windkraft ausgeschlossen. Weiterhin liegen im Stadtgebiet viele Naturschutzgebiete vor. Oftmals gibt es eine Überlagerung der einzelnen Schutzgebietstypen. Gesetzlich geschützte Biotope kommen für die Windkraft nicht in Betracht und sollen daher freigehalten werden. Gem. §§ 26 Abs. 2 BNatschG und 34 Abs. 2 LG NRW sind „in einem Landschaftsschutzgebiet […] alle Handlungen verboten, die den Charakter des Gebiets verändern oder dem besonderen Schutzzweck zuwiderlaufen.“ In einem LSG gilt also kein generelles Veränderungsverbot (wie bei NSG), sondern ein gebietscharakterbezogener, schutzzweckgebundener Bauvorbehalt. LSG können daher nicht als harte Tabuzone eingestuft werden. Meist ist hier ein generelles Bauverbot enthalten; es kann jedoch im Einzelfall ein Ausnahmetatbestand festgelegt werden. 5.1.8 Verkehrsflächen (Kreis-, Land-, Bundesstraßen und Bundesautobahnen) Generell kommen Straßenflächen nicht für eine Überbauung mit Windenergieanlagen in Betracht. Zur besseren Lesbarkeit des Planes werden hier nur die klassifizierten Straßen (BAB, B, K, L) dargestellt, obwohl der Ausschluss für alle Straßen gilt. Es sei angemerkt, dass sich innerhalb der Konzentrationszonen Flächen befinden können (z.B. Feldwege, kleinere Straßen), die nicht unmittelbar mit Windenergieanlagen bebaut werden können. Jedoch ist ein Überstreichen mit dem Rotor von nicht klassifizierten Straßen sowie von Bächen prinzipiell möglich, sofern die WEA mit fachgemäßer Eisansatzerkennung ausgerüstet sind. Daher wurden diese Flächen nicht ausgeschlossen; dies ist im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz zu beachten. Diese Teilflächen ändern jedoch nichts an der grundsätzlichen Bebaubarkeit mit Windenergieanlagen. 5.1.9 Abstand zu Bundesstraßen und Bundesautobahnen Ein Anbauverbot entlang von Straßen existiert nur für Anlagen im Abstand von 40 m zu Bundesautobahnen und 20 m zu Bundestraßen gemäß § 9 FernStrG. Die Abstände gelten jeweils von Flügelspitze bis Fahrbahnrand.16 Weitere Abstände können erforderlich werden, wenn nicht durch technische Maßnahmen sichergestellt werden kann, dass Gefahren durch Eiswurf oder Blitzschlag ausgeschlossen werden können 17. In der Regel sind die aktuellen Anlagentypen mit einer Technik ausgestattet, die diese Gefahren verhindert. Somit werden keine weiteren Abstände zu Straßen festgelegt Neben den Anbauverbotszonen existieren Anbaubeschränkungen gemäß § 25 StrWG NRW außerhalb der Ortsdurchfahrten für Landes- und Kreisstraßen (40 m), gemäß § 9 (2) FStrG für Bundesautobahnen / Sicherheitsstreifen (40 – 100 m) und gemäß § 9 (2) FStrG für Bundesstraßen außerhalb der zur Erschließung der anliegenden Grundstücke bestimmten Teile der Ortsdurchfahrten / Sicherheitsstreifen (20-40 m). Hier entscheidet der zuständige Straßenbaulastträger, ob er bauliche Anlagen zulässt. Diese Abstände werden von der Stadt Jülich nicht als Tabukriterium definiert. Die Option der Bündelung der Anlagen an Infrastrukturtrassen, wie in Nr. 3.2.2.3 des Windenergieerlasses formuliert, soll offen gehalten werden. 16 Windenergieerlass 2011, Nr. 8.2.4 17 Windenergieerlass 2011, Nr. 8.2.4 und 5.2.3.5 VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 20/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ 5.1.10 Flächen für Bahnanlagen Das Stadtgebiet wird von mehreren Bahntrassen durchquert, die von Anlagen freizuhalten ist. Für die Trassen werden keine Abstände festgelegt. 5.1.11 Gewässer Gewässer I. Ordnung sowie Standgewässer über 5 ha sind als Tabukriterium zu definieren. 18 Hierunter fallen in der Regel auch die im Regionalplan festgestellten Oberflächengewässer, Talsperren und Rückhaltebecken. Für Jülich wurden die Wasserflächen nach dem Regionalplan als Ausschlussgebiete festgelegt. An Gewässern erster Ordnung sowie an stehenden Gewässern von mehr als 5 ha gilt in einem Abstand von 50 m ein Bauverbot (§ 57 LG), für das die höheren Landschaftsbehörden im Einzelfall eine Genehmigung nach § 57 LG erteilen und die Errichtung von Anlagen zulassen. Da diese Möglichkeit besteht, werden die Flächen nicht ausgeschlossen. Kleinere Gewässer werden nicht ausgeschlossen, obwohl die Gewässer mit ihren Schutzstreifen von Anlagen freizuhalten sind. Ein Überstreichen der Wasserfläche (z.B. Bachlauf) durch die Rotoren ist jedoch möglich. 5.1.12 Flächen für Wald Da es sich bei der Stadt Jülich um eine waldarme Kommune handelt, ist der Wald als Tabukriterium trotz der bedingten Eignung aufgrund der Festlegung im Regionalplan auszuschließen19. Waldarme Kommunen sind Kommunen mit einem Waldanteil von unter 15 % für Kommunen im Verdichtungsraum und 25 % für Kommunen im ländlichen Raum. Jülich gilt also mit einem Waldanteil von 17% als waldarme Kommune und liegt damit gleichzeitig unter dem Durchschnitt kleiner Mittelstädte (27 %) und dem Kreis Düren (21 %)20. 5.1.13 Freileitung inkl. Schutzstreifen Die Trassen von bestehenden oder planfestgestellten Freileitungen stehen der Windkraft nicht zur Verfügung. Zur Verallgemeinerung werden die Trassen in einer Breite von 15 m dargestellt. Zwingend erforderliche Abstände zu den Freileitungen existieren nicht, obwohl seitens der Leitungsbetreiber häufig der einfache Rotordurchmesser der Anlage als Abstand gefordert wird. Der Abstand bezieht sich dabei auf die Entfernung zwischen dem äußersten Leiterseil und der äußersten Spitze des Rotors. Für Freileitungen kann jedoch durch Turbulenzen ein Abstand oder der Einsatz von Schwingungsmaßnahmen erforderlich werden. Die sogenannten Schwingungsdämpfer können in der Regel jedoch zu Lasten der Verursacher zwischen den maßgeblichen Abspannmasten nachgerüstet werden. Diese Prüfung kann in der Regel erst auf der Ebene der BImSch-Genehmigung durchgeführt werden. 18 Windenergieerlass 2011, Nr. 8.2.1.6 19 „Leitfaden – Rahmenbedingungen für Windenergieanlagen auf Waldflächen in Nordrhein-Westfalen“ 2012.; 8.2.1.4 und 3.2.4.2. 20 Adapton Energiesysteme AG 2012, Seite 15 VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 21/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Abbildung 3: Karte des Stadtgebietes mit harten Untersuchungskriterien 5.2 Weiche Kriterien (Schritt 2) Neben den harten Tabuzonen, die aufgrund rechtlicher Einschränkungen die verfügbaren Flächen einschränken, kann die Stadt selber weitere Kriterien definieren, um die Windenergie zu steuern. Aufgrund der kommunalen Planungshoheit liegt es im Ermessen der Stadt, weitere städtebaulich begründete Ausschlussgebiete zu definieren, in denen sich andere städtebauliche Belange gegenüber dem Belang der Windenergie aus tatsächlichen Gründen oder hinreichend konkreter gemeindlicher Planungsabsichten durchsetzen. Diese unterliegen der kommunalen Abwägung. 5.2.1 Schutzabstand zu Siedlungsflächen Die notwendigen Abstände zu den Siedlungsbereichen lassen sich pauschal sehr schwer festlegen. Sie hängen sehr stark mit den immissionsschutzrechtlichen Anforderungen (Schattenwurf bzw. Lichtreflexe, Lärm, etc.) zusammen. Diese sind wiederrum von der Anlagenzahl, der Anlagenhöhe oder auch der Anlagenleistung abhängig. Dies sollte bei der Festlegung der erforderlichen Abstände berücksichtigt werden. In dem aktuellen Windenergie- VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 22/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ erlass NRW aus dem Jahr 2011 werden die Planungsträger angehalten, solche Abstandswerte festzulegen, um im Hinblick auf den Immissionsschutz „auf der sicheren Seite“ zu liegen 21. Hinsichtlich der Schutzabstände zu Siedlungsbereichen muss zwischen den „immissionsrechtlich restriktiven Abständen sowie den Vorsorgeabständen differenziert werden. Immissionsrechtlich begründet können Abstände dann sein, wenn eine optische Bedrängung oder ein Schallproblem eintritt. In welcher Entfernung zur Wohnbebauung Windenergieanlagen genehmigungsfähig sind, hängt unter anderem von deren Größe, Typ und Anzahl ab und lässt sich auf der Ebene der Standortuntersuchung ohne konkrete Windparkplanung nur schwer abschätzen. Einen rechtlich definierten Mindestabstand gibt es nicht. Aufgrund der Rechtsprechung darf die planende Stadt neben den „erforderlichen“ Abständen hierüber hinausgehende Vorsorgeabstände wählen, bei denen mit einer Unterschreitung der Richtwerte der TA-Lärm zu rechnen ist.22 Hierdurch kann ein höheres Schutzniveau für die Bewohner erreicht werden. Gemäß § 50 BImSchG sind Nutzungen so einander zuzuordnen, dass Beeinträchtigungen vermieden werden. Der Nachweis, dass Abstände zur Einhaltung der TA Lärm notwendig sind, muss somit an dieser Stelle noch nicht erbracht werden. In der vorliegenden Standortuntersuchung wird der Abstand von 600 m bezogen auf den ASB als weicher Abstand definiert. Innerhalb dieses Abstandes ist auch eine Genehmigung nach dem BImSchG regelmäßig nicht zu erwarten. Bezüglich der Abstände zu Siedlungsflächen sollten auch Erweiterungsflächen, gerade wenn für diese bereits eine Darstellung im Flächennutzungsplan besteht, in gleicher Weise berücksichtigt werden, da die Basis der Untersuchung auf kommunaler Ebene der Flächennutzungsplan ist, in dem sowohl die als ASB festgelegten Ortslagen aber auch weitere Ortsteile mit Gewicht für die Stadt als Wohnbaufläche / gemischte Baufläche dargestellt sind. Höhere Abstände führen zudem zu einer tatsächlichen „Konzentration“ im Stadtgebiet. Mehr Anlagen in einem zusammenhängenden Bereich führen zu einem größeren Schutzabstand zur Wohnbebauung, da die auftretenden Immissionen größer werden. Mit einer Vergrößerung des Abstands sinkt jedoch auch die Anzahl der möglichen Anlagen. Mit einer Vergrößerung des Abstandes können zudem auch größere Anlagen errichtet werden, die ggf. etwas höhere Emissionswerte aufweisen. Diese Anlagen sind jedoch weit effektiver, da in größerer Höhe die Windgeschwindigkeit stark zunimmt. Statt das Stadtgebiet „flächig“ mit kleinen Anlagen zu überplanen, kann die Stadt durch größere Vorsorgeabstände auch die zentrale Ansiedlung weniger, aber dafür größerer, Anlagen steuern. Die Stadt kann die Vorsorgeabstände in Relation zur Größe der hiernach verbleibenden Potentialflächen und der darauf erreichbaren Anzahl an Anlagen/ Anlagentypen anpassen. Dies führt in der Regel zu einer effizienteren Flächennutzung und einem geringeren Eingriff in das Landschaftsbild. Einzelhöfe haben in der Regel aufgrund der Lage im Außenbereich einen geringeren Schutzstatus als Siedlungsbereiche. Während Siedlungsbereiche oft als reines oder allgemeines Wohngebiet einzustufen sind, entsprechen Einzelhöfe im Außenbereich in der Regel dem Schutzniveau eines Dorfgebiets. Im Außenbereich sind nicht nur solche Einzelhöfe oder Siedlungssplitter immissionsschutzrechtlich schutzwürdig (§ 5 BImSchG), die dem temporären oder dauerhaften Wohnen dienen, sondern allgemein Gebäude, die nicht nur dem kurzfristigen Aufenthalt von Menschen dienen23. Demzufolge würden in dieser Standortuntersuchung u.a. auch Gaststätten, Heilanstalten und Pensionen im Außenbereich als Einzelhöfe bewertet werden 24. Die geringere Schutzwürdigkeit drückt sich auch in den anzusetzenden Richtwerten für Schallimmissionen aus. Dementsprechend können Windenergieanlagen näher an Einzelhöfe heranrücken, ohne dass es zu einer Überschreitung der Richtwerte kommt. Im Außenbe21 Windenergieerlass NRW 2011, 8.1.1 22 BVerwG Urteil v. 17.12.2002, Az. 4 C 15/01. 23 Urteil des VG Hannover v. 24.11.2011 – 4 A 4927/09, Rn. 60 24 Energieatlas NRW 2012: 53 VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 23/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ reich treten zudem andere Schallquellen auf, wie etwa Verkehrsgeräusche oder auch der Wind, hinter denen die von den Anlagen ausgehenden Geräusche zurücktreten. Daher werden die Anlagen von Außenbereichsgrundstücken aus meist als weniger störend empfunden. Ein weiterer Aspekt, der durch das Heranrücken der Anlagen an Einzelgehöfte relevant wird, ist die manchmal als erdrückend empfundene Höhe. Im Genehmigungsverfahren muss die Wirkung im Einzelfall beurteilt werden. Bei einem Abstand vom Beobachter zum Turmmittelpunkt der Anlage, welcher dem Dreifachen der Gesamthöhe entspricht, kann eine erdrückende Wirkung in der Regel ausgeschlossen werden. Bei einem Abstand von weniger als dem Doppelten der WEA-Gesamthöhe wird in der Rechtsprechung25 davon ausgegangen, dass in der Regel eine optisch bedrängende Wirkung gegeben ist. Alles dazwischen, also zwischen dem 2 und dem 3-fachen der WEAGesamthöhe muss in einer Einzelfallbetrachtung überprüft werden, inwieweit eine optisch bedrängende Wirkung ausgeschlossen werden kann. Für Jülich sind aufgrund der bereits zuvor genannten Kriterien bereits weite Teile des Stadtgebietes ausgeschlossen. Mit Hilfe eines 1000 m Schutzabstandes zu Siedlungsbereichen wurde geprüft, welche Flächen als Potentialflächen zur Verfügung stehen könnten und welche Größe diese aufweisen. Die tatsächlich notwendigen Abstände sind aber im nachfolgenden Genehmigungsverfahren im Einzelfall zu prüfen, da WEA-Größe, vorhandene Landschaftselemente, Lage des Wohnhauses, (Hauptaufenthaltsbereiche) etc. Aspekte sind, welche bei einer Bewertung über die optisch bedrängende Wirkung berücksichtigt werden müssen. Die Errichtung einer Windenergieanlage innerhalb einer ausgewiesenen Konzentrationszone entbindet nicht von der Verpflichtung, die gesetzlich vorgeschriebenen Grenzwerte einzuhalten. Exkurs der Länderöffnungsklausel im BauGB Mit der vom Bundestag beschlossenen Fassung einer Länderöffnungsklausel, die inzwischen in § 249 Abs. 3 BauGB niedergeschrieben wurde und am 01.08.2014 in Kraft getreten ist, bekommen die Länder die Möglichkeit, den räumlichen Geltungsbereich der Außenbereichsprivilegierung für die Windenergie bis Ende 2015 kompetenzrechtlich neu zu bestimmen. Dabei wird ermöglicht die bauplanungsrechtliche Privilegierung für Windenergie im Außenbereich einzuschränken und hierdurch gewisse Abstände zwischen der Windenergie und der (Wohn-) Bebauung festzulegen. Primärer Zweck dieser Regelung ist die Verbesserung der Akzeptanz von Windenergieanlagen, welche nach Meinung der Befürworter vielfach von der Entfernung solcher Anlagen zu Wohnnutzungen abhinge.26 Nachdem die Bayerische Staatsregierung am 27.05.2014 den Entwurf zur Umsetzung der Länderöffnungsklausel in den bayerischen Landtag einbrachte, wurde die rechtliche Bewertung des ausgewählten 10-H-Abstands unter verschiedenen Gesichtspunkten als bedenklich eingestuft. Vorausgesetzt war der Art. 82 BayBO, (§ 35 Abs. 1 Nr. 5 BauGB), der besagt, dass Vorhaben, die der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie dienen, nur Anwendung finden, wenn sie einen Mindestabstand vom 10-fachen ihrer Höhe zu Wohngebäuden in Gebieten mit Bebauungsplänen (§ 30 BauGB), innerhalb im Zusammenhang bebauter Ortsteile (§ 34 BauGB) – sofern in diesen Gebieten Wohngebäude nicht nur ausnahmsweise zulässig sind – und im Geltungsbereich von Satzungen nach § 35 Abs. 6 BauGB einhalten. Dabei werden in S. 1 die Grundnormen für die Gesetzgebungsbefugnis der Länder zur Änderung des Privilegierungstatbestandes des § 35 Abs. 1 Nr. 5 beschrieben. Nur innerhalb der in S. 1 geregelten Voraussetzung hat der Bundesgesetzgeber des BauGB im Rahmen seiner Gesetzgebungsbefugnis den Ländern eine Gesetzgebungs25 OVG Münster 8 A 3726/05, 09.08.06 26 Fülbier et al. 2014, S. 2 ff. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 24/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ befugnis eingeräumt. Der S. 2 hingegen erläutert die im Landesgesetz zu regelnden Einzelheiten. Danach sind die Einzelheiten, insbesondere zur Abstandsfestlegung und zu den Auswirkungen der festgelegten Abstände auf Ausweisungen in geltenden Flächennutzungsplänen und Raumordnungsplänen, in den Landesgesetzen zu regeln. Schließlich findet in S. 3 eine Regelung der Abweichungen von Abständen statt, die innerhalb der Landesgesetzgebung unterschiedlich ausgelegt werden kann. Dabei können in den Landesgesetzen nach S. 1 auch Abweichungen von den festgelegten Abständen zugelassen werden. 27 Die Bedenken zur Gesetzesänderung wurden unter anderem durch das OVG Münster mit Hilfe von entwickelten Orientierungswerten geäußert, die inzwischen als ständige Rechtsprechung28 von anderen Oberverwaltungsgerichten und dem Bundesverwaltungsgericht übernommen wurde. Zusammengefasst wird gesagt, dass bei einem Abstand von 3 H zwischen Windkraftanlage und Wohnhaus eine Vermutung gegen eine optisch-bedrängende Wirkung besteht, die aber im Einzelfall widerlegt werden kann. Vor diesem Hintergrund ist die große Diskrepanz zwischen dem richterlichen Orientierungswert von 3 H und der Einschätzung der Bayerischen Staatsregierung, die einen Abstand von 10 H für angemessen hält, besonders auffällig und im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit verfassungsrechtlich nicht unbedenklich. Im Hinblick auf den vorliegenden Untersuchungsraum Jülich ist festzuhalten, dass die Landesregierung Nordrhein-Westfalens bis dato keinen Gebrauch der Länderöffnungsklausel gemacht hat und somit weiterhin seitens der Städte über differenzierte Abstandsregelungen entschieden werden muss. Dies bedeutet gleichzeitig, dass 10-H-Abstände bei Windkraftprojekten in NRW rechtlich nicht verankert sind. 5.2.2 Schutzabstand zu Einzelhöfen, hier 500 m Einzelhöfe haben in der Regel aufgrund der Lage im Außenbereich einen geringeren Schutzstatus als Siedlungsbereiche. Während Siedlungsbereiche oft als reines oder allgemeines Wohngebiet einzustufen sind, entsprechen Einzelhöfe im Außenbereich in der Regel einem Dorfgebiet. Dies drückt sich auch in den anzusetzenden Richtwerten für Schallimmissionen aus. Dementsprechend können Windenergieanlagen näher an Einzelhöfe heranrücken, ohne dass es zu einer Überschreitung der Richtwerte kommt. Im Außenbereich treten zudem andere Schallquellen auf, wie etwa Verkehrsgeräusche oder auch der Wind, hinter denen die von den Anlagen ausgehenden Geräusche zurücktreten. Daher werden die Anlagen von Außenbereichsgrundstücken aus meist als weniger störend empfunden. Ein weiterer Aspekt, der durch das Heranrücken der Anlagen an Einzelgehöfte relevant wird, ist die manchmal als erdrückend empfundene Höhe. Im konkreten Bauleitplanverfahren oder Genehmigungsverfahren muss die Wirkung im Einzelfall beurteilt werden. Bei einem Abstand vom Beobachter zur Anlage, welcher dem Dreifachen der Gesamthöhe entspricht, kann eine erdrückende Wirkung in der Regel ausgeschlossen werden. Bei einem Abstand von etwas mehr als dem Doppelten der Anlagenhöhe wurde in der Rechtsprechung im Einzelfall eine erdrückende Wirkung angenommen.29 Um eine erdrückende Wirkung der Referenzanlage mit 200 m Gesamthöhe auszuschließen, müsste demnach ein Abstand von 600 m angesetzt werden. Der Energieatlas NRW definiert indes einen Abstand zu Einzelhöfen von 450 m als Ausschlusskriterium. Dieser Abstand beträgt das 2,25-fache der Gesamthöhe der Referenzanlage, was 27 BeckOK BauGB/Söfker BauGB § 246 Rn. 21-37 28 OVG Münster 8 A 3726/05, 09.08.06 29 OVG Münster, ZNER 2006, 361. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 25/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ eine Einzelfallprüfung zur optisch bedrängenden Wirkung erfordert, nicht aber zur pauschalen Unzulässigkeit führen würde. In der vorliegenden Standortuntersuchung wird der Abstand von 500 m als weiches Tabukriterium definiert. 5.2.3 Schutzabstand zu NSG, FFH - Gebieten und gesetzlich geschützten Biotopen Zu den unter 5.1.7 aufgeführten Schutzgebieten sollen gemäß des Windenergieerlasses in Abhängigkeit von den Erhaltungszielen und dem Schutzzweck des Gebietes erforderliche Abstandsflächen festgelegt werden. Sofern die Schutzgebiete dem Schutz von Fledermausarten oder europäischen Vogelarten dienen, sind in der Regel 300 m als Pufferzone angemessen. Vor allem bei gesetzlich geschützten Biotopen mit der Funktion der Biotopvernetzung und der nachhaltigen Sicherung von heimischen Tier- und Pflanzenarten ist ein entsprechender Schutzabstand erforderlich. 5.2.4 Schutzabstand zu Flächen für Wald In Ergänzung werden für Jülich auch die nach Forstrecht freizuhaltenden 35 m als Tabuzone festgelegt. 5.2.5 Schutzabstand Standgewässern über 5 ha Wie unter 5.1.11 beschrieben gilt an Gewässern erster Ordnung sowie an stehenden Gewässern von mehr als 5 ha ein Bauverbot (§ 57 LG) in einem Abstand von 50 m, für das die höheren Landschaftsbehörden im Einzelfall eine Genehmigung nach § 57 LG erteilen und die Errichtung von Anlagen zulassen. Da diese Möglichkeit besteht, werden die Flächen nicht ausgeschlossen. 5.2.6 Flächen für Abbau von Bodenschätzen Im Regionalplan festgelegte Bereiche für die Sicherung und den Abbau oberflächennaher Bodenschätze sollen ebenfalls nicht für die Windenergie genutzt werden, es sei denn, dass der Abbau bereits stattgefunden hat und die Windparkplanung den Rekultivierungszielen nicht widerspricht. Andere Abgrabungsflächen kommen für eine Nutzung bedingt in Frage und werden ebenfalls im Detail geprüft. Es ist allerdings möglich, hier WEA befristet zuzulassen, solange die langfristige Nutzbarkeit der Rohstoffe sichergestellt ist. Die Braunkohlentagebauflächen im Osten des Stadtgebietes, die bereits rekultiviert wurden, werden jedoch ausgeschlossen und nicht weiter untersucht. Bereits abgebaute Flächen würden nach ihrer Rekultivierung für die Windenergie in Frage kommen. Aufgrund von Setzungsprozessen kann hier nur pauschal eine Bebaubarkeit umgesetzt werden.30 5.2.7 Flächen für Freizeitnutzung und dessen Schutzabstand Als Ausschlussgebiet wurde auch eine Fläche für die Freizeitnutzung im Außenbereich definiert. Dabei handelt es sich um den Brückenkopfpark, der als Naherholungsgebiet und Veranstaltungsort dient und durch einen Schutzabstand von 500 m definiert wurde. 30 Windenergieerlass 2011, Nr. 3.2.4.2. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 26/ 63 STADT JÜLICH 5.2.8 STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Versorgungsflächen Im Flächennutzungsplan festgelegte Bereiche für Versorgungsanlagen, für die Abfallentsorgung und Abwasserbeseitigung sowie für Ablagerungen sollen ebenfalls nicht für die Windenergie genutzt werden. Für Jülich wurden insgesamt zwei Einrichtungen ausgewiesen, die als Versorgungsflächen dienen und somit nicht bebaut werden sollen. Zum einen gilt dies für die Einrichtung der Abwasserbeseitigung und zum anderen für die Einrichtung der Elektrizitätsversorgung. 5.2.9 Gewerbegebiete Gewerbliche und industrielle, bereits bebaute oder geplante Bauflächen sowie im Regionalplan als GIB ausgewiesene Bereiche stehen der Windenergie grundsätzlich aus immissionsschutzrechtlichen Gründen zur Verfügung31. Gleichwohl müssen auch bei der Errichtung von Windenergieanlagen in Gewerbe- und Industriegebieten die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse gewahrt bleiben. Gewerbliche und industrielle Flächen befinden sich zudem regelmäßig innerhalb der Schutzabstände aus der Grobuntersuchung. Ferner sollen innerhalb der Stadt Jülich die vorhandenen und geplanten Gewerbegebiete vorrangig solchen Betrieben vorbehalten bleiben, welche eine gewisse Arbeitsplatzintensität aufweisen. Daher werden gewerbliche Bauflächen als weiches Tabukriterium gewertet. 5.2.10 Schutzabstand zum geplanten interkommunalen Gewerbegebiet (500 m) Das in Aufstellung befindliche interkommunale Gewerbegebiet auf der Merscher Höhe wird mit einem Schutzabstand von 500m umlegt. Dieser wird angelegt, um Schallkontingente, die dem Gewerbegebiet zur Verfügung stehen, nicht durch WEA auszuschöpfen und somit zu Überschreitungen der Pegel in den angrenzenden Wohngebieten zu führen. Das Gewerbegebiet kann damit auch in Zukunft produzierendes Gewerbe ansiedeln, ohne wesentliche Einschränkungen bzw. Reglementierungen vorzufinden. Die geplante Ansiedlung eines solchen Vorhabens ist innerhalb des Stadtgebietes inzwischen nur noch in diesem Bereich möglich, sodass dieser Planung eine besondere Bedeutung zukommt. Als Ergänzung zu den bereits vorhandenen Gewergebieten, die bebaut sind und bei denen die Schallpegel der Betriebe somit als Vorbelastung zu beachten sind, soll durch das weiche Kriterium des Schutzabstandes selbiges für das geplante interkommunale Gewerbegebiet gelten. Gerade im Hinblick auf den Wegfall vieler Arbeitsplätze im Tagebau sieht sich die Stadt in der Pflicht, einer negativen Entwicklung durch die Ausweisung neuer Gewerbeflächen entgegenzusteuern. Dabei wurde der Schutzabstand mit 500 m definiert. Aufgrund von Erfahrungswerten sind außerhalb dieses Schutzabstandes Schallauswirkungen von WEA kaum noch zu erwarten. Um eine Überlagerung der Lärmpegel von Gewerbegebiet und WEA zu vermeiden und den Wohngebieten in unmittelbarer Umgebung einen ausreichenden Schutz zu bieten, wurde der Schutzabstand somit auf 500 m festgelegt. 31 Windenergieerlass 2011, Nr. 3.2.4.2. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 27/ 63 STADT JÜLICH 6 STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ ZWISCHENSTAND DER GROBUNTERSUCHUNG (SCHRITT 1 UND 2) In Jülich verbleiben folgende Potentialflächen: Tabelle 1: Übersicht der Potentialflächen in Jülich (1000 m Abstand) Fläche Flächengröße 1 17,10 ha 2 24,16 ha 3 28,81 ha 4 0,54 ha 5 48,01 ha 6a 4,16 ha 7 36,34 ha 9 1,84 ha 10 0,47 ha 11 20,43 ha 12a 11,78 ha 12b 8,48 ha 13 19,44 ha 14 18,66 ha 15 27,57 ha 18 3,89 ha 19 1,61 ha 20 110,05 ha 24 0,46 ha GESAMT 7 383,80 ha WEITERES VORGEHEN DER STANDORTUNTERSUCHUNG: DETAILUNTERSUCHUNG UND VORABWÄGUNG (SCHRITT 3) Im Anschluss an die Grobuntersuchung soll eine Detailuntersuchung der einzelnen Potentialflächen stattfinden, bei der weitere Kriterien anhand der örtlichen Gegebenheiten überprüft werden. Nach Abzug der harten und weichen Tabuzonen in Form eines schematischen, gesamtgemeindlichen Rasters (Grobuntersuchung) verbleiben die so genannten „Potentialflächen“. Diese Flächen werden im Folgenden daraufhin untersucht, ob durch ihre Ausweisung als Windkraft-Konzentrationszone städtebauliche Belange (insbesondere des Außenbereiches) beeinträchtigt werden könnten. Die Entscheidung, ob Belange beeinträchtigt sind, trifft in der Regel die Stadt im Rahmen der Abwägung. In dieser Standortuntersuchung wird lediglich eine Empfehlung in VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 28/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Form eines Abwägungsvorschlages ausgesprochen, welche Flächen als Konzentrationszonen ausgewiesen werden sollten. Abbildung 4: Analyseplan 1 Übrig bleiben dann die Potentialflächen, die sich zur Ausweisung als Konzentrationszone besonders eignen. Die eigentliche Abwägung findet im Rahmen des Bauleitplanverfahrens durch den Rat der Stadt statt. Diese Konzentrationszonen müssen anschließend noch dahingehend geprüft werden, ob die nach Ausschluss der harten und weichen Tabuzonen verbleibenden Flächen eine ausreichende Größe aufweisen und somit der Windkraft substantiell Raum schaffen. Einen definierten Prozentsatz hierfür gibt es nicht; obwohl er bereits in der Literatur vertreten wurde32, hat das BVerwG eine solche Betrachtungsweise verworfen; maßgeblich sind die tatsächlichen Verhältnisse im Planungsraum. Isoliert betrachtet sind Größenangaben als Kriterium ungeeignet, „so dass auch die Relation zwischen Gesamtfläche der Konzentrationszone einerseits und der überhaupt geeigneten 32 So Gatz, Windenergieanlagen in der Verwaltungs- und Gerichtspraxis, S. 54, Rn. 99, wobei 1/5 der im Außenbereich zulässigen WEA auch nach der Ausweisung zulässig sein sollen, was 20% der nach Abzug der harten Tabuzonen verbleibenden Potentialflächen entsprechen dürfte. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 29/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Potentialfläche andererseits nicht auf das Vorliegen einer Verhinderungsplanung schließen lassen muss“ 33. Die Größe der Konzentrationszone muss in Relation zur Größe des Stadtgebietes und in Relation zu den Stadtgebietsteilen stehen, die für eine Windenergienutzung nicht in Frage kommen. 34 Für Jülich beläuft sich die Größe der Potentialflächen bei einem Sicherheitsabstand zu Siedlungsbereichen von 1000 m (und einem Sicherheitsabstand zu Siedlungbereichen in Aldenhoven von 800 m) auf 387,78 ha. Dem gegenüber steht ein Stadtgebiet von 9040 ha. Die Größe der Potentialfläche beträgt in Summe ca. 4,28 % des Stadtgebietes. 7.1 Untersuchungskriterien Detailuntersuchung Um eine möglichst neutrale Vergleichbarkeit der Potentialflächen zu fördern, werden die Potentialflächen nach der frühzeitigen Beteiligung insbesondere anhand von nachfolgenden möglichen Abwägungskriterien untersucht. Diese Kriterien können in der Regel nicht abstrakt, sondern nur vorhabenbezogen und/oder aufgrund der konkreten Örtlichkeit bzw. des konkreten Zuschnitts der Konzentrationszone beurteilt werden (z.B. Denkmalschutz oder Anflugsektoren), weshalb sie nicht im Rahmen der Grobuntersuchung untersucht wurden. Bei den nachfolgenden Kriterien handelt es sich um keine abschließende Aufzählung, sondern um eine vorstrukturierende Zusammenstellung regelmäßig abwägungserheblicher Belange. Weitere Belange können im Rahmen der Öffentlichkeitsbeteiligung vorgebracht werden. Die nachfolgende Aufzählung ist daher als Anstoß zur Abgabe von Stellungnahmen zu verstehen. Insgesamt sollte jedoch erwähnt werden, dass der aktuelle Stand die vorliegende Untersuchung als vorbereitende Maßnahme zur Flächennutzungsplanänderung ansieht. Erst durch Festsetzungen im Bebauungsplan können Inhalte konkretisiert werden. 7.1.1 Größe und Zuschnitt Die Größe der potentiellen Konzentrationszone wird in die Abwägung eingestellt. Da Ziel der Planung unter anderem ist, eine Konzentration der Anlagen zu erzielen, soll die Ausweisung einer größeren Zone, die den Bedarf besser deckt, der Ausweisung von mehreren kleineren Zonen gegenüber bevorzugt werden. Hierbei ist neben der Größe auch der Zuschnitt der Zone zu berücksichtigen. In Jülich verbleiben jedoch aufgrund der harten und weichen Ausschlusskriterien insgesamt viele, relativ kleine Zonen, weshalb eine Gewichtung/Abwägung aufgrund Größe bzw. Zuschnitt der Potenzialflächen vorgenommen wird. Mehrere benachbart liegende Einzelstandorte entfalten auch konzentrierenden Charakter, da diese räumlich wie ein Windpark wirken können. 7.1.2 Windhöffigkeit Das Untersuchungskriterium der Windhöffigkeit wurde für Jülich anhand des Klimaatlas NRW für die einzelnen Potentialflächen untersucht. Eine wichtige Voraussetzung für den wirtschaftlichen Betrieb einer Windenergieanlage ist das Vorhandensein von genügend Wind oder auch die sogenannte Windhöffigkeit. Hiermit ist die mittlere Windgeschwindigkeit in Meter pro Sekunde (m/s) auf einer bestimmten Höhe im Jahresmittel gemeint. Wenn die Windenergie einen merklichen Beitrag zur Energieversorgung liefern soll, ist das Vorhandensein einer ausreichenden Windhöffigkeit von hoher Bedeutung. 33 Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 35 Rn. 124a, nach BVerwG Beschluss v. 12.07.2006, Az. 4 B Rn. 124a, nach BVerwG Beschluss v. 12.07.2006, Az. 4 B 49/06. 34 BVerwG Urteil v. 17.12.2002, Az. 4 C 15/01. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 30/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Abbildung 5: Windkarte der Stadt Jülich (Quelle: Klimaatlas NRW) Eine erste Einschätzung ist aufgrund der Karte des Klimaatlas NRW möglich. Diese weist für die Stadt Jülich großflächig ca. 6 m/s in 100 m Höhe auf. Einzig in einigen bewaldeten Bereichen gibt es leichte Abzüge. Dazu gehören vor allem der Langebroich-Stetternicher Wald im Südosten, der äußere Bereich der Sophienhöhe im Nordosten und der Bereich der Rurmäander zwischen Floßdorf und Broich im Nordwesten. In diesen Bereichen können Windgeschwindigkeiten im Bereich von 5 - 5,5 m/s in 100m Höhe festgestellt werden. Eine Eignung für die Windenergie, sprich einen wirtschaftlich tragbaren Windpark, setzt im Allgemeinen eine Windhöffigkeit von mindestens 5 bis 6 m/s voraus. Die Windgeschwindigkeit geht allerdings mit der 3. Potenz in die Windenergie ein. Das bedeutet eine Verdoppelung des Energieertrags bei einer Windgeschwindigkeit von 6,3 m/s im Vergleich zu 5 m/s. Deshalb ist später bei der Abwägung zwischen zwei möglichen Standorten die Windgeschwindigkeit noch einmal gesondert zu berücksichtigen. Hinsichtlich der ersten Einschätzung liegen im Stadtgebiet keine wesentlichen Unterschiede der Windhöffigkeit vor. Eine gleichmäßige Eignung ist gegeben; eine Differenzierung der Standorte nicht erforderlich. Das Kriterium wird nur zur Klarstellung aufgeführt. Für Jülich werden hier keine signifikanten Unterschiede gesehen. Da im Stadtgebiet nur wenige Flächen mit vergleichbarer Windhöffigkeit verbleiben, wird von einer Gewichtung abgesehen. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 31/ 63 STADT JÜLICH 7.1.3 STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Regionalplanung Es sollen vorwiegend allgemeine Freiraum- und Agrarbereiche für Windparkplanungen in Anspruch genommen werden. BSLE oder Regionale Grünzüge stellen keine Ausschlusskriterien dar, werden jedoch in der Abwägung berücksichtigt werden. 7.1.4 Landschafts- und Ortsbild Das Landschaftsbild hat in erster Linie ästhetische und identitätsbewahrende Funktion. Die Komposition verschiedener typischer Landschaftselemente macht die Eigenart eines Landstriches aus. Neben der Bewahrung typischer Arten, Strukturen und Bewirtschaftungsformen spielt dies auch für den Erholungswert der Landschaft eine große Rolle. Das Landschaftsbild und seine Erholungsfunktion sind empfindlich gegenüber einer Veränderung der Landschaft, insbesondere in Form von Bebauung und „landschaftsfremden“ Nutzungen. Dadurch kann auch die Erholungsnutzung für den Menschen beeinträchtigt werden, die durch den Eindruck der „freien Landschaft“ entsteht. Neben dem Hinzufügen von störenden Elementen kann das Landschaftsbild auch durch das Entfernen von typischen und prägenden Elementen beeinträchtigt werden. Abbildung 6: Landschaftsplan der Stadt Jülich Windparks verfügen aufgrund Ihrer baulichen Höhen und durch ihre Flächeninanspruchnahme über ein großes Potential, das Landschafts- und Ortsbild zu beeinflussen. Wie hoch der Grad der Beeinflussung ist und ob durch die Ausweisung einer Windkraft-Konzentrationszone die Grenze zur Beeinträchtigung überschritten werden könnte, wird im Rahmen der Detailuntersuchung vorgeprüft. Um den Grad der Beeinflussung bewerten zu können, bedarf es zunächst einer Feststellung der Qualität des Landschaftsbildes. Im Rahmen der Detailuntersuchung kann das Landschaftsbild einer jeden Potentialfläche anhand des Bewertungsverfahrens nach Adam/Nohl/Valentin verbal-argumentativ erläutert werden. Der so ermittelte VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 32/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ „ästhetische Gesamtwert“ der Landschaft wird dem Eingriff (potentielle Errichtung eines Windparks) gegenübergestellt. Der Eingriff bleibt auf dieser Bewertungsstufe abstrakt, da alleinig mit der Ausweisung einer Konzentrationszone weder Anlagenanzahl, Anlagenhöhen oder Rotordurchmesser festgesetzt werden. Der ästhetische Eigenwert auf F-Plan Ebene ergibt sich maßgeblich aus den nachfolgenden Kriterien: Tabelle 2: Landschaftsbildbewertung Ästhetischer Gesamtwert Schutzwürdigkeit des Landschaftstypus Visuelle Verletzlichkeit Ästhetischer Eigenwert Überdurchschnittliche Schutzwürdigkeit aufgrund prägender Einzelelemente Reliefierung Vielfalt Schutzgebiete Strukturvielfalt Naturnähe/ Vorbelastung Denkmäler, prägende Bauten Vegetationsdichte Eigenartserhalt Stadtsilhouette Schutzwürdigkeit des Landschaftstypus Nach einer ersten Einstufung des Landschaftstyps (Naturlandschaft, Naturnah, Kulturlandschaft) erfolgt die Beschreibung der Schutzwürdigkeit des Landschaftsbildes. Liegen Schutzgebiete in der näheren Umgebung oder innerhalb der Potentialfläche vor? Welche Bedeutung haben diese? Hier ist zwischen Gebieten mit europaweiter Bedeutung (FFH, Vogelschutz, UNESCO), nationaler Bedeutung mit hoher Ausprägung (NP, Naturmonument) und nationale Bedeutung zu differenzieren. Neben der Beurteilung des Landschaftsbildes an sich ist auch die Beurteilung des Ortsbildes mit einzubeziehen; liegen hier viele oder bedeutsame Denkmäler vor? Visuelle Verletzlichkeit Danach erfolgt eine Einstufung der visuellen Verletzlichkeit, die das Gebiet gegenüber Windkraftanlagen hat. Hierbei ist die Beurteilung der Bedeutung für das Ortsbild mit einzubeziehen; wenn z.B. durch eine Beplanung der Fläche der Ort von neuen und bestehenden Anlagen umzingelt würde. Ästhetischer Eigenwert Im Rahmen der Beurteilung des ästhetischen Eigenwertes ist vor allem die Vorbelastung zu berücksichtigen. Es ist sinnvoll, das Landschaftsbild belastende Vorhaben zu bündeln und im Gegenzug wertvolle Landschaften vor negativen Einwirkungen zu schützen. Eine Vorbelastung kann zum Beispiel durch oberirdische Leitungstrassen, bereits vorhandene Windenergieanlagen oder andere nach § 35 Abs. 1 Nr. 2-7 BauGB privilegierte Vorhaben gegeben sein. Auch durch den Straßen- oder Schienenbau sowie durch Abgrabungen kann eine Vorbelastung entstehen. Ein „unbelastetes“ Landschaftsbild ist daher möglichst von Eingriffen freizuhalten. Zur Beurteilung des Landschaftsbildes können die Landschaftspläne und die hierin aufgeführten Schutzzwecke der Landschaftsschutzgebiete eine Basis zur Beurteilung der Schutzwürdigkeit der einzelnen Gebiete darstellen. Es wird mitbewertet, inwiefern die Nutzung eines Windparks mit den Schutzzwecken des jeweiligen Landschaftsschutzgebietes vereinbar sein könnte. Hierbei handelt es sich um eine fachlich fundierte Ersteinschätzung. Die abschließende Bestätigung kann nur durch die ULB im Rahmen eines Bauleitplanverfahrens erfolgen. Gleiches gilt, sofern eine Befreiung von den Schutzzwecken eines LSG erforderlich sein sollte. Die §§ 34 Abs. 4a LG oder 29 Abs. 4 LG greifen, wenn ein Bebauungsplan aufgestellt wird. Daneben darf hier eine subjektive Beurteilung anhand der persönlichen Einschätzung der Wertigkeit der Flächen, rein verbal-argumentativ beschrieben, erfolVDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 33/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ gen. Im Rahmen der Abwägung kann der Schutz des Landschafts- und Ortsbildes über das Ziel der Errichtung von Windenergieanlagen gestellt werden. Das Jülicher Stadtgebiet liegt im Naturraum „Jülicher Börde“. Geprägt durch mächtige Lößschichten, konnten so sehr fruchtbare Böden entstehen. Aufgrund der ackerbaulichen Nutzung ist die Börde jedoch arm an Wäldern und Hecken. Von den ehemaligen Wäldern östlich von Jülich sind wegen des Braunkohletagebaus nur noch Reste zu finden. Schützenswerte Lebensräume finden sich vor allem im Bereich der Aueniederungen von Rur und Ellebach. Zudem stehen die noch vorhandenen Wälder der Weichholzaue unter Naturschutz. Ebenso wurde die Rur im Rahmen des Gewässerauenprogrammes renaturiert und die vorhandenen Biotope verbunden. Insgesamt ist zu sehen, dass die ökologisch wertvollsten Gebiete gleichzeitig auch die höchste Attraktivität für Freizeit und Erholung bieten. Dieses Konfliktpotential zeigt sich vor allem am Barmer Baggersee. 7.1.5 Kulturlandschaften35 Das Gebiet der Stadt Jülich gehört fast zu gleichen Teilen der Kulturlandschaft 24 „Jülicher Börde - Selfkant“ und der Kulturlandschaft 25 „Rheinische Börde“ an. Für diese Kulturlandschaften werden im Kulturlandschaftlichen Fachbeitrag zur Landesplanung in NRW verschiedene Leitbilder und Ziele formuliert. Diese beziehen sich unter anderem auf die Bewahrung von vorhandenen Waldflächen oder den Erhalt der Arbeitersiedlungen des Kohlenbergbaus (Kulturlandschaft 24). Zusätzlich ist die Konzeption der touristischen Nutzung unter der Wahrung von historischen Belangen ebenso zu beachten, wie das Entgegenwirken von Struktur- und Substanzverlust des Landschaftsgefüges (Kulturlandschaft 25). Explizit sind Windenergieanlagen in beiden Schutzzielen nicht erwähnt worden. Weite Teile des Stadtgebietes zählen zu den bedeutsamen Kulturlandschaftsbereichen, einzelne Bereiche im zentralen und westlichen Stadtgebiet zu den landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereichen. Der Ortskern von Jülich ist als kulturlandschaftlich bedeutsamer Stadtkern definiert und liegt zu großen Teilen in den landesbedeutsamen Kulturlandschaftsbereichen, von dem aus eine bedeutsame Blickbeziehung zu umliegenden Gebieten besteht. Diese Sichtachsen werden jedoch zum Teil durch Konzentrationszonen gestört. Dabei ist es wichtig festzuhalten, dass sich mögliche Konzentrationszonen zum Teil sowohl im Bereich der bedeutsamen, als auch im Bereich der landesbedeutsamen Kulturlandschaften befinden, sodass dieser Aspekt im späteren Verlauf einer Abwägung beachtet werden müsste. Es soll an dieser Stelle darauf hingewiesen werden, dass weitere Teilbereiche der Stadt Jülich vor allem bedeutsame Naturlandschaften darstellen. Diese Landschaften lassen sich nicht reproduzieren und weisen neben Ihrer Eigenschaft als „Landschaft“ auch bedeutsame Funktionen für den Artenschutz (vgl. 7.1.7) auf. Hierbei handelt es sich nicht nur um eine lokale Bedeutung; vielmehr haben die Plätze als Rastort für verschiedene überwinternde Gänsearten quasi weltweite Bedeutung und sind daher als Natura 2000 Gebiete unter Schutz gestellt. 35 Landschaftsverband Rheinland 2015, S. 289 ff. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 34/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Abbildung 7: Auszug aus der Karte Kulturlandschaften in NRW Mindernd soll an dieser Stelle angeführt werden, dass Windenergieanlagen heute in gewisser Weise ein Teil unserer Kulturlandschaft darstellen. Zudem können Windenergieanlagen nach Ihrer Laufzeit zurückgebaut werden, ohne dass langfristige Folgen auf das Kulturlandschaftsbild verbleiben. Dies wird im Rahmen der Genehmigung nach dem Bundesimmissionsschutzgesetz abgesichert. Dies geschieht jedoch lediglich auf der Ebene des Flächennutzungsplans. Sollte ein Bebauungsplan vorliegen, so genießt dieser die höhere Priorität. Ein Verzicht auf die Inanspruchnahme der Kulturlandschaften ist daher nicht möglich. Hierzu sei angemerkt, dass eine Kulturlandschaft stets einem Wandel unterzogen ist und nie auf dem Status quo verbleibt. So gehören z.B. moderne Windenergieanlagen in vielen Bereichen Deutschlands bereits zum Bild der Kulturlandschaft. Sämtliche WEA-Potenzialbereiche stehen im räumlichen Zusammenhang (Sichtbezüge) mit Elementen, welche die Kulturlandschaft bereits anthropogen überprägt haben. 7.1.6 Kleinteilige Schutzgebiete und Biotopverbundsbereiche Im Rahmen der Eignungsprüfung könnten Gebiete mit einer hohen Zahl an linearen geschützten Landschaftsbestandteilen (LB) oder Naturdenkmalen in der Eignung schlechter beurteilt werden. Im Rahmen der Anlagenplanung und der Genehmigungsebene werden mögliche kleinteilige Schutzgebiete berücksichtigt. Ebenfalls können Biotopverbundflächen wie auch die Landschaftsschutzgebiete nicht als weiche Tabukriterien in die Abwägung eingestellt werden, da womöglich der Windkraft nicht substantiell Raum geschaffen werden kann. 7.1.7 Artenschutz Ein wichtiges Kriterium im Rahmen der Beurteilung von Flächen zur Eignung für die Windenergie sind die Belange VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 35/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ des Artenschutzes. Der Artenschutz unterliegt gemäß der VV-Artenschutz36 einem dreistufigen Prüfraster, das aus der Vorprüfung, der vertiefenden Prüfung der Verbotstatbestände und der Prüfung des Ausnahmeverfahrens besteht. Im Rahmen der Standortuntersuchung muss regelmäßig die Prüfung der Stufe 1 erfolgen. Bei dieser ist die Frage zu klären, ob es möglich ist, dass bei Umsetzung der Planung die Verbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG für FFHAnhang IV-Arten oder europäische Vogelarten ausgelöst werden. Das BNatSchG kennt drei Verbotstatbestände:  Tötung und Verletzung von Individuen Eine Tötung und Verletzung kann einerseits durch den Anlagenbau (Beseitigung von Grünstrukturen, Bau der Wege und Fundamente), andererseits durch den Betrieb der Anlagen verursacht werden. Während beim Anlagenbau alle Arten37 wie Vögel, Fledermäuse oder Säugetiere (Feldhamster, evtl. Kröten) zu berücksichtigen sind und in der Regel durch eine Anpassung der Bauzeiten oder geeignete Vermeidungsmaßnahmen Abhilfe geschaffen werden kann, sind beim Betrieb nur bestimmte, flugfähige Arten gefährdet.  Störung der lokalen Population Neben dem oben angeführten generellen Tötungsverbot muss beurteilt werden, ob es durch die Schädigung einzelner Individuen zu einer Störung der lokalen Population kommen kann. Bestimmte Arten, wie z.B. der Rotmilan, werden in der Literatur und Rechtsprechung als besonders gefährdete Art aufgeführt. Schon bei dem Verlust einzelner Tiere kann es zu einer Störung der Population kommen.  Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten Hinsichtlich der Zerstörung von Fortpflanzungs- und Ruhestätten kommen weitere Arten hinzu, die ein Meideverhalten gegenüber Windenergieanlagen aufweisen. Hier sind zum Beispiel die Offenlandarten Rebhuhn, Wachtel, Kiebitz und Feldlerche zu nennen. Für diese Arten sind in der Regel Ausgleichsmaßnahmen möglich. In NRW wird diese Prüfung in der Regel nur für die planungsrelevanten Arten in NRW vorgenommen. Für die Windkraft sind hierbei die „windenergiesensiblen Arten in NRW“38 besonders zu berücksichtigen. Hierunter sind 35 Vogel- und 6 Fledermausarten zu verstehen: Fledermausarten: o o o o o o großer Abendsegler kleiner Abendsegler Rauhautfledermaus Breitflügelfledermaus Mückenfledermaus Nordfledermaus Brutvögel: o o Schwarz- und Weißstorch Rot- und Schwarzmilan 36 Landwirtschaftskammer NRW: Das neue Artenschutzrecht - Die Verwaltungsvorschrift zur Artenschutzprüfung 37 In der Regel werden nur die „Planungsrelevanten Arten in NRW“ berücksichtigt 38 MKULNV: Leitfaden zur Umsetzung des Arten- und Habitatschutzes bei der Planung und Genehmigung von Windenergieanlagen in Nordrhein-Westfalen VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 36/ 63 STADT JÜLICH o o o o o o o o o o o o o o o o o o o o STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ Rohrweihe Baumfalke, Wanderfalke Uhu Wachtelkönig Grauammer Großer Brachvogel Kiebitz Wachtel Kranich Zwerg- und Rohrdommel Sumpfohreule Kornweihe Wiesenweihe Ziegenmelker Rotschenkel Uferschnepfe Bekassine Haselhuhn Kormoran Trauer- und Flussseeschwalbe Rast- und Zugvögel: o Kranich, Sing- und Zwergschwan, o Nordische Gänse o Kiebitz-, Gold- und Mornellregenpfeifer Bei allen windenergiesensiblen Arten sind neben dem eigentlichen Brutrevier auch ggf. essentielle Flugkorridore zum Beispiel während der Nahrungssuche, sowie Nahrungshabitate, zu berücksichtigen. Diese Arten sind aufgrund ihrer Charaktereigenschaften (z.B. das individuelle Flughöhe und -verhalten) und dem jeweiligen Schutzstatus (Rote Liste BRD/Rote Liste NRW etc.) besonders von Tötung oder Verletzung durch die WEA bedroht. Die Artenschutzvorprüfung erfolgt in zwei Stufen. Zunächst wird abgeprüft, ob in der Potentialfläche ein Vorkommen geschützter Arten zu erwarten ist. Dabei erfolgt eine biotoptypspezifische Überprüfung der vorkommenden planungsrelevanten Arten anhand einer Abfrage der planungsrelevanten Arten in NRW. Neben Vogel- und Fledermausarten werden im Informationssystem (LANUV 2011) sämtliche planungsrelevante Tierarten aufgelistet (Messtischblätter). Anhand dieser Informationen können die Potentialflächen auf der Ebene der Detailuntersuchung ortsspezifisch bewertet werden. Diese Prüfung erfolgt tabellarisch. Zur Bewertung kann auch der Landschaftsplan an dieser Stelle hinzugezogen werden. Sind keine Vorkommen zu erwarten, ist die Planung ohne eine vertiefende Untersuchung möglich. Danach wird überprüft, ob für vorkommende Arten aufgrund der Wirkungen des Vorhabens artenschutzrechtliche Konflikte möglich sind. Sind keinerlei negative Auswirkungen auf diese Arten, ist die Planung möglich. Sollte es möglich sein, dass Konflikte zu erwarten sind, die Zugriffsverbote des § 44 Abs. 1 BNatSchG ausgelöst werden, so muss eine vertiefende Art-für-Art-Analyse durchgeführt werden. Diese Stufe 2 der Artenschutzprüfung kann auf die nachfolgende Planungsebene verlagert werden. Sind nach einer umfänglichen Datenabfragen von lokalen Institutionen wie z.B. Biostationen oder andere naturschutzfachliche Institutionen wie z.B. der BUND etc. keine ernst zu nehmenden Hinweise zu verzeichnen, braucht keine vertiefende artenschutzrechtliche Prüfung mit entsprechenden Untersuchungen im Feld zu erfolgen. Sind VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 37/ 63 STADT JÜLICH STANDORTUNTERSUCHUNG „Potentielle Flächen zur Ausweisung von Konzentrationszonen für die Windenergie“ entsprechende Daten über WEA-empfindliche Vorkommen vorhanden (ernst zu nehmende Hinweise), erfolgt eine vertiefende artenschutzrechtliche Prüfung. In der Regel werden die planungsrelevanten Arten im Rahmen des Genehmigungsantrages nach BImSchG (LBP I + II) abgearbeitet, da diese selbst eine WEA Planung ggf. mit Vermeidungs-, Minimierungs-, Ausgleichs- und Kompensationsmaßnahmen nicht verhindern können. Deshalb wird bei der Artenschutzprüfung II (vertiefende Prüfung) vorerst allein auf die WEA-empfindlichen Arten eingegangen. Dies gilt jedoch nur auf der Ebene des Flächennutzungsplans. Sollte ein Bebauungsplan vorliegen, so genießt dieser die höhere Priorität. 7.1.8 Gewässerschutz In den Schutzzonen II und IIIa von Wassergewinnungsanlagen und von Heilquellenschutzgebieten gem. §§ 51 Abs. 2, 53 Abs. 4 Wasserhaushaltsgesetz (WHG), §§ 14, 16 Landeswassergesetz (LWG) kommt die Errichtung von Windenergieanlagen in Betracht, wenn eine Einzelfallprüfung zum Ergebnis führt, dass das Vorhaben mit den Schutzbestimmungen für die Schutzzone nach der jeweiligen Wasserschutzgebietsverordnung in Einklang steht. Verunreinigungen und sonstige Beeinträchtigungen des Wassers dürfen nicht zu besorgen sein39. In den Wasserschutzzonen II und IIIa kann somit die Errichtung von WEA zulässig sein. Diese Zonen sind daher in der Detailuntersuchung darzustellen, da Sie eine Einschränkung der Eignung der Zone bewirken können. 40 In festgesetzten und vorläufig gesicherten Überschwemmungsgebieten liegt die Genehmigung der Errichtung von Windenergieanlagen gem. § 113 Abs. 1 LWG im Ermessen der zuständigen Behörde. Die Ausnahmetatbestände gem. Abs. 2 sollten aber in der Regel erfüllt sein. Hier muss im weiteren Verfahren konkret anlagenbezogen eine Prüfung erfolgen.41 Regionalplanerisch festgelegte Überschwemmungsbereiche sind gesondert standortbezogen zu betrachten, sofern diese von den Überschwemmungsgebieten abweichen. An kleinen Gewässern gibt es einen freizuhaltenden Gewässerrandstreifen von 2*5 =10 m als Mindestbreite (§ 90a LWG NRW). Zwar ist die Errichtung innerhalb dieser Flächen unzulässig, jedoch dürfen Gewässer auch innerhalb von Konzentrationszonen liegen, wenn der Gewässerrandstreifen im Rahmen der Anlagenplanung inklusive Fundamentflächen berücksichtigt wird. Ein Ausschluss der Gewässer aus der Konzentrationszone ist nicht erforderlich, da z.B. die Flächen für den Rotorüberflug die Gewässerflächen überstreichen dürfen. Das Vorkommen von vielen Gewässern innerhalb einer Konzentrationszone kann gleichwohl die Errichtung eines Windparks erschweren, da so ggf. die Standortwahl stark eingeschränkt werden kann. 7.1.9 Bau und Bodendenkmale Bau und Bodendenkmale können im Einzelfall unterschiedlich stark von Windkraftanlagen beeinflusst werden. Der Schutz der Baudenkmale beinhaltet immer auch einen Schutz der Umgebung (im Radius von etwa 1000 m), der jedoch immer im Einzelfall beurteilt werden muss. Gemäß § 9 DSchG kann die Errichtung von WEA in der Nähe eines Denkmals also erlaubnispflichtig sein, wenn hierdurch das Erscheinungsbild des Denkmals beeinträchtigt wird. Diese Erlaubnis ist zu erteilen ist, wenn a) Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder b) ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt. In der Regel können die Belange des Denkmalschutzes mit denen der Windkraft in Einklang gebracht werden, dass sich die meisten Baudenkmale innerhalb der Siedlungsbereiche befinden und somit nicht unmittelbar durch die Errichtung betroffen sind. Auswir- 39 Windenergieerlass NRW 2011, 8.2.2 40 Vgl. §§ 51 Abs. 2, 53 Abs. 4 WHG, §§ 14,16 LWG 41 Vgl. § 78 Abs. 1 und 6 WHG i.V.m. 67 Abs. 3 WHG, 106 WHG. VDH PROJEKTMANAGEMENT GMBH ERKELENZ STAND: APRIL 2015 38/ 63